New Millennium von jollyrose ================================================================================ Kapitel 2: Dieser Junge und sein Roboter ---------------------------------------- Unterwegs Richtung Konferenzsaal verständigte Vilkas mit seinem Kommunikationsgerät seine beiden Kollegen, Samuil den General, der die Streitmacht, und somit alle Piloten von Heliopolis anführte, und Ammadon, den obersten Navigator und ebenfalls General. Hinter ihm gingen Cecil und Blaire, der sich zunächst minutenlang weigerte, Percival zu verlassen. Wäre der sanftmütige Navigator nicht dabei gewesen, würde er jetzt noch dort drinnen sitzen. Diese Sturheit machte Vilkas zu schaffen, er kannte nämlich noch eine Person, die ihn mit so einem Verhalten oft genug in den Wahnsinn trieb. Ihr Weg führte sie durch das großräumige Akademiegelände. Ein hochmodernes System aus mehreren Gebäuden, in dem Piloten, Navigatoren und Techniker ausgebildet wurden. Es gab hier neben den Unterrichtsräumen und Trainingssälen auch riesige Werkstätte und Kampfarenen, um die Roboter zu testen. Die meisten Schüler der Akademie lebten auch hier, dafür gab es ein eigenes Heim. Und ebenso war der militärische Hauptstützpunkt in der Akademie. Im untersten Teil befand sich der große Konferenzsaal, der oft für politische Besprechungen und Verhandlung mit den anderen Kolonien benutzt wurde. Heute aber kamen die Generäle wegen eines einzigen Jungen hier zusammen. Durch die Gänge hörte Vilkas schon von weitem ein allzu bekanntes Phänomen. Gekicher, um es genauer auszudrücken, Mädchengekicher. So hörten sich nur Navigatorinnen an, wenn sie mal wieder ihrem geliebten Prinzen folgten. Und tatsächlich, als Vilkas mit den beiden Jungs um die Ecke bog, stand er da, der vermeintliche Prinz, das Idol der Navigatorinnen, um ihn herum eine Schar von mindestens elf hübschen uniformierten Mädchen. Als sich Vilkas jedoch räusperte, blickten die Mädchen wie aufgeschreckte Rehe auf, erblassten beim Anblick des Generals, dessen Blick deutlich genug aussagte, dass sie hier nichts zu suchen hatten und so machten sie sich schnell aus dem Staub, ehe sie Ärger bekamen. „Hmpf“, mehr konnte Vilkas dazu nicht sagen. Er fixierte den Mann in weißer Generalsuniform, der die ganze Sache nur mit einem Lächeln abtat. Ammadon war ein wahrlich schöner Mann. Er hatte seidenes, langes weißblondes Haar, blaue Augen, in denen man sich verlieren konnte. Sein leicht androgynes Gesicht unterstrich nur zu gut seine zarte Figur. Ammadon war groß gewachsen, hatte eine schöne aufrechte Körperhaltung und strahlte Kompetenz und Erfahrung aus. Mit einer schwungvollen Handbewegung strich er sich durchs glatte Haar, bestimmt hatte er an diesem Morgen mit einem teuren Shampoo gewaschen und perfekt geföhnt. Jeder wusste, dass ihm seine Körperpflege wichtig war. So wichtig, dass er deshalb schon zu etlichen Konferenzen zu spät kam, aber er hatte auch dieses engelsgleiche Lächeln, weshalb man ihm irgendwie nie böse sein konnte. Das war ja fast schon manipulativ. Und bei seinen Schülerinnen war er sehr beliebt. Die verschwanden nun auch nicht ganz, sondern blieben hinter der nächsten Ecke stehen, beobachteten ihn weiter mit verliebten Augen. „Pass auf. Die werden noch zu gefährlichen Stalkern.“, meinte Vilkas nur zynisch, woraufhin Ammadon nur herzlich lachte. „Diese Mädchen sind noch jung. Hattest du in deiner Jugend nicht auch ein Idol, dass du angehimmelt hast?“ Ammadon kicherte leise, hielt sich dabei die Hand vor den Mund. Manche seiner Gesten waren so unpassend weiblich, aber doch charmant genug, dass er allen damit den Kopf verdrehte. „Ja, aber ich bin meinen Idolen nicht auf Schritt und Tritt gefolgt. Und ich habe nicht so gekichert …“ Vilkas runzelte nur die Stirn, er mochte diesen „Fanclub“ einfach nicht, aber das hatte schon seine Gründe. „Möchtest du mich nicht vorstellen?“ Ammadons Blick haftete an Blaire und Cecil. Er erkannte die beiden eigentlich schon. Der süße kleine Navigator mit dem Nasenbluten. Und der Brüllaffe von Pilot, der an seiner Maschine klebte. „Ah, ja … natürlich. Cecil, Blaire, das ist Ammadon Yngvar. Er ist der General der die Navigatorinnen ausbildet und befehligt. Also … dein neuer Vorgesetzter, Cecil.“ Natürlich kannte Cecil Ammadon schon. Von allen Generälen war er in den kolonieweiten Medien am stärksten Vertreten. Jobbte er nicht sogar nebenbei als Model? Er sah ihn auf vielen Werbebildern. Aber er war auch so ein schöner Mann. Cecil war selbst ein wenig feminin, aber Ammadon bewahrte sich seine Männlichkeit durch seine Ausstrahlung, dagegen wirkte er wirklich wie … ein kleines Mädchen. Ammadon klatschte in die Hände, völlig entzückt von seinem neuen Schützling. „Oh, du musst Cecil sein! Mein neuer Hahn im Korb!“ Sanfte lachte Ammadon, nahm die Hand Cecils und küsste sie. Er begrüßte jeden so höflich, auch wenn er das eher bei den Ladys tat, aber ihm blieb nichts anderes übrig, so ein zierlicher junger Mann muss mit einem Küsschen begrüßt werden. Er lachte auf, dabei wirkte er so unschuldig und rein, dass Cecil fast vor Bewunderung torkelte. Blaire, der sich die ganze Zeit über in Schweigen hüllte, erhob seine Stimme, war er sowieso schon genervt von Ammadons gesamtem Auftreten. „… Sie haben beide denselben Nachnamen. Und dieser Technikerknirps, der Ihr Bruder ist, hat einen anderen.“ Das fiel ihm also auf, kurz verstummte er, dann sprach er aber beinhart aus, was er dachte. „Sie beide sind Tucken, richtig?“ „Das weißt du nicht, Blaire?!“, leise flüsterte Cecil mit erschrockener Stimmlage dem frechen Jungen diese Frage zu. Jeder auf den Kolonien, der sich ein wenig mit Politik und den entsprechenden Personen beschäftigte, wusste, dass Ammadon und Vilkas ein Ehepaar waren. Homosexualität war auch nichts Besonderes mehr auf den Kolonien. Natürlich gab es jene wie die Gloriana, die es nicht dulden würden, ein homosexuelles Paar an eine hohe Position zu setzen, aber hier auf Heliopolis war das wirklich kein Thema. Aber Blaire kam eben von der Gloriana und war da nicht so aufgeschlossen. Vilkas erstarrte mal wieder. Sie waren noch nicht so lange verheiratet, und obwohl sie dennoch schon jahrelang ein Paar waren, war es ihm immer noch unangenehm, wenn man sie darauf ansprach. Aber … Tucken? Das war doch etwas gemein. „Ja, wir sind verheiratet und wir lieben uns. Liebe ist so etwas Schönes … Nicht wahr, Vilkas, mein Schatz?“ Und solche Worte seines Mannes waren es, die den braunhaarigen General immerzu aus der Fassung brachten. Er war zu direkt, er brauchte doch noch seine Zeit, um damit warm zu werden! Er riss sich auch gleich los, als Ammadon seinen Arm um ihn legte. „A-Ah … Ja … G-Genug geschwafelt, wir sollten Samuil nicht warten lassen.“ Und so entkam er dem Thema. Er liebte ja Ammadon wirklich aufrichtig, das war ihm nicht zu verübeln, aber seine Liebe so offen zu zeigen, vor allem vor Fremden, das sorgte doch immer wieder für ein mulmiges Gefühl in seiner Magengegend. Mit einem Surren öffnete sich die Sicherheitstür automatisch, als Vilkas und sein Anhang den Konferenzraum betraten. Der Saal hatte an den Wänden links, rechts und vorne riesige Monitore, die ständig Überwachungsaufnahmen übertrugen, die von den hochauflösenden Kameras um die Kolonie herum aufgezeichnet wurden, damit bei Besprechungen Notfälle schnell durchsickerten. Aber meist war es einfach ein traumhafter Anblick auf und von der Kolonie. Das weite Weltall, Milliarden von Sterne. Die Erde, in deren unmittelbarer Nähe sich Heliopolis befand. Und alles war so … still und friedlich. Aber das waren immer nur kurze Momente, denn meist tobten vor den Kameras Kämpfe. An dem langen Konferenztisch, ganz am anderen Ende des Raumes, saß der dritte General. Samuil Gavrail. Mit verschränkten Armen saß er da, war der erste der hier eintraf und schien nicht sehr begeistert davon zu sein, dass man ihn warten ließ. Sein dunkelblondes Haar war streng zurückfrisiert, sein kantiges Gesicht zierte eine Narbe auf der linken Gesichtshälfte, die über sein Auge ging und seine Augenbraue teilte, kein schöner Anblick. Er hatte sie aus einem Kampf, als er unachtsam war und jemanden beschützen wollte. Samuil war ein Kriegsveteran, auch er absolvierte die Pilotenakademie, kämpfte sich regelrecht hoch, bis er der Mann war, der nun hier saß. Seine Schüler fürchteten ihn richtig, er war streng, scheute nicht davor, die Piloten auch einmal zu züchtigen. Wer nicht sputete, bekam seinen Schlagstock zu spüren. Oder gleich einen Schlag mit der Faust. Für diese Erziehungsmethoden war er als Lehrer nicht beliebt, aber für seine Heldentaten als Pilot schon. „Vilkas, du hast uns hierher gebeten. Ich hoffe, es ist wichtig.“ Er wusste nicht, um was es ging, Vilkas Nachricht beinhaltet lediglich die Worte „Besprechung. Konferenzsaal. Wichtig. Sofort!“, also ging Samuil davon aus, dass es sich um einen Notfall handelte. Aber so panisch, wie Vilkas sonst reagierte, wenn es einen Angriff gab, war er diesmal nicht. Sein Blick wanderte zu Blaire und seinem Navigator. Die beiden waren bereits in aller Munde, für den Zirkus, den sie bei ihrem Empfang veranstalteten. Und Blaire wirkte selbst irgendwie ahnungslos, scheinbar wusste er selbst nicht, wieso er hier war. „Blaire, Cecil, ihr kennt ihn bestimmt schon. Jeder kennt ihn. Das ist Samuil Gavrail, unser liebster General, Anführer unserer Truppen und persönlicher Ausbildner der Elitepiloten.“ Diesmal übernahm Ammadon die Vorstellung seines Kollegen. Viele wussten es nicht, aber die drei standen sich sehr nahe. Sie hatten gemeinsam die Akademie besucht, aber das war noch nicht alles. Ammadon und Samuil waren Kindheitsfreunde. Sie kannten sich noch von klein auf, standen sich immer sehr nahe. Die drei waren also nicht nur Kollegen, sondern auch enge Freunde, was ihre Zusammenarbeit noch effektiver machte. Sie konnten nämlich einander vertrauen. So hieß es immer: Nur wenn Piloten, Navigatoren und Techniker eng miteinander arbeiteten, konnten sie etwas bewerkstelligen. Diese Philosophie lernten auch die Schüler der Akademie. Unzufrieden und desinteressiert grunzte Blaire. Was machte er hier überhaupt, fragte er sich ständig. Dass Cecil ausgeplaudert hatte, verriet man ihm nämlich nicht. Also dachte er, es lag an seinem Verhalten von vorhin. Aber das bereute er sowieso kein bisschen. Musste er nun aber mit den Generälen reden, nur weil er sich weigerte, seinen Roboter umprogrammieren zu lassen? Das war doch etwas übertrieben. Oder waren sie hier strenger, als auf der Gloriana? Diese Fragen schossen ihm alle durch den Kopf, während er etwas verloren im Raum stand. Aus den Augenwinkeln musterte er Cecil und Ammadon. Navigatoren ... alles Mädchen. Selbst die Männer, innerlich prustete er. Wer begrüßte auch jemanden mit einem Handkuss? Das war doch Kitsch pur. Aber irgendwie passte es zu dem Mann, der den Techniker-General "Schatz" nannte. Plötzlich spürte er ein kaltes Prickeln im Nacken, das Gefühl, wenn jemand ihn beobachtete. Und tatsächlich, der strenge General von ihrer Ankunft hatte seine Augen an ihn geheftet. Das war ein sehr beunruhigendes Gefühl für den Jungen, aber er ließ sich seine Unsicherheit nicht anmerken. Lieber wollte er wissen, weshalb nun so ein Tumult gemacht wurde. Vilkas räusperte sich, er wollte mitteilen, was er in Erfahrung brachte. Es wirkte nämlich nicht so, als wäre Samuil noch weiterhin geduldig. Der Mann legte viel Wert auf seine Zeit und die wollte er niemals vergeuden. "Also … dieser Pilot hier, Blaire, es gibt ein Problem mit ihm ... und seiner Maschine. Er ist es, der darauf bestanden hat, sein altes Modell hierher mitzunehmen. Vorhin wollte er Humphry partout nicht seine Arbeit machen lassen, ihr wisst schon, der Routinecheck ... Der kleine Navigator hat uns erklärt, was der Fall ist. Anscheinend ist die Synchronisationsrate des Jungen so hoch, dass er mit der Maschine ... verschmilzt. Das ist schwer zu erklären ... Er meinte, wenn der Roboter Schaden nimmt, kriegt der Pilot dasselbe ab. Selbst Kratzer auf der Oberfläche sind gefährlich. Und deswegen darf man die Maschine nicht umprogrammieren oder umbauen. Dann gab es da noch Sachen wegen der Kommandantin der Gloriana ... die die Versetzung als eine Art Testphase an dem Jungen betrachtet. So habe ich es jedenfalls verstanden." Atemlos beendete Vilkas seine Erklärung. Es war ja selbst für ihn verwirrend. Ein Junge, der seiner Maschine so nah war … Das gab es doch wirklich nur bei den verfeindeten Neumenschen. Die waren doch alle solche Maschinenfreaks. Und jetzt verstand auch Blaire, worum es hier ging. Der Navigator hatte geplaudert. Dabei hatte die Kommandantin das verboten. Gut, Blaire waren Befehle meist ziemlich egal. Und er mochte es auch, als etwas Besonderes gesehen zu werden. Aber das ganze konnte sich auch negativ entwickeln. Wenn sich wieder jemand das Maul über ihn zerriss, würde der es früh genug bereuen. In seiner Heimat hatte er nur zwei Schwätzern die Leviten lesen müssen, danach hatte sich niemand mehr getraut, ihm etwas offen ins Gesicht zu sagen. Mit einem Stirnrunzeln sah Ammadon zu seinem Ehemann. Was für eine verworrene Geschichte, von so etwas hatte auch niemand zuvor gehört. „Das klingt sehr aufregend, was du da in Erfahrung gebracht hast. Und es ist nichts, worüber wir informiert wurden. Das … finde ich nicht in Ordnung“, erstmals klang er ein wenig streng, das zeugte auch sein Blick, der härter wirkte. Die Kommandantin der Gloriana wollte Tests auf ihre Kosten durchführen und das auch noch ohne dem Wissen Generäle? „Ich sollte diese Frau gleich mal zur Rede stellen. Es hat einen Grund, warum wir die Synchronisationsraten ab einem gewissen Punkt nicht überschreiten. Wir wissen nicht, was dann mit den Körpern der Piloten passiert. Aber diese Frau scheint das wohl herauszuprovozieren“, sprach Ammadon in ernstem Tonfall. Aber er wollte nicht gleich jemanden verurteilen. Er kannte die ganze Geschichte nicht, ebenso nicht Blaires Seite. Mit einem Mal lächelte er wieder, freundlich und süß wie zuvor. Er stellte sich direkt vor den jungen Piloten. „Blaire ist dein Name, richtig? Ich habe gehört, du seiest etwas Besonderes. Du und … deine Maschine. Ich bin schon richtig gespannt darauf, euch im Kampf zu sehen“, mit gehobenen Mundwinkeln verkündete er so seine Meinung zu dem Thema. Er wollte zuerst sehen, was es damit auf sich hatte, und das ging am besten, wenn sie Blaire und Percival im Training sehen. Sich nur rein an den Erzählungen eines Einzelnen zu orientieren, das reichte nicht aus. Taten sprachen meist mehr als Worte. Mit einem Mal drehte er sich zu Samuil um. „Mein lieber Samuil! Bitte sei so nett und lass ihn morgen mit den anderen Neuen trainieren. Ein kleiner Schaukampf, gegen unsere Piloten. Um die Fähigkeiten der glorianischen Kämpfer und die der neuen Navigatoren zu testen. Wir werden zusehen und uns dann ein Bild von der Situation machen“, abwarten und Tee trinken, das war oft Ammadons Strategie. Ja nichts überstürzen. Auch wenn er gerade selber kurz davor war, die Kommandantin zu kontaktieren und zu Rede und Antwort zu stellen. Aber das wäre nicht klug und würde nur die Harmonie zwischen den Kolonien gefährden. Lieber selbst sehen, was an der Sache dran war. Blaire wurde sofort hellhörig, als es darum ging, zu kämpfen. Kämpfen … Ja, das war seine Leidenschaft. Das liebte er. Mit Percival an seiner Seite fühlte er sich unbezwingbar und es war nun die Zeit gekommen, das zu beweisen. "Ich kämpfe gegen jeden, der sich traut, gegen mich anzutreten. Und dann zeige ich euch, was wahres Talent ist. Dann wird niemand mehr über Percival lachen, nur weil er ein älteres Modell ist." Mit einem Schulterzucken gab er seine Zustimmung, an so einem Training teilzunehmen. Sollten sie nur mit eigenen Augen sehen, dass die Geschichten über seine Synchronisationsrate stimmten. Was war auch schon dabei? Blaire war stolz, etwas Besonderes zu sein. „Wie wäre es, wenn ich gegen eure Elitepiloten antrete? Jeder kennt sie. Sie sind Berühmtheiten und sollen die besten Piloten von allen Kolonien sein. Die Elite von Heliopolis … Fünf außergewöhnliche Piloten … Ich würde gerne sehen, ob der Rummel um sie stimmt. Ob sie wirklich so gut sind, wie alle behaupten!“ Das klang fast nach einer Herausforderung. Aber er bekam viel über ihre Kämpfe und Missionen mit, das kam auch täglich in den Nachrichten. Und gegen sie anzutreten … Das war doch schon eine Ehre. Nun war Blaire auch gar nicht mehr sauer, dass Cecil ihr Geheimnis ausplauderte. Nein, es gab ihm die Chance, sich zu beweisen. Aber Samuil war anderer Meinung und zerstörte gleich die Hoffnung von Blaire. „Du wirst nicht gegen die Elite antreten. Sie haben andere Sorgen und keine Zeit. Gut, wenn das alles war, weswegen ihr mich brauchtet, ist die Besprechung nun beendet. Die Elite ist gerade auf einer Mission, ich muss bei der Überwachung dabei sein. Um den Rest könnt ihr zwei euch kümmern.“ Und kaum sprach er zu Ende, verließ er auch schon den Saal und überließ dem Ehepaar die beiden Jungs. „… Er hat kaum etwas gesagt … Meinst du, er plant etwas? Das sehe ich ihm sofort an.“ Ammadon klang ziemlich besorgt, aber dass Samuil solch ein Desinteresse zeigte, war nur ein Zeichen, dass er sich bereits mehr Gedanken machte, als alle anderen. Er kannte den Mann zu gut. Aber bevor sie darüber diskutieren konnte, mussten sie sich erst einmal um Blaire und Cecil kümmern. „Nun … Ich hoffe, ihr seid so gut, und behaltet das alles hier für euch. Es war auf der Gloriana auch ein Geheimnis, also … macht einfach so weiter, klar?“ Vilkas sprach ein klares Machtwort aus, sie durften nichts weiter ausplaudern. Wenn sich herumsprach, was Blaire und seine Maschine verband, würde das nur Probleme geben, vor allem unter den Schülern. Kinder konnten so grausam sein und machten Menschen mit besonderen Gaben schnell zu Außenseitern. Das kannte er nur zu gut. Auch er hatte so seine Spitznamen in seiner Schulzeit. Ammadon legte die Hände auf die Schultern der Jungs, mit hochgezogenen Mundwinkeln strahlte er mal wieder seine gewohnte Freundlichkeit aus, an der es auch fast nichts zu rütteln gab. „Ihr seid sicher müde und hungrig. In einer Stunde gibt es Mittagessen. Seht euch doch bis dahin eure neuen Quartiere an? Leider konnten wir euch keine Einzelzimmer geben, ich habe gehört, das ist in eurer Heimat so üblich. Hier lebt ihr zusammen mit den anderen in Doppelzimmern. Für ein besseres Gemeinschaftsgefühl. Keine Sorge, wir haben euch nette Zimmergenossen ausgesucht. Ihr werdet euch sicher verstehen.“, sprach er sanft erläuternd. Er wollte sie lieber erst einmal schonen und dafür sorgen, dass sie sich wie Zuhause fühlten. Immerhin war das ja nun ihre neue Heimat. Er schob die beiden zur Tür hinaus, blickte sich suchend um. „Ah, da sind sie ja. Kommt her, meine Süßen!“ Er winkte doch tatsächlich seinen Fanclub herbei. „Das sind Blaire und Cecil. Der schüchterne Junge ist übrigens euer neuer Kollege. Bringt sie doch auf ihre Quartiere, ja?“ Er zwinkerte den Mädchen zu, die daraufhin kicherten und schmachteten. Blaire war gar nicht begeistert von diesen ganzen Mädchen. Sie waren … unheimlich. Aber das war das andere Geschlecht in seinen Augen immer. "Mich interessiert es eigentlich nicht, mit wem ich zusammenlebe, wo ich schlafe oder ob es Essen gibt. Ich will lieber noch mal nach Percival sehen und- ... Hey!" Er kam gar nicht mehr zu Wort, wurde von den kichernden Mädchen unterbrochen, die natürlich auf ihren Vorgesetzten hörten und die beiden Jungs packten. Sie zerrten sie mit, eigentlich war das doch der Traum eines jeden Jungen, von hübschen Mädchen eskortiert zu werden, aber für Blaire war das mehr wie eine Folter. Er schnaubte, blickte dann mit einem spöttischen Grinsen zu Cecil. „Da passt du ja gut hin, du Mädchen.“ Damit brachte er den Rothaarigen nur noch mehr aus der Fassung, als er es ohnehin schon war, denn diese Fangirleskorte war nichts für seine schwachen Nerven. Irgendwann, am Weg durch das Wohnheim der Schüler, trennten sie sich dann. Blaire wurde vor einer Zimmertür abgeladen. Quartier 545. Das hatte er auch im Informationsschreiben auf seinem Kommunikationsgerät stehen. Nun konnte er ja nur hoffen, dass er wirklich einen angenehmen Zimmergenossen hatte, aber er hatte sowieso nicht vor, sich hier mit irgendjemandem anzufreunden. Es ging ihm nur um seine Aufgabe als Pilot. Er war zum Kämpfen hier, nicht, um es sich gut gehen zu lassen. „Was für einen interessanten Jungen wir da nur an Land gezogen haben. Aber ich möchte trotzdem nicht, dass einer unserer Piloten zu Schaden kommt. Und er gehört nun zu uns.“ Ammadon war wirklich ein Mann voller Sorge, vor allem um die jungen Leute, die hier an der Akademie waren. Sie waren diejenigen, die sich entschieden hatten, für die Kolonien und für deren Überzeugung zu kämpfen. Dabei waren sie noch so jung. Aber es war kein Geheimnis, dass die besten Piloten Jugendliche waren. Je älter man wurde, desto schlechter war die Synchronisationsrate, desto schwieriger wurde es, eine Maschine zu steuern. Somit das Schicksal der Kolonien in die Hände von Kindern zu legen … Das war riskant, aber es hieß doch schon immer, Kinder seien die Zukunft, auch noch zu Zeiten, als die Menschen auf der Erde lebten. Ammadon blickte neben sich, er bemerkte, wie Vilkas ihn sehnsüchtig ansah. Mit diesen liebevollen Augen. Ein Blick, der nur ihm galt, und sonst keinem Mann und keiner Frau auf dieser Welt. „Es tut mir Leid, dass wir uns heute Morgen nicht gesehen haben. Wir konnten auch kaum miteinander reden … Ich habe dich nicht einmal richtig begrüßt. Du … Du siehst heute wieder wunderbar aus. Na, wie wär’s … Wollen wir gemeinsam in der Kantine Mittagessen?“ Vilkas klang richtig verliebt, als würde er seinen eigenen Ehemann um ein Date bitten. Aber es war auch nicht selbstverständlich. Ammadon war so beliebt, meist kam Vilkas immer jemand zuvor mit der Bitte, gemeinsam zu essen. Und weil der sanftmütige Mann nicht Nein sagen konnte, saß er dann mit immer mit seinen Navigatorinnen an einem Tisch. Manchmal fragte er sich sogar, mit wie vielen Leuten er sich eigentlich seinen Ehemann teilen musste ... „Wie lieb von dir, Vilkas. Deine Komplimente schmeicheln mir am meisten.“ Und das war die volle Wahrheit. Auch wenn er sich gerne schön machte um von anderen umschwärmt zu werden, so war es letztendlich nur Vilkas, den er beeindrucken wollte. Und das gelang ihm immer wieder aufs Neue. Sanft legte er die Hände auf seine. “Natürlich esse ich mit dir zusammen. Heute gibt es Bohnensuppe, Steak mit Kartoffeln und als Nachspeise Erdbeertörtchen. Oh, wie sehr ich mich auf die Erdbeeren freue! Ich weiß zwar nicht, wie die in den anderen Kolonien schmecken, aber unsere sind die besten, das behaupte ich nun mal so.“ Jedes Mal wenn Ammadon solche zuckersüßen Worte von sich gab, bekam Vilkas fast einen Herzinfarkt. Womit hatte er es nur verdient, einen so schönen und so liebevollen Mann heiraten zu dürfen? Manchmal fragte er sich, ob er nicht im falschen Film war. Aber er schätzte sich sehr glücklich. „Gut, dann teile ich mein Dessert mit dir. Damit du noch mehr Erdbeeren hast.“ Und wenn er dann endlich ein wenig Zeit mit seinem Mann verbringen konnte, waren sie doch durch die Arbeit ständig verhindert, vergaß er auch zugleich alle Sorgen und er verzieh ihm, dass er andauernd diese Mädchen um sich herum hatte. Sie waren ja doch keine Bedrohung für ihn, soviel Selbstbewusstsein hatte Vilkas ja doch. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)