Home Sweet Home von Rabenkralle ================================================================================ Kapitel 8: Süßer als Eis ------------------------ Kapitel 8: Süßer als Eis Temari fühlte sich großartig, als sie die Tür hinter sich schloss. Ihr linker Zeigefinger wanderte an ihre Unterlippe, strich darüber und bei dem Gedanken an den Kuss durchfuhr sie ein warmer Schauer. Sie lächelte. Heute Nacht konnte sie sicher gut schlafen … Die ging ins Wohnzimmer – Kankurou und Matsuri diskutieren dort immer noch rege –, um Kairi aus dem Tuch zu nehmen. Temari löste den Doppelknoten und ließ ihre Tochter vorsichtig auf den Sessel hinunter. Das kleine Mädchen räkelte und steckte sich und schaute sich verschlafen um. Matsuri lachte vor Begeisterung. „Hab ich dir schon mal gesagt, dass sie immer niedlicher wird?“, fragte sie und kitzelte Kairi am Bauch. Temari setzte sich auf die Lehne und erwiderte: „Normalerweise sagst du es ein paar dutzend Male am Tag, aber heute ist es das erste Mal.“ „Beim nächsten Besuch denk ich wieder öfter dran!“ Ihre Freundin kicherte. „Und wie war euer kleiner Ausflug?“ „Nett“, sagte sie perplex, da sie mit dieser Frage nicht gerechnet hatte. Kankurou starrte seine ältere Schwester an. „Nur nett? Warum bist du dann so rot im Gesicht und grinst so vor dich hin, seit du zurück bist?“ „Ich grinse überhaupt nicht!“, stritt sie sofort ab und versuchte auch, dies in die Tat umzusetzen, was ihr aber nicht gelang. „Okay, okay“, setzte sie nach. „Es war toll!“ „Und wie toll?“, hakte Matsuri nach. „Er hat mich geküsst.“ Nun starrte Kankurou nicht mehr, sondern grinste seine Schwester breit an. „Hast du seinen Kuss erwidert?“, drängte ihre Freundin ungeduldig weiter. „Sag schon, sag schon!“ Temari blinzelte und anstatt ihr Kontra zu geben, antwortete sie: „Ja, hab ich.“ Ihr Bruder applaudierte ihr, Matsuri klopfte ihr auf die Schulter und sie kam sich leicht verarscht vor. Warum hatte sie nicht einfach die Klappe gehalten? „Siehst du, ich wusste, dass es eine großartige Idee war, mit mir wegzugehen!“ Ein Wunder, dass sich Koutarou überhaupt mit mir treffen wollte, nachdem er gesehen hat, dass ich mich mit Trunkenbolden wie dir abgebe, dachte Temari verdrossen. Aber vielleicht sollte sie ihr in diesem Fall doch ein kleines Bisschen dankbar sein. Minimal zumindest. „Und wann hast du vor, mit ihm richtig zur Sache zu gehen?“ Ihre Dankbarkeit gegenüber Matsuri verpuffte. Diese Frage war eine Unverschämtheit und sie ärgerte sich darüber. Temari nahm Kairi auf den Arm und erwiderte schnippisch: „Im Gegensatz zu dir lass ich mir Zeit und spring nicht gleich mit jedem dahergelaufenen Volltrottel ins Bett!“ Dann verschwand sie aus dem Wohnzimmer. Matsuri starrte ihr nach. Diese verbale Ohrfeige saß. --- Sie brachte ihre Tochter ins Bett und vertrödelte noch die Zeit, bis sich ihre tolle beste Freundin aus dem Staub gemacht hatte. Zum Glück dauerte dies nicht allzu lange. „Ich könnte kotzen!“, regte sie sich auf. „Dass sie alles auf so dumme Art und Weise kommentieren muss! Kann sie nicht einmal die Klappe halten?“ Kankurou zuckte die Achseln. „Sie ist deine Freundin“, sagte er, „Außerdem kennst du sie doch. Dir hätte klar sein müssen, dass sie das fragt.“ „Vielen Dank für deine Anteilnahme!“ „Gerne.“ Ihr Bruder grinste. „Du nimmst sie doch nur in Schutz, weil sie diese dumme Serie genau so toll findet wie du“, bemerkte Temari spitz. „Dabei hast du sie vor Kurzem selbst noch Bettmatratze genannt.“ „Was hat das Eine mit dem anderen zu tun?“ „Nichts“, erwiderte sie. „Ich wollte es nur mal angemerkt haben.“ Kankurou rollte mit den Augen. Wenn seine Schwester angepisst war, brachte sie immer unmögliche Argumente. „Vergiss ihren Kommentar und schwelge lieber wieder in Erinnerungen an den Kuss“, sagte er. „Bevor Matsuri dir die Laune verdorben hat, hast du mir nämlich besser gefallen.“ Der Kuss … Ihr wurde etwas warm ums Herz und ihr Ärger war fast vergessen. So fühlt sich wohl die Protagonisten in einem Liebesroman, dachte sie und schmunzelte über diesen Gedanken. Kankurou hatte Recht: Dieser Tag war wirklich zu schön, um ihn in Wut ausklingen zu lassen. „Ich finde übrigens, dass er ein netter Kerl ist“, fuhr Kankurou fort. „Diesmal hast du mal die richtige Wahl getroffen.“ „Diesmal?“, empörte sich Temari. „Was soll denn das heißen?“ Sie klang aufgebrachter, als sie tatsächlich war, denn sie ärgerte sich nicht über seine Wortwahl. Sie freute sich vielmehr darüber, dass er Koutarou anscheinend so gut leiden konnte. „Ich sehe ihn als potenziellen Schwager als sehr viel geeigneter an.“ Ihr Bruder grinste. „Und so glücklich wie heute hast du früher nicht ausgesehen.“ Natürlich wusste er nicht, ob sie damals vor Verliebtheit mit einem dauerhaft breiten Grinsen durch Konoha gelaufen war, und sie konnte sich selbst auch nicht daran erinnern. Shikamaru hatte ihr unheimlich viel bedeutet und doch hatte immer diese dunkle Wolke der Distanz über ihrer Beziehung gehangen. Konnte man denn überhaupt glücklich sein, wenn man den Menschen, den man liebte, nur so selten sah? Wahrscheinlich nicht. Und sie war es auch nie so richtig gewesen, wenn sie darüber nachdachte. Aller Liebe zum Trotz. Aber nun mit Koutarou sah die Sache völlig anders aus. „Du sagst manchmal echt das Richtige.“ Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln. --- In den folgenden Wochen bestätigte sich der Eindruck ihres Bruders immer mehr auch für sie selbst. Wenn es ein passendes Wort für das, wie sie sich fühlte, gab, war glücklich definitiv in der engeren Auswahl. Neben zufrieden und einem kitschigen schwerelos. „Trefft ihr euch heute wieder?“, fragte Matsuri zwischen zwei Schlucken ihres Eiskaffees. Temari nickte. „Er arbeitet bis um halb acht und dann … Wir sind fürs Kino verabredet.“ „Und was guckt ihr? Eine klischeehafte Romanze, während der ihr heftig knutschen könnt?“ Das Grinsen ihrer Freundin hatte etwas Anzügliches, doch sie störte sich nicht daran. „Wissen wir noch nicht. Wir schwanken zwischen einer Komödie und einem Horrorfilm.“ „Horrorfilm? Perfekt! Dann kannst du dich ihm um den Hals schmeißen, wenn du Angst hast!“ Sie machte einen peinlichen Kussmund. „Hör doch auf mit dem Quatsch! Als ob ausgerechnet ich mir bei ein paar Splattereinlagen in die Hose machen würde.“ „Dann wirft Koutarou sich dir vielleicht um den Hals!“ Matsuri lachte so laut, dass sich einige Gäste im Café zu ihr umdrehten. „Und?“ – sie senkte ihre Stimme – „Magst du es mir jetzt verraten?“ „Verraten?“, entgegnete Temari ahnungslos. „Was denn?“ „Na, ob ihr es inzwischen … du weißt schon!“ Sie blinzelte erstmal nur. Es war wirklich mutig von ihr danach zu fragen, nachdem sie sie beim letzten Mal so angefahren und tagelang nicht mit ihr geredet hatte. Schließlich schüttelte Temari den Kopf. „Noch nicht?“ Matsuri klang regelrecht enttäuscht. „Ich sag ja nicht, dass du es so wie ich machen musst, aber interessiert es dich nicht, wie es mit einem anderen wäre?“ Ihre Freundin zuckte mit den Schultern. „Minimal vielleicht, aber eigentlich nicht wirklich.“ „Warst du deswegen noch nicht mit Koutarou im Bett?“ „Hallo? Ich kenne ihn erst seit fünf Wochen!“ „Hallo? Du kennst ihn schon seit fünf Wochen! Bist du denn nicht neugierig darauf, was er zu bieten haben könnte?“ Ein erneutes Schulterzucken. Matsuri schlug sich die Hand vor die Stirn und sprudelte plötzlich los: „Ich weiß! Du hast ein Problem damit, weil er nicht dein Exfreund ist!“ Temari brachte nicht mehr als ein „Was?“ heraus. Was sollte man auf so etwas Absurdes auch antworten? „Du kannst ruhig zugeben, dass dich das hemmt!“ Matsuris Feststellungen wurden immer verrückter … „Bist du noch ganz gesund?“ Daran zweifelte Temari im Moment ernsthaft. „Mich hemmt überhaupt nichts! Es hat sich halt noch keine passende Gelegenheit ergeben.“ Toll, jetzt antwortete sie doch … „Das ist ja niedlich.“ Ihre Freundin kicherte. „Es hat sich noch keine passende Gelegenheit ergeben … Du gehörst wohl zu der Sorte Mensch, die bis zum Schluss an die wahre Liebe glaubt.“ „Glaubst du etwa an diese Kitschkacke?“ „Nein. Im Gegensatz zu dir!“ Sie rollte mit den Augen. Matsuri schätzte sie ja völlig falsch ein. „Ich verstehe nicht, was Abwarten, ob es auf persönlicher Ebene stimmt mit Glauben an die wahre Liebe zu tun hat. Bin ich zu dumm? Erklär’s mir!“ Nun blinzelte die Jüngere. Vor Sprachlosigkeit. „Du wolltest wohl bloß mal wieder witzig sein, was?“, sagte Temari. „Hat super funktioniert. Siehst du, wie ich gerade lache?“ Sie verzog ihr Gesicht zu einer Grimasse. „Ich fall gleich tot um vor Lachen!“ „Okay, okay!“, gab ihre Freundin nach. „Hätte ja sein können …“ „Hätte es nicht. Was die Liebe betrifft, bin ich wie in vielen anderen Dingen Realist!“ „Ein Realist, der sich in der Fantasie gerne Luftschlössern hingibt.“ Matsuris Bemerkung traf sie wie ein Schlag. „Das hätte ich zumindest bis vor ein paar Wochen gesagt.“ Sie lächelte Temari zu. „Aber wie es scheint, hast du das endlich hinter dir.“ Das dumpfe Gefühl in ihrem Magen löste sich in Wohlgefallen auf. „Schön, dass du das auch endlich bemerkt hast.“ „Ich glaube, du musst mir bis zu deinem Lebensende dankbar sein“, sagte Matsuri und grinste. „Schließlich hast du Koutarou durch mich erst kennengelernt.“ „Das überleg ich mir noch.“ Ein Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. „Zeig ich dir fürs Erste genug Dankbarkeit, indem ich die Rechnung bezahle?“ „Ein Anfang wär’s zumindest.“ Matsuri lachte, dann nippte sie etwas gedankenverloren am Trinkhalm ihres Eiskaffees. „Sag mal“, begann sie schließlich, „was würdest du eigentlich tun, wenn du Shikamaru doch noch mal über den Weg laufen würdest?“ „Was soll ich schon großartig machen?“, erwiderte sie, etwas perplex von der Frage. „Ihm seine Tochter vorstellen und ein schönes Leben wünschen, denk ich mal.“ „Ich meine, mal angenommen, dass du noch Single wärst.“ „Bin ich aber nicht.“ „Schon klar. Ich sagte auch wenn … Würdest du nicht versuchen, die Beziehung komplett von vorne aufzubauen?“ Sie zuckte die Achseln. „Ist mir egal und ich denk auch nicht drüber nach, weil dein Was-wäre-wenn totaler Bullshit ist, da es niemals dazu kommen wird.“ „Und woher willst du das wissen?“, fragte ihre Freundin weiter. „Weil Kankurou ihn eigenhändig umbringt, wenn er auch nur einen Fuß in dieses Dorf setzt.“ Temari gab zu, dass ihr die Vorstellung ein wenig gefiel. Für die Vergangenheit war in ihrem jetzigen Leben kein Platz mehr und sie wollte ihn ihr auch bei Bedarf nicht wieder einräumen. Als sie Kairi ansah, die in ihrem Buggy ihren Mittagsschlaf hielt, flackerte ihr schlechtes Gewissen auf. Doch wie konnte ihre Tochter eine Person vermissen, die sie gar nicht kannte? Der Gedanke beruhigte sie. „Jetzt aber hoch mit dir!“, scheuchte sie Matsuri gut gelaunt auf. „Schon vergessen? Ich hab nachher ein Date!“ --- „Ich glaub, das war der beste Film, den ich je gesehen hab!“, scherzte Koutarou, als sie das Kino verließen. Temari lachte. „Die furchtbaren Dialoge waren wirklich ihr Eintrittsgeld wert“, sagte sie. „Vielleicht sollten wir uns vor dem nächsten Kinobesuch doch lieber ein paar Kritiken durchlesen.“ Sie hakte sich bei ihm ein und sie gingen ein Stück. „Soll ich dich schon nach Hause bringen?“, fragte er. „Kairi schmeißt mich momentan zwar jeden Morgen um sechs aus dem Bett“, erwiderte sie mit Blick auf ihre Armbanduhr, „aber was soll’s! Schlafen kann ich noch, wenn ich alt bin.“ „Dann noch ein kleiner Snack?“ „Gern.“ --- Sie schlenderten zu dem Café, in dem Temari schon am Tag mit Matsuri gewesen war. Zwei andere Paare saßen noch draußen und ließen sich im Mondlicht von einzelnen Mücken umschwirren. Bei dem Anblick musste sie grinsen. Koutarou und sie reihten sich gleich in dieses Szenario mit ein und – „Ich merke mal wieder, welche Vorteile Sunagakure gegenüber Konoha hat“, sagte sie. Ihr Begleiter zog einen Stuhl von einem kleinen Tisch ab, sie setzte sich und er nahm ihr gegenüber Platz. Anschließend fragte er: „Und die wären?“ „Hier gibt es keine Mückenschwärme! Die sind dort nämlich regelmäßig über mich hergefallen“, antwortete sie. „Also falls du ein Vampir sein solltest, wird dir mein Blut sicher schmecken!“ „Schade, dass ich kein Vampir bin!“ Er lachte und studierte die Eiskarte. „Hast du das Eis hier schon mal probiert?“, fragte er und witzelte: „Meinst du, dass es an die Süße deines Blutes heran kommt?“ „Es schmeckt großartig. Das heißt, wenn du kein Faible für Metall auf der Zunge hast“, entgegnete sie amüsiert. „Ein besseres Eis findest du im ganzen Windreich nicht.“ „Dann ist es als Abschluss für den Abend wohl gerade gut genug“, sagte Koutarou. Temari lächelte. „Du Charmeur!“ „Wieso? Irgendwie muss ich es ja wiedergutmachen, dass ich dich in diesen furchtbaren Film geschleppt habe.“ „Allerdings.“ Nun musste sie lachen und er stimmte mit ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)