Some Nights von -Ayla- (BBC) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Some nights Some nights, I stay up cashing in my bad luck Some nights, I call it a draw Some nights, I wish that my lips could build a castle Some nights, I wish they'd just fall off John hatte einfach Pech gehabt. Mal wieder. Er hatte das Pech gehabt, das jüngere von zwei Geschwistern zu sein. Er hatte das Pech gehabt, in seiner Jugend seine Homosexualität zu entdecken. Er hatte das Pech gehabt, dass sein Vater ihn rausgeworfen hatte, da er nicht zwei ‚von der Sorte‘ haben wollte. Harry war daraufhin ebenfalls ausgezogen. Also wanderte er aus. Von Schottland nach England, genauer London. Er hatte das Pech gehabt, dass seine Neigung am Ende seines Medizinstudiums herausgekommen war und ihm nahegelegt wurde, sich etwas anderes zu suchen, da sich doch kein Patient ‚von so einem‘ würde anfassen lassen wollen. Also suchte er sich etwas anderes. Und wurde fündig in der Armee. Er verbarg seine Neigungen und versuchte, ein guter Heterosexueller zu sein. Seine Ausbildung brachte er mit guten Ergebnissen hinter sich und ehe er sich versah, war er in Afghanistan. Er sah es als ein Unentschieden mit dem Schicksal an, dass er so viele Soldaten retten konnte, dass er aber auch bei vielen einfach hilflos zusehen mussten, wie sie starben. Dass er einfach nur neben ihnen sitzen konnte, damit sie in der Gewissheit sterben konnten, nicht alleine zu sterben. Es war geradezu ironisch, dass er als Arzt, der Menschenleben retten wollte, auch oft dazu gezwungen war, Menschen zu töten. Noch ironischer war, dass es ihm nicht so viel ausmachte, wie es wohl sollte. Denn das waren die Feinde, die Gegner. Oft genug hieß es, wenn du mich nicht tötest, töte ich dich und da fiel die Entscheidung nicht schwer. Dann hatte er das Pech gehabt, an der Schulter getroffen zu werden. Die Verletzung war so schlimm, dass er umgehend nach Hause geschickt und aus dem Dienst entlassen wurde. Er hatte das Pech, dass er mit den Erinnerungen an den Krieg schlechter zurechtkam, als mit dem Krieg an sich. Während seines Einsatzes hatte er nicht über das nachdenken können, was er tat. Oder hatte vielmehr nur die positive Seite gesehen. Das Retten, nicht das Töten. Er hatte das Pech, von den Geistern der Menschen, die er getötet hatte, heimgesucht zu werden. Er hatte das Pech, dass sich seine psychische Verfassung auf seine physische auswirkte. Doch bald darauf verwandelte sein persönliches Pech sich in sein absolutes Glück: Er traf Sherlock Holmes. But I still wake up, I still see your ghost Oh Lord, I'm still not sure what I stand for oh What do I stand for? What do I stand for? Most nights, I don't know anymore... Oh whoa, oh whoa, oh whoa oh oh Oh whoa, oh whoa, oh whoa oh oh John drehte sich um und starrte an die Decke. Ein warmes weiches Bett zu haben, war ein Luxus, den er in Afghanistan vermisst hatte. Neben einer richtigen Dusche, Wasser, so viel er wollte und einer Badewanne. All das hatte er jetzt glücklicherweise, auch wenn das Bett streng genommen nicht ihm selbst gehörte, denn Mrs Hudson vermietete möbliert, was hieß, dass er sämtliche Möbel hier lassen und neu kaufen müsste, sollte er je hier ausziehen. Noch war er dem recht abgeneigt, auch wenn sein neuer Mitbewohner zuweilen unausstehlich war. Unausstehlich arrogant, unausstehlich ignorant, unausstehlich egozentrisch, unausstehlich besserwisserisch, unausstehlich rechthaberisch. Sozial inkompetent. Und er stürzte sich blindlings einfach in Gefahren. Damit kam John ins Spiel. Denn Mycroft hatte Recht gehabt. Er vermisste die Gefahr des Krieges. Er liebte die Gefahren, die er mit Sherlock erlebte. Daher hatte er mittlerweile immer seine geladene schussbereite Waffe dabei, die er als Ex-Soldat legal tragen durfte. Weshalb tauchten dann nachts immer Bilder von Sherlock vor seinem inneren Auge auf und ließen sein Herz schneller schlagen? War es nur die potenzielle Gefahr, oder war da schon mehr? Auch hier versuchte er sein zu seinem eigenen Schutz selbst aufgebautes Bild des vorbildlichen heterosexuellen Mannes mit Hilfe von ständig wechselnden Frauenbekanntschaften aufrecht zu erhalten. Warum wusste er selbst nicht so genau, es war eigentlich nicht mehr notwendig. Was ihn irgendwie dennoch störte, war die Tatsache, dass Sherlock dies trotz seines Intellekts und seiner Beobachtungsgabe noch nicht herausgefunden hatte. Es kränkte ihn ein wenig, dass Sherlock ihm augenscheinlich nicht so viel Beobachtung schenkte, wie anderen Leuten. Seinen Opfern. Den Verdächtigen. Den Zeugen. Und den Polizisten. Eigentlich jedem. Oder ignorierte er es schlichtweg? Es war vielleicht nicht wichtig genug. Was wiederum hieß, dass John nicht wichtig genug war. Er presste frustriert die Lippen zusammen. Eigentlich hätte es ihn nicht wundern sollen. Was sollte Sherlock schon mit einem Dummkopf wie ihm anfangen wollen? This is it, boys, this is war - what are we waiting for? Why don't we break the rules already? I was never one to believe the hype - save that for the black and white I try twice as hard and I'm half as liked, but here they come again to jack my style Dann begann er. Der Krieg gegen Moriarty. Der Krieg mitten in London. Alleine das brach sämtliche Regeln der westlichen Zivilisation. Und wieder hatte John das Pech gehabt. Entführt auf dem Weg zu Sarah, die längst nur noch eine gute Freundin war. Die Weste mit der Bombe. Die Erinnerungen an andere Bomben in ihm aufwühlte. Die Enttäuschung in Sherlocks Augen ließ sein Herz stehen bleiben. Wer war denn hier nun der Idiot? John war schließlich nicht Moriarty! Dennoch versuchte er, seine Stimme ruhig zu halten, als er wiederholte, was eine widerliche Stimme ihm ins Ohr säuselte. Er öffnete seine Jacke, damit Sherlock den Explosivstoff sehen und seine Schlussfolgerungen ziehen konnte. Er versuchte, Sherlock hier unbeschadet herauszubringen. Er würde sich auch selbst opfern, denn Sherlock war ihm wichtig geworden. Und Sherlock war wichtiger, als er selbst. Er konnte Moriarty zur Strecke bringen, wenn John starb, umgekehrt standen die Chancen nicht sehr hoch, darüber machte John sich keine Illusionen. Um einem Moriarty entgegentreten zu können, musste man ebenso intelligent sein. Und das war John einfach nicht. Ein wenig war er verwundert, als Sherlock ihm so leidenschaftlich die Bombenweste vom Leib riss. Dass er wie ein gehetztes Tier neben ihm auf und ab ging, um das Adrenalin loszuwerden, um sich zu beruhigen. Irrte John sich etwa und er bedeutete Sherlock doch ein klein wenig? Die Erörterung dieser Frage musste in dem Moment verschoben werden, in dem Moriarty zurückkehrte. Und John hatte keine Ahnung, womit er es verdient hatte, von Sherlock stumm um Einverständnis gefragt zu werden, auf die Bombe schießen zu dürfen. Ein Sherlock Holmes fragte normalerweise nicht um Erlaubnis, er tat es einfach. Und ihn fragte er schon gar nicht. Schließlich war er dumm und nach Moriartys Aussage nur Sherlocks Haustier. Darüber würde er noch nachdenken müssen, auch wenn er wusste, dass Moriarty nur einen Keil zwischen sie treiben wollte. Aber kam er sich nicht manchmal selbst so vor? And that's alright; I found a martyr in my bed tonight She stops my bones from wondering just who I am, who I am, who I am Oh, who am I? mmm... mmm... Kaum zu Hause stellte sich aber schnell heraus, dass dem nicht so war. Die Tür zu ihrer Wohnung war noch nicht ganz geschlossen, als Sherlock John schon dagegen drückte, sein Gesicht mit beiden Händen umschloss und ihn zu sich hochzog, um ihn zu küssen. Zunächst war der Kuss sanft und keuch, nur ihre Lippen bewegten sich aneinander, ineinander und umeinander. Doch beide wollten rasch mehr, weshalb sich Münder öffneten und Zungen suchten, miteinander spielten und Mundhöhlen erkundet wurden. Irgendwann lösten sie sich schwer atmend voneinander. Doch als Sherlock sprach, strich sein Atem über Johns Lippen, denn allzu weit wollte er sich offenbar nicht von ihm entfernen. „Ich will, dass du dich von Sarah trennst,“ hauchte die tiefe Stimme. John keuchte und ein Schauer rann ihm über den Rücken. Nicht ausgelöst durch das, was Sherlock sagte, sondern durch den Tonfall und die Tatsache, dass sein Gegenüber seine harte Mitte an der seinen rieb. Der Blonde schloss überwältigt die Augen und presste seinen eigenen Unterleib an Sherlock. Er öffnete die lustverhangenen Augen erst wieder, als Sherlock ihm unsanft in die Lippe biss und ihm wurde klar, dass er ihm noch eine Antwort schuldete. „Auf jeden Fall,“ entgegnete er und merkte doch, dass seine Stimme ein wenig heißer war. Nach diesem Versprechen wurde er gepackt und dann in Sherlocks Schlafzimmer gedrängt. Einige Zeit später lagen sie eng umschlungen in Sherlocks Bett. John beobachtete den Jüngeren, der erstaunlicherweise so müde von ihren Aktivitäten war, dass er tatsächlich eingeschlafen war. Da er John allerdings zuvor noch in eine enge Umarmung gezogen hatte, hatte John keinen Grund mehr, sich zu fragen, was er eigentlich für Sherlock war. Er wusste es jetzt. Well, some nights, I wish that this all would end Cause I could use some friends for a change And some nights, I'm scared you'll forget me again Some nights, I always win, I always win... Es änderte sich fast nichts zwischen ihnen. Sherlock war noch genauso unausstehlich, wie vorher. Und manchmal wünschte er sich, das alles würde enden. Doch dann dachte er sich, dass er sich ja schließlich auch in den unausstehlichen Sherlock verliebt hatte. Könnte er ihn überhaupt noch lieben, wenn er sich ändern würde? Wenn er plötzlich der liebste und netteste Mensch auf Erden wäre? Nein, definitiv nicht. Das wäre doch langweilig. Also musste eine andere Strategie her. Er brauchte noch andere Freunde. Und dazu hatte er mehr oder weniger Greg erkoren. Oder hatte dieser sich vielmehr selbst dazu angeboten. Irgendwann gingen sie einmal in der Woche in einen Pub, um gemütlich ein Bier zu trinken und zu reden. Weit weg von Sherlock und seinen Macken und Eigenheiten. Seltsamerweise ließ Sherlock ihm auch meistens diesen Abstand. Und durch die vielen Aufenthalte im Bart’s gelang es ihm auch, mit Molly eine enge Bekanntschaft aufzubauen. Und dann kam Irene Adler. Irene, die Sherlock vollkommen nackt empfing. Irene, die für alle offensichtlich mit Sherlock flirtete. Ihn um den kleinen Finger wickelte. Sherlock, der auf die Avancen einging. Der nur noch von Der Frau sprach. Und John, der eifersüchtig und gereizt war Der froh war, als Irene tot war und doch nicht mitansehen konnte, wie Sherlock litt. Aber auch ihre Beziehung litt. Wie hatte er sich auch nur einbilden können, dass er wusste, wie Sherlock zu ihm stand? Er wusste doch schließlich, dass Sherlock sich gern als Soziopath bezeichnete. Er wusste, dass es Sherlock schwer fiel, Emotionen zuzulassen, zu zeigen. Falls er überhaupt welche hatte. Ihre Beziehung bestand vielleicht aus einer Freundschaft. Plus Sex. An Gefühle seitens Sherlock glaubte er nicht mehr, auch wenn es eine Zeit gab, in der er das dachte. Für diesen war es vermutlich nur die Befriedigung des Körpers. Und da ihm die Gefühle anderer vollkommen egal waren, waren es Johns Gefühle allemal. Das war auch der Grund, weshalb er das tat, was er immer tat, als Irene wieder auftauchte und ihn mit seinen Gefühlen konfrontierte: Er leugnete, überhaupt schwul zu sein. Und fühlte eine immense Genugtuung, als er bemerkte, dass Sherlock alles mitangehört hatte. Was Sherlock konnte, konnte er schon lange. Wenn es Sherlock egal war, dass ihre sogenannte Beziehung den Bach runterging, dann konnte es ihm auch egal sein. Er hatte einfach mal wieder Pech gehabt und resignierte daher vollkommen. Dennoch traf es ihn hart, als sie zusammen in Dartmoor am Kamin saßen und Sherlock ihm eröffnete, dass sie noch nicht einmal Freunde waren. Dass noch nicht einmal eine Freundschaft erwünscht war. Hatte es schon wehgetan, sich einzugestehen, dass Sherlock seine Gefühle nie erwidern würde und sie nur für Sex ausnutzte, so schmerzte das doch so unendlich viel mehr und John fragte sich, wozu er das Ganze überhaupt noch machte? Bei Sherlock bleiben. Er hatte vor ihrem Treffen ohne ihn gelebt, er würde es auch wieder können. Genauso wie Sherlock. Er brauchte niemand, der auf ihn aufpasste, er war ein erwachsener Mensch, der selbst Entscheidungen traf. Die er ja auch jetzt traf, ohne Rücksicht zu nehmen auf John. Bitte, wenn Sherlock keine Freunde brauchte, dann konnte er ja auch gehen. Da von seiner Seite aus alles klar war und er bereits dabei war, einen Schlussstrich unter die ‚Sache Sherlock‘ zu ziehen, überraschte es ihn umso mehr, als Sherlock sich am nächsten Tag entschuldigte und ihn regelrecht anbettelte, ihm zu glauben, dass er es ernst meinte. Es wunderte ihn, dass Sherlock überhaupt bemerkt hatte, dass er ihn gekränkt hatte. Und weil er diesem klaren Blick aus stechenden Augen nicht wiederstehen konnte gab er dann auch schnell wieder nach. Doch er schwor sich, von nun an die sexuelle Komponente in ihrer Freundschaft wegzulassen. Auch wenn Sherlock ihn küssen wollte, sobald sie zu Hause waren, er blieb hart. But I still wake up, I still see your ghost Oh Lord, I'm still not sure what I stand for, oh What do I stand for? What do I stand for? Most nights, I don't know... (come on) Hätte er allerdings gewusst, dass Sherlock nur wenig später Selbstmord begehen würde, er hätte es sich vermutlich anders überlegt. Jetzt bereute er es zutiefst, Sherlock abgewiesen zu haben, auch wenn es zum damaligen Zeitpunkt einfach richtig gewesen war. Und er hatte tiefe Schuldgefühle. Er fragte sich, weshalb Sherlock einen solch drastischen Schritt gegangen war. Hatte er nicht genügt, um am Leben zu bleiben? Hatte ihm eine Freundschaft nicht genügt, um seinen Tod zu verhindern? Wäre es anders gewesen, hätte er nachgegeben, ihre Beziehung weiterhin mehr als Freundschaft sein lassen? Hätte es etwas an Sherlocks Entscheidung, sein Leben zu beenden, geändert? Die Alpträume begannen wieder. Immer wieder sah er Sherlocks Fall. Auch wenn er es in der Realität nie gesehen hatte, im Traum sah er es: wie Sherlocks Körper auf dem Boden aufschlug. Hörte die Knochen knacken und sah, wie das dunkelrote Blut sich ausbreitete. Irgendwann begann der Traum-Sherlock ihn zu beschimpfen und ihm die Schuld an seinem Tod zu geben. Dann vermischte er Sherlocks Tod mit seinen Erinnerungen an Afghanistan und Sherlocks Tode wurden immer grausamer. Oft genug wachte er nachts schreiend und schweißgebadet auf. So this is it? I sold my soul for this? Washed my hands of God for this? I miss my mom and dad for this? (Come on) No. When I see stars, when I see, when I see stars, that's all they are When I hear songs, they sound like this one, so come on Oh, come on. Oh, come on, OH COME ON! Er ging zu seiner Therapeutin, doch richtig darüber reden konnte er nicht. Irgendwann, als es auch nach Wochen nicht besser wurde, gab er es auf, hinzugehen. Er versuchte wirklich, weiter zu leben. Doch in seinem neuen Job konnte er nicht lange bleiben, da er Konzentrationsschwierigkeiten hatte und seine Fehler, die wirklich gravierend waren, nur knapp von Kollegen hatten ausgebügelt werden können. Lestrade wollte er nicht mehr sehen, hatte dieser Sherlock doch verraten und auch der Kontakt zu Molly brach ab, da sie ihn zu sehr an Sherlock erinnerte. So war er meistens alleine zu Hause und wimmelte Mrs Hudson ab, wenn diese ihn mal wieder aufbauen wollte. Er wollte sich eine neue Wohnung suchen, denn alles hier erinnerte ihn zu sehr an Sherlock. Aber er fand nichts Passendes für seinen kleinen Geldbeutel. Warum Mycroft weiterhin Sherlocks Miete zahlte, war ihm schleierhaft, aber auch herzlich egal. Ihm wurde alles egal. Er aß kaum noch, versuchte es zu vermeiden zu schlafen, wo er nur konnte, er ging weder zum Friseur, noch rasierte er sich, er duschte nur noch, wenn es absolut notwendig war und verschanzte sich ansonsten am Liebsten in seinem Zimmer. Da Sherlock dort zu Lebzeiten am seltensten gewesen war, war dies der einzige Raum, in dem er es halbwegs aushalten konnte. Oftmals ließ er morgens die Rollläden geschlossen und blieb den ganzen Tag bewegungslos an die Decke starrend im Bett liegen. Mittlerweile waren ihm die Tränen ausgegangen, denn auch wenn er nie an Sherlocks Grab geweint hatte, das er einmal in der Woche besuchte und ansonsten nicht das Haus verließ, so konnte er alleine mit sich selbst doch weinen. Manchmal wünschte er sich, er wäre damals schon in der heißen Wüste in Afghanistan gestorben. Dann wäre ihm vieles von all dem erspart geblieben. Irgendwann fand er sich selbst auf dem Boden kniend wieder, seine Waffe in der Hand und das kalte Metall an seine Schläfe gedrückt. Er wusste selbst nicht, wie es dazu gekommen war, doch jetzt, da er es bemerkt hatte, fand er die Entscheidung richtig. Was sollte er denn auch noch mit sich anfangen? Er war zu nichts mehr zu gebrauchen. Und einfach nur vor sich hinzuleben war auch nicht der Sinn der Sache. Er schloss die Augen, seufzte tief und bewegte dann den Finger am Abzug. Well, that is it guys, that is all - five minutes in and I'm bored again Ten years of this, I'm not sure if anybody understands This one is not for the folks at home; Sorry to leave, mom, I had to go Who the fuck wants to die alone all dried up in the desert sun? Gerade in dem Moment, als er abdrücken wollte, klingelte jemand bei ihm Sturm. Er erschreckte sich durch das laute Geräusch so sehr, dass er die Waffe verriss und sein Finger vom Abzug rutschte. Seine Augen waren schreckgeweitet und sein Herz klopfte laut in seiner Brust. Wer war denn das? Er überlegte kurz, ob er jetzt Glück gehabt hatte oder ob es einfach nur wieder sein Pech war. John sah auf seine Waffe hinab und dachte weiter, ob er sein Vorhaben doch noch durchziehen wollte, doch es klingelte erneut und somit wusste er, wer auch immer das war, würde den Schuss auf jeden Fall hören. Und er war es nicht wert, dass man seine Leiche sofort entdeckte. Also stand er langsam auf und verstaute seine Waffe in seiner Schublade. Daran, dass es noch immer klingelte erkannte er, dass es wohl dringend war und sein Besucher wohl auch nicht aufgeben würde. Wie in Trance ging er die beiden Treppen hinunter und er fragte sich, ob er es tatsächlich getan hätte. Andere Menschen zu erschießen war schließlich etwas ganz anderes, als sich selbst umzubringen. Er zuckte leicht zusammen, als er dabei an Sherlock dachte und er fragte sich zum sicherlich tausendsten Mal, weshalb dieser sich das Leben genommen hatte. So etwas war schließlich keine leichte Entscheidung und er fragte sich, ob er dieses Vorhaben von Sherlock nicht hätte früher erkennen müssen. Unten angekommen öffnete er arglos die Tür. Doch als er Lestrade davor stehen sah, wollte er die Tür gerade wieder schließen, jedoch hatte er nicht damit gerechnet, dass dieser seinen Fuß zwischen Tür und Angel schieben würde und es ihm somit nicht ermöglichte, seinen ehemaligen Freund auszuschließen. „Ich bin nicht freundschaftlich, sondern dienstlich hier,“ erklärte Lestrade ernst. Am Anfang hatte er wirklich noch versucht, zu John durchzudringen und sich zu entschuldigen, doch John hatte das alles abgelehnt und nach mehr als einem Jahr hatte er dann einfach aufgegeben. Sein Leben ging weiter und auch wenn er den Tod Sherlocks bedauerte, das Leben ging weiter, auch wenn es John offensichtlich noch schwer fiel, das zu begreifen. Er war der Meinung, dass John sein Leben einfach zu sehr nach Sherlock ausgerichtet hatte und sein eigenes dabei vollkommen vergessen hatte. Und jetzt, da sein Lebensinhalt fort war, hatte auch John keinen mehr, was Lestrade äußerst bedauerlich fand, immerhin waren sie einst befreundet gewesen. Aber John war dahingehend auch einfach zu stur. John sagte noch immer nichts, sondern drehte sich einfach um und ließ die Tür offen. Schwerfällig stieg er die Treppen hoch, achtete allerdings nicht darauf, ob Lestrade oder sonst jemand ihm folgte. Er ging in die Küche und setzte sich an den Tisch. Früher hätte er seinen Gästen etwas zu trinken angeboten, doch heute wollte er einfach nur, dass sie so schnell wie möglich wieder verschwanden und ihn in Ruhe ließen. Er legte seine Hände auf den Tisch, sah aber nicht auf, als Lestarde sich zu ihm setzte. „Hör zu...,“ begann dieser, wurde aber sogleich unterbrochen. „Komm gleich zum Punkt.“ Johns Stimmer war leise und daher wusste keiner so genau, ob das nun eine Bitte oder ein Befehl war. Lestrade räusperte sich und wechselte einen Blick mit der Frau, die bei ihm war, die John aber ignorierte. Es war ihm egal, wer hier war und egal, was sie von ihm wollten. Sie sollten einfach nur fertig werden. „Harry hatte einen tödlichen Autounfall,“ warf Lestrade schließlich in den Raum. Johns Kopf ruckte hoch. Hatte er auch gedacht, dass es unmöglich für ihn wäre, überhaupt noch irgendetwas zu empfinden, so zog ihm diese Nachricht doch den Boden unter den Füßen weg. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, jedoch kam kein Laut hervor. Daher fuhr Lestrade fort. „Ebenso wie Clara. Da weder sie Verwandtschaft hat, noch Harry weitere außer dir, bist du ihr Alleinerbe. Oh, und bevor du fragst: Harry war trocken und nicht der Unfallverursacher. Leider sind sie von einem Geisterfahrer erwischt worden. Mein Beileid.“ John fühlte sich noch immer wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er öffnete immer wieder den Mund, um etwas zu sagen, aber seine Stimme versagte ihm den Dienst. Daher nickte er schließlich nur. „Desweiteren,“ Lestrade tauschte einen erneuten Blick mit der Frau aus, „bist du im Todesfall beider Frauen als Vormund für ihren Sohn Hamish eingetragen.“ „Bitte was?“ fragte er ungläubig. Erst diese Nachricht hatte ihn aus seiner Starre reißen können. Er wusste von nichts. „Harry hat sich mit einer Samenspende befruchten lassen. Da Clara keine Kinder bekommen konnte, haben sie sich dafür entschieden. Hamish ist jetzt zwei Monate alt und war bei einem Babysitter, als der Unfall geschah,“ ergriff nun die Frau das Wort und John blickte sie jetzt erst an. „Mary Morstan, Jugendamt.“ Sie reichte ihm die Hand und er schüttelte sie. John brauchte nur kurz, um sich zu fangen. „Wo ist Hamish jetzt?“ Sein Blick blieb an Frau Morstan hängen, da er davon ausging, dass sie das eher wusste. Die lächelte ihn an. „Er ist zurzeit bei einer Pflegefamilie, allerdings nur so lange, bis Sie informiert wurden und bereit sind, ihn bei sich aufzunehmen. Desweiteren müssen wir noch einige Formulare ausfüllen und Sie sollten noch die Wohnung Ihrer Schwester aufsuchen, da sie sicherlich alles hat, was Sie vorläufig für das Baby brauchen.“ John nickte nur, bevor ihm klar wurde, dass Hamish wohl noch in Schottland war. Genauso, wie die Wohnung der drei. My heart is breaking for my sister and the con that she call "love" When I look into my nephew's eyes... Man, you wouldn't believe the most amazing things that can come from... Some terrible lies...ahhh... Die nächsten zwei Wochen erlebte er wie in Watte gepackt. Alles fühlte sich an, wie weit weg, als würde er an seinem eigenen Leben nicht teilnehmen. Er wusste nicht genau, wie er schließlich das Geld für einen Flug nach Schottland zusammengekratzt hatte. Nur ein Hinflug, zurück würde er sich einen Kleintransporter mieten, schließlich würde er mindestens einen Wickeltisch und ein Gitterbett mitnehmen, Spielsachen, Kleidung vielleicht auch ein Mobile. In Aberdeen angekommen, wurde er gleich von einer Mitarbeiterin des dortigen Jugendamtes empfangen. Allerdings wurde darauf bestanden, dass er zuerst einige Formulare ausfüllte und auch die Beerdigung seiner Schwester und seiner Schwägerin zu organisieren, doch er funktionierte nur wie auf Autopilot. Erst nachdem das alles organisiert war, lernte er Hamish und seine Pflegefamilie kennen. Er fühlte sich seltsam taub, als er den Jungen zum ersten Mal auf dem Arm hielt. Er konnte keine wirkliche Verbindung zu ihm schaffen. Er fühlte sich berührt, dass Harry ihren Sohn nach ihm benannt hatte, konnte es aber zugleich nicht verstehen, weshalb er nichts von der Schwangerschaft und auch nichts von der Geburt erfahren hatte. Warum hatte Harry erst sterben müssen, damit er überhaupt davon erfuhr? John wohnte die nächsten zwei Wochen in Harrys und Claras Wohnung. Er entschied, was er mitnehmen würde und was nicht, veranstaltete einen Wohnungsflohmarkt, der mit Hilfe des Jugendamtes sehr viele Besucher fand, um die elektrischen Geräte, Möbel, Teppiche und Kleidung zu verkaufen und die Wohnung wurde sofort zum Verkauf in die Zeitung gesetzt und Maklern angeboten. Zwischendurch kümmerte er sich um Hamish und versuchte, sich mit dem Gedanken anzufreunden, jetzt alleinerziehender Vater zu sein. Was auch hieß, dass seine Armeepension jetzt erst recht hinten und vorne nicht mehr reichen würde. Nach zwei Wochen war die Wohnung fast leer. Er hatte alles in den Mietwagen geräumt, was er mitholen wollte, für fast alles andere hatte er Käufer gefunden, nur für den Großteil der Kleidung nicht, weshalb er es an ein Obdachlosenwohnheim verschenkt hatte. Das hatte natürlich Erinnerungen an Sherlock geweckt, die er sofort wieder unterdrückt hatte. Selbst wenn diese Leute natürlich ganz andere Obdachlose waren, als die die Sherlock für seine Recherchen eingesetzt hatte, so schuldete er diesen doch viel und deshalb fiel es ihm nicht sehr schwer, alles zu verschenken. Bald war er in der Bakerstreet zurück und stellte erleichtert fest, dass Mrs Hudson ganz verzückt von seinem Familienzuwachs war. Abends saß er dann auf seinem Lieblingssessel am Kamin, Hamish auf dem Arm. Diesmal konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten. Er hatte seit fast einem Jahr nicht mehr geweint. Und es war das erste Mal seit Harrys Tod. Es war schon unfair. Harry, die immer an die große Liebe geglaubt hatte – ein Konzept, das er nie nachvollziehen konnte – und diese auch gefunden hatte und sie ausleben wollte, musste so früh aus dem Leben gerissen werden. Natürlich war es zwischen den beiden nicht immer einfach gewesen. Harrys Alkoholsucht, der lange Kampf trocken zu werden und Clara wieder zurückzugewinnen. Aber offenbar hatte sie es geschafft, wenn man den Freunden glauben konnte, die er auf der Beerdigung getroffen hatte und die ihm von Harrys und Claras neuem Leben erzählt hatten. Und die Krönung ihrer bedingungslosen Liebe sollte Hamish sein. Leider hatten sie nur zwei Monate zu dritt verbringen können. John sah auf das Baby hinab und sah in große blaue Kulleraugen. Er würde es schaffen, dieses Kind großzuziehen. Auch wenn er sich nicht mehr mit Harry hatte versöhnen können, dieses Kind konnte nichts dafür. Oh whoa, oh whoa, oh whoa, oh oh Oh whoa, oh whoa, oh whoa, oh oh Ein Jahr war vergangen, seit John Hamish zu sich genommen hatte. Er hatte wieder angefangen zu arbeiten, was es natürlich auch notwendig machte, dass er wieder auf sich achtete. Welcher Patient würde sich auch jemand unrasiertem, übelriechendem oder jemandem anvertrauen, der aussah, wie ein wandelndes Skelett? Aber Hamish machte es ihm einfach, wieder leben zu wollen. Mittlerweile liebte er ihn wie seinen eigenen Sohn. Es hatte sich herausgestellt, dass Hamish zumindest optisch auch durch und durch Watson war: klein von Statur, aber nicht zu klein für sein Alter, blond und blauäugig. Und soweit John das bisher feststellen konnte, eher ruhig vom Charakter. Glücklicherweise hatte er für die Zeit, die er arbeitete, eine gute, vertrauenerweckende Betreuung für Hamish gefunden, aber in diesem Alter wollte er dennoch nur halbtags arbeiten. Natürlich verdiente er damit nicht die Welt, aber Zeit mit Hamish war ihm lieber, als irgendwelcher Luxus. Er lief die 17 Stufen zu ihrer Wohnung hinauf, Hamish, den er gerade von seiner Betreuung abgeholt hatte, auf dem Arm, denn den Kinderwagen ließ er immer unten im Eingangsbereich stehen, an der Stelle, an der er kein Hindernis bildete. Kaum durch die Wohnzimmertür, blieb er abrupt stehen. Vor Schreck hätte er fast Hamish fallen gelassen, doch stattdessen entschied er sich für das Gegenteil und seine Hände verkrampften sich um den schmalen Kinderkörper und er drückte seinen Neffen fest an sich. Als er eingetreten war, war eine große dunkelhaarige Person aus einem der Sessel aufgestanden und musterte ihn nun mit einem intensiven Blick aus silbergrauen Augen, die nur ganz kurz zu Hamish gewandert waren, denn John nahm an, dass sie schon alles, was Hamish betraf, deduziert hatten. Sherlock Holmes. John wusste nicht, ob er schreien oder weinen sollte oder ihn doch lieber seine Faust spüren lassen sollte. Aber noch hatte er Hamish im Arm und so jung er auch war, wusste er doch, dass der Kleine alles mitbekommen würde und John wollte nicht vor dessen Augen gewalttätig werden. Stattdessen riss er sich zusammen und wandte den Blick ab, um in die Küche zu gehen. Er musste Hamish füttern und dann zu seinem Mittagsschlaf hinlegen. Er hoffte nur, dass der Junge die Anspannung im Raum nicht bemerkte. Er setzte Hamish in den Hochstuhl und ignorierte die Tatsache, dass Sherlock ihm gefolgt war. Dann kramte er in den Küchenschränken nach allem, was er benötigte. Danach setzte er sich neben Hamish und begann, diesen zu füttern. Dabei wurde klar, dass dieser schon merkte, dass irgendwas los war, denn er aß alles ganz brav ohne seinem Onkel den Löffel abholen zu wollen und die Küche in ein Schlachtfeld zu verwandeln, so wie er es sonst manchmal ganz gerne tat. Stattdessen sah er den fremden Mann mit großen Kulleraugen an. „Es tut mir leid, John,“ ergriff Sherlock schließlich das Wort, doch John bemerkte selbst, dass sich seine verkrampften Schultern nicht lösten und war sich sicher, dass auch Sherlock das nicht entgangen war. „Was genau tut dir leid?“ fuhr John zischend dazwischen, ohne die Stimme zu erheben, um Hamish nicht zu verunsichern. „Dass du deinen Selbstmord inszeniert hast? Dass ich dabei zusehen musste? Dass du mich alleine gelassen hast und jetzt einfach hier reinmarschierst, als wäre nichts gewesen?“ „Alles davon. Aber am meisten, dass ich dir nie gesagt habe, was ich für dich empfinde,“ erklärte Sherlock ruhig und ließ John dabei nicht aus den Augen. Dieser schnaubte und sah ihn jetzt zum ersten Mal, seit er wieder nach Hause gekommen war, an. „Und was genau soll das sein? Kann ja nicht allzu viel sein, wenn du mich dazu zwingst, bei deinem Selbstmord zuzusehen und du dich dann zweieinhalb Jahre nicht meldest.“ „Du solltest nicht dabei sein, ich habe dich zu Mrs Hudson geschickt, falls du dich erinnerst,“ erwiderte Sherlock und John wandte mit ärgerlich zusammengepressten Lippen den Blick wieder ab. „Dass das Gespräch mit Moriarty länger gedauert hat, als geplant und du alles miterleben musstest, war keine Absicht, auch wenn ich auch dafür einen Plan hatte.“ „Plan?“ stieß John hervor und wischte Hamish den Mund ab, der nun fertig mit essen war. „Obdachlosennetzwerk. Der Radfahrer, der dich umgefahren hat. Der falsche Arzt, der dich nicht an die Halsschlagader gelassen hat, so dass dir nur der abgeklemmte Puls am Handgelenk übrig blieb,“ erläuterte Sherlock mit leiser aber fester Stimme. Da er nun fertig war, nahm John Hamish wieder aus dem Kinderstuhl, um ihn nach oben in ihr Zimmer zu bringen, in dem das Gitterbett stand, damit er seinen Mittagsschlaf machen konnte. Dazu würde er aber an Sherlock vorbeigehen müssen, weshalb er ihn nun direkt ansah. „Und was willst du jetzt von mir? Lobpreisungen, wie toll dein Plan und die Durchführung waren? Weil ich so gut darauf reingefallen bin?“ wollte er mit sarkastischem Unterton wissen. „Nein, John. Ich will, dass du mir zuhörst. Vielleicht kannst du mir dann irgendwann verzeihen.“ An dieser Stelle hob John skeptisch eine Augenbraue. Er dachte kurz nach, denn er war sich sicher, dass Sherlock Gründe gehabt hatte, das alles zu inszenieren. Die Frage war nur, ob er diese wirklich wissen wollte. Aber so schwer fiel die Entscheidung schließlich nicht. Schließlich nickte er. „Nun gut. Ich werde Hamish hinlegen und dann kannst du mir erzählen, was du willst. Aber ich will die Wahrheit hören.“ Dabei sah er Sherlock fest in die Augen und dieser nickte kurz. Als er schließlich wieder hinunter kam, hatte Sherlock Tee gekocht, was ihn verwundert eine Augenbraue hochziehen ließ. Sherlock hatte sonst nie Tee gekocht. Und das eine Mal Kaffee war auch nur, um ihn als Versuchskaninchen zu missbrauchen. Er setzte sich in seinen Sessel und nahm dann die Tasse entgegen. Geistesabwesend blies er in die Tasse, da er sich nicht unbedingt beim ersten Schluck den ganzen Mund verbrennen wollte. „Ich wusste ungefähr, was Moriarty vorhatte, allerdings wollte ich es zu meinen Bedingungen, also habe ich ihn auf das Dach des St. Bart’s bestellt,“ ergriff Sherlock schließlich nach einer Weile des Schweigens das Wort. „Deshalb habe ich den Anruf Mrs Hudson betreffend arrangiert. Ich wollte, dass du eben nicht mitbekommst, was folgen würde. Ich dachte nicht, dass du wieder da sein würdest, bevor alles vorbei ist. Aber dann musste alles echt wirken.“ John sah Sherlock nicht an, sondern hörte einfach nur zu, da er nicht wusste, wie er reagieren würde, sollte er es tun. „Wir redeten über den Code. Der nie existiert hat. Er hatte einfach an allen seinen Zielen einen Handlanger sitzen, der Tür und Tor öffnete, sei es im Gefängnis, in der Bank oder im Museum. Er hat seine Kunden darauf aufmerksam gemacht, dass ich besagten Code besitzen würde, dabei war es nur eine Komposition von Bach. Er hat Richard Brook in Anlehnung an das Wort ‚Reichenbach‘ erfunden und die Kinder entführt, wofür er Doppelgänger engagierte. Er wollte mich zerstören und solche Leute, wie Anderson und Donovan, die nie ihren eigenen Grips einsetzen, sondern das glauben, was Moriarty ihnen vor die Nase setzt, waren natürlich schnell überzeugt. Und dass sie an Greg, der an mich glaubte, vorbei zu ihrem Boss laufen würden, hatte Moriarty natürlich auch einkalkuliert. Als Moriarty hier in der Bakerstreet war, sagte er, er schulde mir einen Fall. Allerdings in beidem Sinne: Einen Kriminalfall, der mich ablenken sollte und ein wortwörtlicher Fall, weshalb ich vorbereitet war, als ich aufs Dach ging.“ Sherlock hielt kurz inne, um seinen vom vielen Reden trockenen Mund mit Tee zu befeuchten. „Er wollte mich durch Erpressung zum Sprung zwingen. Er hatte Scharfschützen auf die drei Personen angesetzt, die mir am wichtigsten sind: dich, Mrs Hudson und Lestrade ... Greg. Zunächst wollte ich ihn dazu zwingen, seine Leute zurückzurufen. Doch er hat einfach eine Waffe gezückt und sie sich in den Mund geschoben. Als er tot war, war er seinem Ziel nahe, denn der Befehl an seine Leute blieb bestehen. Würde ich nicht springen, wärt ihr drei tot. Allerdings hatte ich auch dafür einen Plan. Mit Mollys Hilfe habe ich meinen Selbstmord inszeniert. Leider hat unser Gespräch so lange gedauert, dass du zwischenzeitlich bei Mrs Hudson nach dem Rechten sehen konntest und diesen Teil des Planes durchschaut hattest. Und so warst du vorzeitig zurück. Also musste ich erneut auf einen meiner anderen Pläne zurückgreifen, der allerdings beinhaltete, dass du zusiehst und mich auf jeden Fall für tot hältst. Es tut mir Leid, John.“ Der schwieg eine ganze Weile, hatte er doch jede Menge zu verdauen. Als erstes natürlich die Tatsache, dass Sherlock tatsächlich noch lebte und sein Herz noch genauso zum Beben brachte, wie vorher. „Wieso war Mycroft nicht auf Moriartys Liste?“ wollte er schließlich wissen. „Weil wir uns nach seinem Verrat noch mehr zerstritten hatten, als vorher. Moriarty glaubte, dass mein Bruder mir nicht mehr wichtig genug war, um als Druckmittel zu dienen. Nur, dass er nicht wusste, dass besagter Verrat ebenfalls inszeniert war, um ihn zum Handeln zu bringen. So konnte Mycroft mich nach meinem Tod finanzieren. Und ich brauchte das Geld, um Moriartys Netz in der ganzen Welt zu zerschlagen.“ John befeuchtete sich mit der Zungenspitze die Lippen. „Mycroft wusste also davon? Und Molly?“ „Ja,“ entgegnete Sherlock und beobachtete John, der ihm nur einen flüchtigen Blick zuwarf, bevor er sich wieder seiner mittlerweile leeren Teetasse widmete. „Warum wussten sie es und ich nicht?“ wollte John dann lauter wissen. „Wer wusste es noch? Lestrade? Das Yard? Alle, nur ich nicht?“ „Nein, nur Mycroft und Molly und das auch nur, da es sich nicht vermeiden ließ. Ich habe dir doch schon einmal erzählt, dass Mycroft in der Deduktion noch besser ist, als ich. Er hat Moriarty in die richtige Richtung geschupst, den Rest habe ich erledigt. Moriarty war erstaunlich leicht zu manipulieren, auch wenn mich manche seiner Schachzüge zum Improvisieren zwangen. Aber alles in allem hat er sich unwissentlich an Mycrofts Plan gehalten. Obwohl er überzeugt war, dass wir zwei Seiten einer Medaille seien, dass wir gleich seien. So clever er auch war, wir waren cleverer. Vermutlich, weil wir zu zweit waren. Aus Sicherheitsgründen mussten wir unser Theaterstück auch nach meinem Tod aufrechterhalten. Moriarty hatte, wie erwähnt, sehr viele Mitarbeiter, unter anderem war da Sebastian Moran, der die Leitung des Netzwerkes nach Moriartys Tod übernommen hatte. Und der dafür gesorgt hat, dass du, Mrs Hudson und Greg weiterhin überwacht werden. Ich musste also für jeden von euch tot bleiben, damit ihr euch nicht verratet. Ihr seid alle keine guten Schauspieler und du wärst mir sicher gefolgt, hätte ich mich dir offenbart.“ „Ich hätte dir helfen können,“ erwiderte John leise, doch Sherlock schüttelte den Kopf. „Wie hättest du untertauchen sollen, um mich zu begleiten? Nichts zu wissen war sicherer, glaub mir.“ Sie saßen am Kamin und John dachte nach. Sherlock hatte ihn so sehr verletzt, er war sich nicht sicher, ob er ihm jemals würde verzeihen können. Aber er war nicht nur verletzt, sondern auch unglaublich sauer, auch wenn alles, was Sherlock ihm erklärt hatte, durchaus logisch erschien. Aber Gefühle waren nun mal nicht logisch und für John spielte es daher eine große Rolle darin, wie Sherlock gehandelt hatte. Er hatte ihm einfach bewiesen, dass er ihm nicht viel wert war, auch wenn er das Gegenteil behauptete. Aber das würde Sherlock sowieso nicht verstehen, er besaß schließlich keine Gefühle. „Ich musste dich beschützen, weil ich dich liebe. Ich hätte es nicht ertragen, wenn du gestorben wärst.“ The other night, you wouldn't believe the dream I just had about you and me I called you up, but we'd both agree It's for the best you didn't listen It's for the best we get our distance... oh... It's for the best you didn't listen It's for the best we get our distance... oh... John erwachte, als Hamish anfing zu quengeln. Da hatte wohl jemand Hunger. Er fühlte sich seltsam entspannt, obwohl er geträumt hatte, dass Sherlock noch lebte und zu ihm zurückgekommen war. Was natürlich unmöglich war, genauso, wie das Liebesgeständnis von Sherlock. Er atmete tief durch. Heute hatte er zum Glück frei und so konnte er sich den ganzen Tag nur um Hamish kümmern. Er hob den Kleinen aus seinem Bettchen und musste einfach lächeln, da der blauäugige Blick doch noch sehr verschlafen wirkte, obwohl Hamish ja John geweckt hatte und nicht umgekehrt. Mit seinem Neffen auf dem Arm ging er hinunter, um Frühstück zu machen. Seltsamerweise hörte er Mrs Hudsons Stimme aus der Küche. Mit wem sie wohl sprach? Er selbst hatte keinen Besuch und fand es seltsam, dass eine Vermieterin ihren eigenen Besuch mit in seine Wohnung brachte. Aber er würde erst nachsehen, Aufregung am Morgen war nicht gut für Körper und Geist. Vielleicht hatte sie ja einen Grund dafür. Er betrat die Küche und blieb stocksteif stehen. Da saßen Mrs Hudson und Sherlock bei Tee und Kuchen am Küchentisch. Also war es doch kein Traum gewesen, dass Sherlock zurück war. Der lächelte sogleich, als er John bemerkte, der wiederum Mrs Hudson einen Blick zuwarf. „Sherlock hat mir gerade alles erklärt,“ meinte sie lediglich. Da John keine Ahnung hatte, was er sagen sollte, machte er das Gleiche, wie gestern Mittag: er ignorierte Sherlock erst einmal. „Ich bin keine Halluzination, John,“ ergriff Sherlock schließlich das Wort, während John Hamish im Hochstuhl platzierte. „Da war ich mir bis gerade eben nicht sicher. Aber Mrs Hudson und ich können nicht die gleiche Halluzination haben.“ John warf der älteren Frau ein schmales Lächeln zu. Diese schüttelte schmunzelnd den Kopf. „Er ist absolut echt, sonst wäre ich vorhin, als ich in Ohnmacht gefallen bin, sicherlich auf den Boden gefallen.“ Sofort wurde Johns Gesicht besorgt und der Arzt brach in ihm durch. „Geht es Ihnen gut?“ „Wie gesagt, Sherlock hat mich aufgefangen und auf das Sofa gelegt. Als ich wach wurde, hat er sich sofort um mich gekümmert und mir ein Glas Wasser gegeben,“ lächelte ihre Vermieterin. John hob beide Augenbrauen und sah Sherlock an, doch der lächelte nur breit. Das hörte sich eigentlich nicht nach Sherlock an, aber bei Mrs Hudson hatte er sich ja schon immer anders verhalten, zuvorkommend und fürsorglich. Er schien sich wirklich Gedanken um sie zu machen und sich um sie zu sorgen. Daher zuckte er mit den Schultern und begann damit, Hamish zu füttern, während Mrs Hudson Sherlock nach seinen Reisen fragte. John wunderte sich, ob Sherlock ihr ebenfalls erzählt hatte, dass er auf seinen ‚Reisen‘ sämtliche Kriminellenorganisationen von Moriarty zerstört hatte, was auch die Tötung der Mitglieder miteinbezog, wie John mittlerweile wusste, oder ob er ihr tatsächlich lediglich von den Auslandsaufenthalten berichtet hatte. Erst nachdem das Gläschen mit der Babynahrung leer war, richtete John seine Aufmerksamkeit den anderen Sachen auf dem Tisch zu. Er goss sich Tee ein und nahm sich ein Stück von Mrs Hudsons Kuchen. „Also, wie geht es jetzt weiter, Jungs? Zieht Sherlock wieder hier ein?“ wollte Mrs Hudson schließlich neugierig wissen, als John bei seinem zweiten Stück Kuchen war. „Das muss John entscheiden.“ Auch Sherlock sah John an. Der presste die Lippen aufeinander. „Das ist nicht so einfach. Hier wohnt jetzt ein Kleinkind.“ Und er wusste ja, dass Sherlock absolut gar nichts mit Kindern anfangen konnte, schon gar nicht, wenn sie noch so jung waren, dass sie noch nicht einmal sprechen konnten und sich nur durch Weinen und Quengeln und andere Geräusche mitteilen konnten. Aber genauso wusste er auch, dass er die Miete nicht würde alleine stemmen können und er wusste, dass das auch den beiden anderen anwesenden bewusst war. Mrs Hudson schien zu spüren, dass sie beide das alleine besprechen mussten, denn sie stand auf und zog sich dezent zurück, nahm aber Hamish mit sich, so wie sie es öfter tat, wenn sie babysittete. Überraschenderweise legte Sherlock eine seiner Hände über die Johns, die auf dem Tisch und Sherlock am nächsten lag. „John, ich liebe dich. Du bist mir wichtig. Wichtiger, als irgendeine Abneigung gegen Kleinkinder oder das Einkaufen gehen. Wichtiger als Leichenteile und irgendwelche Experimente.“ John sah Sherlock an, dessen Geste sein Herz zum Rasen brachte. Noch wollte er nicht recht glauben, dass Sherlock es ernst meinte, schließlich hatte er immer selbst gesagt, er sei ein Soziopath. Dass er keine Gefühle hätte, dass Gefühle jemandem nur im Wege stünden, dass er keine Gefühle zulassen wollte und konnte. Er schüttelte den Kopf, als wolle er seine Gedanken frei bekommen. „Verstehst du denn auch wirklich, was es bedeutet, ein Kind zu haben? Du hast nie auf mich Rücksicht genommen, egal, wie oft ich dich darum bat. Auf Hamish wirst du Rücksicht nehmen müssen. Keine Violine mehr mitten in der Nacht, keine Leichenteile und Experimente in der Küche, keine Schießereien in der Wohnung, keine Zigaretten. Hamish wird immer meine Aufmerksamkeit fordern, wenn‘s sein muss, auch mitten in der Nacht. Und in diesem Alter wird er auch noch quengeln, schreien und weinen, bis er kriegt, was er will oder er begreift, dass er es eben nicht kriegt. Er wird immer um mich herum sein, auch wenn ich ihn sicherlich nicht mit zu Tatorten oder zur Verbrecherjagd nehmen werde. Wir werden also entweder einen Babysitter brauchen oder ich bleibe zu Hause...“ John wollte eigentlich noch so viel mehr sagen, wurde aber unterbrochen. „Das ist mir bewusst. Ich werde zwar nie ein vorbildlicher Vater sein und du weißt, dass ich mich nicht vollkommen ändern kann. Aber ich habe ein paar Ideen, wie ich uns vieles erleichtern kann. Die Frage ist nur, ob du mich willst,“ erklärte Sherlock schließlich. John wusste noch nicht, ob er auf diese Frage schon antworten konnte. Er dachte daran, wie verletzt er war, als Sherlock ihn in Dartmoor abgewiesen hatte. Wie schrecklich es war, bei dem Fall zuzusehen, die Zeit danach, die so bitter und leer für ihn gewesen war und auch daran, dass er sich fast selbst getötet hätte. Nur um festzustellen, dass das unnötig gewesen wäre, da Sherlock ja noch lebte. Wie verletzt er jetzt im Moment war, weil Sherlock ihn zweieinhalb Jahre in dem vermeintlichen Wissen ließ, er sei tot. Ohne auch nur daran zu denken, ihn einzuweihen. Und es hatte ihn verletzt, zu erfahren, dass Mycroft und sogar Molly es gewusst hatten, er aber nicht. Was die Vertrauensfrage wieder ausgeworfen hatte. Und jetzt war er wieder da, um sein Leben erneut auf den Kopf zu stellen. Er wusste nicht, welche der widerstreitenden Gefühle in ihm in die richtige Richtung wiesen. Aber wollte und konnte er weiterhin ohne Sherlock leben, jetzt da er wusste, dass er noch lebte? Daher stellte er zunächst noch eine andere Frage, auch wenn er sich bewusst war, dass Sherlock ihn ganz genau beobachtete und ihm vermutlich alle Gedanken vom Gesicht ablesen konnte. „Was schwebt dir vor?“ Sherlock grinste, denn sie wussten beide, dass das ein Teilsieg war. Schließlich würde John das nicht wissen wollen, sollte er es nicht zumindest erwägen, Sherlock zu erlauben, wieder hier einzuziehen. „Du hast oben ein riesiges Zimmer für dich, das ich gerne teilen würde.“ Da John sofort die Stirn runzelte, wer gab schon gern ein solch großes Zimmer auf, beeilte er sich, fortzufahren. „Die eine Hälfte wird Hamishs Zimmer, die andere wandele ich in ein Labor um. Mit eigenem Kühlschrank, Luftfilter, Mikrowelle und allem anderen, was ich brauche. Hamish wird von meinen Experimenten nichts abbekommen, versprochen. Vielleicht sollten wir eine extra dicke Wand einbauen lassen.“ Er sah John erwartungsvoll an. Doch dem war gleich ein kleiner Fehler in Sherlocks Plan aufgefallen. „Du hast etwas Entscheidendes vergessen. Wo soll ich wohnen?“ Das brachte Sherlock zum Lächeln. „Na bei mir in meinem Zimmer.“ John sah Sherlock groß an. Damit hatte er nun so gar nicht gerechnet, aber es bewies, dass Sherlock es wohl durchaus ernst meinte. Der legte dem Blonden nun eine Hand an die Wange und wiederholte mit ernstem Gesichtsausdruck: „Ich liebe dich. Da ist es doch normal, dass ich dich immer, auch nachts, in meiner Nähe haben will.“ John schoss es kurz durch den Kopf, dass Sherlock früher selten in seinem Bett geschlafen hatte, doch der Gedanke wurde dadurch in die tiefsten Tiefen seines Unterbewusstseins gedrängt, als Sherlock ihn sanft zu sich heranzog und ihn zärtlich auf die Lippen küsste. Ohne noch weiter darüber nachzudenken, was denn nun richtig und was falsch sein könnte, erwiderte er den Kuss schließlich mit aller Zärtlichkeit, die er besaß. „Ich liebe dich auch, Sherlock.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)