the flood that wrecked our home von Violie (LILY + LOUIS) ================================================================================ Kapitel 2: if only i -------------------- zwei -- if only i lily + louis + Ballett ist vor allem eines: reine Konzentrationsarbeit. Lily weiß das. Lily weiß, dass man sich darauf fokussieren muss, die Füße gestreckt zu halten, die Beine im richtigen Winkel zu drehen, die Arme in der vorgeschriebenen Position zu heben. Und ja, dass alles verlangte Können, Übung und Körperbeherrschung, aber ganz besonders einen Haufen Konzentration. Wenn Lily tanzte, wirbelten für gewöhnlich keine unruhigen und unangebrachten Gedanken durch ihren Kopf. Alles woran sie dachte, waren ihre nächsten Bewegungen, ihre nächsten Schritte. Sie sprang von einer Haltung in die nachfolgende, stand auf den Zehenspitzen und ließ sich Sekunden später in die fünfte Position zurückfallen, drehte ihr erstes Fouetté en tournant und -- setzte ihren Fuß falsch auf, was dazu führte das sie das Gleichgewicht verlor und abbrechen musste. „So ein Mist!“, fluchte sie laut und schloss die Augen, um sich selbst nicht in den vielen Spiegeln des Raumes sehen zu müssen. Ihre Atmung ging schwer, eine weitere Tatsache die sie über die Maßen ärgerte. Natürlich, das Training strengte an, aber Merlin, sie war seit ihrem vierzehnten Lebensjahr nicht mehr so aus der Puste gewesen, noch dazu wenn man bedachte, dass sie gerade eben erst mit den schwereren Schritten begonnen hatte. Lily könnte sich dumm stellen und behaupten, dass sie nicht wusste, warum an diesem Morgen nichts so klappte, wie es sollte, aber wo lag der Nutzen? Das alles war die Schuld von Louis Arschloch Weasley. Lily würde ihn erwürgen, wenn er in diesem Moment im Raum wäre. Enttäuscht von sich selbst, weil diese kurze Begegnung sie so aus der Fassung brachte, öffnete Lily die Augen und ging zurück zur Stange. Sie würde sich garantiert nicht einen Tag Training ruinieren lassen, nur weil Louis das Verlangen hatte, die Vergangenheit wieder aufzuarbeiten. Das konnte er vergessen! Lily atmete tief durch, nahm eine frontale Haltung zur Stange und zum Spiegel ein, festigte ihren Griff um das Holz und ging ins Plié, richtete sich auf, ging ins Grand-plié, richtete sich erneut auf und wiederholte den Vorgang ein Dutzend Mal. Sie wusste, dass sie die Erwärmung nicht noch einmal zu wiederholen bräuchte, wusste, dass ihr Körper schon lange bereit war die wichtigen Schritte und komplizierten Kombinationen zu üben, doch ihr Geist war es nicht. Und ohne die notwendige Konzentration brauchte sie gar nicht erneut anfangen. Also würde sie lieber noch einmal von vorne beginnen, mit den Pliés und Passés und den Dehnübungen für ihre Beine und Füße. Sie würde jede der fünf Positionen so oft durchgehen, bis sie vergessen hätte, wie man normal steht. Sie würde ihre Aufwärmübungen so oft wiederholen, bis Louis Weasley mit seinen furchtbaren blonden Haaren und seinem dämlichen schrägen Grinsen aus ihren Gedanken verschwunden war und sie sich ganz und gar ihrem Arabesque penchée und Grand jeté widmen konnte. + Unnötig zu erwähnen, dass Lily an diesem Sonntag nicht mehr viel auf die Reihe bekam. In ihrer Wut und Verzweiflung hatte sie schließlich die Spitzenschuhe von ihren Füßen gerissen und quer durch den Raum geworfen und ihr Training dann drei Stunden zu früh beendet. Seitdem hatte sie in ihrer Wohnung drei Tassen Tee getrunken und die Schublade, in welche sie die Bilder geworfen hatte, ununterbrochen mit einem mörderischen Blick fixiert. „Das ist alles eure Schuld“, erklärte sie aufgebracht und ließ den Kopf auf die Tischplatte sinken. In diesem Augenblick wollte sie nichts lieber als aufstehen und die Fotos zu sich holen, sie anschauen und verstehen, warum sie Louis dazu veranlasst hatten so unerwartet aufzutauchen. Sie konnte sich nicht vorstellen, was auf diesen Bildern so weltbewegend sein sollte. Lily hatte sich schon halb erhoben, um tatsächlich zum Schrank zu gehen, als sie sich eines Besseren besann. „Nein“, sagte sie bestimmt und blinzelte, als sie realisierte, dass sie zum zweiten Mal innerhalb von fünf Minuten mit sich selbst gesprochen hatte. Gut, offensichtlich musste sie hier raus, einfach weg. Sie kehrte ihrer Küche mit Nachdruck den Rücken zu und kramte im Flurschrank nach Schnürstiefeln und ihrem beigen Mantel. Vielleicht hätte es ihr früher auffallen sollen, doch erst als sie heute den kurzen Heimweg von der Academy angetreten hatte, war ihr wirklich bewusst geworden, dass bereits November war. Der Herbst war so gut wie vorüber und der kalte Wind kündigte laut pfeifend den Winter an. Ihre dünne Übergangsjacke und die billigen, abgetretenen Stoffschuhe würden jetzt offensichtlich nicht mehr genügen. Grummelnd wickelte sie einen Schal um ihren Hals und knotete die Bänder an ihren Schuhen zu ordentlichen Schleifen, bevor sie aus ihrer Wohnung trat und die Tür hinter sich abschloss. Zu Fuß ging sie die sechs Treppen bis zum Erdgeschoss hinunter und trat auf die leere Straße. Alles war grau und trüb und ein leichter Nieselregen fiel zu Boden, doch das hielt Lily nicht davon ab zum nächsten, vom Ministerium eingerichteten Apparationspunkt zu laufen. Er lag etwa zehn Minuten von dem Altbau entfernt, indem sich ihre Wohnung befand. Natürlich war es nicht vorgeschrieben, die Apparationspunkte zu nutzen - Lily hätte durchaus direkt vor ihrer Haustür disapparieren können, doch sie genoss den kurzen Weg durch ihre ruhige Nachbarschaft und wusste auch, dass ihr die frische Luft gut tat. Im Ballettsaal bekam sie davon nicht sehr viel ab. Sie wusste nicht genau, wohin sie eigentlich wollte. Als sie losgegangen war, hatte sie die feste Absicht gehabt, ihre Eltern zu besuchen und Tee mit ihnen zu trinken, ein wenig zu erzählen, aktiv am Leben teilzunehmen. Doch während des Gehens hatte sie diesen Gedanken verworfen. Sie hatte nicht wirklich das Verlangen nach Gesellschaft, was nicht überraschend war: Lily war gerne alleine. Und ja, viele Menschen konnten das nicht nachvollziehen, sowie die Menschen allgemein Probleme damit zu haben schienen, irgendetwas zu verstehen, was Lily Freude bereitete. Lily war nicht wie James. James, der zu jeder Zeit von seinen Freunden umgeben war und sogar in einer WG mit Dominique und zwei Kumpels lebte. Etwas, das Lily sich im Traum nicht vorstellen konnte. Sie hatte ihren ältesten Bruder nur einmal besucht und das ganze Chaos und die ständige Unruhe hatten sie vollkommen durcheinander gebracht. Auch Albus war selten allein, tummelte sich stattdessen jede Nacht auf einer anderen Party in einer anderen Stadt des Landes. Alles in Albus‘ Leben war immer in Aufruhr, er reiste herum und hatte keinen Platz, den er sein Zuhause nannte. Dieses Leben schien ihn glücklich zu machen, doch Lily brauchte Konstanten. Sie brauchte ein Haus, einen Arbeitsplatz und vor allem Ruhe und Rückzugsmöglichkeiten. Doch während die Leute James‘ und Albus‘ Lebensstile zu akzeptieren schienen, konnte keiner Lily verstehen. Niemand wollte nachvollziehen, warum sie ihre selbstgewählte Isolation brauchte und wertschätzte. Aber das war in Ordnung. Lily lebte nicht, um es den Menschen in ihrer Umgebung recht zu machen. Am Apparationspunkt angelangt war ihr warm und sie begann, den Schal abzunehmen, um frische Luft an ihre Haut zu lassen. Sie wusste noch immer nicht, wohin sie eigentlich wollte. Vielleicht würde sie einfach in die Winkelgasse apparieren und sich ein wenig umschauen. Auf dem Rückweg könnte sie im Ballettladen ihres Vertrauens die eine oder andere Sache mitnehmen, eventuell nach neuen Schuhen schauen. Lily konnte nicht erklären, warum sie letztendlich vor der schrägen, abgenutzten Holztür des Fuchsbaus stand und leise anklopfte, bis ihre Oma Molly mit wirren roten Locken öffnete und sie in eine warmherzige Umarmung zog. „Lily, Engelchen, es ist schön, dass du uns besuchst. Hättest du doch etwas gesagt, dann hätte ich Kaffee und Kuchen für uns bereit.“ „Hallo Nana“, grüßte Lily zurück und löste sich langsam aus der Umklammerung ihrer Großmutter, bevor sie ins Haus trat und ihre Sachen ablegte. Molly eilte zurück in die Küche und Lily konnte hören, wie sie herumwerkelte und einen Kessel Wasser aufsetzte. Lily ging jedoch ins Wohnzimmer, wo sie sich sicher war ihren Großvater zu finden. Wie Lily es nicht anders erwartet hatte, saß Arthur in einem der bunten, nicht zusammenpassenden Sessel vor dem Feuer und hielt ein Buch in seinen gebrechlichen Händen. Auf seiner Nase saß eine dicke Lesebrille und es dauerte eine Weile bis er ihr Eintreten bemerkte. „Lily, mein Kind, das ist aber eine schöne Überraschung!“ Seine Stimme klang schwach und Lilys Herz schmerzte, als sie realisierte, wie alt und erschöpft ihr Großvater aussah. Er hievte sich aus seinem Sessel und Lily trat vor, um ihm die Wangen zu küssen. „Hallo Opa, wie geht es dir?“, fragte sie und setzte sich dann in einen Sessel neben ihm. „Nun, ich werde nicht jünger, aber ich komme schon zurecht“, meinte Arthur und sein Ton klang scherzend. „Wie ist es dir ergangen, Lily? Erzähl mir vom Ballett!“ Ein breites Lächeln legte sich auf Lilys Lippen und bevor sie sich auf die Zunge beißen und zurückhalten konnte, begann sie ihrem Großvater über all die Dinge zu berichten, die sie in den letzten Wochen erlebt und gelernt hatte. Es war nicht so, als würde sich keiner ihrer Verwandten und Angehörigen für ihre Leidenschaft zum Ballett interessieren, doch niemand hörte ihr so zu, wie Opa Arthur es tat. Er lehnte sich in seinem Sessel vor, faltete die Hände im Schoß und schenkte ihr seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Und Lily wusste, dass er nicht heimlich dachte, dass sie verrückt und obsessiv sei, dass sie ihr Leben verschenkte, sich einem Traum opferte, der niemals in Erfüllung gehen würde. Sie wusste, dass ihr Großvater vom ersten Moment an an sie geglaubt hatte und sie immer unterstützen würde und sie hoffte, dass sie irgendwann auf der größten Bühne Englands stehen und ihm zuwinken konnte, um ihm zu zeigen, dass weder er noch sie Narren waren, nur weil sie für etwas kämpften, dass nicht einfach zu erreichen war. Erst als Oma Molly mit kräftigen Schritten ins Zimmer trat und die Arme in ihre übliche Position stemmte unterbrach Lily ihr aufgeregtes Geplapper. Sie warf Molly einen entschuldigenden Blick zu und folgte ihr in die Küche, wo Tee und Gebäck bereitlagen. Ihr Großvater kam mit langsamen Schritten hinterher. „Nun, Liebes, ich will natürlich auch alles erfahren. Was gibt es Neues? Wie ist es in Canterbury? Es kommt mir vor, als hätte ich dich Monate lang nicht gesehen, seit du an dieser vermaledeiten Schule angefangen hast!“ Lily biss sich kurz auf die Lippen, um ihrer Großmutter nicht über den Mund zu fahren. Sie konnte es nicht ausstehen, wenn jemand so von der Academy sprach. Niemand verstand, dass dies nicht nur irgendein kleiner Tanzverein war - nein, dies war eine international anerkannte und renommierte Schule und es war eine Ehre für Lily, dass sie dort tanzen durfte. Und wenn die Trainer im Gegenzug von ihr verlangten, dass sie beim Tanzen alles gab, dann war das ein geringer Preis, den sie nur allzu bereit war zu bezahlen. Mit einem angestrengten Lächeln auf den Lippen begann Lily erneut vom Ballett zu berichten und versuchte nicht ständig die Augen zu verdrehen, wenn Oma Molly sie unterbrach und nach ihrem sozialen Leben fragte. + Lily hatte sich von ihrem Besuch bei ihren Großeltern nicht viel erwartet, hatte ihn ja nicht einmal geplant, und umso fröhlicher war sie, als sie am Abend nach Hause kam und ihr Kopf frei war. Ohne einen Gedanken an ihre heutigen Probleme beim Tanzen oder die bescheuerten Bilder in ihrer Küchenschublade zu verschwenden, nahm sie ein heißes Bad und kuschelte sich zeitig in ihr schmales Bett. Sie hexte sich irgendein Buch aus dem Regal im Wohnzimmer herbei, welches sie lange nicht gelesen hatte, und begann die Seiten zu überfliegen, während sie an einer Tasse grünem Tee nippte. Im Nachhinein konnte sie nicht erklären, was über sie kam. Es geschah von einer Sekunde auf die nächste, dass sie ihr Buch achtlos beiseite schmiss und ihren Tee so hastig auf dem Nachttisch abstellte, dass das heiße Getränk über den gesamten Tisch lief. Sie kümmerte sich nicht darum, stolperte stattdessen aus dem Bett und fand ihren Weg im Dunkeln zur Küche. Sie brauchte kein Licht anzuschalten, tastete sich lieber blind zu der Schublade vor, die ihr Kopfzerbrechen bereitete und öffnete sie mit einer flinken Bewegung. Ihr Zögern dauerte nur einen halben Augenblick, bevor sie mit sicheren Händen nach dem Stapel Fotografien griff und die Lade zuschmiss. In der Finsternis, die sie umgab, konnte sie absolut nichts auf den Bildern wahrnehmen, doch die dünnen Papierblättchen schienen in ihren Händen zu glühen und alles in ihr schrie danach, sie zurückzulegen oder wegzuschmeißen, sie einfach loszuwerden und niemals näher zu betrachten. Aber sie tat das Gegenteil. Mit festen Schritten ging sie zurück in ihr Schlafzimmer und ließ sich auf der Kante ihres Bettes nieder. Das Licht ihrer zierlichen Nachttischlampe schien auf das oberste Bild im Stapel und Lily erkannte sofort, wen sie vor sich sah, was für eine Situation vor ihren Augen ablief, welche Personen ihr so strahlend entgegen lächelten. Das Bild war nicht besonders überraschend oder schockierend, nichts, das sie nicht erwartet hatte, wirklich. Es war schlicht und simpel, doch löste es eine Welle von Sehnsucht, Verlangen und Vermissen in ihrer Brust aus, das ihre Atmung für einen Moment stockte. Diese Erinnerungen an längst vergangene Zeiten, Erinnerungen die sie hart und bestimmt verdrängt hatte, waren alles, was sie in ihrem Leben nicht gebrauchen konnte. Sie war versucht, eine weitere ihrer Regeln zu brechen und nach einer Flasche Vodka zu suchen, nur um dieses Bild wieder aus ihrem Gedächtnis zu löschen. Lily ahnte, dass das alles in eine gefährliche Richtung verlief, doch das hielt sie nicht davon ab, das erste Bild wegzulegen und ihren Blick auf das kommende zu richten. Louis war ein verdammter Bastard! + Halli Hallo, ich hoffe ihr hattet Freude beim Lesen dieses Kapitels - keine Angst, es folgen weitere Erklärungen zum Ende des Kapitels im Nächsten! Danke für euer Feedback und liebste Grüße! :) Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)