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Auf den ersten Blick

von

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OS - Auf der ersten Blick (Bunny's Sicht)

Jetzt starrte mich der Typ, der bei Motoki am Tresen saß, schon die ganze Zeit völlig ungeniert an. Hatte ich etwa irgendwas im Gesicht? Reste vom Essen oder so? War meine Mascara verlaufen? Es irritierte mich schon ein wenig und so blickte ich kurz zu meinem Spiegelbild im Fenster. Aber nein... ich sah aus wie immer. Hm, ob ich unter einem Vorwand kurz zu Motoki an den Tresen gehen und den Typen dann ganz beiläufig fragen sollte, ob er ein Autogramm haben wollte? Schnell verwarf ich den Gedanken wieder, denn so selbstbewusst und schlagfertig war ich nun auch wieder nicht.
 

Erneut blickte ich zum Tresen und prompt trafen sich unsere Blicke. Was für unglaublich schöne blaue Augen er doch hatte... Ein Seufzer kam mir über die Lippen und ich erschauerte, als sich unser Blickkontakt vertiefte. Doch dann spürte ich auch schon, wie mir das Blut in den Kopf schoss und ich seinem intensivem und durchdringenden Blick nicht länger standhalten konnte. Zu sehr brauchte er mich einfach aus der Fassung.

Schnell drehte ich mein Gesicht zur Seite, um meine glühenden Wangen vor ihm zu verbergen. Doch zu spät. Er hatte meine Verlegenheit bemerkt. Im Augenwinkel sah ich, wie sich ein smartes Grinsen auf seinem Gesicht ausbreitete. Doch es wirkte in keiner Weise unverschämt auf mich; oh nein ... es bewirkte eher das Gegenteil. Mein Herz schlug nun noch einen Tick schneller.
 

Den Blick starr auf meine Finger gerichtet, versuchte ich verzweifelt, mich abzulenken und an etwas anderes zu denken. Doch schon im nächsten Augenblick ertappte ich mich schon wieder dabei, wie ich meinen Kopf ein wenig hob und verstohlen zu ihm schaute. Ich konnte einfach nicht anders. Dieser faszinierende und unglaublich gut aussehende Mann mit der glänzend schwarzen Haaren, den strahlend-blauen Augen, dem athletisch-muskulösen Körper ... Er hatte mich einfach völlig in seinen Bann gezogen und ich geriet ein wenig ins Schwärmen ... Wobei – ein wenig??? Seufz…
 

Doch warum starrte er ausgerechnet mich an? Es gab wirklich genug andere Frauen, die 1000-mal besser aussahen wie ich. Seufzend griff ich wieder nach meinem Schoko-Milchshake und zog geräuschvoll daran, bis er leer war. Erneut lugte ich zum Tresen und war ein wenig enttäuscht, als ich sah, wie dieser gut aussehende Typ gerade aufstand und nach seiner schwarzen Lederjacke griff. Kurz verabschiedete er sich bei Motoki, sagte wohl noch irgendetwas zu ihm, was ihn grinsend nicken ließ und ging dann zum Ausgang.

Hm, interessant. Wie es den Anschein hatte, kannte Motoki ihn wohl näher…
 

Als ich kurz in Gedanken war, musste ich wohl unbewusst den Kopf gehoben und unverhohlen zu ihm gestarrt haben, denn er drehte sich beim Hinausgehen noch einmal in meine Richtung und zwinkerte mir zu. Wenn ich eben schon rot geworden war, so musste ich wohl nun die Farbe einer Tomate haben und im Dunkeln leuchten. Er hatte mir… JA – MiiiiiR! - Bunny Tsukino … wirklich zugezwinkert. Ich konnte mein Glück kaum fassen und war plötzlich wie beflügelt. Ob ich Motoki einfach mal nach ihm fragen sollte? Nur wie, ohne dass es auffiel? Natürlich entschied ich mich wieder dagegen und ging dann nur zu ihm um zu bezahlen und mich zu verabschieden, doch Motoki schüttelte lächelnd mit dem Kopf, während er weiterhin seine Gläser polierte.
 

»Du kannst dein Geld wieder einstecken, Bunny. Der Milch-Shake geht heute auf meinen besten Freund, der vor ein paar Minuten gegangen ist.«
 

Völlig verdattert schaute ich ihn an. »Äääääh? Willst du mich auf den Arm nehmen, Motoki? Warum sollte er so etwas tun?«, fragte ich ungläubig. Kurz tippte ich mir überlegend mit meinem Zeigefinger an die Lippen. »Hm, ich kann ihm ja nicht einmal dafür danken…«, murmelte ich mehr zu mir selbst und runzelte die Stirn.
 

Motoki fand meinen Gesichtsausdruck wohl sehr amüsant, denn er lachte direkt los.

»Nein, es war ernst gemeint. Er hat dein Getränk vorhin mitbezahlt, nachdem er mich gefragt hat, was du trinken würdest.«, sagte er immer noch halb glucksend und stellte dann das fertig polierte und glänzende Glas beiseite, um sich ein wenig über den Tisch zu lehnen.

»Wenn du ihn wiedersehen und dich bedanken möchtest… er kommt morgen um dieselbe Zeit wieder her, um seinen Kaffee zu trinken.«, flüsterte er verschwörerisch und zwinkerte mir kurz zu, bevor er sich wieder dem Polieren seiner Gläser widmete.
 

»Aber…aber…Motoki, warum hat er das getan? Er kennt mich doch überhaupt nicht und zudem gibt es hier genug andere viel hübschere Mädchen wie mich, die er hätte einladen können.«

Ich zuckte mit den Schultern und nahm dann doch nochmal am Tresen Platz. Warum rollte Motoki jetzt mit den Augen?

»Na was denn? Ist doch so…«, murmelte ich und verzog dabei das Gesicht.
 

Seufzend schüttelte Motoki mit dem Kopf. »Mein Gott, Bunny… verkauf dich doch nicht immer unter Wert! Du bist ein wunderschönes und äußerst liebenswertes Mädchen. Also, warum sollte Mamoru dich nicht interessant und attraktiv finden? …und außerdem seh‘ ich dir an der Nasenspitze, dass er dir auch gefällt. Deinem alten Freund Motoki kannst du so etwas schließlich nicht verheimlichen.«
 

Mamoru? So hieß er also… Aber egal was kam und egal wie es mir schmeichelte, was Motoki da eben gesagt hatte, ich konnte dieses Gefühl einfach nicht ablegen.

»Ach verdammt Motoki, ich weiß ja auch nicht…«

Schwerfällig wollte ich mich gerade vom Barhocker erheben, als er seine Hand auf meinen Arm legte.

»Pass auf Bunny, heute Abend gibt es ein Treffen unserer ehemaligen Kommilitonen. Mamoru wird auch da sein. Wenn du möchtest, dann nehme ich dich mit hin.«, schlug er vor.
 

Nach kurzer Überlegung stimmte ich seinem Vorschlag zu und wir verabredeten uns zu 17:00 Uhr vor dem Crown, da wir beide nur ein paar Querstraßen voneinander entfernt wohnten. Ich hatte zwar keine Ahnungen, wohin es ging und was mich dort erwarten würde, aber ich wollte Mamoru ja schon gern wiedersehen und mich dann auch für den Milch-Shake bedanken. Und so ging ich heim, um mich für den Abend fertig zu machen…
 

Zum Glück hatte ich nicht lange in meinem Kleiderschrank wühlen müssen, um das richtige Kleid zu finden. Da Motoki auch nichts von einem Dress Code erwähnt hatte, entschied ich mich kurzerhand für mein kurzes rotes Kleid und meine blaue Jeansjacke - das wirkte weder under- noch overdressed. Zufrieden betrachtete ich mich im Spiegel und drehte mich um die eigene Achse, bevor ich meine Haarbürste nahm und mich durch meine langen blonden Haare kämpfte. Irgendwie hatte ich gerade keine Lust auf meine Odangos und entschied mich für einen schlichten geflochtenen Seitenzopf.
 

10 Minuten nach 17:00 Uhr kam ich völlig außer Atem am Crown an. Natürlich war ich wie immer ein wenig zu spät dran. Doch seltsamerweise stand Motoki noch gar nicht da und so konnte ich kurz verschnaufen. Keine 5 Minuten später trat er jedoch mit einer Frau an seiner Seite aus dem Crown.

»Oh Bunny, du bist ja schon da. Entschuldige, wenn du warten musstest, aber Reika musste noch einmal kurz zur Toilette.«, erklärte Motoki und die Erwähnte reichte mir auch schon die Hand.

»Hallo Bunny, mein Name ist Reika und ich bin eine ehemalige Kommilitonin von Motoki. Er hat mir eben schon berichtet, dass du uns heute ebenfalls begleitest.«
 

Ich musterte sie kurz und nahm dann zögerlich ihre Hand, um mich ebenfalls vorzustellen.

»Freut mich, dich kennen zu lernen, Reika. Ja, ähm… Motoki hat mich mehr oder weniger dazu gedrängt, mitzukommen.« Mir war nun ein wenig unwohl bei dem Gedanken, dass ich mehr oder weniger das Dritte Rad am Wagen war; zumal mir nicht entging, dass Motoki Reika mit einem sehr verliebten Blick ansah. Ich hoffte bloß, dass ich den Abend jemand zum Reden fand, falls es entgegen meiner Erwartung nichts mit dem Kennenlernen von Mamoru werden sollte und Motoki nur noch Augen für Reika haben würde.
 

Wie sich nach 20 Minuten herausstellte, fand die Feier auf einem Anwesen einer anderen ehemaligen Kommilitonin und deren Ehemann statt. Fast ein wenig ehrfürchtig stand ich vor dem großen Haus… oder eher der großen Villa; und schon hier hörte man, dass die Party bereits voll im Gange war. Als wir hinten angekommen waren, staunte ich erneut nicht schlecht, als ich meinen Blick über den riesigen Garten gleiten ließ. Meine Güte, die Eigentümer mussten wirklich unglaublich viel Geld haben… vor uns tanzten, quatschten und chillten bestimmt um die 30 bis 40 Leute. Etwas weiter hinten stand ein Monster-BBQ-Grill… und sogar eine eigene Bar hatten die hier im Garten.
 

Ich war so vertieft darin, mir alles anzuschauen und zu bestaunen, dass ich gar nicht mitbekam, wie sich Reika und Motoki nacheinander von mir entfernten.

Und dann realisierte ich, dass ich -wie befürchtet- plötzlich allein da stand. Wo waren die Beiden bloß abgeblieben? Ohne ein Wort hatten sie mich wirklich einfach so stehen lassen. Und dass obwohl ich hier noch nicht einmal jemanden kannte. Frustriert und auch ein wenig sauer ließ ich mich an der Bar nieder und bestellte mir erst einmal einen Tequila Sunrise.
 

Ich erschrak ein wenig, als sich plötzlich jemand neben mich setzte und ich im Augenwinkel schwarze Haare ausmachte.

Doch zu meiner Enttäuschung war es nicht Mamoru…

»Ganz allein hier?«, fragte mich der schwarzhaarige Unbekannte und drehte sich direkt zur mir.
 

Ich nickte und nahm einen kräftigen Schluck von meinem Cocktail. Hui, war der Stark.

»Ja, eigentlich bin ich mit Motoki und Reika gekommen, aber die sind plötzlich verschwunden. Naja, und da ich hier sonst Niemanden kenne…« Ich brach ab, als ich hinter dem Unbekannten von weiten Motoki und Reika ausmachte, jedoch wollte ich nicht unhöflich sein und drehte mich nun zu meinem neuen Gesprächspartner.

»Ich bin übrigens Bunny.«, sagte ich und reichte ihm meine Hand.
 

Ein freundliches Lächeln breitete sich auf dem Gesicht meines Gegenübers aus. »Angenehm, Bunny… Ich bin Saphir.«
 

Ich unterhielt mich eine Weile wirklich sehr Nett mit Saphir und erfuhr dabei, dass er der Bruder vom Besitzer dieses Anwesens war. Da mir Motoki keine Namen genannt hatte, fragte ich natürlich noch nach, wer denn die Besitzer waren, worauf hin Saphir mir seinen Bruder Diamond und dessen Frau Esmeraude zeigte. Ich folgte mit den Augen der Richtung, in der seine Hand zeigte und hielt kurz die Luft an. Bei den Beiden stand Mamoru… Auch er hatte gerade in meine Richtung geblickt und schon trafen sich unsere Blicke wieder.

Ich sammelte meinen ganzen Mut zusammen und schenkte ihm ein zaghaftes Lächeln, welches er erwiderte und mein Herz sofort höher schlagen ließ. Doch als er Saphir neben mir sah, änderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. Er wirkte auf einmal irgendwie eifersüchtig, aber das konnte nicht sein… oder doch?

»Oh, du scheinst Mamoru zu kennen?«, hörte ich Saphir neben mir sagen und es klang ein wenig belustigt. Ich konnte kaum den Blick von Mamoru abwenden, so sehr faszinierte er mich schon wieder.
 

»Ich… also, nein. Nicht direkt. Ich bin ihm heute Nachmittag eigentlich das erste Mal begegnet, aber ich muss mich noch bei ihm für etwas bedanken.» Während ich sprach, drehte ich mich langsam wieder zu Saphir, der mich intensiv musterte... Oh oh, wie kam ich denn aus dieser Situation wieder raus? Ich konnte ihn ja gerade einfach so sitzen lassen und mich vom Acker machen.

»Entschuldigst du mich bitte? Ich müsste mal kurz auf die Toilette.«

Gut gerettet, jetzt musste ich nur nicht allzu überstürzt wirken. Mit gesenktem Haupt ging ich schnellen Schrittes
 

Erleichtert seufzend lehnte ich an der Toilettentür, nachdem ich den Waschraum endlich gefunden hatte.
 

Als ich 5 Minuten später wieder von der Toilette kam, saß Saphir immer noch an der Bar, aber Mamoru stand nicht mehr dort, wo ich ihn vorhin gesehen hatte. Schnell lief ich ein Stück weiter in den hinteren Teil des Gartens und suchte mit den Augen das gesamte Grundstück nach ihm ab, doch ich konnte ihn nicht finden.

Ein wenig enttäuscht darüber, dass er scheinbar nicht mehr da war, lief ich einfach weiter. Sicherlich hätte ich einfach umdrehen und zurück zur Bar laufen können, wo Saphir auch mich wartete, aber gerade in diesem Augenblick bevorzugte ich das Alleinsein.
 

Langsam lief ich den Weg über die hellgrauen Steinplatten entlang und genoss den Anblick der unberührten Natur, die sich mir hier bot. Die Bäume waren dichter, das Gras höher und alles ein bisschen verwilderter. Ein Stückchen weiter entdeckte ich einen wunderschönen mit Rosenranken behangenen Pavillon. Vorsichtig schob ich eine der Ranken beiseite und trat ins Innere, wo ich jedoch abrupt stehen blieb, denn vor mir stand Mamoru…

»Oh entschuldige, ich wollte dich nicht stören…«, stammelte ich und wollte gerade den Rückzug antreten, als er einen Schritt auf mich zuging.
 

»Nein, warte... Bitte, geh nicht!«

Er griff nach meinem Handgelenk und hielt mich so am Weiterlaufen. Ich musste ihn wohl etwas erschrocken angeschaut haben, denn er lächelte ein wenig schief und ließ dann mein Handgelenk wieder los.

«Es hat mich gefreut, dass ich dich hier wiedergesehen habe und ich würde mich nun freuen, wenn du mir etwas Gesellschaft leistest. Natürlich nur, wenn du magst…!?«
 

Mit seinen blauen Augen schaute er mich fragend an und ich konnte einfach nicht anders, als zur Bestätigung zu Nicken. Ich war auf einmal total nervös und seine Nähe verunsicherte mich einerseits, jedoch spürte ich auch eine angenehme Wärme in mir aufsteigen, als ich bei ihm stand. In Gedanken strich ich über eine der Rosenblüten und nahm kaum war, wie Mamoru mich wieder intensiv musterte.

»Schön, nicht?« fragte er in die Stille und ich schrak aus meinen Gedanken hoch.

»Hmmm?«

Er zeigte auf die Blüten, die ich soeben sachte mit meinen Fingerspitzen berührte.

»Die Rosen. Sie sind meine Lieblingsblumen.« Das Lächeln, was er mir nun schenkte, war einfach nur umwerfend. Auch wenn ich Mamoru kaum kannte, aber es war einfach unglaublich wie sehr ich mich zu ihm hingezogen fühlte.
 

Die Zeit verging wie im Fluge und wir redeten über Gott und die Welt. Erst, als sich mein Magen lautstark bemerkbar machte, beschlossen wir, wieder zu den Anderen zu gehen. Zuvor entfernte Mamoru jedoch behutsam eine der Rosen und schob sie mir ins Haar. Seine Finger berührten dabei sanft meine Wange und ein wohliger Schauer lief über meine Rücken, während ich zu ihm aufblickte. Ich hätte kaum beschreiben können, wie ich mich in diesem Augenblick fühlte…
 

Als wir wieder vorne waren, streifte ich Saphir’s Blick und fühlte mich ein wenig unbehaglich, weil ich vorhin einfach verschwunden war. Ich formte mir den Lippen ein „SORRY“ und sein ehrliches Lächeln verriet mir, dass er mir nicht böse war. Da Mamoru direkt neben mir stand, hatte er sich vermutlich schon denken können, dass er der Grund meines Fernbleibens war.
 

Nach dem Mamoru und ich etwas gegessen hatten, nahmen wir an der Feuerstelle Platz. Da die Sonne mittlerweile untergegangen war, waren das Lagerfeuer und diverse Fackeln ringsherum die einzigen Lichtquellen. Aufmerksam hörte ich Mamoru zu und beobachtete dabei, wie sich das Flackern des Feuers auf seinem Gesicht wiederspiegelte. Ein kurzer Luftzug ließ mich jedoch für einen Augenblick erschauern, denn die dünne Jeansjacke hielt leider nicht besonders warm und so schlang ich die Arme um meinen Körper. Natürlich hatte Mamoru es bemerkt und zog kurzerhand seine Jacke aus, um sie mir über die Schultern zu legen.
 

»Danke!«, sagte ich leise und atmete tief seinen betörenden Duft ein, welcher mir ein wenig die Sinne vernebelte.
 

Mittlerweile waren wir schon fast die Letzten auf der Party und als auch Motoki und Reika sich verabschiedeten, beschlossen Mamoru und ich ebenfalls, uns langsam auf den Heimweg zu machen, auch wenn ich es ein wenig bedauerte, dass der schöne Abend schon rum war. Ich wollte ihm gerade seine Jacke wiedergeben, doch er schüttelte mit dem Kopf.

»Komm, ich bring dich noch nach Hause, Bunny.« Auffordernd hielt er mir seinen Arm hin, sodass ich mich unterhaken konnte.
 

Der Weg zu mir verlief schweigend und als wir vor meiner Wohnung standen, blickte ich ein wenig verlegen auf den Boden. Wie sollte ich mich von ihm verabschieden und wie sollte ich ihm sagen, dass ich ihn gerne wiedersehen würde?

Unentschlossen standen wir uns gegenüber und ich traute mich kaum, meinen Kopf zu heben und ihm in die Augen zu schauen. Meine Nerven waren fast bis zum Zerreißen gespannt, als er einen Schritt näher auf mich zu trat und mir dann einen Kuss auf die Wange gab.

»Gute Nacht, Bunny. Ich danke dir für den schönen Abend!«, flüsterte er nah an meinem Ohr und diesmal erschauerte ich nicht, weil mir kalt war. Erst als er sich schon ein paar Schritte von mir Entfernt hatte, löste ich mich aus meiner Starre.

»Mamoru, warte! Was ist mit deiner Jacke?« rief ich ihm nach.

»... und ich muss mich doch auch noch bei dir bedanken, dass du mein Getränk bezahlt hast«, murmelte ich schnell hinterher.
 

Tatsächlich drehte er sich im Laufen noch einmal kurz um und zwinkerte mir wieder zu.

»Sieh es als Pfand dafür, dass wir uns sehr bald wiedersehen.«, antwortete er mir und verschwand dann um die nächste Straßenecke.
 

Die nächsten vier Tage zogen sich wie Kaugummi und ja, sie waren fast unerträglich. Zusehends bekam ich immer schlechtere Laune, denn obwohl Motoki noch zu mir gesagt hatte, dass Mamoru bei ihm täglich seinen Kaffee trinken würde, so traf ich ihn nicht einmal im Crown oder anderswo an. Er war wie vom Erdboden verschluckt, sodass ich am fünften Tag beschloss, Motoki nach Mamoru zu befragen und nahm direkt am Tresen auf einem Barhocker Platz.

»Du sag mal Motoki, hast du etwas von Mamoru gehört?«

»Nein, tut mir leid Bunny. Aber irgendwie hat er sich seit der Party nicht mehr blicken lassen oder sich bei mir gemeldet. Eigentlich kommt er fast jeden Tag und trinkt hier seinen Kaffee oder holt sich zumindest einen für Unterwegs«, antwortete er Kopfschüttelnd.

Enttäuscht ließ ich die Schultern hängen. »Ich versteh das nicht. Er hatte mir doch gesagt, dass wir uns wiedersehen…«
 

Traurig nahm ich seine Jacke, die ich wie fast jeden Tag bei hatte, und atmete tief seinen Duft ein. Überrascht schrie ich dann jedoch kurz auf, als mir jemand direkt etwas vors Gesicht hielt. Ich musste zweimal blinzeln, um zu erkennen, dass es eine rote Rose war… Halt! Eine rote Rose? Das konnte doch nur......
 

»Warum so traurig?«, hörte ich auch schon Mamoru’s Stimme hinter mir und sprang vor Freude regelrecht vom Barhocker auf.
 

ENDLICH!
 

Mit einem breiten Grinsen stand er da und hielt mir die Rose hin, die ich lächelnd entgegen nahm.

»Ich muss doch noch meinen Pfand einlösen…«

Ich nickte kurz und griff nach seiner Jacke, die ich ihm nun reichte.
 

Wir setzten uns an einem der Tische gegenüber und schauten uns für einige Sekunden einfach nur in die Augen, bis Mamoru sich räusperte.

»Entschuldige, dass ich mich erst jetzt blicken lasse. Aber ich hatte noch etwas Wichtiges zu klären und war drei Tage nicht in der Stadt.« Entschuldigend schaute er zu mir.

»Jetzt bist du ja da…«, entgegnete ich und spürte, wie sich meine Wangen rot färbten.

Kein Tag, keine Stunde und keine Minute waren vergangen, wo ich nicht an ihn gedacht hatte und die mir bewusst werden ließen, dass ich mich bereits auf den ersten Blick in ihn verliebt hatte.
 

Wenn ich in diesem Augenblick jedoch geahnt hätte, dass er demnächst für einige Zeit aus der Stadt verschwinden würde, hätte ich mich meinen Gefühlen wohl nicht so hingegeben.
 

In den folgenden Tagen verbrachten wir jede freie Minuten miteinander… er kochte für uns, wir schauten DVD’s oder wir unternahmen irgendetwas. So gesehen gingen wir in der Wohnung des Anderen fast ein und aus. Es war einfach schön in seiner Nähe zu sein und ich genoss es in vollen Zügen, denn von Mal zu Mal verliebte ich mich mehr in ihn. Doch ich hatte einfach nicht den Mut, es ihm zu sagen.
 

Und dann, es war ein Freitagabend und Mamoru hatte wieder für uns gekocht, spürte ich schon die ganze Zeit seine merkwürdige Stimmung. Bisher war er mir jedoch ausgewichen, doch nun war er gerade in die Küche verschwunden und ich lief ihm hinterher, schließlich wollte ich wissen, was ihn bedrückte.

»Was ist los, Mamoru?«, fragte ich und lehnte mich mit verschränkten Armen an den Kühlschrank, an den er gerade wollte.
 

Mit undurchdringlicher Miene schaute er mich an und ließ dann seufzend die Schultern hängen.

»Ich werde für eine unbestimmte Zeit nach Sapporo gehen, Usako.«, sagte er mit gesenktem Kopf, um mir nicht in die Augen schauen zu müssen.
 

Entsetzt blickte ich zu ihm. Das konnte jetzt nicht sein Ernst sein? Schlimmer konnte es nicht kommen… gerade jetzt wo sich das mit uns beiden so gut entwickelte. Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen sammelten.

»Wann?«, fragte ich mit Tränen erdrückter Stimme und hielt nun ebenfalls den Blick gesenkt.

Ich sah im Augenwinkel, wie er sich kurz rührte und nervös durch die schwarzen Haare fuhr.

»Am Montag…«, flüsterte er.
 

Mir schnürte sich regelrecht die Kehle zu und die Tränen brannten heiß in meinen Augen. Ich musste hier raus und stürzte halb aus der Küche direkt in das angrenzende Badezimmer, wo ich mich einschloss und an der kalten Wand auf den Boden gleiten ließ. Es war mir egal, was er jetzt dachte, aber ich wollte einfach nicht, dass er sah, wie ich wegen ihm weinte. Wieso ließ er es erst zu, dass wir uns so nahe kamen und würde nun einfach so verschwinden? Was dachte er sich bloß dabei? Ich konnte es einfach nicht verstehen und noch weniger verstand ich, warum er es mir erst jetzt gesagt hatte.

Mit angezogenen Beinen saß ich auf den kalten Fliesen und ließ meinen Tränen freien Lauf. Warum musste ich blöde Kuh mich auch in ihn verlieben? Das Ganze war doch wieder nur zum Scheitern verurteilt. Vermutlich hatte er von Anfang an nichts Ernstes im Sinn gehabt.
 

Als ich mich endlich ein wenig beruhigt hatte und die schwarzen Mascara-Spuren, die die Tränen auf meinem Gesicht hinterlassen hatten, entfernt hatte, schloss ich langsam die Tür vom Bad auf. Ich konnte mich hier schließlich nicht ewig verbarrikadieren. Mamoru entdeckte ich auf dem Balkon, wo er an der Brüstung lehnte. Irgendwie wirkte er doch sehr niedergeschlagen, und ich verwarf meinen Gedanken, dass er es mir bewusst verheimlicht hatte.
 

Leise trat ich auf den Balkon und stellte mich neben ihn.

»Warum hast du nicht eher was gesagt?«, fragte ich mit brüchiger Stimme.
 

Er drehte seinen Kopf zu mir und ich bemerkte seine leicht glasigen Augen.

»Bitte verzeih mir, Usako. Ich habe einfach immer auf den richtigen Augenblick gewartet, um es dir zu sagen. Ich wusste, dass ich dir damit vor den Kopf stoße und hab es ständig vor mir her geschoben. Du musst mir glauben, dass ich dich nicht belügen oder dich täuschen wollte…«
 

Der restliche Abend war von unserer bedrückenden Stimmung gezeichnet. Obwohl das Essen von Mamoru hervorragend war, stocherte ich appetitlos auf meinem Teller rum. Keiner von uns sagte ein Wort und ich konnte ihm nicht ins Gesicht sehen.
 

Nachdem ich ihm beim Abwasch geholfen und abgetrocknet hatte, wollte er eine DVD einlegen, doch ich blieb stehen und schüttelte mit dem Kopf. »Bitte sei nicht böse, aber ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.«
 

»Sehen wir uns denn die Tage noch einmal, bevor ich fahre?« Traurigkeit war aus seiner Stimme zu hören. Wie ein kleiner verlorener Junge stand er gerade mit der DVD in der Hand im Wohnzimmer und schaute zu mir.

Ich zuckte nur kurz mit der Schulter. Es tat mir weh und ich wusste nicht, ob ich es ertragen könnte, ihm weiterhin so nahe zu sein, wo mir nun bewusst war, dass er am Montag nicht mehr da sein würde. Deshalb war es besser für mich, wenn ich ging.
 

Das gesamte Wochenende verbrachte ich völlig zurückgezogen in meiner Wohnung und kam eigentlich gar nicht aus dem Bett. Nachdem ich Samstag nicht auf Motoki's SMS geantwortet hatte, rief er Nachmittags auf meinem Festnetz an und ich berichtete ihm mit kurzen Worten, was passiert war.
 

»Ach Bunny, ich kann ja verstehen, dass es dich mitnimmt. Aber Igel dich doch bitte nicht ein. Geh unter Leute und lenk dich etwas ab ... zum Beispiel bei deinem guten alten Freund Motoki. Es wartet auch dein heißgeliebter Schoko-Milchshake auf dich.«
 

»Ich weiß deine Bemühungen ja zu schätzen, Motoki. Aber bitte hab Verständnis, wenn ich dein Angebot heute ablehne. Ein anderes Mal gern wieder, ok?« Ich verabschiedete mich von ihm und legte auf. Mir war einfach nicht nach Gesellschaft, wo ich gespielt fröhlich sein musste und zudem wollte ich keinem mit meiner schlechten Stimmung auf die Nerven gehen.
 

Sonntagabend erhielt ich eine SMS von Mamoru. Anfangs wollte ich sie gar nicht lesen, doch irgendwann siegte meine Neugier.
 

'10:45 Uhr, Bahnsteig 8. Ich hoffe, du gibst mir morgen noch die Gelegenheit,

dass ich mich bei dir Verabschieden kann. Mamoru'
 

Meine Nacht war unruhig und ich lag ständig wach da und grübelte. Sollte ich wirklich morgen zum Bahnhof? War ich so stark, mich von ihm zu verabschieden? Ich wusste, dass es mir das Herz zerreißen würde und doch konnte ich ihm seine Bitte nicht abschlagen.

Um 8:00 Uhr stieg ich unter die Dusche und machte mich langsam fertig. Ich entschied mich bewusst für eine schwarze enge Jeans, ein schwarzes Shirt und schwarze Stiefel, denn so war meine Stimmung… düster und bedrückt. Meine Haare band ich nur kurz zu einem Pferdeschwanz nach oben und machte mich gegen 10:00 Uhr mit dem Bus auf den Weg zum Bahnhof.
 

Gegen 10:25 Uhr war ich am Bahnhof angelangt. Mit einem mulmigen Gefühl stieg ich aus dem Bus und lief langsam und mit schwerem Herzen in die große Eingangshalle, vorbei an den ersten 7 Bahnsteigen. An der Treppe zu Bahnsteig 8 blieb ich kurz stehen und schaute nach oben. Am liebsten wäre ich wieder umgekehrt, doch nun war ich hier um mich von dem Mann zu verabschieden, dem ich gerade erst mein Herz geschenkt hatte.

Seufzend lief ich eine Stufe nach der Anderen oben und konnte vom oberen Treppenabsatz schon Motoki und Reika ausmachen. Sie standen mit dem Rücken zu mir und als Reika einen Schritt beiseite trat, sah ich Mamoru.

Als wenn er meine Anwesenheit gespürt hatte, sah er nun genau in meine Richtung… und wieder trafen sich unsere Blicke.
 

Nur zögerlich lief ich weiter, doch auch Mamoru war los gelaufen - direkt auf mich zu. Wir blieben voreinander stehen, blickten uns sekundenlang einfach nur an, bis er meine Hand ergriff.

»Schön, dass du doch noch gekommen bist, Usako.«

Seine Hände waren eiskalt, doch in mir lösten sie unglaublich viel Wärme aus. Sanft strich er mit dem Daumen über meinen Handrücken und ich verlor mich wieder in seinen blauen Augen. Nichts wünschte ich mir in diesem Moment sehnlicher, als ihn nie wieder los zu lassen. Doch ich musste. Er hatte seine Entscheidung getroffen. Und ich konnte ja schlecht von ihm verlangen, dass er wegen mir hier blieb.

»Wie hätte ich dich fahren lassen können, ohne dir auf Wiedersehen zu sagen?«, entgegnete ich leise.
 

Noch immer blickten wir uns tief in die Augen.

»Ich habe mir überlegt, dass du mich ja hin und wieder mal besuchen kommen könntest oder ich über das Wochenende zu dir komme.«

Ich sah die Hoffnung in seinen Augen. Doch außer ein schwaches Kopfnicken brachte ich nichts zu Stande. Wieder sammelten sich diese verdammten Tränen in meinen Augen und sanft fing Mamoru sie mit seinem Finger auf.

»Tränen stehen dir nicht, Usako. Also weine nicht… - schon gar nicht um mich!«
 

Wir wurden vom einfahrenden Zug unterbrochen und ich konnte nur mit Mühe und Not die weiteren Tränen unterdrücken. Doch ich wollte für ihn tapfer sein und schluckte schwer. Da war er also gekommen, der Abschied.

Noch immer hielt er meine Hand in seiner, als wir zu Reika und Motoki liefen, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten. Nacheinander verabschiedete sich Mamoru erst von Reika, dann von Motoki… schlussendlich stand er vor mir und ich biss mir auf die Lippe, um nicht doch noch in Tränen auszubrechen.
 

»Mach’s gut, meine kleine Usako. Die letzten Tage mit dir waren wirklich wunderschön und ich verspreche dir hiermit hoch und heilig, dass wir uns bald wiedersehen werden.«

Er hauchte mir einen sanften Kuss auf die Wange und drückte mich noch einmal fest an sich. Kurz nutzte ich die Chance und schob ihm meinen vorbereiteten Zettel in die Hand.

»Bitte erst im Zug lesen«, flüsterte ich ihm zu und bedauerte es, als er sich von mir löste, um nach seiner Tasche zu greifen und dann langsam auf das gegenüberliegende Gleis zu laufen. Noch einmal drehte er sich um und winkte uns zum Abschied zu.
 

Nachdem er aus unserem Sichtfeld hinter dem Zug verschwunden war, konnte ich einfach nicht mehr und ließ meinen Tränen freien Lauf. Motoki zog mich in seinen Arm um mich zu trösten, während Reika ein wenig betreten neben uns stand, dann aber auch verstehend meine Schulter drückte. Wir hörten den Schaffner »Einsteigen bitte!« rufen und das Signal ertönte, ehe sich der Zug langsam in Bewegung setzte.

Da fuhr er, mein geliebter Mamoru… und er hatte mein Herz mitgenommen.
 

Völlig aufgelöst und wie betäubt wandte ich mich ab. Ich wollte hier weg… wollte allein sein, doch Motoki hielt mich zurück. »Bunny…!!!«, sagte er energisch und zog mich an der Schulter zurück. Ich hörte auch, wie Reika »Oh!« sagte, doch es war mir egal. Was sollte ich noch hier?
 

»Bunny, nun guck doch endlich…«, knurrte Motoki nun fast, was mich inne halten ließ. Es widerstrebte mir, hier noch länger zu verweilen und doch drehte ich mich um. Ich sah erst in das ungläubige Gesicht von Reika und dann zu Motoki, dessen Blick ich nun folgte.

»Träume ich?« Ich kniff mir kurz in den Arm, doch der Schmerz war so real, dass ich nur fassungslos auf die andere Seite blicken konnte. Mamoru stand dort; neben ihm seine Tasche und in der Hand… - ja, in der Hand hielt er meinen Zettel.
 

Motoki zog mich am Arm mit sich und auch Mamoru hatte sich bereits in Bewegung gesetzt. Doch ich war immer noch wie paralysiert. Ungläubig blickte ich ihm entgegen. Er war nicht gefahren. Nein, er war hier geblieben.
 

Nach und nach kam wieder Bewegung in meinen Körper, je mehr ich es realisierte und irgendwann rannte ich einfach los. Wir liefen aufeinander zu und ich stürzte mich in seine Arme. »Du bist hier geblieben…«, schluchzte ich an seiner Brust und hob kurz meinen Kopf.
 

Er nickte lächelnd und senkte leicht seinen Kopf. »…weil ich mich ebenfalls auf den ersten Blick in dich verliebt habe!«, sagte er leise, ehe er sich langsam meinen Lippen näherte und mich endlich küsste.

OS - Auf der ersten Blick (Mamoru's Sicht)

Wie eigentlich jeden Tag hatte ich auch heute wieder meinen Stammplatz direkt am Tresen im Crown eingenommen, um meinen heißgeliebten Kaffee zu trinken und ein paar Neuigkeiten mit meinem besten Freund Motoki auszutauschen. Nach einer nervenaufreibenden und stressigen Frühschicht im Jubaan Krankenhaus war dies genau das, was ich jetzt brauchte. Heiß dampfend stand dieses herrliche Getränk nun vor mir und ich sog das angenehme Aroma tief durch die Nase ein. »Und gibt es etwas Neues bei dir und Reika?« Ich griff nach meinem Kaffee, nahm einen Schluck und blickte die Antwort abwartend neugierig zu Motoki.
 

»Ob du es glaubst oder nicht, aber sie hat tatsächlich ja gesagt!« Freudestrahlend beugte er sich über den Tresen zu mir. Ich ahnte, was jetzt folgen würde, denn seine Augen leuchteten fast wie bei einem Kind, was zu Weihnachten gerade das tollste Geschenk aller Zeiten bekommen hatte. »Ich habe ja schon fast nicht mehr damit gerechnet, aber sie hat mir vorhin eine SMS geschickt, dass sie sich freuen würde, mit mir heute Abend zur Party zu gehen. Ist das nicht großartig?«
 

Ich nickte schmunzelnd und nahm einen weiteren Schluck meines Kaffee's. Scheinbar kam Motoki gerade so richtig in Fahrt und schwärmte in den höchsten Tönen vom Objekt seiner Begierde. Schon vor Längerem hatte er ein Augen auf Reika geworfen, sich jedoch nie wirklich getraut, endlich Nägel mit Köpfen zu machen und sie auf einen Kaffee einzuladen. Doch nun hatte er endlich den Mut gefasst und wurde belohnt. Seine derzeitige Hochstimmung sorgte auch dafür, dass er mal wieder wie ein Wasserfall und ohne Punkt und Komma redete, was wiederum dafür sorgte, dass ich nach kurzer Zeit ein wenig abschaltete. Sekunden später fuchtelte Motoki wild mit den Händen vor meinem Gesicht herum, ehe ich überhaupt registrierte, dass er mir eine Frage gestellt hatte. Irgendwie war ich genau ab dem Moment vollständig abgelenkt, als sich die Glastüren vom Crown automatisch geöffnet hatten und dieser blonde Engel eingetreten war. Ich musste scheinbar Sekundenlang total weggetreten sein, als sie schnurstracks an mir vorbei lief und sich an einen der hinteren Tische setzte. »Entschuldige Motoki, was hast du gerade gesagt?«
 

»Ich habe dich gefragt, ob du nun eine Begleitung für heute Abend gefunden hast oder doch alleine kommst?«, wiederholte Motoki und schaute mich dabei stirnrunzelnd an. »Und nun raus mit der Sprache, was gerade der Grund deiner geistigen Abwesenheit war.«
 

Ich drehte mich auf meinem Stuhl ein wenig seitlich, damit ich das Crown besser überblicken konnte. Wieder glitt mein Blick zum Tisch, an dem das blonde Mädchen Platz genommen hatte. Ich konnte meine Augen kaum von ihr nehmen, so sehr hatte mich ihr Anblick bereits in der ersten Sekunde ihres Eintretens verzaubert. So unauffällig wie möglich musterte ich sie genauer. Betrachtete ihre langen blonden Haare, ihr wunderschönes Gesicht mit den großen blauen Augen, der kleinen Stupsnase und den sinnlichen Lippen. Mein Blick wanderte tiefer und ich bestaunte ihre endlos langen Beine, die Dank des kurzen blauen Rocks gut sichtbar unter dem Tisch hervor lugten. Hey, ich war schließlich auch nur ein Mann...
 

Und dann blickte sie genau in diesem Moment hoch und stutzte kurz, als sich unsere Blicke trafen, ehe sie an mir vorbei blickte und Motoki ein kurzes Handzeichen gab.

Langsam drehte ich mich wieder zum Tresen zurück und verfolgte, wie Motoki still vor sich hin grinsend einen Milchshake zusammenmixte und in ein großes Glas füllte. Ohne dass ich bisher auf seine Nachfrage geantwortet hatte, war mir klar, dass ich mich wohl mit meinem Verhalten bereits verraten hatte. Immerhin hatte ich mich, was Frauen anging, bisher doch sehr bedeckt gehalten. »Kennst du sie?«
 

»Natürlich. Bunny ist neben dir eine meiner ältesten Freunde.«, antwortete dieser noch immer breit grinsend und nahm den fertigen Milchshake, um ihn zu ihr zu bringen.
 

Überrascht schaute ich ihm hinterher und nahm nur am Rande wahr, wie er ihr den Milchshake hinstellte und wieder zurückkam. Meine Gedanken spielten auf einmal völlig verrückt und ich fragte mich mehrfach, wie es denn sein konnte, dass sie mir bisher nie aufgefallen war. Wieso waren wir uns bisher nie über den Weg gelaufen? Oder hatte ich einfach nur Tomaten auf den Augen gehabt? Jedenfalls konnte ich es mir einfach nicht erklären und ertappte mich schon wieder dabei, wie ich den Kopf zur Seite drehte, um einen Blick auf sie erhaschen zu können. Zu meiner Verblüffung schaute sie ebenfalls gerade zu mir und schien mich mit unverhohlener Neugier zu mustern. Ich erwiderte ihren Blick und versank regelrecht in ihren strahlend blauen Augen. Es fühlte sich wie eine halbe Ewigkeit an, in denen wir uns einfach nur anschauten und ich hätte wahrscheinlich nicht mal registriert, wenn eine Horde Nashörner an mir vorbei gezogen wäre. Doch dann drehte sie lächelnd den Kopf weg und verbarg ihr Gesicht vor mir. Bevor ich mich darüber wundern konnte, registrierte ich ihre Verlegenheit. Eine leichte Röte hatte sich auf ihre Wangen gelegt und ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Sie war einfach nur hinreißend...
 

»Möchtest du deinen kalten Kaffee noch austrinken oder soll ich dir einen neuen bringen?«, riss mich Motoki nun aus meinen Gedanken. Neugierig wie er nun einmal war, hatte er mich die ganze Zeit beobachtet, nachdem er angefangen hatte seine Gläser zu polieren. Sein Grinsen reichte fast von einem Ohr zum Anderen und ich wollte gar nicht wissen, was gerade in seinen Kopf vorging. Oft genug hatte er die absurdesten Ideen und leider genauso oft musste ich das ausbaden, was er verzapft hatte. Um daher nicht schon wieder ein Opfer seiner verrückten Aktionen zu werden, griff ich nach meinem Portemonnaie und erhob mich von meinem Barhocker. »Ich denke, ich werde jetzt langsam den Heimweg antreten und mich auf's Ohr hauen. Aber vorab sag mir doch bitte, was du für meinen Kaffee und den Milchshake bekommst.«
 

»Schade, dass du schon gehst. Ich hätte dir auch eine weitere Tasse heißen Kaffee direkt an Bunny's Tisch gebracht.« Er zwinkerte mir kurz zu und strich dann den Milchshake von seinem Notizblock auf dem er alle Bestellungen notierte. »Das macht dann für beide Getränke 818,419 JPY.«
 

Ich legte ihm das Geld hin und schnappte meine schwarze Lederjacke. «Wir sehen uns dann heute Abend, sofern du mit Reika überhaupt soweit kommst.« Ich klopfte ihm grinsend auf die Schulter und ging dann zum Ausgang. Doch ehe ich nach draußen trat, drehte ich mich noch einmal zu ihr. Ich wollte noch einen letzten Blick auf sie erhaschen, ihr noch einmal kurz in ihre Augen schauen... Und als hätte sie meine Gedanken vernommen, hob sie gerade ihren Kopf und ich warf ihr einen kurzen aber vielsagenden Blick zu. Nie zuvor hatte mich eine Frau so verzaubert, wie sie. Und tatsächlich war sie - ich glaube, Motoki hatte sie Bunny genannt - seit Langem die Erste gewesen, die ernsthaft mein Interesse hatte wecken können und die mich mit einem einzigen Blick vollständig in ihren Bann gezogen hatte. Ich musste sie wiedersehen, komme was wolle.
 

Bevor ich das Crown endgültig verließ, zwinkerte ich ihr noch einmal zu. Mir war natürlich bewusst, dass ich sie damit erneut in Verlegenheit brachte und ich genoss es, solch eine Wirkung auf sie zu haben. Grinsend wandte ich mich ab, schwang meine Lederjacke über die Schulter und trat nach draußen, während ich mir sicher war, dass sie mir hinterher blickte.
 

Zu Hause angekommen, entledigte ich meiner Schuhe und Klamotten. Ich brauchte einfach dringend eine Dusche zur Entspannung und um den Krankenhausgeruch los zu werden. Es war ja nicht so, dass ich meinen Job nicht mochte; aber an manchen Tagen war es in der Notfallaufnahme im Unfallkrankenhaus einfach nur Kräftezehrend und Zermürbend. Tag für Tag kämpfte ich dort in der alltäglichen Hektik um das Leben von Menschen, verarztete ihre Wunden und war zeitgleich Seelsorger. Sicherlich sollte man nach erfolgreicher Approbation als Arzt keine großen Ansprüche stellen, doch ich hatte als Jahrgangsbester andere Vorstellungen, als dauerhaft in der Notaufnahme tätig zu sein. Daher war ich vor wenigen Wochen auch einer Empfehlung meines damaligen Uni-Professors gefolgt und hatte mich auf eine Stelle als Assistenzarzt für die Kinderstation im Shirakaba-dai-Krankenhaus von Sapparo beworben. Bisher hatte man mir aber lediglich mitgeteilt, dass man sich bezüglich eines Termins für ein persönliches Gespräch kurzfristig mit mir in Verbindung setzen würde.
 

Nachdem ich meine Sachen in der Waschmaschine verstaut hatte, trat ich unter die Dusche. Heiß prasselte das Wasser auf mich nieder und ich ließ die letzten Stunden noch einmal Revue passieren, während ich mit geschlossenen Augen an den Fliesen lehnte. Wieder kamen mir die großen strahlend blauen Augen in den Sinn und ich nahm mir vor, Motoki noch heute Abend zu Bunny zu befragen und Näheres über sie zu erfahren. Vielleicht bestand ja die Chance, dass ich sie alsbald kennenlernen konnte... Über mich selber verwundert, schüttelte ich lachend den Kopf und trat, nachdem ich mich eingeseift und abgeduscht hatte, vor die Badewanne. Sofort griff ich nach dem bereitliegenden Handtuch und schlang es um meine Hüften, als das Telefon im Flur klingelte.
 

»Chiba? ... Mit wem spreche ich? ... Ja, das wäre wunderbar! ... Ok, vielen Dank für Ihren Anruf. Bitte schicken Sie mir die weiteren Daten per eMail an "m.chiba@mail.yahoo.co.jp". Auf Wiederhören.« Zufrieden legte ich auf, denn ich war meinem persönlichen Ziel gerade ein Stück näher gekommen. Es war also definitiv die richtige Entscheidung gewesen, da man mir bereits indirekt für die Stelle in Sapparo zugesagt hatte. Von den Geschehnissen des heutigen Tages ein wenig beflügelt, nahm ich eine Melodie vor mich hinsummend mein Mineralwasser aus der Küche und verschwand im Schlafzimmer, um noch etwas zu schlafen. Doch es war in diesem Moment fast unmöglich zur Ruhe zu kommen, denn immer wieder hatte ich sie vor Augen. Nach einer halben Stunde lag ich immer noch hellwach in meinem Bett und starrte an die Decke. Auch das allseits bekannte Schäfchen zählen hatte bisher nicht geholfen. Im Endeffekt konnte ich später schon gar nicht mehr sagen, wann ich dann doch endlich mal eingeschlafen war.
 

4 1/2 Stunden später machte ich mich langsam für die bevorstehende Party bei Diamond und Esmeraude fertig. Ich schlüpfte in meine Bluejeans, schnappte mir ein schwarzes Shirt und zog meine Lederjacke drüber. Im Flur stand ich noch kurz vor dem Spiegel und richtete meine vom Nickerchen ein wenig durcheinander geratenen Haare, ehe ich nach meinem Schlüssel griff und die Tür hinter mir zuzog. Ich freute mich drauf, meine ehemaligen Kommilitonen alle wiederzusehen und war sicher, dass der Tag mit der Party einen würdigen Abschluss finden würde, zumal ich wusste, was mich dort erwarten würde. Sie hatten es schon immer verstanden unvergessliche Partys zu schmeißen und oft genug waren Motoki und ich erst bei Morgengrauen wieder daheim gewesen.
 

Die Nachmittagssonne stand bereits tief und ich setzte meine Sonnenbrille auf, als ich von der U-Bahn-Station die Treppe nach oben lief. Nicht einmal die vielen gestressten und genervten Menschenmassen, die gerade ihren Feierabend antraten und nur noch nach Hause wollten, konnte meiner guten Laune etwas anhaben. Normalerweise mied ich den öffentlichen Verkehr um diese Zeit, denn oft genug kassierte man Ellenbogen in den Rippen oder irgendwelche fremden Frauen waren der Meinung ihre Finger nicht bei sich lassen zu können. Doch zum Glück war ich heute davon verschont geblieben und so lief ich gelassen den Rest zu Fuß, denn das Anwesen von Diamond und Esmeraude war zum Glück nicht weit von der U-Bahn-Station entfernt.
 

Schon von Weiten konnte ich laute Musik und fröhliches Gelächter hören, während mir der Duft von frisch gegrilltem Fleisch in die Nase stieg. Sofort meldete sich mein Magen zu Wort, denn ich war bisher nicht wirklich dazu gekommen, etwas zu essen. Nachdem ich das riesige Anwesen betreten hatte, dauerte es keine 5 Sekunden bis Esmeraude mich entdeckt hatte. Freudestrahlend kam sie auf mich zugelaufen und umarmte mich herzlich. »Mamoru. Schön, dass du es doch geschafft hast. Los komm, Diamond wird sich ebenfalls freuen, dich zu sehen.« Ich hatte gar keine Gelegenheit etwas zu erwidern, da hatte sie schon meine Hand gepackt und mich mit sich gezogen.
 

Diamond unterhielt sich gerade unweit der Cocktailbar mit Petzite, als er uns erblickte. »Ach, der werte Herr Doktor Chiba hat den Weg ja doch noch gefunden. Es freut mich, dich mal wieder zu sehen mein Freund.« Kurz klopfte er mir auf die Schulter, bevor ich auch Petzite begrüßen konnte, die sich dann aber direkt entschuldigte und zurück im Haus verschwand. Ich überblickte kurz die Anwesenden und hoffte, Motoki und Reika irgendwo ausmachen zu können. Tatsächlich erblickte ich die Beiden keine Minute später und schmunzelte. Sie hatten es sich auf einer der Sitzgelegenheiten bequem gemacht und knutschten wie zwei verliebte Teenager. Ich beschloss, sie vorerst nicht zu stören, in der Hoffnung, dass sie schon irgendwann von einander ablassen würden.
 

»Möchtest du etwas trinken, Mamoru? Du kannst dir an der Bar einen Cocktail mixen lassen oder etwas anderes zu trinken holen, wenn du magst.« Esmeraude deutete auf die riesige auf Hochglanz polierte Theke und ich blickte kurz hinüber. Mein Herz setzte einen Moment aus, um dann sofort schneller zu schlagen, als ich erkannte, wer dort an der Bar saß und einen Cocktail trank. Nur, wie war das möglich, dass sie hier war? Natürlich war mir die Antwort darauf sofort klar gewesen... Motoki! Ich musste ihm später unbedingt danken.
 

Schon im nächsten Augenblick hatte Bunny mich ebenfalls entdeckt und ich konnte an ihrem Gesichtsausdruck erst nicht recht erkennen, ob sie sich freute, mich wiederzusehen. Doch schon in der nächsten Sekunde schenkte sie mir ein zaghaftes Lächeln, was mein Herz berührte. Sie war einfach umwerfend und ich konnte nicht anders als ihr Lächeln zu erwidern. Kurz ließ ich meinen Blick über ihre Erscheinung gleiten und registrierte dieses wahnsinnig kurze rote Kleid, dass sie trug. Himmelherrgott, ich konnte meine Augen kaum von ihren übereinander geschlagenen Beinen nehmen. Doch dann fiel mein Blick direkt neben Bunny und ich sah Saphir, der sie unverhohlen von der Seite musterte. Obwohl ich sie noch nicht einmal wirklich kannte, konnte ich die aufsteigende Eifersucht einfach nicht unterdrücken. Missmutig und mit zusammengekniffenen Lippen sah ich, wie er mit einem breiten Grinsen etwas zu ihr sagte und sie sofort darauf antwortete. War sie doch nicht mit Motoki gekommen? Hatte ich mich etwa getäuscht und sie gehörte bereits zu Saphir?
 

Ich wandte mich wieder den beiden Gastgebern zu und erkundigte mich nach ihren Zukunftsplänen. Freudestrahlend berichtete mir Esmeraude nun, dass sie bereits im vierten Monat schwanger war. Ich beglückwünschte die Beiden und wünschte ihnen von Herzen alles Gute. Es freute mich wirklich sehr, denn ich wusste von ihrem bisher unerfüllten Kinderwunsch.

Während Esmeraude mir nun von ihren Schwangerschaftsgelüsten berichtete, hörte ich schon nur noch mit halben Ohr zu, denn im Augenwinkel sah ich Bunny an uns vorbei laufen. Neugierig blickte ich ihr hinterher wie sie auf den Seiteneingang in Richtung der Toiletten zusteuerte und ertappte mich dabei, wie ich ihr ungeniert auf den Po starrte. Was hatte sie nur an sich, dass ich mich wie ein liebestoller Gockel aufführte?
 

Nachdem sie im Gebäude verschwunden war, drehte ich mich wieder zurück und sofort fiel Saphir in mein Blickfeld. Er hatte ihr scheinbar ebenfalls hinterher gegeifert und lächelte mir nun siegessicher entgegen. Plötzlich war ich nicht nur eifersüchtig sondern auch wütend. Wütend auf mich, dass ich sie nicht schon am Nachmittag im Crown angesprochen hatte und dass Saphir nun den Platz an ihrer Seite eingenommen hatte. Warum nur meinte es das Schicksal mal wieder nicht gut mit mir?
 

Die Hände zu Fäusten geballt, entschuldigte ich mich bei den beiden Gastgebern und lief ein Stück in den hinteren Teil des Gartens. Hier fand ich gerade ein wenig Ruhe, nachdem gerade so viele unterschiedliche und verwirrende Gefühle von mir Besitz ergriffen hatten. Hier genoss ich einfach nur die Natur und beruhigte mich ein wenig, als ich zu diesem kleinen mit Rosenranken behangenen Pavillon kam, den ich schon bei früheren Partys immer wieder aufgesucht hatte. Gerade blühten unzählige der roten Rosen und der intensive Rosenduft stieg mir unweigerlich in die Nase. Um ins Innere zu kommen, musste ich jedoch erst eine tief hängende Ranke beiseite schieben. Kurz schloss ich die Augen und atmete tief durch.
 

Ich hing gerade meinen Gedanken nach, als ich Schritte hörte und blickte überrascht auf, als ich ihm Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Neben der herunterhängenden Ranke erschien nun tatsächlich Bunny. Ich konnte es kaum glauben. War sie mich etwas suchen gegangen?
 

»Oh entschuldige, ich wollte dich nicht stören...«, stammelte sie unsicher und wollte scheinbar gerade den Rückzug antreten.
 

Doch ehe sie sich abwandte, machte ich auch schon einen Schritt auf sie zu. »Nein, warte... Bitte geh nicht!« Ich griff nach ihrem Handgelenk und hinderte sie so am weglaufen. Erschrocken blickte sie erst auf ihr Handgelenk, dass ich noch immer umklammert hielt und dann direkt hoch in mein Gesicht. Sofort ließ ich sie los, denn sie blickte mich mit weit aufgerissenen Augen an. »Es hat mich gefreut, dass ich dich hier wiedergesehen habe und ich würde mich nun freuen, wenn du mir etwas Gesellschaft leistest. Natürlich nur, wenn du magst…!?« Ich schaute sie fragend an und seufzte erleichtert, als sie zur Bestätigung kurz nickte. Minutenlang standen wir einfach nur beieinander, ehe sie einen Schritt auf eine der am Pavillon herabhängenden Ranken zu ging. In Gedanken versunken berührte sie eine der Rosenblüten und ich konnte es noch immer nicht glauben, dass sie gerade hier bei mir war. So nah, dass ich nur einen Schritt hätte machen müssen, um meinen Drang nachzugeben, sie in meine Arme zu ziehen und zu küssen. Ich verfolgte, wie ihre Finger vorsichtig über die Blüte strichen.
 

»Schön, nicht?«, fragte ich in die Stille und registrierte, wie sie aus ihren Gedanken hochschrak.

»Hmmm?« Sie war sichtlich irritiert und schaute mich nun fragend an.
 

Ich trat direkt neben sie und zeigte auf die Blüte, die sie gerade sachte mit ihren Fingerspitzen berührte. »Die Rosen. Sie sind meine Lieblingsblumen.« Ich lächelte sie an und mein Herz schlug Purzelbäume, als sie mir in die Augen schaute und ebenfalls lächelte.
 

Nach anfänglicher Unsicherheit war sie nach und nach ein wenig aufgetaut und wir hatten festgestellt, dass wir zwar einige Gemeinsamkeiten aber auch unzählige unterschiedliche Ansichten hatten, über die wir angeregt diskutierten. Ich genoss ihr herzliches Lachen, als ich ihr sagte, dass ich für Schokolade sterben würde und stimmte mit ein, als sie mir gestand, dass es ihr ebenfalls so erging. Es war seltsam, denn schon nach dieser kurzen Zeit spürte ich eine unglaubliche Verbundenheit zu Bunny. Hatte ich mit ihr endlich mein passendes Gegenstück gefunden? Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und waren so vertieft in unser Gespräch, dass wir völlig die Zeit vergaßen und es schon langsam dämmerte. Tatsächlich registrierten wir erst, dass wir schon eine Weile hier saßen, als sich Bunny's Magen lautstark bemerkbar machte. Beschämt hielt sie sich sofort die Arme vor den Bauch, doch auch mir ging es ähnlich. Der anfängliche Hunger war in dem Moment vergessen gewesen, als ich sie an der Cocktailbar bemerkt hatte.
 

»Wollen wir wieder nach vorne? Ich würde sagen, wir könnten beide dringend etwas zu Essen gebrauchen.« Ich hielt ihr meine Hand hin um sie von der Bank auf die Füße zu ziehen. Plötzlich stand sie so nah vor mir, dass ich die Wärme ihres Körpers spüren und ihren süßlichen Duft wahrnehmen konnte. Mit großen blauen Augen blickte sie zu mir auf, als ich ihr eine der Rosen ins Haar schob, die ich zuvor behutsam von den Ranken entfernt hatte. Mit den Fingerspitzen berührte ich dabei sanft ihre Wange und am liebsten hätte ich sie noch näher an mich gezogen. Doch ich griff nur nach ihrer Hand und zog sie mit mir...
 

Als wir wieder vorn ankamen, streifte uns Saphir’s Blick und nun war ich es, der siegessicher lächelte. Doch es lag nichts Böses in seinem Blick. Nein, er nickte mir nur freundlich zu und widmete sich dann wieder seinem Gesprächspartner.
 

Nach dem Bunny und ich etwas gegessen hatten, nahmen wir an der Feuerstelle Platz. Da die Sonne mittlerweile untergegangen war, waren das Lagerfeuer und diverse Fackeln ringsherum die einzigen Lichtquellen. Ich erzählte von meinem erfolgreich beendeten Studium und meiner Arbeit im Krankenhaus, während sie mir aufmerksam zuhörte. Das Flackern des Feuers spiegelte sich in ihren Augen wieder und ein angenehm warmes Gefühl durchströmte mich bei ihrem Anblick. Ein kurzer Luftzug ließ sie dann jedoch erschauern, denn ihre dünne Jeansjacke schien nicht sonderlich warm zu halten. Fröstelnd schlang sie die Arme um ihren Körper, was mir natürlich nicht verborgen blieb. Schnell zog ich meine Lederjacke aus, um sie ihr über die Schultern zu legen.
 

»Danke!«, sagte sie nun leise und schmiegte sich in meine Jacke.

Mittlerweile waren wir schon fast die Letzten auf der Party und als auch Motoki und Reika sich verabschiedeten, beschlossen Bunny und ich ebenfalls, uns langsam auf den Heimweg zu machen, auch wenn ich es ein wenig bedauerte, dass der schöne Abend schon rum war. Ich schüttelte mit dem Kopf, als sie mir meine Jacke wiedergeben wollte. »Ich bring dich noch nach Hause, Bunny.« Auffordernd hielt ich ihr meinen Arm hin, sodass sie sich unterhaken konnte.
 

Der Weg zu ihrer Wohnung verlief schweigend und als wir vor dem Eingang standen, blickte sie verlegen auf den Boden. Ich wartete darauf, dass sie etwas sagen würde, denn auch mir fiel es schwer, mich von ihr zu verabschieden. Wie sollte ich ihr bloß zu verstehen geben, dass ich sie gerne wiedersehen würde, ohne dass es blöd klang? Unsicher standen wir uns minutenlang einfach nur gegenüber und ich blickte abwartend auf sie herab. Noch immer hielt sie den Kopf gesenkt und rührte sich nicht. Entschlossen machte ich nun einen Schritt auf sie zu und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Gute Nacht, Bunny. Ich danke dir für den schönen Abend!«, flüsterte ich nah an ihrem Ohr, ehe ich mich langsam von ihr entfernte und schweren Herzens los lief.
 

»Mamoru, warte! Was ist mit deiner Jacke?«, rief sie mir hinterher.
 

Beim Laufen drehte ich mich noch einmal kurz um und zwinkerte ihr zu. »Sieh es als Pfand dafür, dass wir uns sehr bald wiedersehen.«, antwortete ich ihr und verschwand lächelnd um die nächste Straßenecke. Zu Hause angekommen fiel ich geradewegs ins Bett und war binnen Sekunden eingeschlafen.
 

Tatsächlich aber hatte mir mein Körper nur wenige Stunden Schlaf gegönnt, ehe ich wieder hellwach in meinem Bett lag und die Decke anstarrte. Jegliche Versuche noch einmal einzuschlafen scheiterten und so beschloss ich, es mir mit einer Tasse Kaffee und meinem Laptop auf dem Balkon gemütlich zu machen.

Der Himmel war vom Sonnenaufgang in ein sattes Rot-Orange getaucht und die Sonnenstrahlen kitzelten mein Gesicht, als ich nach draußen trat. Ich streckte mich genüsslich in meinem Liegestuhl und griff nach meinem Kaffee. Die Ruhe um diese Zeit war himmlisch und gedankenverloren ließ ich meinen Blick über die Skyline von Tokyo wandern. Irgendwo unter diesen Dächern schlummerte Bunny und der Gedanke an den gestrigen Abend ließ mich lächeln.
 

In der Zwischenzeit war mein Laptop gestartet und ich rief mein eMail Programm auf. Freudig nahm ich zur Kenntnis, dass ich für den Folgetag um 13:00 Uhr eine Einladung für ein persönliches Gespräch mit dem Chefarzt der Kinderstation hatte. Dessen Sekretärin hatte mir bereits am Telefon in Aussicht gestellt, dass ich bei meinem bevorstehenden Gespräch vielleicht sogar schon meinen befristeten Arbeitsvertrag unterschreiben könne. Um Zeit zu sparen buchte ich das Ticket für die Hin- und Rückfahrt mit dem Hokutosei* (jap. 北斗星) Online. So konnte ich gewährleisten, dass ich ausgeschlafen und vor allem pünktlich am Vormittag in Sapparo ankam und auch meine Rückfahrt problemlos antreten konnte, ohne dafür fast 20 Stunden vom Tag zu verschenken, wenn ich mit dem Shinkansen gefahren wäre.
 

Um 19:03 Uhr stieg ich im Bahnhof Ueno in den Hokutosei und begab mich direkt in mein Schlafabteil. Die Hinfahrt verlief ohne Probleme und Zwischenfälle, sodass ich pünktlich um 11:15 Uhr in Sapparo eintraf und sogar noch Zeit für ein ausgiebiges Frühstück hatte. Ganz in der Nähe des Shirakaba-dai-Krankenhauses hatte ich dafür in einem kleinen Café Platz genommen und genoss noch eine Tasse Kaffee, bevor ich mich langsam auf dem Weg zu meinem Termin machte.
 

Auch der Termin mit dem Chefarzt verlief äußerst zufriedenstellend, doch entgegen meiner Erwartungen hatte ich noch keinen Arbeitsvertrag erhalten. Bereits gegen 15:00 Uhr hatte ich das Krankenhaus wieder verlassen und schlenderte noch ein wenig durch die Straßen von Sapparo, um bis 17:00 Uhr ein wenig die Zeit zu überbrücken.
 

Um 17:15 Uhr ging es endlich los und ich nutzte den Abend und die Ruhe in meinem Schlafabteil, um noch etwas für die Arbeit zu recherchieren. Zu später Stunde übermannte mich dann aber doch der Schlaf.
 

Die Ansage des Schaffners, dass wir in circa 30 Minuten Tokyo erreichen würden, riss mich aus einem wirren Traum. Völlig desorientiert blickte ich kurz um mich, ehe ich registrierte, dass ich mich noch immer im Hokutosei befand und gleich aussteigen musste. Schnell schnappte ich meine Reisetasche, verstaute meinen Laptop und griff nach meiner Jacke, denn wir fuhren bereits im Bahnhof Ueno ein.
 

Nachdem ich meine Reisetasche zu Hause abgestellt und mich umgezogen hatte, beschloss ich noch einen Abstecher ins Crown zu machen. Auf dem Weg dorthin kam ich an einem kleinen Blumenladen vorbei und sofort fielen mir die roten Rosen auf. Wieder dachte ich an Bunny und ehe ich mich versah, hatte ich eine der Rosen gekauft. Ich musste sie endlich wiedersehen und nahm mir vor, ihr nach einem Kaffee im Crown einen Besuch abzustatten. Doch es kam wie immer unerwartet, denn als ich das Crown betrat, entdeckte ich Bunny bei Motoki an der Bar. Sie wirkte traurig und ich erkannte, dass sie meine Lederjacke bei sich trug. Womöglich hatte sie die letzten Tage hier auf mich gewartet und das schlechte Gewissen plagte mich plötzlich. Schließlich waren seit unserem gemeinsamen Abend bereits drei Tage vergangen, in denen ich mich nicht bei ihr gemeldet oder mich im Crown hatte blicken lassen. Ich trat hinter sie und hielt ihr die Rose direkt vor das Gesicht. »Warum so traurig?«, fragte ich, auch wenn ich wusste, dass es wegen mir war.
 

Nachdem Bunny realisiert hatte, dass ich es war der hinter ihr stand, sprang sie vor Freude regelrecht vom Barhocker auf und nahm lächelnd die Rose entgegen.
 

»Ich muss doch noch meinen Pfand einlösen.«, sagte ich und blickte schmunzelnd auf sie hinab. Sie nickte verstehend und griff nach meiner Jacke, die sie mir nun reichte.
 

Wir setzten uns an einem der Tische gegenüber und schauten uns für einige Sekunden einfach nur in die Augen, bis ich mich kurz räusperte. »Tut mir leid, dass ich mich erst jetzt blicken lasse. Aber ich hatte noch etwas Wichtiges zu klären und bin erst heute wieder zurückgekommen.« Entschuldigend schaute ich zu ihr.
 

»Jetzt bist du ja da...« entgegnete Bunny leise und lächelte schüchtern. Mein Herz quoll in diesem Moment über vor Glückseligkeit.
 

In den folgenden Tagen verbrachten wir jede freie Minuten miteinander. Ich kochte oft für uns, nachdem ich festgestellt hatte, dass Bunny in dieser Hinsicht völlig talentfrei war und eher alles in Brand gesetzt hätte, als etwas Essbares zu zaubern ... Wir schauten DVD’s, diskutierten stundenlang oder unternahmen irgendetwas. Es war einfach schön in ihrer Nähe zu sein und ich genoss es in vollen Zügen. Sie hatte mein Leben mit ihrer wundervollen Art und Herzlichkeit bereichert und ich fühlte mich so wohl wie nie zuvor. Und doch hing ein kleiner Schatten die ganze Zeit über dieser unbeschwerten Zeit...
 

Ich konnte die Tatsache, dass ich bald weg war, nicht länger von mir weg schieben und war dementsprechend bedrückt, als der Tag meiner Abreise immer näher kam. Bisher hatte ich mich jedoch nicht überwinden können, Bunny davon zu berichten.
 

Es kam der Freitagabend vor meinem letzten Wochenende in Tokyo und scheinbar spürte sie, dass mit mir etwas nicht in Ordnung war. Bisher war ich ihr jedoch ausgewichen, doch als ich in die Küche verschwand um den Wein zu holen, kam sie mir direkt nachgelaufen. »Was ist los, Mamoru?«, fragte sie und lehnte sich mit verschränkten Armen an den Kühlschrank, an den ich gerade wollte. Argwöhnisch betrachtete sie mich und ich wusste, dass ich ihr nicht länger ausweichen konnte. »Ich werde für eine unbestimmte Zeit nach Sapporo gehen, Usako.« Ich hielt den Kopf gesenkt, denn ich hätte es nicht ertragen, ihr in diesem Moment in die Augen zu schauen. Kurz herrschte eine Totenstille und ich wagte einen Blick auf Bunny. Sie stand wie vom Donner gerührt da. »Wann?«, fragte sie mit belegter Stimme und hielt nun ebenfalls den Blick gesenkt.
 

Nervös fuhr ich mir durch meine Haare. »Am Montag.«, flüsterte ich und sah, wie sie kurz mit sich rang und nach Luft schnappte. Auch die Tränen in ihren Augen entgingen mir nicht. Und dann stürzte sie halb aus der Küche direkt in das angrenzende Badezimmer. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Ich hatte sie in mein Leben gelassen, um nun alle Brücken abzureißen und woanders ein neues Leben zu beginnen. Warum nur hatte ich so egoistisch gehandelt? Nur damit ich noch ein paar letzte schöne Tage in Tokyo verbringen konnte? Ich konnte mir mein Verhalten selbst nicht erklären und fühlte mich mies, weil ich der Grund für ihre Tränen war. Mit hängenden Schulter trat ich auf meinen Balkon und lehnte mich an die Brüstung. Ich war völlig durcheinander, denn ich ließ sie ungern hier zurück und nun begriff ich, was mein Herz mir schon die ganze Zeit zu verstehen geben wollte... Warum ich mich so sehr zu ihr hingezogen fühlte und mich ihre Gegenwart alles andere vergessen ließ. Und doch konnte ich es nicht aussprechen. Traurig blickte ich über Tokyo's Skyline und bekam tief in Gedanken versunken nicht sofort mit, dass Bunny zu mir auf den Balkon getreten war. Erst als sie neben mir stand, spürte ich ihre Wärme. »Warum hast du nicht eher was gesagt?«, fragte sie nun mit brüchiger Stimme.
 

Genau vor diesen Moment hatte ich mich gefürchtet ... der Moment, wo sie nach meinen Beweggründen fragen würde. »Bitte verzeih mir, Usako. Ich habe einfach immer auf den richtigen Augenblick gewartet, um es dir zu sagen. Ich wusste, dass ich dir damit vor den Kopf stoße und hab es ständig vor mir her geschoben. Du musst mir glauben, dass ich dich nicht belügen oder dich täuschen wollte...«
 

Der restliche Abend war von unserer bedrückten Stimmung gezeichnet. Der Appetit war mir vergangen und auch Bunny stocherte mehr oder weniger Appetitlos auf ihrem Teller rum. Keiner von uns sagte ein Wort und ich merkte, dass sie jeglichen Blickkontakt mit mir vermied. Wie hätte ich es ihr auch übel nehmen können?

Nachdem wir gemeinsam den Abwasch gemacht und abgetrocknet hatte, wollte ich eine DVD einlegen, doch Bunny blieb mitten im Raum stehen und schüttelte mit dem Kopf. »Bitte sei nicht böse, aber ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt gehe.«
 

»Sehen wir uns denn die Tage noch einmal, bevor ich fahre?« Unsicher stand ich mit der DVD in der Hand im Wohnzimmer und schaute zu ihr. Doch sie zuckte nur mit den Schultern und ich konnte nichts anderes tun, als sie gehen zu lassen.
 

Das gesamte Wochenende verbrachte ich damit, meine Sachen in Kisten zu packen, damit sie mir nachgeliefert werden konnte. Zwischendurch hatte Motoki mir noch einen Besuch abgestattet und mir von seinem Telefonat mit Bunny berichtet, was jedoch nur dazu führte, dass ich mich noch schlechter fühlte. Er hatte Recht damit, als er mir vorwarf, dass ich ihr von Anfang an hätte reinen Wein einschenken müssen. Als er sich bei mir verabschiedete, versprach er mir, dass er und Reika mich noch zum Bahnhof bringen würden.
 

Sonntagabend entschloss ich mich dazu, Bunny eine SMS zu schicken. Lange überlegte ich hin und her, was ich genau schreiben sollte. 5 Minuten später drückte ich auf Senden und blickte danach noch einige Sekunden auf das Handy in meiner Hand. Mir war klar, dass ich keine Antwort von ihr erhalten würde, doch ich hoffte zumindest, dass sie sich verabschieden kam.
 

SMS an Bunny: "10:45 Uhr, Bahnsteig 8. Ich hoffe, du gibst mir morgen noch die Gelegenheit, dass ich mich bei dir Verabschieden kann. Mamoru"
 

Meine Nacht war von Schlaflosigkeit geplagt und ich war bereits früh aufgestanden, um ein letztes Mal die Aussicht von meinem Balkon zu genießen, während sie Sonne aufging. Wie schön wäre es gewesen, wenn ich ihn mit ihr hätte erleben können...
 

Gegen 10:25 Uhr stand ich mit Motoki und Reika auf dem Bahnsteig 8 und wartete auf den einfahrenden Zug nach Sapparo. Immer wieder blickte ich zur Treppe und hoffte, dass Bunny doch noch erscheinen würde. Die Minuten vergingen und ich wurde immer unruhiger und mein Herz immer schwerer. Motoki legte seine Hand auf meine Schulter. »Sie wird kommen. Vertrau mir!«
 

Und dann sah ich sie und mein Herz machte einen Satz, als sich unsere Blicke trafen. Langsam kam sie auf uns zu und ich bemerkte ihr Zögern, weshalb ich an Motoki und Reika vorbei trat und ihr entgegenlief. Direkt voreinander blieben wir stehen und blickten uns einfach nur an, als ich nach ihrer Hand griff. »Schön, dass du doch noch gekommen bist, Usako.« Sanft strich ich mit dem Daumen über ihren Handrücken.
 

»Wie hätte ich dich fahren lassen können, ohne dir auf Wiedersehen zu sagen?« entgegnete Bunny leise und noch immer blickten wir uns tief in die Augen.

»Hör mal... ich habe mir überlegt, dass du mich ja hin und wieder mal besuchen kommen könntest oder ich über das Wochenende zu dir komme.« Hoffnungsvoll blickte ich zu ihr, doch außer ein schwaches Kopfnicken brachte sie nichts zu Stande. Wieder sammelten sich Tränen in ihren Augen und behutsam fing ich sie mit meinem Finger auf. »Tränen stehen dir nicht, Usako. Also weine nicht... - schon gar nicht um mich!«
 

Wir wurden vom einfahrenden Zug unterbrochen. Noch immer hielt ich ihre Hand in meiner, als wir zu Reika und Motoki liefen, die sich bisher im Hintergrund gehalten hatten. Da war er also gekommen, der Abschied und ich fühlte mich furchtbar.
 

Nacheinander verabschiedete ich mich erst von Reika, dann von Motoki ... und schlussendlich stand ich vor Bunny und sah, wie sie sich auf die Lippe biss, um nicht doch noch in Tränen auszubrechen.
 

Es brach mir das Herz, sie so leiden zu sehen, doch ich konnte nicht mehr zurück. »Mach’s gut, meine kleine Usako. Die letzten Tage mit dir waren wirklich wunderschön und ich verspreche dir hiermit hoch und heilig, dass wir uns bald wiedersehen werden.« Ich hauchte ihr einen sanften Kuss auf die Wange und drückte sie noch einmal fest an mich. Kurz stutzte ich, als sie mir dabei einen Zettel in die Hand schob. »Bitte erst im Zug lesen.«, flüsterte sie mir zu und ich bedauerte es, als ich mich von ihr lösen musste. Schwermütig griff ich nach meiner Tasche und lief dann langsam auf das gegenüberliegende Gleis. Noch ein letzte Mal drehte ich mich um und winkte ihnen zum Abschied.
 

Nachdem ich hinter dem Zug verschwunden war, stand ich kurz vor den offenen Zugtüren und haderte mit mir. War es tatsächlich der richtige Entschluss, Tokyo vollständig den Rücken zu kehren? Bestand tatsächlich keine Chance, hier nicht doch noch glücklich zu werden? Warum machte ich das eigentlich von einem Job abhängig, wo ich doch gerade erst mein Herz verloren hatte? Tausende Gedanken stürzten auf mich ein und dann kam ich zu der Erkenntnis, dass ich nicht glücklich werden könnte, wenn Bunny nicht bei mir war. Der Zettel kam mir wieder in den Sinn und ich faltete ihn schnell auseinander.
 

"Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen.

Aber nur das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen."

~Auf den ersten Blick~

Ich liebe Dich!
 

Sie liebt mich? Ich hielt es schwarz auf weiß in meinen Händen und es fühlte sich an, als wäre ich noch einmal vom Blitz getroffen worden. Nun war er für mich unmöglich geworden, auch nur einen Fuß in den Zug zu setzen. Wie hätte ich das mit meinem Herzen vereinbaren können? Von weiten hörte ich den Schaffner »Einsteigen bitte!« rufen und das Signal ertönte, als sich die Türen schlossen.
 

Der Zug setzte sich in langsam Bewegung und allmählich fuhr er an mir vorbei. Ich stand noch immer an der selben Stelle und blickte nun hinüber auf den anderen Bahnsteig. Dort stand Bunny und ließ sich von Motoki und Reika trösten. Als sie sich von den beiden abwandte und gehen wollte, erblickte mich Motoki. Ich sah, wie er sie am Ärmel packte und zurückziehen wollte. In der Zwischenzeit hatte mich auch Reika gesehen, doch Bunny weigerte sich noch immer. Erst als Motoki sie mit Nachdruck aufgefordert hatte, sich umzudrehen, reagierte Bunny endlich.
 

»Träume ich?« Hörte ich sie sagen und schmunzelte, als sie sich in kurz in den Arm kniff. Völlig ungläubig blickte sie zu mir und erst als Motoki sie ein wenig in meine Richtung schubste, setzte sie sich langsam in Bewegung.
 

Wir liefen aufeinander zu und Bunny stürzte halb in meine Arme. »Du bist hier geblieben…«, schluchzte sie an meiner Brust und ich legte meine Arme um ihren zierlichen Körper. Langsam hob sie ihren Kopf und in ihren Augen glänzten Tränen. Doch diesmal waren es Tränen der Freude.
 

Ich nickte lächelnd und senkte leicht meinen Kopf. »Weil ich mich ebenfalls auf den ersten Blick in dich verliebt habe.« erwiderte ich leise, ehe ich mich langsam ihren Lippen näherte und sie zärtlich küsste.
 

ENDE
 

_______________________________________

*http://de.wikipedia.org/wiki/Hokutosei


Nachwort zu diesem Kapitel:
Überarbeitet am 09.10.2014 Komplett anzeigen

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Kommentare zu dieser Fanfic (22)
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Von:  Yinyin24
2014-11-15T10:02:20+00:00 15.11.2014 11:02
Hallo Luna ♥ich bin von deine FF zwischen Bunny & Mamoru mit Tränen gerührt *schnief* Beide storys und ihrer Sicht waren romantisch und herzzerreißend. Vielen Dank süße. Sailor Moon 4-ever!!! *kuss &umarm* In Liebe Yinka xxx
Von:  Lunata79
2014-09-26T08:19:06+00:00 26.09.2014 10:19
Zwei wunderschöne rührende Sichten.
Antwort von:  -Luna-
26.09.2014 15:36
Vielen lieben Dank! ich freu mich sehr, dass die beiden OS dir gefallen :)
Von:  Jacky85
2014-06-11T12:58:40+00:00 11.06.2014 14:58
Wow das ist so eine schöne Geschichte, hab richtig mitgefühlt mit Bunny und Mamoru....

Liebe Grüße

Antwort von:  -Luna-
11.06.2014 15:06
Hallo Jacky, vielen Dank für das liebe Kommi!
LGz
Antwort von:  -Luna-
11.06.2014 15:06
Hallo Jacky, vielen Dank für das liebe Kommi!
LGz
Von:  DarkMoon24
2014-05-25T16:08:51+00:00 25.05.2014 18:08
Das ist eine der besten FF die ich gelesen habe so schön
und ich scheiß Heulsuse hab natürlich mitgefühlt und am ende mit geheult ich hasse es
aber egal
Antwort von:  -Luna-
25.05.2014 20:19
:)Vielen vielen Dank! Das freut mich wirklich unheimlich.
Antwort von:  DarkMoon24
26.05.2014 18:41
:) ist ja aber nur die Wahrheit :D
Von:  solty004
2014-04-25T15:09:06+00:00 25.04.2014 17:09
Hey,
War ein super Kapiteln.
Finde es gut das du diese Story aus beiden Siecht winkeln geschrieben hast.
Die beiden Kapiteln waren echt süß zum lesen


Freu mich schon auf was neues von dir Kapitel von dir für mein Kopf Kino.

LG Solty

Von:  Vienne
2014-04-24T09:49:51+00:00 24.04.2014 11:49
Liebe Luna ★
Toll es nochmal aus der Sicht von Mamoru zu lesen. Ich finde es grandios, wie du bei einer Storyline so in den Charas switchen kannst, und so neue Sichtweisen aufzeigst. Wirklich gelungen ^^
♥liche Grüße aus Wien
Vienne

Antwort von:  -Luna-
28.04.2014 18:50
Danke meine liebe Vienne. Bedeutet mir sehr viel, dass es dir gefällt.
Ich muss zugeben, der Schwenk von Bunny auf Mamoru war gar nicht so einfach
und hat mich einiges an Nerven gekostet ^^
❤liche Grüße aus Potsdam
Antwort von:  Vienne
28.04.2014 19:36
Nur allzu gerne ^.^
Ich kann solche Schwenker gar ned oder kaum. Als nicht so mit direkter Sichtweise. Daher mein Kompliment an dich ^.-
♥liche Grüße aus Wien
Von:  Geeny-chan
2014-04-24T09:28:02+00:00 24.04.2014 11:28
Oh das ist so romantisch! Schöne Geschichte*
Antwort von:  -Luna-
28.04.2014 20:19
Vielen lieben Dank :)
Von:  sweetnady10
2014-04-24T08:04:30+00:00 24.04.2014 10:04
Huhu
Das war eine schöne Os
Und endlich hab ich auch die Sicht von mamoru gelesen
Ach das war echt toll geschrieben
Und danke das du mir uns doch noch da zu die Gelegenheit gegeben hast
Für uns die Os zu schreiben
DANKE
Ich will mehr mamo bunny ff's und OS lesen
Liebe grüße

Antwort von:  -Luna-
28.04.2014 18:47
Hab mich seeeeeeeeeehr über deinen Kommi gefreut :)))
Klar wirds noch mehr Mamo-Bunny-FFs geben!
Liebe Grüße zurück
Von:  Kaninchensklave
2014-04-24T05:33:36+00:00 24.04.2014 07:33
Ein Wundershcöner OS

tja nun ist Maoru doch egbleiben und ist seinem herzen gefolgt er woird auch in einer anderen Klinik eine Stelle als  Assistenzarzt in der Kinder staion bekommen und wer weiss
ob nicht seien Usako dort als Betreuerin für die Kinder arbeitet

und IHm so zusagen eine Tür öfnen kann um dann dort zu Arbeiten

GVLG
Antwort von:  -Luna-
28.04.2014 18:44
Mahlzeit Wolfgang, vielen lieben Dank für dein Kommi :)
Klar findet Mamoru auch anderswo ne Stelle auf der Kinderstation.
Wichtig ist hier jedoch gewesen, dass er sich nicht für die Karriere,
sondern für die Liebe entscheidet :)

GVLG zurück
Von:  MissyX
2014-04-24T04:43:35+00:00 24.04.2014 06:43
Guten Morgen liebe Luna :-)
Es war von Anfang bis zum Ende einfach ein Traumhaft schöner OS.
Von der ersten Begegnung im Crown, wo man gleich die Funken überspringen hat sehen können. Dann das aufeinander Treffen auf der Party.. (Ich würde auch für Schokolade sterben)^^, als er ihr die Rose ins Haar gesteckt hat.❤ *seufz* Und dann am Ende kommt zusammen, was schon von Anfang an schon zusammen gehörte.

Wunder, wunderschön und mehr davon ❤

GGLG Miss




Antwort von:  MissyX
24.04.2014 06:44
Ps: immerhin zweite und auch noch vor Wolgang *top*^^
Antwort von:  -Luna-
28.04.2014 18:43
Dankeschön Anja'chen :)
Das mit der Schokolade kenn ich doch iwoher ^^
Antwort von:  MissyX
28.04.2014 18:56
öcht?^^ *keine Ahnung was du meinst:p
Antwort von:  -Luna-
28.04.2014 20:19
*Snickers reich* :P
Antwort von:  MissyX
28.04.2014 20:20
Schöne Nerven Nahrung *Merci :D


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