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Eternal Melody

von

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Schicksalhafte Begegnung

Ich lief durch den kalten Winter, Schritt für Schritt. Meine Hände fühlten sich bereits taub an und meine Füße waren schwer. Nun ist es ein Jahr her, seitdem er mich verlassen hat. Trotzdem sehe ich ihn noch vor mir, als wäre er gerade noch bei mir gewesen. Ich sehe sein sanftes Lächeln und das Funkeln in seinen Augen, was mich immer so fasziniert hat. Ich spüre noch immer die Wärme seiner Hand, die sanft mein Gesicht streichelte. Aber nun ist er nicht mehr hier.... schon seit einem Jahr nicht mehr. Ob er mir gerade zusieht? Wie es ihm wohl geht? In Gedanken versunken betrachtete ich die kleinen Eiskristalle, die an den Fensterscheiben zu sehen waren und den vom Sonnenlicht glitzernden Schnee, der sich wie Puderzucker auf die gesamte Landschaft gelegt hatte. Der eisige Wind zerzauste mir mein langes Haar und brannte auf meiner Haut.

Ich kann mich noch an unser erstes Treffen erinnern, als wäre es gestern gewesen...
 

Es war genau wie heute ein kalter, verschneiter Wintertag. Ich lief durch den hohen Schnee, mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht, da ich durch die Kopfhörer meines Handys seine Stimme hörte. Seine Lieder haben mich schon immer fasziniert. Wie soll ich sagen, sie hatten irgendwie eine besondere Ausstrahlung. Sie klangen so warm und fröhlich, sodass sie mir immer wieder ein Lächeln auf das Gesicht zauberten. Egal in welcher Situation ich mich befand, selbst wenn ich noch so deprimiert war, seine Lieder haben mir durch ihre Ausstrahlung immer wieder neue Kraft gegeben. Aber derjenige, der noch viel mehr strahlte als seine Lieder, war er, Ryota Ishida. Wenn er auf der Bühne stand, hat er immer aus vollem Herzen gestrahlt. Er war wie ein besonders hell leuchtender Stern am Himmel, der mit seinem warmen Licht schützend auf mich hinab schien. So nah und doch so unerreichbar. Ich hätte damals nicht mal zu träumen gewagt, dass ich ihm jemals persönlich begegnen würde, bis zu dem Zeitpunkt, in dem er mitten auf dem Gehweg mit mir zusammengestoßen ist. Ich fiel rückwärts in den kalten, nassen Schnee und war zu perplex, um mich zu bewegen. „Das tut mir leid, ist alles in Ordnung?“, fragte mich eine sanfte Stimme. Zuerst traute ich meinen Ohren kaum. Es war genau die Stimme, nach der ich mich so gesehnt hatte. Als ich hoch blickte, schaute ich in seine Strahlend blauen Augen, die im Licht der Sonne funkelten. Sein Gesicht war bis zur Nase von einem dicken Schal bedeckt. „J...Ja, alles in Ordnung“, antwortete ich und nahm seine Hand. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war. Mein Herz wollte gar nicht mehr aufhören zu schlagen und es fiel mir schwer, gleichmäßig zu atmen. Die Kälte des Schnees machte mir nichts mehr aus. Selbst in meinem Gesicht spürte ich keine Kälte mehr, mir wurde ganz warm... Aber die glückliche Stille hielt nicht lange an. Wenige Sekunden später rannte eine Horde kreischender Mädchen auf uns zu. Ehe ich etwas sagen konnte, nahm Ryota meine Hand und zog mich hinter sich her. Ich fragte mich, warum er das tat. Er hätte mich auch einfach stehenlassen und wegrennen können. Aber ich war so mit Rennen beschäftigt, dass ich nicht die Gelegenheit fand, ihn danach zu fragen. Ich war leider noch nie sehr sportlich und schon immer eher tollpatschig, wodurch meine Ausdauer zu wünschen übrig ließ. Es fiel mir schwer mit ihm mitzuhalten und meine Lunge schmerzte vom schnellen atmen. Wir rannten und rannten, bis wir an eine Kreuzung kamen. Ich erinnerte mich daran, dass sich in der Nähe der Kreuzung eine kleine Gasse befindet, in der man sich gut verstecken kann. Ich versuchte, etwas schneller zu rennen und zog Ryota nach Links „Komm mit!“, rief ich und zog den etwas verwirrt schauenden Ryota mit mir. Wir verschwanden in der kleinen Gasse und ich hoffte, dass die Fangirls ohne uns zu bemerken weiter rannten. Dem war jedoch leider nicht so. Wir befanden uns in einer Sackgasse und die Mädchen kamen immer näher. Ryota zog mich an sich und flüsterte: „Egal was ich jetzt tue, Spiel einfach mit, ok?“. Als ich seine Stimme so nah an meinem Ohr hörte und seinen Atem auf meiner Haut spürte, lief es mir zugleich heiß und kalt den Rücken herunter und ich bekam eine leichte Gänsehaut. Er hielt noch immer mein Hand und drehte sich zu den Mädchen: „ Jetzt lasst mich doch endlich in Ruhe! Seht ihr nicht, dass ich eine Freundin habe?!“. Freundin? Wen meinte er, etwa mich? Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte drehte er sich zu mir und legte seine Arme um mich. Er drehte uns so, dass er mit dem Rücken zu den Mädchen stand und seine Lippen kamen näher und näher...... bis sie nur noch etwa einen Zentimeter von meinen entfernt waren. So verweilten wir, bis die Mädchen sich mit geknickten Blicken von uns abwendeten und sich langsam immer mehr von uns entfernten. Mein Herz wollte einfach nicht stillstehen und mir wurde ganz schummrig. Es war, als würden Tausende von Schmetterlingen durch meinen Körper sausen.
 

„Sind sie weg?“, flüsterte er mir zu. Ich versuchte unauffällig über seine Schulter zu schauen und bemerkte, dass wir alleine in der Gasse standen. Keine weitere Menschenseele war zu sehen. Ich fühlte mich noch immer richtig komisch. Meine Beine schwächelten etwas und mein Herz schlug so wild, dass ich das pochen in meinem ganzen Körper spürte. „s...Sie sind weg....“, hauchte ich leise. Ich war nicht in der Lage, vernünftig zu sprechen. Mein Körper war wie gelähmt. Langsam löste Ryota die Umarmung, schaute mich an und sagte: „Tut mir Leid, dass ich dich da mit reingezogen habe. Ich....weiß auch nicht so genau warum ich deine Hand genommen hab...“. Er wurde leicht rot und schaute verlegen zur Seite. Was hatte das zu bedeuten? Warum wurde er rot? Wahrscheinlich war es ihm einfach nur peinlich, dachte ich mir. Aber er sah süß aus, wenn er so ein Gesicht macht. Dabei wurde mir ganz warm ums Herz. Langsam wurde mein Kopf wieder klarer und die Stimmung lockerte sich etwas. „Es ist schon ok“, antwortete ich, „Ich bin froh wenn ich dir irgendwie helfen konnte.“. „Da bin ich aber froh!“, sagte er und schenkte mir erneut ein warmes Lächeln. Ich konnte es immer noch nicht richtig fassen. Ich war wirklich mit Ryota ganz allein in einer einsamen Gasse und ich konnte mich ganz normal mit ihm unterhalten. Ich fühlte mich zwar noch sehr unsicher und mein Herzklopfen wollte immer noch nicht enden, aber ich war unbeschreiblich glücklich. „Sag mal...“, sagte er während er seinen Blick wieder zu mir wendete, „Wie heißt du eigentlich? Du hast mir geholfen und... ich weiß nicht mal deinen Namen.“ Ich merkte, wie mein Gesicht wieder warm wurde und rot anlief. Hatte er mich tatsächlich nach meinem Namen gefragt? Ich war in meinem ganzen Leben noch nie so nervös. Es passierte einfach zu viel auf einmal, so viel Glück hatte ich doch gar nicht verdient.... erst treffe ich meinen Schwarm, dann rennt er Händchenhaltend mit mir weg und jetzt fragt er mich auch noch nach meinem Namen...mir kam das alles vor wie ein Traum. Aber ich wollte auf keinen Fall erwachen, nicht in diesem Moment. Das war einfach alles zu unglaublich um wahr zu sein. Aber auch wenn ich sehr nervös war, musste ich in diesem Moment einfach Lächeln. Mit einem breiten Grinsen antwortete ich: „Ich....ich heiße Minako, Minako Shiba. Freut mich dich kennenzulernen, Ishida-san!“. „Ishida-san? Nenn mich Ryota.!“. Er schaute mich erneut mit einem warmen Lächeln an.

„Ok, R...Ryota...“. Es war ein komisches Gefühl, ihn beim Vornamen zu nennen. Ryota...das klang so.... vertraut. Ich hatte noch nie einen Jungen beim Vornamen genannt.... „Du....sag mal.... warum läufst du als Idol unverkleidet durch die Stadt? Ich mein, das ist doch klar dass du erkannt wirst und deine Fans dir nachlaufen......“, fragte ich ihn. Zuerst schaute er auf meine Frage etwas überrascht, dann lächelte er wieder und sagte: „ Na ja, eigentlich war ich nicht unverkleidet... ich hatte eigentlich einen Hut auf und bis wir losgerannt sind hatte ich mein Gesicht bis auf die Augen mit dem Schal bedeckt.... Normalerweise erkennt mich so niemand, aber da war dieser fiese Windhauch, der mir dann meinen Hut weggeblasen hat...und na ja... den Rest der Geschichte kennst du. Da will man mal einen Tag ausspannen und Ruhe vor seinen Fans haben und dann sowas....“. Ich beneidete ihn immer wieder darum, dass er so offen mit fremden Menschen reden konnte. Ich konnte so etwas noch nie. Zu meinen Freundinnen war ich immer sehr offen, aber sobald jemand fremdes dazustieß, wurde ich total nervös und habe die meiste Zeit geschwiegen... Es war dann immer so, als ob sich in meinem Inneren eine Blockade errichtet, die nichts und niemanden an mich heranlässt. So ähnlich war es auch in diesem Moment. Es gab so vieles, was ich ihm gerne erzählen wollte. Ich wollte ihm sagen, wie sehr ich seine Musik liebe, wie sehr ich ihn liebe. Aber ich konnte es nicht. Außerdem kannte er mich kaum, er würde meine Gefühle eh nicht erwidern. Ich war so stinknormal und unscheinbar, dass mich kaum jemandem bemerkte... warum sollte ausgerechnet er das tun? Tausende von Fragen und Gedanken schossen in diesem Moment durch meinen Kopf und ich konnte die Welt um mich herum gar nicht mehr richtig wahrnehmen. „Hey! Minako! Ist alles ok bei dir?“, fragte Ryota während er mich mit großen Augen anschaute. Sein Gesicht war meinem auf einmal wieder ganz nah. Ich bekam vor Schreck eine Gänsehaut. Langsam begannen kleine, zarte Schneeflocken vom Himmel zu fallen. Ich spürte, wie sie auf meiner Haut landeten und langsam schmolzen. Ich versuchte, all meinen Mut zusammenzunehmen und ihm zumindest ein bisschen aus meiner Gefühlswelt zu berichten. Wenigstens das wollte ich schaffen. „Ähm....also....“, stammelte ich, „Ich...bin grad einfach etwas mit der Situation überfordert. Es hat mich alles so überrascht. Das ganze verwirrt mich etwas. Weißt du....ich.....“ Mein Satz wurde durch das laute Klingeln eines Handys unterbrochen. Ich erschrak ein bisschen. Es war Ryotas Handy. Der Anruf schien von seinem Manager zu kommen. Zum einen war ich ein bisschen erleichtert, da das klingelnde Handy meine Anspannung etwas gelockert hat, zum anderen war ich aber auch enttäuscht, da ich ihm nicht sagen konnte, was mir auf dem Herzen lag. Nach einem kurzen Gespräch beendete Ryota das Telefonat und sagte zu mir: „Es tut mir leid Minako, aber ich muss schnell los. Heute ist zwar eigentlich mein freier Tag, aber es hat sich ein Termin dazwischengeschoben. Ich hätte gerne noch länger mit dir geredet.“ In diesem Moment spürte ich einen stechenden Schmerz in meiner Brust. War es wirklich schon vorbei? So schnell? Ich wollte, dass er bleibt, dass ich noch länger mit ihm reden konnte, aber es war nicht möglich. Mir war zum weinen zumute, aber dennoch bemühte ich mich zu lächeln und antwortete: „Ist schon ok. Idole haben eben viel zu tun. Ich...bin trotzdem froh dass ich dich kennenlernen durfte.“ Ich wollte ihm meine Schwäche nicht zeigen, ich wollte vor ihm nicht weinen. Ich wollte, dass er mich als fröhlichen Menschen in Erinnerung behält. Ryota schaute mich mit etwas besorgtem Blick an. Er strich sich eine seiner blonden Strähnen aus dem Gesicht und griff in seine Jackentasche. Als er die Hand wieder hinauszog hielt er eine kleine Papierkarte in der Hand, ich konnte zuerst nicht erkennen, was darauf geschrieben stand. Er hielt die Karte in meine Richtung und sagte: „Am Wochenende geben wir ein Konzert. Ich würde mich freuen wenn du kommst. Das hier ist eine Backstage-Karte, wir können uns also nachher noch unterhalten. Nochmal danke für die Hilfe heute.“ Ich traute meinen Augen kaum. Eine Backstage-Karte? Für mich? Ich war so perplex dass ich nicht fähig war, zu antworten. Ryota drückte mir die Karte in die Hand und rannte los. „Ich werde da sein!“, rief ich ihm hinterher. Er drehte sich noch einmal um, lächelte und rannte weiter, bis er am Horizont verschwand. Ich betrachtete die Karte in meiner Hand und drückte sie ganz fest an mich. Ich konnte meine Freude kaum in Worte fassen. Mir wurde ganz warm ums Herz. In diesem Moment wusste ich: ich hatte mich unsterblich in ihn verliebt.

Dies war der Tag, an dem ich Ryota Ishida kennenlernte.

Das Lächeln, das ich so liebe

Ich setzte meinen Spaziergang durch den Schnee fort. Es begann immer heftiger zu schneien und der eisige Wind peitschte mein Gesicht. Ich kam an einem Spielplatz vorbei, auf dem viele lachende Kinder gemeinsam spielten. Die einen errichteten einen großen Schneemann, andere testeten ihr Können bei einer wilden Schneeballschlacht. Lautes Gelächter schallte in meine Ohren. Als er bei mir war, konnte ich auch immer so unbeschwert lachen....
 

An den Tagen, die zwischen unserem ersten Treffen und dem Konzert lagen, konnte ich nichts anderes tun, als sehnsüchtig auf das lang erwartete Wiedersehen zu warten. Ich konnte an nichts anderes mehr denken, als an seine funkelnden Augen und sein warmes Lächeln. Wenn ich meine Augen schloss, sah ich ihn ganz klar vor mir, wie er mich mit einem breiten Grinsen anlächelte. Immer, wenn ich an ihn denken musste, wurde mir ganz warm und mein Herz begann, wie wild zu schlagen. Noch nie zuvor hatte ich derartige Gefühle für jemanden empfunden. Es machte mich glücklich. Auch wenn ich immer den schmerzhaften Gedanken im Hinterkopf hatte, dass meine Liebe auf ewig einseitig bleiben könnte. Schließlich gab es an mir nichts besonderes. Ich war nicht besonders hübsch und hatte auch keine besonderen Talente. Es gab so viele Mädchen auf der Welt, die ihn vielleicht sogar noch viel mehr liebten als ich. Und wer weiß, vielleicht, hatte er ja noch mehr Mädchen eine Backstage-Karte geschenkt, um sich mehr Fans zu verschaffen? Ein stechender Schmerz durchbohrte meine Brust. An so etwas wollte ich am liebsten gar nicht denken. Aber was, wenn es der Wahrheit entsprach? Er war schließlich ein Idol, es gibt so viele Idole, die mit den Herzen der Mädchen spielen, um Erfolg zu haben. Aber ich wollte einfach nicht glauben, dass er auch so ist. Ich wollte glauben, dass er anders ist. Ich spürte, wie eine Träne über meine Wange lief. Je mehr ich mich in diesen Gedanken vertiefte, desto unerträglicher wurde der Schmerz.Ich hatte das Gefühl, als ob sich meine Brust von innen zusammenzog und mir keine Luft zum atmen blieb. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und schaute in Gedanken verloren aus dem Fenster. Draußen sah es ungemütlich aus. Es war grau und stürmisch. Es befand sich zwar noch Schnee auf den Straßen und den Häusern, aber dieser ist mittlerweile grau und schmutzig geworden. Es war kein schöner Anblick mehr. Alles grau in grau – es unterstrich Quasi meine Traurigkeit. Tränen tropften auf meine Arme. Ich war nicht mehr in der Lage, sie zurückzuhalten. Dabei war es einen Tag vor dem Konzert, ich sollte eigentlich nicht traurig, sondern glücklich sein... aber ich konnte es nicht. Ich legte mich auf mein Bett und weinte mich langsam in den Schlaf....
 

Am nächsten Morgen wurde ich recht unsanft von meinem Wecker geweckt. Meine Augen brannten noch immer. Ich konnte mich nur mühselig aufsetzen, um den Wecker auszuschalten. Noch 5 Stunden, dann würde ich ihn wiedersehen. Ich war überglücklich und traurig zugleich. Was der Tag wohl bringen würde? Nachdem ich mich angezogen und gefrühstückt hatte, setzte ich erneut meine Kopfhörer auf, ließ seine Lieder laufen und machte mich auf den Weg zur Konzerthalle. Dort angekommen, fand ich eine riesige Halle, voll mit tausenden von Menschen. Selbst draußen stand noch eine ziemlich lange Schlange mit Menschen, die auf den Einlass warteten. Ich war überwältigt von der Masse, ich hatte noch nie zuvor so viele Menschen an ein und demselben Ort gesehen. Es waren Menschen, die zum teil nicht verschiedener sein könnten. Ein Punk stand neben einer hübsch gekleideten Dame mittleren Alters, ein dunkelhäutiges Mädchen lief händchenhaltend neben einem japanischen Jungen. Selbst Kinder waren in der Konzerthalle vertreten. Auf den Schultern ihrer Väter überragten sie die Menge und lachten aufgeregt. Es war überwältigend zu sehen, wie viele Menschen kamen, nur um - genau wie ich - seiner Musik zu lauschen. Für alle Menschen, die einen Backstage-Pass besaßen, waren besondere Plätze vorgesehen. Ich konnte leicht erhöht sitzen und hatte somit einen guten Blick auf die Bühne. Der Konzertsaal wurde abgedunkelt. Ab diesem Moment konnte ich meine Aufregung mehr und mehr spüren. Es würde nur noch wenige Augenblicke dauern, bis er auf der Bühne steht und ich seine wunderschönen Lieder hören kann. Mein Herz raste wie verrückt und ich bekam weiche Knie. Durch die kreischende Masse fühlte ich mich ein wenig unwohl. Auch die Luft im Konzertsaal war aufgrund der vielen Menschen sehr stickig. Aber das nahm ich gerne in Kauf, um ihm wenigstens noch einmal begegnen zu können. Nach einer Weile begann die Musik zu spielen und als das Scheinwerferlicht angeschaltet wurde, stand Ryota in der Mitte dieses Lichtstrahls und ließ seine Stimme erklingen. Sobald er anfing zu singen, wurde die Masse leiser, alle entspannten sich. Es war überwältigend. Ryota hatte so eine sanfte Stimme und lächelte immerzu auf der Bühne. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich seine Konzerte immer nur im Fernsehen verfolgt und war überwältigt. Life dabei zu sein, war allerdings noch viel überwältigender. Ich konnte meinen Blick gar nicht mehr von ihm abwenden. Seine Ausstrahlung war noch viel intensiver als im Fernsehen und irgendwie....so... beruhigend. Je länger ich ihn betrachtete und seiner Musik lauschte, desto besser fühlte ich mich. Mir wurde ganz warm und ich merkte, wie ein Lächeln sich in meinem Gesicht breit machte. Es war, als würden meine Gefühle mit seiner Musik in Einklang gebracht. Es herrschte eine Harmonie, die ich noch nie zuvor erlebt hatte. Ich genoss jede einzelne Minute seines Konzertes, bis zur letzten Sekunde. Nach Abschluss seines letzten Songs bedankte Ryota sich bei der Menge und verschwand in den Backstagebereich. Ich hätte zu gerne gewusst, ob er mich in der Menschenmasse wahrgenommen, ob er mich gesehen hatte. Das Scheinwerferlicht wurde wieder ausgeschaltet und die Deckenleuchten erhellten den Konzertsaal.
 

Nun war die Zeit zum Auslass gekommen. Meine Backstage-Karte ermöglichte mir, nach Abschluss des Konzertes den Backstage-Bereich zu betreten. Diese Chance konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen. Ich trat hinter die Bühne und hielt Ausschau nach Ryota. Aber wo meine Augen auch suchten, ich konnte ihn nicht sehen. Enttäuschung machte sich breit und mir war fast zum weinen zumute, bis ich eine warme Hand auf meiner Schulter spürte. „Hey, da bist du ja.“ Als ich diese Stimme vernahm drehte ich mich schlagartig um. Er war es wirklich. Ich schaute genau in das Gesicht, das mir so vertraut war. Das Lächeln, das ich so liebte. „R...Ryota!“, sagte ich mit einem Lächeln im Gesicht. Ich freute mich riesig. Ryota nahm seine Rechte Hand von meiner Schulter und griff nach meiner linken Hand. Wir gingen gemeinsam in seinen Umkleideraum. In diesem war ein großer Spiegel und Unmengen von Klamotten. Er ließ meine Hand los und sagte lächelnd: „ So, hier können wir ungestört reden. Ich bin froh dass du gekommen bist.“ Ich bekam Schmetterlinge im Bauch. Hatte er sich wirklich gefreut? Ich lächelte ihn an und sagte: „Nochmal danke für die Einladung! Du warst.... deine Musik war....“. Ich merkte wie mein Gesicht rot anlief und sich erneut die Blockade in meinem Inneren errichtete. Mein Blick wanderte Richtung Boden. Ich konnte ihn nicht ansehen. Warum jetzt? Warum ausgerechnet jetzt? Ich wollte ihm doch so gern sagen, wie sehr ich seine Musik liebe.... Wer weiß, wann sich jemals wieder so eine Gelegenheit ergibt? Mir war klar, dass ich mich zusammenreißen musste, wenn das nur nicht so schwer gewesen wäre... Ehe ich mich besinnen konnte, hörte ich ein herzhaftes Lachen. Als ich hochschaute bemerkte ich, dass Ryota lachte. Ich hatte ihn noch nie so herzhaft lachen hören. Mein Blick muss in dem Moment recht verstört gewesen sein. „Tut mir leid!“, sagte der herzlich lachende Ryota, „Aber.... du sahst so....hahahahaha“. „Lachst du mich etwa aus?“, fragte ich verwirrt. Ich merkte, wie sein Lachen die Stimmung zwischen uns lockerte. Ich konnte nicht anders und musste ebenfalls anfangen zu lachen. Sein Lachen klang so herzlich, dass es einfach ansteckend war. Ich konnte noch nie zuvor so lachen, wenn ein Junge in meiner Nähe war. Er hörte auf zu lachen und blickte mich mit seinem warmen Lächeln an. Bildete ich mir das nur ein, oder wurde er wirklich ein bisschen rot? Ich hörte ebenfalls auf zu lachen und musterte ihn genau. Er war einen halben Kopf größer als ich, trug eine schlabberige Jeans und ein knappes Oberteil mit weitem Ausschnitt. Seine blonden Zottelhaare standen in alle Richtungen ab und seine blauen Augen funkelten und schauten in meine Richtung. Ob er mich genauso musterte? Ich merkte, wie ich wieder rot anlief. Dennoch hatte ich mir geschworen, all meinen Mut zusammenzunehmen und ihm zu sagen, was mir auf dem Herzen lag. Ich wusste, dass dies vielleicht sogar meine einzige Chance dazu sein würde. Ich drehte mich ein bisschen von ihm weg und begann zu reden: „Weißt du, ich habe deine Musik schon immer geliebt. Schon seitdem ich sie zum ersten Mal gehört habe. Zu dieser Zeit gab es in meinem Familienkreis ziemlich große Probleme und.....es ging mir deswegen oft sehr schlecht. Ich war der Ansicht, dass es in meinem Leben keine Hoffnung mehr gäbe, bis.....“. Ich hielt kurz inne, und atmete noch einmal tief durch. Mein Herz raste wie verrückt und ich wusste, dass mein Gesicht knallrot angelaufen war. Ich konnte meine Unsicherheit nicht verbergen. Trotz allem wollte ich ihm alles erzählen. Ich konnte ihn dabei zwar nicht ansehen, da ich nicht wollte, dass er mich mit so einem Gesicht sieht, aber dennoch fuhr ich weiter fort: „...bis ich deine Musik zum ersten Mal gehört habe. Deine Musik...sie...gab mir die Hoffnung zurück, die ich glaubte verloren zu haben. Dir und deiner Musik habe ich es zu verdanken, dass es mir inzwischen wieder besser geht, dass ich heute hier stehe. Noch nie zuvor hat irgendeine Musik mein Herz so sehr berührt wie deine.....Das....wollte ich dir sagen. Danke....für alles.“ Nun hatte ich es gesagt. Es war wirklich draußen. Ich konnte ihn immer noch nicht ansehen, so gerne ich seine Reaktion darauf auch gesehen hätte. Ich war wie versteinert. Erneut legte sich eine warme Hand auf meine Schulter. Ich bekam eine Gänsehaut. Das Gefühl in diesem Moment war unbeschreiblich. „Ich...muss dir danken!“, hörte ich eine Stimme sagen, „Nur Leute wie du geben mir die Kraft, um weiterzumachen. Leute, denen es um meine Musik geht und nicht nur um mein Aussehen. Danke, dass du mir das erzählt hast. Ich liebe das Singen über alles und ich bin froh, wenn ich es schaffe, Menschen mit meinen Liedern zu berühren. Ich mag es, wenn Menschen lächeln und wenn ich ihnen dabei helfen kann, fröhlich zu sein. Weißt du...ich...“. Plötzlich flog die Tür zur Umkleide mit einem lauten Knall auf. „Ryota! Hier steckst du also! Was fällt dir ein einfach zu verschwinden!“, schrie ein finster dreinschauender Mann mit dunkler Sonnenbrille und streng zurückgegelten Haaren. Er musterte mich mit einem sehr ernsten Blick: „Das war jetzt genug Fanservice. Geh nach Hause, Mädchen! Ryota hat etwas Wichtigeres zu tun als sich mit Fangirls wie dir abzugeben.“ Nun wendete er sich mit rauer Miene zu Ryota: „In 15 Minuten hast du eine Autogrammstunde am anderen Ende der Stadt. Wir müssen auf der Stelle los.“ Es handelte sich um Ryotas Manager, Masato Murakami. Er packte Ryota am Arm und zog ihn Richtung Tür, ehe er auch nur die Chance zum Antworten hatte. Dieser warf mir einen letzten Blick zurück, sagte: „Es tut mir leid, Minako....“ und wurde endgültig von seinem Manager herausgezerrt. Was war das für ein Blick? Seine Augen strahlten irgendwie... eine tiefe Traurigkeit aus. Was er mir wohl erzählen wollte, bevor er hinausgezerrt wurde? Ob ich es jemals erfahren würde? Ich blieb mit einem beklemmenden Gefühl in der Brust zurück. Allein.

Stechender Schmerz

Das Alleinsein löste ein immer größeres Unbehagen in mir aus. Die Zeit mit ihm war viel schneller vorbei, als ich vermutet hätte. Traurig wollte ich mich auf den Weg nach Hause machen. In Gedanken versunken lief ich durch die Tür des Umkleideraums Richtung Ausgang. Ich konnte nicht mehr klar denken. Ich merkte, wie sich immer mehr Wasser in meinen Augen ansammelte. Nein, ich wollte nicht weinen, nicht dort. Ich schaute zu Boden und begann schneller und schneller Richtung Ausgang zu laufen, bis....ich unsanft in jemanden hineinlief. „Hey, kannst du nicht aufpassen?“, giftete mich eine Männerstimme an. Ich realisierte noch gar nicht so recht, was passiert war. Ich schaute hoch um zu sehen, in wen ich hineingerannt war. Noch immer hatte ich Tränen in meinem Gesicht. Ich musterte ihn genau: es war ein junger Mann, der ein ganzes Stück größer war als ich. Er hatte etwas längere, schwarze Haare und dunkelbraune Augen. Er war beinahe des Gegenteil von Ryota. Er sah draufgängerisch aus und hatte überhaupt nichts sanftes an sich. Er schaute mir tief in die Augen, kam mit seinem Gesicht erschreckend nah und sagte: „Warum weinst du denn Kleine? Es tut mir Leid, ich wollte dich nicht zum weinen bringen. Eine hübsche Junge Dame wie du sollte keine Träne vergeuden.“ Er hob seine rechte Hand und wischte mir die Tränen aus dem Gesicht. Was sollte das denn? Hatte er mich gerade hübsch genannt? Ich dachte mir, dass er wahrscheinlich einer dieser Playboy-Stars war, die sich an jedes Mädchen heranmachten, was sie zu sehen bekamen. Ich war zu perplex um mich zu bewegen. Sein Gesicht war erschreckend nahe. Er schaute mir tief in die Augen und kam mir immer näher. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Hatte er etwa vor mich zu küssen? Nein, das wollte ich nicht. Ich wollte nicht meinen ersten Kuss an so einen Typen verlieren. Niemals! Ich stieß ihn von mir weg und rannte so schnell ich konnte aus dem Konzertsaal. Der Typ verfolgte mich zum Glück nicht, wahrscheinlich hatte ich ihn mit meiner Reaktion zu sehr überrascht. Der Schock saß noch immer in meinen Knochen. Ich rannte und rannte immer weiter, bis ich auf dem glatten Boden ausrutschte und in den nassen, schlammigen Schneematsch viel. Nun konnte ich es nicht länger zurückhalten. Eine Träne nach der anderen lief mir über die Wangen. Warum musste dieser Tag so enden? Ich wollte ihn doch unbedingt als schönen Tag in Erinnerung behalten, aber jetzt geht alles schief... Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt hatte, setzte ich mich langsam auf. Meine Kleidung war von dem kalten Schneematsch komplett durchnässt. Mein ganzer Körper begann zu zittern. Es war kalt. Und das nicht nur wegen meinen nassen Klamotten. Die ganze Atmosphäre war kalt. Alles war grau in grau und keine Menschenseele war zu sehen. Es begann langsam dunkel zu werden. Ich entschied mich, langsam nach Hause zu gehen. Ein kalter Wind brauste und es begann zu regnen. Ich lief durch die meschenleeren Straßen, völlig durchnässt. Wahrscheinlich wollte bei dem Wetter niemand mehr vor die Tür treten. Das Wetter war zwar scheußlich, aber es passte zu mir. Es unterstrich meine Stimmung. Ich dachte mir: „wenn es regnet, dann sieht wenigstens keiner mein verheultes Gesicht. Keiner sieht meine Trauer....und das ist gut so.“. Ich mochte es nicht, wenn andere mir meine Trauer anmerkten. Ich wollte nicht, dass Fremde mich ansprechen, nur weil sie Mitleid haben, weil ich so erbärmlich war. Ja, erbärmlich. Ich glaube das umschreibt es treffend. Ich fühlte mich erbärmlich.
 

Zuhause angekommen zog ich meine durchnässte Kleidung aus und stellte mich unter die Dusche, um wieder warm zu werden. Es tat gut, als das warme Wasser über meinen Rücken lief. Mein Körper fühlte sich fast entspannt, aber nicht mein Geist. Ich hatte so viele Gedanken im Kopf, die einfach nicht verschwinden wollten. Warum? Warum konnte ich ihn nicht einfach vergessen? Ich wusste so wenig über ihn aber dennoch waren meine Gefühle unheimlich intensiv. Ich wollte bei ihm sein, seine Nähe spüren, noch viel mehr über ihn erfahren und seinen Liedern zuhören. Es kam sogar der egoistische Wunsch in mir auf, dass er irgendwann mal ein Lied nur für mich singt. Ich verabscheute diese Gedanken, diese Sehnsüchte. Warum sollte er ausgerechnet bei mir sein wollen? Warum ausgerechnet für mich singen? Nur weil er einmal nett zu mir war? Was bildete ich mir eigentlich ein? Wahrscheinlich würde es gar nicht mehr lange dauern bis er vergisst, dass ich überhaupt existiere. Er hatte so viele Fans, so viele Menschen, die ihn lieben, die zu ihm aufsehen. Ich war nur eine von vielen. Eine unscheinbare Person unter vielen anderen. Ich hatte nicht das Recht, ihn für mich alleine zu wollen.... Ein stechender Schmerz machte sich in meiner Brust breit. Auch wenn ich diese Gedanken noch so sehr verabscheute, ich konnte sie nicht unterdrücken.
 

Diese Schmerzen begleiteten mich noch viele Tage. Egal wo ich hinging, egal was ich tat, sie waren mein ständiger Wegbegleiter. Lediglich seine Musik schaffte es, die Schmerzen ein wenig zu lindern. Aber sobald ich die Musik ausstellte und sich Stille breitmachte, waren sie wieder voll da.

Die einzige, die mein Leid bemerkte, war meine beste Freundin Ai. An einem morgen stand sie ganz plötzlich vor meiner Tür und wollte mit mir in den Vergnügungspark fahren. Sie sagte: „Ich werde dir heute ein nagelneues Lächeln auf dein Gesicht zaubern, wart's nur ab!“. Sie war immer so lieb zu mir. Ja, sie war wohl der Mensch, der mir am nächsten stand. Der einzige Mensch, der alles über mich wusste, der immer für mich da war. Ich hatte zwar keine große Lust auf einen Rummelbesuch, aber ich dachte mir, dass es immer noch besser war, als allein zuhause zu sitzen und krampfhaft zu versuchen, den Schmerz zu verdrängen. Eine Ablenkung würde mir bestimmt gut tun. Kaum hatten wir den Vergnügungspark betreten, stolperte ich und fiel gegen den Rücken meines Vordermannes. Der Mann drehte sich um. „Hey, so sieht man sich wieder!“, sagte er.

Ein Tag im Vergnügungspark

Ich wollte meinen Augen gar nicht trauen! Es war tatsächlich dieser unverschämte, schwarzhaarige Kerl aus dem Konzertsaal, der versucht hatte, sich an mich heranzumachen. Diesmal sah er allerdings ganz anders aus. Er hatte ganz normale Kleidung an und sah viel gepflegter aus, als bei unserer letzten Begegnung. Aber warum musste ich ausgerechnet ihn hier treffen? „Wer ist der Kerl? Kennst du ihn?“, flüsterte Ai mir zu. Mir war nicht gerade Begeisterung ins Gesicht geschrieben. Ich wollte versuchen, ihm aus dem Weg zu gehen und in eine andere Richtung zu laufen, aber er hielt mich am Arm fest und sagte: „Jetzt warte doch mal, ich möchte nur mit dir reden. Ich war beim letzten mal so ungehobelt und habe mich nicht einmal vorgestellt. Dies werde ich jetzt nachholen: ich heiße Akira Sorata und bin der Sänger der Newcomer-Band „Tsubasa“. Wir sind noch ziemlich neu und recht unbekannt, wahrscheinlich hast du deshalb noch nie etwas von mir gehört. Es freut mich, dich kennenzulernen, My Lady.“ Er schaute mir in die Augen, nahm meine Hand und gab mir einen Handkuss. „Kyaaaaaaaa~ ist der nicht cool, Minako?!“, rief Ai, die ganz aus dem Häuschen war. Sie war wohl sehr beeindruckt von diesem ungehobelten Kerl. Ich fand ihn nicht mal ansatzweise cool. In meinen Augen war er nichts weiter, als ein ungehobelter Möchtegern-Playboy. Ich wollte ihn einfach so schnell wie möglich loswerden. Ich wandte meinen Blick von ihm ab und versuchte, meinen Arm zu befreien, aber er hielt mich noch immer fest. Er schaute mich weiterhin intensiv an und sagte zu mir: „Ah, Minako heißt du also. Ein schöner Name für so eine hübsche junge Lady. Und welchen Namen trägt deine süße Begleitung?“ Er schaute interessiert zu Ai herüber. Diese wurde leicht rot, lächelte und sagte: „Mein Name ist Ai Sanada, freut mich sehr sie kennenzulernen Sorata-san!“. Sie verbeugte sich vor Akira. Ich stieß Ai mit meinem Ellenbogen leicht in die Seite und flüsterte ihr zu: „Ai-chan, es ist am besten, wenn du dich von diesem Kerl fernhältst und ihn gar nicht erst beachtest. Er ist nichts weiter als ein Playboy der es liebt, mit Herzen zu spielen!“. Aber Ai blieb von meinem Kommentar recht unbeeindruckt: „Ach was, so schlimm ist er doch gar nicht. Ich wurde noch nie so höflich von einem jungen Mann angesprochen. Hey, warum verbringen wir den Tag nicht zu dritt? Je mehr wir sind desto lustiger wird es?“. Oh nein. Sie hatte wieder ihre rosarote Brille auf, die ihr die Sicht auf die Realität vernebelte. Ai hatte leider die Angewohnheit, sich sehr schnell zu verlieben. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als eine Beziehung. Wenn sie sich einmal verliebte, begann sie, immer nur das positive ihres Schwarmes zu sehen. Sie dachte nicht einmal im Traum daran, dass dieser jemand auch Schattenseiten haben könnte. Sie war schon immer ein sehr naiver und leichtgläubiger Mensch. Durch diese Eigenschaften hatte sie uns schon oft in Schwierigkeiten gebracht und ich war diejenige, die die Suppe auslöffeln musste. Ai war mir sehr wichtig als Freundin und ich hatte sie sehr lieb, aber das war definitiv eine Eigenschaft, die mich erheblich an ihr störte. Akira schaute sie etwas verwundert an, nickte dann aber zustimmend. Na toll, da hatte Ai uns schon wieder in etwas hineingestürzt....
 

Nachdem es mir endlich gelungen war, meinen Arm aus Akiras festem Griff zu befreien, schlug ich vor, dass wir als erstes mit der Achterbahn fahren könnten. Dies war wegen der schnellen Fahrtgeschwindigkeit einer der wenigen Orte auf dem Rummelplatz, an dem Akira keine Chance hatte, uns zu nahe zu treten. Die ganze Zeit, in der er bei uns war, hatte ich ein unbehagliches Gefühl. Ai unterhielt sich immer sehr angeregt mit ihm und sie haben gemeinsam viel gelacht, aber so nett er auch zu sein scheint, mein Misstrauen war einfach zu groß, um ihm zu vertrauen. Er hatte schließlich versucht mich gegen meinen Willen zu küssen. Das war in meinen Augen unverzeihlich! Man sollte nur denjenigen küssen, den man von Herzen liebt. Niemand anderen. Vor allem der erste Kuss ist etwas ganz besonderes. Man sollte sich gut überlegen, von wem man ihn sich rauben lässt. Ich konnte Leute, die jeder beliebigen Person einen Kuss aufdrückten, einfach nicht verstehen. Ist ein Kuss in ihren Augen etwa nichts besonderes? Ist es für viele etwa nichts weiter als eine Freundschaftsgeste wie beispielsweise das Händeschütteln? Oder einfach nur eine Art, sich zu amüsieren? Was ist mit den Gefühlen, die ein Kuss verbindet? Mit dem Herzklopfen, was man nur in der Nähe der Person verspürt, die man liebt? Ich konnte einfach nicht verstehen, wie man so verantwortungslos mit den Gefühlen anderer umgehen konnte. Menschen, die so sind, mochte ich nicht. „Da schaut mal, ein Riesenrad! Lasst uns damit fahren, ja?“, rief Ai begeistert. Ich war noch nie zuvor mit einem Riesenrad gefahren. Ich hielt es immer für langweilig, aber Ai zur Liebe willigte ich ein. Schließlich konnte ich sie und Akria nicht einfach alleine fahren lassen. Wer weiß, was er mit ihr alleine in der Gondel anstellen würde... Die Warteschlange vor dem Riesenrad war nicht sehr lang, sodass wir sofort in eine freie Gondel einsteigen konnten. Ich setzte mich neben Ai und Akira saß uns gegenüber. Nach wenigen Minuten begann die Fahrt. Es ging immer höher und höher...und irgendwie...kam ich mit diesen Höhen nicht so ganz klar. Mir wurde schwindelig wenn ich nach unten schaute und meine Knie begannen zu zittern. Mir war vorher nie bewusst, dass ich Höhenangst hatte. Aber um ehrlich zu sein, hatte ich mich auch noch nie in so einer Höhe aufgehalten. Ich war noch nie mit einem Flugzeug geflogen und bei der Achterbahn habe ich die Höhen gar nicht so bemerkt, da die Bahn so schnell fuhr. Zum ersten Mal in meinem Leben bekam ich es im Bezug auf Höhe richtig mit der Panik zu tun. Ich versuchte, nicht mehr aus dem Fenster zu schauen. Doch wenn ich geradeaus blickte, schaute ich direkt auf Akira und das war mir auch unangenehm... Also kniff ich meine Augen zusammen und krallte mich mit meinen Händen an dem Sitz fest. Ich wollte einfach nur noch aus diesem Riesenrad aussteigen und wieder festen Boden unter meinen Füßen spüren. Plötzlich spürte ich eine warme Hand auf meiner rechten Hand. Ich dachte, dass es Ais Hand war und hielt mich an ihr fest. Diese Hand war so warm und dieses Gefühl beruhigte mich etwas. Doch als die Fahrt zu ende war und ich meine Augen öffnete, stand mir der Schrecken ins Gesicht geschrieben: die Hand gehörte nicht zu Ai, sondern zu Akira, der mich besorgt anschaute. „Ist wieder alles in Ordnung? Du hast dich so verkrampft und bist ganz blass geworden, da hab ich mir Sorgen gemacht...“, sagte er sanft. Was? Akira hatte sich Sorgen gemacht? So ein Rüpel wie Akira? War das ernst gemeint oder nur Schauspielerei um mich doch noch irgendwie rumzukriegen? Ich wusste es nicht. Ich spürte, dass ich beobachtet wurde. Als ich zur Seite schaute bemerkte ich, dass Ai mir eifersüchtige Blicke zuwarf. Sofort ließ ich Akiras Hand los und stieg aus der Gondel aus. Meine Beine waren immer noch etwas wackelig und ich sackte in die Knie. Was war nur los mit mir? Ich war immer noch ein bisschen wie gelähmt. Ohne etwas zu sagen nahm Akira mich auf den Arm und trug mich ein Stück zur Seite. „Hey! Lass mich los du Idiot! Ich kann selber laufen!“, schrie ich ihn an. Das ganze war einfach oberpeinlich. Alle Blicke waren auf Akira und mich gerichtet. Ich merkte, wie mein Gesicht knallrot anlief. Was fiel ihm nur ein? „Ich denk nicht daran dich loszulassen“, sagte er und streckte mir frech die Zunge raus, „Ich hab gesehen wie du laufen kannst, wenn ich dich gelassen hätte, hättest du den anderen Leuten im Weg rumgehockt“. Er lächelte mich schadenfroh an. Wo er recht hatte, hatte er recht. Ich war vorhin nicht in der Lage, mich zu bewegen. Dennoch hätte er mir sanfter helfen können. „Einfaches abstützen hätte auch gereicht, du hättest mich nicht direkt hochheben müssen! Außerdem ist Ai noch da, wir hätten das sehr gut ohne deine Hilfe geschafft!“, entgegnete ich ihm. „ok, ok, ich lass dich ja schon wieder runter“, sagte er und setzte mich sanft am Boden ab. Meine Beine haben sich mittlerweile wieder etwas beruhigt und ich war in der Lage, wieder normal zu laufen. Trotz allem war ich immer noch verwirrt. Warum war Akira so...fürsorglich? Das passte gar nicht zu ihm... zumindest nicht so, wie ich ihn kennengelernt hatte. War meine Sorge doch umsonst? Aber ich konnte einfach nicht vergessen, was er mir antun wollte... ich beschloss, ihn weiterhin im Auge zu behalten. Ich ließ Ai und Akira ein kleines Stück vor mir laufen, um Ai's Eifersucht entgegen zu wirken. Auch wenn es mir nicht gefiel, alleine zu laufen. So etwas ließ mich immer melancholisch werden... Plötzlich packte mich jemand von hinten, hielt mir den Mund zu und zog mich um die Ecke. Ich hatte das Gefühl, mein Herz könnte jeden Moment stehen bleiben. Ich war noch nie in meinem Leben so erschrocken! War es nun vorbei mit mir? Ich hatte Angst und versuchte, um mich zu schlagen und mich so zu befreien. „Psssss, keine Angst, ich bin's nur“, flüsterte mir eine vertraute Stimme ins Ohr...



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