Let Down von SeishiroSumeragi (Mike x Chester) ================================================================================ [oneshot] --------- Inzwischen wusste ich nicht einmal mehr, wie dieser dumme Streit eigentlich genau angefangen hatte. Welche Bemerkung diese alberne Diskussion zur Folge gehabt hatte. Jedenfalls gab schnell ein Wort das andere und schon prallten unsere Egos mit voller Wucht aufeinander. Das wäre ja eigentlich nichts Weltbewegendes – immerhin war es nicht das erste Mal, dass ich mich mit unserem Emcee in den Haaren hatte. Doch dieses Mal war es schlimmer… viel schlimmer. Wir waren letztlich – wie so oft, wenn ich ihn spontan besuchen kam – in seinem Homerecording Studio gelandet und experimentierten mal wieder ein bisschen mit neuen Ideen herum. Ich hatte vor einer Weile einen Song geschrieben und den wollte ich ihm jetzt präsentieren. Es hatte eine Überraschung sein sollen und endete in einem Desaster. Sein seltsamer Blick gefiel mir nicht, als er die Lyrics gelesen hatte und immer noch stumm auf den Zettel in seiner Hand starrte. Und irgendwie hatten wir uns deshalb dann gezofft. Letzten Endes zerriss ich den Zettel vor seinen Augen und warf ihm wütend an den Kopf, dass er sich keine Sorgen machen müsste; ich würde mich nie wieder ins Songwriting einmischen, wenn ihm eh nie passte, was ich schrieb. Mit diesen Worten ließ ich ihn stehen und rannte hinaus zu meinem Wagen. Zuhause angekommen ließ ich die Wohnungstür ins Schloss fallen, warf meine Sachen achtlos in eine Ecke und verzog mich in mein Arbeitszimmer. Es war bereits dunkel draußen und als ich vor dem Fenster stand, starrte mich mein Spiegelbild verletzt und enttäuscht an. Dieser verdammte Idiot! Er hatte nichts verstanden – gar nichts. Der Text, den ich geschrieben hatte… es war kein billiger Lovesong, der nur unsere weiblichen Fans zum Dahinschmelzen bringen sollte. Es sollte auch keine total softe Pop-Nummer werden, die nicht zu Linkin Park passte. Doch er hatte überhaupt nicht begriffen, was er da genau vor sich hatte… And the tears fall like rain Down my face again. Oh, the words you wouldn't say. And the games you played With my unfoolish heart. Oh, I should have known this from the start… Völlig verwirrt sah ich dem zierlichen Sänger hinterher, als dieser sich umdrehte und zur Tür rannte. Wenige Augenblicke später hörte ich zu erst die Haustür zufallen und schließlich Motorengeräusche, die sich sehr schnell entfernten. Im ersten Moment begriff ich nicht, was soeben geschehen war. Erst als wieder völlige Ruhe in meinem Studio eingekehrt war, drang das Geschehene zu mir durch; ich ließ es langsam vor meinem geistigen Auge Revue passieren. Chester hatte mir einen Songtext gegeben, den er wohl, wie er sagte, vor einer Weile geschrieben hatte. Doch der Text klang irgendwie… viel zu soft. Irgendwie seltsam. Total untypisch für Chester… und für Linkin Park – das war mein erster Gedanke. Und das sagte ich auch. Doch Chaz reagierte so empfindlich auf die Kritik, dass ich seine Reaktion nur mit einer hochgezogenen Augenbraue quittierte; auch das war ziemlich ungewöhnlich. Seit wann war er denn so reizbar? Eigentlich konnte er mit Kritik ganz gut umgehen. Wir gerieten zwar schon das ein oder andere Mal aneinander, doch normalerweise versöhnten wir uns schnell wieder. Wie das unter Freunden und Kollegen nun mal so läuft. Nur heute war dem offensichtlich nicht so, denn Chester bekam auch meine hochgezogene Augenbraue in den falschen Hals und so steigerte sich seine Wut nur. Von der Frage, ob alles in Ordnung sei, wollte er nichts wissen. Scheinbar fühlte er sich verarscht – dabei machte ich mir nur Sorgen um ihn. Aber wenn dein Gegenüber wütend ist, ist es schwer, zu beweisen, dass du wirklich nur besorgt bist… besonders wenn dein Gegenüber Chester Bennington heißt. Jedenfalls war ich dann doch vielleicht ein klein wenig genervt von ihm und schnell war klar, dass unser Streit keineswegs so leicht zu vergessen sein würde wie die bisherigen… Gut, so viel zum Geschehenen. Zurück zur Gegenwart. Ich stand immer noch völlig sprachlos mitten im Raum und schüttelte den Kopf über Chesters plötzlichen Abgang. Was war nur los mit ihm? In letzter Zeit benahm er sich immer häufiger irgendwie… nicht so wie sonst. Komisch eben. Seufzend sammelte ich die beiden Hälften des Zettels ein, den unser Sänger in seinem Zorn zerrissen hatte; eigentlich wollte ich sie gerade wegwerfen, doch ich hielt inne. Irgendwie brachte ich es nicht übers Herz. Traurig betrachtete ich die beiden getrennten Hälften und fügte sie wieder aneinander. Eine seltsame Melancholie überkam mich und schnell packte ich die beiden Teile in eine Schublade. Ich atmete tief durch und wandte mich ab. Das Gefühl, das bis eben von mir Besitz ergriffen hatte, ließ nach. Ich konnte es nicht beschreiben und noch viel weniger erklären, doch es hinterließ ein ungewohntes Ziehen in meinem Herzen. Wurde ich am Ende wegen eines zerrissenen Zettels sentimental? Ich strich mir durchs Haar und ging nach oben. Ein Bier – oder auch zwei – und ein guter Film würden mich mit Sicherheit ablenken… ~ In den kommenden Tagen hörte ich kein Wort von Mike und auch ich unternahm keinen Versuch, ihn zu erreichen. Stattdessen traf ich mich mit Freunden und verbrachte die Stunden, wenn ich nachts wach lag, mit dem Schreiben von Texten. Selbst wenn Mike sie niemals zu Gesicht bekommen würde. Es waren meine Texte. Nicht die von oder für Linkin Park. Irgendwann spielte ich einem Freund auf meiner Gitarre ein Stück vor, an dem ich immer noch arbeitete. Er war begeistert und es dauerte nicht lange, bis ich mich mit den Jungs von Linkin Park in Verbindung setzte, um ihnen mitzuteilen, dass ich für einige Zeit wegen eines Nebenprojektes ausfallen würde. Es überraschte sie zwar ein wenig, doch da auch Mike die Band schon einmal für eine Weile verlassen hatte, um sich Fort Minor zu widmen, störten sie sich nicht besonders daran. Zumindest alle bis auf einen… Mike schien nicht allzu begeistert, sagte jedoch nichts weiter dazu. Ich verstand ihn einfach nicht. Doch ich hatte auch nicht die Kraft, mich damit auseinanderzusetzen. Stattdessen kehrte ich ihm den Rücken und richtete meine gesamte Aufmerksamkeit auf Dead by Sunrise. Der Abstand tat mir gut – sogar besser, als ich es erwartet hätte. Und so verging die Zeit mit meiner neuen, vorübergehenden Band wie im Flug… Ohh, the winter and spring Going hand in hand. Just like my love and pain. How the thought of you cuts deep within the vein. Oh, this brand new skin stretched across scared terrain. Meine eigene Wut auf Chester verrauchte wie so oft schnell und ich begann, immer wieder darüber nachzudenken, was an jenem Abend passiert war. Was hatte ihn auf einmal so aufgebracht? Was war anders gewesen als sonst? Ich kannte weder die Antwort auf diese Fragen, noch wusste ich, wie ich ihm gegenüber treten sollte. Ich überlegte, ob ich ihn anrufen und mich entschuldigen sollte. Doch ich wusste ja nicht mal, wofür ich mich entschuldigen würde. Also ließ ich es bleiben. Eine Entschuldigung ist keine ehrliche Entschuldigung, wenn du nicht mal den Grund dafür kennst. Ihn zu fragen, was los sei und warum er sauer war, hatte schon einmal nur das Gegenteil bewirkt und abgesehen davon, ist es logisch, dass jemand, der wütend auf dich ist, dir nicht unbedingt um den Hals fällt, wenn du auch noch nach dem Grund fragst. In diesem Punkt konnte Chester so zickig sein wie eine Frau – ich würde den Grund also selbst herausfinden müssen. Eigentlich hatte ich vor, das Thema erst mal ein paar Tage auf sich beruhen zu lassen und mir darüber Gedanken zu machen, wenn das nächste Bandmeeting bevorstand. Dann würde mir sicher irgendwas einfallen – mit genügend Abstand zum Geschehenen würde mir meine Vernunft schon irgendeine Lösung präsentieren. Zudem würde ich beim Meeting Chester persönlich sehen und konnte vielleicht in Ruhe mit ihm sprechen. Das war momentan nämlich in Anbetracht der Lage, dass er wohl immer noch sauer war und sich auch nicht bei mir meldete, so gut wie unmöglich – wahrscheinlich wollte er mich gar nicht sehen. Doch irgendwie wuchs genau deshalb auch eine gewisse Sorge in mir. Anfangs leugnete ich sie konsequent, doch mit jedem Tag, der verstrich, an dem ich nichts von Chester hörte, nahm sie zu. Irgendwann dachte ich nur noch an unseren dummen Streit und konnte mich kaum auf etwas anderes konzentrieren. Selbst das Songwriting wollte einfach nicht funktionieren. Immer wieder kehrten meine Gedanken zu ihm zurück… und immer wieder warf ich entnervt den Stift hin und lehnte mich zurück. Verdammt noch mal! Wie sollte man sich da konzentrieren? Inzwischen hatte ich einfach nur noch den Wunsch, diesen unsinnigen Konflikt aus der Welt zu schaffen. Doch die Entscheidung, wie ich das am besten anstellen sollte, wurde mir überraschenderweise ausgerechnet von Chester selbst abgenommen. Allerdings auf eine Art, die mir gar nicht zusagte… Chester würde an einem eigenen Projekt arbeiten. Einer eigenen Band. Zumindest zeitweise würde er Linkin Park verlassen. Für Dead by Sunrise. ~ Die Songs für das Debütalbum „Out of Ashes“ gingen mir erstaunlich leicht von der Hand und das Touren mit der Truppe war einfach großartig – es ist eben ein ganz anderes Gefühl, wenn man sich neu beweisen muss, in Clubs und kleineren Hallen spielt und man quasi noch völlig neu ist. Oder zumindest unbekannt. Natürlich hat auch Linkin Park nicht anders angefangen, aber inzwischen kennt man die Jungs und mich auf der ganzen Welt. Dead by Sunrise ist gerade erst entstanden und genau dieses Gefühl ist einmalig. Während der ganzen Tour dachte ich kaum an irgendetwas anderes als an die bevorstehenden Gigs. Es war spannend, zu beobachten, wie alles seinen Lauf nahm – von Anfang an. Quasi ab der Geburtsstunde der Band. Und ich hatte meinen Spaß mit den Jungs von Dead by Sunrise. Mein früheres Leben, meine Vergangenheit vergas ich fast völlig – plötzlich waren da keine Probleme mehr, kein Leistungsdruck, nichts. Ich konnte einfach nur das Dasein als Musiker genießen… I don't want to be let down. I don't want to live my life again. Don't want to be lead down the same old road. So I don't want to be let down. I don't want to live my lies again. Don't want to be lead down the same old road… Als ich wieder zu Hause war und Chester wahrscheinlich schon wieder bei seinen neuen Bandkollegen, genehmigte ich mir erst mal einen Whisky. Die Ankündigung Chesters hatte einiges in mir aufgewirbelt und ich ahnte bereits, dass es noch schlimmer werden würde. Leider sollte ich recht behalten. In den Medien – besonderes natürlich in den Musiksendern und -zeitschriften – war dies eines der beliebtesten Themen. Es kursierten in kürzester Zeit wilde Gerüchte über das Projekt und Chesters Beweggründe. Oft sah ich das Gesicht des zierlichen Sängers über die Mattscheibe flimmern oder auf irgendwelchen Magazinen. Und je mehr Zeit verstrich, in der Chester weg blieb, desto mehr vermisste ich ihn. Auf einmal wurde mir schmerzlich bewusst, wie oft er mich eigentlich spontan besuchen kam und wie sehr das für mich zur Gewohnheit geworden war. Ich nahm mir vor, mit Chester zu reden, sobald er zurück war. Ob nun meine Schuld oder nicht – ich wollte diesen Streit aus der Welt schaffen, der eine unangenehme Distanz zwischen uns geschaffen hatte. Und ich wollte ihm danken. Dafür, dass er einfach immer da war. Eigentlich hätte ich das schon viel früher tun sollen. Immerhin sollte man es nie als selbstverständlich nehmen, so gute Freunde zu haben… ~ … Natürlich kannte ich dieses Gefühl auch bei Linkin Park, doch inzwischen gab es etwas, an das ich immer denken musste, wenn ich mit Mike und den anderen zusammen war. Es ließ mich schon seit Jahren nicht los und lässt mich nachts nicht schlafen. Es quält und verfolgt mich immer und immer wieder. Anfangs habe ich sogar darüber nachgedacht, mich von all dem zu befreien. Diesem unwiderstehlichen Drang einfach nachzugeben, der sich in so unterschiedlichen Formen gezeigt hat. Manchmal wäre ich am liebsten weggerannt – geflohen vor allem und jedem. Wäre bei Linkin Park ausgestiegen und hätte mich irgendwohin zurückgezogen, wo mich keiner kennt. Manchmal hätte ich meinem Leben am liebsten ein Ende bereitet – dann wäre dieses endlose Leid vorbei. Und manchmal… tja, manchmal hätte ich am liebsten einfach alles gestanden, hätte ihm alles gesagt. Mit offenen Augen ins Verderben sozusagen. Doch es hätte das Ende von Linkin Park bedeutet; da bin ich mir sicher. Er hätte es nicht gewollt und die anderen wahrscheinlich auch nicht. Und dann kam der Erfolg. Damit änderte sich alles. Jetzt konnte ich ihm das nicht mehr antun – ich konnte seinen Traum nicht zerstören, mit Linkin Park durchzustarten und genau diesen Traum zu leben. Also blieb ich stumm, trug meine Gefühle für ihn und das damit verbundene Leid all die Jahre mit mir herum… Doch inzwischen war ich mir nicht mehr sicher, ob es die richtige Entscheidung war. Vielleicht hätte ich es sofort beenden sollen. Vielleicht hätte ich den Mut haben sollen, es ihm offen und ehrlich zu gestehen. All those years down the drain. Love was not enough when you want everything What I gave to you and now the end must start. Oh, I should have listened to my heart. … Doch meine Gefühle fuhren scheinbar Achterbahn, denn langsam aber sicher konnte ich nicht mehr verleugnen, dass ich eine regelrechte Sehnsucht nach unserem Frontmann verspürte. Ich träumte von ihm und jedes Mal, wenn irgendetwas zum Thema Dead by Sunrise kam, schaltete ich den Fernseher ein. Obwohl ich wusste, dass es immer wieder leichte Stiche in meinem Herzen hinterlassen würde, ihn so ausgelassen lachen zu sehen, während er so weit weg von mir war wie nie zuvor. Und schließlich sah ich neben einem Interview auch das Video zu seinem Song „Let Down“. Gebannt starrte ich auf den Bildschirm und konnte meine Augen kaum von Chester abwenden. Nur ganz nebenbei bekam ich den Text mit, doch irgendetwas daran erregte dennoch meine Aufmerksamkeit. Es war dieses seltsame Gefühl, wenn man etwas sieht und sich an etwas anderes erinnert, aber nicht so recht weiß, was es ist. Tatsächlich dauerte es eine ganze Weile, bis ich darauf kam. Wie von der Tarantel gestochen, sprang ich auf und rannte ins Studio. Ich riss die Schublade auf und fügte die beiden Teile des Zettels zusammen, den Chester damals im Streit zerrissen hatte. Während ich mir den Text erneut durchlas, begann ein Verdacht in mir zu keimen. Schnell fuhr ich meinen Rechner hoch und suchte im Internet nach den Lyrics von „Let Down“. Tatsächlich waren die beiden Songs wie Yin und Yang. Sie ergänzten einander perfekt. Während „Let Down“ von den schmerzlichen Aspekten der Liebe handelte, war dieser Song quasi das genaue Gegenstück, was von all den Empfindungen erzählt, die man durchlebt, wenn man verliebt ist und doch… Es ist schwer zu beschreiben und wahrscheinlich am ehesten mit einer Geschichte zu vergleichen, die einmal von einem Optimisten erzählt wird, der die positiven Aspekte hervorhebt und einmal von einem Pessimisten, der die negativen Dinge betont. Langsam wanderte mein Blick vom Monitor zurück auf die Teile des Blattes vor mir und ich starrte auf die Handschrift Chesters. Jetzt war ich mir ziemlich sicher, den Grund dafür zu kennen, warum er damals so ausgerastet war. ~ Als ich schließlich nach Abschluss der Tour in meine Heimat zurückkehrte, erwartete ich im Grunde nichts, keine Veränderung. Mike wäre wahrscheinlich immer noch sauer oder würde zumindest nicht verstehen, warum ich es gewesen war. Und die anderen würden sich nach der Tour erkundigen. Doch so kam es nicht. Eigentlich hatten wir ein Bandmeeting geplant – eine Woche nachdem ich von der Tour mit Dead by Sunrise zurück war. Doch ich bekam noch am Tag meiner Rückkehr einen Anruf. Ich ging ans Telefon, ohne auf die Nummer zu achten, da ich gerade mit Auspacken und Aufräumen beschäftigt war. Zu meiner Überraschung war es Mike, der fragte, ob er stören würde. Ich verneinte und fragte, was denn so wichtig sei. Immerhin hätten wir uns in ein paar Tagen eh gesehen und ich war erst vor wenigen Stunden zurückgekehrt. Die Frage, ob er vorbeikommen könnte, überraschte mich noch mehr und langsam begann ich, mir Sorgen zu machen. War irgendwas in meiner Abwesenheit passiert, dass er am Telefon nicht darüber sprechen wollte? Trotz meiner Bedenken und dem Drang, sofort zu fragen, was denn los sei, willigte ich ein. Es dauert nicht lange, bis Mike da war. Ich öffnete die Tür und entschuldigte mich noch für das Chaos. Aber im Grunde war er ja selbst schuld – schließlich wusste er, dass ich noch nicht lange zu Hause war. Doch irgendwie kam mir der Emcee seltsam nervös und unruhig vor, während er eintrat. Wir gingen ins Wohnzimmer und setzten uns auf die Couch; eine unangenehme Stille breitete sich zwischen uns aus. Ich seufzte und fragte, was denn nun so wichtiges los sei. Er verhielt sich wirklich merkwürdig, gar nicht so wie ich es von Mike gewohnt war. Denn er antwortete nicht sofort und es schien ihm sichtlich schwer zu fallen, die richtigen Worte zu finden. Schließlich räusperte er sich und sah mich direkt an. Sein Unbehagen war offensichtlich. Doch solange er nicht mit der Sprache herausrückte, konnte ich ihm auch nicht helfen. „Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden… Es geht um unseren… Streit damals. Wegen dem Songtext… Weißt du noch?“ Ich nickte. Wie sollte ich den auch vergessen? Ich seufzte erneut – es war wohl besser, die Sache ein für alle mal zu beenden. „Es tut mir leid. Ich hab überreagiert. Aber an dem Abend war mir das einfach ein bisschen zu viel der Kritik, okay? Du magst es ja gewohnt sein, ständig an deinen Songtexten rumzukritteln und sie immer noch besser machen zu wollen. Aber ich hab eben gedacht, du würdest dich freuen. Und dann nichts als einen kritischen Blick und abwertende Worte zu kriegen, ist eben unschön.“ Scheinbar war es nicht die Reaktion, mit der er gerechnet hatte und auch nicht das, worauf er hinaus wollte. Denn Mike starrte mich erst ein wenig überrascht und dann verwirrt an. „Äh… eigentlich… wollte ich…“ Er hatte völlig den Faden verloren und strich sich durch die Haare. „Ich hol uns mal schnell, was zu trinken. Derweil kannst du dir überlegen, was du sagen wolltest, Mike.“ Ich stand auf und ging zur Tür, doch der Emcee hielt mich auf. Erst packte er mich am Handgelenk, dann umarmte er mich vorsichtig von hinten. Mein Körper versteifte sich automatisch, doch ich überspielte diese Tatsache, indem ich anfing zu lachen. „Was denn? Hast du mich so sehr vermisst, Mikey!?“ Eigentlich sollte es ein Scherz sein, um die Situation zu entschärfen – immerhin reagierte mein Körper gern gegen meinen Willen auf Mikes Anwesenheit. „Ja…“, murmelte der Halbjapaner dann jedoch leise und jagte mir damit einen angenehmen Schauer über den Rücken. Wenn er jetzt weitersprach, wäre es um meine Selbstbeherrschung geschehen. „Jeder Tag ohne dich war einer zu viel. Das ist mir klar geworden, während du weg warst… Ich habe mich lange gefragt, was ich falsch gemacht hab an dem Abend, als wir uns gestritten haben. Warum du so sauer warst…“ Verdammt! Am liebsten hätte ich ihn angeschrien, dass er aufhören soll. Doch mein Körper gehorchte mir schon lange nicht mehr. Das leise Flüstern von Mike direkt an meinem Ohr verursachte eine Gänsehaut und schaltete mein Denken voll-ständig aus. Wenn er doch nur aufhören würde, zu reden… „Also hab ich mir noch mal deinen Song durchgelesen. Und als ich dann auch noch das Video von 'Let Down' gesehen hab, ist es mir endlich klar geworden. Es tut mir so leid, Chaz. Ich wollte dich nie verletzen. Nicht so. Nicht auf diese Weise. Das ist etwas, das ich dir nie antun wollte. Und doch habe ich es in meiner Un-wissenheit getan. Bitte verzeih mir. Auch dafür, dass ich dir nie wirklich gedankt habe. Für alles, was du mir gibst. Für das Lachen, was du mir jeden Tag schenkst.“ Und als wären all diese süßen Worte nicht schon genug, spürte ich auf einmal seine weichen Lippen auf meiner Haut. Zärtlich küsste er meine Halsbeuge und überall, wo sein Mund meine Haut berührte, hinterließ er ein verheißungsvolles Kribbeln. Ein Schauer nach dem anderen jagte mir über den Rücken. Ich konnte mich indes nicht bewegen, geschweige denn sprechen oder gar klar denken. Doch Mike schien noch lange nicht fertig mit mir zu sein, denn er drehte mich zu sich um und keine Sekunde später lagen seine Lippen auf den meinen. Weich und warm, so wie ich sie mir immer erträumt hatte. Ich schmiegte mich eng an den Körper des Größeren und schloss die Augen. Fast schon automatisch klammerte ich mich an sein Shirt und hielt mich an ihm fest. Eine Hand legte sich in meinen Nacken, dann spürte ich die Zunge des Emcees auf meinen Lippen. Ich öffnete den Mund, ohne zu zögern und aus dem anfangs zärtlichen, fast vorsichtigen Kuss wurde ein leidenschaftliches, feuriges Spiel unserer Zungen. Ich gab mich voll und ganz diesem unglaublichen Gefühl hin und hatte fast das Gefühl, meine Beine würden nachgeben, weil ich in diesem Moment einfach nur glücklich war. So glücklich, wie ein Mensch nur sein konnte. „Ich liebe dich, Chazy.“, hauchte Mike, als wir fast ein wenig widerwillig den Kuss beendeten. Seine Stimme war sanft, doch seine Augen verrieten sein unbändiges Verlangen. „Ich dich auch… Lass uns ins Schlafzimmer gehen…“, murmelte ich mit einem leichten Rotschimmer auf der Nase. Denn auch mir merkte man nicht nur am Blick meine Lust an… „You're such a cutie, my little Chazy Chaz.“ 'Cause I don't want to be let down. I don't want to live my life again. Don't want to be lead down the same old road. So I don't want to be let down. I don't want to live my lies again. Don't want to be lead down the same old road… Ohh... I don't want to be let down. I don't want to live my life again. Don't want to be lead down the same old road. So I don't want to be let down. I don't want to live my lies again. Don't want to be lead down the same old road… Die Tage bis zu Chesters Rückkehr waren die Hölle für mich. Ständig lief ich unruhig im Zimmer auf und ab, wie ein Tiger im Käfig. Ich wollte endlich Gewissheit, doch musste ich warten, bis Chester wieder da war. Auf Tour hatte er genug Stress, dazu der Zeitunterschied, die Kosten für Auslandsgespräche… und nicht zu vergessen: sowas macht man nun wirklich nicht am Telefon. Als es dann endlich soweit war, fühlte ich mich wie ein pubertierender Jugendlicher, der zum ersten Mal im Leben jemandem die Liebe gestehen will und es dann auch noch der Schwarm aller ist… oder so. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, meine Eingeweide hätten sich irgendwie verknotet. Ich war so nervös, wie lange nicht mehr. Eigentlich hatte ich bis morgen warten wollen, damit Chester erst mal ganz in Ruhe ankommen konnte und doch konnte ich dem Drang, ihn anzurufen, nicht widerstehen. Aber letztlich konnte ich schlecht fragen, wie die Tour gelaufen war und so tun, als sei sonst nichts. Also fragte ich vorsichtig, ob ich vorbeikommen könnte. Obwohl ich Angst vor der Antwort hatte und mir, ehrlich gesagt, fast wünschte, er würde verneinen, sagte er zu – etwas irritiert, wie ich deutlich hören konnte. Im ersten Moment stand ich wie angewurzelt mit dem Telefon in der Hand da und konnte mich nicht rühren. Sollte ich mich freuen? Eigentlich schon, doch theoretisch wäre es mir lieber gewesen, wenn ich noch etwas mehr Zeit gehabt hätte, mich auf dieses Gespräch vorzubereiten. Aber was musste ich auch unbedingt sofort anrufen? Selbst Schuld, Herr Shinoda. Nun steh zu dem, was du gesagt hast. Immerhin siehst du Chester wieder! Und allein dieser Gedanke ließ mein Herz schneller schlagen – es war wie ein Adrenalin-Kick. Auf einmal konnte ich gar nicht schnell genug bei ihm sein. Erst als ich vor seiner Haustür stand, war ich wieder so nervös wie zuvor. Ich musste wohl das reinste Nervenbündel sein… Aber nun war ich hier, jetzt musste ich das auch durchziehen! Nachdem ich geklingelt hatte, öffnete Chester fast sofort die Tür; wahrscheinlich hatte er mich schon gehört. Es war mir unendlich peinlich, dass ich derart nervös war – zumal es wahrscheinlich schwer zu übersehen war. Was Chester jetzt wohl von mir dachte? Als wir dann im Wohnzimmer auf der Couch saßen, war mein Kopf vollkommen leer. Ich wusste einfach nicht, wo ich anfangen sollte. Also räusperte ich mich und sprach ihn auf den Streit an. Seine Antwort war für mich fast wie ein Schock. Hatte ich mich vielleicht geirrt? Hatte ich viel zu viel in sein Verhalten und seine Texte hineininterpretiert? Wenn ja, dann… Daran wollte ich gar nicht denken. Doch unabhängig davon, ob ich nun etwas sah, was gar nicht vorhanden war oder nicht – meine Gefühle würden sich jetzt, da ich endlich begriffen hatte, warum Chester mir immer so wichtig war, wohl kaum ändern. Und ich musste mit ihm darüber reden. Immerhin hatte er ein Recht, es zu erfahren und ich konnte schlecht behaupten, dass ich nur wegen der Entschuldigung hier war. Denn wenn es um Chester und meine Gefühle ging, war ich kein besonders guter Lügner. Doch über die Reaktion Chesters konnte ich mir später Gedanken machen, denn jetzt musste erst mal eine Antwort her. Allerdings hatte ich keine Ahnung, was ich sagen sollte und so stammelte ich nur relativ zusammenhanglos ein paar Worte. Doch als Chester aufstehen und uns was zu trinken holen wollte, reagierte mein Körper ganz von allein. Ich wollte nicht, dass er jetzt ging. Wollte nicht schon wieder von ihm getrennt sein. Auch wenn er nur kurz in der Küche wäre. Ich wollte ihm doch einfach nur sagen, was ich empfand. Konnte das so schwer sein? Ja, konnte es. Besonders wenn man einfach nicht anders kann, als den anderen zu umarmen, um ihn ganz nah bei sich zu spüren. Doch das wiederum hatte die positive Konsequenz, dass der zierliche Sänger unbeabsichtigt eine Frage stellte, die dafür sorgte, dass ich quasi einen Anfang hatte. Ich brauchte seine Frage nur zu beantworten und wie von selbst formten sich die Worte in meinem Kopf. Ich flüsterte ihm einfach alles ins Ohr, was mir gerade in den Sinn kam, ohne darüber nachzudenken. Hätte er es nicht gewollt, so hätte er sich ohne Probleme losreißen können. Doch er tat es nicht. Und das nahm ich als stumme Bestätigung meiner Vermutung. Ich hauchte sanfte Küsse auf seine zarte Haut, nur um ihn dann zu mir zu drehen und endlich das zu tun, was ich mir so sehnlichst gewünscht hatte. Der Kuss wurde schnell verlangender, feuriger und ich spürte, wie sehr sich Chester in dem Zungenspiel verlor. In mir tobte ein Orkan von Gefühlen – Liebe, Verlangen, Leidenschaft, … keine Zweifel, keine Wut. Nur pures Glück. Und das fasste ich nach dem Kuss in den wunderschönsten Worten zusammen, die ich je ausgesprochen hatte. „Ich liebe dich, Chazy.“ Seine Antwort war mehr, als ich mir je erhofft hatte… und unendlich süß – und dass ihm scheinbar gar nicht bewusst war, wie niedlich er aussah, wenn er errötete, machte die Sache noch besser. „You're such a cutie, my little Chazy Chaz.“ ~ THE END ~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)