Außer Kontrolle von abgemeldet (NaLu) ================================================================================ Kapitel 1: Lucys Schicksal -------------------------- Kapitel 1: Lucys Schicksal Mit großen Augen starrte ich den Mann an, der vor mir hinter seinem Schreibtisch saß und gerade einfach so, ohne mit der Wimper zu zucken, über mein Schicksal entschieden hatte. „A-aber… Vater!“, stieß ich aus und ballte meine Hände zu Fäusten. Ja, er war mein Vater, auch wenn ich froh wäre, wenn es nicht so wäre. Er war ein Monster! Grausam, egoistisch und hundsgemein. Er hatte sich schon so Vieles erlaubt und hatte sich in mein Leben eingemischt, als wäre es sein eigenes. Aber dieses Mal war er entschieden zu weit gegangen. „Widerspreche mir nicht, Lucy! Das ist beschlossene Sache! Wenn du achtzehn bist, wirst du Kamui von der Familie Forlence heiraten, das war schon ausgemacht, da warst du noch in den Windeln! Und jetzt trete mir aus den Augen, ich habe noch zu tun!“, herrschte mein sogenannter Vater mich an und mir traten Tränen in die Augen. Das war so gemein! Ich wollte selbst entscheiden, wen ich heiraten würde und nicht nach Vaters Pfeife tanzen! „Nein! Ich werde ihn nicht heiraten! Nie! Nie, hörst du?! Ich gehöre zu Natsu! Ihn Werde ich eines Tages heiraten, sonst niemand!“, fauchte ich und mein Vater sah mich irritiert an. „Wer ist Natsu?“, wollte er wissen und ich stutzte. Hatte ich eben wirklich Natsu erwähnt? Was hatte er in diesem Gespräch zu suchen? Wieso hatte ich so etwas überhaupt gesagt? „Ich… ähm…“, stotterte ich, doch mein Vater hob seine Hand und sah mich eindringlich an. „Du scheinst, ohne meiner Erlaubnis, aus der Villa gegangen zu sein. Ich habe dir verboten in das Dorf zu gehen, aber da du anscheinend meine Befehle missachtest, werde ich dich in dein Zimmer einschließen, bis du aus deinen Sünden gelernt hast!“, polterte er und ich sah ihn mit geweiteten Augen an. Das würde er doch nicht ernst meinen, oder? „Wegtreten!“ Ich ließ meinen Kopf hängen und nickte leicht. Ja, das war mein Vater. Manchmal fragte ich mich echt, ob ihm bewusst war, dass ich seine Tochter war. Er behandelte mich so mies! „Alles was du willst, Vater…“, nuschelte ich und ich trat mit Tränen in den Augen aus seinem Zimmer. Damals war ich gerade zwölf Jahre alt… *~* Blinzelnd schlug ich meine Augen auf und kniff sie gleich wieder zusammen, als die Sonnenstrahlen mich blendeten. Als ich mich an die Helligkeit gewöhnt hatte, öffnete ich sie wieder und blickte mich irritiert um. Wo war ich? Und wieso lag ich auf dem Boden? Wieder sah ich mich um und so langsam erinnerte ich mich daran, was passiert war. Natsu und ich hatten eine gemeinsame Mission und waren heute wieder zurückgekommen. Eigentlich wollte ich direkt zur Gilde, um Mirajane zu sagen, dass wir die Mission bestanden hatten, doch Natsu war auf einmal auf einer Wiese zusammengebrochen und war daraufhin eingeschlafen. Ich hatte es ihm nicht übel genommen, da er sich sehr verausgabt hatte, um den schmierigen Typen, der Frauen als Geiseln genommen hatte, zu besiegen und ich hatte mich daraufhin neben ihn auf die Wiese gelegt, um mich ebenfalls etwas auszuruhen. Ich hatte aber auch echt gut geschlafen, ich hatte gar nicht gewusst, dass eine Wiese so kuschelig sein konnte. Wenn ich ehrlich war, wollte ich gar nicht mehr aufstehen, aber die Pflicht rief und wir mussten zurück zum Haus von Fairy Tail. „Oh, bitte, Lucy! Ich will doch nur eine Keule! Jetzt gib sie schon her!“, ertönte plötzlich eine Stimme ganz nah an meinem Ohr und ich fuhr erschrocken hoch. Ich brauchte bestimmt eine Minute, um zu realisieren, was genau passiert war. Nun wusste ich, wieso ich es so gemütlich hatte. Ich hatte Natsu als mein Kissen benutzt! Ahhh, nein! Oh mein Gott! Hoffentlich hatte das niemand gesehen! Wie von der Tarantel gestochen, sprang ich auf meine Füße, schlug meine Hände gegen meine Wangen und schrie in einer schrillen Tonlage. „Lucy! Ist was passiert?!“, rief Natsu daraufhin, der durch meinen Schrei wach geworden war und eine Sekunde auf seinen Füßen stand. Hecktisch sah sich der Dragon Slayer um, doch er konnte niemand entdecken, der dafür verantwortlich sein könnte, dass ich so geschrien hatte. „D-d-das war n-nicht so, wie es a-ausgesehen hat!“, schrie ich hysterisch und rannte vor ihm auf und ab. „Lucy, geht es dir gut?“, wollte Natsu wissen, der überhaupt nicht checkte, was mit mir los war und legte seinen Kopf etwas schief. „Das ist alles deine Schuld!“, schrie ich und funkelte ihn bitterböse an. „Aber ich…“ „Natsu! Es-ist-deine-Schuld!“, wiederholte ich und um mich herum fing die Luft an zu flirren. Natsu spürte die Gefahr, die gerade von mir ausging und er machte sich deutlich kleiner. „O-okay, es ist meine Schuld!“, sagte er schnell und ich beruhigte mich langsam wieder. Uff, das war vielleicht wieder eine Aufregung… Wieso passierte mir das immer nur bei Natsu? Ich geriet immer in so peinliche Situationen, kein Wunder, dass die anderen von Fairy Tail munkelten, dass zwischen uns etwas laufen würde. Aber das war Schwachsinn! Natsu und ich waren nur Freunde! Wirklich! „Komm, gehen wir nach Hause! Die anderen warten schon auf uns!“, schlug Natsu vor und schnappte sich sein Gepäck. Ich nickte lächelnd und hob meine Tasche auf, die neben mir gestanden hatte. Ich freute mich echt, meine Freunde wieder zu sehen. Vor allem Mira, Levy und Erza. Ach, ich hatte eigentlich alle lieb gewonnen. Fairy Tail war mein neues Zuhause geworden und ich war einfach nur glücklich, dass ich dazugehören durfte. *~* „Oh, da seid ihr ja wieder!“, wurden wir gleich von Mira begrüßt, die hinter der Bar stand und gerade ein paar Gläser mit Bier auffüllte und wandte sich zu uns um. „Wie lief die Mission?“ „Na ja, bis auf die Tatsache, dass Natsu wieder dermaßen übertrieben und fast das halbe Dorf niedergebrannt hat, ist alles perfekt gelaufen“, erzählte ich und Mira musste anfangen zu kichern. „Ja, das ist Natsu“, bestätigte sie und sie brachte die aufgefüllten Gläser zu den Personen herüber, die das Getränk bestellt hatten. „Natsu ist eben zu blöd, um eine Mission ordnungsgemäß abzuschließen!“, meldete sich Gray zu Wort, der in der Nähe saß und warf Natsu einen provozierenden Blick zu. „Was hast du gesagt, du Perversling?!“, fauchte Natsu und baute sich vor seinem Erzrivalen auf, der auf einmal nur noch in Boxershorts dasaß. Kopfschüttelnd wandte ich mich von dem streitenden Duo ab und wartete auf Mira, die wieder auf mich zukam. „Ich glaube, sie lernen es nie…“, maulte ich, als ein Glas über meinen Kopf hinwegflog und hinter Mira an der Wand zerbrach. Ich brauchte gar nicht nach hinten zu schauen, um zu überprüfen, von wem das Glas stammte. Natsu und Gray hatten sich mal wieder in eine Schlägerei verwickelt, die drohte, auszuarten. „Hier gibt es keine Kämpfe!“, brüllte Erza, die wie aus dem Nichts aufgetaucht war und schlug Natsu und Gray zu Boden. Es war wie immer. Gray und Natsu provozierten sich gegenseitig und Erza brachte sie wieder zur Vernunft. Ich wunderte mich, dass sie es nicht langsam leid wurden. „Ach, Lucy“, holte Mira mich aus meinen Gedanken und ich sah sie neugierig an, „was wirst du eigentlich tun?“ Verwundert blickte ich sie an und blinzelte ein paar Mal mit meinen Augen. „Was meinst du?“ „Na, du hast doch bald Geburtstag!“, erinnerte sie mich daran und lächelte mir freudig zu. Doch ich erwiderte das Lächeln nicht. Mir wurde es auf einmal speiübel und mein Blick wirkte abwesend. Ich wünschte, Mira hätte mich nicht daran erinnert. Sofort glitten meine Gedanken zu dem Traum, den ich vorhin gehabt hatte, als ich schlief und mein Magen drehte sich um. „Lucy? Ist alles in Ordnung?“, wollte Mira wissen, die auf einmal richtig besorgt klang und ich nickte benommen mit meinem Kopf. Nein, nichts war in Ordnung! Überhaupt nichts! Ich merkte nicht einmal, wie sich meine Augen mit Tränen füllten, es war so, als wäre ich in einer anderen Welt. Plötzlich wurde es mir kalt und ich schlang mir meine Arme um meinen Oberkörper. Ich wollte daran nicht denken, ich hatte es verdrängt, doch ich wusste, dass es für mich keinen Ausweg gab. In einer Woche hatte mein Vater gewonnen. In einer Woche würde er seinen Willen haben und niemand konnte mich davor schützen. Nicht einmal Natsu… In einer Woche war mein achtzehnter Geburtstag! Kapitel 2: Nächtlicher Besucher ------------------------------- Kapitel 2: Nächtlicher Besucher Mittlerweile hatte sich die Lage im Gildenhaus beruhigt und es kehrte ganz allmählich Stille ein. Doch in meinem Innern war es alles andere als ruhig. Ich war total aufgewühlt und ich starrte mit leblosen Augen vor mich hin. Mira versuchte die ganze Zeit auf mich einzureden, doch ihre Stimme erreichte mich kaum. Die Angst vor meinem achtzehnten Geburtstag schnürte mir die Kehle zu, die daraufhin anfing zu brennen. Wieso? Wieso musste mich mein Vater in solch ein Unglück stürzen? Ich wollte nicht heiraten! Ich wollte nicht von hier weg! Ich konnte mir einen Tag ohne Fairy Tail nicht mehr vorstellen! Was wäre ich ohne Fairy Tail? Und ohne Natsu…? „Hey, hey! Was ziehst du denn für ein Gesicht, Lucy?“, drang auf einmal Natsus Stimme an mein Ohr und es legte sich etwas Schweres auf meine Schultern. Eine wohlige Wärme breitete sich in mir aus und ich kehrte in die wirkliche Welt zurück. „Natsu?“, murmelte ich etwas abwesend und sah zu ihm hoch. Mein bester Freund stand neben mir und hatte seinen Arm um meine Schulter gelegt. Dabei grinste er mich auf seine typische Weise an, wodurch ich für eine kurze Zeit meine Sorgen vergaß. Das war immer so. Wenn ich in Natsus Augen blickte und er mich so angrinste, war ich glücklich. Auf meine Lippen schlich sich ein kleines Lächeln und ich legte unbewusst meine Hand auf seine, die auf meiner Schulter ruhte. Dabei sahen wir uns lange in die Augen, ohne etwas zu sagen. Es war einfach magisch, ich konnte einfach nicht wegsehen, als hätte ich Angst, dass es das Letzte Mal war, dass ich ihn so ansehen konnte. Wir waren beide so sehr von uns selbst abgelenkt, dass wir gar nicht bemerkten, wie die anderen im Raum uns mit einem wissenden Grinsen beobachteten. Mira stützte ihr Kinn auf ihre Hände ab und seufzte verträumt. „Wie romantisch…“, schwärmte sie und kicherte leise vor sich hin. „Natsu!“ Erschrocken fuhren wir auseinander, als jemand Natsus Namen rief und wir blickten in die Richtung, aus der die Stimme kam. Wir brauchten nicht lange zu suchen, da hatten wir schon den Störenfried entdeckt. „Happy!“, rief Natsu erfreut und hüpfte von einem Bein auf das andere. „Natsu!“, antwortete die blaue Katze, die ihre Flügel ausgebreitet hatte und auf den Dragon Slayer zuflog, welcher gerade los gerannt war. „Happy!“ „Natsu!“ „Happy!“ „Natsuuu!“ „Haaappy!“ Etwas verstört sah ich den beiden zu, wie sie freudig aufeinander zukamen, wobei bei mir gerade die Fantasie durchging. Der Raum verschwand vor meinen Augen und eine Blumenwiese erschien an der Stelle. Natsu und Happy rannten wie in Zeitlupe aufeinander zu und breiteten ihre Arme aus. Dabei riefen sie in schrecklich tiefer Stimme ihre Namen und vergossen Tränen, die ebenfalls wie in Zeitlupe durch die Luft flogen. Um dieses Bild aus meinem Kopf zu verdrängen, schüttelte ich ihn schnell und trommelte meine Fäuste dagegen. Was mussten die beiden auch so kitschig sein?! „Du bist da, Happy!“, hörte ich Natsu gerade sagen und ich blickte zu den beiden herüber, die sich gerade herzlich umarmten. „Aye!“, quietschte die Katze vergnügt und schmiegte sich an Natsus Brust. Auch wenn die zwei eben deutlich übertrieben hatten, musste ich leise lachen. Sie waren solche Kindsköpfe! Und ich war richtig erleichtert, Happy in Bestform zu sehen. Er musste bei unserer neuen Mission zuhause bleiben, weil er sich von der vorigen Mission schwere Verletzungen zugezogen hatte. Natsu hatte sich die ganze Zeit große Sorgen um ihn gemacht, deswegen konnte ich es auch irgendwie verstehen, wieso er gerade so glücklich war. Ich seufzte etwas und erhob mich von meinem Stuhl. Wenigstens konnten Natsu und Happy glücklich sein, da wollte ich sie nicht mit meiner miesen Laune herunterziehen. „Lucy?“, fragte Mira, als sie bemerkte, dass ich aufgestanden war und ich setzte ein gezwungenes Lächeln auf. „Keine Sorge, Mirajane, mir geht es gut!“, schwindelte ich, lächelte nochmal, ehe ich mich von der Bar entfernte. Als ich an Natsu und Happy vorbeiging, schaute ich herunter auf meine Füße und steuerte auf die Tür zu. Aus irgendeinem Grund konnte ich Natsu gerade nicht ansehen. Vielleicht, weil ich wusste, dass ich ihn in einer Woche für immer verloren hatte… „Lucy!“, rief er mir verwirrt hinterher, als er bemerkte, dass ich gerade an ihm vorbeiging, doch ich reagierte nicht und verließ das Gildenhaus. *~* Schweigend saß ich auf der Mauer einer Brücke und ließ meine Beine in der Luft baumeln. Neben mir stand Plue, der mich zitternd beobachtete und dabei besorgte Geräusche von sich gab. „Plue?“, fragte er gerade und ich kniff meine Augen zusammen. Argh, verdammt! Warum geriet immer ich in solche aussichtslose Situationen?! Wieso konnte ich nicht einfach selbst mein Leben in die Hand nehmen und glücklich sein? „Ach, Plue… Was soll ich nur machen?“, fragte ich ihn und öffnete wieder meine Augen. Dabei sah ich traurig auf das Wasser unter mir und seufzte etwas. Mir musste schleunigst etwas einfallen, bevor mein Vater mich von hier wegholte. Aber was konnte ich schon ausrichten? Die anderen wussten nichts davon und ich brachte es einfach nicht übers Herz, ihnen meine Lage zu schildern. „Lucy, da bist du!“, ertönte weiter hinten Natsus Stimme, die in mir ein unerwartetes Kribbeln auslöste. „N-Natsu!“, rief ich ertappt und sprang auf meine Füße. Dabei vergaß ich, dass ich mich auf der schmalen Mauer befand und verlor mein Gleichgewicht. „Uuuah!“, rief ich und drohte nach hinten zu kippen. Plue rannte panisch hin und her und versuchte irgendwie zu helfen, doch da war es schon zu spät. „Natsu!“ Quietschend kniff ich meine Augen zusammen und rechnete jeden Augenblick damit, dass ich ins Wasser fiel, doch dies blieb aus. Als ich mich nach ein paar Sekunden immer noch nicht im Wasser befand, öffnete ich meine Augen einen kleinen Spalt und blickte an mir herunter. „Hiyaa!“, schrie ich, als ich bemerkte, dass meine Füße nur noch ein paar Zentimeter von dem Wasser entfernt waren und ich ruderte wild mit meinen Armen. „Zieh mich hoch, zieh mich hoch!“ „Aye, aber wackel doch nicht so!“, jammerte Happy, der seinen Schwanz um meinen Oberkörper gewickelt hatte und mich mit sich in die Höhe zog. „Willst du damit sagen, dass ich schwer bin?!“, fauchte ich und ich wackelte umso heftiger. „Ich habe mindestens fünf Kilo abgenommen, weil Natsu, Gray und du alles wegessen, was ich in meinem Kühlschrank habe! Ihr gemeinen Diebe!“ „Lucy…!“ Happy klang total verzweifelt und sein Schwanz lockerte sich allmählich um meinen Körper. „Wehe du lässt mich los, Happy! Dann nehm ich dir all deine Fischrationen weg!“, drohte ich ihm und fuchtelte mit meiner Faust in der Luft herum. „Lucy, ich kann nicht mehr!“, beklagte Happy sich und einen Augenblick später stürzte ich in die Tiefe. „Haaaappy!“, brüllte ich, ehe mich das kalte Wasser verschluckte. „Oh je, tut mir leid!“, jammerte die blaue Katze und flatterte unbeholfen in der Luft. Natsu, der alles von der Brücke aus verfolgt hatte, legte seinen Kopf in den Nacken und lachte lauthals auf. Missmutig tauchte ich auf und grummelte vor mich hin. Solche Blödmänner! Wieso musste ich ausgerechnet mit ihnen ein Team bilden?! „Lucy, es tut mir wirklich leid“, entschuldigte Happy sich bei mir und fischte mich aus dem kalten Nass. Aber anstatt ihm zu antworten, schmollte ich nur vor mich hin. Als ich endlich festen Boden unter meinen Füßen hatte, blickte ich Natsu wütend an, der sich vor Lachen auf dem Boden kugelte. „Hör auf zu lachen, Dummkopf! Das ist nur wegen dir passiert!“, fauchte ich und Natsu erhob sich langsam. Dabei zitterten seine Schultern vor unterdrücktem Lachen, was die Sache nicht verbesserte. „Ich habe gesagt, du sollst…“, gerade, als ich ihn anfauchen wollte, hatte ich auf einmal das merkwürdige Gefühl, beobachtet zu werden und ich stoppte meine Schimpftriade. Verwundert drehte ich mich um und suchte die Gegend ab, doch ich konnte niemand entdecken, der verdächtig aussah. „Lucy, alles in Ordnung?“, wollte Natsu wissen, der auf einmal richtig ernst klang und ich nickte leicht. Ich war mir nicht sicher, ob alles in Ordnung war, aber ich wollte ihn nicht unnötig beunruhigen. Natsu machte sich immer viel zu schnell Sorgen um mich, was ich auf der einen Seite echt süß fand, aber manchmal nervte es auch. Dann folgte er mir Schritt und Tritt überall hin und ließ mich nicht aus den Augen. Und gerade jetzt wollte ich das nicht. Ich wollte etwas alleine sein, um mit meiner baldigen Situation fertig zu werden. „J-ja, alles in Ordnung!“, schwindelte ich und setzte ein gespieltes Grinsen auf. Natsu musterte mich misstrauisch, doch er ließ sich von meinem Grinsen täuschen und entspannte sich langsam. „Dann ist ja gut! Gehen wir zu dir, ich habe Hunger!“, beschloss er und lief mit einem vorfreudigen Grinsen voraus. Happy wackelte mit seinen Ohren, als er registrierte, dass Natsu vorhatte, meinen Kühlschrank zu plündern und flog ihm schnell hinterher. „Aye, hoffentlich gibt es Fisch!“ „Hallo?! Werd ich auch mal gefragt?!“, rief ich ihnen hinterher, doch die beiden taten so, als würden sie mich nicht hören. Unglaublich! Einfach nur unglaublich! Wütend stapfte ich ihnen hinterher und fluchte vor mich hin. Vielleicht war es doch gut, dass ich in einer Woche von hier verschwinden würde! *~* Total erschöpft ließ ich mich in meinem Bett nach hinten fallen und versank mit einem zufriedenen Seufzen in meinem Kissen. Was für ein anstrengender Tag! Nicht nur, dass Natsu und Happy sich an meinem Kühlschrank bedient hatten, als wären sie hier zuhause, waren auch noch Gray und Erza hier gewesen, die es sich hier gemütlich gemacht hatten. Manchmal fragte ich mich, ob sie kein Zuhause hatten, aber da sie meine Freunde waren, wollte ich nicht so sein. Insgeheim freute es mich ja, dass sie sich bei mir so wohl fühlten und ihre Anwesenheit hatte meine Probleme etwas in den Hintergrund geschoben. Natürlich hatte ich ihnen nichts davon erzählt, auch wenn es mir sicherlich gut tun würde, wenn ich mich ihnen gegenüber öffnete. Aber ich schaffte es einfach nicht! Müde schloss ich meine Augen und zwang mich zur Ruhe. Aber es war nicht so einfach, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war einfach zu viel, was mich beschäftigte, um jetzt einfach einschlafen zu können… Ich wollte gerade den Schlüssel holen, der das Portal von Plue öffnete, um etwas zum Knuddeln zu haben, als ich ein verdächtigtes Geräusch aus einem anderen Raum hörte und sofort inne hielt. Erschrocken machte ich eine viel zu schnelle Bewegung und segelte unglücklich aus dem Bett. Als ich mich mit schmerzverzerrtem Gesicht aufsetzte, sah ich, dass meine Schlafzimmertür offen stand und ein Schatten an mir vorbei rannte. Panisch riss ich meine Augen auf und schrie so laut ich konnte. Doch ehe ich mich zusammenreißen konnte und nach meinen Schlüsseln griff, riss derjenige das Fenster auf und flüchtete in die Dunkelheit. Wie vom Donner gerührt blieb ich am Boden sitzen und starrte mit halb geöffnetem Mund zum Fenster herüber, aus dem der Einbrecher eben geflüchtet war. Was zur Hölle war gerade passiert?! Kapitel 3: Bittere Tränen ------------------------- Kapitel 3: Bittere Tränen Deprimiert hatte ich meinen Kopf seitlich auf die Bar gelegt und seufzte gequält vor mich hin. Wie lange ich schon so hier saß, wusste ich nicht, aber mir war klar, dass mich schon einige besorgt beobachteten, was mir im Moment jedoch herzlich egal war. Unter meinen Augen zeichneten sich deutliche Augenringe ab, da ich die Nacht kaum geschlafen hatte. Bei jedem verdächtigen Geräusch war ich hochgefahren und hatte einen Portalschlüssel griffbereit, falls der Einbrecher nochmal auftauchen sollte. Dabei verdrängte ich gekonnt die Tatsache, dass ich sogar stärker gezittert hatte, als Plue in seinem bisherigen Leben. So eine Schande! Ich konnte nur hoffen, dass das niemand von Fairy Tail spitzbekommen würde. Ich wäre die Lachnummer der Nation. Sie würden mich ab da immer mit Plue vergleichen. Lucy, die zitternde Stellarmagierin. Oh nein! Mein harterarbeiteter Ruf wäre sofort dahin! Ich schlug mir die Hände gegen meinen Kopf und gab erstickte Geräusche von mir. Es war schon schlimm genug, dass ich ewig in Natsus, Grays und Erzas Schatten stehen würde, aber ich hatte Angst, dass sie mich dann nicht mehr als ihre Partnerin ansehen würden, wenn sie erfuhren, dass ich solche Angst vor einem Einbrecher hatte. „Oi, Mira! Was ist mit Lucy los? Sie sieht ja grauenhaft aus!“ Meine Ohren zuckten, als ich das gehört hatte und ein Beben durchlief meinen Körper. Daraufhin entglitt mir ein grusliges Geräusch und ich ballte meine Hände zu Fäusten, die vor unterdrückter Wut anfingen zu zittern. Grauenhaft?! Ich sah grauenhaft aus?! „Natsu!“, knurrte ich mit furchteinflößender Stimme und richtete mich auf. Ganz langsam drehte ich meinen Kopf in seine Richtung, wobei meine Augen sich bedrohlich in seine bohrten. „Was hast du eben gesagt?!“ Natsu schluckte hart und setzte sich in Rekordgeschwindigkeit fünf Plätze von mir weg. „Er hat gesagt, du würdest grauenhaft aussehen!“, meldete sich Happy zu Wort, der dumm genug war, bei mir zu bleiben und ich richtete meine Augen auf ihn. „Aber ich finde, dass er Unrecht hat!“, sprach der Kater weiter und ich sah ihn besänftigt an. Er war wohl doch schlauer, als er aussah. Braver Kater! „Danke, Happy!“, sagte ich und ich lächelte ihn zufrieden an. „Aye! Du hast mich eben an einen Kugelfisch erinnert!“, laberte die blaue Katze weiter und er plusterte seine Wangen auf, die er dann mit seinen Pfoten etwas hochdrückte, um seinem Gesicht eine Runde Form zu verpassen. „So etwa!“ „Happy!“, brüllte ich und haute mit meiner Faust nach dem Kater, der mir erschrocken auswich. „Natsu! Lucy macht mir Angst!“, jammerte er und flog zu seinem Freund herüber, der sofort von dem Barhocker aufsprang, als ich mich ihnen näherte. „Bleibt sofort stehen!“, polterte ich, doch Natsu und Happy schrien laut auf und rannten panisch durch das Gildenhaus, um mich abzuschütteln. „Natsu! Happy! Wenn ich euch in die Finger bekomme!“, drohte ich und jagte ihnen hinterher. Eigentlich war mir nicht danach, mit den beiden den Kaspar zu machen, aber so vergaß ich wenigstens für den Moment meine Angst vor dem Einbrecher letzter Nacht… Und ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass mir es nicht Spaß machte, mich mit Natsu und Happy auf ein niederes Niveau herabzulassen. Es war immer wieder lustig, einfach nur ein Kind zu sein. Das Leben als Magier war schon ernst genug, da konnte man wenigstens Zuhause noch Spaß haben. Völlig außer Atem ließ ich mich nach der wilden Verfolgungsjagd, die ich schließlich gewonnen hatte, wieder an der Bar nieder und stützte mein Gesicht auf meinen Händen ab. „Solche Idioten! Wieso müssen sie mich immer so nerven?“, maulte ich, als Mira auf mich zukam und mir ein Glas mit Limonade überreichte. „Du sahst eben aber glücklicher aus, als vorher“, bemerkte sie und ich schaute überrascht auf. „Ach, wirklich?“, fragte ich und ein zarter Rotschimmer legte sich auf meine Wangen. Mira musterte mich kurz, ehe ihr Blick besorgt wurde. „Lucy, du musst es mir nicht sagen, aber ich mache mir Sorgen, weil du dich seit gestern so merkwürdig benimmst…“, bemerkte sie und sah mich dabei vorsichtig an. Ich erwiderte den Blick schweigend und triftete kurz mit meinen Gedanken ab. Sollte ich ihr wirklich verraten, dass mein Vater mich zwangsverheiraten wollte? Ich war mir unsicher. Immerhin kannte ich meine Freunde. Wenn sie das wüssten, würden sie sofort Vaters Villa stürmen und ihn dazu zwingen, die Verlobung aufzulösen und wenn es sein musste, sogar mit Gewalt... Mir wäre aber eine friedliche Lösung lieber, aber solange mir nichts einfiel, würde ich nichts sagen. „Boah, durch diese Aufregung hab ich echt Hunger bekommen…“, hörte ich Natsu sagen und ich seufzte etwas. Ich war einfach noch nicht bereit dafür, ihnen die Wahrheit zu sagen… „Aye, ich auch!“, meldete sich Happy zu Wort. „Cool, dann gehen wir zu Lucy. Sie hat sicherlich was Leckeres im Kühlschrank!“, schlug Natsu vor und ich versteifte mich sofort am ganzen Körper. „Aye, Sir!“ Er würde also wieder bei mir einbrechen?! Und da traf es mich wie ein Blitz. War er etwa der Einbrecher?! „Natsu!“, brüllte ich auf einmal und sprang mit meinen Füßen auf den Hocker. Dabei hob ich meinen Arm und richtete den Finger auf seine Brust. Sofort war es still im Gildenhaus und alle starrten mich und Natsu abwechselnd an. „Lucy?“ Fragend legte der Dragon Slayer seinen Kopf schief und verschränkte seine Arme vor der Brust. Das machte mich echt rasend, wie gut er darin war, den Ahnungslosen zu spielen. „Warst du gestern Nacht in meiner Wohnung?!“ Nun sah Natsu ziemlich überfordert aus und er kratzte sich an seinem Hinterkopf, während er überlegte. „Ich… äh…“ Er wandte sich an Happy, der neben ihm herflog und verwirrt zwischen uns hin und her schaute. „Happy, war ich gestern bei Lucy?“ „Aye, aber das war gegen Nachmittag!“, antwortete Happy und Natsu drehte sich grinsend zu mir um. „Da hast du es gehört, Lucy! Also war ich nicht in der Nacht bei dir!“ „Wieso musst du Happy fragen, wann du bei mir warst?“, hakte ich nach und Natsu geriet ins Schwitzen. Ich schien ihm im Moment etwas Angst zu machen, aber das war jetzt egal. Ich musste wissen, ob er der Einbrecher war. „Weil ich mich nicht erinnern kann, ob ich letzte Nacht weg war“, erklärte er und zuckte mit seinen Schultern. „Hä?“, machte ich und ich ließ meinen Arm sinken. Ich wusste ja, wie vergesslich er war, aber dass es schon so schlimm war, überraschte mich schon etwas. Aber gut, wenn Natsu es nicht war, dann musste ich meine Suche nach dem Einbrecher fortsetzen. „Hm… Okay, dann tut es mir Leid, dass ich dir das unterstellt habe…“, murmelte ich und ich sprang vom Hocker herunter. „Ach, kein Problem!“, winkte Natsu ab und war wieder neben mir erschienen. Er legte überraschend seinen Arm um meine Schulter und lotste mich von der Bar weg. Dabei grinste er mich scheinheilig an, während wir uns dem Ausgang der Bar näherten und mir dämmerte langsam, was er im Schilde führte. „Oh nein, Natsu! Geh woanders die Leute nerven und plünder ihnen den Kühlschrank aus“, moserte ich, doch als auch noch Happy hinter mir erschienen war und mich nach draußen drückte, musste ich mich geschlagen geben. Den beiden war aber auch echt nicht mehr zu helfen… Ich stützte mein Kinn auf meine Hände ab und beobachtete seufzend meine beiden gefräßigen Teamkollegen, wie sie sich auf mein Essen stürzten. Während Natsu sich ein Hähnchenschenkel nach dem anderen in den Rachen stopfte, verschlang Happy den ganzen Fischvorrat, wobei nicht mal eine einzige Gräte übrig blieb. Gedanklich zählte ich mein Geld nach und schnaufte erleichtert durch, dass ich tatsächlich noch für zwei Tage Essen kaufen konnte, ehe ich nach einem Auftrag betteln musste. „Ey, Luce, willst du nichts essen?“, unterbrach Natsu meine Gedanken und schluckte dabei den letzten Bissen herunter. Ich verzog leicht mein Gesicht, als ich meinen leeren Kühlschrank inspizierte und verschränkte meine Arme vor der Brust. „Das ist aber schön, dass du auch an mich denkst. Aber leider scheint das Essen irgendwie abhandengekommen zu sein“, sagte ich sarkastisch, woraufhin Natsu sich stirnrunzelnd am Kinn kratzte und zu überlegen schien. Ein paar Herzschläge später erhellte sich sein Gesicht und er schnippte mit seinem Finger. „Dann verfolgen wir eben dein Essen, ehe es verschwunden ist!“, rief er und sprang auf, „Bist du bereit für eine wilde Verfolgungsjagd, Happy?“ „Aye, Sir!“ Stöhnend schlug ich mir die Hand vor meine Augen und schüttelte langsam meinen Kopf. Er wollte mir doch wohl nicht sagen, dass er vergessen hatte, dass er mir das Essen weggefuttert hatte. Und Happy schien auch nicht mehr daran zu denken, dass er der Fischdieb war. War ich nur von Idioten umgeben?! „Hört auf! Das ist ja echt nicht mehr zum Aushalten!“, rief ich und durchfuhr mit meinen Fingern meine Haare. „Wollt ihr mir weismachen, dass ihr vergessen habt, dass ihr meinen Kühlschrank geleert habt?!“ Natsu und Happy sahen sich überrascht an und sie schienen beide darüber nachzudenken. Als sie bemerkten, dass ich Recht hatte, hoben sie gleichzeitig ihre Hand, beziehungsweise ihre Pfote, und grinsten mich an. „Entschuldigung!“, sagten sie im Chor und ich ließ meine Schultern hängen. Wieso, wieso war ich nur in denen ihr Team?! Dank ihnen würde ich noch bankrottgehen! Unwillkürlich fiel mir die Zwangshochzeit ein und mir schlich ein bedauerliches Lächeln auf die Lippen. Ich wusste, wenn ich auf die Heirat eingehen würde, würde ich nie wieder so hart für Geld schuften müssen, weil ich in Geld baden könnte. Aber… Ich blickte zu Natsu und Happy herüber, die sich gerade über etwas unterhielten und dabei immer wieder kicherten. Aber das war es nicht, was ich wollte… Nur jemanden zu heiraten, damit ich mir meine Miete leisten konnte, war lachhaft. Ich hatte schon immer von einer märchenhaften Hochzeit geträumt, mit einem wunderschönen Prinzen auf einem weißen Ross, der mir eine Rose in die Hand drückte und mir den schönsten Heiratsantrag machte, den man sich wünschen konnte. Aber an der Stelle, wo der Prinz eben war, erschien Natsu und er drückte mir anstatt einer Rose Happy in die Hand und grinste mich breit an. „Ich muss mal auf die Toilette, pass du mal in der Zeit auf Happy auf, ja?“ „Hä?“, machte ich neunmalklug und meine Traumwelt löste sich langsam in Luft auf. Verwirrt blickte ich mich um und erkannte, dass ich wieder in meinem Zimmer stand. Von dem Prinzen, dem Pferd und der Rose war nichts mehr zu sehen. „Grrr… So ein unromantischer Mistkerl!“, knurrte ich und drückte meine Hände fest gegen Happys Kopf. „Auuu, lass das, Lucy! Du tust mir weh!“, quengelte der Kater und ich blickte irritiert zu ihm herunter. „Tut mir Leid, Happy…“, nuschelte ich und ließ ihn sofort los. Leise trat ich an das Fenster herüber und schob mit einer Hand den Vorhang auf die Seite, damit ich herausschauen konnte. So stand ich eine Weile einfach nur da und beobachtete die Menschen, die an meiner Wohnung vorbeiliefen. „Lucy…“, murmelte Happy, der merkte, dass was nicht mit mir stimmte und ich schreckte leicht hoch. Ich hatte doch tatsächlich angefangen zu heulen! So ein Mist! Mit einem gequälten Lächeln wischte ich mir die Tränen aus den Augen und drehte mich langsam zu Happy um, der mich besorgt musterte. „Es ist alles in Ordnung, Happy…“, murmelte ich und hielt mich mit der Hand an meinem Arm fest. Dabei glitt mein Blick auf die Seite, der wieder traurig wurde. Nein, es war nichts in Ordnung. Der Tag, an dem mich mein Vater holen würde, rückte immer näher und meine Angst wuchs. Meine Angst davor, dass ich meine Freunde nie wieder sehen würde. Ich liebte sie alle. Ich liebte Fairy Tail! Und ich liebte… „Ah, das tat echt gut! Ich fühl mich gleich um ein paar Kilo leichter!“, meldete sich Natsu zu Wort und klopfte sich gut gelaunt mit der Hand gegen seinen Bauch. Doch als er meinen traurigen Blick bemerkte, hielt er sofort inne und sah mich besorgt an. „Lucy, was ist los?“ „Nichts! Ich hab doch gesagt, dass alles in Ordnung ist!“, rief ich ein paar Oktave höher und drehte ihm den Rücken zu. Ich wollte nicht, dass er meine Tränen sah, die sich in meine Augen geschlichen hatten und starrte somit das Fenster an. Fenster konnten auch echt interessant sein… Plötzlich spürte ich einen warmen Körper hinter mir und ich riss meine Augen auf. Dabei lösten sich meine Tränen aus den Augenwinkeln und bahnten sich einen Weg hinab über meine Wangen, bis hinunter zu meinem Kinn, an dem sie schließlich heruntertropften und auf mein Oberteil fielen. „Luce, warum weinst du?“, fragte er leise und legte sanft seine Hände auf meine Schultern. Und da brach der Damm in mir und ich schluchzte laut auf. Natsu sah mich leicht überrumpelt an, als ich mich urplötzlich umdrehte und mich heulend um seinen Hals warf. Ich krallte mich regelrecht an ihm fest, da ich Angst hatte, ihn für immer zu verlieren. Ich wollte nicht weg! Ich wollte bei ihm bleiben! „Natsu…“, flüsterte ich und vergrub mein Gesicht in sein Oberteil. „Ich will nicht von hier weg!“ Schweigend strich er mir mit der Hand über meinen Kopf und lauschte meinen Worten. Unerwartet drückte er mich leicht von sich weg und blickte mir ernst in die Augen. „Luce, sag mir, was los ist! Bitte!“, flehte er und strich mir mit seinen Daumen sanft die Tränen aus dem Gesicht. Ich sagte eine Weile gar nichts, sondern heulte mich nur bei ihm aus. Es tat so gut, einfach nur zu weinen, während man dabei getröstet wurde. Es war, als würde mir eine große Last von den Schultern fallen und ich fühlte mich besser, jetzt, wo ich den Schmerz und die Verzweiflung nicht mehr in mich hineinzufressen brauchte. Warum war ich nicht gleich zu Natsu gegangen? In meiner Angst hatte ich anscheinend vergessen, dass er immer für mich da war und mir seine Schulter zum Weinen anbot. Er war wirklich ein Schatz… „Natsu… Ich…“, ich konnte kaum sprechen, weil meine Stimme unter dem Schluchzen noch stark zitterte. Ich kniff meine Augen zusammen und atmete tief durch, um mich so etwas zu beruhigen. Nachdem ich das Gefühl hatte, dass ich meine Stimme wieder einigermaßen im Griff hatte, öffnete ich meine Augen und sah ihn direkt an. „Ich muss bald fort…“, flüsterte ich und biss mir auf die Unterlippe. Natsu sagte lange nichts, was mir doch langsam echt Sorgen machte. Und da bemerkte ich, wie sich mehrere Gefühle in seinen Augen widerspiegelten und sich sein Griff auf meinen Schultern verstärkte. „Du gehst weg?“, fragte er tonlos und er sah mich mit einem wütenden Blick an, „Du verlässt uns einfach?! Lucy, ich dachte, du liebst Fairy Tail?!“ „Das tu ich auch!“, schrie ich und stieß aus Zorn Natsu von mir weg, der überrascht ein paar Schritte nach hinten taumelte, „Fairy Tail ist mein Zuhause!“ „Und wieso willst du wieder gehen?! Ich dachte, du hättest kapiert, dass wir dich brauchen!“ Erstarrt blickte ich ihn an und öffnete meinen Mund. Doch ich bekam kein Wort über meine Lippen und schloss ihn wieder. Sie brauchten mich? So hatte ich das noch nie gesehen… Ja, ich wusste, dass ich zur Familie gehörte, sie hatten mich vom ersten Tag an aufgenommen, als wäre ich schon immer ein Teil von ihnen gewesen. Aber ich hätte nie gedacht, dass sie mich auch bräuchten. „Natsu…“ „Ich werde dich nicht gehen lassen! Erza, Gray, Happy, Wendy, Charle und all die anderen werden dich aufhalten! Und du weißt, es wäre besser, wenn man sich nicht mit Fairy Tail anlegt, Lucy!“ Empört blickte ich ihn an und vergaß für einen Moment meine Probleme mit meinem Vater. „Willst du mir den Krieg erklären?“, fragte ich und stemmte meine Hände in die Seiten. „Wenn es dich davon abhalten kann zu gehen, dann ja!“, antwortete er mit ernstem Blick. Ich lachte ungläubig auf. Jetzt schnappte er wohl über! „Hör auf, so einen Mist zu erzählen, Natsu! Wegen mir braucht ihr keine solchen Geschütze aufzufahren! Ich bin nur ich! Lucy Heartfilia!“, versuchte ich ihn zu beruhigen, doch Natsu regte sich eher mehr darüber auf, als dass er sich beruhigte. „Du gehörst zur Familie! Das ist Grund genug!“ „Ich habe aber auch eine andere Familie, Natsu! Und da werde ich auch hingehen, weil ich da auch hingehöre!“, schrie ich ihm entgegen, woraufhin Natsu sich versteifte. Und da merkte ich, was ich da eben gesagt hatte. „So? Ich habe gedacht, du würdest deinen Vater hassen…“, sagte er leise und ich kaute mir auf der Lippe herum. „Es… gibt keinen anderen Weg…“, murmelte ich und sah auf den Boden. „Dann… will ich dich mal nicht davon abhalten, Lucy Heartfilia“, meinte er in einem trotzigen Ton, sah mich ein letztes Mal mit einem leeren Blick an und verließ dann meine Wohnung. Happy stand sprachlos mitten im Raum und starrte mich und Natsu verzweifelt an. Ich wusste, dass er es hasste, wenn wir uns stritten, aber es war jetzt zu spät, das Gesagte zurückzunehmen. Mir war auch klar, dass dieser Streit schließlich zu einem Bruch zwischen uns führte, aber es war für uns beide besser so. Da war der Abschied nicht so schmerzvoll und wir konnten besser damit umgehen, dass wir uns wahrscheinlich nie wieder sehen würden. „Happy, komm jetzt!“, brüllte Natsu gereizt und der blaue Kater zuckte zusammen. „Lucy…“, murmelte er, doch ich ignorierte ihn. Ich musste mich jetzt konzentrieren, nicht vor ihm in Tränen auszubrechen, doch ich war mir sicher, dass Happy bemerkte, dass ich unter Strom stand. Mein kompletter Körper zitterte, genauso wie meine Unterlippe, auf die ich fest draufbiss. „Happy!“ Der Exceed sah mich nochmal traurig an, doch als er merkte, dass ich nicht mit ihm reden würde, ließ er seinen Schwanz hängen und flog schließlich zu Natsu herüber, der, kurz nachdem Happy die Wohnung verlassen hatte, die Tür zuknallte. Und genau da brach ich schreiend zusammen und schlug mit meinen Händen gegen den Boden. Jedes Mal schrie ich laut auf und vergrub verzweifelt meine Finger in meine Haare. Viele Tränen flossen über meine Wangen und befeuchteten den Boden unter mir, doch ich hatte keine Zeit, darauf Rücksicht zu nehmen. Unendliche Wut packte mich und ich trat mit meinem Fuß gegen den Stuhl, der lautscheppernd gegen die gegenüberliegende Wand krachte und dann umkippte. „Natsu!“, schrie ich und kratzte verzweifelt mit meinen Fingernägeln über den Holzboden. Wieso musste das nur passieren?! Wieso mussten wir streiten?! Wieso konnte ich nicht hier bleiben? Bei Natsu? Bei Happy, Gray, Erza und bei den anderen?! Wieso musste ich nur eine Heartfilia sein?! Ganz allmählich verebbten meine Tränen und nur noch laute Schluchzer verrieten, dass ich eben geweint hatte. Ich fühlte mich so elend. Ich hasste mich. Ich hasste mich und ich hasste meine Familie! Aber ich hatte keine Ahnung, was ich tun konnte, um mich von meinem Vater lossagen zu können. Ich wollte endlich mein eigenes Leben führen. Endlich glücklich werden! Aber solange ich eine Heartfilia war, hatte ich das zu machen, was mein Vater wollte… Für mich gab es kein Entkommen! Also musste ich mich meinem Schicksal beugen… Ob ich wollte oder nicht. Kapitel 4: Und jeden Abend grüßt das Murmeltier ----------------------------------------------- Kapitel 4: Und jeden Abend grüßt das Murmeltier Ich lag in meinem Bett. Nach dem vielen Heulen war ich doch sehr müde geworden und da ich keine Ahnung hatte, was ich noch groß machen sollte, hatte ich mich dafür entschieden, mich hinzulegen. Die Decke hatte ich mir bis über den Kopf gezogen und dachte nach. Ich dachte über Vieles nach. Über meinen Vater, über diesen Mann, den ich nicht mal kannte, aber heiraten musste und über Natsu. Vor allem über Natsu und dem Streit, den wir vorhin gehabt hatten. Wenn man so darüber nachdachte, war der ganze Streit total sinnlos gewesen. Wieder einmal. Das war nämlich nicht das erste Mal, dass wir uns so in die Haare bekommen hatten und dann nicht mehr miteinander sprachen. Und jedes Mal tat es mir in der Seele weh. Ich hasste es, wenn Natsu mich ignorierte und nicht mehr mit mir sprach. Aber ich war nicht ganz unschuldig gewesen. Was musste ich ihm auch sagen, dass ich noch eine weitere Familie hatte als Fairy Tail? Ja, es war dumm. Weil jeder wusste, dass ich meinen Vater nicht ausstehen konnte. Und jeder wusste auch, wie viel Fairy Tail mir bedeutete. Es war für Natsu bestimmt wie ein Schlag unter die Gürtellinie gewesen, als ich meinen Vater auf die gleiche Stufe wie Fairy Tail gestellt hatte. Ich war doch echt… argh! Mir fiel kein passendes Wort dafür ein! Es war einfach dumm, dumm, dumm! Aber was sollte ich jetzt machen? Zu ihm hingehen und mich entschuldigen? Nein, das würde es nicht besser machen. Gut, wir würden uns wieder vertragen und wieder normal miteinander reden, aber in sechs Tagen würde ich von hier weggehen und ihn und die anderen wahrscheinlich nie wieder sehen. Also was brachte es, wenn wir uns wieder verstanden? War es so nicht vielleicht sogar besser? Für uns beide? Dann wäre der Abschied nicht so schmerzhaft und wir würden beide schneller drüber hinwegkommen. Ach, verdammt! Das war doch echt zum Verrücktwerden! Egal, wie man es drehte und wendete, es würde so oder so unschön werden, wenn ich ging. Das wusste ich jetzt schon! Vielleicht…? Ich schlug die Decke auf die Seite, setzte mich aufrecht auf und blickte aus dem Fenster. Erst jetzt merkte ich, dass ich schon seit mehreren Stunden Zuhause war, da die Sonne schon bald unterging und das Land in orangenen Tönen tauchte. Mir war echt nicht aufgefallen, wie schnell die Zeit vorbeigegangen war. Viel zu sehr war ich mit dem Weinen und Fluchen abgelenkt, um darauf zu achten. Mein Blick wurde wieder etwas traurig und ich schaute auf meine Hände herunter, die auf meinen Oberschenkeln ruhten. Also war schon wieder ein Tag vorbei und mein Geburtstag rückte gefährlich näher. Ich ballte meine Hände zu Fäusten und drückte sie gegen meine Stirn. Mir entwich ein wehleidiges Schluchzen und neue Tränen benetzten mein Gesicht. Was soll ich nur machen… Natsu? Irgendwann war ich eingeschlafen. Doch es war ein sehr unruhiger Schlaf. Ich träumte ständig von Natsu und unserem Streit. Dann verschwand er vor meinen Augen und anstelle des Dragon Slayers stand ein Mann an einem Altar, dessen Gesicht nicht zu erkennen war und anscheinend auf jemand wartete. Erst sah ich mich verwirrt in der Kirche um, in der ich mich befand, doch als ich meinen Vater am Altar stehen sah, schnappte ich nach Luft. Was machte er da?! Meine Augen huschten durch die Bänke und ich gab erschrockene Laute von mir, als ich doch tatsächlich die komplette Gilde vorfand, die mir feindselige Blicke zuwarfen. Gray, Erza, Levy, Gajeel, Wendy, alle hatten böse Blicke aufgesetzt, die nur mir alleine galten. Dann flog auf einmal die Tür hinter mir auf und Natsu betrat die Kirche mit einem wutverzerrtem Gesicht. „N-Natsu“, stotterte ich schockiert, als er mitten in der Kirche stehen blieb und seinen Arm hob. Er deutete mit dem Zeigefinger auf mich und sein Blick wurde ein Tick finsterer. „Du Verräterin! Du verlässt Fairy Tail wegen diesem Schmarotzer?! Ich bin enttäuscht von dir, Lucy! Richtig enttäuscht!“, schrie er mich an. In meinen Augen sammelten sich Tränen und ich machte einen Schritt auf Natsu zu. „N-nein. Ich verlasse euch doch gar nicht!“, widersprach ich mit verzweifelter Stimme. Natsus Blick verdunkelte sich und er lachte spöttisch auf. „Ist klar! Deswegen trägst du ja auch ein Hochzeitskleid und bist auf dem Weg zum Altar!“, behauptete er und ich sah daraufhin an mir herunter. „Und ich dachte echt, dass du Fairy Tail liebst!“ Mir entwich ein Keuchen, als ich das Hochzeitskleid an mir bemerkte und schüttelte schnell meinen Kopf. Glitzernde Tränen flogen in der Luft und ich trat wieder näher auf Natsu zu. „Das… ist alles nicht wahr“, flüsterte ich und streckte meine Hand nach ihm aus. „Ich will euch nicht verlassen. Ich liebe Fairy Tai!“ „Du hast dich aber schon für ihn entschieden. Das kommt nun zu spät“, sagte Natsu und sein Körper löste sich langsam vor mir auf. „Natsu, bleib hier!“, schrie ich fassungslos, als ich kaum noch was von ihm erkennen konnte und rannte auf ihn zu. „Leb wohl, Lucy“, flüsterte er mit einem traurigen Lächeln auf seinen Lippen, ehe er komplett verschwunden war. „NATSU!“ Weinend sank ich in die Knie und schrie meine Verzweiflung gen Decke. „Verlasst mich nicht!“, wimmerte ich, als sich die anderen Gildenmitglieder ebenfalls in Luft auflösten, bis keiner mehr von ihnen übrig war. Nun war die komplette Kirche leer, bis auf meinen Vater, seinen Dienern und meinem zukünftigen Ehemann. „Lucy, komm jetzt bitte. Ich habe später noch einen wichtigen Termin, da habe ich keine Zeit, ewig auf dich zu warten!“, herrschte mein Vater mich an und neue Tränen bahnten sich über meine Wangen. Dieser… Dieser Mistkerl! Wütend wischte ich mir die Tränen weg und warf meinem sogenannten Vater einen zornigen Blick zu. Er war so herzlos! Ich hasste ihn! Ich hasste ihn so sehr! Wenn er dachte, er könne damit durchkommen, dann hatte er sich geschnitten! Die Hochzeit konnte schließlich nicht ohne mich stattfinden. Ich würde jetzt einfach abhauen, jawohl! „Lucy! Bleib gefälligst hier!“, donnerte Jude, als ich mich wortlos von ihm abwand und auf die Tür zulief. „Vergiss es! Ich werde nicht heiraten! Lass mich endlich in Ruhe und misch dich nicht in mein Leben ein!“, rief ich und drehte mich an der Tür zu ihm um. Urplötzlich stand mein Vater direkt vor mir und holte mit seiner Hand aus. Erschrocken kniff ich meine Augen zu und wartete angespannt darauf, dass er mich schlagen würde. Wummm! Erschrocken richtete ich mich kerzengerade auf und sah mich panisch um. Im ersten Moment war ich total verwirrt, als ich bemerkte, dass ich mich in einem dunklen Zimmer befand. War ich nicht eben noch in der Kirche gewesen? Doch als ein kalter Windzug über meinen Körper hinwegjagte, klärte sich mein Kopf und ich verstand. Das eben war nur ein Traum gewesen. Ein schrecklicher Traum. Aber woher kam der Knall, der mich eben aus dem Schlaf gerissen hatte? Mit halbgeöffnetem Mund starrte ich das Fenster an und wickelte die Decke enger um meinen Körper, als ein erneuter kalter Windstoß über mich hinwegfegte. Der Vorhang flatterte durch den Wind in mein Zimmer und mich fröstelte es leicht. Ich verstand nicht so ganz, wieso das Fenster offen war. Ich war mir eigentlich sicher gewesen, dass ich es zugehabt hatte. Es wurde immer kälter und ehe ich noch zu einem Eiszapfen gefror, stand ich schnell auf und schloss das Fenster wieder. Und dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Der Einbrecher! War er etwa wieder hier gewesen?! Panisch sprang ich von meinem Bett herunter und rannte auf die Tür zu. Doch kaum hatte ich meine Hand auf die Türklinke gelegt, zog ich sie wieder zurück und biss mir auf die Unterlippe. Was war, wenn der Einbrecher hinter der Tür stand und nur darauf wartete, dass ich die Tür aufmachte? Er würde mich an sich reißen, weil ich so süß war und würde schlimme Sachen mit mir anstellen, an die ich gar nicht denken wollte. Verzweifelt kniff ich meine Augen zusammen und wimmerte kurz auf. „Natsu… Hilf mir…“, flüsterte ich und stieß meine Stirn gegen die Tür. Ich hatte Angst. Schreckliche Angst. Ich traute mich gar nicht mehr aus meinem Zimmer. Wenn Natsu doch nur hier wäre… Er würde jetzt wissen, was zu tun war und er würde mich beschützen! Während ich meine Stirn weiterhin an die Tür lehnte und so über die Situation nachdachte, schlich sich ein verzweifeltes Lächeln auf meine Lippen. Was war ich eigentlich für ein Feigling? Wieso musste ich mich immer von anderen beschützen lassen? War ich eine Magierin oder nicht? Verdammt, bald würde ich auch alleine sein und niemand wäre hier, der mir meinen süßen Hintern retten könnte, also musste ich mich jetzt mal zusammenreißen! Mit entschlossenem Blick trat ich vor der Tür zurück und holte einen Portalschlüssel heraus. *~* Mit ängstlichem Gesicht lugte ich um die Ecke und blickte mich langsam im Wohnzimmer um. Plue klammerte sich zitternd an mir fest und gab leise Geräusche von sich. Er schien die Gefahr zu wittern, da er noch heftiger zitterte, als sonst. Auf Zehenspitzen schlich ich aus meinem Zimmer und näherte mich dem Wohnzimmer. Als ich es betrat, hielt ich angespannt die Luft an und suchte den Raum nach etwas Verdächtigem ab. Als ich jedoch nichts Auffälliges entdeckte, stieß ich die angehaltene Luft aus und lachte leise vor mich hin. „Oh Mann, das hab ich mir also doch nur eingebildet… Das wird der ganze Stress sein“, murmelte ich und wischte mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn. Plötzlich knallte es in der Küche und ich schrie laut auf. Plue zuckte erschrocken zusammen und löste sich in meinen Armen auf. „Plue! Jetzt lass mich nicht im Stich!“, jammerte ich und schluchzte laut auf, als mein Stellargeist einfach zurück in die Geisterwelt geflüchtet war. Kaum war Plue weg, kehrte die Angst wieder zurück. Mit Plue war ich wenigstens mutig genug, aus dem Zimmer zu gehen, doch da ich nun wieder alleine war, fühlte ich mich ziemlich schutzlos. Niemand war hier, um mich zu beschützen. Ein erneutes Geräusch drang aus der Küche und ich schlug mir die Hände vor den Mund, um meinen Schrei zu ersticken. Ich wollte den Einbrecher nicht auf mich aufmerksam machen. Vielleicht sollte ich Loki heraufbeschwören? Er war sicherlich viel mutiger als Plue und stark war er auch! Entschlossen schnappte ich nach dem Schlüssel, der mir prompt aus der Hand fiel. „Nein!“, stieß ich aus und beobachtete mit schreckgeweiteten Augen, wie sich der Schlüssel dem Boden näherte. Endlich konnte ich mich aus meiner Starre lösen und bückte mich, um den Schlüssel schnell aufzufangen, doch da war es schon zu spät. Mit einem metallischen Geräusch fiel er zu Boden und ich gefror mitten in der Bewegung ein. „Oh, nicht gut…“, murmelte ich und hob den Schlüssel mit zitternder Hand auf. Genau in dem Moment wurde die Küchentür aufgestoßen und ein Schatten rannte an mir vorbei. Ich schoss in die Höhe und versuchte die Person zu erkennen, die durch das Wohnzimmer rannte und in mein Schlafzimmer flüchtete. Doch da es dunkel war, konnte ich nichts erkennen. „Portal des Löwen, ich öffne dich!“, rief ich und schwang dabei meinen Schlüssel in der Luft, „Loki!“ Nach der Beschwörungsformel leuchtete der Raum kurz auf und einen Moment später stand Loki neben mir, der mich charmant angrinste. „Willst du mit mir ausgehen?“, fragte er sogleich und ich sah ihn belämmert an. „Das ist das erste, was dir einfällt, wenn du mich siehst?“, wollte ich wissen und vergaß für einen Moment, dass der Einbrecher sich ein Raum weiter befand. „Wenn du mich deswegen nicht gerufen hast, was ist es dann?“, forschte Loki nach und richtete sich seine Brille zurecht. Auch wenn es dunkel war, konnte ich mir vorstellen, dass er alles andere als begeistert aussah, aber ich hatte keine Zeit, Rücksicht auf Lokis Gefühle zu nehmen. Und da fiel es mir wieder ein. „Ah! In meinem Schlafzimmer hat sich ein Verbrecher versteckt!“, rief ich und deutete mit zitterndem Finger auf die Tür. Lokis Gesicht hatte sich sofort verfinstert und er stürzte ohne weiteren Fragen auf die Tür zu. Er riss diese auf und rannte in mein Zimmer hinein. Neugierig, wie ich nun mal war, folgte ich ihm nervös und steckte meinen Kopf in mein Zimmer. Loki blickte sich mit ernstem Blick im Raum um, doch es schien, als wäre der Einbrecher aus dem Fenster geflohen, welches wieder geöffnet war. Vorsichtshalber knipste ich das Licht an, damit wir uns sicher sein konnten, dass er sich nirgends versteckt hatte, doch er war wohl wirklich verschwunden. Er war auf und davon. Na toll… Seufzend ließ ich mich auf mein Bett sinken und vergrub mein Gesicht in meine Hände. Was sollte ich bloß machen? Das war jetzt das zweite Mal, dass jemand bei mir eingebrochen war. Ich fragte mich, ob das wohl der Gleiche von gestern war? Wenn ja, wieso brach er ständig bei mir ein? Ich meinte… Schließlich war ich nicht unbedingt reich und hatte auch keine wertvollen Sachen herumstehen. „Der Einbrecher hat in dein Fenster ein Loch reingeschnitten, so konnte er das Fenster öffnen, ohne dass du davon etwas mitbekommst“, unterbrach Lokis Stimme meine Gedanken und ich blickte auf. Der Stellargeist inspizierte gerade mein Fenster und ich betrachtete mir die Stelle genauer, auf die er deutete. Verdammt, also schien der Einbrecher ein Profi zu sein! Wer wusste, wie lang er schon hier war, bis ich ihn erst bemerkt hatte? „Ich verstehe nicht, wieso man bei mir nun zweimal eingebrochen ist…“, sprach ich meine Gedanken aus und Loki wandte sich vom Fenster ab, um mich ansehen zu können. „Zweimal schon?“ „Ja, gestern hat es angefangen“, antwortete ich. Loki legte seine Stirn in Falten. Er schien nachzudenken. „Hat er was mitgehen lassen?“ „Das ist ja das Komische“, sagte ich und legte ebenfalls meine Stirn in Falten, „Er hat meine Wertsachen nicht angefasst. Weder mein Geld, noch meine kleine Schmucktruhe, die ich hier vorne auf der Kommode stehen habe.“ „Das ist wirklich mehr als eigenartig“, bestätigte Loki und öffnete die Truhe. Doch, wie ich es mir gedacht hatte, fehlte nichts. Umso mehr fragte ich mich, wieso man dann bei mir einbrach… Soweit ich wusste, war er in der Küche gewesen… Vielleicht hatte er bloß was gegessen? Ich verließ mein Schlafzimmer und ging in die Küche. Als ich meinen Kühlschrank öffnete, sah ich, dass er leer war. Doch da fiel mir ein, dass Natsu und Happy ihn erst geplündert hatten und sie nichts mehr übrig gelassen hatten. Seufzend schloss ich den Kühlschrank und da fiel mein Blick auf die Küchenschränke, die allesamt offen standen. Verwirrt schloss ich diese und entdeckte schließlich auf dem Boden eine Dose, in der ich manchmal Kekse beherbergte. Das war wohl das Geräusch gewesen, welches ich gehört hatte, als ich vor der Küchentür gestanden hatte. Also hatte der Einbrecher wirklich nach Essen gesucht. „Und, bist du fündig geworden?“, wollte Loki wissen, der hinter mir aufgetaucht war und sich mit der Schulter lässig gegen den Türrahmen anlehnte. Ich hob die Dose auf und drückte sie an meine Brust. Meine Gedanken kreisten um den Einbrecher. Was war, wenn der Einbrecher ein armer Mensch war und nur etwas zu Essen brauchte? Durfte ich ihm das dann Übel nehmen? Ich glaubte nämlich, dass jeder Mensch, der sich in solch einer Situation befand, so etwas tun würde, oder…? Ich schloss meine Augen und stellte die Dose auf die Küchenablage. „Ich glaube der Einbrecher ist nicht bösartig… Er hat nur nach Essen gesucht, aber da mein Kühlschrank leer war, hat er nichts finden können“, schloss ich daraus und blickte zu Loki herüber. Dieser erwiderte meinen Blick und schwieg. „Vielleicht solltest du für eine Weile ins Frauenwohnheim gehen, bis der Einbrecher geschnappt wurde“, schlug Loki vor, doch ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, ist schon in Ordnung…“, sagte ich und setzte ein gespieltes Lächeln auf. Was soll‘s, ich würde die sechs Tage noch aushalten, bis ich von hier verschwinden würde. Deswegen wollte ich jetzt kein Fass aufmachen. Und vielleicht ließ der Einbrecher mit sich kooperieren. Ich könnte ja schnell einen Auftrag erledigen, damit ich ihn solange durchfüttern könnte, bis ich wegging. Das wäre sozusagen meine letzte gute Tat, ehe ich Fairy Tail für immer verließ… „Lucy?“ Als ich meinen Namen hörte, hob ich meinen Kopf und zwang mich erneut zu einem Lächeln. „Alles in Ordnung, Loki. Du kannst gehen. Ich danke dir für deine Hilfe!“ „Aber…“ „Es ist wirklich nichts, Loki. Bitte geh jetzt!“, sagte ich noch einmal und Loki nickte zögernd. Ich konnte ihm ansehen, dass er sich Sorgen um mich machte, doch nach einer Weile lächelte er. „Ruf mich aber, wenn du mich brauchst“, bat er mich und ich nickte. Daraufhin verschwand er und ließ mich alleine. Ganz langsam lief ich in mein Schlafzimmer zurück und ließ mich auf mein Bett nieder. Dabei drehte ich leicht meinen Körper nach rechts, um aus dem Fenster schauen zu können. Die Vermieterin würde mich umbringen, wenn sie das Loch in der Scheibe entdecken würde, aber da ich ja bald heiratete, würde ich genügend Geld haben, um den Schaden bezahlen zu können. Mir entglitt ein Seufzen und ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen. Knurrend rieb ich mir mit den Händen über die Augen und schlug mir gegen die Wange. Ich musste aufhören hier herum zu heulen! Das war doch nicht mehr normal! Ich durfte den anderen nicht zeigen, dass es mir nicht gut ging, sie würden sich nur unnötige Sorgen machen. Also zusammenreißen! Sechs Tage… Das würde ich doch noch hinbekommen! Doch das war leichter gesagt als getan. Es war einfach zu viel auf einmal. Die anstehende Hochzeit machte mich nervlich schon fast kaputt und der Einbrecher und der Streit mit Natsu gaben mir den Rest. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das alleine durchstehen könnte, ohne noch verrückt zu werden… Ich schloss meine Augen und krallte meine Finger in meine Haare. So alleine und hilflos hatte ich mich schon lange nicht mehr gefühlt... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)