Maifeuer von Runya ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Rose atmete tief durch. Gleich war es so weit. In weniger als fünf Minuten würde sie durch den Vorhang treten und versteigert werden. Rituell natürlich. Es war Walpurgisnacht und Grandma Weasley hatte beschlossen, dieses Jahr einen neuen Brauch einzuführen: Die rituelle Versteigerung ihrer Enkeltöchter und ihrer Freundinnen, eben all derer, die noch unverheiratet waren und anwesend waren, auf dem weiten Weizenfeld vor dem Fuchsbau. Und momentan waren das ihre Cousinen Dominique, Roxanne, Lucy, ihre beste Freundin Alice und natürlich sie selbst. Molly und Victoire hatten beide vor kurzem geheiratet. Molly den Jäger der britischen Quidditch-Nationalmannschaft, Adam Wood und Victoire natürlich Teddy. Das hatte keinen überrascht, schließlich waren sie seit einer halben Ewigkeit zusammen. Grandma Weasley lud jedes Jahr zur Walpurgisnacht etliche Freunde, Verwandte und Nachbarn ein, um dieses Fest gebührend zu feiern. Doch nun ging es um sie, Rose. Sie hatte sich vor kurzem von ihrem langjährigen Freund, Liam Pucey, getrennt. Es hatte einfach nicht mehr geklappt, nachdem sie Hogwarts verlassen hatte. Sie hatten sich auseinander gelebt, beiden hatten sie beschlossen, dass es Zeit war, neue Wege einzuschlagen. Sie als Medimagierin und er als Fluchbrecher. Dementsprechend war sie eigentlich nicht in der Laune dafür, an einen Junggesellen versteigert zu werden, aber was sollte man machen? Man widersetzte sich Grandma Weasley nicht. Außerdem hatte ihr schon das Planen so viel Freunde gemacht, dass Rose ihr den Spaß nicht verderben wollte. Sie schaute nach rechts, wo Dominique, genau wie sie, hinter dem Vorhang darauf wartete, aufgerufen zu. Es war so weit. Sie hörte ihre Namen und trat vor den Vorhang- nur um im nächsten Moment wie erstarrt stehen zu bleiben. Sie hatte nicht erwartet, so viele Leute hier zu sehen. Es schien ihr, als ob alle, die sie kannte eingeladen worden waren. Ale anwesenden jungen Männer hatten sich vor der improvisierten Bühne versammelt, ihre Augen glänzten vor Erwartungen. Sie spürte bereits, wie die Hitze ihren Hals hinauf kroch. Rose hasste es, angestarrt zu werden und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu sein. Dies war wahrscheinlich der Grund dafür gewesen, dass sie eine Hufflepuff gewesen war. Sie war nicht besonders mutig, nicht besonders fleißig oder listig. Sie war treu, gutherzig und klug , eine Hufflepuff durch und durch. Vor Rose selbst war Alice dran gewesen. Wie nicht anders zu erwarten hatte ihr Cousin Louis sie ersteigert. Jeder wusste, dass er ein Schwäche für ihre beste Freundin hatte, jeder außer ihr selbst. Vielleicht brachte er heute endlich den Mut dazu auf, sie nach einem Date zu fragen. Rose drückte den beiden auf jeden Fall die Daumen, denn sie würden ein tolles Paar abgeben. Sie trat nach vorne und wartete auf Gebote. Was, wenn niemand für sie bieten würde? Was dann? Sie würde sich lächerlich machen. Sie wäre das Gespött des Abends. Wollte den keiner der anwesenden hundert jungen Männer sich erbarmen? Doch dann erhob sich eine Stimme, die für sie bot. Kurz war es still. Anscheinend der einzige Interessent. Doch einige Momente später kam eine zweite Stimme aus dem Dunkel. Rose konnte nicht erkennen, wer die beiden Männer waren, die da um sie feilschten und sie konnte auch beide Stimmen nicht zuordnen. Eine Weile ging es hin und her, die Beträge wurden immer ein wenig erhöht, doch Rose konnte immer noch nicht ausmachen, wer sprach, obwohl sie ihre Augen schon anstrengte. Doch letztendlich blieb es still, nach einem Angebot des ersten Bieters. Und so ging sie an ihn. Inzwischen starb Rose fast vor Neugierde, wer da so verbissen um sie gekämpft hatte, doch noch musste sie sich etwas gedulden. Erst, wenn alle versteigert waren würden die jungen Männer sie einer nach dem anderen hinter dem Vorhang abholen dürfen. Zwanzig Minuten später waren auch Dominique, Roxanne und Lucy versteigert worden. Dominique ging natürlich an Albus. Das verwunderte keinen, schließlich waren die beiden seit kurzem ein Paar und niemand hatte es gewagt, gegen den jüngeren der Potters zu bieten. Der Dunkelhaarige hatte alle schon vorher böse angeschaut, denn er war ein klein wenig besitzergreifend und da er als Treiber der Appleby Arrows spielte, wollte ihm auch niemand in den Weg treten. Fairer Weise hatte er sein Anfangsgebot dementsprechend hoch gewählt. Roxanne war an einen jungen Zauberer aus dem Dorf gegangen, der Hogwarts einige Jahre vor Rose selbst abgeschlossen hatte und einen netten Eindruck machte. Sein Vater war ein Freund von Onkel Percy, das hatte ihr zumindest Lucy erklärt. Und sie, jüngste aus ihrer Runde, war an Rose‘ kleinen Bruder Hugo gegangen. Rose hatte nicht schlecht gestaunt, als der Siebtklässler sein gesamtes Taschengeld darauf verwendet hatte, Lucy zu ersteigern. Im Geiste hatte sie sich vorgenommen, ihn so bald wie möglich zu verhören, ob er womöglich etwas verliebt in seine Cousine war. Das wäre wohl die Sensation des Jahres! Und so kurz vor ihrem Abschluss! Jedenfalls wartete Rose nun hinter dem Vorhang, auf einem Fass sitzend auf ihren Kerl. Die anderen Mädchen waren schon abgeholt worden und Rose begann so langsam aber sicher, etwas angesäuert zu sein und zu frösteln. Erst ersteigerte man sie und dann hatte der Kerl doch tatsächlich auch noch den Nerv, sie zu versetzen? Mit ihren Fingern trommelte sie auf die Kiste neben sich. Unerhört! „Guten Abend, Miss Weasley.“ Rose fuhr hoch. Wer nannte sie denn so? Sie konnte es immer noch nicht erkennen, denn besagter Herr stand im Schatten. Die Rothaarige erhob sich so würdevoll wie möglich. „Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr kommen.“ Doch schon einen Moment später bereute sie ihre harschen Worte. Sie lächelte, um ihre Wirkung abzuschwächen. „Mit wem habe ich das Vergnügen?“ neugierig legte sie den Kopf schief. Und sog einen Moment später scharf die Luft ein. Er war aus den Schatten getreten und schaute sie nun gar nicht mehr so selbstbewusst, wie seine Stimme geklungen hatte, aus gesenkten Augen an. Es war Lorcan Scamander. Er hatte die Schule ein Jahr vor ihr gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Lysander abgeschlossen. Außerdem war Rose in der dritten Klasse ziemlich in ihn verschossen gewesen. Nun standen sie sich schweigend gegenüber, darauf wartend, dass der andere etwas sagte. Das Schweigen wurde immer drückender und eigentlich hatte Rose darauf gewartet, dass er es brach, denn schließlich hatte er sie ersteigert und nicht umgekehrt. Außerdem war sie eine feige Hufflepuff und er ein Gryffindor, sie musste nicht den ersten Schritt machen. Doch schließlich fasste sie sich ein Herz. „Wie komme ich zu der unerwarteten Ehre, von dir ersteigert zu werden? Ehemaliger Schulsprecher und erfolgreicher Auror?“ Er kratzte sich mit einer nervösen Geste im Nacken und schaute sie unsicher an. „Keine Ahnung, war ein Impuls…“ Das war eine glatte Lüge, das sah Rose ihm an, aber sie ging nicht weiter darauf ein. Er würde sein Gründe dafür haben zu lügen. „Also, gehen wir…?“ er bot ihr seinen Arm dar und sie hakte sich bei ihm unter, verwundert über diese altmodische Geste. Gemütlich schlenderten sie, nun unter angenehmem Schweigen, zum Maifeuer, das Onkel Bill zusammen mit Onkel Charlie, ihrem Vater und Grandpa Weasley errichtet hatte. Fragend schaute Lorcan sie an. „Möchtest du dich hinsetzten und etwas trinken?“ Die ehemalige Hufflepuff nickte leicht. „Ja gerne.“ Vorsichtig breitete der Scamander eine Flickendecke auf der Erde aus, etwas abseits von den anderen, nah am Feuer, denn die Nacht war etwas kühl und er hatte bemerkt, dass Rose fröstelte. „Moment, ich bin gleich wieder hier.“ Und schon war er verschwunden. Gedankenversunken schaute Rose ins Feuer. Wer hätte das gedacht? Lorcan Scamander ersteigerte sie. Sie hatte natürlich gewusst, dass er hier sein würde, nur hatte sie nie damit gerechnet, dass ausgerechnet er sie ersteigern würde. Sie kannten sich eigentlich kaum. Einige Minuten später näherte er sich wieder. Im Schein des Feuers leuchtete sein blondes Haar orange und es gab ihm ein seltsames Glühen in seiner Ausstrahlung. Er reichte ihr eine Tasse und setzte sich neben sie. Skeptisch schnüffelte Rose daran. Es roch seltsam. Nicht unbedingt unangenehm, nur ungewöhnlich. Lorcan hatte ihren Blick wohl bemerkt, denn er lachte. „Ein Zaubertrank meiner Mum, laut ihr ein altes Familienrezept. Da sind getrocknete Alraunenwurzeln und Schlangengift drin. Ich hab keine Ahnung, was es wirken soll, aber es wärmt und ist definitiv nicht giftig, zumindest hat sie mir das gerade versichert.“ Er lächelte sie schief an und wie zum Beweis trank er selbst einen Schluck davon. Und er hatte Recht, es wärmte tatsächlich von innen auf. Und aus irgendeinem Grund machte es sie fröhlicher. Zwei Stunden später saßen Rose und Lorcan immer noch an Ort und Stelle, die anfängliche Schüchternheit war überwunden und sie unterhielten sich gut. Rose hatte festgestellt, dass Lorcan wirklich nett war und ein toller Gesprächspartner, auch wenn er vielleicht ab und an etwas ruhig war- er war nicht aufdringlich und ein Gentleman. Es wurde immer kühler, das Feuern brannte langsam nieder. Ohne ein Wort zu sagen, zog Lorcan seine Jacke aus und legte sie um Rose Schultern. Er schaute etwas zu ihr runter, da sie inzwischen doch recht nah bei ihm saß. „Besser?“ ein verschmitztes Grinsen legte sich auf seine Lippen. Rose nickte und lächelte ihn an. „Ja.“ Ihr Blick wanderte von seinem Gesicht, das im roten Schein der Glut lag, zu seinen Oberarmen, die auf ihrer Augenhöhe lagen. Dort, auf seinem linken Oberarm war ein Tattoo. Sie zögerte, doch dann strich sie mit den Fingern über das seltsame Symbol. Er beobachtete die Bewegungen ihrer Fingerspitzen auf seiner Haut und eine Gänsehaut bildete sich auf seinen Armen. Schließlich schaute sie erneut auf zu ihm. „Was bedeutet das?“ In Gedanken versunken schaute er auf das im Schein rötlich-schwarze Symbol. „Das ist eine Triskele. Sie steht für den Weg des Lebens. Geburt, Leben, Tod. Ich bekomme das jeden Tag mit und das soll mir immer in Erinnerung rufen, dass unsere Zeit nicht unendlich ist.“ Rose legte den Kopf schräg und dachte darüber nach. Das war sehr klug, wenn man sie fragte. Es sagte viel über den Blondschopf vor ihr aus. Er schüttelte den Kopf, wie um einen Gedanken zu vertreiben. „Ist dir immer noch kalt?“ „Nein. Das Gebräu deiner Mum hat es echt in sich. Vor allem wirkt es irgendwie, ich weiß auch nicht… seltsam…“ Ihr Körper schien Endorphine im Übermaß auszuschütten, sie fühlte sich wie auf Drogen, doch sie genoss es. Es war ein schönes Gefühl. Außerdem glaubte sie, dass Lorcan sich nicht anders fühlte. Zumindest machte er zeitweilig einen genauso entrückten Eindruck wie sie. Aus einer Eingebung schmiegte die Rothaarige ihren Kopf an seine Schulter. Automatisch legte er einen Arm um sie. Ja, so könnte sie ewig hier sitzen. Sie fühlte sich sehr geborgen in seinen Armen. Automatisch kuschelte sie sich noch ein wenig mehr an ihn. Er lachte leise, sagte aber nichts. Einige Zeit später waren sie die Letzten auf dem Feld, alle anderen waren schon Heim gegangen oder in den Fuchsbau. Sie hatten aufgehört zu reden und irgendwann angefangen, sich zu küssen. Die Glut schenkte ihnen immer noch Wärme und so froren sie nicht, als sie unter dem freien Himmel auf dem Feld miteinander schliefen. Irgendwann später, als Rose, noch immer etwas benebelt vom Sex und von Lunas Trank (inzwischen glaubte sie, dass Lorcans Mum das alles genau so geplant hatte), gluckste Lorcan hinter ihr in ihr Ohr. Verwundert drehte sie sich um. „Was ist los?“ „Na, deine Grandma wird zumindest ein fruchtbares Feld nächstes Jahr haben.“ „Wieso?“ - „Na, es heißt doch, dass Sex auf einem Feld in der Walpurgisnacht für Fruchtbarkeit sorgt, oder?“ Verschmitzt grinste er sie an. Nun kicherte auch sie. „Ja, davon habe ich auch gehört. Dann kann sie uns ja dankbar sein. Oder eher deiner Mum.“ „Oh ja!“ Sie schwiegen wieder und langsam dämmerte Rose weg. Sie war plötzlich todmüde. Sie wusste nicht, ob sie überhaupt etwas für Lorcan empfinden konnte, dafür kannte sie ihn zu wenig. Aber selbst wenn nicht, es war für sie beide wohl ein schöner Abend gewesen und sie bereute nichts. 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