Vom Lied des Blutes von 19Rei-Sama ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 ---------------------- Kapitel 10 Lucis beobachtete, wie sich Criss und Garnett friedlich unterhielten – wie sie unschuldig zusammen lachten. Lange war es her gewesen, seit ihm eine solche Szene offenbart wurde – etwas, das er wirklich vermisst hatte in den letzten Jahren. Die beiden liefen einige Meter vor ihnen, während er zusammen mit Mat etwas zurückgefallen war. Er wollte ungern nah bei ihnen sein – wollte die Blicke seines Bruders nicht spüren. Und außerdem musst ja jemand darauf achten, dass sie nicht eingeholt wurden. Der Schwarzhaarige atmete nun endlich erleichtert durch – es fühlte sich gut an, einfach so durch die Gegend zu laufen. Mat neben ihm schwieg und hing wohl ebenso seinen eigenen Gedanken nach. „Lucis, kann ich dich was fragen?“, etwas überrascht ließ er seinen Blick zum Magier wandern. Er sah den Schwarzhaarigen eindringlich an, sodass Lucis nicht anders konnte, als zu nicken. Daraufhin wandte Mat den Blick wieder nach vorn. „Wie lange?“ Der Krieger ließ den Blick sinken. „Fast vier Jahre.“ Ein Schlucken vom alten Freund. „Ich … hatte es gar nicht bemerkt …“ „Ich wollte es nicht – niemand sollte es wissen, Mat.“ „Warum hast du's getan?“, seine Stimme wurde leiser – dich Lucis schwieg. „Verstehe … Deshalb bist du auch gegangen – so hast du den Krieg damals gewonnen.“ „Und doch viel mehr verloren. Aber ich hatte mich bereits damit abgefunden – ich hatte es akzeptiert.“ „Was hast du akzeptiert?“ Ein Blick zu Criss. „Seinen Hass. Es war besser so – leichter. Für ihn wie für mich.“ Immer schon hatten sie ein schwieriges Verhältnis gehabt – Criss konnte es nie leiden, dass Lucis in allem besser war als er, dass George ihm mehr vertraute und dass er länger fort sein durfte. Criss konnte es nicht ausstehen, dass Lucis zu morden begann um Geld für sie zu verdienen – er konnte nicht glauben, vom Tod abhängig zu sein. Und als der Schwarzhaarige sich veränderte, begann er ihn regelrecht zu hassen. „Warum bist du zurückgekommen?“ „Wegen George – er will, dass ich Maryene umbringe. Den Mann, der euch angeheuert hat und wegen dem nun auch der König wieder hinter mir her ist.“ Mat seufzte und schüttelte den Kopf. „Und das nur wegen eines dummen Fehlers.“ Wohl wahr … Der König war noch nie gut auf die Jäger zu sprechen gewesen – aber Lucis war ihm ein Dorn im Auge. Er wurde im Mordfall der Prinzessin für schuldig erklärt – doch das alles war eine Lüge. Am Abend ihres Todes war Lucis nicht einmal in der Hauptstadt gewesen, doch an seiner Stelle war jemand gewesen, der ihm sehr ähnlich sah. Jemand, der ihm das alles angehangen hatte. „Irgendwann wird die Wahrheit ans Licht kommen – selbst wenn dann bereits mein Kopf rollte. Das wäre mir sogar recht …“ „Willst du denn keine Rache – hegst du keinen Groll?“ Der Schwarzhaarige schüttelte milde den Kopf – vor drei Jahren noch hätte er an dieser Stelle vermutlich sogar gelächelt. „Keineswegs – ich habe meinen Schatten bereits ermordet, das weißt du. Und die beteiligte Person habe ich viel zu gern, um sie zu hassen.“ Ein verdutzter, erstaunter Blick wurde ihm von Mat zugeworfen, jedoch sagte er nichts mehr dazu und wandte sich wieder ab. Lucis ließ seinen Blick zum Himmel wandern – erst jetzt bemerkte er, wie sehr er die Gespräche wirklich vermisst hatte. Schon immer konnte er mit Mat offen über alles sprechen – selbst wenn sie Streit hatten, er hatte ihm immer zugehört, wenn er etwas loswerden wollte. Er hatte ihm immer geholfen, egal wie groß die Kluft zwischen ihnen war. Wenn es nur so hätte bleiben können … Das Schweigen hatte etwas beruhigendes – er war dankbar, dass Mat ihn auch so verstand, ohne dass er alles erklären musste. Der Krieger bemerkte, wie es zu schneien begann – langsam aber sicher wurde alles um ihn herum unter einer weißen Decke begraben. Die Bäume und Büsche, die wenigen Blumen, die Bäche und Wege – alles wurde zur Ruhe gebettet. Es schien, als wolle Mutter Natur ihren Kindern einen Moment des Friedens schenken – einen Augenblick, in dem alle sie selbst sein durften, ohne Angst vor einem Ende. Er sah, wie Garnett ihre dünne Jacke fester um sich zog und wie Criss sich anspannte – aber sie lachten dabei und so war es gut. Er konnte die Kälte nicht spüren – nicht so wie sie –, aber er konnte sich an das Gefühl erinnern, sich nach einem langen Tag im Freien wieder am Kamin zu wärmen. Er hatte es noch nie verstanden, aber die Kälte schien alle irgendwie zusammenzubringen. Solche Abende kann man eben nur im Winter erleben. Er ließ den Blick über die verschneite Landschaft wandern – erst als die Sonne allmählich wieder aufging, endete der Schneefall. Mat, Garnett und Criss schienen bereits ziemlich ausgekühlt und sie freuten sich offenkundig auf ein warmes Bett. Lucis konnte es gut verstehen – es war eine lange Nacht gewesen, für jeden einzelnen. Als im Osten bereits alles in rot und orange getaucht war, setzten sie ihre Füße endlich in die lang ersehnte Stadt. Sie zogen ihr Tempo an und ließen schnell die ersten Meter hinter sich – doch mit einem Mal ließ sie ein lauter Knall hinter ihnen zusammenfahren. Erschrocken wandten sie sich um – und sahen, dass die Eisengittertore der Stadt geschlossen und verriegelt wurden. Ein Lachen rechts von ihnen wurde laut und Lucis folgte dem Geräusch – auf einem Dach unweit von ihnen entfernt stand ein Mann, dessen Bart und Haare bereits zu ergrauen begannen. Er hatte einen langen Mantel an, doch dieser versteckte nicht die stark ausgeprägte Muskulatur dahinter. Ein dreckiges Grinsen stand im Gesicht des Mannes mit den dunkelgrünen, schmalen Augen. Er hörte, wie seine Begleiter unwillkürlich zurückwichen – und ebenso, wie aus den Gassen um sie herum immer mehr Menschen drangen. Doch seine Augen blieben an dieser einen Person hängen, der so siegessicher durch seinen Bart fuhr und unaufhörlich lachte. „Maryene …“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)