What are you fighting for...? von 13thCat (Sesshoumaru x OC ?) ================================================================================ Prolog: Zukunftsvisionen ------------------------ "Es heißt, wenn man die Zukunft ändern will, muss man in der Vergangenheit anfangen. Will man die Vergangenheit ändern muss man die Zukunft umkehren und die Gegenwart nutzen um zu vergessen." "Wer jedoch die Gegenwart ändern will, soll die Vergangenheit vergangen sein lassen und die Zukunft mit ihrem leuchtenden strahlen erwarten. Doch was wenn man von einer tristen, grauen Gegenwart in eine dunkle, schwarze Zukunft blickt? Eine Zukunft die noch nichteinmal von einem Lichtstrahl, gleißend wie die Sonne selbst, aus ihrer toten Verdammnis gerettet werden kann. Eine Zukunft ohne Chance auf leben…" Idyllisch. Mit diesem einen Wort konnte man den Ort beschreiben. Die Wälder, die Berge, die Flüsse, alles war in Einklang mit der Natur. Unzählige Tiere hatten eine Heimat an diesem Ort gefunden. Menschen hatten Dörfer errichtet und lebten friedlich nebeneinander. Nichts konnte diese Eintracht stören, sollte man meinen… Unruhe machte sich breit. Die Tiere des Waldes verkrochen sich in ihren Bauten und Nestern, spazierende Menschen beschleunigten ihre Schritte, alles nahm eine gespenstische Stille an. Bis man sie hörte. Die laut wiederhallenden Schritte großer Pranken, die unheilvoll am Waldboden schabten. Youkais. Ein Pärchen Bärenyoukais verfolgte eine Frau mittleren Alters, die einen schweren Korb voll Wurzeln schleppte. Schon nach wenigen Schritten warf sie diesen achtlos beiseite und rannte um ihr Leben. Immer wieder rief sie um hilfe, doch sie war noch zu weit vom Dorf entfernt – ihr Schrei erreichte keine Menschenseele. Einer der Youkais vergrub seine Pranke in ihrem Rücken und riss sie so zu Boden. Ihr Schrei wurde von Fangzähnen gestoppt, die den Kopf vom Rest ihres Körpers trennten. Während der eine von ihnen also schon einen Imbiss gefunden hatte, rannte der andere weiter. Sein Ziel war das Menschendorf und bald würde auch sein Artgenosse dort auftauchen. In eben diesem Menschendorf kehrten alle in ihre Häuser zurück. Die Dämmerung trat ein und bei Nacht wäre es purer Selbstmord sich außerhalb seiner Behausung aufzuhalten. So merkte auch niemand wie ein kleiner leuchtender Kreis in einem hellen Blau wie aus dem Nichts erschien. Um den Kreis breiteten sich strahlende spiralförmige Muster aus und er begann unaufhörlich zu wachsen. Als er eine Größe von zirka zwei Metern Durchmesser erreicht hatte, stoppte der Wuchs und etwas schien aus dem Licht zu treten. Zuerst konnte man nur eine kleine Kuppe entdecken. Eine Schuhkuppe. Dieser folgten der gesamte Schuh und der Fuß der in diesem steckte. Bald schon war der ganz in einen seltsam silbernen Anzug gehüllte Mensch aus dem Portal getreten und ein zweiter folgte ihm. "Das muss dieses Rattenloch sein.", hörte man eine durch den Helm sehr seltsam klingende Stimme murmeln. Der andere nickte nur zur Bestätigung und holte ein kleines, viereckiges Gerät aus einer Tasche. "Eines dieser Monster ist unterwegs.", verkündete er und packte das merkwürdige Ding wieder weg. Wie auf Befehl schoss ein riesiger Youkai zwischen den Bäumen hervor, direkt in Richtung der zwei so deplatziert wirkenden Männer. Diese zuckten nichtmal zusammen, als sie sein ohrenbetäubendes Gebrüll hörten, sondern holten das nächste mysteriöse Gerät aus der Tasche. Es ähnelte sehr einer gewöhnlichen Pistole, doch das war es nicht. Der Mann richtete die Waffe auf das Ungetüm und drückte ab. Es ertönte weder ein Schuss, noch flog ein Projektil auf das Wesen zu, doch dieses brach plötzlich unter enormen Schmerzenslauten zusammen. Das durch Mark und Bein dringende Gebrüll des leidenden Youkais brachte die Menschen des Dorfes dazu vorsichtig aus ihren Fenstern zu lugen, doch was sie dort sahen glaubten sie nicht. Zwei seltsame, menschliche, Gestalten sperrten einen bewegungslosen Youkai in einen Eisenkäfig. Zu ängstlich um die Männer nach ihrer Identität zu fragen, schlossen die Dorfbewohner ihre Fensterläden und Türen wieder, horchten aber noch an diesen. Einer der Fremden klopfte an die Tür des am nahsten stehenden Hauses und fragte nach den Saranas. Takeru Sarana und seine Familie waren die einflussreichsten Personen im ganzen östlichen Japan und daher auch die richtigen Ansprechpartner für den Auftrag. Er machte sich auf den ihm geheißenen Weg zu dem größten Gebäude im Umkreis und klopfte an die Tür. Ein Mann, vielleicht Mitte dreißig, öffnete das Tor und bat den für ihn nicht ganz unbekannten hinein. Auf dem Weg in das Besprechungszimmer kamen sie bei einem kleinen Mädchen vorbei, das gerade Muster aus Steinen legte. Als sie den Fremden bemerkte sah sie sofort auf. "Wer bist du?", fragte sie unsicher und erhielt eine Antwort die sie nur noch mehr verwirrte. "Die Zukunft." Der Mann und ihr Vater waren schon längst weiter gegangen, doch die Kleine musste immer noch an diese Worte denken. "Die Zukunft?" Kapitel 1: Un-Gleichgewicht…? ----------------------------- Nachdenklich saß ich auf einem mittelgroßen Felsen und lieferte mir ein Blickduell mit dem Wald. So vieles war in den letzten Jahren passiert. Alles war aus dem Gleichgewicht geraten, als irgendwelche Menschen aus der Zukunft zu uns kamen und begannen die Youkais zu fangen. Mein Vater vertraute ihnen blind, alle vertrauten ihnen blind, doch niemand sah was sie wirklich taten. Anfangs fingen sie die Youkais nur, doch dann begannen sie in ihrer Zeit zu forschen und die Youkais zu töten. Sie fanden heraus welche von ihnen sie töten mussten um eine ganze Rasse zu schwächen. Mit ihrer Kraft verloren sie an Größe, wurden in Käfige gesperrt… Und alle unterstützten diesen Wahnsinn. Verschlossen die Augen vor der Wahrheit und beteten die Lüge an. „Naoko!“ Erneut diese Stimme. „Was willst du Takeo?“, fragte ich meinen ehemals besten Freund genervt. Seit der Ankunft der „Menschen der Zukunft“ hatte sich alles verändert. Auch er. Früher war er immer der netteste Junge den ich kannte, wir konnten uns alles erzählen, doch dann kam diese Youkaisache, wegen der ich mich oftmals gegen meinen Vater stellte. Takeo tat immer so als wäre er auf meiner Seite und anfangs glaubte ich ihm das auch, doch nach und nach fand ich heraus, dass er mit meinem Vater zusammen arbeitete und versuchen sollte mich umzustimmen. So würde er auch im Ansehen meines Vaters steigen, dieser miese Verräter… „Naja, ich habe gehört sie wollen heute ein paar Fuchsyoukais fangen und bei euch zwischenlagern. Du pflegst diese Dinger doch immer so gerne, also…“ Ich glaubte mich verhört zu haben. Dinger? „Hast du gerade Dinger gesagt? Takeo! Diese Youkais sind auch nur Lebewesen.“ „Sie sind Monster!“ Es war das erste Mal seit langem, dass er mir widersprach. Offenbar hatte er auch endlich bemerkt dass ihm nicht mehr vertraue. „Sie haben auch Familien, also können sie keine sein. Monster sind gefühllose Wesen, die nur morden. Ihr seid Monster. Vater, du , ihr alle. Denn ihr mordet die Youkais, sperrt sie in Käfige und trennt sie von ihren Familien. Das ist es, was Monster ausmacht.“ Takeo lachte hämisch. Er wurde immer mehr zu einem von ihnen. Die Stimme, mit der er die nächsten Sätze sagte, konnte unmöglich die seine sein. So kalt… gefühllos. So kannte ich ihn nicht. So wollte ich ihn nicht kennen. „Willst du mir etwa sagen du empfindest Mitleid für diese Kreaturen? Sie haben es doch nicht anders verdient! Youkais töten Menschen, rotten ganze Dörfer aus. Du solltest deinem Vater dankbar sein, er stellt das Gleichgewicht der Welt wieder her.“ „Ja ich habe Mitleid mit ihnen, ebenso wie ich mit den Menschen Mitleid habe, die ihnen zum Opfer fielen. Mein Vater stellt das Gleichgewicht der Welt nicht wieder her, er zerstört es. Die Welt wird untergehen, in einem schrecklichen Krieg, den ihr nicht gewinnen könnt. Ihr könnt sie nicht alle fangen, die mächtigen unter ihnen werden bald zurückschlagen. Gegen die sind eure Zukunftswaffen nutzlos.“ Beinahe schon höhnisch blickte er auf mich herab und belächelte mich. Sollte er sich nur über mich lustig machen. „Vergiss nicht nachher deine Dämonchen zu versorgen, aber versuch nicht schon wieder sie freizulassen.“ Überlegen grinsend schritt er davon und ließ mich alleine zurück. Er würde meinem Vater wohl von meinem „Fehlverhalten“ berichten und ich würde wieder unter Aufsicht gestellt werden. Obwohl…nein, Takeo würde mir das nie antun. Seufzend erhob ich mich und tat die wenigen Schritte, die mich vom Waldrand trennten. In Gedanken versunken betrat ich diesen. Es muss doch eine Möglichkeit geben sie aufzuhalten… Immer wieder dachte ich über die Ereignisse der letzten Jahre nach, nichts war an ihren Taten richtig, oder half die Welt zu retten. Es war blinde Zerstörungswut und Wahnsinn. Sie glauben zur überlegenen Rasse werden zu können und sehen nicht wie sie selbst immer mehr zu Monstern werden. Ein leises Rascheln brachte mich dazu aufzuhorchen. Ein Fuchs hatte einen Hasen gefangen und trug ihn in seinem Maul fort. So war es richtig, nicht andersherum. Mit fester Entschlossenheit machte ich mich auf den Weg zurück nach Hause. Fuchsyoukais… Ich würde sie sicher nicht einfach so diesen Zukunftstypen überlassen! „Naoko, du bist doch gekommen?“ Takeo grinste mich dämlich an, doch ich schenkte ihm keinerlei Aufmerksamkeit. Wie immer standen in unserer Eingangshalle unzählige Käfige aus Metall. Leise ängstliche Laute drangen aus den metallenen Gefängnissen und ich bewegte mich vorsichtig auf diese zu. Ich hasste es die Youkais in Käfige gesperrt zu sehen, hasste es wie ihnen ihre Kräfte und ihre Größe geraubt wurde, wie man sie zu beinahe gewöhnlichen Tieren machte. Unter den Menschen im Dorf hatte ich mir längst schon einen Namen als Dämonenpflegerin gemacht, sehr zum Leidwesen meines Vaters. Oftmals hatte ich auch versucht einen der Dämonen freizulassen, doch ich wurde entweder erwischt, oder bekam das seltsame Metallschloss an den Käfigtüren gar nicht erst geöffnet. Entnervt seufzte ich und schob vorsichtig einige Stückchen Fleisch durch das Gitter. Beruhigend sprach ich auf die Gefangenen ein. Manche sahen mich dankbar an, andere verachtend. Es war mir egal, ich konnte sie nicht so eingesperrt sehen. Nach nur wenigen Sekunden zog Takeo schnaubend von dannen. Soll mir nur recht sein. Dunkelbraune, fast schwarze, Augenpaare blickten mich erwartungsvoll an. Einmal noch, nur einmal noch würde ich es versuchen. Wenigstens einem von ihnen will ich wieder die Freiheit schenken. Fest entschlossen nahm ich meinen kleinen, aber immer praktischen Dolch zur Hand und machte mir an dem Eisenschloss zu schaffen. Ich muss es einfach versuchen… Jede einzelne Sekunde, in der ich versuchte das verdammte Schloss aufzubekommen, fühlte sich wie Stunden an. Langsam trat Schweiß auf meine Stirn. Würde man mich jetzt erwischen würde ich sicher wieder im Haus eingesperrt werden und vierundzwanzig Stunden unter Aufsicht stehen… „Verdammt.“ In der Hektik rutschte ich ab und schnitt mir in die Hand, doch auch das hielt mich nicht von meinem Vorhaben ab. Tatsächlich hörte ich nach nur weiteren drei Minuten – die sich wie Jahre anfühlten – ein leises ‚ Klick! ‘ und der U-Bügel des Schlosses wurde aus dem Gehäuse gefedert. Mehr als ein Stein fiel mir vom Herzen und ich atmete einmal leise erleichtert auf. Schnell fasste ich mich wieder und zog vorsichtig das Schloss von der Käfigtür. Ich kann es kaum glauben, endlich würde ich ein paar gefangene Dämonen in die Freiheit entlassen können. Ich öffnete die Türe des Gefängnisses und war schon mehr als überglücklich, als ich plötzlich eine mir nur allzu bekannte Stimme vernahm. „Naoko!“ Ich hielt in der Bewegung inne, war wie erstarrt. Langsam schluckte ich und versuchte wieder die Kontrolle über meinen Körper zu erhalten. Wie in Zeitlupe drehte ich mich um und sah dort meinen Vater. Mit strengem Blick sah er mich an und man konnte klar erkennen, dass er mehr als wütend war. Hinter ihm konnte ich noch drei weitere Gestalten ausmachen. Zwei dieser Zukunftstypen, von denen für mich alle gleich aussehen und Takeo, diesen miesen Verräter. Schon sein dämliches Grinsen alleine ließ mich nicht mehr daran zweifeln, dass er meinen Vater geholt hatte. So tief war er also schon gesunken… oder bessergesagt so hoch war er im Ansehen meines Vaters also schon gestiegen. Ich formte ein tonloses „Mistkerl.“ mit meinen Lippen, mein Blick lag die ganze Zeit über auf ihm. Feige, wie ich es nie von ihm erwartet hätte, wand er den Blick ab und fing an nervös mit seinen Fingern herumzuspielen. Da mir erst da auffiel, dass mein Vater schon die ganze Zeit über gemeckert hatte, konzentrierte ich mich wieder auf ihn. Takeo sah jetzt sowieso weg… Nach zirka drei Sekunden erschrak ich ziemlich heftig, als ich plötzlich etwas Flauschiges an meinen hinter dem Rücken verschränkten Händen spürte. Ohne mich umzudrehen tastete ich, es fühlte sich an wie…Fell. Die Fuchsyoukais, der Käfig… Anscheinend hatte niemand meinen Schreck bemerkt, wobei man das bei diesen Zukunftsbesserwissern mit ihren Helmen nie genau sagen konnte. Man sah nie ihr Gesicht oder ihre Augen, alles wurde von einem schwarzen Helmvisier, wie sie es nannten, verschluckt. Als einer ebendieser vermummten Gestalten meinen Vater kurz an die Schulter tippte und alle bald schon in eine heftige Diskussion verfielen, witterte ich meine Chance und drehte mich schnell um. Eine Fuchsyõkai schob ein viel kleineres Exemplar ihrer Sorte in meine Hände. Wollte die Dämonin dass ich das Kleine wegbringe? „Deine Tochter?“, flüsterte ich so leise es ging, doch sie sah mich weiterhin nur aufmerksam an. „Dein Sohn?“, versuchte ich es nochmals und sie schien nach dieser Frage leicht zu lächeln – so gut das in Tiergestalt eben ging – und nickte. Schritte näherten sich mir, also versteckte ich den kleinen schnell in meinem Kimono. „Hier, die Ladung ist noch vollzählig.“, rief mein Vater barsch, vermutlich dachten sie ich hätte schon welche befreit. Wie recht sie damit hatten… Sofort befestigte er das Schloss wieder am Käfig und übergab ihn und fünf der anderen an die Männer. Die Dämonenmutter warf mir noch einen flüchtigen dankbaren Blick zu, ehe sie in dem Lichtstrudel und so auch aus meiner Zeit verschwand. Nie wieder würde sie ihren Sohn sehen. Alles in mir zog sich zusammen, das soll Gleichgewicht sein? Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich blinzelte sie weg. Nicht an diesem Ort, hier muss ich stark bleiben. Für die Youkais. „Komm mit.“, unsanft packte mich mein Vater am Arm und zog mich mit sich. Ich ahnte wohin… Im Dorf angekommen, klopfte er an die vorderste Hütte. Eine Frau mittleren Alters, mit schon teils ergrautem Haar warf zuerst meinem Vater und dann mir einen giftigen Blick zu. „Was wollt ihr?“, fragte sie mit leicht aggressiven Ton in der Stimme. Vermutlich wusste sie genauso gut wie ich was jetzt kommen würde und sie war anscheinend auch genauso begeistert wie ich. „Anko, ich bitte dich, pass heute auf meine Tochter auf, sie kennt keinen Gehorsam und widersetzt sich meinen Befehlen.“ Die ältere Frau sah zwar immer noch griesgrämig drein, doch ihr Mund verzog sich von einer entnervten Fratze zu einem gleichgültigen Strich. „Meinetwegen.“, murmelte sie und machte Platz, damit ich eintreten konnte. Mit einem Fuß schon über der Schwelle, wurde ich von meinem Vater zurückgerissen. „Nein, sie wird in meinem Heim bewacht.“ Ich unterdrückte ein Stöhnen, wie ich das doch hasste… Mit den Nerven vollkommen am Ende kam ich dann irgendwann wieder in meinem Zimmer an, das auch prompt von meiner Aufpasserin abgesperrt wurde. Wie hatte ich es eigentlich geschafft den Kleinen die ganze Zeit zu verstecken? Vorsichtig legte ich den mittlerweile eingeschlafenen Jungyoukai auf mein Kopfkissen und beobachtete ihn stumm. Der Tag muss schrecklich für ihn gewesen sein. Zuerst greift man ihn mit dieser seltsamen Waffe an – was soweit ich weiß sehr schmerzhaft ist – und dann sperren sie ihn in einen Käfig, wollen Tests und Experimente mit ihm durchführen. So wie sie es mit seiner Mutter machen werden. Meine Gedanken gingen wieder zurück zu den Käfigen. Sie haben eine Familie auseinander gerissen. Der Kleine wird seine Mutter nie wieder sehen. Was ist daran gerecht? Etwas Nasses tropfte auf das Kissen. Tränen, meine Tränen. Jetzt war es auch schon egal ob ich weinte, niemand würde mich in diesem Zimmer sehen. Hier konnte ich mir diese Blöße erlauben. Einfach alles das ich in der letzten Zeit verdrängt hatte, prasselte wieder auf mich ein. Jeder einzelne schwere Gedanke, der mich belastet hatte und jede Erinnerung die meiner Seele einen weiteren Schnitt verpasst hatte. Alles wollte einfach nur endlich raus gelassen werden. Immer mehr Tränen folgten und ich hatte immer größere Mühe die aufkommenden Schluchzer zu unterdrücken. Wenn die Zukunft so aussieht, lohnt es sich dann noch für seine Ziele zu kämpfen? Alles war gut, doch dann… Dann müssen irgendwelche Männer aus der Zukunft auftauchen und meinem Vater Hirngespinste in den Kopf setzen. Ihm einreden dass die Youkais die Menschheit auslöschen würden, sollte man sie nicht schon im Mittelalter vernichten. Natürlich waren die Youkai teilweise blutrünstige Wesen, doch das lag nun mal in ihrer Natur. In meiner Kindheit hatte ich sie selbst verachtet, so werden wir Menschen doch hier erzogen… Aber es gibt andere unter ihnen, freundliche… Nicht alle sind von Grund auf schlecht. Die Mutter des kleinen Fuchses war das beste Beispiel. Sie wusste von ihrem Tod, doch sie sorgte sich um ihren Sohn. Ich schlug mit der Faust auf mein Bett, bereute es aber im nächsten Moment schon wieder, denn der kleine öffnete langsam seine seiner Mutter so ähnlichen Augen und sah sich verwirrt um. Sein Blick schweifte durch das Zimmer und blieb an mir hängen. So viele Emotionen konnte ich in den kleinen Knopfaugen lesen. Allen voran Verwirrung und Angst. Traurig senkte ich den Blick und flüsterte ein „Tut mir leid.“ Helfen würde es dem Fuchsyoukai aber nicht. Ich selbst fühlte mich schuldig. Schuldig für das Verhalten der Menschen, meines Dorfes, meines Vaters. Der kleine Youkai versuchte erneut Blickkontakt mit mir herzustellen, doch ich konnte ihn nicht ansehen. Feige wandte ich den Blick ab. Ein kleiner winselnder Laut brachte mich aber dann doch dazu ihn wieder anzusehen. Wider erwarten fand ich in seinen Augen weder Abscheu noch Ekel vor. Sein Blick hatte verständlicherweise etwas Trauriges an sich, doch eine Sache verwunderte mich noch mehr. Die zweite Emotion, die ich in seinen Knopfaugen vorfand. Es wirkte so als wolle er mich… aufmuntern. Mich, die zu denen gehört, die seine Familie zerstört haben. Sein Leben zerstört haben… Vorsichtig tapste er auf mich zu und stupste mich mit seinem kleinen Näschen an. Wo nahm er seinen Mut und seine Kraft bloß her? Mir ein Beispiel an dem Kleinen nehmend, atmete ich tief durch und wischte mir die Tränen vom Gesicht. Ich hatte mir geschworen immer stark zu bleiben und für meine Ziele zu kämpfen. Meine Ziele diese Wahnsinnigen aufzuhalten und den Youkais zu helfen. Damit alles wieder so wird wie früher. Alleine kann ich vielleicht nichts ausrichten, aber wenn ich jemanden finde der mir hilft… Mein Blick wanderte zu dem Kleinen. Wenn ich einen mächtigen Youkai finde… Einen der es mit den „Menschen der Zukunft“ aufnehmen kann… Voller Tatendrang sprang ich auf und suchte mir das nötigste zusammen. Meinen Dolch, um mir Nahrung zu fangen und mich zu verteidigen, eine kleine Decke, um nicht auf dem blanken Boden schlafen zu müssen und eine Holzschale, um beispielsweise Beeren sammeln zu können. Gerade als ich diese Dinge in einem Lederbeutel verstauen wollte, fielen mir auch noch meine zwei Feuersteine ein, die ich einst von Takeo geschenkt bekommen hatte. Als wir noch ein Herz und eine Seele waren… Schnell packte ich die Dinge in dem Beutel und verschloss ihn so gut es ging. Ich konnte es mir nicht leisten irgendetwas meiner überlebenswichtigen Dinge zu verlieren. Damit mich niemand als Tochter einer reichen Familie erkennen würde, entledigte ich mich meines teuren Kimonos und suchte in meiner Kleidertruhe nach meinem schlichten orangefarbenen. Schnell wurde ich fündig und beeilte mich mit dem anziehen. Nachdem ich alles mit einem gelborangen Obi befestigt hatte, schulterte ich meine Ledertasche, versteckte den Kleinen wieder in meinem Kimono und öffnete möglichst leise mein Fenster. Mit gemischten Gefühlen sah ich in die Tiefe. Würde ich diesen Weg wählen, würde es kein Zurück mehr geben, doch ich wusste genau, dass es der richtige war und so nahm ich all meinen Mut zusammen und tat den letzten Schritt, sprang. Bei der Landung drückte ich den Kleinen automatisch fester an mich und rannte ohne mich noch einmal umzudrehen auf den dichten Wald zu. Ich wusste nicht wann ich zurückkehren würde, ob ich zurückkehren würde, doch es war mir egal. Nichts würde mir hier fehlen. Erst als ich nicht mehr laufen konnte, blieb ich stehen. Schwer atmend setzte ich mich auf einen umgestürzten Baum, zum Glück konnte man das Dorf nicht mehr sehen. Behutsam setzte ich den kleinen vor mir auf den Boden und beobachtete ihn stumm. „Wenn du willst kannst du gehen.“, flüsterte ich nach einiger Zeit, doch er tat nur einen Schritt in meine Richtung und sprang auf meinen Schoß. „Du brauchst noch einen Namen.“, fuhr ich leicht lächelnd fort und streichelte gedankenverloren über seinen Kopf. Aufmerksam sah er mich an. „Ich werde dich Ichiro nennen.“, sagte ich mit fester Stimme und anscheinend war auch er mit meiner Namenswahl zufrieden. „Komm, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“, rief ich und hob den kleinen wieder hoch. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, machten wir uns auf den Weg zu einem uns noch unbekannten Ziel. Kapitel 2: Jäger und Gejagte ---------------------------- „Du brauchst noch einen Namen.“, fuhr ich leicht lächelnd fort und streichelte gedankenverloren über seinen Kopf. Aufmerksam sah er mich an. „Ich werde dich Ichiro nennen.“, sagte ich mit fester Stimme und anscheinend war auch er mit meiner Namenswahl zufrieden. „Komm, wir haben noch einen weiten Weg vor uns.“, rief ich und hob den kleinen wieder hoch. Mit einem leichten Lächelnd auf den Lippen, machten wir uns auf den Weg zu einem uns noch unbekannten Ziel. Ein Gähnen war zu hören. Das Mädchen im orangefarbenen Gewand war sichtlich erschöpft, dachte aber nicht daran stehen zu bleiben. Der kleine Youkai in ihrem Kimono war schon längst eingeschlafen und half ihr so nicht gerade dabei wach zu bleiben. Einzig das Licht der aufgehenden Sonne half ihr in ihrem Vorhaben. Sie durfte nicht einschlafen, wenn ihre Abwesenheit bemerkt werden würde, würde man sie suchen und sicherlich auch finden. „Autsch!“ Das Mädchen war über eine Wurzel gestolpert und so wurde der Jungyoukai unsanft aus seinem Schlaf gerissen. Mit einem dumpfen Geräusch purzelte er auf den Boden, wo er erst verwirrt liegen blieb und sich anschließend verschlafen umsah. „Tut mir leid.“, murmelte Naoko und unterdrückte ein weiteres Gähnen. Würde sie nicht bald eine Pause machen, würde sie noch ohnmächtig werden. Vorsichtig rappelte sie sich wieder auf und legte den Youkai zurück in ihren Kimono. Nach zirka einer Viertelstunde vernahm die Flüchtende ein leises plätschern. Ein Fluss. schoss es ihr durch den Kopf und sie beschleunigte mit neu gewonnener Energie ihre Schritte. Tatsächlich wurde das Plätschern mit jedem Schritt den sie tat lauter und bald schon entdeckte sie einen kleinen Fluss, versteckt hinter dichten Büschen. Hier konnte sie auch eine Pause machen, hier würde sie so schnell niemand finden. Erleichtert atmete das Mädchen durch und legte den schon wieder schlafenden Ichiro auf einen kleinen Stein. Naoko kniete sich an den Rand des Flusses, wo sie sich mit dem kalten Wasser ihr Gesicht wusch, um wieder etwas wach zu werden. Anschließend trank sie noch etwas der kristallklaren Flüssigkeit. „Genau das habe ich jetzt gebraucht.“, murmelte sie ehe sie sich in die grüne Wiese setzte und zufrieden die Augen schloss. So merkte sie auch gar nicht, wie sie immer mehr in das Land der Träume abdriftete und schließlich ganz einschlief. Ichiro, der kurz darauf wach wurde, kuschelte sich an ihre Seite. Erst als sie eine ihrer langen, kupferfarbenen Haarsträhnen an der Nase kitzelte, wurde sie langsam wieder wach und streckte sich ausgiebig. Anschließend öffnete sie langsam ihre Augen, doch als sie sah wo sie sich befand, fiel ihr alles wieder ein und die ungewöhnlich hellbraunen Iriden weiteten sich geschockt. Nein, ich bin eingeschlafen. erschrocken sprang sie auf. Zu schnell, denn ein leichter Schwindel ließ sie kurz taumeln, doch sie kniff nur kurz die Augen zusammen, hatte keine Zeit zu verlieren. In ihrer Eile hätte sie fast Ichiro vergessen. Ob es normal ist, dass er so viel schläft? Er ist zwar ein Kind, doch er ist auch ein Youkai… Andererseits hat er so viel Schreckliches erlebt, er muss komplett neben der Spur sein… Aber er schläft doch nur noch… Schulterzuckend hob sie den Kleinen hoch und verstaute ihn wieder in ihrem Kimono. Neu gestärkt machte sie sich wieder auf den Weg. Jetzt müsste sie nur noch etwas zu essen finden… „Na, siehst du Ichiro. Deshalb ist es immer praktisch eine Schüssel dabeizuhaben.“ Lächelnd füllte Naoko ihre Holzschale mit einigen saftigen roten Beeren. Ichiro bellte nur fröhlich. Seit er wach war, war er nie von ihrer Seite gewichen. „Und wenn wir Glück haben, dann finden wir auch noch ein paar Pilze oder Kräuter.“, sprach das Mädchen munter weiter und sammelte auch gleich noch einige getrocknete Äste auf. Nachher beim Feuer machen werden die bestimmt noch nützlich sein. „Wie ist das eigentlich mit dir?“, sprach sie den Kleinen nach einiger Zeit an. „Du kannst noch nicht selbst jagen oder?“ Traurig senkte der Jungyoukai das Köpfchen, doch Naoko munterte ihn schnell wieder auf. „Hey, das ist doch nicht schlimm. Ich helfe dir nachher einfach. Oder hast du gedacht ich zwinge dich Blätter und Wurzeln zu essen?“, kicherte sie, während sie ein paar der Beeren naschte. Ein plötzliches Knacksen ließ Naoko erstarren. Haben sie mich gefunden? Angestrengt horchte sie in die Stille und erst als ihr schwindelig wurde merkte sie, dass sie die ganze Zeit über die Luft angehalten hatte. Schnell atmete sie durch, nur um im nächsten Moment hinter einem Baum zu verschwinden. Bitte lass es niemanden aus meinem Dorf sein. Ichiro schnüffelte in der Luft, wirkte aber nicht sehr verängstigt, also trat Naoko wieder aus ihrem Versteck und sah sich prüfend um. Erneut knackste es, gefolgt von einem rascheln in einem kleinen Busch. Naoko zog ihren Dolch und bewegte sich langsam auf die Geräuschquelle zu. Schritt für Schritt näherte sie sich und umklammerte ihre Waffe immer fester. Nur noch ein Schritt, dann könnte sie problemlos in den Strauch fassen, doch sie zögerte noch kurz, schluckte. Sie hob das Bein, setzte zum letzten Schritt an, doch dann schoss plötzlich etwas aus dem kleinen Busch, direkt auf Naoko zu, die einen kurzen Schreckensschrei ausstieß, nach hinten stolperte und unsanft auf ihrem Hintern landete. Kurz blieb sie noch sitzen, konnte selbst kaum fassen was gerade passiert war. Sie hatte sich beinahe zu Tode erschrocken. Wegen einem einfachen…Kaninchen. Selbst Ichiro stieß keckernde, belustigt klingende Laute aus. Er lachte sie aus. „Anstatt mich auszulachen hättest du auch die Verfolgung aufnehmen können. So hast du eben nichts zu essen.“, murrte Naoko, während sie aufstand und sich den Dreck vom Kimono klopfte. Wie peinlich ihr das Geschehene war, konnte man nur zu gut aus ihrer Stimme heraushören. „Geben wir es einfach zu, wir beide sind so gut wie verloren. Wir werden nichtmal mit einem einfachen Hasen fertig. Was tun wir wenn bösartige Youkais kommen? Ich hätte nicht gedacht, dass wir so dringend hilfe brauchen…“, seufzte Naoko und steckte ihren Dolch wieder weg. Daran hatte sie noch gar nicht gedacht, so überstürzt war sie fortgelaufen… Sie war ein Mensch, wurde von den Youkais verachtet. Schon früher war das immer so, doch seit die „Menschen der Zukunft“ Youkais töten, hassten sie die Menschen abgrundtief und mit jeder Faser ihres Körpers. Deshalb hatte sich Naoko auch für einen schlichten Kimono entschieden, würde man sie als eine Sarana erkennen, wäre sie schneller tot als sie schnipsen könnte. „Was wenn wir uns langsam ein Lager suchen?“, fragte sie nach einiger Zeit nachdenklich. So sah sie auch nicht wie Ichiro nickte, der sich daraufhin durch ein lautes bellen bemerkbar machte. „Pst!“, rief die Kupferhaarige daraufhin erschrocken und horchte. Wir dürfen nicht auffallen, sonst finden sie uns! Nur wenige Sekunden später vernahm das Mädchen ein leises Stimmengemurmel und knackende Äste. „Oh nein.“, flüsterte sie, hob Ichiro schnell hoch und rannte weg. Wohin jetzt? Wir müssen uns doch hier irgendwo verstecken können. Panisch sah sie sich um und musste öfters ihr Gleichgewicht unter Beweis stellen, denn der Boden war mit nicht nur einer tückischen Wurzel bestückt. Als sie schon kurz vor dem Verzweifeln war, erblickte sie eine kleine Höhle. Perfekt! schoss es ihr durch den Kopf, ehe sie mit Ichiro im Arm auf das gefundene Versteck zuhastete. Im inneren der Höhle war es stockdunkel, also drückte sie sich so eng sie nur konnte an die felsige Wand und hoffte man würde sie nicht entdecken. Ichiro sprang von ihrem Arm und versteckte sich hinter ihrem Bein. Hoffentlich bleibt er ruhig. Nur kurze Zeit später konnte sie in einigen Metern Entfernung eine Gruppe von Männern ausmachen. Sie erkannte einige. Krieger aus dem Dorf. „Ich habe dir doch gesagt da war nichts.“, rief einer der Suchenden und schlug einem kleineren mit der Faust auf den Kopf. „Meister Takeru hat uns ein Zeitlimit für den Auftrag gegeben und wir verschwenden einen wertvollen Teil davon, weil du etwas gehört haben willst. Sollte der Meister wütend werden wirst du einen Kopf kürzer gemacht, verstanden!“ Noch ehe der eher schmächtige junge Mann zu einer Antwort ansetzen konnte, war sein Vorgesetzter mit dem Rest seiner Truppe losmarschiert. Schnell holte er auf und so bemerkte niemand die Höhle oder die erleichtert aufatmende Naoko. „Das war knapp.“, flüsterte sie und ließ sich an der Wand hinabsinken. Einmal atmete sie noch tief durch, ehe sie sich wieder erhob und ihren Begleiter anlächelte. „Komm, jetzt suchen wir uns wirklich ein Nachtlager und bevor du mich wieder schief ansiehst, Höhlen sind mir nicht geheuer. Da spreche ich aus Erfahrung. Die sind dunkel, unsicher und meist auch bewohnt.“ Noch keine drei Schritte aus der Höhle, hörte Naoko einen lauten Knall aus dem inneren dieser. Natürlich erschrak sie leicht, doch das war nichts gegen Ichiros Reaktion. Der Kleine sprang einen Meter hoch in die Luft, stieß einen fauchenden Laut aus und plusterte sich auf das dreifache seiner Körpergröße auf. Naoko vergaß völlig den Grund für seine Angst und konnte sich vor Lachen kaum noch auf den Beinen halten. „Bist du ein Fuchs oder eine Katze? Vielleicht sollte ich dich ab jetzt nur noch Angsthase nennen. Ja, der Name passt doch viel besser.“, scherzte sie und ignorierte Ichiros warnendes Knurren völlig. Ein erneutes leises Rumpeln aus der Höhle ließ Naoko innehalten. „Komm, wir sehen nach was das war.“, flüsterte sie dem mittlerweile zitterndem Dämonenkind zu. „Angsthase, wo bleibst du denn?“, fragte sie belustigt, als er sich immer noch nicht von der Stelle gerührt hatte. Als Antwort erhielt sie ein erbostes Knurren, doch schließlich tapste der fast wie ein gewöhnlicher Fuchs wirkende Jungyoukai dem kupferhaarigen Mädchen nach. „Ichiro, ab jetzt musst du für mich sehen, es ist einfach zu dunkel hier.“, flüsterte sie dem Kleinen nach nur wenigen Schritten zu und verlangsamte ihr Tempo. Vorsichtig tastete sie sich an der Wand entlang und stolperte mehrmals fast über irgendwelche Steine auf dem Höhlenboden. Nach nur wenigen weiteren Minuten hörte sie ein leises Schaben, wie Krallen auf einem Boden. „Ichiro bist du das?“, flüsterte sie in die Stille und erhielt ein zustimmendes Bellen. „Was siehst du?“, fragte sie weiter, erhielt aber keine Antwort mehr. Stattdessen zerrte er an ihrem Kimono, wollte sie an eine bestimmte Stelle führen. Ichiro blieb stehen, zog sie aber nach unten, also hockte sie sich auf den Boden. „Ichiro? Was ist da?“ Der Kleine packte ihren Kimonoärmel und zog ihren Arm nach vorne. Naoko streckte die Finger aus. Was will er mir zeigen? Vorsichtig bewegte sie ihre Finger umher, bekam aber nichts zu fassen. Dann plötzlich fühlte sie einen kleinen Berg abgebröckelter Steine. Teile der Höhle müssen eingestürzt sein. Sie fuhr an den Steine entlang nach unten und fühlte plötzlich…Fell. Erschrocken zuckte sie zurück. Was ist das? Ichiro knurrte leise. Will er dass ich nach dem felligen Ding taste? Vorsichtig streckte Naoko ihre Hand wieder aus und tastete mit den Fingern. Da sind wieder die Steine. Ihre Hand fuhr nach unten. Erneut bekam sie etwas Felliges zu fassen, doch diesmal zuckte sie nicht zurück, sondern tastete weiter. Es war weich, doch nicht sehr flauschig. Naoko fuhr mit der Hand weiter. Sind das…Ohren, ist das ein…Hase? „Ichiro, ist das ein Hase?“ Als Antwort erhielt sie ein fröhliches Bellen. Also doch. Leise kicherte Naoko. „Na siehst du, jetzt bekommst du doch noch deinen Hasen. Wir müssen ihn nur noch irgendwie unter den Trümmern hervor bekommen.“ Sofort versuchte Naoko die Steine anzuheben, doch ein klarer Nachteil für sie, war die fehlende Sicht. „Ichiro, wenn du heute ein Abendessen haben willst, dann musst du mir mit helfen.“ Ohne auf die Worte des Mädchens zu achten, sprang der Kleine einfach auf die Trümmer zu und zerrte am Körper des halb begrabenem Hasen. Mit einem Geräusch, das einem Knurren ähnelte, purzelte er schließlich mit dem Hasen im Maul nach hinten und konnte nur knapp den nachbröckelnden Steinbrocken ausweichen. „So kann man es auch machen…“, murmelte Naoko, die aus den Geräuschen schloss, dass ihr Schützling den Hasen schon „befreit“ hatte. Später am selben Tag, saßen die beiden ungleichen Reisegefährten an einem kleinen Feuer beisammen und grillten den Hasen und die gefundenen Pilze. Ichiros Augen wurden immer größer, als sich der Geruch des gegrillten Fleisches auf der Waldlichtung ausbreitete. „Du sabberst.“, stellte das Mädchen belustigt fest und streichelte dem Fuchs über den Kopf. So wohl hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. Kapitel 3: Kälte ---------------- Später am selben Tag, saßen die beiden ungleichen Reisegefährten an einem kleinen Feuer beisammen und grillten den Hasen und die gefundenen Pilze. Ichiros Augen wurden immer größer, als sich der Geruch des gegrillten Fleisches auf der Waldlichtung ausbreitete. „Du sabberst.“, stellte das Mädchen belustigt fest und streichelte dem Fuchs über den Kopf. So wohl hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt. „Was denkst du Ichi, wird uns jemand helfen?“ Mit zittriger Stimme sprach sie mit ihrem Schützling. Bis zum Hals war sie im eiskalten Fluss untergetaucht. „D…Daran werde ich mich wohl n…nie gewöh…öhnen.“, fuhr sie fort, ehe sie sich aus dem Wasser erhob und sich zum Trocknen in das Gras setzte. Der Kleine steckte seinen Kopf in den Lederbeutel und zog die Decke hervor, die er anschließend zu Naoko schleifte. „D…Danke.“, stotterte sie und hüllte sich in dem Tuch ein. Erst nach wenigen Minuten hörte das Zittern auf und ihr Körper wärmte sich langsam wieder auf. „Es ist ganz schön kalt geworden.“, flüsterte sie mehr zu sich selbst als zu Ichiro, doch natürlich hörte er es. „Wir sollten uns wieder auf den Weg machen.“ Schon den halben Tag war das seltsame Gespann wieder unterwegs. Mit leerem Magen spazierten sie durch den immer noch dichten Wald. „Hat dieser Wald denn gar kein Ende? Wo ich auch hinsehe, sehe ich nur Bäume.“ Noch nie war das Mädchen so weit von ihrem Dorf weg gewesen. „Und Beeren haben wir auch keine mehr…“, fügte sie murmelnd hinzu, ehe sie gedankenverloren seufzte und zum Himmel aufblickte. Dunkle Wolken zogen auf und begannen die Sonne zu verdecken. Das konnte man sogar durch das dichte Blätterdach erkennen. „Na toll, bald wird es regnen und wir können auf dem nassen Boden schlafen, da wäre mir sogar noch die dunkle, einbruchsgefährdete Höhle lieber gewesen…“ Ich kann es mir nicht leisten jetzt krank zu werden. Ichiro, der besorgt zu seiner Reisepartnerin aufblickte, wusste wie schnell Menschen krank werden können und hoffte ebenfalls bald einen Unterschlupf zu finden, der trocken bleiben würde. Wenigstens so halbwegs… Nach nur wenigen Minuten konnte man ein leises tropfen hören, das langsam zu einem beruhigendem Rauschen wurde. Anfangs blieb der Waldboden noch trocken, doch nach und nach bahnte sich das Regenwasser einen Weg über die Blätter und Stämme der Bäume. Nebel zog auf und die Temperatur sank unaufhörlich. Beunruhigt sah Naoko sich um. Hier muss doch irgendwo eine Höhle sein… „Ichiro? Kannst du vorlaufen und eine Höhle suchen? Ich werde versuchen noch trockenes Feuerholz zu finden.“ Sofort machte sich der Kleine auf den Weg. Naoko sah ihm nach, bis er vollständig aus ihrem Blickfeld verschwunden war. Hoffentlich passiert ihm nichts. Ein greller Blitz und der in einem Sekundenbruchteil folgende Donner, rissen sie aus ihren Gedanken und ließen sie erschrocken zusammenzucken. Ich muss Holz finden. bevor alles nass wird und wir in der Kälte schlafen müssen. Sofort setze die Kupferhaarige ihr Vorhaben in die Tat um, fand aber nur wenige Holzstücke, die noch nicht vom Regen aufgeweicht waren. Wenigstens werden nach dem Regen viele neue Pilze wachsen. Auf ihrer Suche nach Feuerholz fand sie auch noch einige essbare Wurzeln. Zwar war es nur wenig und auch nicht sehr schmackhaft, doch sie konnte froh sein bei diesem Wetter wenigstens irgendwas Essbares zu finden. Aber was ist mit Ichiro? Was soll ich ihm zu essen geben? Innerlich hoffte das Mädchen, dass er wenigstens noch etwas vom Hasen gesättigt war, auch wenn sie dies sehr stark bezweifelte. Immerhin war er ein Kind und hatte sich den ohnehin nur winzigen Hasen auch noch mit ihr geteilt. Andererseits war er ein Youkai und diese brauchten weniger Nahrung als Menschen… Kopfschüttelnd machte sie sich wieder auf die Suche nach Holz und Nahrung. Sie durfte nicht in Gedanken versinken, sie musste zuerst für sich und ihren Schützling etwas zu essen auftreiben. Viele Blitz- und Donnerschläge lang, suchte sie weiter und fand weder weiteres Holz noch Essen und Unterkunft schon gar keine. Das Mädchen klapperte mit den Zähnen, Haare und Kleidung waren völlig durchnässt, klebten an ihrer Haut, doch sie ignorierte es. Kämpfte sich tapfer weiter über die unzähligen, durch den Regen noch gefährlicher gewordenen, Stolperfallen des Waldes. „Beeren!“, stellte sie fröhlich fest, formte aus ihren schon blau werdenden Lippen ein Lächeln und rannte vorsichtig auf den Strauch zu, nur um enttäuscht festzustellen, dass es sich um giftige handelt. . Mut- und kraftlos ließ sie sich auf die Knie sinken und lehnte sich gegen einen durchnässten Baumstamm. Ich hätte nie von zu Hause fortlaufen sollen, was kann ich schon ausrichten? Müdigkeit breitete sich aus und drohte das Mädchen zu übermannen, doch sie hielt sich tapfer wach. ❈❀❁❀❈ „Mein Herr.“ Ein Diener kniete sich vor das Oberhaupt der Saranas. Takeru. „Wir konnten Eure Tochter nicht finden, ebensowenig wie wir neue Youkais aufspüren konnten.“ Takeru verengte seine Augen zu schlitzen. „Was soll das heißen, ihr konntet keine Youkais finden?“ Überrascht hob der Kniende den Kopf. „Aber mein Herr, sorgt ihr Euch gar nicht um Eure Tochter?“ „Die ist ohnehin schon tot.“ Er wandte den gelangweilten Blick zu dem Fenster. „Und wenn nicht, dann wird das das Gewitter erledigen.“ Seine Stimme war emotionslos, beinahe gleichgültig. Erschrocken blickte der ebenfalls anwesende Takeo zu dem einflussreichen Mann. „Aber es geht um Naoko, sie ist deine… ich meine Eure… sie ist Eure To…“ Sofort unterbrach er Naokos ehemals besten Freund. „Naoko ist nicht meine Tochter. In dem Zeitpunkt, in dem sie dieses Haus verlassen hat, um irgendwelchen Monstern zu helfen, in diesem Zeitpunkt hat sie alle Bänder zu mir gekappt. In diesem Zeitpunkt ist sie für mich gestorben, es ist so, als hätte es sie nie gegeben, es hat sie nie gegeben.“ Seine Hände zitterten vor unterdrückter Wut, als er dem jungen Mann antwortete und sich anschließend erhob um den Raum zu verlassen. Dort hinterließ er zwei geschockte Personen… ❈❀❁❀❈ War es die wohlige Wärme eines Kamines, nach der sie ihre Finger ausstreckte? Zufrieden seufzte Naoko, doch etwas wollte nicht ins Bild passen. Dieses Gefühl, als würde jemand an ihrem Bein zerren. Als sie dann auch noch einen leichten stechenden Schmerz an diesem spürte, riss sie erschrocken die Augen auf. Das erste was sie sah, war trister, kalter Wald. Sie war eingeschlafen, hatte einen Traum… Aber wer hat dann an meinem Bein gezerrt? Vorsichtig wandte sie den Blick zu diesem und sah in die besorgten Augen Ichiros. „Ichiro?“, fragte sie mit leiser, kratziger Stimme. Ihr Hals schmerzte unangenehm und ihr war schrecklich kalt. Ihre Finger, die auf dem aufgeweichten Moos des Waldbodens ruhten, waren schon ganz rot und steif geworden. Der Kleine wand den Blick wieder ab und zerrte weiter an ihrem Bein, wollte sie dazu bringen aufzustehen. Laut bellte er sie an, klang verzweifelt dabei. Er sorgt sich um mich, will dass ich aufstehe. Naoko nahm ihre ganze Kraft zusammen und stemmte sich hoch. Fast hätten ihre Arme nachgegeben und sie wäre auf den harten Boden zurückgefallen, doch sie dachte nicht daran aufzugeben. Sie biss die klappernden Zähne zusammen und erhob sich endgültig. Ichiro nickte mit dem Köpfchen in eine Richtung und wartete darauf, das Naoko sich in diese bewegte. Als sie den ersten Schritt tat, rutschte sie auch gleicht auf einem nassen Blatt, das auf einer rutschigen Wurzel lag aus, konnte sich aber noch an einem Baum abstützen. Ich muss besser aufpassen… Der Kleine Youkai trat langsam wieder neben sie und wartete bis sie einen weiteren Schritt tat. So kamen sie langsam voran und kamen nach sich ewig lang anfühlenden zehn Minuten bei einer kleinen Höhle an. „Ichiro, du hast wirklich eine Höhle gefunden.“ Dankbar sah sie den kleinen Fuchs an und bewegte sich auf den kleinen Eingang dieser zu. Die Höhle war zwar nur klein, doch für sie und Ichiro reichte es völlig. Erschöpft lehnte sich Naoko an die kalte Felswand. „Na, wollen wir uns ein Feuer machen?“, fragte Naoko mit kränklicher Stimme und erntete ein zustimmendes Bellen. Schnell kramte sie ihre Feuersteine hervor, unterdrückte den Drang an die schönen Zeiten ihrer Kindheit zu denken und entzündete ein wärmendes Feuer. Hoffentlich hält es wenigstens die Nacht über, es ist wirklich nur wenig Holz… Hunger hatte das Mädchen keinen mehr, sie wollte nur noch schlafen, also nahm sie ihre Decke und kuschelte sich damit in die am weitesten vom Eingang entfernte Ecke. Ich darf nicht krank werden. Auf keinen Fall. Würde ich jetzt eine Lungenentzündung bekommen, wäre das mein Todesurteil… Morgen muss ich unbedingt Kräuter gegen meine Halsschmerzen suchen. Mit glasigen Augen blickte sie zu ihrem Retter. Ohne ihn wäre sie wohl erfroren, oder endgültig krank geworden. Sind wir jetzt Quitt? Ich habe ihm das Leben gerettet und er mir… Und doch bleibt er noch bei mir. Sie lächelte ihren Schützling an und flüsterte ein leises „Danke.“, Der Youkai nickte und schien ebenfalls zu lächeln. Anschließend tapste er zu Naoko und kuschelte sich eng an sie. Diese deckte ihn mit der Decke zu und so waren beide geschützt vor der Kälte und dem Regen. Geschützt vor allem Bösen. Kapitel 4: Krankheit und Kräutertee ----------------------------------- Mit glasigen Augen blickte sie zu ihrem Retter. Ohne ihn wäre sie wohl erfroren, oder endgültig krank geworden. Sind wir jetzt Quitt? Ich habe ihm das Leben gerettet und er mir… Und doch bleibt er noch bei mir. Sie lächelte ihren Schützling an und flüsterte ein leises „Danke.“ Der Youkai nickte und schien ebenfalls zu lächeln. Anschließend tapste er zu Naoko und kuschelte sich eng an sie. Diese deckte ihn mit der Decke zu und so waren beide geschützt vor der Kälte und dem Regen. Geschützt vor allem Bösen. Langsam, beinahe schon vorsichtig, öffnete Naoko ihre Augen, schloss sie aber mit einem leisen Stöhnen sofort wieder. Ichiro beobachtete sie besorgt und stupste sie mit der Nase an, doch sie lächelte nur beruhigend und öffnete erneut ihre Augen. Am liebsten hätte sie gesagt „Alles okay.“, doch sie konnte nicht. Nicht nur weil es eine Lüge wäre, sondern auch weil sie ihrer Stimme nicht traute. Ihr Hals schmerzte höllisch und bei jedem schlucken musste sie auf ihre Gesichtszüge achten. Würde sie sie schmerzvoll verziehen, – und dazu war ihr wirklich zumute – würde Ichiro sofort bemerken, dass etwas ganz und gar nicht stimmt. Ihr Blick glitt zu den Überresten des Lagerfeuers. Es rauchte noch leicht, hatte also länger gebrannt als sie gedacht hatte. Naoko streckte sich, doch auch das konnte sie nicht ganz schmerzfrei erledigen. In ihren Gliedern zog es unangenehm und auch sonst wies sie alle typischen Anzeichen einer Erkrankten vor. Ich habe keine Zeit für sowas, ich muss weiter! Widerwillig begann sie zu sprechen. Ihre Stimme klang grauenvoll. „Komm, wir müssen weiter.“ Sie wollte sich erheben, doch Ichiro knurrte sie an. Was? Naoko ließ sich zurücksinken und er wurde wieder ruhig. Er scheint bemerkt zu haben, dass ich nicht so gesund bin wie ich tue… „Dann lass mich wenigstens Holz und Kräuter sammeln gehen.“ Der Jungyoukai schien zu überlegen, schüttelte dann aber doch den Kopf. „So kann ich aber nicht gesund werden.“ Erneut arbeitete es im Kopf des jungen Fuchsdämons, doch plötzlich drehte er sich um und rannte einfach aus der Höhle „Ichiro?“ Lässt er mich jetzt alleine? Naoko war erschrocken, geschockt. Nein, so etwas würde er nie machen! Oder…? Qualvolle Sekunden wurden zu Minuten, doch Ichiro kam nicht wieder. Eine einzelne Träne bahnte sich einen Weg über Naokos Wange. Gerade jetzt, wo ich ihn am meisten brauche… Irgendwann war Naoko eingeschlafen und merkte so auch nicht, wie Ichiro Holzstück für Holzstück in die Höhle schleifte und schließlich sogar ein kleines Eichhörnchen danebenlegte. Mit Kräutern kannte sich der Youkai zwar nicht aus, doch er hatte Naoko neulich beim Pilze sammeln beobachtet und sich den Geruch dieser gut eingeprägt. Zufällig war er wieder auf diesen gestoßen. Schützend setzte er sich neben die schlafende Menschenfrau. Würde auf ihr Erwachen warten und ihr dann zeigen was er geschafft hatte. Ichiro war stolz auf sich. Noch nie hatte er so viel Wichtiges gemacht. Tatsächlich dauerte es nur wenige Minuten, bis Naoko von einem kurzen Hustenanfall geweckt wurde. Ein besorgtes Winseln brachte sie dazu den Blick zu heben. „Ichiro?“ Sie sah in seine dunklen Augen, freute sich ihn wiederzusehen. „Du bist zurück.“ In ihrer Stimme schwang so viel freue mit, das das Mädchen unweigerlich lächeln musste. Der Jungyoukai nickte und drehte das Köpfchen in Richtung Höhleneingang. „Das hast… du gebracht?“ Naoko war sichtlich gerührt. Wie konnte ich nur glauben er würde einfach abhauen und mich meinem Schicksal überlassen? Das Mädchen schämte sich über ihre Gedanken und senkte den Blick. Erst ein lautes Bellen brachte sie dazu ihn wieder zu heben. Ichiro tippte mit einer Pfote auf das Holz und Naoko verstand sofort. Vorsichtig erhob sie sich und wankte zu ihrem Begleiter, wo sie sich wieder auf die Knie fallen ließ und das größtenteils trockene Holz stapelte. Anschließend zückte sie wieder ihre Feuersteine und entzündete das Holz. Erst da fielen ihr das Eichhörnchen und die Pilze auf. „Du hast… wie hast du… danke.“ Viel zu gerührt um einen klaren Satz zu fassen, hob sie den Youkai einfach hoch und umarmte ihn. Sie konnte sich kaum noch erinnern wann sie das letzte Mal so liebevoll gesund gepflegt wurde. Das war als ihre Mutter noch gelebt hatte… Sie noch ein kleines Mädchen gewesen war… Naoko setzte das Fellbüschel wieder ab und spießte die Pilze auf zwei Holzstöcke, die sie einfach von dem Holzstapel nahm. Das Eichhörnchen übergab sie Ichiro, der dieses erst nicht annehmen wollte, dann aber doch nachgab. „Ich werde nachher noch Wasser und Kräuter sammeln müssen.“ Ichiro war nicht gerade begeistert davon, also kaute er einfach kommentarlos auf seinem Eichhörnchen herum. Hm, wie sehen diese Kräuter nochmal aus… Gezackte Blätter, blühen weiß… Schon einige Minuten suchte Naoko nach den Heilkräutern, die ihre Mutter immer für den Tee verwendet hatte. Nichts half ihr besser wenn sie krank war… Ichiro war dicht hinter ihr und wartete nur darauf, dass Naoko ein Exemplar des „Wunderkrautes“ finden würde, denn dann würde er sich den Geruch von diesem einprägen und in der Gegend nach mehr davon suchen können. „Ichiro, sieh mal!“ Tatsächlich hatte sie etwas des Krautes gefunden, jedoch nicht genug um einen Tee daraus zuzubereiten. Die Gegend hier ist allerdings günstig. Hier wächst sicher noch mehr davon. Der Fuchsyoukai schnüffelte an dem Kräuterblatt und prägte sich den Geruch gut ein. „Es gibt auch noch so ein ähnliches Kraut, mit roten Beeren und violetten Sprenkeln auf der Blattunterseite. Dieses ist aber hochgiftig und darf nicht mit diesem verwechselt werden, aber das ist ohnehin nicht wichtig für dich. Du verlässt dich auf deinen Geruchssinn und ich denke nicht, dass die Kräuter einen identischen Geruch haben.“ Trotzdem prägte sich der Youkai die Worte gut ein und rannte anschließend los, um noch mehr des Heilkrautes zu finden. Naoko machte sich unterdessen auf die Suche nach einem Fluss. Diese gestaltete sich bei weitem einfacher, als die nach dem Heilkraut. Vor allem, da man so einen Fluss schon von einiger Entfernung hören kann. Das Mädchen füllte ihre Schale mit der Flüssigkeit und ärgerte sich darüber keinen Kochkessel oder ähnliches mitgenommen zu haben. Auf dem Weg zurück zur Höhle verschüttete sie wegen ihrer zitternden Hände noch einiges des ohnehin nur minimalen Wasservorrates. Warum muss es nur so verdammt kalt sein? Nachdenklich saß Naoko vor dem Feuer. Wie soll ich das jetzt aufwärmen ohne die Schale zu Feuerholz zu machen? Ein plötzliches schabendes Geräusch schreckte sie aus ihren Gedanken. Naoko packte ihren Dolch und stellte sich an die Innenwand der Höhle. Bereit jederzeit einen Überraschungsangriff zu starten, oder sich zu verteidigen. Das Geräusch kam näher, Naoko verstärkte den Griff um ihren Dolch. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Sie hoffte nur, dass das näherkommende Wesen Ichiro nichts getan hatte. Das Schaben wurde schneller, kam näher. Naoko konnte ihren Herzschlag in ihrem Kopf wiederhallen hören und bereitete sich innerlich schon auf einen Kampf vor. Dann plötzlich kam das Wesen, das das schabende Geräusch verursachte um die Ecke und Naoko ließ vor Verwirrung den Dolch sinken. „Ichiro?“ Der kleine Fuchsyoukai hatte nicht nur eine Menge Heilkräuter angeschleppt, sondern lieferte diese auch gleich im praktischen Eisenkessel. „Wo hast du den her?“, fragte Naoko geschockt und vergaß dabei völlig die letzten Minuten, in denen sie ängstlich an der Wand gekauert hatte. Der Kleine brummte nur belustigt und schüttelte sich die Wassertropfen aus seinem Fell. „Geklaut?“, fragte Naoko vorsichtig nach, doch Ichiro schüttelte nur den Kopf. Wie jetzt? Wo hat er ihn dann her, er kann ihn schlecht gekauft haben. Aber wo sollte er ihn geklaut haben, hier ist doch nichts als Wald… Wo hat er diesen Kessel bloß her? Ichiro deutete mit dem Kopf in Richtung der Holzschale und zog eine belustigte Grimasse. Okay, der Kessel ist das Beste, das mir passieren konnte, aber woher hat er ihn? „Ich bin dir wirklich sehr dankbar für den Kessel. Er ist genau das, was ich jetzt brauche, aber ich würde wirklich gerne wissen woher du ihn hast. Ist hier in der Nähe ein Dorf oder hast du ihn von Banditen geklaut?“ Der Kleine schüttelte nur sein Köpfchen und deutete auf den Kessel. Er hat recht. Ich sollte mich der Zubereitung meines Tees widmen und keine wilden Spekulationen beginnen. Naoko nahm die Kräuter aus dem Kessel und verließ mit diesem die Höhle. Davor drehte sie sich aber nochmals zu ihrem Schützling um und flüsterte ein leises „Danke.“ Ichiro nickte nur stumm. Einige Zeit später brodelte der Tee fröhlich vor sich hin und Naoko genoss einfach nur die Ruhe. Ihr ging es schon viel besser, da sie wusste dass sie jemanden hat, der sich um sie sorgt. Kapitel 5: Gesucht, aber auch gefunden? --------------------------------------- Einige Zeit später brodelte der Tee fröhlich vor sich hin und Naoko genoss einfach nur die Ruhe. Ihr ging es schon viel besser, da sie wusste dass sie jemanden hat, der sich um sie sorgt. Von Tag zu Tag besserte sich Naokos Gesundheitszustand. Das Mädchen trank fleißig den bitteren Kräutertee und aß was Ichiro mitbrachte. Der Kleine wurde immer besser im jagen und hatte es sogar schon geschafft alleine einen Hasen zu erlegen. An diesem Tag war er dann verständlicherweise besonders stolz auf sich gewesen und auch Naoko hatte nicht schlecht gestaunt. Die Frage woher er den Kessel überhaupt hatte, hatte sie sich schon lange nicht mehr gestellt, da sie ohnehin nicht mehr auf eine Antwort hoffte. „Weißt du…“, begann das Mädchen kauend „...ich denke wir können uns langsam wieder auf den Weg machen.“ Zwar wirkte der Youkai etwas skeptisch, nickte jedoch nachdem er einen prüfenden Blick aus der Höhle geworfen hatte. Es war wieder wärmer geworden in den letzten Tagen, das Tief hatte sich verzogen. Naoko goss sich den restlichen Tee in ihre Holzschale und leerte diese schnell. Anschließend verstaute sie sie wieder in ihrem Lederbeutel und schulterte diese. „Wir können los.“, verkündete sie fröhlich und schon machten sich die Zwei auf den Weg. Naokos höllische Halsschmerzen waren einem unangenehmen Kratzen gewichen. Ansonsten war sie fast wieder vollkommen gesund. Nur ein leichter Schnupfen brachte sie regelmäßig fast um den Verstand. Im Minutentakt wechselte der Kessel von Naokos rechter in ihre linke Hand und wieder zurück. Das erste Mal seit sie ihn besaß, ging er ihr auf die Nerven und hätte er ihr nicht buchstäblich das Leben gerettet, hätte sie den schwarzen Metallkessel schon längst im nächsten Fluss versenkt. Ichiro keckerte jedes Mal schadenfroh, wenn er sie leise fluchend den Kessel durch die Gegend schwingen sah, worauf sie ihm oftmals böse Blicke zuwarf. So verging die Zeit. Ehe die Zwei es richtig realisierten, war es schon Abend und es begann langsam zu dämmern. „Tja, es ist wieder mal Zeit zur Unterschlupfsuche.“ Lange mussten die Zwei nicht suchen, denn sie folgten schon den ganzen Tag lang einem Fluss und nach gefühlten Kilometern flussaufwärts, kamen sie an einem tosenden Wasserfall an. „Wow.“ Selten hatte Naoko so etwas Beeindruckendes gesehen. „Ich weiß zwar beim besten Willen nicht, wie wir bei diesem Krach schlafen sollen, aber die Aussicht gefällt mir.“ Zufrieden stellte die Kupferhaarige ihren mit auf der Reise gefundenen Nahrungsmitteln gefüllten Kochkessel ab und spazierte gemächlichen Schrittes auf den Fluss zu. Einige Zeit lang starrte sie in das klare Wasser, dann wandte sie sich grinsend zu ihrem Weggefährten. „Wer hat alles Lust auf Fisch?“ „So gefällt mir das schon besser.“, murmelte Naoko kauend und beobachtete die Sterne am Himmel. „Ist es nicht schon hier Ichi?“ Der Kleine ließ als Antwort nur ein Knurren verlauten und knabberte weiter an seinem Abendessen. Noch nie hatte Naoko einen Wasserfall gesehen und nun würde sie sogar in einer Höhle hinter einem solchen übernachten. Die Nacht ging schnell vorüber, wahrscheinlich auch weil sie so gut wie schon lange nicht mehr geschlafen hatte. Das Geräusch der in die Tiefe stürzenden Wassermassen hatte ihre Nachtruhe keinesfalls beeinträchtigt. Ichiro mit seinem feinen Gehör schien es da anders ergangen zu sein… So war es ihm mehr als zuwider, dass Naoko noch eine Nacht an diesem Ort verbringen wollte. Seine Rasse war am „aussterben“ und sie wollte Urlaub machen… Trotzdem war Ichiro aber keinesfalls beleidigt oder gar wütend auf seine menschliche Begleiterin. Sie verbrachten sogar einen recht erholsamen und lustigen Tag. Man darf eben nicht immer ernst sein. „Und schon wieder Abend. Erstaunlich wie schnell die Zeit vergeht…“ Naoko sah der Sonne zu, wie sie immer weiter hinter dem Horizont verschwand, um auf der anderen Seite wieder aufzutauchen. „Morgen gehen wir dann weiter und suchen nach Verstärkung.“, sagte sie leise, wusste aber dass ihr Begleiter es gehört hatte, auch wenn der Lärm des Wasserfalles ihre Stimme beinahe verschluckte. Der Kleine brummte nur kurz zustimmend, ehe er ausgiebig gähnte. „Schon müde?“, scherzte Naoko, wusste aber genau, dass er schon beinahe drei Tage durchgehend wach war. „Keine Sorge, morgen stört dich kein Wasserfall beim Schlafen.“, Ichiro, der schon sitzend k.o. war, nickte nur und gähnte nochmals. Naoko setzte sich ins Gras, das neben dem Fluss wuchs und sah zum Himmel auf. Einzelne Sterne konnte man schon erkennen, so wie einen majestätischen Halbmond. „Wie viel größer und mächtiger der Mond von hier aus aussieht.“, murmelte sie gedankenversunken und war vom Anblick des Wasserfalls im Mondschein so überwältigt, dass sie nicht anders konnte als zu lächeln. Minutenlang saß sie einfach nur da und blickte den Mond, der so aussah als schwebe er nur wenige Zentimeter über der Fallkante des Wasserfalles, an. Auch wenn sie die Magie dieses Ortes so sehr in ihren Bann zog, dass sie ihr Umfeld kaum noch wahrnahm, so entging ihr nicht, dass sich plötzlich eine Person am oberen Ende des Wasserfalles befand. Silbernes Haar schimmerte im Mondlicht. Naoko wusste nicht wem sie ihre Aufmerksamkeit schenken sollte. Dem Mond oder dem Fremden? Beide hatten etwas Magisches und Mysteriöses an sich, beide strahlten dieselbe Stärke aus. Der Fremde blieb noch einen Augenblick stehen, dann sprang er von den Felsen neben dem Wasserfall zehn Meter in die Tiefe. Mit einer Mischung aus Schock und Faszination, beobachtete Naoko wie er nahezu nach unten zu schweben schien und problemlos auf seinen Füßen landete. Langsam bewegte er sich auf das Mädchen zu. In Naokos Kopf begann es zu arbeiten Youkai! Ihre Gedanken ratterten weiter Youkai…in Menschengestalt! Erschrocken wich das Mädchen einen Schritt zurück, was ihrem Gegenüber ein spöttisches Lächeln auf die Lippen brachte, doch so schnell es gekommen war, war es auch schon wieder weg. Naoko war sich nichtmal sicher, ob sie es sich nicht nur eingebildet hatte. Jetzt hast du doch alles was du willst. Einen starken Youkai. Aber warum macht er dich dann so nervös. Ist es weil er dich so ansieht als wolle er dich am liebsten mit bloßen Händen in der Luft zerreißen? Wenige Zentimeter vor dem Mädchen blieb er stehen und blickte mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und Abscheu auf sie hinab. Naoko wollte ihn fragen wer er ist, doch ihr Mund blieb geschlossen. Die Worte blieben ihr im Halse stecken. Warum macht er mich so nervös? Youkai hin oder her, ich muss ihn um hilfe bitten. Ihr Gegenüber verengte die Augen ein klein wenig, er schien innerlich wütend zu sein, blieb aber völlig ruhig. Naoko glaubte seine Augen hätten kurz rot aufgeblitzt, doch als sie in diese sah, bemerkte sie nichts Ungewöhnliches. Nur seine Augen. Wie erfrorenes Gold, so kalt. Wie kann eine so warme Farbe so kalt sein? Naoko war so fasziniert von den Augen des Fremden, dass sie nicht die Hand bemerkte, die sie unsanft am Hals packte und gegen den nächsten Baum schleuderte. Durch den Aufprall wurde sie wieder zurück in die Realität gerissen. Hallo, vor dir steht ein Youkai! Keine Zeit für Tagträumereien! Erschrocken rappelte sich Naoko wieder auf, doch sie wurde sofort am Hals gepackt und gegen den Baum gedrückt. Reflexartig umfasste sie die sie leicht würgende Hand und brachte ein leises „Warum?“ hervor. Der Youkai drückte noch ein wenig fester zu. „Du bist eine dieser Menschen, die glauben die überlegene Rasse zu sein.“ Naokos Augen weiteten sich. „Was? Das ist nicht wahr!“, rief sie schnell. „Pass auf in welchen Ton du mit mir sprichst, Weib! Und lüg mich nicht an.“ Trotz der Wut und Abscheu, die in ihr mitschwang blieb seine Stimme tödlich ruhig. Die Augen des Youkai leuchteten erneut rot auf. Naoko wollte zurückweichen, doch in ihrem Rücken war ein Baumstamm und sie wurde festgehalten. „Du bist eine dieser Saranas. Takeru Saranas Tochter. Man hört viel von dir, du sollst dich doch so um die Youkais Sorgen und versuchen die Menschen aufzuhalten. Lächerlich. Andere glauben dir diesen billigen Trick vielleicht, aber ich nicht. Und dann besitzt du auch noch die Dreistigkeit in meinem Gebiet herumzuschnüffeln und für deinen Vater zu spionieren. Weißt du was ich mit solch niederen Kreaturen wie dir anstelle?“ Zur Demonstration verstärkte der Dämon den Druck um Naokos Hals. „Nein, nein, ich habe nicht gelogen. Bitte, Ihr müsst mir glauben.“ Panik schwang in Naokos Stimme mit. In seinen goldenen Augen spiegelten sich ihre wieder. Das Entsetzen in diesen. „Ihr müsst mir glauben.“, versuchte sie es nochmals, doch der Druck wurde nicht weniger. „Das ist kein mieser Trick, ich will den Youkais wirklich helfen, ich finde es nicht richtig, was die Menschen machen.“, Tränen sammelten sich in Naokos Augen, doch sie konnte sie nicht mehr rechtzeitig wegblinzeln und so bahnten sie sich einen Weg aus diesen und flossen ihre Wangen hinab. „Warum solltest du das tun? Menschen handeln nur aus Eigennutzen. Ich sehe in deinem Tun keinen Sinn für dich, also muss es eine Lüge sein.“, schlussfolgerte er mit emotionsloser Stimme und für einen kurzen Moment huschte ein sadistisches Lächeln über seine Lippen. Das war’s für dich. Jetzt hast du einen Youkai gefunden und der glaubt dir nicht. Aber was hast du denn gedacht… schoss es Naoko durch den Kopf. Das Mädchen krallte sich an dem Baumstamm hinter sich fest und wartete nur noch darauf, bis er sie endlich töten würde, damit sie diesen Blick nicht mehr ertragen muss. Diese goldenen Augen. Diese erfrorenen Augen. Abermals verstärkte sich der Druck, doch diesmal nicht kurzzeitig, sondern dauerhaft. Naoko weitete erschrocken die Augen. Noch nie hatte sie so viel Angst verspürt. Panisch umklammerte sie den Arm des Youkais, doch er ließ nicht locker. Ein Knurren lenkte ihre Aufmerksamkeit auf das Bein des Dämons. Ichiro zerrte daran, biss ihn. Auch der Youkai in Menschengestalt knurrte nun, doch der junge Fuchsdämon ließ nicht locker. „Ichiro.“, flüsterte Naoko fast tonlos. Ihre Sicht begann langsam zu verschwimmen. Der Dämon mit dem silbernen Haar stieß den Fuchsyoukai von sich, sodass er im Fluss landete. „Ichiro.“, versuchte das Mädchen es erneut, doch wieder verließ kaum ein Ton ihre Lippen. Die Kupferhaarige kratzte an den Händen des Youkais, doch er schien es kaum zu bemerken. Ehe sie bewusstlos in sich zusammensackte, blickte sie ihm nochmals mit anklagendem Blick direkt in die Augen. Dort fand sie keine Emotion vor. Der Dämon ließ das bewusstlose Mädchen los und sie fiel auf den nur spärlich bewachsenen Boden. „Menschen.“, murmelte er verächtlich und sah mit ebendiesem Ausdruck in den Augen auf die Bewusstlose hinab. Ichiro kletterte aus dem Fluss und schüttelte das nasse Fell. Er erblickte den Youkai, der im Begriff war eines seiner Schwerter zu ziehen. Nicht noch einmal würde er eine Mutter verlieren, dachte er sich und rannte auf den feindlichen Youkai zu. Niemand darf seine Mutter verletzen. Niemand. Kapitel 6: Tot oder lebendig… ----------------------------- Der Dämon ließ das bewusstlose Mädchen los und sie fiel auf den nur spärlich bewachsenen Boden. „Menschen.“, murmelte er verächtlich und sah mit ebendiesem Ausdruck in den Augen auf die Bewusstlose hinab. Ichiro kletterte aus dem Fluss und schüttelte das nasse Fell. Er erblickte den Youkai, der im Begriff war eines seiner Schwerter zu ziehen. Nicht noch einmal würde er eine Mutter verlieren, dachte er sich und rannte auf den feindlichen Youkai zu. Niemand darf seine Mutter verletzen. Niemand. Langsam kehrte das Bewusstsein des jungen Mädchens in ihren Körper zurück. Sie öffnete die Augen nicht, wusste aber dass sie auf dem Rücken lag. Unter ihren Fingerspitzen fühlte sie Grashalme und eine Wärme, wie sie nur Sonnenstrahlen bringen, streichelte ihr Gesicht. Sie hustete, drehte sich aus einem natürlichen Reflex heraus zur Seite und krümmte sich leicht zusammen. Zittrig atmete sie durch und schluckte. Ihr Hals war rau, das Schlucken verursachte ihr schmerzen, doch ihr wollte nicht einfallen wieso. Dann erst öffnete sie langsam ihre Augen. Das helle Sonnenlicht blendete sie und so musste sie erst einige Male blinzeln, um überhaupt etwas erkennen zu können. Immer noch leicht verschwommen sah sie in einiger Entfernung eine Gestalt im Schatten stehen, die sich an die Steine des Wasserfalles lehnte. Wer ist das? Sie blinzelte noch ein paar Mal und endlich konnte sie wieder klar sehen. Erleichtert atmete sie durch und sah wieder zu dem Fremden in einiger Entfernung. Je länger sie ihn beobachtete, desto bekannter kam er ihr vor. Diese silbernen Haare, die Kleidung, die Schwerter. Ihn ihrem Gehirn ratterte es, doch es war noch zu taub, um die Zusammenhänge zu verstehen. Der Fremde hob den Blick und da sah sie es. Diese Augen. Diese Augen, die sich regelrecht in ihr Gedächtnis gebrannt hatten. Bilder nahmen in ihrem Kopf Gestalt an. Er, auf dem Wasserfall. Er, wie er herunter schwebt. Er, wie er sie angreift. Erschrocken sprang Naoko auf, nur um im nächsten Moment wieder auf den Boden zurück zu fallen. Ihr Körper war immer noch taub und die plötzliche Bewegung hatte einen Schwindel ausgelöst. Sofort schob sie sich ein Stück von dem unbekannten Weg, der sie weiterhin nur emotionslos und kalt betrachtete. Warum lebe ich noch? Ich müsste tot sein. Nicht nur diese Frage beschäftigte sie. Eine andere drängte sich in ihr Gedächtnis. Ichiro. Wo ist Ichiro? Panisch sah sie sich um und entdeckte den Kleinen auf einem Stein neben dem Fluss hockend. Naoko konnte die Emotionen in seinem Blick nicht richtig deuten, zu verwirrt war sie noch. Das nächste was sie realisierte war, dass Ichiro von kleinen Felsen sprang und auf sie zu humpelte. Ichiro… Sofort erhob sich die Kupferhaarige, diesmal kam kein Schwindel. „Ichiro.“, begann sie mit kratziger Stimme „Was ist passiert?“, Sie hockte sich zu den Kleinen und betastete seine Pfote. „Was hast du getan?“, flüsterte sie und drehte den Kopf zu dem silberhaarigen Dämon. „Was hast du getan?!“, schrie sie ihn an und aus jedem einzelnen Wort konnte man ihre unterdrückte Wut heraushören. Unbeeindruckt, beinahe gelangweilt blickte der Dämon die Menschenfrau an. „Du solltest aufpassen wie du mit mir redest, Weib. Sonst könnte es ein unschönes Ende für dich nehmen.“ Fast hätte sie seine Worte nicht verstanden, der Wasserfall schluckte die gleichgültige Aussage. Naoko war die Drohung nicht entgangen, doch was er alles anstellen würde, war ihr in diesem Moment herzlichst egal. „Was hast du mit Ichiro gemacht!“ Als der Youkai das ‚du‘ vernahm, glaubte Naoko für einen kurzen Moment ein leises Knurren vernommen zu haben, war sich aber wegen der Entfernung zwischen ihnen nicht sicher. „Ihm mussten Manieren beigebracht werden.“, antwortete er nur gelangweilt und ignorierte die Kupferhaarige wieder. Naoko fuhr mit dem Abtasten von Ichiros verletzter Pfote fort. „Ich glaube sie ist gebrochen, tut mir leid.“, flüsterte sie dem Kleinen zu und hob ihn behutsam hoch. Bei ihrem Lederbeutel angekommen, kramte sie nach ihrer Decke und legte Ichiro auf diese. Schnell war er eingeschlafen und so musste Naoko sich wohl oder übel wieder zu dem ihr immer noch völlig unbekannten Youkai umdrehen. Ihr behagte der Gedanke nicht, mit ihm alleine auf der Lichtung zu sein, doch sie drehte sich tapfer zu ihm um. Warum hat er mich nicht getötet? Immer wieder kreiste diese Frage in Naokos Kopf herum. Sie fand einfach keine plausible Erklärung. Und warum geht er nicht einfach wieder? Leise seufzte Naoko. Irgendwas stimmt hier überhaupt nicht… „Warte du dumme Göre!“ Eine plötzliche weitere Stimme, riss Naoko aus ihren Gedanken. Nur Sekunden später kam ein kleines Mädchen im orangenen Kimono auf die Wiese gerannt. Dicht hinter ihr, war ein kleines grünes Männchen. Diesem schien auch die entnervte Stimme zu gehörten. Das Mädchen rannte direkt auf den Dämon zu, Naoko weitete geschockt die Augen. Er wird sie umbringen! „Meister, Meister, da hinten ist eine wunderschöne Wiese mit so vielen Blumen. Das müsst Ihr sehen!“ Meister, hat sie den Dämon gerade…Meister…genannt? Dieser nickte dem Mädchen nur zu, doch sie freute sich unheimlich über diese simple Geste. Das fröhliche kleine Mädchen drehte sich zu Naoko. „Du bist wieder aufgewacht.“, freute sie sich und hüpfte lächelnd auf die Kupferhaarige zu. Naoko, die zuerst viel zu perplex gewesen war um etwas zu sagen, brachte nur ein verwirrtes „Wer bist du?“ zustande. Anstatt des Mädchens meldete sich der grüne Gnom zu Wort. „Der Grund warum der Meister so ein unwürdiges Wesen wie dich am Leben gelassen hat!“, schimpfte er drauflos und schien gerade erst mit seiner Predigt anzufangen, als er durch ein leises aber bestimmtes „Jaken.“ zum Schweigen gebracht wurde. Dann lebe ich also nur noch wegen dem Mädchen… Aber… Die Kleine lächelte Naoko freundlich an. Wie kann sie mit den beiden seltsamen Gestalten unterwegs sein und dabei so fröhlich bleiben? „Ich bin Rin.“, strahlte das Mädchen „Und du?“ Gerade als sie sich vorstellen wollte, kam ihr auch schon der Silberhaarige dazwischen. Wann hat er sich hinter Rin gestellt? „Das ist Naoko.“ Er spuckte ihren Namen fast schon, doch trotzdem hatte er durch dieses mysteriöse in seiner Stimme einen melodischen Klang angenommen, auch wenn diese Abscheu mitschwang, fand zumindest Naoko. Was denke ich da eigentlich? Ich muss durch meine Sauerstoffarmut einiges an Gehirnzellen eingebüßt haben. Mein Sinn für Logik und mein gesunder Menschenverstand sind wohl weg… Das Mädchen, Rin, wich erschrocken einen Schritt zurück. Was? „Die Naoko, deren Familie die Youkais tötet?“ Nun war es an Naoko erschrocken die Luft anzuhalten. Was? Man kennt uns überall als Youkaitöter? „Genau. Eine Sarana.“, bestätigte der Youkai spöttisch. Einen kurzen Moment dachte Naoko darüber nach die Kleine auszubessern, zu erzählen wie die Sache wirklich war, doch sie tat es nicht. Weil sie irgendwo doch recht hatte. Ihre Familie tötet Youkais. Vielleicht nicht persönlich, aber sie sind ihr Todesurteil… „Ja, aber sie scheint edle Absichten zu haben.“, sprach der Youkai in derselben spöttischen Tonlage weiter. „Sie will die Menschen aufhalten und den Youkais helfen. Sucht nach Verbündeten.“ Anscheinend verstand die Rin nicht wie er dies meinte, denn schnell war sie auf Naokos Seite. „Dann müssen wir ihr helfen.“ Jede Furcht war aus dem Gesicht der Kleinen gewichen. Rin verstand Naoko. Sie war doch auch auf Seiten der Youkai. Ihrem Meister entgleisten kurzzeitig die Gesichtszüge, doch schnell war die emotionslose Maske wieder aufrecht. In seinem Inneren jedoch brodelte es. Was denkt dieses Weib wer sie ist. Ich hätte sie doch töten sollen und Rin so zeigen, dass sie nicht immer ihren Willen bei mir durchsetzen kann. „Ihr würdet mir also tatsächlich helfen?“, fragte Naoko ungläubig und ein leichtes Lächeln legte sich auf ihre Lippen. „Sag mal was denkst du eigentlich du mieses Menschenweib. Als ob wir jemanden wie dir helfen würden. Das wäre das letzte was wir tun würden. Wir werden die Menschen alleine vernichten. Meister, erlaubt mir dieses lästige Weib aus dem Weg zu räumen.“ Jaken richtete seinen Kopfstab auf die irritierte Naoko, doch dieser wurde ihm prompt von Rin abgenommen. „Sie ist doch auf unserer Seite.“, protestierte sie und fing einen kleinen Streit mit Jaken an. „Ruhe!“, die schneidend kalte Stimme des Dämons riss sie aus ihrem Wortgefecht. „Ja Meister.“, murmelten beide schnell und Jaken riss seinen Kopfstab wieder aus den Händen des kleinen Mädchens. Rin ist doch schon Plage genug. Was wenn der Meister diese Göre auch noch aufnimmt… Nein, das würde er nie tun. Stattdessen wird er sie eines grausamen Todes sterben lassen und so auch Rin eine Lektion erteilen. Der Kappa war schon überzeugt vom Tod der Kupferhaarigen und setzte sich so einfach nur ins Gras. „Du willst also unsere Hilfe.“ Naoko dachte nicht, dass das möglich wäre, aber die Stimme des Silberhaarigen schien ein paar Grade kälter geworden zu sein. „J…ja, ich…ich…“ Naoko könnte sich selbst ohrfeigen. Warum machte sie seine Anwesenheit immer so nervös. Diese Augen. Schnell atmete sie durch. „Ja, ich bitte Euch um hilfe. Ihr seid einer der wenigen, die mächtig genug sind es mit den „Menschen der Zukunft“ und ihren seltsamen Waffen aufzunehmen.“ Naoko war stolz auf sich. Sie hatte den Satz ohne zu stottern gesagt. „Warum sollte ich das tun? Mit solch einer niederen Kreatur wie dir zusammenarbeiten?“ Seine Worte versetzten ihr einen leichten Stich. Warum interessiert es mich was er von mir denkt? Ich muss ihn nur überzeugen mir zu helfen. Ein leises Knurren lenkte die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf einen Punkt hinter Naoko. Ichiro humpelte zu dem silberhaarigen Dämon und knurrte ihn an. „Was erlaubst du dir!“, rief Jaken empört, doch der Fuchs ließ sich nicht ablenken. Hatte ein klares Ziel vor Augen. Den Silberhaarigen. „Hast du immer noch nicht genug?“ Ein spöttisches Lächeln huschte über das Gesicht des Youkais und er formte seine Finger zu Klauen. Etwas Grünliches war an ihnen zu sehen. Gift. Als es auf den Erdboden tropfte, zischte es leise und das Gras schmolz zu einer braunen Flüssigkeit. „Nein!“, rief Naoko aus und stellte sich vor ihren Schützling. „Wenn du Ichiro etwas antun willst, musst du zuerst mich töten!“ „Wie töricht.“, meinte der Youkai nur und hielt eine Kralle knapp unter ihr Kinn. Naoko hielt die Luft an und versuchte ihre Panik zu verbergen. Erfolglos. Dem Youkai entgingen weder ihre geweiteten Augen noch ihr leichtes Zittern. „Du solltest dich mir nie wieder in den Weg stellen.“, flüsterte er mit bedrohlich ruhiger Stimme und zog seine Hand wieder zurück. Erleichtert atmete Naoko auf. Hätte er sie berührt, hätte das Gift sich durch ihren Körper gefressen und sie langsam getötet. „Komm Rin, wir gehen weiter.“ „Kann Naoko mitkommen?“ Der Silberhaarige blieb stehen und drehte sich zu der Kupferhaarigen um. „Meinetwegen.“, murmelte er. Bei dem Klang seiner Stimme trieb es Naoko eine Gänsehaut auf die Arme. So viel Abscheu… Kälte… was hatte sie ihm denn bitte getan? Anschließend drehte er sich wieder weg und machte sich auf den Weg. Rin folgte ihm schnell, Jaken stolperte mit einem Gesichtsausdruck als würden ihm die Augen aus den Höhlen kommen nach. Naoko blieb zuerst noch eine Zeit lang unschlüssig auf der Stelle stehen, doch sie redete sich selbst ein, dass sie diese Gelegenheit nie wieder bekommen würde und so ignorierte sie ihr warnendes Unterbewusstsein und folgte der sonderbaren Reisegruppe. Sollte ich ihn nach seinem Namen fragen? Immerhin will ich doch wissen mit wem ich reise… „Wie heißt du eigentlich?“ Sofort tobte Jaken los. „Was fällt dir ein du wertloses Weib, niemand spricht…“ Durch eine Handbewegung seitens seines Meisters wurde er zum Schweigen gebracht. Dieser drehte sich zu Naoko um und sah aus wie immer eisigen Augen auf sie herab. „Sesshoumaru.“ Seine Stimme war auch diesmal schneidend kalt gewesen und hatte seinem Namen so nur noch mehr Ausdruck verliehen. Sesshoumaru. Gedanklich wiederholte Naoko seinen Namen. Ja, er passt zu ihm. Nun hatte sie auch diesen endlich erfahren. Erneut war es still. Drückend still. „Du reist mit einem Fuchs?“, fragte Rin nach einiger Zeit neugierig und lächelte Naoko wie immer freundlich an. „Nein, ich reise mit einem Fuchsyoukai.“, erklärte diese lächelnd, worauf sie von Rin nur verwirrt angesehen wurde. „Er sieht gar nicht aus wie ein Youkai.“ „Weißt du, mein Vater lässt Youkai fangen und die „Menschen der Zukunft“ haben seltsame Waffen, mit denen sie sie dann ihre Kräfte berauben und so verlieren sie an Größe. Die Youkais haben große Schmerzen dabei. In Eisenkäfigen werden sie durch Zeitportale in andere Zeiten gebracht, wo grausame Versuche mit ihnen durchgeführt werden. Ichiro war in einem Käfig mit vielen anderen seiner Art. Ich versuchte sie zu befreien, doch man hat mich erwischt. Im letzten Moment konnte ich ihn noch retten.“ Die ganze Zeit über hörte das Mädchen aufmerksam zu und streichelte den geschrumpften Fuchsdämon dabei. „Und seine Mutter ist jetzt…“ „Ja, leider.“ Traurig blickte die kleine Rin zu Boden. „Dann ist Ah-Uhn jetzt wohl auch tot…“ „Wer ist Ah-Uhn? Was ist passiert?“ Kapitel 7: Schwach ------------------ Die ganze Zeit über hörte das Mädchen aufmerksam zu und streichelte den geschrumpften Fuchsdämon dabei. „Und seine Mutter ist jetzt…“ „Ja, leider.“ Traurig blickte die kleine Rin zu Boden. „Dann ist Ah-Uhn jetzt wohl auch tot…“ „Wer ist Ah-Uhn? Was ist passiert?“ Schuld. Dieses Gefühl konnte Naoko eindeutig als Schuld einstufen. Sie hatte erfahren, dass Ah-Uhn - ein Reittier Sesshoumarus, das meist von Rin genutzt wurde - vor zwei Tagen von seltsamen Männern in silberner Kleidung entführt wurde. Vor zwei Tagen, als sie nichts Besseres zu tun hatte, als krank zu sein… Das konnte nur eines bedeuten. Er ist tot. Naoko wusste nicht so recht, wie sie darauf reagieren sollte, wie sie Rin aufmuntern sollte. Woher sollte sie auch wissen, wie man jemanden aufmuntert, dessen Dämonenreittier entführt und getötet wurde… Leise knisterte das Feuer auf der dunklen Waldlichtung. Naoko saß mit der ebenfalls orange gekleideten Rin an den wärmenden Flammen und genoss die Stille. Sesshoumaru war auf einmal verschwunden gewesen und auch Jaken war wie vom Erdboden verschluckt. So würden die zwei Mädchen in Ruhe reden können. „Reist du schon lange mit Sesshoumaru?“ Ein Hauch Neugierde schwang in Naokos Stimme mit. „Ja. Er hat mir das Leben gerettet, weißt du. An die Zeit bevor ich mit ihm mitreiste, will ich mich nicht mehr erinnern.“ „Das musst du auch nicht.“, antwortete Naoko schnell. Ihr entging die leichte Trauer in Rins Stimme nicht und so wollte sie sie schnell ablenken. Wollte dass sie wieder lächelt, wollte sich nicht mehr so schuldig fühlen. Immer noch starrte Naoko in das Feuer. Rin war schon längst auf ihrer Decke eingeschlafen und so konnte sie sich endlich wieder ihren trübseligen Gedanken hingeben. Ichiro saß dicht neben ihr. Auch er schien ihr Unbehagen zu spüren. Durch ein plötzliches Rascheln schreckte die Kupferhaarige hoch. Sie blickte prüfend zu Ichiro. Er knurrt nicht. Ist keine Gefahr im Anmarsch? Als sie den Blick das nächste Mal zum Waldrand drehte, traten gerade zwei Gestalten aus diesem. Sesshoumaru und Jaken. Sofort verspürte das Mädchen wieder diese Anspannung. Wortlos setzte sich der Youkai an einen Baumstamm und sah sie an. Sah durch sie hindurch, der Hass in seinem Blick schien sie zu durchbohren. Er glaubt dir nicht! rief sich das Mädchen in Gedanken zu und wollte einfach nur, dass er wieder verschwindet. Sie würde es einfach selbst mit den Menschen ihres Dorfes, den Zukunftstypen und ihrem Vater aufnehmen. Dann müsste sie diese Augen nicht länger ertragen. Naoko wusste selbst nicht warum sie so reagierte. Oftmals hatte man sie schon mit hasserfüllten oder verachtenden Blicken angesehen – sogar ihr eigener Vater – doch das war anders… Es machte sie traurig. Sie wollte seinen Hass ihr gegenüber nicht sehen, wollte seine Augen nicht sehen, weil sie wusste dass die Kälte in ihnen ihr galt. Ihr und ihrer Rasse, ihrer Familie. Vor kurzem hatte sie sich noch so glücklich, so befreit gefühlt. Es war ein Gefühl der unendlichen Freiheit mit dem kleinen Ichiro zu reisen… Und nun… Nun musste sie sich beherrschen vor dem Youkai nicht auch noch in Tränen auszubrechen. Sie wusste nicht viel über Youkais, doch eine Sache war ihr klar. Er hielt sie für schwach. Würde sie jetzt weinen, würde er nur noch weniger von ihr halten. Dann wäre sie nichtmal mehr Dreck für ihn, dann wäre sie weniger als das. Dreck, der irgendjemandem auf der Schuhsohle klebt und immer wieder zerstampft wird, weil er egal ist. Dreck, der nachher entfernt wird, weil er unerwünscht ist… Seit wann interessiert es mich was andere von mir denken? So plötzlich sich diese Frage in ihre Gedanken schlich, so plötzlich tauchte sie aus den wohligen Tiefen ihres Selbstmitleides auf. Wurde aus der betäubenden Schwärze in eine schmerzliche Realität gerissen. So tief bin ich also schon gesunken. Lege Wert auf das Urteil eines Youkais über mich. Nimm mir seine verletzenden Worte zu Herzen… Naoko schalt sich selbst eine Närrin. Über die Jahre hinweg hatte sie sich eine dichte Schutzmauer um ihre Gefühle und ihr Herz errichtet, nur so konnte sie sich von den Zukunftsmenschen und ihrem Vater distanzieren. Wie konnte er sie jedes Mal umgehen, zum Einstürzen bringen? Wie? Naoko hatte ihr Umfeld völlig ausgeblendet und ahnte somit auch nicht, wie Sesshoumaru und Ichiro jedes ihrer Gefühle von ihrem Gesicht ablesen konnten. Auch der salzige Geruch der Tränen, die sie immer wieder wegblinzelte entging ihnen nicht. Das Mädchen schlug mit der Faust auf den Wiesenboden und erst der kurze Schmerz, als ihre Hand den harten Boden erreichte, holte sie gänzlich in die Realität zurück. Sie hob den Blick und ihre Vermutung bestätigte sich. Toll, er hat mich hier sitzen sehen, wie ich wie ein Häufchen Elend meine Tränen weggeblinzelt habe. Er wird denken ich sei schwach, dabei wollte ich doch stark sein… Nein! Stopp! Ich mache mir schon wieder Sorgen darüber was er über mich denken könnte! Er ist dein Reisebegleiter und hilft dir – hoffentlich – diese Wahnsinnigen aufzuhalten, also kann es dir egal sein was er von dir denkt! Du wirst ihn nach dieser ganzen Sache nie wieder sehen. Naoko atmete tief durch und hob den Blick. Ab jetzt ist es mir egal was er von mir hält! Das war es aber nicht… Ein lautes Kinderlachen holte Naoko aus ihrer Traumwelt. Die ganze Nacht lang hatte sie kein Auge zugetan, denn sie spürte die ganze Zeit über einen stechenden Blick auf sich. Erst als Sesshoumaru die Lichtung verließ, konnte sie endlich einschlafen. Verschlafen öffnete sie ihre Augen und murmelte kaum hörbare Sätze. Der erste davon, den man richtig verstand war „Ich bin doch gerade erst eingeschlafen…“, Das helle Sonnenlicht blendete sie und so musste sie erst ein paarmal blinzeln, um alles erkennen zu können. Rin, der Grund ihres Erwachens, saß belustigt vor ihr in der Wiese. „Komm, wir reisen weiter.“, rief sie fröhlich und sprang auf um mit dem wieder völlig gesunden Ichiro über die Lichtung zu jagen. Verwirrt sah Naoko den Beiden eine Zeit lang zu, doch dann erhob sie sich seufzend und verstaute ihre Decke im Lederbeutel. „Wohin denn?“, fragte sie das kleine Mädchen, doch die Antwort erhielt sie von jemand anderes. „Das geht dich überhaupt nichts an du verräterisches Weib.“ Naoko drehte sich um und entdeckte hinter sich diesen Kröterich. „Wie heißt du noch gleich? Jaken? Jetzt pass mal auf. Mich geht es sehr wohl etwas an wo es hingeht, denn ich bin aus freien Stücken bei euch und verlange auch wie ein Mitglied dieser Reisegruppe behandelt zu werden.“ „Du hast nicht das Recht hier irgendetwas zu verlangen!“, rief er sofort empört und fuchtelte mit seinem Kopfstab gefährlich nahe an ihrem Gesicht herum. „Meister Jaken, hört auf damit!“ Rin hatte sich erneut zwischen die Zwei gestellt, doch diesmal war es Naoko, die dem Kappa den Kopfstab wegnahm. „Gib ihn mir sofort wieder du wertloses Weib!“, wetterte er los. Anscheinend hängt er sehr an diesem Holzstock und es passt ihm gar nicht, wenn man ihm diesem weg nimmt… Vielleicht sollte ich ihn bei Gelegenheit als Brennholz für unser Lagerfeuer benutzen… „Jaken.“ Die Stimme Sesshoumarus klang anders als sonst. Beinahe schon tödlich. Tödlich ruhig. Aus Schreck ließ Naoko den Kopfstab fallen und er traf den Kappa am Kopf. Eine kleine Beule bildete sich auf diesem und der Grünling wusste nicht ob er Angst vor seinem Meister haben oder über Naoko schimpfen sollte. Er war kurzgesagt einfach sprachlos. Jaken war sprachlos. „Komm Rin, wir reisen weiter.“ Der Daiyoukai ignorierte Jaken und Naoko und wandte sich sofort um, um weiter zu gehen. Naoko überlegte kurz ob sie fragen sollte wohin er will oder sie einfach still sein sollte. Obwohl sie selbst mit dieser Entscheidung nicht zufrieden war, entschied sie sich für letzteres und folgte dem seltsamen Gespann einfach. Zumindest vorerst. Diese drückende Stille macht mich noch wahnsinnig… Aber was soll ich sagen? Alles was ich mit Rin rede kann auch er hören und dieser Kappa… Entnervt seufzte Naoko. Ich bin hier völlig fehl am Platz. „Stimmt etwas nicht?“ Aus großen, fragenden Augen blickte ihr Rin entgegen. „ Nein, alles in Ordnung. Es ist nur… Ich bin es nicht gewohnt in einer Gruppe zu reisen.“, antwortete sie freundlich und vervollständigte den Satz gedanklich. Mit einer Gruppe aus zwei Youkais, die mich zuerst töten wollen und dann ignorieren. Nach weiteren fünf Minuten, in denen Rin die ganze Zeit darüber geplappert hatte wie süß sie Ichiro fand – immerhin war es nicht mehr still – wurde Naoko das ewige ziellos durch die Gegend trotten zu blöd und sie nahm all ihren Mut zusammen um das Wort an den Daiyoukai zu richten. „Meister Sesshoumaru-sama?“, begann sie und achtete besonders auf die respektvolle Anrede, Der Youkai ging einfach wortlos weiter. „Dürfte ich erfahren wohin die Reise geht?“ Gespannt wartete Naoko auf die Antwort, die drei Minuten später folgte und sie nicht gerade zufriedenstellte. „Nein.“ Für einen kurzen Moment blieb sie stehen, viel zu perplex um sich zu bewegen. „Nein?“, fragte sie mit seltsam ruhiger Stimme. Nun blieb er auch endlich stehen. „Du hast schon richtig gehört Mensch und wenn du nicht zurückbleiben willst, hältst du besser Schritt.“ Der Youkai ging wortlos weiter. „Bleib sofort stehen!“ Naoko hatte keine Ahnung woher sie ihren plötzlichen Mut nahm, vermutlich war es einfach nur weil er sie so herablassend behandelt hatte. „Ich bin auch ein Teil dieser Reisegruppe, also verlange ich sofort zu wissen wohin wir hier gerade wandern. Außerdem habe ich immer noch keine Antwort erhalten ob Ihr mir helft.“ „Du willst eine Antwort?“ Sesshoumaru hatte sich immer noch nicht umgedreht, doch wenigstens blieb er wieder stehen. Naoko hatte leichte Schwierigkeiten seine leisen, ruhigen und doch drohenden Worte zu verstehen, da er mindestens schon zehn Meter entfernt von ihr stand. „Ich werde diese niederen Kreaturen vernichten, aber nicht weil du mich darum gebeten hast. Wohin die Reise geht hat dich nicht zu interessieren und über eine Sache solltest du dir außerdem noch im Klaren sein.“ Der Youkai drehte sich endlich zu Naoko um „Wenn ich sage ich werde diese niederen Kreaturen vernichten, spreche ich auch von dir.“ Kapitel 8: Weg gewählt? ----------------------- „Du willst eine Antwort?“ Sesshoumaru hatte sich immer noch nicht umgedreht, doch wenigstens blieb er wieder stehen. Naoko hatte leichte Schwierigkeiten seine leisen, ruhigen und doch drohenden Worte zu verstehen, da er mindestens schon zehn Meter entfernt von ihr stand. „Ich werde diese niederen Kreaturen vernichten, aber nicht weil du mich darum gebeten hast. Wohin die Reise geht hat dich nicht zu interessieren und über eine Sache solltest du dir außerdem noch im Klaren sein.“ Der Youkai drehte sich endlich zu Naoko um „Wenn ich sage ich werde diese niederen Kreaturen vernichten, spreche ich auch von dir.“ „Na Ichiro, sollen wir ein paar der Fische fangen?“ Obwohl Naoko lächelte, konnte man die Trauer in ihrer Stimme kaum überhören. Es machte sie traurig wie Sesshoumaru von ihr dachte. Nachdenklich sah sie in den Fluss, der sich direkt vor ihr durch den Wald schlängelte. Ich muss aufhören mir immer so viele Gedanken zu machen… „Das schmeckt echt toll.“, rief die kleine Rin begeistert. „Ich weiß, ich habe den Geschmack des Fisches ein wenig mit Kräutern aufgebessert.“ Es war Abend und Naoko saß mit Rin, Ichiro und Jaken am Lagerfeuer. Sesshoumaru befand sich etwas Abseits und beobachtete alles stumm. Den ganzen Tag waren sie durchgewandert und Naoko wusste immer noch nicht welches Ziel er ansteuerte. Wenigstens machten ihr seine Blicke nicht mehr so viel aus… „Naoko?“, fragte Rin nach einiger Zeit „Warum machen dein Vater und diese seltsamen Leute aus der Zukunft das?“ Einen kurzen Moment überlegte die Kupferhaarige. „Weißt du, diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt und ich denke sie haben Angst. Davor, dass die Youkais sie eines Tages alle töten würden.“ „Es geht einzig und allein um Macht.“ Das erste Mal beteiligte sich der Daiyoukai an einem Gespräch. „Macht?“, fragten Naoko und Rin wie aus einem Mund. „Sie wollen die stärksten sein und es allen beweisen. Du müsstest das doch am besten wissen, du bist doch auch ein Mensch.“ Naoko verengte die Augen zu schlitzen. „Rin ist ebenso ein Mensch wie ich es bin.“ Zur Antwort knurrte der Youkai. „Du suchst doch auch nach Macht, gib es zu. Wie oft hast du gestern und heute schon befürchtet man würde dich für schwach halten?“ Naoko riss verwundert die Augen auf. Woher wusste er das? Hatte er am Ende auch noch recht? „Du hast mich um hilfe gebeten, weil du alleine zu schwach bist.“ Es war nur die Wahrheit, doch trotzdem schmerzte es. So unterlegen und wehrlos wie in diesem Moment hatte sie sich in ihrem ganzen Leben noch nicht gefühlt. Nicht nur die Ordnung der Welt brach auseinander, auch sie zerbrach innerlich immer weiter, denn sie hatte binnen weniger Jahre nicht nur ihre Familie und ihren besten Freund, sondern auch ihre ganze bisherige Existenz verloren. Die einzige Person, die ihr helfen könnte das alles wieder hinzubiegen, hasste sie. Kurz nach Einbruch der Dunkelheit legte sich Rin auf ihre Decke um ein wenig zu schlafen, Naoko blieb wach. „Sesshoumaru-sama, ich würde gerne mit Euch reden.“, flüsterte sie leise, wohlwissend dass er es gehört hatte. Angesprochener nickte nur stumm, doch mehr hatte sie gar nicht erwartet. „Ihr hattet recht mit dem was Ihr heute gesagt habt. Ich habe nach Macht gestrebt. Macht diesen Wahnsinn zu stoppen. Auch ist es wahr, dass ich Euch um hilfe gebeten habe, denn ich kann es alleine nicht schaffen. Ich weiß, Ihr glaubt mir nicht, aber ich bin wirklich auf Eurer Seite und ich bitte Euch wenigstens solange wir denselben Gegner haben, mich wie ein Mitglied dieser Reisegruppe zu behandeln. Was danach passieren wird, wenn die „Menschen der Zukunft“ besiegt sind, lege ich in Eure Hände. Ich lege mein Leben in Eure Hände. Es ist sowieso nichts mehr wert.“ Tapfer blinzelte Naoko die nach ihrer Rede immer wieder aufkommenden Tränen weg und drehte sich anschließend wortlos um, um sich ebenfalls hinzulegen. Ichiro war der einzige der noch wach war und hatte alles mit angehört, tat aber so als ob er schliefe. Naoko tat die halbe Nacht kein Auge zu, auch weil sie wieder beobachtet wurde. Diesmal waren es weder Rin noch Ichiro die sie weckten. Es war ein Traum, ein wunderschöner, von dem sie am liebsten nie wieder erwacht wäre. Als sie die Augen öffnete, konnte sie beinahe noch die Blumen riechen, die sie als Kind immer mit ihrer Mutter gepflückt hatte, beinahe noch die Wärme ihrer Umarmung spüren. Sie vermisste ihre Mutter sehr, war sie doch immer ihre beste Freundin gewesen. So viele Jahre war sie schon tot, doch es schmerzte noch immer daran zu denken. Langsam setzte sie sich auf, nur um festzustellen dass bis auf Sesshoumaru noch alle schliefen. Wann schläft er? Schläft er überhaupt? Unschlüssig wie sie sich verhalten sollte, wünschte sie dem Youkai erst einmal einen guten Morgen. Er nickte nur. Das Mädchen ging zu Ichiro und weckte ihn, da es sie immer noch nervös machte mit ihm alleine zu sein, auch wenn sie keine Ahnung hatte wieso. Vermutlich deshalb, weil er ein Youkai war und sie jederzeit töten könnte. Vielleicht auch weil sie ihm sein Leben buchstäblich in die Hände gelegt hatte. Oder es hatte einen ganz anderen Grund, einen den Naoko noch nicht kannte, sich noch nicht eingestehen wollte, einfach ignorierte. Ichiro blinzelte erst verwirrt und bellte Naoko kurz darauf vorwurfsvoll an. Er hatte wohl auch einen schönen Traum gehabt. Sofort tat es Naoko leid ihn geweckt zu haben, vielleicht hatte er sogar auch von seiner Mutter geträumt. Beinahe im selben Moment öffnete auch die kleine Rin ihre Augen und als sie sich Streckte, „schlug“ sie dem armen Jaken auch gleich noch mit der Faust auf den Kopf, sodass auch er wach wurde. „Huch, tut mir leid Meister Jaken.“, entschuldigte sich die Kleine sofort, doch natürlich musste der Kappa auch gleich seine Meinung zum Thema preisgeben. Auch wenn es niemanden interessierte… „Kannst du nicht aufpassen wo du mit deinen Händen herumfuchtelst du Gör! Das ist doch das Letzte! Du kannst doch nicht einfach andere ihres Schlafes berauben!“ Eine Weile ging es noch so weiter und der Kappa schien gar nicht zu bemerken, dass ihm niemand zuhörte. Rin rollte ihre Decke zusammen und klemmte sie sich unter die Arme, Naoko verstaute ihre in ihrem Lederbeutel und schulterte diesen. „Es geht nach Osten.“ Verwundert hielt sie in ihrer Bewegung inne und blickte zu dem Daiyoukai auf. „Dort hat mich ein alter Feind um hilfe gebeten.“ Bei den Worten ‚alter Feind‘ glaubte Naoko eine leise Belustigung in seinen Worten vernommen zu haben, konnte es sich aber auch nur eingebildet haben. „Ein alter Feind?“, hakte sie vorsichtig nach und erhielt zu ihrer Überraschung auch diesmal eine Antwort. „Ja, der Daiyoukai der östlichen Länder und ich sind schon sehr lange Verfeindet. Schon unsere Väter bekriegten sich und die Väter deren Väter.“, „Um welche Youkais handelt es sich.“, wollte Naoko neugierig wissen und hoffte seine Plauderlaune würde noch etwas anhalten. „Katzen.“ Kurz verarbeitete Naoko das Gesagte. „Der Osten wird also von den Katzen regiert…“, murmelte sie leise, doch natürlich hörte er es. „Warum braucht er Eure Hilfe?“ Erneut zierte ein spöttisches Grinsen seine Lippen. „Weil er schwach ist und Angst hat ihm würde dasselbe wie den südöstlichen Füchsen passieren.“ Erneut ging es durch den Wald. Naoko hätte sich eigentlich schon daran gewöhnen müssen immer unterwegs zu sein, doch es war immer wieder aufs Neue spannend zu erfahren was man alles so erleben kann. Rin und Naoko ließen sich ein Stück zurückfallen und redeten über Belangloses. Das war ein großer Fortschritt für die Kupferhaarige, denn bis vor kurzen wollte sie in seiner Gegenwart kaum atmen. „Und wenn du mal erwachsen bist, was willst du dann machen?“ Neugierig blickte Rin zu der Älteren auf und wartete gespannt auf eine Antwort. „Das ist eine gute Frage, ähm…“ Diese Frage hatte ihr ihre Mutter auch einmal gestellt. Was hatte sie damals geantwortet? Sie wusste es nicht mehr, zu lange lag es schon zurück… Sie dachte wieder an ihren Traum, an das Gesicht ihrer Mutter mit ihrem warmen Lächeln und den so vertrauten braunen Augen. Sie schluckte, da sich ein Kloß in ihrem Hals gebildet hatte. Ihr fiel wieder ein was sie damals geantwortet hatte. „Etwas Schönes, etwas das mit Spaß macht und…“ Sie bemerkte, dass sie den Satz laut ausgesprochen hatte und ließ ihn offen in der Luft hängen. „Und du?“, fragte sie die Kleine und bemühte sich um ein freundliches Lächeln, das Ergebnis fiel jedoch etwas kläglich aus. Sie nahm die Worte der Kleinen nur am Rande wahr, wie sie davon schwärmte immer bei Sesshoumaru-sama und Meister Jaken zu bleiben, denn ihre Erinnerungen nahmen ihr gesamtes Denken ein und warfen alle gut versteckten Bilder aus den nicht vorhandenen Schulbladen ihres Kopfes, veranstalteten ein einziges Durcheinander und rissen das siebzehnjährige Mädchen in ein Meer aus Trauer. Ich darf jetzt auf keinen Fall Trübsal blasen, ich muss stark bleiben, das habe ich mir schon so oft geschworen. Irgendwann muss ich auch anfangen mich daran zu halten und das ist der perfekte Moment dafür. Naoko kam es plötzlich gar nicht mehr so schlimm vor mit Sesshoumaru zu reisen, denn sie hatte sogar schon einmal ein einigermaßen normales Gespräch mit ihm geführt. Insgeheim war sie auch froh, dass ihre Mutter diese Welt im Guten in Erinnerung behalten würde und dieses Durcheinander nicht sehen musste. Sie war froh Ichiro und Rin um sich zu haben und merkte erst da, dass sie gar nicht so alleine war wie sie immer glaubte. Im Gegenteil, sie hatte Verbündete, mit denen sie Seite an Seite für eine bessere Zukunft kämpfen würde. Kapitel 9: Ich hasse dich? -------------------------- Naoko kam es plötzlich gar nicht mehr so schlimm vor mit Sesshoumaru zu reisen, denn sie hatte sogar schon einmal ein einigermaßen normales Gespräch mit ihm geführt. Insgeheim war sie auch froh, dass ihre Mutter diese Welt im Guten in Erinnerung behalten würde und diesen Durcheinander nicht sehen musste. Sie war froh Ichiro und Rin um sich zu haben und merkte erst da, dass sie gar nicht so alleine war wie sie immer glaubte. Im Gegenteil, sie hatte Verbündete, mit denen sie Seite an Seite für eine bessere Zukunft kämpfen würde. Noch immer sprach Naoko mit der kleinen Rin und die zwei lernten sich immer besser kennen und entdeckten auch viele Gemeinsamkeiten. Ihrer beider Lieblingsfarbe beispielsweise war orange. „Wo ist eigentlich mein Kochkessel?“, fragte Naoko erschrocken, als sie mit Rin gerade über verschiedene Arten von Gemüseeintopf mit Kräutern sprach. „Den schleift uns Meister Jaken doch schon die ganze Zeit hinterher.“, erwiderte die Kleine und deutete nach hinten. Tatsächlich stand dort in etwa fünfzig Metern Entfernung Jaken und atmete schwer, den Kochkessel neben sich und die Arme an den Knien abgestützt. „Der arme wird sich noch umbringen.“, murmelte Naoko besorgt, erhielt jedoch nur ein lockeres „Das ist er schon gewohnt.“ von Rin. „Besonders seit Ah-Uhn nicht mehr da ist… Jetzt muss er nämlich den ganzen Proviant tragen.“ An einer Lichtung mit einem großen Fluss in der Nähe, hielt die Reisegruppe. „Bleibt hier solange ich weg bin, ihr habt die Erlaubnis zum Fluss angeln zu gehen, aber keinen Schritt weiter. Bei Sonnenaufgang bin ich zurück.“ Naoko wunderte sich sehr über seine plötzliche Gesprächigkeit, sagte aber nichts. Stattdessen nahm sie Rin bei der Hand und zog sie mit sich. „Komm, gehen wir angeln.“ Ichiro folgte ihnen. „So wartet doch auf mich ihr Gören!“, wetterte ihnen der Kappa nach und nahm die Verfolgung auf. Den Kessel und den restlichen Proviant ließ er liegen. Nur drei Minuten war der große, klare Fluss entfernt, der sich in der Sonne glitzernd durch die Landschaft schlängelte. Schon von weitem konnte man die große Fischpopulation ausmachen und den hungrigen Mädchen lief das Wasser im Mund zusammen. „Passt doch auf!“ Mit erhobener Faust schimpfte Jaken los, doch wie sollte es auch anders sein, als das keiner ihm Aufmerksamkeit schenkte… Naoko und Rin hatten einen riesen Spaß im Wasser und waren schon nass bis auf die Knochen. Das Gelächter der beiden Mädchen konnte man noch in einem Kilometer Entfernung hören und die Nerven des Kappa waren kurz davor gänzlich abzureisen. „Wenn Sesshoumaru-sama davon erfahren wird, dass ihr hier nur herumgeblödelt ha… aaaaaah!!!“ Ichiro sprang dem Krötendämon auf den Rücken und brachte ihn so zu Fall, vergnügt bellte der junge Fuchs als Jaken gurgelnd im Fluss verschwand. Kichernd griff Naoko in das kalte Wasser und zog den Kappa am Kragen hoch. „Nicht dass du uns noch ertrinkst.“ Als den Mädchen langsam zu kalt wurde, bemühten sie sich auch Fische zu erwischen und hatten bald schon genug für alle gefangen. „Meister Sesshoumaru-sama wird sich freuen!“, rief die kleine Rin begeistert und hüpfte aus dem Fluss. „Sicher wird er das.“, antwortete Naoko so optimistisch wie nur möglich, scheiterte aber kläglich dabei so zu klingen. Als ob dieser Eisklotz sich über etwas freuen könnte… Nur wenige Sekunden später erstarrten die vier ungleichen Gestalten. „Was war das?“, flüsterte Rin und trat automatisch etwas näher zu Naoko, die sich panisch umsah. „Irgendwo ist ein Baum umgestürzt…“ Youkais! schoss es ihr durch den Kopf. In Abständen von wenigen Sekunden, konnte man ein leichtes Beben der Erde verspüren. Wie ein Takt… Zu einer Melodie des Todes. „Rin, du musst dich irgendwo verstecken.“, flüsterte Naoko der Kleinen zu und schob sie ein wenig nach vorne. „Zwecklos, er wird bald hier sein. Überlasst das mir!“ Fest entschlossen schwang der Kappa seinen Kopfstab durch die Luft und stellte sich schützend vor die Mädchen und Ichiro. Immer mehr Bäume wurden zu Fall gebracht und die Schritte wurden lauter, das Monster kam näher, Ein oniartiges Wesen mit brauner, faulig wirkender Haut brach durch die Bäume. „Was ist das?“ Noch nie hatte Naoko so ein seltsames Monster gesehen. „Das ist ein junger Oni.“ Also doch! schoss es Naoko durch den Kopf und sie trat automatisch mit Rin, die erschrocken die Fische fallen ließ, einige Schritte zurück. „Komm nur her!“, rief Jaken und richtete seinen Kopfstab auf das Wesen. Der Oni brüllte zur Antwort, sodass sich alle die Ohren zu halten mussten und marschierte auf den kleinen Kappa zu, der nur einen erschrockenen Aufschrei von sich gab und sich hinter Naoko versteckte. „Ich dachte du willst uns beschützen!“, rief diese panisch und starrte fassungslos auf den Feigling. „Keine Sorge, Sesshoumaru-sama wird kommen und uns helfen.“, flüsterte Rin schnell. Sie schien kaum Angst zu haben… Ich bin mir da aber nicht so sicher… Wie sollte er jetzt so plötzlich auftauchen? Ein auf sie zu schießender Arm riss sie aus ihren Gedanken, schnell sprang sie zur Seite. „Rin, renn weg!“, rief sie, immer wieder der riesigen Hand ausweichend. Der Kappa nahm all seinen Mut zusammen und ließ eine Flamme aus dem Kopfstab hervorschießen. Die gewünschte Wirkung blieb aus, der Oni zuckte nichtmal mit der Wimper. Ichiro beobachtete die Szene beunruhigt und plötzlich lief er ohne Vorwarnung los und verschwand zwischen den Bäumen. Der Oni bemerkte es nicht, zu sehr war er auf die orange gekleideten Mädchen fixiert. Jaken packte seinen Kopfstab fester und rannte mit einem Kampfschrei auf das Monster zu. Mit aller Kraft schlug er dem Oni auf den Fuß, dieser trat ihn meterweit von sich, sodass er hart auf einem Stein aufschlug und liegen blieb. „Meister Jaken!“ Rin war erschrocken und so zu abgelenkt um der Hand auszuweichen, die sie packte. Als Naoko auf sie zurannte um ihr zu helfen, wurde sie von der anderen Faust gepackt und ebenfalls hochgehoben. Der Oni hielt sich jedes der Mädchen einmal vor seine flach gedrückte Nase und schnüffelte, anschließend knurrte er zufrieden und trampelte langsam wieder davon. Einige Zeit später öffnete Jaken verwirrt seine Glupschaugen. Er bemerkte die Abwesenheit der anderen und sprang erschrocken auf. Als er die Zerstörung um sich herum bemerkte, wurde ihm schlagartig die Situation klar. „Oh nein…“, begann er und seine Augen wurden noch größer als ohnehin schon. „Meister Sesshoumaru-sama wird mich umbringen!!!“, rief er immer wieder und rannte panisch im Kreis. „In Stücke hacken und den elenden Hanyous zum Fraß vorwerfen!!!“ „Hilfe!“, panisch rief Naoko nach irgendjemanden, doch niemand kam. Wem könnte sie es schon verdenken… Der Oni drückte etwas zu, wollte anscheinend nicht, dass sie sprach. Ich muss nicht reden, ich kann auch anders hier weg! Das Mädchen versuchte sich in der sie quetschenden Hand zu bewegen und schaffte es nur mühsam ihren Dolch zu ziehen, mit dem Oni in die Faust stach. Ein tiefes Grollen drang aus seiner Brust und er blieb kurz stehen, ehe er einfach unbeirrt weiterging, Naoko aber noch fester packte, im eisernen Griff hielt. Die Kupferhaarige konnte kaum noch atmen und ihr wurde von Minute zu Minute schwindeliger, ehe sie sich der wohligen Schwärze hingab. „Naoko! Naoko!“ Langsam öffneten sich die hellbraunen Augen. Es war kein erholsames Erwachen, wie morgens nach einer entspannten Nacht, es war anders… In den Armen der Kupferhaarigen kribbelte es unangenehm, so als wären sie schon stundenlang eingeschlafen. Sie wollte sie ausstrecken, bekam sie aber nicht von der Stelle. Als sie den Blick hob, bemerkte sie erst die starken Fesseln an ihren Gliedmaßen. Kein Wunder dass ihre Arme und Beine eingeschlafen waren… Aber wer hatte sie geweckt? „Naoko!“ Schon wieder diese Stimme. Angesprochene drehte den Kopf und bemerkte die ebenfalls gefesselte Rin. Schlagartig fiel ihr alles wieder ein und sie fühlte sich noch um das tausendfache unwohler als vorher. Sie waren in den Fängen eines jungen Onis… Dieser trat nur drei Minuten später aus dem Wald und warf Naoko bösartig kichernd ihren Dolch vor die Füße. Stimmt ja, ich wollte ihn dazu bringen mich loszulassen, was ordentlich nach hinten losgegangen ist… Der Oni setzte sich den gefesselten Mädchen gegenüber an einen Baumstamm und grinste siegessicher mit seiner verzerrten Fratze. „Sa…“ Das Monster begann zu sprechen, seine Stimme klang eigenartig und man hatte große Mühe es zu verstehen. „Sarana!“ Der Oni deutete auf die geschockte Naoko. „W…woher weißt du, dass… ich…“ „Du stinkst nach diesen hexenden Menschen in ihren silbernen Verkleidungen.“ Wütend knurrte das Monster. „Du bist schuld dass mein Bruder jetzt tot ist!“ Er schlug mit der Faust in den Boden, in dem ein großer Krater blieb. Die beiden Mädchen weiteten geschockt die Augen. Er ist wütend, wird uns töten! Naoko dachte angestrengt nach wie sie aus dieser Situation kommen sollte, wie sie wenigstens Rin zur Flucht verhelfen könnte. Der Oni erhob sich und fixierte Rin aus emotionslosen, dunklen Augen. „Deshalb werde ich dir jetzt eine Person nehmen die dir etwas bedeutet!“ Ich darf auf keinen Fall zulassen dass er ihr etwas antut! Ich muss ihr irgendwie helfen! Mit seiner riesigen Hand hob er die zitternde Kleine hoch und lachte sein verzerrtes Lachen dabei. Naoko sah nur noch einen Ausweg. „Dann frisst du sie eben.“, sagte sie mit der kältesten Stimme die sie je benutzt hatte und mit einer Gleichgültigkeit die sie selbst schaudern ließ. „Das Gör bedeutet mir sowieso nichts, ich reise nur gezwungenermaßen mit ihr und sie ist mehr als lästig.“ Verwirrt ließ der Oni die Hand ein wenig sinken. Naoko konnte so auch Rin wieder sehen, den Ausdruck in ihren Augen… „Ich dachte du magst die Kleine.“ Jetzt oder nie… dachte Naoko und atmete tief durch. „Ich hasse sie!“ Nach dieser Aussage senkte Naoko den Blick und schloss die Augen, ihr selbst tat das gesagte im Herzen weh, doch es war die einzige Möglichzeit Rin zu retten. Der Oni ließ die Kleine fallen, Tränen kullerten ihre Wangen hinab. „Ich dachte du magst mich…“, schluchzte sie und ein weiteres Mal zerriss es Naoko fast das Herz. Einmal noch. Einmal noch muss ich sie verletzten… Naoko sammelte all ihren Hass und blickte Rin mit ihrem stechendsten Blick entgegen. „Verschwinde!“, knurrte sie so hasserfüllt sie nur konnte. Rin weinte endgültig. Naoko hätte sie am liebsten in die Arme genommen und getröstet, doch sie musste die Maske des Hasses aufrecht erhalten. Tut mir leid Rin!rief sie in Gedanken und senkte erneut den Blick. Beinahe hätte sie selbst geweint und so ihren ganzen Plan zunichte gemacht, konnte dank ihrer jahrelang antrainierten Beherrschung die Tränen gerade noch wegblinzeln. Sie hörte leise Schritte, die sich eilig entfernten und ein Schluchzen dass ihr beinahe das Herz zerriss. Als sie den Blick wieder hob war Rin weg und sie war mit dem Oni alleine. So ist es besser… „Hätte mich auch gewundert wenn eine Sarana jemanden mögen würde.“, knurrte der Oni und hatte erneut diesen verachtenden Ausdruck in seinen Augen. „Ja, wir sind Monster.“, murmelte Naoko bitter und hoffte er würde es bald zu Ende bringen, damit sie nicht mehr an diesen Ausdruck in Rins Augen denken muss… Kapitel 10: Endlich wieder vereint? ----------------------------------- Tut mir leid Rin! rief sie in Gedanken und senkte erneut den Blick. Beinahe hätte sie selbst geweint und so ihren ganzen Plan zunichte gemacht, konnte dank ihrer jahrelang antrainierten Beherrschung die Tränen gerade noch wegblinzeln. Sie hörte leise Schritte, die sich eilig entfernten und ein Schluchzen dass ihr beinahe das Herz zerriss. Als sie den Blick wieder hob war Rin weg und sie war mit dem Oni alleine. So ist es besser… „Hätte mich auch gewundert wenn eine Sarana jemanden mögen würde.“, knurrte der Oni und hatte erneut diesen verachtenden Ausdruck in seinen Augen. „Ja, wir sind Monster.“, murmelte Naoko bitter und hoffte er würde es bald zu Ende bringen, damit sie nicht mehr an diesen Ausdruck in Rins Augen denken muss… Hektisches atmen war zu hören. Immer wieder stoppten leise Schluchzer kurzzeitig das Gieren nach Luft, nur um danach wieder zu verebben. Ein kleines orange gekleidetes Mädchen rannte panisch durch den Wald und bemerkte gar nicht wie es seinen Kimono zerriss. Bemerkte nichts um sich, hatte nur ein Ziel. „Meister Sesshoumaru-sama! Wo seid ihr?“ Kurz blieb sie stehen um sich panisch umzublicken und danach wieder weiterzulaufen. Schon lange hatte das kleine Mädchen, das auf den Namen Rin hörte, keine Orientierung mehr und rannte daher einfach ziellos umher, in der Hoffnung jemanden zu finden der ihr hilft. Immer wieder aufkommende und einfach nicht versiegen wollende Tränen, verschleierten die Sicht des Mädchens und machten sie so zu einem leichten Opfer für das Böse der Welt. „Meister Sesshoumaru-sama!“ Erneut hallte ihr verzweifelter Ruf durch die Stille des abendlichen Waldes. Eigentlich war das Mädchen sehr stark, hatte schon oft Stärke bewiesen, vor wenigen Minuten noch, doch diese Stärke war jetzt anderen Gefühlen gewichen. Gefühlen die Schwäche auslösen. Trauer… Furcht… Einsamkeit… „Hasst ihr mich denn auch?“ Kraftlos ließ sich das Mädchen auf die Knie fallen. Mit großen Augen blickte sie zum Himmel auf, sah den langsam aufsteigenden Mond. Wie das Mal auf Meister Sesshoumaru-samas Stirn… Eine weitere Träne kam auf dem Boden auf. Rin hörte es beinahe, so still war es, doch dann… „Rin!“ Ganz leise, weit entfernt, suchte jemand nach ihr. Beinahe hätte sie es nicht gehört. Im ersten Moment war sie zu verwundert um sich zu bewegen, erstarrt. „Rin!“ Die Stimme entfernte sich, schnell sprang das Mädchen auf und rannte in die Richtung aus der sie der Ruf erreicht hatte. „Ich bin hier!“, rief sie so laut sie konnte und versuchte sich auf das Laufen und Horchen gleichermaßen zu konzentrieren. Lange ging es nicht gut und so kam es wie es kommen musste, sie stolperte über eine aus dem Boden herausragende Wurzel und kam unsanft auf dem harten Waldboden auf. Trotzdem dachte sie nicht daran aufzugeben. „Ich bin hier!“, rief sie erneut und umfasste im selben Moment ihren Knöchel, in dem sich ein stechender Schmerz ausbreitete. „Rin!“ Erneut antwortete sie. In diesem Moment war es ihr wirklich egal wer da nach ihr rief, aber sie vermutete dass es sich um Jaken handelt. Nur er konnte so eine quakige Stimme haben. „Rin!“ Die Stimme wurde lauter, kam näher und schließlich konnte sie in einiger Entfernung auch schon die dazugehörige Person ausmachen. „Meister Jaken!“, rief sie erleichtert und sprang auf, knickte aber im nächsten Moment schon wieder ein. „Du dummes Gör, was hast du angestellt!“ Sofort wetterte er wieder los, war aber insgeheim erleichtert die Kleine zu sehen. Auch Rin wusste das und so lächelte sie ihn an. Es war eben seine verrückte Art Freundschaft zu zeigen. „Jaken!“ Eine schneidend kalte Stimme brachte den schimpfenden Kappa endgültig zum Schweigen. Sesshoumaru tauchte hinter dem Glupschäugigen auf, knapp hinter ihm war der beunruhigte Ichiro. „Meister Sesshoumaru-sama!“ Rins Augen bekamen einen freudigen Glanz und am liebsten wäre sie aufgesprungen, traute aber ihrem Knöchel immer noch nicht. „Wo ist dieses Weib?“, fragte Jaken an Rin gerichtet, klang aber nicht sehr interessiert dabei. Schlagartig veränderte sich Rins Stimmung, sie blickte traurig zu Boden. „Naoko-san hat mich fortgejagt. Sie sagte sie hasst mich und dass ich verschwinden soll.“ Erneut bildeten sich Tränen in den Augen des Mädchens. „Und wo ist sie jetzt?“ Die Augen Sesshoumarus glühten für einen kurzen Moment rot auf, am liebsten hätte er Naoko mit bloßen Händen zerrissen und fragte sich warum er sie nicht schon damals beim Wasserfall getötet hatte. Wegen Rin… „Na, glaubst du jetzt, dass du nicht jedem trauen darfst!“ Der Kappa maulte besserwisserisch und verschlimmerte die Situation so nurnoch. Trotzdem antwortete Rin tapfer auf die Frage Sesshoumarus. „Immer noch bei dem Oni.“ ❈❀❁❀❈ Warum überrascht mich das eigentlich? War unsere Familie nicht immer schon von Leid und Pech verfolgt? Naoko blickte dem hungrig wirkenden Oni tapfer entgegen, versuchte vergebens keine Angst zu zeigen. Interessante Vorstufe zur Hölle… Wenn es für uns Saranas nicht schon eine eigene Hölle gibt… „Hm… Wie sollte ich am besten vorgehen?“ Die an sich selbst gerichtete Frage des Onis ging in einem geisteskranken Lachen unter, das seine schiefen, fauligen Zähne offenbarte. Trotz des schlechten Zustandes, wirkten sie aber beunruhigend scharf. „Oni?“, sprach Naoko das Wesen direkt an und erntete einen verwunderten Blick dafür. „Wenn du so stark bist wie du tust, warum konntest du dann deinen jämmerlichen Bruder nicht beschützen als mein Vater seine überflüssige Existenz beendet hat?“ Der Plan der Kupferhaarigen ging auf, der Oni stürmte wütend auf sie zu, würde es schnell beenden und sie endlich von den Zwängen dieser grausamen Welt erlösen. ❈❀❁❀❈ „Meister Sarana, Meister Sarana!“ Eilig rannte ein Diener durch die langen Gänge des Anwesens und blieb schließlich vor einer großen Türe stehen um der Höflichkeit halber nochmals zu klopfen, auch wenn wegen seines Geschreis schon das gesamte Haus von seiner Ankunft wusste. „Herein.“, ertönte der knappe Befehl von drinnen und sofort stürmte der Diener in den Raum und verbeugte sich schwer atmend vor seinem Meister. „Was ist los Minoru, du wirkst beunruhigt.“ Takeru Sarana blickte von seinem Schriftstück auf und übergab es wieder den vier silbern gekleideten Personen neben sich. „Es ist schrecklich es… seht nur!“ Aufgebracht kramte der Diener eine Schriftrolle aus seinem Lederbeutel und reichte sie mit zittrigen Händen seinem Vorgesetzten. „Von wem hast du die und wo ist überhaupt Shin? Er sollte doch mit dir nach neuen Youkais suchen?“ Minoru antwortete nicht, stattdessen begann er von neuem zu zittern. „Es ist furchtbar.“, wiederholte er und blickte starr nach vorne, ehe Takeru Sarana das Schriftstück entfaltete und den Gesichtsausdruck dem seines Dieners anpasste. ❈❀❁❀❈ Ein kleiner Junge rannte umher und rief immer wieder diesen Namen. Den Namen des Mädchens. „Was ist denn Takeo?“ Entnervt kletterte sie von einem Baum und rannte zu dem Jungen. „Ich dachte wir wollen verstecken spielen.“ „Ja und ich habe dich gefunden!“, jubelte er und fügte ein fröhliches „Jetzt bist du dran.“ hinzu. „Du Blödmann, so geht das Spiel doch nicht, du musst mich schon selbst finden!“ Erbost schlug das Mädchen Takeo mit der Faust auf den Kopf. „Das hat weh getan!“, maulte dieser und verschränkte trotzig die Hände. „Außerdem bist du jetzt dran!“ „Nein, du!“, „Was ist denn hier los?“ Kichernd kamen zwei wunderschöne Frauen zu den streitenden Kindern. Eine davon war für das Mädchen die schönste Frau der Welt. Ihre Mutter. „Mama, Takeo ist zu dumm für das Spiel. Kannst du es ihm nicht mal erklären.“ „Stimmt doch gar nicht, ich habe dich nur erfolgreich ausgetrickst!“, warf dieser sofort ein, worauf das Mädchen ihm die Zunge herausstreckte. „Das sagst du doch nur weil deine Mutter da ist.“, fügte sie noch hinzu und deutete auf die Frau neben ihrer Mutter, die die Szene amüsiert beobachtete. „Gar nicht wahr.“, murmelte der Junge und wurde schlagartig rot, worauf das Mädchen zu lachen anfing. „Und du bist trotzdem noch immer dran!“, rief das Mädchen, ehe sie wegrannte. „Naoko, komm sofort zurück, Naoko!!!“ Verwundert öffneten sich die hellbraunen Augen. Dieser Schrei, dieser Ruf nach ihrem Namen… Er war so… echt gewesen. „Naoko!“ Erschrocken weiteten sich die Augen. Nein, ich träume nicht mehr, aber diese Stimme, das kann nur ein Traum sein. „Naoko, du musst aufstehen! Wir müssen schnell hier weg, komm!“ Sie wurde an der Hand hochgezogen und bemerkte erst da ihre blutverschmierten Arme. Ein leichter Schwindel überkam sie, als sie immer mehr in die Senkrechte gezogen wurde und schließlich ganz auf ihren eigenen Beinen stand. Zumindest für kurze Zeit, denn schnell knickte sie ein, verspürte nichts als Schmerzen. „Naoko, was ist passiert?“ Ja, gute Frage… Alles was ich noch weiß ist, dass da dieser Oni… Dieser Oni war… Rin! Ich muss zu… Rin! „Ich muss weg, ich muss…“ „Naoko! Du gehst nirgendwo hin, du wirst jetzt hier bleiben. Wir müssen schnell hier weg, hier ist es nicht sicher!“ „Du hast mir gar nichts zu sagen.“, rief die Kupferhaarige und versuchte vergebens ihren schmerzenden Arm aus dem eisernen Griff zu befreien. „So fügst du dir nur noch mehr Schmerzen zu! Vertrau mir, ich will dir helfen!“, „Warum sollte ich dir noch vertrauen?!“ „Bitte Naoko…“ „Nein! Und außerdem… warte...“ Verwirrt blickte sie auf „Was machst du überhaupt hier?“ Kapitel 11: Vertrauen --------------------- „Naoko! Du gehst nirgendwo hin, du wirst jetzt hier bleiben. Wir müssen schnell hier weg, hier ist es nicht sicher!“ „Du hast mir gar nichts zu sagen.“, rief die Kupferhaarige und versuchte vergebens ihren schmerzenden Arm aus dem eisernen Griff zu befreien. „So fügst du dir nur noch mehr Schmerzen zu! Vertrau mir, ich will dir helfen!“, „Warum sollte ich dir noch vertrauen?!“ „Bitte Naoko…“ „Nein! Und außerdem… warte...“ Verwirrt blickte sie auf „Was machst du überhaupt hier?“ Sesshoumaru, Rin und Jaken waren unterdessen bei einem kleinen Fluss angekommen und kühlten Rins Knöchel im eisigen Wasser. Immer noch musste die Kleine an die plötzlich so abweisende Naoko denken. Verstand nicht warum sie auf einmal so gemein war… Wo sie sich doch anfangs so gut verstanden hatten. Was habe ich falsch gemacht? ❈❀❁❀❈ „Ich meine es ernst, lasst mich sofort in Ruhe!“ Das kleine Mädchen stand etwas außerhalb des Dorfes, umringt von einigen älteren Kindern. „Aaaw, wie süß, die kleine Sarana fängt aber schon früh an uns Befehle zu erteilen.“, spottete ein braunhaariger Junge und schubste die kleine Kupferhaarige in eine Schlammpfütze. „Fängst du jetzt an zu heulen? Aaaw, wie süß!“ Das Mädchen antwortete nicht, weinte nicht, blickte die Kinder nur aus kalten hellbraunen Augen aus an. „Hey, lasst sie in Ruhe! Sucht euch jemanden in eurem Alter!“ Die drei spottenden Kinder drehten sich zu dem Neuankömmling um. „Na wenn das mal nicht unser Takeo ist… Sieh mal Naoko, dein Fußvolk tanzt an um dir zu helfen.“ Erneut lachten alle und schubsten Takeo ebenfalls in den Dreck. „Wir sollen uns also jemanden in unserer Größe suchen? Meintest du damit dich?“ Abschätzig musterten sie den Kleineren. „Nein, aber ich meinte damit dass ihr Feiglinge seid! Immer taucht ihr in der Gruppe auf und geht auf jüngere los!“ Das Lachen der Älteren schwand, stattdessen blickten sie Takeo finster an. „Sag noch einmal dass wir feige sind und du siehst eine Woche nichts mehr!“, drohten sie und erinnerten ihn so an einige Male in denen er ein dickes blaues Auge hatte… „Ihr seid feige!“, rief er trotzdem und packte Naoko an der Hand. Schnell standen die zwei Kinder auf und rannten in den Wald. An einer kleinen Höhle unter einer Baumwurzel blieben sie stehen. Sie war gerade mal groß genug dass Naoko hineinkriechen konnte. „Was ist mit dir?“, fragte sie den Jungen panisch, doch er winkte nur ab und flüsterte ein schnelles „Bleib da bis ich wieder da bin.“ Erst eine halbe Stunde später holte Takeo sie von der Baumstammhöhle ab. Einige Schrammen waren an seinem Gesicht zu erkennen, sonst schien er unverletzt. „Ich werde immer besser im Kämpfen.“, grinste er und war sichtlich stolz. „Jetzt kann ich dich immer beschützen.“ Auch Naoko lächelte, obwohl sie es gar nicht wollte und voll Sorge war. Niemand sollte kämpfen müssen… Takeo ahnte was seine beste Freundin dachte. „Komm schon Naoko, lass mich dir helfen!“ „Komm schon Naoko, lass mich dir helfen!“ Takeo wechselte gerade die Verbände um Naokos Bein, als sie seine Hände festhielt. Erst vor wenigen Sekunden war sie erwacht und realisierte die Situation noch nicht wirklich. „Takeo, bist du das? Was… was ist passiert? Wo… Wie…?“ „Kannst du dich an nichts mehr erinnern?“ Besorgt blickte Takeo auf die Kupferhaarige hinab, die fieberhaft in ihren Gedanken nach Erinnerungen an die letzten Stunden suchte. „Doch… ich… da war dieser Oni und Rin… ich habe Rin… ich…“ Tränen sammelten sich in Naokos Augen, als ihr wieder einfiel was sie getan hatte. Takeo deutete ihre Tränen falsch und dachte sie würde wegen des Onis weinen. „Jetzt ist er ja weg, keine Sorge ich habe ihn getötet. Er kann dir nichts mehr tun.“ Verwirrt sah Naoko auf. „Wer?“ „Na der Oni.“, murmelte Takeo. „Deshalb hast du doch geweint… oder…?“ Die Kupferhaarige schüttelte den Kopf. „Nein, aber trotzdem danke.“ „Ach was, immer doch.“, antwortete Takeo grinsend und reichte seiner Kindheitsfreundin eine Schale dampfenden Tee, die jedoch keinerlei Anstalten machte diese auch entgegenzunehmen, sondern mit leeren Augen ihren Gedanken nachhing. ❈❀❁❀❈ „Was ist los, verläuft die Sache nicht nach Plan?“ Die verzerrte Stimme eines Zukunftsmenschen hallte durch den Raum und durchbrach somit die unangenehme Stille, die sich ausgebreitet hatte. „Nein, das tut sie nicht.“, murmelte Takeru Sarana und ließ die Schriftrolle sinken. „Wie wir befürchtet hatten…“ „Was ist passiert?“, meldete sich ein anderer Zukunftsmensch zu Wort, wurde aber ignoriert. „Minoru, woher hast du das?“ „Ich weiß nur seinen Namen, sein Gesicht war verhüllt, ich… ich konnte nicht mehr erkennen… es tut mir leid… ich…“ Immer noch war der Diener total am Ende und die Panik war ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. „Schon in Ordnung.“, antwortete Takeru Sarana, wurde aber von seinem Diener unterbrochen. „Nichts ist in Ordnung. Shin. Er hat Shin getötet. Einfach so, ohne ihn anzufassen!“ ❈❀❁❀❈ Vier Tage waren schon vergangen seit Naoko sich in dieser Höhle befand, vier Tage in denen sie die meiste Zeit nur geschlafen hatte und ihr Umfeld kaum wahrnahm. „Takeo, was hast du im Wald gemacht? Warum warst du da als dieser Oni da war?“ Angesprochener seufzte ergeben und legte einen weiteren Holzscheit in das schwächer werdende Feuer. „Ich war besorgt um dich und wollte dich suchen, seit du weg bist ist alles anders und ich will nicht dass es anders ist…“ Immer noch hatte er den Blick gesenkt und sah so nicht wie Naoko ihre Augen zu Schlitzen verengte. „Das hättest du dir überlegen müssen bevor du mich verraten hast!“ „Ich habe dich nicht verraten!“ Takeo schlug mit der Faust auf den harten Steinboden der Höhle und hob endlich seinen Blick. „Hast du nicht? Wie willst du es dann nennen wenn du die Youkais diesen Zukunftstypen auslieferst und mich auffliegen lässt, bei meinem Vorhaben sie zu befreien? Unterstützung? Hilfe?“ Obwohl Naoko starke Schmerzen hatte, schrie sie ihren ganzen Frust heraus und war kurz davor aufzuspringen und davonzurennen. Wenn sie es nur könnte… „Es tut mir leid, ich wollte das doch alles gar nicht, es ist nur… Sie waren so… und…“ Takeo hatte keine Ahnung wie er das alles erklären sollte, vermutlich auch weil er keine Erklärung hatte. „Ich will wieder zurück.“, flüsterte Naoko leise und erneut bildeten sich Tränen in ihren Augen. Takeo blickte hoffnungsvoll auf. „In das Dorf?“ Die Hoffnung wich aber schnell blankem Entsetzen, als Naoko weitersprach. „Nein, zu Sesshoumaru…“ „Wer ist Sesshoumaru? Und diese Rin von der du vorhin gesprochen hast? Und wenn sie wirklich so toll sind, warum haben sie dich dann nicht gerettet, sondern dich zurückgelassen. Du wärst fast gestorben Naoko!“ „Vielleicht wollte ich das ja auch, hast du das schon einmal bedacht?!“ ❈❀❁❀❈ Der Schreck stand in Jakens Gesicht geschrieben. Die Glupschaugen geweitet, der Mund sperrangelweit offen. So stand er da, wie gelähmt und starrte auf den leblosen Oni. Denselben der vor kurzem noch Rin und Naoko entführt hatte. „Sie scheint nicht mehr hier zu sein Meister.“, murmelte er unnötigerweise und trat langsam auf den Oni zu. „Wie hat dieses wertlose Menschenweib es geschafft einen Oni ganz alleine zu töten?“ „Hm.“ Mehr erwiderte der Daiyoukai nicht, viel zu abgelenkt war er von diesem Geruch… Es roch eindeutig nach einer weiteren Person, an der auch der Geruch dieser Zukunftsmenschen haftet. Ein leises Knurren verließ seine Kehle. „Sie muss wieder zurückgekehrt sein, um Bericht zu erstatten.“ „Ich wusste wir konnten ihr nicht vertrauen!“, rief der Kappa aufgebracht und schlug mit seinem Kopfstab auf den Boden. „Wir töten sie, bevor sie Auskunft geben kann.“ Die Stimme Sesshoumarus duldete keinen Widerspruch, Rin weitete geschockt die Augen. „Aber…“, begann sie, wurde aber sofort von Jaken unterbrochen. „Hast du vergessen was sie gesagt hat?“ „Nein.“, flüsterte die Kleine und senkte beschämt den Kopf. „Tut mir leid dass ich Euch widersprochen habe.“ ❈❀❁❀❈ „Was… hast du gerade… gesagt? Naoko, bitte sag mir dass ich mich verhört habe. Du wolltest sterben?“ Takeo presste sich die Hand gegen die Stirn, so als ob er Schmerzen haben würde und senkte erneut den Blick. „Nein, aber... Als dieser Oni mich gefangen hatte, war es mir auch schon egal. Ich hatte meine Chance vertan. Ach was, ich hatte von Anfang an keine…“ „Aber du hast überlebt! Dein Vater hatte dir keinen Tag gegeben, schon bei dem ersten Unwetter gedacht du wärst tot!“ Die Worte ließen sie kalt, sie wusste ihr Vater würde sie nicht vermissen. „Ohne Hilfe wäre ich das jetzt wohl auch…“ „Hilfe?“ „Ja von Ichiro… Ichiro!“ Erschrocken riss Naoko die Augen auf. Takeo war sichtlich erbost über die Nachricht eines weiteren „Helfers“ seiner Freundin. „Und wer ist Ichiro jetzt schon wieder?“, fragte er missmutig und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ein Youkai.“, antwortete Naoko knapp. „Und wenn du ein Problem damit hast kannst du dich ja wieder zurück in das Dorf verziehen und weiter um meinen Vater herumrennen. Vielleicht nimmt er dich ja in seine ach so perfekte Familie auf, du wärst das erste Mitglied, mein Glückwunsch! Ich verschwinde…“ Erst als sie im Begriff war aufzuspringen, fielen ihr ihre Verletzungen wieder ein und so versuchte sie vorsichtig aufzustehen. „Warte, wo willst du hin?“ Auch Takeo erhob sich, er jedoch ohne jegliche Anzeichen von Schmerzen. „Weg.“ „Naoko, bleib hier du kannst keinen Schritt gehen.“ Unsanft packte er sie an der Hand und zog sie zurück. „Du hast doch keine Ahnung was ich alles kann, ich brauche deine Hilfe nicht!“ Schnell riss sie sich los, fiel aber durch den Schwung ihrer Hand nach hinten und landete auf dem harten Boden. „Naoko!“ Erschrocken rannte Takeo zu seiner Freundin und half ihr wieder hoch. „Du gehst nirgendwo hin... Nirgendwo hin ohne mich.“ Kapitel 12: Fernes Ziel ----------------------- „Naoko, bleib hier du kannst keinen Schritt gehen.“ Unsanft packte er sie an der Hand und zog sie zurück. „Du hast doch keine Ahnung was ich alles kann, ich brauche deine Hilfe nicht!“ Schnell riss sie sich los, fiel aber durch den Schwung ihrer Hand nach hinten und landete auf dem harten Boden. „Naoko!“ Erschrocken rannte Takeo zu seiner Freundin und half ihr wieder hoch. „Du gehst nirgendwo hin... Nirgendwo hin ohne mich.“ Langsam wurde Naoko wieder wach, sie war kurz nach Takeos Worten schon wieder eingeschlafen. Ist das ein Erdbeben? verwirrt blinzelte die Kupferhaarige und klärte so ihre Sicht. Erst da bemerkte sie, dass sie sich auf einem gemütlich trabenden, braunen Pferd befand. Würden sie nicht zwei starke Arme links und rechts von ihr, die auch die Zügel führen, halten, wäre sie schon längst auf dem Boden gelandet. Naoko musste sich nicht umdrehen um zu wissen, dass Takeo das Tier führte, aber eine andere Frage beschäftigte sie. „Takeo, woher hast du das Pferd?“ Seine Antwort war knapp und relativ gefühllos. „Es ist meines, ich hatte es im Wald versteckt.“ Zu gerne hätte Naoko sein Gesicht gesehen, seine Emotionen gedeutet, doch sie saß mit dem Rücken zu ihm… „Wohin…“ Noch ehe Naoko ihren Satz richtig beginnen konnte, wurde sie auch schon von Takeo unterbrochen. „Zu einer Heilerin, deine Verletzungen sind schlimmer als ich zuerst dachte, außerdem hast du Fieber bekommen.“ ❈❀❁❀❈ Eine trübselige Stimmung hatte sich bei der kleinen Rin ausgebreitet. Sie hatte bemerkt dass sie Naoko nicht hassen kann, egal was sie gesagt hat, wollte nicht dass sie stirbt… Und doch ging sie stumm mit den anderen. Denen, die Naoko töten wollen. Denen, die ihre Familie sind. „Sie waren hier.“ Emotionslos passierten sie eine Höhle, in der von einer Feuerstelle noch leichter Rauch aufstieg. „Sie ist verletzt, vermutlich suchen sie eine Heilerin auf, außerdem haben sie ein Pferd.“, fasste Sesshoumaru zusammen. Rin war erschrocken darüber dass Naoko verletzt war und hoffte es geht ihr so einigermaßen gut. „Da sind Spuren von Hufen.“, riss sie Jakens quakige Stimme aus ihren Gedanken. Ihm war anscheinend noch nicht aufgefallen, dass sie schon meterweit vor ihm waren und Sesshoumaru sich nicht mit lästiger Spurensuche aufhalten muss. Er konnte sich voll und ganz auf seinen Geruchssinn verlassen. ❈❀❁❀❈ Getötet ohne ihn anzufassen… Takeru Sarana dachte immer noch über die Worte seines treuesten Soldaten und Dieners nach. Zu gerne hätte er ihn mehr gefragt, doch er war, nachdem er ihm noch den Namen der Person genannt hatte, unansprechbar. „Meister Sarana.“, ein weiterer Diener kam in den Raum und kniete sich vor den einflussreichen Mann. „Soll ich die Soldaten ausschicken diesen Störenfried auszulöschen?“ Ohne lange zu überlegen, antwortete Takeru Sarana auch schon. „Nein, das wird nicht nötig sein. Ich habe bereits Vorkehrungen getroffen. Niemand stellt sich uns in den Weg, jeder der uns aufhalten will ist unser Feind und wird getötet. Wir machen das für die Menschheit, wir sind Retter. Bald wird es keine Youkais mehr geben und jeder kann ohne Angst durch die Welt ziehen. Es wird eine wunderbare Welt sein. Eine wunderbare Zukunft…“ ❈❀❁❀❈ Takeru trieb das Pferd an, musste es unbedingt noch vor Einbruch der Dunkelheit schaffen zu einer Heilerin zu kommen. Nicht nur da die Temperaturen nachts rapide absinken, sondern auch weil dann die meisten Youkais aus ihren Verstecken kommen und wohl nichts lieber tun würden als eine Sarana und einen nach Zukunftsmensch riechenden zu töten. Naoko vor ihm, war schon längst wieder eingeschlafen, was auch besser so war. So konnte er in Ruhe nachdenken wie er in nächster Zeit vorgehen soll um ihr zu helfen. Er hatte keine Lust mehr nach der Pfeife der Zukunftsmenschen zu tanzen und wollte auch dass alles wieder so wird wie früher, doch eines wurde ihm erst jetzt klar. Naokos Vertrauen hatte er schon längst verloren… Doch kann er es zurückgewinnen? „Ichiro…“, flüsterte die Kupferhaarige leise und ließ Takeo so aus seinen Gedanken schrecken. Schon früher hatte sie manchmal, wenn sie Fieber hatte, Worte im Schlaf gesprochen. Der Braunhaarige musste lächeln. Auch er vermisste die alte, unbeschwerte Zeit sehr. Ein plötzliches Knacken zwischen den Bäumen ließ ihn erneut hochschrecken, als er den Blick drehte, konnte er gerade noch sehen, wie ein dunkler Schatten weghuschte. Um schnell weg zu kommen, trieb er das Pferd noch mehr an und galoppierte so schon durch den tückischen Wald. Immer wieder musste er sich ducken um tief hängenden Ästen auszuweichen und auch auf Naoko musste er gut aufpassen, immerhin konnte sie sich selbst nicht halten. Takeo wusste nicht ob er sich wegen dem Schatten einfach nur verfolgt fühlte, oder ob ihnen wirklich jemand auf den Fersen war, doch er bekam langsam ein ungutes Gefühl und wollte einfach endlich nur aus dem dunklen Wald hinaus. Die Sonne war schon vor einer halben Stunde untergegangen und die dichten Bäume ließen kaum Licht durch ihre Kronen und nahmen Takeo so auch noch die letzte Sicht. „Verdammt.“, fluchte er, als er neben sich kurzzeitig einen Schatten aufblitzen sah. Wer verfolgte sie bloß? Immer wieder huschte links oder rechts von ihm en Schatten vorbei und Knurren war zu hören, doch jedes Mal wenn er den Kopf drehte, blieb alles ruhig. „Zeig dich.“, rief Takeo verärgert und hielt das Pferd an. Gerade noch rechtzeitig, denn in diesem Moment sprang ein Youkai zwischen den Bäumen hervor, direkt an Takeos Pferd vorbei. Wäre ich weitergeritten, dann hätte uns dieses Vieh mitgerissen! Knurrend trat das Wesen wieder zurück, stellte sich Takeo in den Weg. Es sah aus wie ein riesiger schwarzgrauer Wolf, Gift tropfte aus seinem Maul und es wirkte fast so als würde er grinsen. Im ersten Moment riss Takeo nur geschockt die Augen auf. Noch nie hatte er einen freien Youkai gesehen. Das Wesen duckte sich, setzte zum Sprung an und stieß sich vom Boden ab. Nahezu zeitgleich, schoss ein weiterer Schatten hervor und riss den Youkai mit sich in den Wald. Schnell nutzte der erschrockene Takeo den Moment aus und setzte das Pferd in Bewegung. Kampfgeräusche waren zu hören, ein Baum stürzte um, verfehlte den Flüchtenden nur knapp. Vor Schreck hätte er fast Naoko fallen lassen, doch er konnte sie noch halten und so machten sich die Beiden schnell auf den Weg. Hoffentlich verfolgt uns dieses andere Ding jetzt nicht… waren Takeos letzte Gedanken, bevor er das Pferd dazu brachte noch schneller zu rennen, um endlich aus diesem grässlichen Wald zu kommen. ❈❀❁❀❈ Ein kleiner Käfer kroch unter einer Wurzel hervor und krabbelte langsam und gemächlich über den Waldboden. Sein Ziel war dasselbe wie das der vielen anderen Insekten. Der tote Körper, der mitten im Wald, zwischen eng aneinander stehenden Bäumen lag. Schon bald hatte das schwarze Insekt den jungen Mann erreicht und krabbelte in die tiefe Fleischwunde an dessen Arm. Schon zwei Tage lag der Mann dort und dies sah man ihm auch deutlich an. Schon von weitem konnte man riechen, dass der Verwesungsprozess eingesetzt hatte und auch das viele Ungeziefer und die vielen anderen Tiere, die sich um die Leiche geschart hatten, verrieten dass er nicht eben erst gestorben sein kann. Dort, wo er lag, würde ihn nie jemand finden, denn kein Mensch würde so tief in den Wald vordringen. Nur Soldaten oder verirrte Reisende. Auch dieser Mann war ein Soldat gewesen. Sein Kamerad wusste sehr wohl wo er sich befand, doch er würde niemals freiwillig hierher zurückkehren, denn er sah wie sein Freund starb. Auf welch unheimliche Weise… Minoru hatte überlebt. Einzig und allein um eine Nachricht zu überbringen. Eine Nachricht an Takeru Sarana. In der Nachricht wurde gefordert diesen Wahnsinn zu beenden, wurde gedroht alle zu töten, doch wie groß war die Chance, dass die größenwahnsinnigen Menschen sich dieser Forderung beugen würden? Verschwindend gering... Doch was würde der Verfasser dieses Briefes, Korosu Akagawa, wohl dazu sagen? ❈❀❁❀❈ Eilig galoppierte ein Pferd herbei, Hufen schlugen immer wieder auf dem Waldboden auf. Die junge Frau mit den schwarzroten Haaren hörte es schon von weitem. „Kundschaft.“ Die dunkelgrünen Augen fest auf den Waldweg gerichtet, saß sie da und streichelte ihre schwarze Nekomata. Der Katzenartige Youkai maunzte einmal freudig und begann mit einer Haarlocke seiner Besitzerin zu spielen, was er jedoch nur kurze Zeit später unterbrach und knurrend zu Boden sprang. „Kuro, was ist los?“ Alarmiert griff die junge Frau nach ihrem Kurzschwert und stellte sich zu der Nekomata. Das Galoppieren wurde lauter und schließlich entdeckte die Rothaarige ein braunes Pferd, auf dem sich zwei Personen befanden. Was ist nur mit Kuro los? Takeo brachte das Pferd zum Stehen und stieg vorsichtig ab, ehe er Naoko auf seine Arme lud. „Akiko Kuromoto?“, fragte er die Rothaarige, die nur schnell nickte. „Meine Freundin braucht dringend Hilfe.“, erklärte er und blickte unschlüssig zwischen der Heilerin und der knurrenden Nekomata hin und her. Die Heilerin musterte zuerst Takeo und lies ihren Blick anschließend zu Naoko schweifen. Erschrocken riss sie die Augen auf. „Was ist passiert?“ „Lange Geschichte mit einem Oni und allerlei anderen Problemen…“ „Schon gut.“, erwiderte Akiko und wies Takeo an ihr zu folgen. Kuro knurrte ihn zwar immer noch an, doch er war schon etwas ruhiger. Takeo legte die verletzte Naoko, wie ihm geheißen, auf eine Art Behandlungstisch aus Holz ab. „Kannst du denn auch bezahlen?“, fragte die Heilerin, während sie in einer Holzkiste nach etwas kramte. Takeo nickte schnell und begann nach einem Säckchen mit Geldstücken zu kramen. Es war sein letztes Geld, doch er gab es für einen guten Zweck aus. Für seine beste Freundin. Als Akiko das leise Klirren des Geldes auf dem Holztisch hörte, blickte sie auf. „Hm… Eurem Aussehen nach, hätte ich kein Geld erwartet.“ Takeo blickte an sich hinab. Seine Kleidung war dreckig und leicht zerrissen, Naokos Kimono sah nicht viel besser aus… „Ihr scheint ja genug zu verdienen.“, wandte er sich an die Heilerin und deutete auf ihren teuren roten Seidenkimono mit goldenen Mustern. „Es reicht um zu überleben.“, antwortete sie belustigt und kramte weiter in ihrer Holzkiste nach Tüchern. „Wer seid ihr eigentlich?“ Akiko war gerade mit dem versorgen von Naokos Wunden fertig geworden und hatte ihr eine Art Medizin aus Kräutern mit fiebersenkender und blutreinigender Wirkung verabreicht. Alles hatte sie noch mit dem typischen Ärztespruch „Sie braucht jetzt viel Ruhe.“, abgerundet. „Mein Name ist Takeo.“, antwortete der Braunhaarige nach einiger Zeit. „Und das ist Naoko.“ Sofort wich er Akikos misstrauischem Blick aus. „Naoko wie?“ „Einfach nur Naoko…“ Warum kann er mir nicht einfach ihren Nachnamen sagen und warum ist Kuro ihm gegenüber so feindselig? Das plötzliche Öffnen der Türe, ließ Akiko aufschrecken. „Wer seid Ihr?“, fragte sie den Neuankömmling erschrocken und zog ihr Kurzschwert. Es kam nur sehr selten vor, dass ein Youkai sie aufsucht. Und meist waren ihre Absichten alles andere als gut… Kapitel 13: „Krankenbesuch“ --------------------------- „Wer seid ihr eigentlich?“ Akiko war gerade mit dem versorgen von Naokos Wunden fertig geworden und hatte ihr eine Art Medizin aus Kräutern mit fiebersenkender und blutreinigender Wirkung verabreicht. Alles hatte sie noch mit dem typischen Ärztespruch „Sie braucht jetzt viel Ruhe.“, abgerundet. „Mein Name ist Takeo.“, antwortete der Braunhaarige nach einiger Zeit. „Und das ist Naoko.“ Sofort wich er Akikos misstrauischem Blick aus. „Naoko wie?“ „Einfach nur Naoko…“ Warum kann er mir nicht einfach ihren Nachnamen sagen und warum ist Kuro ihm gegenüber so feindselig? Das plötzliche Öffnen der Türe, ließ Akiko aufschrecken. „Wer seid Ihr?“, fragte sie den Neuankömmling erschrocken und zog ihr Kurzschwert. Es kam nur sehr selten vor, dass ein Youkai sie aufsucht. Und meist waren ihre Absichten alles andere als gut… Takeru Sarana saß wieder einmal auf seinem Thron und ließ sich von seinen Dienern Bericht erstatten. „Ah, Tigeryoukais.“, grinste er und freute sich über die neuen Gefangenen. Tigeryoukais waren für ihre Aggressivität bekannt und würden dem einflussreichen Mann viel Geld einbringen. „Gute Arbeit Männer, bringt sie weg.“, wies er die vor ihm Knienden an und wollte seine Aufmerksamkeit wieder einem Schriftstück zuwenden, als ihn ein Diener zögerlich unterbrach. „Meister Sarana-sama… Was sollen wir jetzt wegen der Forderungen von diesem…“ Noch ehe der nervöse Diener seinen Satz zu Ende führen konnte, wurde er auch schon von einer wütenden Stimme zum Schweigen gebracht. „Selbstverständlich wird auf diese Forderungen nicht eingegangen! Der Störenfried wird aus dem Weg geräumt, genauso wie jeder andere der sich uns in den Weg stellt!“ ❈❀❁❀❈ „Mein Name tut nichts zur Sache.“, hallte die monotone Stimme durch die drückende Stille. Die Heilerin Akiko umfasste den Griff ihres Schwertes fester und fixierte ihr Gegenüber mit dem Blick. „Was wollt Ihr von mir? Ich denke einmal nicht, dass ein Youkai von mir Hilfe braucht…“ „Der Meister würde nie Hilfe von solch einer wertlosen…“ „Jaken!“ Beleidigt verzog sich der Kröterich wieder aus dem Blickfeld der Heilerin und allein der Silberhaarige Youkai blieb zurück. „Nein, ich brauche in der Tat keine Hilfe, aber ich suche nach jemandem.“, erklärte er kalt und betrat die Hütte der Heilerin endgültig. Dieser entgingen weder die stechenden Blicke des Youkais auf ihre Patientin, noch die Panik des Braunhaarigen Jungen. „Ich würde Euch bitten zu gehen.“, sprach sie daher und stellte sich dem Youkai in den Weg. „Ich habe Patienten und diese brauchen Ruhe.“ Akiko verschränkte demonstrativ die Hände. „Geh aus dem Weg.“ Die Worte waren mit ruhiger Stimme gesprochen, doch die mächtige Drohung in diesen entging Akiko keineswegs. Eine leichte Gänsehaut legte sich auf ihre Arme, als sie die Kälte der Worte wie ein Schlag ins Gesicht traf und ihre Knie zitterten leicht. Der Youkai vor ihr war mächtig und gefährlich. Sehr gefährlich… „Wer bist du?“ Takeo versuchte erfolglos das leichte Zittern seiner Stimme zu unterdrücken als er den Youkai direkt ansprach. Dieser blickte ihn nur kurz an, ehe er mit wie immer ruhiger Stimme sprach. „Euch scheint mein Name wichtig zu sein.“ Wütend ballte Takeo seine Hände zu Fäusten. „Hör auf uns zum Narren zu halten!“ „Schweig, Mensch.“ Die Stimme des Youkais war immer noch ruhig, hatte aber ein klein wenig an Lautstärke zugenommen. „Der du nach den Mördern unserer Art stinkst.“ Akiko hatte zwar anfangs keine Ahnung wovon der ihr fremde Youkai eigentlich sprach, doch sie reimte sich auf einzelnen verständlichen Gesprächsfetzen schnell die Wahrheit zusammen. „Ihr seid Anhänger der Zukunftsmenschen.“, rief sie erschrocken und wich vor Takeo zurück. Sofort wollte sich dieser rechtfertigen. „Nein, wir…“ „Lügner!“, wurde er von der jungen Heilerin unterbrochen. „Kuro hat Euch von Anfang an gehasst und ich wusste nicht wieso… Verlasst mein Heim. Sofort!“ „Aber…“ „Raus!“ Die Heilerin deutete wütend auf ihre Tür, zu der der neugierige Jaken hineinlugte, der sich aber sofort verzog, als er das wütende Gesicht der Heilerin sah. „Und vergiss deine Freundin nicht.“, fügte Akiko noch wütend hinzu, ehe sie in einer kleinen Kiste nach etwas suchte. Schnell war der Gegenstand gefunden, ein kleines Säckchen, das sie Takeo wütend zuwarf. „Und dein dreckiges Geld kannst du auch behalten, ich will mit nichts bezahlt werden, für das Youkaiblut floss.“ Ein leises Knurren jedoch lenkte die Heilerin von ihrem Wutrausch ab und auch Takeo wurde so wieder in die Realität gerissen. In die Realität, dass ein ihm fremder Youkai ihm und Naoko nachgeschnüffelt hatte und sie nun womöglich töten würde. „Nicht hier, Youkai.“, flüsterte Akiko und sah jeden einzelnen ihrer Gäste einmal noch ganz genau an. „Ich will niemandes hier vergossenes Blut in meinem Haus haben.“ Mit diesen Worten drehte sich die Schwarzrothaarige um und wollte die Hütte durch eine Hintertür verlassen. Takeo hielt sie jedoch mit einem „Keinen Schritt weiter!“ auf. Entnervt drehte sich die Heilerin nochmals um. „Vielleicht sind wir vom Dorf in dem die Zukunftsmenschen ihr Quartier gefunden haben und vielleicht ist das dort auf dem Behandlungstisch auch Naoko Sarana, Tochter des Kontaktmannes der Zukunftsmenschen in der Vergangenheit, doch das muss noch lange nicht heißen dass wir auch auf Seiten dieser sind.“ Für einen kurzen Moment dachte Akiko über die Worte nach. „Und ihr seid… nicht auf deren Seite?“ Beinahe schon hätte die Heilerin dem Braunhaarigen geglaubt, doch dann… „Lügner. Das Weib war nur bei mir um zu spionieren und dann, als es wohl nicht nach Plan lief und sie von einem Oni angegriffen wurde, hat ihr dieser Mensch wohl geholfen und sie hierher gebracht, bevor sie Bericht erstatten.“ Die Augen Sesshoumarus verengten sich zu Schlitzen und er begann sich langsam zu fragen warum er eigentlich seine Zeit vergeudete und mit diesen Menschen sprach, wenn er diese Naoko schon längst hätte töten können. „Das ist nicht wahr! Naoko ist fort gelaufen um den Youkai zu helfen, sie…“ „Aufhören, alle beide!“ Akiko hielt das ewige hin und her einfach nicht mehr aus. „Euer Denken wird euch immer in eine Sackgasse führen, weil ihr nur soweit denkt, soweit ihr wollt und nicht auch einmal neuen Erkenntnissen öffnet. Ihr seid so richtig typische… Männer.“ Entnervt schnaubte die Heilerin. „Und solange ich hier bin, wird in diesem Haus niemand getötet, klar?“ Ihr Blick lag bei diesen Worten die meiste Zeit über auf Sesshoumaru, der sie nur kalt und abschätzend anstarrte. „Als würde ich mir etwas von einem Menschenweib sagen lassen.“ „Solange Ihr Euch in meinem Heim aufhaltet, werdet Ihr auf mich hören müssen. Ob es Euch passt oder nicht!“ Langsam aber sicher verlor Akiko die Geduld und würde die zwei Männer am liebsten vor die Tür befördern. Sesshoumaru ignorierte die Worte der Heilerin jedoch komplett. Mit einer schnellen Bewegung war er bei Naoko und umfasste ihren schlanken Hals mit seiner krallenbesetzten Hand. Sofort reagierten die anwesenden Menschen. „Was tut Ihr da? Hört auf damit, sie ist verletzt und braucht Ruhe!“ „Pfoten weg, elender Youkai!“ Skeptisch sahen sich die zwei Menschen daraufhin an. „Mit deiner Höflichkeit kommst du nicht weit, Heilerin.“ „Soll ich ihm etwa auch Befehle erteilen, Lügner?“ Entnervt schnaubte Takeo. „Ich habe nicht gelogen!“ Eigentlich wollte die Heilerin gerade etwas erwidern, doch etwas anderes lenkte sie davon ab. „Sesshoumaru?“ Die Worte waren nur ein Flüstern, weniger als ein Flüstern… Naokos Augen hatten sich nur einen kleinen Spalt weit geöffnet, doch es reichte um den Silberhaarigen zu erkennen, seine unverkennbaren Augen. Und doch fragte sie nach. „Seid Ihr das?“, „Schweig, Weib!“, war alles was Sesshoumaru erwiderte und doch zog er seinen Arm zurück. Auf irgendeine ihm selbst unheimliche Art und Weise empfand er so etwas wie Mitleid für das Mädchen, das wie ein Häufchen Elend auf dem Behandlungstisch der Heilerin lag. Fiebrig, verwundet… Schnell schüttelte er den Kopf. Was denke ich da? Sie ist meine Feindin und dies wäre der perfekte Moment sie zu töten! Und doch tat er es nicht… Auch Akiko war mittlerweile wieder bei der Verletzten und sah sorgenvoll zwischen Naoko und Sesshoumaru hin und her. „Bitte, sie ist verletzt…“ Erneut hatte Sesshoumaru keine Ahnung was ihn zu seinem Handeln trieb, doch er drehte sich wortlos um und ging. Vielleicht weil es einfach nicht seinem Wesen entsprach eine wehrlose Person zu töten, selbst wenn es der Feind war. Eine andere Erklärung fiel ihm nicht ein. Naoko spürte dass er sich langsam entfernte und öffnete die Augen erneut. „Bitte… bleib…“, flüsterte sie beinahe tonlos, doch der Daiyoukai ging einfach weiter und verließ die Hütte der jungen Heilerin. Wenn ich dich das nächste Mal sehe, töte ich dich. waren seine letzten Gedanken, ehe er sich langsam in den Wald Richtung Osten aufmachte. ❈❀❁❀❈ Distanz…Fremdartigkeit…Bedrohung…Tod Das sind nur vier der Dinge, die die dunkel vermummte Gestalt ausstrahlte. Beinahe schon angeekelt schnaubte er, als er auf den eben erst getöteten Wolfsyoukai starrte, der blind vor Wut in seinen Tod gerannt war. Niemand der noch ein wenig Hirn besaß, stellte sich ihm in den Weg. Der Vermummte wischte seine schwarzen Handschuhe am grasigen Boden ab und rückte anschließend seine durch den Kampf etwas verschobene, tief ins Gesicht hängende Kapuze zurecht. „Erbärmliche Kreatur.“, murmelte er und verließ schnellen Schrittes den toten Körper. Der Mysteriöse war weder auf Seiten der Youkais, noch auf Seiten der Menschen. Er hatte schon Mitglieder beider Parteien auf dem Gewissen und kein Problem damit. Nur eine Sache störte ihn. Die Zukunftsmenschen. Seitdem diese nämlich aufgetaucht waren, verschob sich das Gleichgewicht der Welt. Wer einst mächtig war, verlor an Größe, wer einst groß war, war nun fort, wer einst nur ein Dorfoberhaupt der Menschen war, war nun eine wichtige Kontaktperson, wer einst Takeru Sarana war, war nun ein Monster… Der Vermummte ballte seine Hände zu Fäusten. Zwar kannte er Takeru Sarana nicht persönlich, doch er hatte schon vieles über den einflussreichen Mann gehört. Zwar darf man nicht alles glauben dass man hört, aber der Kapuzenträger hatte sich selbst schon gut informiert, hatte Auskunft aus erster Hand erhalten, wenn auch nicht immer ganz freiwillig. Dem ganz in schwarz gekleideten war bewusst, dass es in diesem Krieg nur einen Sieger geben konnte, denn um sich friedlich zu einigen, war alles schon viel zu weit gegangen. Ganze Rassen waren schon vom Tod bedroht, es gab nur noch wenige Fuchsyoukais und gerade vor kurzem wurden die Tigerdämonen um große Zahlen dezimiert. Bei dem früheren Kampf - Mensch gegen Youkai - hatte sich immer alles schön im Gleichgewicht gehalten. Was war schief gegangen, das nun alles so ausgeartet war? Viele Fragen waren offen, doch eine Sache war sonnenklar. Will man das frühere Gleichgewicht wieder herstellen, müssen alle „Zukunftsanhänger“ sterben. Kapitel 14: Die Sicht der Dinge ------------------------------- Dem ganz in schwarz gekleideten war bewusst, dass es in diesem Krieg nur einen Sieger geben konnte, denn um sich friedlich zu einigen, war alles schon viel zu weit gegangen. Ganze Rassen waren schon vom Tod bedroht, es gab nur noch wenige Fuchsyoukais und gerade vor kurzem wurden die Tigerdämonen um große Zahlen dezimiert. Bei dem früheren Kampf - Mensch gegen Youkai - hatte sich immer alles schön im Gleichgewicht gehalten. Was war schief gegangen, das nun alles so ausgeartet war? Viele Fragen waren offen, doch eine Sache war sonnenklar. Will man das frühere Gleichgewicht wieder herstellen, müssen alle „Zukunftsanhänger“ sterben. „Naoko?“ Beinahe schon vorsichtig sprach Takeo seine Kindheitsfreundin an, die ihm jedoch nicht antwortete, sondern aus trüben Augen zur Decke der Hütte empor blickte. Trotzdem sprach Takeo weiter. „Wenn das dieser Sesshoumaru war, w…“ Noch ehe Takeo den Satz halb ausgesprochen hatte, brachte ihn die Heilerin mit einer Handbewegung zum Schweigen. „Sogar du musst merken dass da etwas nicht stimmt.“, flüsterte sie anklagend und deutete ihm hinauszugehen, was der Braunhaarige nach kurzem Zögern auch tat. Nur wenige Minuten war er vor der Hütte gesessen, da kam auch schon Akiko aus dieser. „Ich habe noch gewartet bis sie eingeschlafen ist.“, erklärte die Heilerin und setzte sich seufzend neben den Braunhaarigen. „Jetzt würde ich aber wirklich gerne einmal die ganze Geschichte hören.“, murmelte sie, während sie verträumt die Bäume beobachtete. „Und zwar die Wahrheit.“, fügte sie noch hinzu und sah Takeo eindringlich an. Dieser seufzte nur ergeben und hauchte im selben Atemzug ein „Na gut.“ Zufrieden mit dieser Antwort, erhob sich die Heilerin. „Ich mache uns einen Tee, dann erzählt sich die Geschichte besser.“ Takeo hatte keine Ahnung wo oder wie er mit der Erzählung anfangen sollte und noch ehe er sich alles irgendwie gedanklich zusammenordnen hätte können, war Akiko auch schon wieder mit zwei dampfenden Holzschalen zurück. Die Heilerin setzte sich wieder neben den Braunhaarigen und reichte ihm die nach Kräutern duftende Schale, die er dankend entgegennahm. „Also.“, setzte Akiko nach einer Minute des Schweigens an und blickte ihren Gegenüber abwartend an. „Was ist hier jetzt eigentlich los?“ Tief seufzend blickte Takeo in seine Teeschale. „Gut, ich werde dir erzählen was passiert ist, aber wenn du Fragen hast, dann warte bitte noch.“ Im selben Atemzug begann der Braunäugige auch schon mit seiner Erzählung. Diese handelte von dem Auftauchen der Zukunftsmenschen, Naokos oftmaligen Befreiungsversuchen gefangener Youkais und schließlich von ihrer Flucht. „Ich hatte wahnsinnige Angst dass ihr etwas passiert.“, flüsterte er und nahm einen tiefen Schluck des Tees. „Schon beim ersten Gewitter hat ihr Vater sie abgeschrieben und für tot erklärt.“ Akiko, die ihm die ganze Zeit über aufmerksam zugehört hatte, ging die Geschichte sehr nahe, aber sie freute sich mehr über diesen ganzen Wahnsinn zu erfahren. Und dann auch noch aus erster Hand. „Ich beschloss nach einiger Zeit sie zu suchen, da ich einfach wollte, dass es so wird wie früher und diesen ganzen Wahnsinn erst viel zu spät durchschaut habe. Aber vielleicht habe ich sie jetzt für immer verloren…“ Takeo senkte den Blick und starrte so regelrecht in seine Tasse. „Hey, dafür hast du sie ja gerettet.“, munterte Akiko den Deprimierten auf und wollte ihn so auch ein wenig ermutigen weiter zu erzählen. Beruhigend legte sie ihre Hand auf seine, um ihn dazu zu bringen den Blick zu heben. „Ohne dich wäre sie jetzt tot.“, fuhr sie fort und ließ ihre Hand auf der seinen ruhen. „Ja, aber erst durch mich kam sie in diese Situation.“ Leise seufzte Akiko und schloss kurz die Augen, anschließend stellte sie ihre mittlerweile leere Teeschale zur Seite und drehte sich ein wenig zu Takeo, dem sie die Schale einfach aus der Hand nahm. Anschließend nahm sie seine Hände in ihre und sah ihn eindringlich an. „Jetzt hör mir mal zu.“, begann sie beruhigend. „Du hast alles richtig gemacht, ohne dich wäre sie jetzt tot. Das ist nun mal so und außerdem lag es nicht an dir, dass sie fortgelaufen ist, es war ihre eigene Entscheidung.“ Ein kleines Lächeln stahl sich in Takeos Gesicht. „Ich weiß, aber ich habe sie schon immer beschützt. Sie war immer meine kleine Schwester und ist es auch heute noch…“ „Und doch kann sie auch selbst Entscheidungen treffen.“, warf Akiko ein. „Es ist nicht deine Schuld, glaub mir.“ Erneut lächelte Takeo leicht. „Danke.“, murmelte er und umarmte die Rothaarige. „Keine Ursache.“, erwiderte diese und legte ebenfalls ihre Arme um ihn. Erst nach einer Minute lösten sei die eine Spur zu lange dauernde Umarmung und Akiko erhob sich um nach ihrer Patientin zu sehen. ❈❀❁❀❈ Der kleine Ichiro irrte immer noch ziellos durch den Wald. Seit er erfahren hatte, dass Naoko immer noch bei diesem Oni war, hatte er die Spur von diesem aufgenommen, doch als er dort ankam war sie schon weg. Er roch dass Sesshoumaru kurz vor ihm da war, aber auch die Anwesenheit einer nach Zukunftsmensch riechenden Person. Ein ungutes Gefühl hatte ihn beschlichen und er hatte weiter nach ihr gesucht. Ihre Spur fand er an einer Höhle wieder, dort roch er auch ihr Blut und erneut einen Zukunftsmenschen und Sesshoumaru. Seine Beunruhigung wuchs immer weiter, als er schließlich den Hufspuren eines Pferdes folgte. Er war alleine, hungrig und traurig, doch das alles störte ihn nicht. Ein Gefühl hatte die Oberhand übernommen und verdrängte alle anderen. Die Angst. Die Angst um seine Mutter. Als er die Hufspuren im weichen Waldboden verfolgte, ging ihm viel durch den Kopf. Er hatte die Vermutung, dass bei der ganzen Sache irgendwas faul war und je länger er nach seiner Mutter suchte, umso stärker wurde das Gefühl. Ein trauriges Winseln verließ sein Maul, als er an einem umgestürzten Baum Naokos Dolch fand. Ichiro senkte die Ohren und legte sich neben die Waffe. Sie roch nach ihr… Ein weiterer Geruch stieg ihm in die Nase. Beißend, brennend, so wie nur Youki riechen kann… Er kletterte auf den Baumstamm und sah eine kleine Youkipfütze, bei großen Klauenspuren. Der kleine Fuchsyoukai schnüffelte und erst da roch er es… Wolf. Er fragte sich selbst, wie er das nicht bemerken konnte, vermutlich lag es an Naokos Dolch, der seine gesamte Aufmerksamkeit beschlagnahmt hatte. Ichiro tapste erneut auf die Waffe zu und hob sie vorsichtig in sein Maul, ehe er weiter nach Naoko suchen wollte. Erst einen Schritt hatte der Kleine getan, da ließ ihn ein Knacksen im Wald innehalten. Das Köpfchen zu den Bäumen gewandt, trat er langsam einen Schritt zurück, denn eine dunkle, bedrohliche Aura eilte ihrem Besitzer voraus. Dieser trat nur eine Sekunde später aus dem Wald und blieb vor dem sich duckenden und seine Ohren ängstlich anlegenden Ichiro stehen. Der für Ichiro Fremde, starrte den geschrumpften Youkai an, doch der kleine Fuchs konnte die Emotionen in seinem Blick nicht deuten, man konnte nämlich nichts von seinem Gesicht erkennen. Es wurde von einer tiefen Kapuze verdeckt… ❈❀❁❀❈ „Meister Sesshoumaru-sama?“, versuchte der Kappa vorsichtig die Aufmerksamkeit seines Meisters zu erlangen. Dieser antwortete jedoch nicht, sondern sah wie immer emotionslos nach vorne. Trotzdem versuchte Jaken erneut sein Glück Aufmerksamkeit zu erhalten und stellte die Frage, die ihn schon seit dem Haus der Heilerin beschäftigte. „Warum habt Ihr das Menschenweib nicht einfach getötet, also wenn ihr mich fragt, war das die perfekte Gelegenheit sie ein für alle Mal aus dem We…“ Der Kappa stockte als sein Meister sich umdrehte und ihn mit vernichtendem Blick ansah. „Du solltest dich aus meinen Angelegenheiten heraushalten, Jaken.“ Rin, die bis dahin nichts von der Kupferhaarigen wusste, freute sich innerlich sehr, dass diese noch am Leben war. Gerne hätte sie sie besucht, um sich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Auch fragte sie sich immer öfter wo Ichiro wohl geblieben war, denn auch bei der Heilerin hatte sie ihn nicht gesehen. Die Kleine seufzte leise. Naoko-san… Auch Sesshoumarus Gedanken drehten sich um die Kupferhaarige, oder bessergesagt um die Frage warum er sie nicht einfach getötet hatte, als sie mehr bewusstlos als wach auf dem Behandlungstisch der Heilerin lag. Und so schwach gewirkt hat… Ein leises Knurren verließ seine Kehle. Nächstes Mal würde er sie töten! ❈❀❁❀❈ „Links!“ Ryoichi drehte sich in die ihm genannte Richtung und konnte den Angreifer gerade noch erwischen. Schnell warf er Hayate, seinem Freund und Diener, einen dankbaren Blick zu und konzentrierte sich weiter auf den Kampf. Eine schwache Gruppe Soldaten hatten sie angegriffen, der Geruch von Zukunftsmensch haftete an ihnen. Einer der Angreifer kramte eine seltsame Waffe hervor, doch noch bevor er sie hätte einsetzen können, bemerkten es die Nekoyoukai. „Er hat eine dieser Waffen!“ Kenshin, der treueste Diener und beste Freund Ryoichis, trat einen Soldat von sich und riss im selben Atemzug die Waffe aus der Hand des anderem. „Netter Versuch.“, grinste er und schlug den Angreifer mit dem abgenommenen Gegenstand nieder. Kämpfen war eine seiner Stärken und wie alle Nekoyoukais war er schnell und geschickt. Mit einer Leichtigkeit, die selbst Ryoichi bewunderte, wich Kenshin jeder Attacke aus und fand sogar noch die Zeit das Schlachtfeld zu überwachen. Nicht ohne Grund war er der Ausbilder der Anfänger und der Anführer der Kampftruppen Ryoichis. Bald waren alle Menschen vernichtet und die seltsamen Waffen zerstört, sodass wieder Ruhe einkehrte. Die Soldaten beseitigten unter den Anordnungen Hayates die Unordnung und brachten die Leichen fort, während Ryoichi und Kenshin etwas abseits standen und diskutierten. „Sie wollten uns nicht angreifen, dafür waren sie zu unvorbereitet.“, begann Ryoichi, der Herr der östlichen Länder und erhielt Zustimmung von seinem Gesprächspartner. „Bei dieser Angelegenheit muss ich Euch recht geben, sie wollten nur spionieren und wurden dabei zufällig von unseren Wächtern entdeckt.“ „Du weißt was das bedeutet, Kenshin. Bald werden sie uns angreifen und ebenso ausrotten wollen, wie sie es mit den Füchsen und Tigern versucht haben.“ Kenshin verengte seine leuchtend grünen Augen zu Schlitzen. „Nicht wenn wir das verhindern können. Unsere Truppen sind stark, wir werden die Zukunftsmenschen ein für alle Mal vernichten.“ „Wir dürfen nichts überstürzen.“, warf Ryoichi ein. „Ich habe bereits um Verstärkung gebeten, er dürfte bald ankommen.“ Die Wut in Kenshins Augen wich Misstrauen. „Wer?“, fragte er einfach nur, konnte sich die Antwort aber beinahe schon denken. „Den Daiyoukai der westlichen Länder. Lord Sesshoumaru.“ Kenshin knurrte, hatte diese Antwort aber fast schon erwartet. Trotzdem gefiel es ihm nicht. „Er ist einer unserer stärksten Feinde, er könnte uns angreifen oder an die Menschen verraten.“ Schnell beruhigte Ryoichi seinen Freund. „Das wird er nicht, die Sache gefällt ihm doch auch nicht, aber wir haben einen mächtigen Feind, einen gegen den selbst er nicht alleine gewinnen kann und das weiß er auch. Außerdem werde ich Jiro aussenden, um die Daiyoukai des Südens und Nordens auch noch herbeizurufen.“ „Ich hoffe dass Ihr Recht behaltet.“, antwortete Kenshin beunruhigt. Er hatte ein seltsames Gefühl bei der Sache, wusste aber selbst nicht wieso. Kapitel 15: Aufeinandertreffen ------------------------------ „Das wird er nicht, die Sache gefällt ihm doch auch nicht, aber wir haben einen mächtigen Feind, einen gegen den selbst er nicht alleine gewinnen kann und das weiß er auch. Außerdem werde ich Jiro aussenden um die Daiyoukai des Südens und Nordens auch noch herbeizurufen.“ „Ich hoffe dass Ihr Recht behaltet.“, antwortete Kenshin beunruhigt. Er hatte ein seltsames Gefühl bei der Sache, wusste aber selbst nicht wieso. „Wie geht es dir heute?“ Akiko lächelte ihre Patientin warm an und fühlte ihre Stirn. Noch ehe die Kupferhaarige antworten konnte, sprach die Heilerin weiter. „Gute Nachrichten, dein Fieber ist gesunken.“ Immer noch antwortete Naoko nicht, doch wenigstens nickte sie der Heilerin zu. Auch Takeo erhob sich verschlafen und brauchte einige Sekunden um zu realisieren wo er sich befand. Er ging zu Akiko und zog sie von Naoko weg. „Wie geht es ihr?“, flüsterte er leise und meinte mit dieser Frage nicht nur ihren Gesundheitszustand. „Ihr Fieber ist gesunken und ihre Verletzungen haben sich nicht entzündet, aber sie wirkt niedergeschlagen.“ „Sesshoumaru.“, murmelte Takeo mehr zu sich selbst, als zu Akiko, doch trotzdem gab sie eine Antwort. „Wahrscheinlich.“ „Was besprecht ihr da?“ Naokos Stimme klang kratzig, emotionslos und desinteressiert, was Takeo einen leichten Stich versetzte. Immer noch gab er sich die Schuld, dass es seiner „kleinen Schwester“ so schlecht ging. „Ach, nichts. Ich habe ihm nur gesagt, dass es dir schon besser geht.“, antwortete Akiko freundlich. „Und jetzt werde ich uns Frühstück machen.“ ❈❀❁❀❈ Leise summte die kleine Rin vor sich hin. Erst wenige Minuten war das Gespann wieder unterwegs und bis auf Rins leises summen war es totenstill im Wald. Jaken, der ganz genau wusste wohin die Reise geht, war mehr als nervös, denn er wusste dass Sesshoumaru in Gegenwart der Katzenyoukais wieder besonders leicht reizbar werden würde. Dabei war dies jetzt schon so… Der kleine Kappa wusste nicht warum, doch seit sie die Hütte der Heilerin verlassen hatten, war Sesshoumaru so leicht reizbar, dass man ihn kaum ansprechen konnte, ohne von seinen Augen förmlich erdolcht zu werden. Der Kappa seufzte leise und bemühte sich das Summen des Mädchens auszublenden. Sesshoumaru lief wie immer an der Spitze und hatte seinen Blick stur geradeaus gerichtet. Er war alles andere als begeistert davon den Nekoyoukais des Ostens zu helfen, vor allem da er wusste, dass Ryoichi auch die Daiyoukais des Südens und des Nordens hinzuziehen würde. In seinem sonst so geordneten Kopf, kamen die verschiedensten Gedanken auf und immer wieder funkte eine ganz bestimmte Person dazwischen. Naoko. Die Gedanken Sesshoumarus begannen um die Kupferhaarige zu kreisen. Er fragte sich, ob sie wohl immer noch kaum die Augen offen halten konnte und ob ihr Fieber schon wieder gesunken war. Ob sich ihre Verletzungen entzündet hatten oder sie womöglich von anderen Youkais entdeckt und getötet wurde… Erst nach einigen Minuten realisierte er langsam was er da eigentlich dachte und verbannte seine Gedankengänge schnell in irgendeine entlegene Ecke seines Kopfes. Immer wieder rief er sich in Erinnerung, dass er sie bei ihrer nächsten Begegnung töten würde und sicher nur so oft an sie denken muss, weil er dies nicht sofort getan hat und das wiederum ein großer Fehler war. Letzte Nacht hatte er sogar mit dem Gedanken gespielt einfach umzukehren und diese Sache endlich hinter sich zu bringen, doch er hatte es nicht getan, da es trotz allem einfach nicht seine Art war wehrlose Menschen einfach so umzubringen. Selbst wenn es sich um Verräter und Lügner handelt. ❈❀❁❀❈ Desinteressiert kaute Naoko an ihrem Frühstück herum und verhielt sich immer noch eigenartig. Erst als Akiko begann mit Takeo ein Gespräch über scheinbar Belangloses zu führen, taute sie wieder ein klein wenig auf. Gerade ein Gespräch über Heilkräuter war es dann, das Naoko förmlich dazu zwang sich zurück zu erinnern. An die Zeit mit Ichiro. Die unbeschwerte, glückliche Zeit… Ein leises Seufzen entglitt der Kupferhaarigen und im nächsten Moment riss sie auch schon erschrocken die Augen auf. „Ichiro.“, flüsterte sie leise und erntete dafür verwirrte Blicke von den anderen zwei Personen im Raum. Sofort begannen die Gedanken der Siebzehnjährigen um den jungen Fuchsyoukai zu kreisen. War er bei Sesshoumaru? Habe ich ihn einfach nur nicht bemerkt? Aber wäre er dann nicht hier geblieben? Ist er womöglich ganz alleine irgendwo da draußen? Naoko wusste es nicht und gerade das bereitete ihr Sorgen. Mit schockgeweiteten Augen, starrte sie regelrecht in die Ferne und sah so nicht wie sich Takeo und Akiko kurz zunickten. „Eigentlich wollten wir das nicht tun, doch du lässt uns keine Wahl.“, begann der Braunhaarige, nachdem er seine Freundin kurz angetippt hatte, um sie wieder in die Realität zurück zu holen. „Du wirst diese Hütte jetzt nicht mehr verlassen, bis du nicht vollständig gesund bist.“, fügte er noch hinzu und erntete dafür einen vernichtenden Blick aus hellbraunen Augen. „Heißt das ihr wollt mich hier festhalten? Das könnt ihr nicht machen!“, rief Naoko und sah jeden der Anwesenden einmal genau an. Keiner der beiden schien einen Scherz gemacht zu haben. „Naoko, du bist immer noch verletzt und wenn du jetzt einfach wieder da raus gehst und versuchst gegen irgendwelche Onis oder ausgebildete Kämpfer zu bestehen, dann wirst du schneller wieder hier sein als dir lieb ist. Du musst erst wieder gesund werden. Du kannst ja nichtmal richtig laufen.“ Die Kupferhaarige öffnete den Mund um etwas zu sagen, doch da fiel ihr auch schon Akiko ins Wort. „Takeo hat recht. Jetzt da raus zu gehen, wäre glatter Selbstmord.“ Erneut wollte Naoko widersprechen, doch sie warf einfach nur beiden einen finsteren Blick zu und seufzte ergeben. Sie wusste, dass sie gegen diese zwei Dickköpfe nicht ankommen würde und sie wusste auch, dass beide recht hatten. Sie konnte einfach noch nicht wieder weiterkämpfen, doch sie wollte es. Unbedingt… ❈❀❁❀❈ Ein leises Knurren drang aus Ichiros Kehle, doch es klang nicht, wie von dem jungen Fuchsyoukai beabsichtigt, bedrohlich, sondern unsicher und piepsig. Enttäuscht über sich selbst, winselte der kleine einmal kurz und legte seine Ohren an. Den seltsamen Kapuzenträger hatte der Kleine schon längst wieder vergessen und so konnte dieser ihn problemlos im Genick packen und hochheben. Wie ein Stück Marktware drehte er den kleinen Fuchs in alle Richtungen und begutachtete ihn von oben bis unten. „Was hat man dir nur angetan.“, flüsterte er, ehe er den wie einen gewöhnlichen Jungfuchs wirkenden Youkai wieder absetzte und sich auf den Weg machte. Kurz überlegte Ichiro, doch dann drehte er auch schon seinen Kopf, hob den Dolch in sein Maul und tapste dem mysteriös Verhüllten nach. Dieser drehte sich noch einmal kurz zu Ichiro um und wartete bis dieser ihn eingeholt hatte. „Bemitleidenswerte Kreatur.“, flüsterte er und ging wieder weiter. ❈❀❁❀❈ Ein wohliges Schnurren drang aus Kuros Kehle, als dieser von der völlig geistesabwesenden Naoko gekrault wurde. Die Kupferhaarige saß auf dem bequemen Futon in Akikos Hütte und dachte nach. Über Rin, Ichiro, Sesshoumaru, die Zukunft, einfach zu vieles. Kuro, der ihre stärker werdende Abwesenheit bemerkte, stupste ihre Hand kurz mit seiner kalten Nase an, worauf Naoko kurz erschrocken zusammenzuckte. Fragend blickte sie zu der schwarzen Nekomata hinab, die sich auf den Rücken gelegt hatte und der Kupferhaarigen auffordernd den Bauch entgegenstreckte. Eine stumme Aufforderung mit dem Kraulen weiterzumachen, was die Kupferhaarige auch sofort ohne Einwände tat, denn der kleine schwarze Dämon erinnerte sie so sehr an Ichiro, dass sie, wenn sie die Augen schloss, beinahe den Fuchs vor sich sah. Akiko hatte sich unterdessen auf einen kleinen Holzschemel gesetzt und rührte lustlos in ihrem Teekessel. Sie hatte Takeo losgeschickt, um Feuerholz zu holen und er würde vermutlich noch eine Zeitlang dafür brauchen. Gelangweilt seufzte die Heilerin, da sie einfach nicht wusste, was sie mit ihrer aktuellen Patientin anstellen sollte. Sie war sich sicher, dass sie, wenn sie sie nach dem Grund ihres permanenten Schweigens fragen würde, nur wieder eine total verwirrende und unzureichende Antwort erhalten würde, daher versuchte sie es gar nicht erst noch einmal. Ihre Vermutung war, dass sie wegen Sesshoumaru so niedergeschlagen war, doch das war nur ein kleiner Teil der Wahrheit, denn größtenteils fühlte sich die Kupferhaarige schuldig. Wegen Rin und Ichiro, die sie nicht beschützen konnte. Das war es, was die Kupferhaarige so traurig machte… ❈❀❁❀❈ „Muss ich hier sein?“, trotzig verschränkte Hayate seine Arme und sah mit gelangweiltem Blick zu Kenshin auf, der als Antwort nur kurz entnervt seufzte. „Ja, musst du. Das war eine Anweisung von Ryoichi persönlich, also benimm dich!“, zischte er ihm dann noch zu. „Die Hunde empfangen?!“, erwiderte Hayate verärgert. „Wir, die einzigen zwei hier, abgesehen von seinen Verwandten, die den Herrn auch ganz normal ohne diese Förmlichkeiten ansprechen dürfen, erhalten solch eine erniedrigende Aufgabe?!“ Erneut seufzte Kenshin nur. „Genau deshalb hat er uns doch diese Aufgabe übergeben, weil wir sein vollstes Vertrauen genießen und dies eine sehr empfindliche Angelegenheit ist. Außerdem wird Lord Sesshoumaru nur in Begleitung seiner zwei Diener erscheinen.“ Hayate schnaubte nur. „Und warum macht Ryoichi dass nicht selbst? Genau, weil er doch Jiro losschicken muss. Er will doch nur nicht mit diesem Sesshoumaru reden, das ist alles und deshalb können wir das jetzt machen.“ Kenshin musste ein Lachen unterdrücken, als er sah wie Hayate sich immer mehr aufregte und schließlich schon mit seinen Händen zu fuchteln begann. Der junge Katzendämon war immer schon temperamentvoll und überdreht gewesen, was richtig Leben in das Schloss brachte, doch manchmal war er eben einfach ein wenig zu temperamentvoll und überdreht. Trotzdem nahm ihm Kenshin dieses Verhalten nicht übel, da Hayate mit seinen hundertzehn Jahren noch ein Teenager war und sich damit schon noch den ein oder anderen Ausrutscher im Tonfall erlauben durfte. Der einzige Grund warum er schon so viele Rechte hatte und im persönlichen Kampftrupp des Lords mitkämpfen durfte war, dass er der beste Kämpfer seines Jahrganges war und außerdem mit seiner Sympathie und permanent guten Laune auch schnell Freundschaft mit dem sonst ein wenig kühlen Lord geschlossen hatte. Es war eine Eigenheit, die wohl jeder der vier Lords besaß. Dieses Kühle… Meist war es nur Fassade, um nicht angreifbar zu wirken, denn wenn man einmal einen von ihnen besser kennt, dann sind sie ganz gewöhnliche Dämonen, wie jeder andere auch. Nur eben um vieles mächtiger. Die einzigen zwei Lords, die Kenshin, Hayate und vermutlich auch die ganzen restlichen Nekoyoukais nicht leiden konnten, waren die Lords des Westens und des Südens. Beide waren kalt, grausam und behandelten andere wie das Letzte. Zumindest war das noch so, als sie sich das letzte Mal begegnet waren, vor beinahe hundert Jahren… Kenshins Hände ballten sich fast automatisch zu Fäusten. Immer schon waren die vier Lords verfeindet gewesen, doch die Katzendämonen des Ostens und die Fledermausdämonen des Nordens hatten Frieden geschlossen. Nur noch die Hunde und die Schlangen führten Krieg und mit ihnen sollten sie jetzt kämpfen, Seite an Seite… „Na sieh mal einer an.“, murmelte Hayate mehr zu sich selbst, als zu Kenshin. „Er hat sich also tatsächlich hergetraut. Nach alldem was passiert ist.“ „Hayate.“, ermahnte Kenshin den jüngeren und warf ihm einen eindringlichen Blick zu. Schnell wurde sein Blick aber wieder weicher. „Du kannst auch gehen wenn du willst.“ „Nein, ich kann dich doch mit dem nicht alleine lassen.“, antwortete der Jüngere und nickte mit seinem Kopf Richtung Westen. Der Richtung, aus der Sesshoumaru geradewegs auf die zwei Dämonen zusteuerte. Viel zu schnell kam er bei den Katzen an. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann hätte die Reise Jahre dauern können und er wusste, dass es den Katzen genauso ging. Er sah es an ihren feindseligen Blicken, doch von ihnen würde er sich ganz bestimmt nichts gefallen lassen. „Wo ist Ryoichi?“, fragte er nur knapp und ließ den Blick beiläufig über die zwei Dämonen vor ihm schweifen. „Er ist im Moment beschäftigt, daher sollen wir Euch empfangen.“, erklärte Kenshin und deutete nur widerwillig eine leichte Verbeugung an. Hayate tat es ihm mit knirschenden Zähnen gleich. „Folgt uns bitte.“, fuhr Kenshin fort und ballte seine Hände zu Fäusten. Mit Sesshoumaru auf ihrem Schloss wird es gewiss eine lange Zeit werden… Kapitel 16: Willensstärke ------------------------- „Er ist im Moment beschäftigt, daher sollen wir Euch empfangen.“, erklärte Kenshin und deutete nur widerwillig eine leichte Verbeugung an. Hayate tat es ihm mit knirschenden Zähnen gleich. „Folgt uns bitte.“, fuhr Kenshin fort und ballte seine Hände zu Fäusten. Mit Sesshoumaru auf ihrem Schloss wird es gewiss eine lange Zeit werden… Ein neuer Morgen brach an. Ein Morgen aus dem Naoko Kraft schöpfen wollte, damit sie sich endlich wieder auf den Weg machen konnte. Genug Zeit wurde vergeudet, als sie fiebrig in der Hütte Akikos lag. Nun hieß es gesund werden und zwar möglichst schnell. Sesshoumaru war wütend auf sie gewesen. So viel wusste die Kupferhaarige noch. Er war hier, sie hatte ganz deutlich gespürt, dass er hier war und doch er war wütend gewesen. Warum lag für Naoko auf der Hand. Sie hatte Rin nicht beschützen können, sie verjagt. Wer weiß wie lange sie alleine im Wald umhergeirrt war. Tiefe Schuldgefühle plagten die Kupferhaarige und drohten sie in ein Meer aus Trauer zu reißen, doch sie hoffte weiter darauf bald gesund zu werden und die Situation klären zu können. Seit sie bei Akiko war, sah sie vieles anders. Die Heilerin war ihr eine gute Freundin geworden und auch mit Takeo verstand sie sich wieder einigermaßen, auch wenn sie das nicht unbedingt zugeben wollte. Sie war sich immer noch unschlüssig ob sie ihn hassen sollte oder nicht, aber immerhin hat er ihr das Leben gerettet. Schon früher hat er sie immer beschützt und verteidigt, war immer der beste Freund, der beste große Bruder gewesen. War für sie da als ihre Mutter gestorben ist… Alleine saß sie da. Der strömende Regen verklebte ihre Haare zu einem nassen Klumpen und weichte ihren Kimono auf. Das kleine Mädchen zitterte und fror, doch klammerte es sich an den dünnen Baumstamm. Wollte nicht gehen, denn es wäre ein erneuter Abschied. Würde es einen erneuten Abschied überleben? „Naoko…“ Nur ein Flüstern war es, das das kleine Mädchen dazu brachte den Kopf zu heben und sich umzudrehen. „Takeo.“, begann es traurig „Sie ist weg.“ Der Junge setzte sich neben die Kleine in die Wiese und nahm sie in den Arm. Es kümmerte ihn nicht ob der Regen auch ihn bis auf die Knochen durchweicht. Er wollte einfach nur bei ihr sein und sie jetzt nicht allein lassen und er wusste, dass es schlecht wäre sie einfach so von hier wegzubringen. Von dem kleinen Baum, in den sie immer so große Hoffnungen gesetzt hatte. Sie hatte ihn einst mit ihrer Mutter gepflanzt, an einem sonnigen Frühlingstag. Auch Takeo war dabei gewesen und hatte geholfen ein Loch für die damals kleine Pflanze zu graben. Naoko war damals freilich größer gewesen als das Pflänzchen, doch mittlerweile überragte das dünne Bäumchen die Achtjährige um einige Zentimeter. „Warum ist sie weg Takeo?“, stellte Naoko nach einer gefühlten Ewigkeit die Frage „Warum hat sie mich mit Papa alleine gelassen?“, mit ihren großen hellbraunen Iriden blickte sie ihren Freund fragend an und immer wieder bahnten sich neue Tränen einen Weg aus ihren kindlichen Augen. Takeo war auf irgendeine Weise dankbar für den Regen. So würde er nur einen Teil ihrer Tränen sehen. „Sie wollte euch nicht alleine lassen. Ganz bestimmt nicht.“, begann Takeo, sichtlich um Fassung ringend „Hast du nicht gesehen wie sie gekämpft hat um bei dir zu bleiben? Sie hat gekämpft bis zum Schluss, weil sie dich mehr als alles auf der Welt geliebt hat. Und das ist es doch das zählt.“, versuchte er das Mädchen aufzumuntern. Erfolglos. „Aber sie ist trotzdem weg.“ Ein Schluchzen rüttelte das Mädchen durch und sie krallte sich noch ein Stück fester in dem dünnen Stamm des jungen Bäumchens. „Da hast du recht.“, antwortete Takeo und löste die Finger des Mädchens von dem dünnen Stamm. „Und jetzt wisch dir die Tränen ab. Was würde deine Mutter sagen wenn sie dich so sehen würde?“ „Sie würde mir sagen, dass ich nicht weinen soll, da wir alle irgendwann einmal gehen müssen. So wie Oma und Opa.“, gab die kleine Kupferhaarige zu und senkte beschämt den Blick. „So ist es. Leider.“, flüsterte Takeo und die beiden beobachteten weiterhin schweigend den jungen Baum, der noch ein langes Leben vor sich haben würde. Schnell schüttelte Naoko den Kopf. Das alles war schon viele Jahre her, doch trotzdem konnte sie sich noch genau daran erinnern. Schon immer war Takeo ihr großer Bruder gewesen, der ihr einfach überall geholfen hatte. Doch durch die Zukunftsmenschen… Takeo war plötzlich immer distanzierter geworden. Sie konnte einfach nicht mehr so befreit mit ihm reden wie sonst. Er war einfach anders. Damit hätte sie ja noch leben können, aber womit hatte sie es verdient, dass er sie permanent hintergeht? Aber andererseits… War er nicht auch nur ein Opfer dieses Wahnsinns? Naoko erinnerte sich erneut zurück. Takeo war damals krank geworden. Nur eine Woche nachdem er die halbe Nacht bei strömenden Regen an ihrer Seite gesessen war und ihr beim Weinen zugehört hatte. Sie hatte panische Angst auch ihn zu verlieren. Sie wusste es, schon die ganze Zeit über. Nie würde sie in dem Wissen leben können, dass Takeo tot ist. Es würde sie ein weiteres Mal zu Boden schmettern und ihre Seele in tausend Teile zerspringen lassen. Takeo war über die Jahre der wichtigste Mensch für sie geworden. Der einzige, dem sie alles erzählen konnte und selbst nachdem er ihr Vertrauen missbraucht hatte, konnte sie ihn einfach nicht hassen. Er war ihr wichtig. Sogar sehr. Ihr Bruder. ❈❀❁❀❈ Mittlerweile hatte auch Ryoichi Zeit gefunden den Lord der westlichen Länder persönlich zu begrüßen. Kenshin und Hayate waren sobald sich die erste Gelegenheit bot verschwunden und versuchten ihren Unmut über Sesshoumarus Anwesenheit nicht allzu deutlich oder in dessen Dabeisein Luft zu machen. „Lord Ryoichi. Gehe ich Recht in der Annahme, dass Ihr auch Lord Shinobu und Lord Katsuro hinzuziehen werdet?“, brach Sesshoumaru das drückende Schweigen und fixierte seinen gegenüber mit seinem Blick. „So ist es. Die beiden sind schon auf dem Weg hierher.“, war die knappe Antwort, ehe sich wieder die brodelnde Stille ausbreitete. Ryoichi und Sesshoumaru hatten sich nichts zu sagen, also sprachen sie auch nur das Nötigste miteinander. Sie wussten, dass ihr Zusammentreffen auf rein politischer Ebene stattfand und nichts mit Dingen wie Freundschaft zu tun hatte. Vor allem, da die Katzen, ein sehr nachtragendes Volk, den Hunden seit den Ereignissen vor hundert Jahren immer noch nicht trauten. Vorsicht war immerhin immer besser als Nachsicht, auch wenn die Hunde und die Schlangen seit dem Auftauchen der Zukunftsmenschen ebenfalls keinen Krieg untereinander mehr führten. Nach nur wenigen Sekunden erhob sich Sesshoumaru, mit den Worten „Ihr findet mich in meinem Gemach.“ Erst als der Lord der westlichen Länder den Raum verlassen hatte, entspannte sich Ryoichi wieder ein wenig. ❈❀❁❀❈ „Das ist alles überhaupt nicht gut! Wir werden alle sterben! Oder denk nur was der Meister sagen würde, wenn ihn so eine unwürdige Katze angreifen würde. Waaach, nicht auszudenken was alles passieren könnte oder auf wem er seine Wut auslassen würde. Ich bin ein toter Kappa, ein toter Kappa!“ Kichernd beobachtete die kleine Rin wie Jaken panisch im Kreis herum rannte und mit seinen Armen hilflos in der Luft herumfuchtelte. Seit sie auf den Schloss waren, war er noch viel nervöser als sonst und rannte in seiner Aufregung andauernd gegen irgendwelche Wände. Ah-Uhn hatte einen eigenen Stall bekommen und auch sonst ging es hier allen gut. Nur Jaken spielte mal wieder nicht mit. Seiner Meinung nach warteten die Nekoyoukais nur auf eine Gelegenheit sie alle umzubringen. Eine Meinung, die Rin mit einem Schulterzucken abtat. Wären sie böse, dann würde sich Sesshoumaru ganz anders verhalten, so viel wusste sie. Aber Jaken war ja schon immer ein wenig… eigen gewesen. Ein zaghaftes Klopfen riss Rin aus ihren Gedanken und kurz darauf trat auch schon Kotone ins Zimmer. Die junge Nekoyoukai war Rins persönliche Dienerin und hatte von nun an die Aufgabe sich nur um das Menschenmädchen zu kümmern. „Ich soll Euch daran erinnern, dass es bald essen gibt.“, begann die braunhaarige Dienerin und verließ nach einem schüchternen Nicken seitens Rin auch schon wieder das Zimmer. Auch wenn die Dienerin immer sehr nett zu ihr war, hatte Rin ein klein wenig Angst vor ihr. Warum wusste sie selbst nicht. ❈❀❁❀❈ Erneut wurde dem Kapuzenträger ein fragender Blick zugeworfen. Der gefühlte tausendste fragende Blick. Zwar verstand er, dass sein neuer Begleiter keine Ahnung hatte mit wem er jetzt eigentlich reist, doch Korosu wollte trotzdem nichts über sich verraten. Auch Ichiro fand sich langsam damit ab, dass sein neuer Begleiter ein Meister des Schweigens war und hing seinen eigenen Gedanken nach. Er hoffte, dass der ihm völlig fremde ein ähnliches Ziel oder wenigstens ähnliche Absichten besaß. Auf jeden Fall mochte Ichiro wieder zu seiner Mutter. So lange hatte er Naoko nun schon nicht gesehen und seit er ihren Dolch gefunden hatte, war die Sehnsucht so groß wie nie. Als ob er Ichiros Gedanken gelesen hätte, nahm Korosu ihm den Dolch aus dem Maul und begutachtete ihn, ehe er auch noch daran schnüffelte. „Hm, dachte ich es mir doch.“, begann er dann zu sprechen. „Füchslein, wir steuern wohl das selbe Ziel an.“ Anschließend packte er Naokos Dolch in seinen Mantel und ignorierte Ichiros verwirrten und misstrauischen Blick. Will er Naoko etwas Böses? ❈❀❁❀❈ Akiko war nicht nur eine fantastische Heilerin, nein, sie war auch noch eine fabelhafte Köchin. Naoko fing langsam an sich zu fragen was sie nicht kann, verwarf diese Gedanken aber schnell wieder. Sie hatte wichtigeres um das sie sich sorgen sollte. Ichiro zum Beispiel oder Rin, was sie wieder zu ihrem Problem zurückbringt bei dieser Heilerin festzusitzen. „Gibt es nicht irgendein Wunderheilmittel, das mich schnell wieder gesund machen kann?“, fragte sie ungeduldig, während sie ihren Eintopf löffelte. „Nein.“, lachte Akiko und schien kurz zu überlegen. „Obwohl… ja, viel Ruhe.“ Kurz zwinkerte sie ihrer Patientin zu, ehe auch sie weiteraß. Okay, wir streichen das mit der fantastischen Heilerin. Takeo saß schweigend vor seiner Schale und dachte ebenfalls nach. Jedoch nicht über die Zukunft, sondern die Gegenwart. Darüber, wie es weitergehen soll, denn er könnte hier nicht ewig bleiben. Auch er würde viel zu kämpfen haben, wenn er sich nun gegen die Zukunftsmenschen stellen will. Es würde ein schwerer Weg werden, doch der leichte Weg ist nur selten der richtige. Alle drei Menschen fassten einen Entschluss. Den Entschluss zu kämpfen. Sie würden sich von nichts aufhalten lassen und von nun an hart trainieren, viel Stärke brauchen. Körperliche Stärke, sowie Willensstärke. Ein starker Wille war die Grundlage auch körperliche Stärke zu gewinnen. Nach dem Essen wechselte Akiko Naokos Verbände und stellte zufrieden fest, dass die Verletzungen langsam zu heilen begannen. Zwar würde es noch etwas dauern, aber sie würde wieder vollständig gesund werden. Das Einzige, das eventuell bleiben könnte, waren ein paar kleine Narben, doch was war das schon, wenn sie weiterleben durfte? Wie immer riet Akiko ihrer Patientin anschließend zu schlafen und verließ mit Takeo die Hütte. Freilich wollte Naoko so schnell wie möglich wieder gesund werden, doch schlafen konnte sie beim besten Willen nicht den ganzen Tag. So legte sie sich einfach auf ihren Futon, kraulte Kuro und tat das, das sie am wenigsten tun sollte. Nachdenken. „Okay, du willst mir jetzt allen Ernstes erzählen, dass du keine Waffe dabei hast?!“ Ungläubig starrte Akiko Takeo an und stemmte nur kurz darauf auch schon wütend ihre Hände in die Hüften. „Lügst du mich etwa an?!“ Sofort hob der Braunhaarige beschwichtigend seine Hände. „Aber nein, nicht doch! Ich habe wirklich keine Waffe dabei…“ Die Züge Akikos entspannten sich wieder ein klein wenig und sie ließ auch ihre Arme wieder sinken. „Aber warum denn nicht?“, fragte sie. „Immerhin bist du alleine losgezogen. In eine sehr gefährliche Welt. Besonders für dich.“ Kurz lachte Takeo lustlos auf. „Man hat mir mein Schwert abgenommen und mir stattdessen eine dieser seltsamen Zukunftswaffen gegeben. Ich solle der Welt zeigen, dass ich zu den Überlegenen gehöre, hieß es. Bei der erstbesten Gelegenheit habe ich das Mistding weggeworfen.“, erklärte er und ballte seine Hände zu Fäusten. „Ich…“, begann Akiko, brach aber sofort wieder ab und schien zu überlegen. „Stimmt etwas nicht?“, fragte Takeo nach, erhielt aber nur ein schnelles „Ich bin gleich wieder da!“, von der in ihre Hütte laufenden Akiko als Antwort. Nur wenige Minuten später kam sie wieder und hatte die Hände hinter ihrem Rücken verschränkt. „Was…?“, setzte Takeo an und war ein wenig verunsichert von Akikos breitem Grinsen. Ohne Vorwarnung gab sie ihre Hände wieder nach vorne und offenbarte so, was sie schon die ganze Zeit hinter ihrem Rücken versteckt hatte. Es war ein Schwert. Doch nicht irgendein Schwert. Der Griff glänzte silbern und einige Edelsteine, dessen Name Takeo nicht kannte, waren eingelassen. Die Klinge war messerscharf und blitze regelrecht im Licht der Abendsonne. „Es gehörte meinem Vater.“, begann Akiko und ließ ihren Blick vom Schwert zu Takeo gleiten. „Es ist mein wertvollster Besitz und mir sehr wichtig. Ich will es dir geben, als Zeichen dass ich dir vertraue.“ Mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen, nahm Takeo das Schwert in seine Hände. Es fühlte sich leichter an, als er anfangs dachte. Er sah wieder auf zu Akiko. „Danke. Ich verspreche dir, ich werde dich nicht enttäuschen. Und ich danke dir.“ Ein leichtes Lächeln, das schüchtern von der Heilerin erwidert wurde, zierte seine Lippen. Im nächsten Moment wurde das freundliche Lächeln der unschuldig wirkenden Heilerin zu einem fiesen Grinsen. Sie nutzte den Überraschungsmoment, als Takeo abgelenkt war, holte mit ihrem Kurzschwert aus und ließ es auf den überraschten Braunäugigen niedersausen. Kapitel 17: Kampfgeist ---------------------- „Es gehörte meinem Vater.“, begann Akiko und ließ ihren Blick vom Schwert zu Takeo gleiten. „Es ist mein wertvollster Besitz und mir sehr wichtig. Ich will es dir geben, als Zeichen dass ich dir vertraue.“ Mit einem undefinierbaren Ausdruck in den Augen, nahm Takeo das Schwert in seine Hände. Es fühlte sich leichter an als er anfangs dachte. Er sah wieder auf zu Akiko. „Danke. Ich verspreche dir, ich werde dich nicht enttäuschen. Und ich danke dir.“ Ein leichtes Lächeln, das schüchtern von der Heilerin erwidert wurde, zierte seine Lippen. Im nächsten Moment wurde das freundliche Lächeln der unschuldig wirkenden Heilerin zu einem fiesen Grinsen. Sie nutzte den Überraschungsmoment, als Takeo abgelenkt war, holte mit ihrem Kurzschwert aus und ließ es auf den überraschten Braunäugigen niedersausen. Gerade noch konnte sich Takeo mit einer Rolle seitwärts vor dem Schwertschlag retten. „Akiko, was…?“, keuchte er erschrocken, kam aber nicht weiter, denn sie holte schon zum nächsten Schlag aus. „Bist du denn verrückt geworden?!“, rief er panisch und hob das Schwert auf, das sie ihm vor kurzem erst gegeben hatte. „Sind wir das nicht alle?“, antwortete sie, kicherte kurz schadenfroh und schlug erneut mit ihrer Waffe nach dem Braunhaarigen, der sein Schwert schützend vor sich hielt und ihren Schlag so abfing. Anschließend sprang er auf und stellte sich in Kampfposition. „Du willst es ja nicht anders!“ Akikos Grinsen wurde nach seinen Worten noch breiter, worauf er die Augen zu Schlitzen verengte. Er startete keinen Angriff, sondern wartete auf ihre Reaktion. Sie musterte ihn ebenfalls für einen kurzen Moment, ehe sie zum nächsten Schlag ansetzte. Sie machte einen Schritt nach vorne und deutete einen Angriff mit der linken Hand an. Als Takeo sich auf diese konzentrierte, warf sie ihr Kurzschwert in die Luft, fing es mit ihrer Rechten wieder auf und rammte es mit voller Wucht in Takeos Hüfte. Dieser gab ein kurzes Keuchen von sich, ehe er leicht zusammensackte und sich die Handfläche auf die verletzte Stelle presste. Er nahm die Hand wieder ab und besah sie sich, plötzlich weitete er erschrocken die Augen. Kein Blut war zu sehen. „Was…“, setzte er an und sah verwirrt zu Akiko auf, die ihn zuerst nur wieder mit diesem wahnsinnigen Blick ansah, doch nur wenige Sekunden später in schallendes Gelächter ausbrach. Verwirrt hob Takeo eine Augenbraue. In welche Freakshow war er bloß geraten? ❈❀❁❀❈ Korosu hatte sich plötzlich und ohne Vorwarnung auf den Waldboden gesetzt und verharrte dort regungslos. Ichiro saß vor ihm und legte verwirrt sein kleines Köpfchen schief. Würde er nicht wissen, dass vor ihm eine lebendige Person saß, würde er denken es wäre eine Statue. Nach einigen Minuten wurde es dem kleinen zu langweilig seinen neuen Reisebegleiter zu mustern und er konzentrierte sich auf seine Umgebung. Sie waren in einem dicht bewachsenen Teil des Waldes und Naokos Fährte konnte er auch wittern. Jedoch war er sich nicht sicher, ob es nur an dem Dolch lag. Außerdem war es nur ein sehr schwacher Geruch, nicht mehr als ein kleiner Hauch. Der Kleine gähnte kurz herzhaft, ehe ihn eine ungekannte Müdigkeit übermannte und er sich einfach in das weiche Moos fallen ließ. Ihm kam der Gedanke, dass der Kapuzenträger vielleicht auch am Schlafen war, doch ehe er genauer darüber nachdenken konnte, war er auch schon eingeschlafen. Korosu schlief natürlich nicht. Stattdessen hatte er nur auf ein Einschlafen Ichiros gewartet, um sich unbemerkt erheben zu können. Vorsichtig, beinahe schon sanft hob er den kleinen Youkai hoch und legte ihn in eine kleine Höhle unter einer Baumwurzel. Anschließend legte er den Naokos Dolch neben den Schlafenden und drehte sich um. Kurz atmete er erleichtert durch und machte sich auch schon auf den Weg. Da wo er hingehen würde, konnte er den Kleinen auf gar keinen Fall gebrauchen und er hatte ihn ja nicht unabsichtlich auf eine falsche Fährte geführt. Er hoffte nur, dass der Fuchs nun auch lange genug schlafen würde. ❈❀❁❀❈ „So, dann braucht der gute Ryoichi also meine Hilfe.“, kicherte Shinobu, Herr der Südlichen Länder und aller Schlangen. „Er war schon immer zu nichts zu gebrauchen. Es war nur eine Frage der Zeit, dass er mich um Hilfe bitten wird. Immerhin bin ich ja auch der mächtigste aller vier Lords.“ Jiro, der immer noch im Thronsaal der Schlangenyoukais vor dem Lord kniete, knirschte bei dessen Worten leise mit den Zähnen. Um ihn herum waren überall die Wachen Shinobus, alleine hätte man ihn gar nicht zu dem Lord vorgelassen und nun prahlte dieser Feigling vor ihm auch noch. „Würdet Ihr uns nun die Ehre erweisen und mit in den Osten kommen oder nicht?“, presste Jiro im etwas schärferem Ton hervor. Ganz leicht konnte man den Sarkasmus aus seiner Stimme heraushören, doch Shinobu ließ sich daran nicht stören. „Aber sicher doch. Diese kleine Feier will ich mir doch nicht entgehen lassen.“, kicherte er und Jiro musste sich ein Würgen unterdrücken. „Ihr schafft es doch sicherlich alleine bis in den Osten? Ich habe nämlich noch einen Weg in den Norden zu bewältigen.“, erwiderte er stattdessen und erhob sich ohne eine Antwort abzuwarten. Ehe Shinobu auch nur den Mund öffnen konnte, war Jiro schon verschwunden. Vor dem Schloss des Südens, verwandelte er sich in eine riesige schwarze Katze und rannte so schnell er konnte Richtung Norden. ❈❀❁❀❈ „Sesshoumaru-sama.“, versuchte Ryoichi die Aufmerksamkeit des Lords für sich zu gewinnen. Dieser stand wie so oft in letzter Zeit vor dem Fenster des Besprechungszimmers und sah in die Ferne. Sofort als er Ryoichis Stimme vernahm, drehte er sich zu diesem um. „Mir scheint als wärt ihr nicht ganz bei der Sache.“, stellte der Anführer der Katzen fest und bedachte seinen Gegenüber mit skeptischem Blick. Sesshoumaru verengte daraufhin seine Augen zu Schlitzen. „Warum sollte ich nicht bei der Sache sein, ich lege mir eine Strategie zurecht wie ich am besten vorgehen soll um diese Zukunftsmenschen ein für alle Mal zu beseitigen. Irgendetwas muss ich doch tun, wenn ich meine Zeit schon hier verschwenden muss.“ Dass das alles nur eine Lüge war, merkte man dem Inuyoukai überhaupt nicht an und so gab sich Ryoichi mit der Antwort zufrieden. Immerhin war es auch das Längste, das er jemals aus dem Mund Sesshoumarus gehört hatte. „Warum denkt Ihr Euch Kampfstrategien aus, wo doch die anderen Lords immer noch nicht eingetroffen sind?“, versuchte Ryoichi nach einigen Sekunden erneut ein Gespräch aufzubauen. „Es ist nicht in meinem Interesse mit jemandem der mir bei einem Kampf ohnehin nur im Weg steht zusammenzuarbeiten.“, knurrte Sesshoumaru und damit war auch dieses Gespräch beendet. Seufzend gab Ryoichi den Versuch sich mit dem Lord zu unterhalten auf und hoffte auf das baldige eintreffen seines guten Freundes Katsuro, dem Herr aller Fledermäuse und des Nordens. Auf Kenshins und Hayates Gesellschaft würde er wohl für längere Zeit verzichten müssen, denn das einzige was die zwei Youkais noch weniger mochten als Lord Sesshoumaru oder die Zukunftsmenschen, war Lord Shinobu. Und so wie Ryoichi Jiro kannte - und er kannte ihn sehr gut - würde er Shinobu noch an diesem Tag erreicht haben und gerade unterwegs nach Norden sein. Bei Shinobus gemächlichem Reisetempo, dürfte dieser in zwei Tagen eintreffen. Beinahe zeitgleich mit Jiro und Katsuro, denn die zwei würden sich sofort und ohne lange Diskussionen auf den Weg machen. ❈❀❁❀❈ Fröhlich summend pflückte Rin ein paar Blumen im Schlossgarten, mit dem Ziel sie später zu einem Kunstwerk zu binden. Sie wusste zwar noch nicht ob sie eine Kette oder eine Krone daraus machen sollte, aber trotzdem nahm in ihrem Kopf schon ein Bild von dem fertigen Gebilde an. So groß war der Unterschied zwischen den zwei Dingen ja auch nicht. „Was machst du da?“ Kurz zuckte Rin erschrocken zusammen und ließ ihre gesammelten Blumen fallen. Ohne dies zu beachten, drehte sie sich zu der Stimme um und entdeckte ein kleines Mädchen, das in etwa gleich groß war wie sie selbst. Sie hatte große Augen, die Rin an die Farbe von saftigem Gras im Frühling erinnerten. Ihre Haare waren blassviolett und passten zu ihrem hellen Teint. Alles wurde von ihrem zartcremefarbenem Kimono abgerundet, auf dem sich kleine, braune Tatzenabdrücke tummelten. „Ich pflücke Blumen.“, antwortete Rin lächelnd und wollte schon ihre Hand heben, um dem Mädchen ihre „Beute“ zu präsentieren, doch erst da fiel ihr auf, dass sie sie ja vorhin vor Schreck fallen gelassen hatte. Gerade wollte sich das Menschenmädchen bücken, da meldete sich die Violetthaarige zu Wort. „Warte, lass mich das machen. Immerhin bin ich ja Schuld daran, dass du dich erschrocken hast.“ Schnell bückte sich das Mädchen und sammelte alle Blumen auf. Als Rin sie so beobachtete, fielen ihr plötzlich die großen blassvioletten Katzenohren auf und sie fragte sich, wie sie das nur übersehen konnte. „Hier bitte.“, riss sie die lächelnde Dämonin aus ihren Gedanken und drückte ihr die Blumen in die Hand. Schnell bedankte sich Rin und wollte das Mädchen gerade fragen, ob sie etwas spielen wollen, da hörte sie ein leises Aufstapfen. Ein braunhaariger Junge, dem Aussehen nach etwas älter als Rin, rannte herbei und blieb etwas abseits stehen. „Kommst du? Mama sagt es gibt Essen.“, rief er und fixierte das violetthaarige Mädchen mit seinem Blick. „Ich komme!“, war die schnelle Antwort und schon rannte sie los. „Warte!“, rief Rin ihr nach. „Wie heißt du?“ Schnell drehte sich das Mädchen noch einmal um. „Tomomi!“, rief sie, ehe sie vollständig aus Rins Blickfeld verschwand, die nur ein leises „Ich bin Rin.“ flüsterte, in dem Glauben Tomomi hätte dies nicht mehr gehört. Leise seufzte die Kleine und drehte sich wieder um, um weitere Blumen zu pflücken. Nach einiger Zeit hörte sie erneut aufgeregtes Gestapfe, doch diesmal wusste sie genau wer es war. „Meister Jaken!“, rief sie freudig und drehte sich in einer schwungvollen Bewegung um. „Ich habe eine Blumenkette für Euch gemacht.“ Zur Unterstreichung ihrer Aussage, hing sie Jaken die Kette um den Hals, der nur das Gesicht verzog und hilflos mit seinem Kopfstab herumfuchtelte. „Es schränkt die Bewegungsfreiheit doch sehr ein.“, murrte der Kappa, dem die Kette viel zu groß war, sodass sie sich beinahe um seine Beine wickelte. „Und was machst du überhaupt hier? Bald gibt es Essen und du bist schmutzig und läufst in einem zerrissenen Kimono durch die Gegend. Was sollen denn die Leute von uns denken.“, wetterte er auch sofort los und wollte sich schon Richtung Schlosseingang aufmachen, als es passierte. Die Kette hatte sich um seinen Fuß gewickelt und schon der erste Schritt endete auf dem Boden. Mit einem dumpfen Geräusch schlug er auf und weil er seinen Kopfstab so unglücklich hielt, schlug er ihn sich selbst in sein rechtes Auge. „Meister Jaken, ist Euch etwas passiert?“, fragte Rin sofort erschrocken nach, wurde aber von dem Kappa, der schnell wieder aufsprang und unverständliche Fluche murmelte, ignoriert. „Beweg dich!“, rief er, als er sich umgedreht hatte und sah, dass Rin immer noch an Ort und Stelle stand. „Aber Meister Jaken.“, begann sie. „Ihr habt ein blaues Auge…“ Kurz entgleisten Jaken die Gesichtszüge, ehe er sich panisch nach etwas Spiegelndem umsah, aber nichts entdeckte. Ohne Vorwarnung rannte er plötzlich davon. „Oh nein, wie soll ich das bloß dem Meister erklären?! Er wird sich für mich schämen. So sehr, dass er mich umbringen wird!!!“ Rin, die sein Problem nicht so ganz verstand, hob verwirrt eine Augenbraue, hob ihre zweite Blumenkette vom Boden auf und machte sich langsam wieder ins Schloss auf. Auf dem Weg dorthin kam sie auch an den Stallungen des Schlosses vorbei und hörte ein ihr nur allzu bekanntes Brummen aus diesen. Sofort blieb sie stehen und musterte die schwere Holztür, hinter der sie den Laut vernommen hatte, verwirrt. Sie tat die letzten Schritte, die sie von der Tür trennten und drückte mit ihren kleinen Händen dagegen. Millimeter für Millimeter öffnete sich die Tür und schließlich schaffte es Rin unter großer Anstrengung die Tür gerade so weit zu öffnen, dass sie hindurch passt. Sofort schlug ihr der Geruch von Heu entgegen und als sie den dunklen Stall betreten hatte, fiel ihr erst auf wie stickig die Luft dort doch war. Nur durch ein kleines Fenster drang Licht in den Raum und Rin konnte kaum etwas erkennen. „Ah-Uhn?“, fragte sie leise nach und starrte angestrengt in die Dunkelheit. Immer noch konnte sie nichts erkennen und auch blieb es still. Traurig senkte sie den Blick und drehte sich um, um aus dem Stall zu gehen, doch plötzlich hörte sie wieder dieses so vertraute Brüllen. „Ah-Uhn?“, fragte sie erneut und drehte sich um. Mittlerweile hatten sich ihre Augen etwas an die Dunkelheit gewöhnt und so könnte sie ganz schwach die Umrisse des Drachens ausmachen. „Ah-Uhn!“, rief sie freudig und rannte zu ihm. Kapitel 18: Plan oder Wahnsinn? ------------------------------- „Ah-Uhn!“, rief sie freudig und rannte zu ihm. Stürmisch umarmte sie einen seiner Köpfe und zog ihn mit sich. „Komm!“, rief sie, doch er bewegte sich nicht. Verwirrt drehte sich Rin wieder um und sah die schemenhaften Umrisse von Eisenketten. „Ich bin gleich wieder da.“, versprach sie dem Drachen und rannte so schnell sie konnte aus dem Stall. „Meister Sesshoumaru-sama, Meister Sesshoumaru-sama !“, rief sie immer wieder und rannte in das Schloss zurück. Auf den Gängen begegnete sie vielen Dämonen, die ihr teils belustigte, teils verärgerte Blicke zuwarfen und die ihr immer wieder ausweichen mussten. Dann, als sie gerade um die Ecke bog, passierte es. Sie konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und rannte so schnurstracks in eine junge Dämonin. Kurz schrie Rin erschrocken auf und drohte nach hinten zu fallen, doch die Youkai hielt sie schnell an den Armen fest. „Na da hat es aber jemand eilig.“, stellte sie belustigt fest und ließ Rins Arme wieder los. „Ich muss zu Meister Sesshoumaru-sama.“, antwortete sie nur und lächelte die Fremde schüchtern an. Die Katzendämonin hob kurz den Blick und schien zu horchen. „Er ist gerade in einer Besprechung, da kannst du jetzt nicht rein.“, erklärte sie entschuldigend, doch Rin ließ nicht locker. „Bitte, es ist dringend.“ Erneut hielt die Dämonin kurz inne, diesmal jedoch um nachzudenken. „Nun gut.“, gab sie sich schließlich seufzend geschlagen. Sofort breitete sich ein Strahlen auf Rins Gesicht aus. Die Dämonin war weniger glücklich, denn sie würde es sein, die die Besprechung stören wird. „Also los, komm.“, lächelte sie und nahm Rin bei der Hand. Als die zwei vor der Tür des Besprechungszimmers standen, atmete sie kurz durch und schloss ihre dunkelvioletten Augen, ehe sie sie ruckartig wieder aufriss und an die Holztür klopfte. Ohne eine Antwort abzuwarten, trat sie ein und wollte die zwei Lords gerade um eine kurze Unterbrechung der Besprechung bitten, als Rin neben ihr in den Raum hastete und direkt auf Sesshoumaru zusteuerte. „Meister, Meister, Ihr werdet nicht glauben was ich gerade gesehen habe!“, rief sie begeistert und strahlte über das ganze Gesicht. Sesshoumaru verengte nur seine Augen. „Wo ist Jaken?“, fragte er die Kleine und unterdrückte ein Knurren. Er hatte diesen Taugenichts extra gebeten auf Rin aufzupassen, aber anscheinend war er wie immer zu nichts zu gebrauchen. „Ach, der schämt sichm, weil er ein blaues Auge hat.“, erzählte Rin und wollte gerade fortfahren, als der Kappa auch schon durch die Türe herein stolperte und sich panisch vor Sesshoumaru auf die Knie warf. „Es tut mir so unendlich schrecklich leid, oh mein Meister.“, rief er panisch und sprach so schnell, dass man kaum eines seiner Worte verstand. „Aber ich hatte einen kleinen Unfall, als ich gegen eine Meute wilder Dämonen gekämpft hatte.“, stotterte er und hielt den Kopf weiterhin gesenkt. „Hier im Schloss gibt es keinen Dämon, der Euch oder Eure Begleiter jemals angreifen würde.“, erklärte Ryoichi Sesshoumaru schnell und richtete den Blick auf den knienden Kappa. „Von welchen Dämonen sprichst du?“ „Äh…ähähm… Das waren, also… ich…“, stammelte Jaken herum langsam traten ihm Schweißperlen auf die Stirn. In diesem Moment kamen auch Kenshin und Hayate herbei, blieben aber neben der Youkai, die immer noch an der Tür stand, stehen und beobachten mit leichter Verwirrung die seltsame Szene, die sich ihnen bot. „Es waren riesige, feuerspeiende Dämonen, mit rasiermesserscharfen Zähnen, die ich vor dem Schlosstor gesehen habe und dann habe ich sie in die Flucht geschlagen und bis auf das hier…“ Er deutete auf sein blaues Auge „…keine Verletzungen davongetragen.“ Nahezu zeitgleich hoben Ryoichi, Kenshin und Hayate eine Augenbraue und warfen sich einen schnellen Blick zu, ehe Rin ihre Stimme erhob und so aller Aufmerksamkeit auf sich lenkte. „Aber habt Ihr das blaue Auge nicht weil Ihr gestolpert seid und Euch dabei Euren Kopfstab ins Gesicht geschlagen habt?“, fragte sie verwirrt nach und legte den Kopf leicht schief, während Ryoichi ein Lachen unterdrückte. Kenshin und Hayate konnten sich jedoch nicht mehr zurückhalten und brachen in schallendes Gelächter aus und sogar die Youkai, die Rin hergeführt hatte, musste schmunzeln. Trotzdem hörte Jaken ganz genau, wie Sesshoumaru sich kurz räusperte, also drehte er seinen Kopf auffällig langsam in die Richtung seines Meisters und als er seinen Gesichtsausdruck sah, blieb ihm beinahe das Herz stehen. Ehe er den Daiyoukai zu Wort kommen ließ, warf sich der Kappa wieder auf den Boden. „Bitte verzeiht mir mein Meister, bitte verzeiht mir mein Meister!“, rief er immer wieder und senkte seinen Kopf so tief, dass seine Stirn schon den Boden berührte. Ein „Verschwinde.“, war alles, was Sesshoumaru für ihn übrig hatte, also erhob sich der Kappa schnell und hastete an den prustenden Katzendämonen vorbei aus dem Raum. „Kenshin, Hayate, benehmt euch.“, ermahnte Ryoichi seine Freunde und Diener, doch dadurch dass man eine leichte Belustigung aus seinen Worten vernehmen konnte, fehlte es ihnen an Schärfe und die Angesprochenen grinsten einfach nur weiter. „Meister Sesshoumaru-sama?“, versuchte Rin erneut die Aufmerksamkeit des Daiyoukai zu erhalten, der ihr mit einem stummen Blick signalisierte, dass sie sprechen könne. „Ihr werdet nicht glauben was ich gesehen habe. Ah-Uhn ist hier!“, rief sie begeistert und strahlte über das ganze Gesicht. „Er ist doch nicht tot!“ Er wurde doch von diesen dreckigen Zukunftsmenschen entführt… schoss es Sesshoumaru durch den Kopf und er wandte seinen Blick leicht in Richtung Ryoichi. Verräter! „Ah-Uhn?“, brachte sich der Herr des Ostens in das Gespräch ein und erntete dafür einen verärgerten Blick seitens Sesshoumaru. „Ein zweiköpfiger Drache.“, begann dieser. „Und er wurde von diesen Menschen geholt.“ Nach dieser Aussage hellte sich Ryoichis Blick auf. „Ach, den meint ihr. Einer unserer Krieger hatte ihn bei einem Kampf gegen einen Trupp der Zukunftsmenschen mitgenommen.“, erklärte er. „Ihr glaubt doch nicht etwa, dass wir…“, setzte er an, wurde aber schnell von Hayate unterbrochen. „Erst kreuzt er hier auf und hält sich für etwas Besseres und dann beschuldigt er uns auch noch des Verrates!“ Erbost trat der junge Dämon vor Sesshoumaru und verengte seine Augen zu Schlitzen. „Wer sagt uns denn, dass nicht Ihr bei den Menschen um Hilfe gebettelt habt?“ Als Antwort ließ Sesshoumaru ein bedrohliches Knurren verlauten und kurz glühte es in seinen Augen rot auf. „Hayate!“, rief die violettäugige Youkai schnell und zog ihn zurück. Auch Ryoichi stand alarmiert daneben und Kenshin war ebenfalls bereit jederzeit einzugreifen. „Keine Kämpfe solange Ihr Euch hier befindet.“, knurrte Ryoichi und verließ daraufhin zusammen mit den anderen Dämonen den Raum. Sesshoumaru blieb alleine zurück und hatte seine Augen zu Schlitzen verengt. Auf keinen Fall würde er sich Befehle von irgendjemandem erteilen lassen. „Meister Sesshoumaru-sama?“ Rins leicht verängstigte Stimme holte ihn in die Realität zurück. Ihre Anwesenheit hatte er schon längst vergessen. „Helft Ihr mir Ah-Uhn zu befreien?“ ❈❀❁❀❈ Immer noch lachte Akiko, auch wenn ihr schon der Bauch davon schmerzte. Takeo hatte sich vor Verwirrung noch keinen Zentimeter von der Stelle bewegt und starrte die Heilerin aus schockgeweiteten Augen an. „Akiko, geht es dir gut?“, fragte er, musste aber noch fast eine ganze Minute auf seine Antwort warten. „Takeo.“, begann sie und setzte sich ihm gegenüber. „Jetzt atme erstmal tief durch, du bist gerade kreidebleich im Gesicht.“ Angesprochener dachte aber gar nicht daran ihren Rat zu befolgen. „Ach, bin ich das? Na dann rate mal warum. Wer hat sich denn wie eine Furie auf mich gestürzt!“, rief er verärgert und gestikulierte mit seinen Händen wild in der Luft herum. Akiko seufzte nur. „Erstens habe ich mich nicht auf dich gestürzt, sondern dich angegriffen und zweitens habe ich mich nicht wie eine Furie benommen.“ „Ja, eher wie eine Geistesgestörte.“, knurrte der Braunhaarige ein wenig beleidigt und legte sein Schwert aus der Hand. „Du wolltest nur meine Kampffähigkeiten testen, oder?“, fragte er nach. „Ja und mit der kleinen Schauspieleinlage wollte ich mich ein wenig rächen und dich erschrecken. Ich konnte ja nicht wissen, dass du gleich alles so ernst nimmst.“ „Gleich alles so ernst nehmen?! Du hast mir dein Schwert in die Hüfte gerammt! Ähm, wenn wir gerade dabei sind, warum blute ich nicht?“ Erneut musste die Heilerin kurz lachen, ehe sie Takeo aufklärte. „Ganz einfach, weil es nicht mein Schwert war. Als ich es in die Luft geworfen habe, habe ich es nicht wieder aufgefangen, sondern einen einfachen Holzstock aufgehoben. Zwar hat das auch sicher weh getan, aber es hat dich nicht ernsthaft verletzt.“, erklärte sie dem perplex dreinschauenden Takeo. „Was würde denn Naoko sagen, wenn ich ihr Brüderchen umbringen würde?“ fügte sie noch zwinkernd hinzu und erhob sich. „Warte!“, hielt Takeo sie auf. „Für ein Mädchen kämpfst du gar nicht so schlecht. Weißt du das eigentlich?“ Kurz schien Akiko zu überlegen. „Danke. Du aber schon.“ Ehe Takeo der kichernden Heilerin etwas erwidern konnte, war sie auch schon weg und er blieb alleine zurück. „Hat sie mich gerade… Mädchen genannt?“ ❈❀❁❀❈ „Was sollte das?! Mit diesem großkotzigen Kerl wäre ich alleine gut fertig geworden. Solange er hier ist, hat er uns auch zu respektieren und irgendjemand hier muss ihm das auch einmal verdeutlichen!“ „Hayate!“, brachte Kenshin ihn zum Schweigen. „Du hast es heute wirklich übertrieben. Ich kann verstehen, dass du dich noch nicht so gut unter Kontrolle hast, da du noch jung bist, aber du musst aufpassen wie du mit höherrangigen Dämonen redest. Es hätte ein unschönes Ende für dich nehmen können. Du weißt dass ich nichts gegen deine Art habe und im Kamp ist dein Temperament auch sehr nützlich, aber manchmal ist es klüger sich zurückzuhalten.“ Hayate blieb stehen und ballte seine Hände zu Fäusten. „Hast du etwa schon vergessen was damals mit Miyako passiert ist?! Und da frage ich mich wer sich hier nicht unter Kontrolle hat!“, brüllte er seinem Freund entgegen, ehe er sich fluchend auf den Weg in den Wald machte. Er fühlte sich von seinen Freunden verraten und wollte einfach nur seine Ruhe haben. Kenshin blieb alleine zurück und lehnte sich seufzend gegen die Wand. Er wusste, dass sein Freund in gewissen Punkten recht hatte, aber er musste auch lernen sich zurückzuhalten. Immer weiter versank der Katzendämon in seinen Gedanken und flüsterte schließlich ein leises „Nie könnte ich das vergessen.“, ehe er seine Augen schloss. ❈❀❁❀❈ Eine gigantische schwarze Katze hastete auf das Schloss des Nordens zu. Schon lange hatten ihn die Wachen entdeckt, die über seinem Kopf kreisten, doch man sah ihn schon lange nicht mehr als Bedrohung. Beinahe jeder kannte Jiro, den Boten des Ostens. Vor dem Tor kam der Youkai zum Stehen und verwandelte sich wieder in seine menschliche Gestalt, ehe er anklopfte. Höflich wartete er, bis ihm geöffnet wurde und bat anschließend zum Lord vorgelassen zu werden. „Katsuro-sama.“, begrüßte Jiro den Herrn des Nordens und verbeugte sich. „Ich wurde von Meister Ryoichi-sama ausgesandt Euch um einen Besuch zu bitten. Es geht um die Zukunftsmenschen.“, erklärte er knapp und wartete gespannt auf die Antwort des mächtigen Lords vor sich. „Selbstverständlich. Ich lasse mir doch keine Gelegenheit entgehen, meinen alten Freund wieder zu sehen.“ Zufrieden lächelte Jiro. So eine Antwort hatte er erwartet. „Die anderen Lords werden auch anwesend sein. Man wartet nur noch auf Euch und den Lord des Südens.“, erklärte Jiro noch, ehe er sich nochmals verbeugte und den Saal wieder verließ. Ein Diener Katsuros bat ihn in der Eingangshalle des Schlosses zu warten, bis der Herr und seine zwei besten Kämpfer fertig sein würden. Nur wenige Minuten später, kamen der Lord und ein weiterer Fledermausdämon, den Jiro nicht kannte. Wie der Lord, hatte dieser weiße Haare und blutrote Augen. „Seid Ihr so weit?“, fragte der Bote und wollte sich schon auf den Weg machen, als der ihm Fremde Youkai die Stimme erhob. „Noch nicht, wir warten noch auf Haruna.“ In diesem Moment hörte Jiro auch schon jemanden die Treppe hinunter kommen. Er richtete seinen Blick in diese Richtung und traute seinen Augen kaum. Feuerrotes, taillenlanges Haar, umspielte die schlanke Figur der Fledermausdämonin, die mit einem erwartungsvollen Lächeln die Treppe hinab schritt. Wie alle Dämonen ihrer Rasse, war sie blass und hatte blutrote Augen, die nur eine Spur dunkler als ihre Haare waren. Das war es jedoch nicht, dass Jiro kurz die Sprache verschlagen ließ. Viel mehr war es ihre knappe Kleidung, die mehr zeigte, als sie verdeckte und die gerade mal bis über ihre halben Oberschenkel reichte. „Da ist sie auch schon.“, riss die Stimme des fremden Dämons ihn aus seinen Beobachtungen und er wandte den Blick ab. Bestimmt war allen sein Starren aufgefallen, also schwieg er einfach. ❈❀❁❀❈ „Na wenn das mal nicht ein kleiner Dämon ist.“ Ichiro wurde unsanft im Genick gepackt und hochgehoben, was den Kleinen sofort aus dem Schlaf hochschrecken ließ. Der junge Dämon ließ ein herzzerreißendes Bellen verlauten, worauf der Griff des Fremden nur noch stärker wurde. „Wirst du wohl ruhig sein!“, wurde ihm entgegen geknurrt und der ihn hebende Arm schüttelte ihn leicht. Ichiro wurde schwindlig und Panik begann langsam von ihm Besitz zu ergreifen. Er war ganz alleine. Korosu war einfach fort gegangen und hatte ihn allein gelassen. Traurig winselte der Fuchs und würde er dazu in der Lage sein, wären ihm sicher auch Tränen gekommen. Der Fremde, der eindeutig dämonischer Herkunft war, hob Naokos Dolch aus der kleinen Höhle und schnüffelte daran. „Das könnte ihn allerdings interessieren…“, murmelte er und steckte die Waffe in seine Manteltasche. Anschließend packte er Ichiro noch ein klein wenig fester und machte sich schnellen Schrittes auf den Weg. Kapitel 19: Letzte Vorbereitungen --------------------------------- Ichiro wurde schwindlig und Panik begann langsam von ihm Besitz zu ergreifen. Er war ganz alleine. Korosu war einfach fort gegangen und hatte ihn allein gelassen. Traurig winselte der Fuchs und würde er dazu in der Lage sein, wären ihm sicher auch Tränen gekommen. Der Fremde, der eindeutig dämonischer Herkunft war, hob Naokos Dolch aus der kleinen Höhle und schnüffelte daran. „Das könnte ihn allerdings interessieren…“, murmelte er und steckte die Waffe in seine Manteltasche. Anschließend packte er Ichiro noch ein klein wenig fester und machte sich schnellen Schrittes auf den Weg. Den Blick stur auf den Boden geheftet, saß sie da, tief in Gedanken versunken und nichts um sich herum wahrnehmend. Mit einer monotonen Geste, kraulte sie den Bauch von Kuro, der immer noch nicht genug davon bekommen hatte und ihre geistige Abwesenheit gar nicht weiter bemerkte. Naoko seufzte kurz auf und riss sich dadurch selbst wieder in die Realität. Sie wusste, dass es überhaupt nichts brachte hier herum zu sitzen und sich Gedanken zu machen. Sich selbst regelrecht zum Verzweifeln zu bringen. Vorsichtig erhob sie sich und machte ein paar Schritte in den Raum. Kuro drehte sich zuerst nur verwirrt zu ihr um, sprang aber schließlich ebenfalls von dem Futon auf und tapste dem Menschenmädchen nach. Fragend sah er zu ihr auf und miaute sie an. „Haha, Naoko das hättest du sehen sollen, Takeo ist gerade…“ Akiko trat in die Hütte und begann noch bevor sie vollständig im Raum war, zu sprechen. Als sie sah, dass ihre Patientin in der Gegend herum stand, anstatt sich auszuruhen, brach sie jedoch ab und warf ihr einen verärgerten Blick zu. „Warum bist du aufgestanden?“, fragte sie sofort nach und verschränkte ihre Hände. „Hast du gerade gesagt ich bin…“ Der gerade eintretende Takeo wurde von einer stummen Geste Akikos zum Schweigen gebracht. „Was ist los?“, fragte er verwirrt und sah von Naoko zu Akiko und wieder zurück. „Sie hat den Futon verlassen.“, erklärte Akiko. „Ähm… Na und.“, erwiderte Takeo verwirrt. „Hast du schon vergessen, dass sie schwer verletzt ist und viel Ruhe braucht?“, erinnerte die Heilerin ihn und wollte gerade fortfahren, als sie von Naoko unterbrochen wurde. „Mir geht es schon viel besser. Es bringt überhaupt nichts hier einfach nur herum zu sitzen. Wir müssen weiter, das ist wichtiger.“ Akiko war mit dieser Aussage überhaupt nicht zufrieden und warf der Kupferhaarigen einen besorgten Blick zu. „Aber du bist erst ein paar Tage hier, deine Verletzungen sind noch nicht vollständig verheilt.“, warf sie ein, doch Naoko schüttelte nur lächelnd den Kopf. „Es geht mir gut und ich habe schon lange genug hier herum gesessen.“ ❈❀❁❀❈ Erst wenige Minuten waren Jiro und die Fledermausdämonen auf dem Weg Richtung Osten. Der Katzendämon hatte sich wieder in seine tierische Gestalt verwandelt, ebenso wie seine Begleiter, die hoch über ihm schwebten. Ein klein wenig beneidete er die Fledermäuse, die fliegen konnten und sich nie mit rennen abmühen mussten. Da er mit den anderen ohnehin nicht sprechen konnte, rannte Jiro so schnell er konnte, um sein Ziel schneller zu erreichen. Er wusste, dass dies auch im Interesse der Fledermäuse lag. Jiro wusste, dass sie bald einen Wald durchqueren würden und knirschte gedanklich mit den Zähnen. Er würde sich wieder in seine menschliche Gestalt verwandeln müssen, um zwischen die Bäume hindurch zu passen, ohne sie zu beschädigen. Kurz überlegte er, ob er seine fliegenden Begleiter darauf hinweisen sollte, entschied sich aber dagegen und setzte seinen Weg stumm fort. Immerhin waren es noch einige Minuten, bis er sich verwandeln müsste und außerdem wollte er die Höherranggigen nicht mit seinen Problemen belästigen. Um sich schon einmal daran zu gewöhnen, beschloss Jiro seine menschliche Gestalt wieder anzunehmen, also blieb er kurz stehen und schloss seine Augen. Kurz konzentrierte er sich und schon bildeten sich seine langen Krallen und das Fell zurück. Immer mehr verformte sich sein Körper, bis er schließlich menschliche Züge annahm. Als die Verwandlung vollkommen abgeschlossen war, öffnete er seine leuchtend grünen Augen wieder. Ein Windhauch erfasste Jiro und er drehte sich alarmiert um. Wollten ihn seine Begleiter etwa angreifen? Den Arm am Griff seines Schwertes, fixierte er die drei Fledermausdämonen, die gerade zur Landung ansetzten. Aber wäre das nicht absurd? Zögerlich zog Jiro seinen Arm zurück, behielt seine Begleiter aber fest im Blick. Als diese auch ihre menschliche Gestalt annahmen, hob er verwirrt eine Augenbraue. „Warum…“, setzte er an, ließ den Satz aber offen in der Luft hängen. „Wir wollen dich doch nicht alleine hier herumlaufen lassen. Nachher passiert dir noch was und dein Herrchen reißt uns allen den Kopf ab.“, raunte Haruna ihm zu, während sie einfach an ihm vorbeimarschierte und sich in den Wald aufmachte. Lord Katsuro und der Youkai, dessen Name Jiro immer noch nicht kannte, folgten ihr. Jiro schüttelte nur kurz den Kopf, ehe er realisierte, dass die Rothaarige sich gerade über ihn lustig gemacht hatte. Trotzdem musste er kurz lächeln, ehe er den Fledermausdämonen in den Wald folgte. Zu gerne hätte er etwas auf die freche Bemerkung der Rothaarigen erwidert, doch in Gegenwart des Lords wusste er sich zu benehmen. Immerhin war er schon Jahrzehnte lang der persönliche Bote von Lord Ryoichi. Kurz schweiften seine Gedanken zu Hayate. Er durfte sich Fehlverhalten noch erlauben. Trotzdem machte sich Jiro ein wenig Sorgen um den jungen Dämon. Immerhin hatten sie Besuch von Sesshoumaru und auf den war nun wirklich niemand gut zu sprechen. Der einzige, der im Osten noch mehr verachtet wurde, war Shinobu, der Herr des Südens und seine Schar von Schlangen. Schar von falschen Schlangen. ❈❀❁❀❈ „Meister Takeru-sama.“, begrüßte ein Diener den mächtigen Mann und kniete vor ihm nieder. „Ich überbringe Euch gute Nachrichten.“, fuhr er stolz fort und hob den Blick ein klein wenig. „Der Störenfried ist untergetaucht. Anscheinend hat er aufgegeben.“ „Das heißt er ist immer noch am Leben.“, stellte Takeru fest und fixierte seinen Diener fest mit dem Blick. Dieser nickte nur und murmelte ein schnelles „Ja.“. „Was soll an diesen Nachrichten dann gut sein?“, knurrte Takeru und ballte seine Hände zu Fäusten. „Störenfriede solcher Art tauchen nicht einfach unter oder geben auf! Er ist da draußen und plant etwas!“ „Aber… Woher wisst Ihr das alles?“, fragte der Diener unsicher nach und provozierte seinen Herrn so nur noch mehr. „Bist du denn zu gar nichts zu gebrauchen?! Was denkst du wie er plant uns zu vernichten? Er schmiedet Pläne! Und nun verschwinde und kümmere dich um den neuen Auftrag! Aber vermassle diesmal nicht schon wieder alles.“, brüllte Takeru und wies seinen Diener mit einer schnellen Handbewegung an zu verschwinden. „Solltest du schon wieder scheitern.“, warnte er noch. „Dann bist du tot.“ „Ja, mein Herr.“, murmelte der Diener verunsichert und verließ schnellen Schrittes den Raum. Er wusste, dass sein Leben von seinem Erfolg bei seinem nächsten Auftrag abhing. Ein Auftrag vor dem er sich nun zweierlei fürchtete, denn es war der Auftrag jemanden zu töten. ❈❀❁❀❈ „Ah-Uhn!“, begrüßte Rin den Drachen, als sie endlich wieder bei ihm ankam. Sesshoumaru hatte nach ihrer Bettelei schließlich zugestimmt ihr zu helfen, auch wenn er aktuell ganz andere Sorgen hatte. Rin schaffte es einfach immer wieder ihren Willen durchzusetzen. „Keine Sorge Ah-Uhn, bald bist du wieder frei und dann mache ich dir auch eine schöne Blumenkette. So wie deine letzte, nur noch viel schöner.“, strahlte die Kleine und blickte erwartungsvoll zu Sesshoumaru auf, der mit einer schnellen Handbewegung das alte Schloss kurzerhand zerbrochen hatte und auch schon wieder wortlos davon spazierte. „Vielen Dank, Sesshoumaru-sama.“, flüsterte Rin ihm nach und streichelte Ah-Uhn kurz gedankenverloren über den Kopf, ehe sie zum Tor ging und den Drachen anwies ihr zu folgen. Mit einem zufriedenen Brummen, streckte der Drache seine Köpfe hinaus in das warme Sonnenlicht. „Komm raus!“, rief Rin und ihr strahlen wurde noch breiter. Als sie jedoch sah, dass der Drache aus dem Stall hinkte, weitete sie erschrocken die Augen. „Du bist verletzt. Aber warum denn?“ Sie sah zu einem seiner Köpfe auf und schien so als würde sie auf eine Antwort warten. Ah-Uhn schnaufte jedoch nur kurz, und hinkte an Rin vorbei auf die weite Wiese. Auch Sesshoumaru, der in einiger Entfernung stand, war Ah-Uhns Verletzung nicht verborgen geblieben. Bestimmt musste es noch etwas mit den Zukunftsmenschen zu tun haben. Ryoichi oder einem seiner Gefolgsleute traute er das nicht zu, vor allem da sie ihn ja aufgenommen hatten. Andererseits vertraute er ihnen auch nicht genug, um es ihnen nicht zuzutrauen. Selbst Naoko hatte ihn hintergangen, aber sie war ja auch ein Mensch und noch dazu eine Sarana. Da war es nur klar, dass dies früher oder später passieren würde. Er hätte sie damals gleich töten sollen. Sesshoumaru fragte sich ob sie mittlerweile wohl Bericht erstattet hatte. Bestimmt. Immerhin waren schon viele Tage vergangen, seit es ihr so schlecht ging. Sie würde wieder gesund sein. Der Lord verengte seine Augen zu Schlitzen. Sie sollte sich bereit machen zu sterben! Sesshoumaru wand den Blick von dem Geschehen vor sich ab und wandte sich zum Gehen um. Bald würden die anderen Lords eintreffen, er würde also viel Geduld brauchen. Eigentlich wollte er keinen von ihnen wieder sehen. Schon gar nicht Shinobu, aber was blieb ihm denn anderes übrig? Bei dieser Sache stand seine Ehre auf dem Spiel und würde er nicht mitarbeiten, würde man ihn womöglich noch des Verrats bezichtigen. Ein kurzes Knurren verließ seine Kehle. Niemals würde er mit diesen niederträchtigen Menschen zusammenarbeiten. ❈❀❁❀❈ „Ich bin so weit.“, gab Naoko bekannt und erhob sich fest entschlossen. Gerade hatten Akiko und Takeo ihre nötigsten Dinge zusammengepackt, um aufbrechen zu können. „Oh, nein, das bist du ganz und gar nicht.“, kicherte Akiko daraufhin nur und brachte Naoko so dazu verwirrt eine Augenbraue zu heben. „Warum?“ „Hast du schon einmal deinen Kimono angesehen?“, fragte die Heilerin und brachte Naoko so dazu den Blick zu senken. „Oh…“, war alles das sie murmelte, als sie die zerfetzten Reste ihrer Kleidung sah. Hilfesuchend blickte sie zu der Heilerin auf. „Hast du denn noch einen anderen Kimono für mich?“ „Natürlich.“, lächelte diese und begann wieder in einer ihrer Truhen zu wühlen. „Willst du eher was Schlichtes oder…“ „Schlicht, wenn es geht.“, unterbrach Naoko die an sie gerichtete Frage schnell und setzte sich wieder auf den Futon zurück, um zu warten. Takeo, der bis dahin nur unschlüssig daneben gestanden hatte, richtete das Wort nun ebenfalls an die Heilerin. „Ähm… Also… Hättest du in einer deiner Kisten vielleicht auch noch etwas zum Anziehen für mich?“ Überrascht hob Akiko den Blick. „Klar.“, antwortete sie schnell und wühlte auch schon weiter. Nach nur wenigen Sekunden schien sie etwas gefunden zu haben und warf es Takeo zu, der das Stück Stoff mühelos auffing. „Danke. Will ich wissen woher du das hast?“ Kurz kicherte Akiko. „Meine Schwester war Näherin und hat mir immer wieder was geschenkt, weil ich ihren Mann behandelt habe.“, erklärte sie kurz und wühlte auch schon weiter in ihrer Truhe. „Den Rest habe ich selbst mit meinen Einnahmen gekauft.“, fügte sie nach wenigen Sekunden hinzu und reichte Naoko einen roten Kimono mit orangen Blumenmustern. Diese warf dem Stück Stoff zuerst nur einen etwas unschlüssigen Blick zu, nahm das Kleidungsstück dann aber doch dankend entgegen. Schließlich übergab Akiko ihr auch noch einen orangen Obi und schloss ihre Truhe wieder. „Willst du dir nicht auch etwas Unauffälligeres anziehen?“, fragte Naoko nach und deutete auf den Kimono der Heilerin. „Seide mit goldenen Stickereien kann im Wald gefährlich werden.“, stimmte Takeo zu. „Ich bin ja nicht alleine.“, erwiderte Akiko nur und schickte Takeo vor die Tür, damit Naoko sich umziehen konnte. „Bist du sicher, dass es dir schon wieder besser geht?“, fragte sie ihre Patientin, die nur schnell nickte. „Ich habe hier genug Zeit verschwendet. Ich will etwas schaffen, etwas verändern. Verstehst du? Ich will helfen diesen Wahnsinn zu beenden.“ Stumm nickte die Heilerin. „Ich denke auch, dass du so weit bist. Außerdem bin ich immer bei dir und mit mir meine Kräuter.“, erwiderte Akiko mit einem Zwinkern. „In fünf Minuten brechen wir auf!“, rief sie noch, ehe sie den Raum verließ und die Kupferhaarige alleine zurückblieb. Kapitel 20: Wiedersehen ----------------------- „Ich denke auch, dass du so weit bist. Außerdem bin ich immer bei dir und mit mir meine Kräuter.“, erwiderte Akiko mit einem Zwinkern. „In fünf Minuten brechen wir auf!“, rief sie noch, ehe sie den Raum verließ und die Kupferhaarige alleine zurückblieb. „Wirst du Kuro mitnehmen?“ Fragend blickte Naoko zu der Heilerin, die als Antwort nur hilflos mit den Schultern zuckte. „Ich weiß nicht. Zwar kann ich ihn schlecht hier lassen, aber die Reise könnte gefährlich werden.“, fügte sie noch zu ihrer Geste hinzu und warf der Nekomata einen kurzen Blick zu. „Es wird ganz sicher gefährlich.“, murmelte Takeo und legte Akiko eine Hand auf die Schulter, um sie auf seine kommenden Worte vorzubereiten. „Vielleicht solltest du ihn lieber hier lassen.“ Ein erbostes Knurren nahm Akiko die Antwort ab. Kuro hatte seine Nackenhaare gesträubt und fixierte den Braunhaarigen mit finsterem Blick. Anscheinend war er mit diesem Ratschlag alles andere als zufrieden. „Ich denke das wäre hiermit geklärt.“, warf Naoko ein und brachte die Heilerin so zum Lächeln. „Ja, er will mitkommen.“ Überglücklich strahlte Akiko Kuro an, der Takeo noch ein letztes Mal entgegen knurrte, ehe er fröhlich miauend zu der Rothaarigen hin tapste. Sie wusste insgeheim, dass sie es nie übers Herz gebracht hätte, ihn einfach so hier zu lassen. Tagtäglich hätte sie sich Sorgen um ihren Schützling gemacht und hätte einfach keine ruhige Minute gehabt, wenn er nicht bei ihr wäre. Kuro war das Wichtigste für sie geworden. Das Einzige, das sie halten konnte… Nachdenklich beobachtete Naoko die Heilerin dabei, wie sie ihr Kurzschwert an ihrem Obi befestigte. „Akiko? Würdest du mir das Kämpfen beibringen?“, fragte sie geradeheraus. Die Heilerin hob zuerst nur verwirrt den Blick, ehe sie ein geistesabwesendes „Klar.“ murmelte. Sie schien immer mehr in Gedanken zu versinken und ein eigenartiger Ausdruck trat in ihre Augen, doch dies blieb unbemerkt. „Du fragst sie?“, meldete sich Takeo zu Wort und warf seiner besten Freundin einen fast schon beleidigten Blick zu. „Kämpfen lehren kann doch jeder, oder?“, zitierte sie unbewusst einen Satz, den Takeo einst verwendet hatte und erinnerte den Braunhaarigen so an eine Szene aus längst vergangenen Tagen. „Takeo?“ Mit großen Augen blickte Naoko zu dem Jungen auf, der sich gerade notdürftig den Dreck aus dem Gesicht wischte und aus seiner Kleidung klopfte. „Was ist los?“, fragte er nach, als die Kupferhaarige nicht weitersprach und unterbrach das Ausklopfen seines Kimonos. „Naja, kannst du mir vielleicht auch zeigen, wie man so stark wird, damit ich mich auch gegen sie wehren kann?“, wollte Naoko lächelnd von ihrem Freund wissen und wartete gespannt auf eine Antwort. „Du willst, dass ich dich das Kämpfen lehre?“, fragte Takeo noch einmal nach, worauf sie voller Tatendrang nickte. „Kommt nicht in Frage!“ Demonstrativ verschränkte er seine Hände und sah das Mädchen streng an. „Das ist gefährlich.“ „Aber… aber ich will dir helfen.“, erklärte sie. „Damit du nicht immer alleine gegen die Älteren kämpfen musst.“ Nach ihren fast schon flehenden Worten, musste Takeo kurz ein Lachen unterdrücken. „Ich beschütze dich doch gerne. Schlag dir das aus dem Kopf. Das ist viel zu gefährlich für Mä-“ „Du bist blöd!“, unterbrach Naoko ihren Freund und warf ihm einen bösen Blick zu, ehe sie ihn einfach kurzerhand umschubste und er erneut in eine Dreckpfütze fiel. „Naoko, ich hatte das gerade sauber bekommen.“, beschwerte er sich sofort und deutete auf seinen Kimono. „Stimmt gar nicht.“, erwiderte Naoko sofort und streckte dem Älteren die Zunge heraus. Entnervt seufzte dieser, musste aber selbst ein wenig lächeln. „Na gut, ich bringe es dir bei. Du bist ganz schön dickköpfig, weißt du das eigentlich?“, gab er sich schließlich geschlagen, worauf die Kupferhaarige zuerst freudig in die Luft sprang und ihn anschließend stürmisch umarmte. „Danke Takeo. Du bist der Beste!“ Wenige Minuten später standen sich die zwei Kinder, jeweils mit einem kurzen Aststück bewaffnet, gegenüber. „Was sollen wir nochmal mit den Ästen machen?“, fragte Naoko unsicher nach und drehte das Holzstück in ihren Händen, als würde sie so eine Antwort auf ihre Frage erhalten. „Ganz einfach, der Ast soll ein Schwert darstellen. Wir üben jetzt Schwertkampf.“ „Schwertkampf?! Ich dachte du lernst mir normales kämpfen…“ „Erstens einmal gibt es kein ‘normales Kämpfen‘ und zweitens wäre Nahkampf viel zu gefährlich für dich. Du wolltest kämpfen lernen und das machen wir jetzt.“, bestimmte Takeo und hob seinen Ast etwas höher. Naoko beobachtete ihn weiterhin nur verwirrt und senkte den Blick kurz auf ihr ‘Schwert‘, ehe sie ihn wieder auf Takeo richtete. „Und du bist sicher, dass du mir das beibringen kannst?.“ „Naja, kämpfen lehren kann doch jeder, oder?“, erwiderte er nur und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Aber wie willst du mir das beibringen, wenn du es doch selbst erst jetzt lernst?“, fragte sie nach, erhielt jedoch keine Antwort mehr. Stattdessen schien Takeo kurz zu überlegen. „Okay, ähm… Und jetzt?“, fragte Naoko nach einigen Minuten, in denen die beiden einfach nur ratlos herumgestanden hatten. „Na du musst mich angreifen. Schlag einfach mit dem Stock nach mir!“, forderte er Naoko auf, die erst noch kurz zögerte, dann aber einfach auf Takeo zurannte und mit ihrem Ast ausholte. Vor ihm ließ sie ihre beiden Hände, die die Waffe hielten, niedersausen. Schnell fing er ihren Schlag mit dem eigenen Stock ab. Kurz hallte das Aufeinanderschlagen des Holzes von den Bäumen zurück, ehe es ein lautes Knacken gab. Beide Holzstücke brachen entzwei und die Kinder hielten nur noch Bruchstücke in den Händen. Zu alldem kam auch noch, dass Takeo die ganzen umherfliegenden zersplitterten Stücke in sein Gesicht bekommen hatte. Schnell ließ Naoko ihr Holzstück fallen. „Tut mir Leid, hab ich dich verletzt?“, fragte sie schnell nach und schlug sich erschrocken die Hand vor den Mund. Sofort bekam Takeo ein hochrotes Gesicht. „Quatsch, ich hab das gar nicht gespürt. Als ob du mich jemals mit irgendwas verletzen könntest.“, beruhigte er sie schnell. „Warum hast du deine Waffe überhaupt fallen lassen, das darfst du nie machen!“, fuhr er mit erhobener Stimme fort. „Ich dachte du wärst verletzt.“, rechtfertigte sich Naoko schnell und hob das Holzstück wieder auf. „Ich dachte du willst kämpfen lernen, da geht es doch darum!“ Die Kupferhaarige warf einen kurzen Blick auf die feinen Kratzer in Takeos Gesicht, die von dem abgesplitterten Holz stammten und leise Schuldgefühle machten sich in ihr breit. Klar wollte kämpfen lernen, aber doch nur um ihm zu helfen. Immer verteidigte er sie gegen die älteren Kinder und sie konnte nichts für ihn tun… Ein kleines Rinnsal aus Blut floss Takeos Wange hinab und da merkte sie erst, dass er schon die ganze Zeit recht hatte. Würde sie kämpfen, würde sie auch jemanden verletzen müssen. „Ich glaube das ist nichts für mich.“, murmelte Naoko und ließ ihre Waffe erneut fallen, diesmal jedoch endgültig. Sie drehte sich um und machte sich auf den Weg zurück ins Dorf. Ganz leise konnte sie Takeos Schritte hinter sich vernehmen und blieb stehen, damit er sie einholen konnte. „Bist du mir böse?“, fragte sie geradeheraus und richtete ihren Blick zu Boden. „Ganz und gar nicht.“, antwortete Takeo fast schon zu schnell. „Ehrlichgesagt… bin ich sogar irgendwie froh, dass du das doch nicht machen willst…“ Die Kupferhaarige hob den Blick wieder und lächelte ihren Freund an. „Eins muss ich dir aber lassen, für ein Mädchen hast du sogar einen einigermaßen passablen Schlag.“, merkte Takeo kichernd an und ging weiter. Naoko holte ihn schnell wieder ein und boxte ihn scherzhaft in die Seite. „Blödmann.“ „Kommst du, oder willst du hier Wurzeln schlagen?“ Akikos belustigte Stimme, holte Takeo aus seinen Gedanken. Naoko und sie waren bereit aufzubrechen und warteten einzig und allein noch auf ihn. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen, schloss er zur Gruppe auf und die drei setzten sich endlich in Bewegung. „Wohin geht die Reise jetzt eigentlich?“, fragte Takeo nach und erhielt auch prompt eine Antwort von Akiko. „Kuro wird uns helfen die Zukunftsmenschen aufzuspüren. Dann können wir sie alle nacheinander vernichten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er eine Fährte haben wird, die wir verfolgen können.“ ❈❀❁❀❈ „Warum habe ich das Gefühl, dass das langsam zur Gewohnheit wird?“, murmelte Hayate mehr zu sich selbst als zu Kenshin, der neben ihm stand und mit ihm auf das Eintreffen der Lords wartete. Letzterer warf seinem jüngeren Kollegen nur einen verwirrten Blick zu. „Was meinst du damit?“ „Da fragst du noch?! Zuerst können wir den ach so großen Lord des Westens begrüßen und nun dürfen wir auch noch Katsuro-sama und diese falschen Schlangen willkommen heißen.“, beschwerte er sich und konnte ein entnervtes Schnauben nicht mehr zurückhalten. Kenshin schwieg nur. Er wusste, dass Hayate die Anwesenheit Sesshoumarus sehr zusetzte und das Eintreffen der Schlangen würde die Sache nicht gerade besser machen. In der Vergangenheit war einfach zu vieles passiert, ein friedliches Treffen zu einem Ding der Unmöglichkeit geworden. „Ryoichi-sama wird bald hier sein, dann können wir wieder gehen.“, erwiderte er nach kurzer Zeit und wandte seinen Blick in die Ferne. „Wenn wir Glück haben, kommt er noch bevor unsere Gäste eintreffen.“ „Was soll dieser Shinobu überhaupt hier? Er ist alles andere als eine Hilfe und wird alles nur aufhalten. Wer weiß, vielleicht fällt er uns sogar eiskalt in den Rücken, wenn wir einmal kurz nicht aufpassen.“, knurrte Hayate, ohne über seine Worte nachzudenken und erschrak dafür umso mehr, als er plötzlich eine Stimme hinter sich vernahm. „Shinobu-sama ist zwar ein etwas ungemütlicher Zeitgenosse, aber er hat schon oft ausgezeichnete strategische Fähigkeiten bewiesen. Außerdem ist nicht die passende Zeit um wählerisch zu sein. Wir brauchen jede Unterstützung, auch wenn es sich dabei um Schlangen handelt. Auch ich zähle Shinobu-sama nicht zu meinen Freunden, doch muss er bei einer Versammlung anwesend sein. Er ist immerhin einer der vier Lords, also zügle besser deine Zunge, Hayate. Bei einem weiteren Kontrollverlust deinerseits, wie einst bei deinem Gespräch mit Sesshoumaru-sama, wirst du mit Konsequenzen rechnen müssen.“ „Ja, Meister.“, war das Einzige, das der Braunhaarige darauf erwiderte, ehe er es Kenshin gleichtat und sich vor Ryoichi verbeugte. Dieser gab ihnen das Zeichen sich wieder aufrichten zu dürfen und richtete seinen Blick anschließend stumm in die Ferne. „Sie sind noch nicht in der Nähe.“, murmelte der Lord nach kurzer Zeit zu sich selbst und runzelte nachdenklich die Stirn. „Es sieht ganz so aus, als würden sie länger brauchen als ich dachte…“ ❈❀❁❀❈ „Jiro, nicht?“ Angesprochener hob überrascht den Blick und konnte so direkt in ein paar hypnotischer, roter Augen sehen. Stumm nickte er und versuchte sich an den Namen der Dämonin vor ihm zu erinnern. „Und Ihr seid Haruna-sama, nicht?“, fragte er nach einigen Sekunden und wandte den Blick von ihren Augen ab. „Korrekt.“, antwortete die Rothaarige und ließ sich neben den Boten ins Gras fallen. „Tut mir wirklich leid, dass du wegen uns so viel rennen musst.“, äußerte sie nach kurzer Zeit, doch Jiro konnte ganz klar den Schalk aus ihrer Stimme heraushören. „Ich bin ein Bote, ich bin so etwas gewohnt.“, murmelte er nur und hoffte insgeheim, dass sie das Gespräch fallen lassen würde. Zwar musste er zugeben, dass er sie wirklich attraktiv fand, doch bemerkte er jetzt erst, wie unwohl er sich fühlte, wenn sie ihm so nah war. Vielleicht lag es einfach daran, dass sie viel mächtiger war, als er selbst, oder dass er sie kaum kannte, aber das war für ihn noch nie ein Problem gewesen. Es musste also an etwas anderem liegen. Wie von selbst drehte sich sein Kopf in ihre Richtung und begann ihr Gesicht genau zu studieren. Sie hatte den Blick weit in die Ferne gerichtet und schien in Gedanken zu sein. Ihre feuerroten Haare tanzten wie Flammen im Wind, die langsam ihren Rücken hinab lodern. „Wie lange willst du mich noch anstarren?“ Die Stimme Harunas riss Jiro aus seinen Beobachtungen. Schnell schüttelte er den Kopf, um auch die letzten Gedanken zu vertreiben und wandte anschließend ertappt den Blick ab. „Es tut mir leid, ich war nur in Gedanken.“ Innerlich fluchte Jiro. Er hatte ganz vergessen, dass er eine höherrangige Youkai neben sich hatte, die sehr wohl jeden auf sie gerichteten Blick spürte, auch wenn sie scheinbar in Gedanken war. Schmunzelnd erhob sich die Fledermausdämonin, was Jiro dazu brachte mit den Zähnen zu knirschen. Er fand ihr Verhalten eigenartig und die ganze Situation war für ihn alles andere als komisch, aber die Fremde war für ihn ohnehin wie ein Buch mit sieben Siegeln, denn bis jetzt war das einzige, das er von ihr wusste ihr Name. Kurz stutze er und fragte sich warum er so etwas dachte, ihn die Fremde überhaupt interessierte. Von dem Weißhaarigen, der ebenfalls mit ihnen reiste, wusste er noch weniger als von ihr, aber diese Tatsache interessierte ihn kein Stück. Und tief in sich wusste er, dass Haruna ihn auch nicht interessieren sollte… Wirklich vertiefen konnte er diese Gedanken aber nicht, da in diesem Moment Lord Katsuro zurückkehrte. Endlich. schoss es dem Boten durch den Kopf, während er sich zufrieden wieder erhob. Nur wegen dem Lord hatten sie eine kurze Pause eingelegt, warum wusste Jiro nicht, aber es stand ihm auch nicht zu nachzufragen. Als Bote hatte er schon früh lernen müssen, dass seine einzige Aufgabe das überbringen von Nachrichten war. Er musste immer möglichst unparteiisch wirken, zumindest nach außen hin. Neugierde war gefährlich, besonders wenn man mit mächtigen Dämonen reiste. Der Lord nickte seinem Weißhaarigen Begleiter kurz zu und anschließend setzten sich alle wieder in Bewegung. Nur Jiro blieb kurzzeitig etwas verwirrt an Ort und Stelle stehen, fasste sich jedoch schnell wieder und folgte den Fledermausdämonen. Eine ganze Stunde dauerte die Wanderung noch, bis Jiro die Mauern des Schlosses des Ostens in einiger Entfernung ausmachen konnte. Das wohlige Gefühl nach Hause zu kommen, keimte in seinem Inneren auf und schenkte ihm zusätzliche Kraft, auch wenn er, als Dämon, ohnehin noch genug davon hatte. Die Reisenden zügelten ihr Tempo ein klein wenig und bewältigten den letzten Kilometer in beinahe menschlichem Tempo. Schon bald hatten sie das äußerste Tor erreicht, an dem sie schon von drei Personen erwartet wurden. „Lord Ryoichi-sama, ich habe die Lords des Südens und des Nordens benachrichtigt Euch aufzusuchen. Lord Katsuro-sama folgte dieser Einladung sofort und kam mit mir und mit ihm zwei seiner stärksten Kämpfer.“, teilte Jiro seinem Meister mit und verbeugte sich tief. „Danke Jiro, du kannst gehen.“, erwiderte der Lord, worauf der Bote wortlos das Schloss betrat, um sich ein wenig auszuruhen. Natürlich nicht ohne Kenshin und Hayate, die immer noch bei Ryoichi standen, kurz zur Begrüßung zuzunicken. Die Beiden erwiderten seine Geste, ehe es an ihnen war sich zu verbeugen, um den Lord des Nordes zu begrüßen. „Ich grüße Euch, Lord Katsuro.“, begann Ryoichi. „Es freut mich, dass Ihr meiner Einladung gefolgt seid und uns dabei helfen wollt, die Menschen aus der Zukunft zu vernichten. Ihr und Eure Kämpfer werdet uns gewiss eine große Hilfe sein, haben wir doch in der Vergangenheit auch schon einige Male Seite an Seite gekämpft.“ „Nicht doch, ich habe zu danken. So eine Gelegenheit lasse ich mir doch sicherlich nicht entgehen.“, antwortete Katsuro mit kampfeslustigem Unterton in der Stimme. So lange hatte er schon darauf gewartet die Zukunftsmenschen zur Strecke zu bringen und nun war er seinem Ziel näher als je zuvor. „Unser Hündchen scheint schon hier zu sein.“, stellte der Weißhaarige Begleiter Katsuros fest und riss seinen Meister so aus dessen Gedanken. „Und… ein Menschenmädchen.“, fuhr er fort und lächelte ein undefinierbares, Lächeln, das ihm ein noch mystischeres Aussehen verlieh und hervorragend zu seiner magischen Stimme passte. „Ist unser Eisklotz etwa weich geworden?“, fuhr er fort und erweiterte sein Lächeln zu einem Grinsen. „Und du musst dann wohl Hibiki sein.“, stellte Kenshin trocken fest. „In der Tat.“, bestätigte dieser und richtete seinen Blick wieder auf die Schlossmauern. Ein weiteres Mal glühten seine blutroten Augen auf und er hielt kurz inne. „Hm, unsere schlängelnden Zeitgenossen scheinen aber noch nicht hier zu sein.“, stellte er fest und schien sichtlich zufrieden über diese Tatsache. Hayate stand nach diesen Aussagen Hibikis die Frage ins Gesicht geschrieben. Er hatte keine Ahnung woher der Weißhaarige das alles wusste. Anscheinend war er der Einzige, der es nicht verstand, denn niemand sagte etwas. Stumm musterte der junge Katzendämon daher den Begleiter Katsuros, entdeckte aber nichts Ungewöhnliches in dessen Gesicht. Sein Blick glitt zu Hibikis Augen, da er sich sicher war, dass das Glühen etwas damit zu tun haben musste. Angestrengt starrte er in die roten Iriden, doch konnte er nichts Verdächtiges entdecken. „Suchst du etwas?“, nur Millisekunden nachdem Hibiki die Frage ausgesprochen hatte, fixierte er den erschrockenen Hayate mit seinem Blick. „Äh, nein ich, es tut mir leid.“, entschuldigte er sich schnell und senkte peinlich berührt den Kopf. Ihm war nicht nur ein riesiger Fauxpas passiert, nein, es war auch noch vor zwei Lords, seinem besten Freund und zwei Fledermauskriegern. Wütend biss er die Zähne zusammen. „Hayate hat sich sicherlich gefragt woher Ihr wusstet, dass Lord Sesshoumaru bereits anwesend ist. Bitte verzeiht ihm, er ist noch jung und weiß so gut wie noch nichts über Fledermausdämonen.“, erklärte Kenshin schnell und brachte Hayate so dazu den Blick, in dem sich nun tiefe Dankbarkeit abzeichnete, wieder zu heben. „Es ist eine Eigenart unserer Rasse.“, begann Lord Katsuro zu erklären, was Hayate dann doch sehr wunderte, immerhin waren auch noch zwei andere Fledermausyoukais anwesend, die das sicher genauso gut erklären könnten. „Wenn wir uns auf einen ganz bestimmten Punkt in unserer näheren Umgebung konzentrieren, können wir unsere Kräfte aufwallen lassen und dazu einsetzen Schallwellen auszusenden, mit denen wir unsere nähere Umgebung durchsuchen können. So hat Hibiki herausgefunden, dass der Lord des Westens schon anwesend ist. Anscheinend… in Begleitung eines Menschenmädchens.“ Kurz dachte Hayate über das Gesagte nach und verarbeitete die Informationen, während die Lords noch kurze Informationen austauschten und ein Diener die Fledermausdämonen anschließend in ihre Räumlichkeiten geleitete. „Jetzt fehlen nur noch die Schlangen.“, murmelte Kenshin, nachdem die Gäste vollständig aus ihrem Blickfeld verschwunden waren und riss Hayate somit erneut aus seinen Gedanken. „Die können mir gestohlen bleiben.“, warf er auch gleich ein, ohne genau darüber nachzudenken, was Ryoichi nur dazu brachte entnervt zu seufzen. Trotzdem musste er eine Sekunde später leicht lächeln und murmelte ein leises „Du hast ja recht.“ Anschließend drehte er sich wortlos um, um ins Schloss zurückzukehren und ließ seine zwei überraschten Diener zurück. „Was denkst du?“, begann Kenshin. „Wer wird bei diesem ganzen Durcheinander als erstes durchdrehen?“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)