風の記憶 (Kaze no kioku) von tarantye-no (Die Erinnerung des Windes) ================================================================================ Kapitel 10: Fortschritt ----------------------- Kaya hatte den Kimono gerafft und eilte die Gänge entlang. Schweratmend riss er schon fast den Shoji zu seinem Zimmer auf und Takiko kam ihm freudestrahlend entgegen. ,,Kaya-sama! Ihr habt die Neuigkeit schon vernommen?“, rief sie, doch er ging an ihr vorbei und öffnete mit zitternden Händen die Truhe, die im Raum stand. Noch immer hoffte er, dass es nur ein schlechter Scherz wäre, doch als er den Inhalt sah, stockte ihm der Atem und er ließ sich auf die Knie fallen. „Wer?“, fragte er nur und schluckte. ,,Akira-sama, der Kommandant des Shoguns.“ Seine Augen flogen auf und er drehte sich zu Haruko um, die sich lächelnd neben ihm kniete und den Kimono herauszog, vorsichtig darüber strich. ,,Das ist feinste Seide… Er hat sich sehr viel Mühe gegeben. Dieser Hochzeitskimono muss ein Vermögen gekostet haben.“, sagte sie leise und griff nach Kayas Hand. „Es scheint, als wäre er sehr an Euch interessiert. Das sollten wir nutzen, meint Ihr nicht auch?“ Kaya war noch immer so überrascht und gedankenverloren, dass es ein wenig dauerte, bis er richtig reagierte. „Was? Ich… Nein, das… das geht nicht!“ Mit einem Mal wurde er von einem Gefühl der Panik ergriffen und seine Hände zitterten. Wenn er ihn heiraten würde, musste er mit ihm schlagen und dann würde Akira herausfinden, was Kaya war. Er würde ihn hassen, ihn verabscheuen. „Kaya-sama, beruhigt Euch.“, sagte Haruko leise und hielt seine Han weiter fest, sah ihn sanft an. „Warum habt Ihr solche Angst? Ich sehe Akira-sama nicht als einen Mann, der nur an Euch interessiert ist, weil Euch attraktiv finden. Er will Euch, weil er Euch wirklich mag. Bitte vertraut ihm.“ „Es hat nichts mit Vertrauen zu tun. Selbst wenn ich es habe, bringt es nichts. Sobald er meinen Körper sieht, wird er sich ekeln und mich nicht mehr haben wollen.“, entgegnete er leise und verkrampfte sich bei dem Gedanken daran. „Aber… Verzeiht, wenn ich respektlos bin, aber… es könnte Euch weitaus schlimmer treffen. Akira-sama ist ein aufrichtiger und ehrlicher Mann mit Stolz. So jemanden trifft man kaum.“, entgegnete Haruko und sah ihn sanft an. „Bitte… Nehmt das Angebot an. Wir wissen, was er Euch bedeutet und wir sind sicher, dass Ihr glücklich mit ihm sein werdet.“ Unsicher sah Kaya sie an und seufzte leise, nickte dann langsam. Er hatte so oder so keine andere Wahl. „Nun gut… Dann… lasst ihm mein Einverständnis zukommen. Aber sagt ihm…. Sagt ihm, dass… ich ihn zu sehen wünsche, bevor die Heirat stattfindet.“ „Natürlich, Kaya-sama…“ Haruko verbeugte sich und er hatte das Gefühl, sie eilte fast schon glücklich aus dem Gemach. Noch immer hielt er den Kimono in seinen Händen und strich weiter über die Seide, presste sie dann an sich. Er hatte niemals gedacht, dass es ausgerechnet Akira sein würde, der ihm einen Heiratsantrag machen würde… Er war davon ausgegangen, dass Akira wegen Seiimei verzichten würde, aber dass er dann gleich auf ihn zugehen würde… Wie würde es nun weitergehen? Ihm war natürlich klar, dass er sich umgewöhnen musste, sich die Etikette anlernen musste, denn immerhin war er dann keine Kammerfrau mehr. Er war die Frau des Kommandanten. Bei diesem Gedanken bekam er eine Gänsehaut. Würde Akira ihn noch einmal sehen wollen vor der Hochzeit oder trafen sie erst bei der Zeremonie wieder aufeinander? So viele Fragen, so wenig Antworten… * * * Es dauerte allerdings nicht lange und Akira kündigte sich für einen Besuch an. Auch wenn er sich eigentlich bis zur Hochzeit gedulden wollte, musste er einfach Kaya sehen. Und das Haruko, die Kammerfrau von ihr, auch bereits mit der Bitte, Kaya zu treffen, zu ihm gekommen war, kam ihm gerade recht. Er wollte wissen, ob es für sie akzeptabel war, ihn zu heiraten. Sollte sie es absolut nicht wollen, würde er den Antrag natürlich sofort zurückziehen, denn er wollte sie nicht bedrängen und zu irgendetwas zwingen. Nun ging er allerdings ungeduldig im Garten auf und ab und sah immer wieder zur Tür, durch die ihre Kammerfrau verschwunden war, um sie zu holen. Als er sich bereits wieder umdrehte, hörte er die Tür und sah sofort dorthin. Kaya trat mit schüchternen Schritten auf den kleinen Gang und Akira war sofort zur Stelle, um ihr die Hand zu reichen, damit sie in die auf dem Boden stehenden Getas schlüpfen konnte, um ihre Tabi nicht zu beschmutzen. Während er sie dabei beobachtete, fiel ihm wieder auf, wie zerbrechlich und zart sie eigentlich war, was man bei den Kimonolagen nicht sehen konnte, doch ihre Hand und ihr dünner Arm ließen vermuten, dass der Rest ihres Körpers genauso war. „Ich danke Euch…“, hörte er die leise Stimme sagen und er lächelte sie an. „Wie geht es dir, Kaya-chan?“, fragte er und Kaya hob nun endlich den Kopf. //Sie ist so wunderschön…//, schoss es ihm durch den Kopf und er schluckte etwas, hörte dann erneut ihre Stimme, dieses Mal ein wenig deutlicher. „Ich… Ich muss zugeben, dass ich noch immer ein wenig verwirrt und überrumpelt bin wegen Eurem Antrag.“, antwortete sie dann und ging mit ihm durch den Garten. Akira schmunzelte etwas und verbeugte sich entschuldigend. „Verzeiht mir, dass ich es so plötzlich getan habe, aber ich… Nachdem ich erfahren hatte, dass Sachi no kimi die Frau des Shoguns werden sollte, konnte ich nicht mehr warten… Ich musste es einfach tun. Zu groß war die Gefahr, dass jemand anderes Eure Schönheit entdeckt und besitzen will.“, gab er zu und bemerkte ihren überraschten Gesichtsausdruck. „Ich wollte nicht, dass Euch jemand bekommt, für den Ihr zu schade wärt und glaubt mir, in diesem speichelleckenden Palast gibt es so einige.“ „Woher wollt Ihr wissen, dass es nicht doch jemanden gibt, der besser ist als Ihr?“, fragte Kaya nur und der Kommandant lächelte. Er beugte sich über einen Strauch und schnitt mit seinem Dolch eine Blume ab, steckte sie Kaya vorsichtig ins Haar. „Weil es niemanden gibt, der Euch so sehr verehrt wie ich. Ich werde alles für Euch tun und Euch jeden Wunsch erfüllen. Allerdings…“ Er drehte sich zu ihr und sah sie erneut an. „Ich würde Euch nur heiraten, wenn Ihr es auch wollt. Ich zwinge niemandem zu seinem Glück und wenn es Euch zuwider ist, akzeptiere ich das, wenn auch mit schwerem Herzen.“ Kaya schüttelte den Kopf etwas und strich mit ihren Fingern vorsichtig über die Blume. „Nein… Ich fühle mich sehr geehrt, dass ich diejenige bin, die Ihr erwählt habt und ich nehme es sehr gerne an.“, antwortete sie und das Lächeln, dass sie ihm schenkte, gab ihm das Gefühl, dass sein Herz platzte vor Freude. „Ich danke Euch für diese Antwort. Ihr wisst nicht, wie viel mir das bedeutet.“ Er verbeugte sich tief und ging mit ihr weiter, freute sich noch immer über ihre Antwort. Nachdem Seiimei beschlossen hatte, Sachi als Nebenfrau zu nehmen, war er sich unsicher gewesen, ob es richtig war, Kaya diesen Antrag zu machen, immerhin war sie Sachis Oberste Kammerfrau und stand ihr dementsprechend auch nahe. Er wollte nicht, dass die beiden sich dadurch voneinander entfernten. „Weiß Sachi no kimi davon?“, fragte Kaya nun doch leise, aber Akira schüttelte den Kopf. „Noch nicht. Der Shogun und ich hielten es für angemessen, erst mit Euch zu reden, bevor sie es erfahren sollte.“ Er sah sie nicken und merkte, wie sie darüber nachdachte. „Ich… Sie soll es wissen, es wäre nur richtig. Bitte… Lasst ausrichten, dass ich nicht möchte, dass sie deswegen schlecht von mir denkt.“, antwortete sie schließlich und er nickte verständlich. „Natürlich. Das wird berücksichtigt. Die Hochzeit wird in einem Monat stattfinden. Ich hoffe, ich kann Euch bis dorthin noch öfters sehen?“ Akira sah, wie sich ein roter Schimmer auf ihre Wangen legte und hätte sie am liebsten gefressen, so süß wie sie war. Kaya nickte und ließ sich von ihm zum Gebäude zurückführen, verbeugte sich und verschwand im Inneren. Akira seufzte leise auf und versuchte, sein Herz zu beruhigen. So etwas hatte er noch nie gespürt… Es gab ihm das Gefühl, im Himmel zu schweben und er konnte den Hochzeitstag und die dazugehörige Nacht kaum abwarten. * * * Auch jemand anderes war an diesem Tag sehr aufgeregt. Kaoru, Seiimeis Bruder, saß mit strahlenden Augen über einem Brief und lächelte schließlich fast selbstzufrieden. Der Kaiser hatte die nötigen Vorbereitungen getroffen, um Kaoru den Putsch in Edo zu ermöglichen und zu erleichtern. Endlich hatte er Gelegenheit, sich an Seiimei zu rächen und die Macht an sich zu reißen… Dann konnte er dieses schreckliche Balg auch unschädlich machen, das sein Bruder neuerdings als kleines Haustier hielt. Er war von niederer Geburt und wurde in feinste Seide gehüllt, um Ukifune zu ersetzen und so zu tun, als wäre er das neue Frauchen an der Seite seines Bruders. Noch dazu war er sein Leibwächter, auch wenn das viele nicht sahen. Doch Kaoru entging es nicht, dass Hiko unter seinen Kimonoschichten einen Dolch trug und immer wachsam in seiner Gegenwart war, jederzeit bereit, sich vor ihn zu werfen, sollte ihm etwas zustoßen. Und wenn er die Gerüchte des Palastes richtig deutete, machte das Gör neuerdings auch die Beine für ihn breit… Kein Wunder wollte Ukifune mit ihm zusammenarbeiten. Hiko hatte sie von ihrem Platz verdrängt und das passte ihr natürlich gar nicht. Kaoru hatte ihr zugesichert, sollte er den Rang des Shogun erlangen, wenn er seinen Bruder beseitigt hatte, dass sie in den Rang der Ersten Ehefrau zurückerhoben wird und an seiner Seite regieren würde. Nur für Hiko musste er noch einen passenden Platz finden. Er wollte ihn nicht töten… Aber die Bordelle in Yoshiwara* brauchten immer frische Ware und dadurch konnte er auch nichts gegen ihn unternehmen. Hiko war allein, ohne Seiimei war er ein Nichts. Und das Leben in Yoshiwara würde ihn bald züchtigen. Kaoru grinste bei dem Gedanken und überließ den Brief einem kleinen Feuerbecken, um alle Hinweise zu vernichten. Er würde sie alle zerquetschen, wie kleine Fliegen…. Lediglich die Art, wie er Seiimei verschwinden lassen wollte, bereitete ihm noch Kopfzerbrechen, aber auch dafür würde er bald eine Lösung finden. * * * Seit Tagen hielt Seiimei Hiko auf Abstand und nahm ihn nicht mehr zu jedem Empfang mit, obwohl er sein Leibwächter war und auf ihn aufpassen musste. Den Frust ließ r im Dojo heraus, doch er verstand die Haltung des Shogun nicht. Hatte er etwas falsch gemacht? Nach der Nacht, in der Seiimei bei ihm gewesen war und mit ihm geredet hatte, war es ausgesprochen wortlos zwischen ihnen geworden. Seiimei gab ihm nur noch knappe Befehle und hatte ihn nicht mehr auf die Nacht angesprochen. Hiko hatte sich darüber sehr viele Gedanken gemacht und musste dem Shogun in allem, was er sagte, zustimmen, aber er konnte sich nicht vor ihm entblößen. Er war sein Untergebener, sein Diener… Doch was für ihn gerade noch schlimmer war als das Schweigen zwischen ihnen, war die Ankündigung Seiimeis, dass er heute Nacht Sachi besuchen würde und das verletzte ihn noch mehr. Sein Egoismus drang dabei durch und er ertappte sich bei dem Wunsch, an Sachis Stelle zu sein. Er wollte nicht, dass Seiimei zu ihr ging, der Gedanke allein ließ ihn schon wütend werden, aber er konnte daran nichts ändern. Er war der Shogun und er hatte jedes Recht darauf und vor allem auch die Pflicht. Erschöpft von seinem Training wusch er sich erst einmal ausgiebig und zog sich in sein Gemach zurück und wollte gerade nach den Dienern rufen, damit sie ihm halfen, die Kimonolagen anzuziehen, als ihm ein kleiner weißer Stapel neben seiner Bekleidungstruhe auffiel. Leicht runzelte er die Stirn und ging darauf zu, bemerkte einen Brief. Vorsichtig faltete er ihn auseinander und erkannte sofort Seiimeis Handschrift. »Zieh es an und komm in mein Gemach.« Hiko zog eine Schnute angesichts des Befehlstons, fügte sich aber und zog sich den leichten Kimono an. Kurz blickte er noch einmal in den kleinen Spiegel und öffnete dann langsam die Verbindungstür zwischen Seiimeis und seinem Zimmer, ließ sich sofort auf den Boden sinken und verbeugte sich tief. „Ah… Da bist du ja.“ Er sah langsam auf und sah Seiimei neben seinem Futon sitzen, erschauderte bei seiner Stimme und seinem Anblick. „Komm her, Hiko-chan.“ Er stand auf und kam zu ihm, atmete tief durch. “Du bist verstimmt, das sehe ich dir an. Es liegt an Sachi no kimi, nicht wahr? Das fauchende Kätzchen macht sich wieder bemerkbar. Und egoistisch ist es auch noch. Was für ein anstrengendes kleines Tierchen habe ich mir da nur angelacht.“ Der Shogun schmunzelte etwas und strich durch Hikos Haar, glitt über seine Wange. „Deine Sachen, die du trägst, trägt auch Sachi, wenn sie auf mich wartet**. Du sollst wissen, dass ich nur körperlich bei ihr bin…“ Hiko sah zu ihm auf und biss sich auf die Lippen. Nur körperlich war schon zu viel für ihn. Sein Kinn wurde angehoben und er sah ihn Seiimeis grüne Augen. „Bevor ich aber zu ihr gehen werde, habe ich beschlossen, dich zu genießen.“ „Mich… genießen?“ Verwirrt sah er ihn an, brauchte eine Weile, bis er verstand und wurde dann hochrot. „Ich… also… Ich weiß nicht, ob-“ „Das tust du. Ich sehe es dir an. Seit ich damals mit dir geredet habe in der Nacht…“ Der jüngere wurde nur noch röter und biss sich auf die Lippen. Natürlich hatte er daran gedacht, aber war niemals auf die Idee gekommen, dass es jemals passieren würde. Sanft wurde er von Seiimei auf den Futon gedrückt und er spürte seine Finger, wie sie den leichten Kimono entlang strichen und mit dem lose gebundenen Obi spielten, ehe er die Lippen auf sich spürte. Leicht schnappte er nach Luft und brauchte ein wenig, bis er den Kuss dann doch schüchtern erwidern konnte. Es war lange her, dass er jemanden geküsst hatte und es war sowieso das erste Mal, dass ein Mann ihn küsste. Er spürte die Zunge seine Lippen entlanggleiten, teilte sie etwas und wurde nun doch lockerer. Er fühlte Seiimeis Gewicht auf sich und erschauderte etwas dabei. „Entspann dich, kleines Kätzchen. Entspann dich und genieße. Den Rest mache ich.“, wisperte der Shogun in Hikos Ohr und leckte es entlang, was einen gewaltigen Schauder durch seinen Körper schickte. Erneut küsste Seiimei ihn und dieses Mal reagierte Hiko offener, erwiderte den Kuss fast sofort und als er die Zunge an seinen Lippen spürte, teilte er sie und ließ sie ein. Als der Größere seine Zunge anstupste, hatte er das Gefühl, ein Stromstoß würde durch seinen Körper fahren und vorsichtig ging er darauf ein. Wieder merkte er, wie Seiimeis Hände seinen Kimono entlangstrichen und begannen, seinen Obi zu lösen. Langsam schloss er die Augen und ließ sich fallen. ____________________________________________________________________________________________ Jaja, was lange wärt, wird gut... oder so. Ich entschuldige mich hiermit für das verspätete Kapitel, aber in den letzten Monaten hat mich weder die Muse geküsst noch irgendwie angestubst. :/ Aber anyway, das Kapitel ist da und das nächste ist schon in Arbeit. Viel Spaß beim Lesen! :) Musik: - Takarazuka Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)