Von Dämonen, Monstern und Geistern von Pumpkin_Queen (Herbstspiele) ================================================================================ Kapitel 1: Daemonicon --------------------- Die letzten Tage des Sommers waren angebrochen und Mutter Natur schien kein Erbarmen zu kennen. Die Luft war trocken und heiß. Maria hatte zwar auf gutes Wetter gehofft, aber das war selbst für die junge sommersüchtige Lehrerin zu viel des Guten. Seufzend musterte Maria Baumann ihre Schüler, die über all auf dem Marktplatz der Altstadt herumstanden. Eigentlich sollte dieser Tagesausflug dazu dienen, die Klassengemeinschaft zu stärken und für einen größeren Zusammenhalt untereinander sorgen. Doch irgendwie ging ihr Plan nicht ganz auf. Kaum hatten sie die Besichtigung der alten Stadt hinter sich gebracht und waren auf dem Marktplatz angekommen, schon bildeten sich die ersten Gruppen! Auf der einen Seite des Platzes tummelten sich einige Schüler auf der Treppe, die zum Rathaus hinaufführte und sonnten sich im Licht der grellen Sonne. Die meisten von ihnen waren von Anfang an nur unter Protest mitgekommen und sonnten sich auch in der Schule im Schein des puren Desinteresses. Auf der anderen Seite des Geländes saßen einige der beliebteren Schüler vor einem kleinen Café und beschwerten sich über das unerträgliche Klima der letzten Sommertage und das nervige Betragen einiger Kinder, die laut lachend durch den Brunnen rannten, der das Zentrum des Marktplatzes bildete. Maria erinnerte sich noch gut daran, wie sie selbst im Alter von zehn Jahren durch den Brunnen gelaufen war um sich abzukühlen. Nur wenige Schüler nutzen die Möglichkeit zwischen den Marktständen herum zu laufen und zu shoppen. All das war kein Problem für die junge Pädagogin, immerhin lief es auf Ausflügen immer so. Aber es gab zwei Dinge, die ihr in diesem Moment wirklich Sorgen bereiteten. Das eine war eine Gruppe von drei Jungs – Markus, Paul und Patrick – die schon seit dem Kindergarten die besten Freunde waren und seit her auch als die größten Unruhestifter galten. Die Drei nutzten jede Gelegenheit um anderen einen Streich zu spielen oder sich 'ihre Langeweile zu vertreiben', wie sie es nannten. Und das Zweite, was Maria sorgen machte, war ein Mädchen, welches einsam und alleine am Brunnenrand saß und still vor sich hin blickte. Ihr Name war Alea, sie war nett und fleißig, hatte aber auch ihre Probleme damit, Anschluss an andere Mitschüler zu finden. Maria hatte die Befürchtung, dass Markus, Patrick und Paul die nächstbeste Gelegenheit nutzen und dem Mädchen einen Streich spielen oder irgendwie anders in Schwierigkeiten geraten würden. Sie konnte nicht ahnen, wie Recht sie mit ihrer Befürchtung haben sollte. Denn als die Jungs bemerkten wie ihre Lehrerin auf Alea zu trat und versuchte das blonde Mädchen in ein Gespräch zu verstricken, sahen die drei ihre Chance gekommen! Langsam näherten sie sich den beiden bis nur noch wenige Meter sie trennten. Markus visierte sein Ziel an. Eine kleine Tasche aus dunklem Leder, die Alea immer mit sich herum trug und die gerade neben ihr auf dem Boden lag. Er nickte seinen beiden besten Freunden zu. „Auf drei. Und vergesst nicht was wir geplant haben.“ Es dauerte nur wenige Augenblicke. Plötzlich sprang Patrick auf Alea zu, griff sich die Tasche und stieß das überraschte Mädchen in den Brunnen. Mit weiten Schritten rannte er über den Marktplatz. Aus den Augenwinkeln sah er noch, wie Alea sich aus dem Wasser erhob und ihm hinterher eilte. Lachend warf er die Tasche über eine kleine Menschenansammlung, hinter der Markus wartete. Dieser fing sie auf und reichte sie im Sprint an Paul weiter. In einer schmalen Seitengasse kamen die Drei wieder zusammen. Sie hatten es geschafft Alea im Gedränge, das zwischen den Ständen geherrscht hatte, abzuschütteln. „Worauf wartest du, Mann! Mach das blöde Ding auf!“ Das lies Paul sich nicht zweimal sagen. Hastig öffnete er die Schnalle, die die Tasche geschlossen hielt. Vorsichtig drehte er sie um und ließ den Inhalt herausfallen. „Ist das alles?“ Patrick ging in die Hocke und schaute sich die Sachen genauer an. Vor ihm lagen ein altes Sturmfeuerzeug, ein schwarzes Notizbuch, eine schmale Holzschachtel, einige alte Einkaufzettel und diverse Bonbon- und Kaugummipapiere. Eigentlich hatte er mehr erwartet. Immerhin passte die Blonde immer wie ein Luchs auf diese Tasche auf. Nicht mal eine Kamera mit peinlichen Schnappschüssen war dabei. „He, vielleicht ist das ja ihr Tagebuch! Und darin stehen all ihre Geheimnisse!“ Patrick horchte auf. „Meinst du echt, Paul?“ „Klar! Und was glaubst du, was wir alles damit machen könnten, Pat!“ Lachend griff Paul nach dem Buch und schlug es auf. Abwartend betrachtete Patrick seinen Freund und wartete gespannt auf dessen erstes Urteil. Gedanklich malte er sich schon aus, wie blöd Alea schauen würde, wenn die Drei einige Seiten mitten auf dem Marktplatz vorlesen würden! Doch als er sah, wie Paul sein Gesicht verzog, ahnte er schon: Dieses Buch war auch ein Reinfall. „Notizen zum Unterricht.“ Paul spuckte den Satz beinahe schon aus, als wäre es ein verschimmeltes Stück Brot. Patrick lies den Kopf hängen. „Hey, Markus. Das war ja mal ein Reinfall. Markus, hörst du mir zu?“ Markus reagierte nicht auf Patrick. Seine ganze Aufmerksamkeit hing an der Schatulle. Sanft strich er über den Deckel und hob ihn an – er hatte das Gefühl, was auch immer er in dieser Holzschachtel finden sollte, es würde sein ganzes Leben verändern. „Markus?“ Ein dunkler Schatten legte sich über seine blauen Augen als er nach einer kleinen Figur griff, die in der Schachtel lag. Sie sah aus wie die Spielfigur eines Fantasie-Spiels; ein Tiger mit dämonisch roten Augen. Als Paul seine Hand auf Markus Schulter legte, spürte er einen brennenden Schmerz durch seinen ganzen Körper zucken. Erschrocken wich er zurück. Hektisch blickte Alea sich um. Überall standen und liefen Menschen und unterhielten sich miteinander. Doch so sehr Alea sich auch anstrengte, sie konnte die drei Jungs nicht sehen. So hatte sie sich die letzten Tage des Sommers nicht vorgestellt! Eigentlich wollte sie auf dem Klassenausflug nur das warme Wetter genießen und nach dem Stadtrundgang ein Eis kaufen. Und vielleicht noch das eine oder andere Souvenir für ihre Familie. Und hätte man ihr nicht ihre Tasche gestohlen, wäre der Tag auch genauso abgelaufen. Tief atmete Alea ein und schloss ihre Augen. Sie musste sich konzentrieren und ihre Tasche finden, bevor etwas schlimmes passierte. Sie versuchte alle Geräusche aus ihrer Umgebung zu ignorieren bis sie nur noch ihren eigenen Herzschlag hörte. Kurz verharrte sie in diesem Zustand. „Scheiße, Mann! Was ist hier los?“ Zitternd lehnte Patrick sich an die Wand hinter ihm. Sein entsetzter Blick war auf Markus gerichtet, der direkt vor ihm stand. Paul hockte neben ihm und versuchte verzweifelt seinen Arm aus Markus griff zu befreien. Der Schmerz stand ihm ins Gesicht geschrieben. „Markus beruhige dich! Was ist denn in dich gefahren?!“ Langsam verzog sich Markus Gesicht zu einer grinsenden Fratze. Die leere Holzschachtel lag vor seinen Füßen. „Ich bin Daemonicon...“, seine Stimme war nur noch ein Flüstern während er auf Patrick zuging. Den vor Schmerzen schreienden Paul zog er hinter sich her. Patrick wollte abhauen, doch der Blick aus den kalten blauen Augen seines durchgedrehten Freundes schienen ihn zu hypnotisieren. Patrick bemerkte nicht einmal den dunklen Nebel der von Markus rechter Hand auszugehen schien. Mit Schwung holte Alea aus und schlug Markus nieder. Mit einem dumpfen Aufprall landete der Sechzehnjährige auf seinen Knien. Alea blieb nicht stehen und griff die Holzschachtel vom Boden auf. Schnell wischte sie den gröbsten Schmutz von den ins Holz eingearbeiteten Lederstücken. Das Schuppenmuster der Lederstücke schien sich unter ihren Berührungen zu bewegen. Es war, als würde man eine Schlange durch fünf kleine Fenster beobachten. Alea richtete die Öffnung auf Markus, der sich zu ihr Umdrehte. Ein lautes Knurren entwich ihm. „Sie haben dich bestohlen. Dafür müssen sie bestraft werden“, zischte er ihr zu. „Aber nicht von dir. Zurück in die Schatulle!“ Laut hallte der Befehl an den schmutzigen Wänden der Gasse wieder. Markus lies Pauls Arm los, der sich sofort mit zittrigen Knien erhob und zu Patrick stolperte. Beide starrten auf die surreale Situation vor ihnen. Sie sahen, wie Markus etwas in die Schachtel fallen lies. Alea schloss die Schachtel. Markus hatte das Gefühl aus einem schlimmen Alptraum aufzuwachen. Er erinnerte sich an alles. Daran, wie er beinahe seine eigenen Freunde umgebracht hätte und an die Stimme... Die Stimme, die ihm immer und immer wieder sagte, dass Markus und seine Freunde es nicht verdienten zu Leben... „Wie kann man nur so dumm sein und einen Dämonen frei lassen. Ihr könnt von Glück sprechen, dass ich euch gefunden habe, bevor Daemonicon euch umbringen konnte!“ Wütend packte Alea ihre auf dem Boden verstreuten Sachen wieder ein. „W-was war das gerade? Und was-“ „Ein Dämon hat Besitz von dir ergriffen, Schlauberger! Du solltest dich lieber dafür bedanken, dass ich euch den Hintern gerettet habe!“ Daemonicon war der Grund, warum Alea sich von anderen Menschen fern hielt. Seit sie vor zehn Jahren diese Figur gefunden und Daemonicon leichtfertig das Versprechen gegeben hatte, seinen neuen Meister zu finden, war jeder der ihr etwas Unrechtes tat in Lebensgefahr. Ob diese Person es nun aus Berechnung oder aus Versehen tat, spielte für Daemonicon keine Rolle. Alea blickte zu Markus, sie konnte sich nur vorstellen wie es sein musste, von einer Bestie wie dem Tigerdämonen besessen zu sein. Beinahe hätte er mit der größten Schuld leben müssen, die sich Alea vorstellen konnte. Mit der Schuld seine Freunde umgebracht zu haben... Und all das nur, weil er Alea einen harmlosen Streich spielen wollte! „Am besten ihr vergesst, was gerade passiert ist.“ Alea ging langsam zurück zum Markt. „Vergesst die Schatulle, vergesst Daemonicon und alles was damit zu tun hat. Vergesst es und genießt die letzten Tage des Sommers.“ Sie war sich sicher, dass ihr Vater dafür sorgen würde, dass die drei sich Morgen an nichts mehr erinnern konnten. So wie er es immer getan hatte, wenn Daemonicon seiner Meinung von 'Gerechtigkeit' Ausdruck verleihen wollte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)