A Lost Starlight von Ryuu-chan (Seiya x Usagi) ================================================================================ Kapitel 2: Kapitel 2 - Verlassen -------------------------------- Und auf ein Neues! Ich gebe zu, der Zeitsprung war gemein. Aber nehmt ihn mir nicht übel – alles wird sich aufklären. Ab dem Ersten Kapitel geht es quasi nur noch chronologisch weiter. Der „Prolog“ war natürlich kein solcher, sondern ein Ausblick. Die Story wird selbstverständlich auch über diesen hinaus gehen. Bitte habt noch ein wenig Geduld. Jetzt jedenfalls fangen die interessanten Geschehnisse an. ;-)  Lasst euch bitte in den Anfängen des Kapitels nicht beirren… *hust* Ohne zu viel zu verraten: Im Verlauf werden Seiyas und Bunnys Gefühle füreinander deutlicher. Ich hatte die Befürchtung, dass das vermisst wird… *hust* ;-) Viel Spaß wünsche ich euch! P.S.: Warum denke ich bei Ryoku nur ständig an Prince Charming von Shrek?! Kapitel 2 – Verlassen „Meine Finger…“ maulte Usagi und blickte mit nassfeuchten Augen auf die unzähligen Pflaster an ihren geschundenen Händen. „Du solltest die Blumen doch nur gießen, Usagi.“ Makoto legte ihrer Freundin bemitleidend lächelnd eine Hand auf die Schulter. „Das verheilt schon wieder.“ „Meinst du?“ schluchzte die Angesprochene leise und natürlich völlig übertrieben. Warum mussten so herrliche Blumen nur so grässliche Stacheln haben? Minako griff ihre Schultasche und erhob sich von ihrem Platz. „Sei froh, dass Rei nicht hier ist. Sie würde nur sagen…“ Das blonde Mädchen verstellte die Stimme, als sie die Tempelschönheit nachahmte. „Dummes Fleisch muss weg, Weichbirne.“ Zustimmend lachten die anderen und mischten sich unter die Schüler, die den Raum nach einem anstrengenden Tag voller Vorbereitungen verließen. Usagi schmollte noch einige Augenblicke, stand schließlich auf und suchte ihre Sachen zusammen. Pflanzen waren einfach nicht ihre Stärke. Als sie sich zum Gehen wendete, glitt ihr Blick auf das verlassene Pult hinter ihr. Sie verharrte in der Bewegung und blieb stehen. Seit über anderthalb Jahren war dieser Platz nun schon unbesetzt. Seit Seiya gegangen war. Geistesabwesend strich sie mit den Fingern ihrer freien Hand über die hölzerne Tischplatte. Seltsam, dass er ihr gerade heute auffiel, lediglich anfangs hatte sie der Anblick des  Möbelstücks durch die Assoziation mit dem Abschied einer vermissten Person tieftraurig gestimmt. Irgendwann, als der Alltag endlich wieder eingekehrt war, wurde auch der Tisch wieder belangloser, kehrte in das Dasein eines normalen, unbelebten Gegenstandes zurück. Ein trauriges Lächeln umspielte Usagis Lippen bei diesem Gedanken. Ja, die Zeit in der Schule war kurz, aber schön und unvergesslich gewesen. Ihre Freundinnen und die drei Jungs hatten schnell zusammen gefunden und vieles erlebt. Seiya, Yaten und Taiki waren ein Teil von allem geworden und schmerzlich stellte sie fest, dass der kommende Abschluss eigentlich auch der, der drei war. Nur leider konnte sie diesen Tag nicht mit ihnen zusammen feiern. Wahrscheinlich hatten ganz andere Dinge für sie momentan höhere Priorität – und das war sicherlich kein Abschlussfest. Während sie gedankenversunken die Tischplatte anhob, entfuhr ihr ein Seufzen. So viel hatte sich in der Zwischenzeit geändert. Sie bemühte sich, jedenfalls nicht ständig, zu spät zu kommen und hatte irgendwie sogar die Abschlussprüfungen gemeistert. Selbst ihren Radiergummi brachte Usagi jetzt immer mit zur Schule, den sie sich zuvor stets bei Seiya geborgt hatte. Das blonde Mädchen stutzte, als sie im Inneren des Tisches etwas entdeckte. Nicht, dass sie damit gerechnet hätte, aber als ihre Finger zwischen jeder Menge Staub behutsam ein paar getrocknete, dunkelrote Rosenblätter befühlten, machte ihr Herz einen kleinen Satz. „Usagi?“ Die Angesprochene blickte auf und fühlte sich zweifellos ertappt, als Ami durch die Klassenzimmertür in den nun verlassenen Raum spähte, in dem sich nur noch Usagi befand. Mit einem sehr geräuschvollen Knall klappte die Platte plötzlich wieder hinunter und entlockte den beiden Mädchen einen erschrockenen Laut. „Was tust du denn noch hier? Die anderen warten schon.“ „Ja.“ Heimlich rutschte eine Hand hinter Usagis Rücken. „Ich komme, Ami.“ Zügigen Schrittes folgte sie ihrer zwar tadelnd aber nichtsdestotrotz freundlich blickenden Freundin nach draußen. Sie musste sich sowieso ein wenig sputen. Heute Abend war sie mit ihrem Freund verabredet. Sie hatten schon lange keine Zeit mehr in Zweisamkeit verbringen können, da er immer mehr und mehr in der Uni und in der Klinik arbeitete. Usagi warf noch einen letzten Blick über ihre Schultern auf das Pult, ehe sie den Raum endgültig verließ und mahnte sich selbst zur Disziplin. Sie hatte allen Grund glücklich zu sein und sollte nicht Trübsal blasen. Alles war endlich  so, wie es immer hätte sein sollen. Und doch trug Usagi den Inhalt ihrer Hand stillschweigend bis nach Hause. --------------------------------------------------------------------------------- Der tosende Applaus unzähliger Besucher schwappte einer Welle gleich durch die gigantische Arena und machte so die Stimmung fast greifbar. Glitzernde Papierfetzen, Luftschlangen und wild geformte Luftballons hingen in der Luft und tanzten ihren eigenen Tanz über den Darbietungen im Zentrum des neuen Bauwerks, das in vielen bunten Lichtern in der Nacht erstrahlte. Hoch oben über den Rängen thronten gewaltige, festlich geschmückte Balkone, von denen aus Fighter eine atemberaubende Aussicht hatte, die sie momentan jedoch herzlich wenig interessierte. Sich plötzlich unwohl und deplatziert fühlend fragte sie sich, warum um der Götter Namen sie doch hier her gekommen war. Sie hasste ihre jüngere Schwester für das schlechte Gewissen, das sie hier hin getrieben hatte und das vor allem auf Makers Mist gewachsen war. Leise aufstöhnend stützte sie sich auf die Lehne des großen Stuhles, auf dem sie saß und ließ ihre Blicke durch die nähere Umgebung schweifen. Sie war umgeben von Menschen, die sie tagtäglich schon genug Nerven kosteten und natürlich hatte man sie prompt als prominentes Mitglied der königlichen Leibwache identifiziert. Einzig ihrem Begleiter war es zu verdanken, dass sie hier oben, weitab dem Gedränge im unteren Teil der Arena, ein wenig mehr Freiraum hatten. Sie sah verstohlen herüber zu Ryoku, den sie noch vor wenigen Stunden mit ihrem plötzlichen Sinneswandel völlig überrascht hatte. Sie hätte blind sein müssen, um die Freudenstrahlen in seinen Augen nicht zu erkennen. „Darf ich etwas anbieten?“ Fighter schreckte von ihrer bequemen Sitzposition hoch und nahm dankbar einen der ihr auf einem Tablett angebotenen Becher. Die Bedienung lächelte freundlich und zog weiter. „Alles in Ordnung?“ rief Ryoku ihr zu und kämpfte, genau wie alle anderen Anwesenden, mit lauter Stimme gegen die noch viel lautere Umgebung. Ohne ihn anzusehen nickte sie und besiegelte ihre Lüge mit einem großen Schluck der roten Flüssigkeit aus ihrem Trinkgefäß. Zufrieden stellte sie den Alkohol darin fest und fand sofort Gefallen daran. Es war lange her, seit sie sich das letzte Mal diesen Luxus gegönnt hatte. „Sicher?“ Ryoku hatte sich etwas näher zu ihr gebeugt, wohl damit sie ihn besser verstehen könnte. Unmerklich lehnte sie sich dabei jedoch in die entgegengesetzte Richtung. „Ja, doch.“ antwortete sie irritiert und erwiderte seinen Blick. Ryoku, musste sie sich eingestehen, war wirklich in Ordnung. Er war aufrecht, ehrlich und meistens auch sehr höflich. Wenn er sie nicht gerade zu irgendetwas überredete, das sie eigentlich gar nicht wollte. Der muskulöse Mann neben ihr war kein Unbekannter im Reich der Prinzessin. Gemeinsam mit Fighters beiden Brüdern war er einer der wenigen überlebenden Krieger, die ihren Heimatplaneten nicht verlassen und sich tapfer gegen die Feinde gestellt hatten, auch wenn ihr Kampf damals noch so aussichtslos gewesen war. Ein großes, edles Schwert an seiner Seite, das für Tapferkeit und Mut stand, war nun Beweis für seine noblen Taten. Kakyuu hatte es ihm in jenen Tagen persönlich überreicht. Plötzlich wurde es schlagartig dunkel um sie herum und die Menge begann zu tuscheln. „Was ist denn jetzt los?“ raunte Fighter mehr zu sich selbst und beugte sich nach vorn, um eine bessere Sicht zu erhaschen. Der seidene, blutrot gefärbte Stoff der sie kleidete, entblößte dabei eine ihrer Schultern. „Schau.“ Ryokus ausgestrecktem Arm folgend erspähte sie die beginnende Darstellung. Feuerwerk stob auf und eingehüllt in Rauch und Musik donnerten die Schauspieler ins Zentrum des Geschehens. Es war eine tragische und schmerzhafte Geschichte, die sie erzählen wollten. Hunderte von Akteuren boten ihren Zuschauern in den nächsten Stunden in farbenprächtigen und natürlich maßlos übertriebenen Gesten und Texten, ein kunstvoll inszeniertes Kriegsspektakel dar, das sich vor wenigen Jahren noch genau hier, auf dem neuen Fundament der großen Arena wahrhaftig abgespielt hatte. Hier und da schmunzelte sie ob der offenen Erzählung und Interpretation, als dann aber die Kriegshelden der Geschichte präsentiert wurden, da musste sie laut auflachen. Mit ihr Ryoku, denn dort unten wurden gerade sie dargestellt. Man hatte sogar versucht, ihnen gewisse Ähnlichkeiten zu geben. Tief ausatmend wischte sich Fighter eine kleine Träne aus dem Gesicht, als das Stück zum Ende gekommen war und die Besucher aus dem Gebäude strömten. Sogar den in diesem Stück nicht thematisierten Nebenschauplatz, die Erde, hatte sie über dieses gewaltige Spektakel zumindest für diesen Moment vergessen. „Wann habe ich eigentlich…“ Sich von ihrem Platz erhebend unterbrach sie sich selbst. Dass der Alkohol seine Wirkung nicht verfehlt hatte, zeigte sich an ihrem Schwanken. „…das letzte Mal so gelacht?“ beendete ihr Begleiter den Satz. Erstaunt blickte Fighter ihn an. „Ich wusste doch, dass du es noch kannst.“ setzte Ryoku schmunzelnd fort, stand ebenso auf und bot der Frau neben ihm seinen entblößten Arm. Das Hemd mit dem hoch geschlossenen Kragen ließ alles ab den Schultern unbedeckt. Ihr Lächeln verschwand langsam. Auch wenn er wohl Recht hatte und sie sich tatsächlich nicht daran erinnern konnte, wann sie das letzte Mal mit ganzem Herzen gelacht hatte, so gab sie ihm noch nicht das Recht, so mit ihr zu sprechen. Gekonnt ignorierte sie seine höfliche Geste und Schritt an ihm vorbei. „Das solltest du dir aber nicht auf deine Rechnung schreiben, Ryoku.“ entgegnete sie dabei spitz. Doch der zurückgelassene Mann lächelte nur versöhnlich und strich sich durch die kurzen, aschblonden Haare während er sich hinter sie setzte. „Sho-, Fighter.“ rief er. „Trotzdem musst du mit mir tanzen. Weil du das Kleid nicht trägst.“ Ihre rechte Augenbraue hob sich. Er konnte es einfach nicht lassen. Unter normalen Umständen hätte sie ihn ohne Umschweife in die sieben Höllen befördert, heute jedoch fiel es ihr leichter eine Ausnahme zu machen. Warum sollte sie eigentlich nicht, es sprach nichts dagegen. Ihr Stillschweigen musste Ryoku wohl als Zustimmung aufgefasst haben, denn irgendwann griff er im Gewühl bestimmt ihren Arm und führte sie auf den mächtigen Vorplatz des Gebäudes. Ein rauschendes Fest war gerade dabei zu beginnen. „Na?“ Ryoku blieb stehen machte eine einladende Geste, die das Spektakel vor ihnen einschloss. Doch Fighter sah sich nur in der Lage dazu, die abertausenden, bunten Lichter und Laternen zu bestaunen, die hoch über ihnen den Platz erleuchteten. Sogar ein Papierdrache schwebte über ihnen. Sie fühlte bei diesem Anblick plötzlich, wie sich ihr Herz zusammenzog, so als ob es von einer namenlosen Sehnsucht erfasst worden war. Ob der Alkohol diesen Eindruck nur verstärkte, oder ob er ihn gar auslöste, konnte sie nicht benennen. Und ehe sie sich versah, wurde sie von Ryoku, dem Fest und den Menschenmassen in die Nacht mitgerissen. Eine ganze Weile später wusste Fighter nicht mehr, wie viel Zeit vergangen war, als sich die immer kleineren Trauben von Besuchern schließlich vollends aufzulösen begannen. Barfuß, lachend, mit den Schuhen in den Händen und recht betrunken schlenderte sie durch die Straßen Tankeis. Neben ihr der ebenso barfüßige Ryoku, der all seine Mühen hatte, sich ob seines nicht mehr ganz nüchternen Zustandes gleichzeitig auf den Beinen zu halten und dabei auf seine Begleitung zu achten. „Hat dir gefallen, stimmt’s?“ Ryoku versuchte hörbar nicht zu nuscheln, seine Stimme verriet ihn jedoch dabei. „Mhm.“ bejahte die Gefragte und musste an die vielen Menschen denken, die sich berauscht der Musik und dem Tanz hingegeben hatten. Es war ganz so, als hätten sie sich die Trauergewänder der vergangenen Jahre abgestreift, um sich endlich wieder lebendig zu fühlen. Vielleicht war auch sie aus diesem Grund hier. „Danke.“ fuhr sie fort und sah Ryoku an. „Es war mir eine Ehre.“ erwiderte dieser sanft und nahm behutsam ihre Hand, die sie das erste Mal seit all der Zeit nicht von sich stieß. Sie blieben mit einem Mal mitten auf der Straße stehen. „Darf ich dich noch begleiten?“ Tief blickte er in ihre blauen Augen, schien gar etwas in ihnen zu suchen und Fighter spürte, dass plötzlich etwas Unausgesprochenes in der Luft lag. „Begleite mich.“ antwortete sie nach einer stillschweigenden Ewigkeit, ehe sie sich nach einem geeigneten Gefährt umsahen, das sie zum Palast bringen würde. Der aschblonde Mann fiel ehrerbietend auf ein Knie und senkte demütig sein Haupt, bevor er seine Prinzessin ersah, die in locker fallenden Gewändern vor einem der Fenster ihrer Gemächer stand und bis zu dieser Minute noch die sternenklare Nacht beobachtet hatte. Sie lächelte fröhlich und trat auf den Ankömmling zu. „Es tut mir leid, dass ich so spät noch nach dir schicken ließ, Watcher.“ Der Angesprochene nahm die ihm dargebotene Hand, hauchte dieser einen Kuss auf und erhob sich. Sein zu einem langen Zopf gebundenes Haar schimmerte im Schein der Kristalle an den Wänden beinahe golden. „Darf ich den Grund erfahren, Prinzessin?“ „Natürlich.“ Sie unterdrückte ein Kichern und trat zum Fenster zurück. Der junge Mann wirkte anlässlich der ungewohnt überschwänglichen Laune seiner Herrin eher irritiert. „Ich habe Nachricht aus dem Tempel erhalten. Sie sind nun auch dort mit den Arbeiten fertig.“ Watchers Gesicht erhellte sich. „Das heißt-„ „Das heißt, dass nun Alles überstanden ist. Somit ist auch das Letzte der großen Bauwerke wieder in Stand gesetzt.“ Kakyuu faltete ihre Hände und legte sie in einer betenden Geste vor ihren Mund. Überglücklich kniff sie die Augen dabei zusammen. Auch der Mann in der langen, weißen Robe lachte. „So kann das Fest beginnen, Prinzessin?“ „Ja. So soll es beginnen. Ich möchte, dass du und dein Bruder euch um alles Weitere kümmert. Sendet die Botschaft hinaus in die Galaxien und ladet sie alle ein. Ich möchte, dass jeder sieht, wie viel Wunderbares hier geschehen ist. Ich möchte ein Fest, das im ganzen Königreich nie wieder vergessen sein wird.“ Der junge Mann schien zu überlegen. „Alle, Herrin?“ Kakyuu lächelte strahlend. „Ja, alle!“ In diesem Moment fiel ihr wieder etwas ein. „Ach, ich muss dich um noch einen Gefallen bitten, Watcher.“ Ihre Stimme klang verschwörerisch. „Jeden.“ „Bitte halte vor deinen Schwestern so lange wie möglich geheim, dass wir sicherlich auch Besuch von der Erde erwarten. Ich möchte, dass es eine Überraschung für die Drei wird.“ „Selbstverständlich, Prinzessin. Meine Lippen sind versiegelt.“ antwortete der Mann und verbeugte sich tief. „Dann beginnt so schnell wie möglich. Ich kann es kaum erwarten, ihre glücklichen Gesichter zu sehen.“ Die Prinzessin kicherte – ein wirklich seltener Anblick, den Watcher erleichtert zur Kenntnis nahm. „Natürlich. Verlasst euch auf uns.“ Er verabschiedete sich und tat eine weitere Verbeugung, bis er den Raum, als auch den größten Pagodenturm verließ und durch die weitläufigen Korridore des inneren Sterns schritt. Wo blieb eigentlich sein nichtsnutziger Bruder? Eigentlich hätte er gerade neben ihm stehen müssen. Wie gerufen tauchte er kurz darauf hinter einer Abzweigung, die zum äußeren Teil der Anlage führte, aus dem Nichts auf und hätte beinahe den kleineren Mann von den Füßen gerissen. „Idiot.“ entfuhr es Watcher, nachdem er gerade noch rechtzeitig ausgewichen war. „Verzeih.“ entgegnete der Größere. Auch er trug ähnliche Gewänder wie sein Gegenüber, sogar sein Zopf mit den rabenschwarzen Haaren war in identischer Weise gebunden. „Etwas Ernstes?“ fragte er, während sich beide wieder in die Richtung wendeten, aus der der Blonde erst gekommen war. Der Gefragte nickte, lächelte aber. „Alle Arbeiten sind fast beendet. Der letzte der Tempel hat seinen Bericht abgegeben und verlauten lassen, dass sie jetzt mit den Baumaßnahmen fertig sind.“ „So. Und das zu dieser Stunde? Ich war gar nicht im Palast.“ „Erklärt wohl auch Dein Nichterscheinen.“ sagte Watcher spitz. Wenn er sich seinen älteren Bruder genauer betrachtete, konnte man ihm genau ansehen, wo er in dieser Nacht wieder gelegen haben musste. „Du weißt doch, wie viel Kakyuu an unserer Heimat liegt. Sie konnte wohl nicht warten.“ „Und man darf annehmen, dass sie uns den Rest der Sache überlässt?“ Die dunkle Stimme des großen Mannes hallte in den Gängen. „Richtig. Kümmere du dich um die Einladungen, ich mache den Rest.“ Stumm nickte der Schwarzhaarige, als er plötzlich eine Hand auf die Schulter des anderen legte und ihm bedeutete, stehen zu bleiben. Angestrengt blickte er dabei in das Halbdunkel eines weiter entfernten Teils des offenen Korridorsystems und schob behutsam einen der Vorhänge zur Seite, um besser sehen zu können. „Sag mal ist das nicht Ryoku?“ murmelte er schließlich. Watcher schob seine Brauen in die Höhe und sah ebenso nach. „Um diese Zeit?“ Der Größere lachte leise. „Und er ist nicht allein. Fighter ist bei ihm.“ „Tatsächlich…“ Mit offenem Mund beobachtete Watcher seine ältere Schwester aus der Ferne dabei, wie sie ihren Turm betrat. In männlicher Begleitung. „Wer hätte das gedacht…“ schmunzelnd wendete sich der Schwarzhaarige wieder ab. Schließlich setzte der kleinere von beiden den Weg neben seinem Bruder wieder fort. „Dinge ändern sich wohl, Breaker.“ Kaum war die schwere Holztür hinter ihnen zugefallen und sie in die nur schwach erleuchtete Halle getreten, packte Ryoku die schwarzhaarige Frau wortlos bei ihren Armen, um sie mit Nachdruck zu sich herumzudrehen. Sein Griff lockerte sich nicht während er ihre Blicke suchte. „Shoka…“ flüsterte er leise. Der Angesprochenen war schwindelig, aber mit geschlossenen Augen imstande etwas zu erwidern. „Du sollst mich nicht s-„ Ihre Worte erstickten an Ryokus Lippen, die sie zu einem sich ausweitenden Kuss einluden. Fighters rechte Hand hob sich zunächst als ob sie zu einem Schlag ausholen wollte, senkte sich kurz darauf jedoch wieder. Ryoku zog sie näher zu sich, fuhr dabei mit einer Hand ihren Rücken hinab. Anfangs steif, jetzt allerdings immer fordernder, bewegte sie ihren Mund und ihren Körper. Frei von jedem weiteren Gedanken über die Geschehnisse, suchte sie die Wärme des anderen, griff in Ryokus Haare und begann rückwärts mit ihm den Raum zu durchqueren. Fighter hatte aufgehört nachzudenken, ihre Glieder bewegten sich wie von allein. Sie wollte einfach alles vergessen, alles hinter sich lassen um nur diesen einen Moment völlig auszukosten. Etwas tun, was sie wollte – und brauchte. Ryoku löste sich von ihr und strich noch im Gehen die Träger ihrer Tunika zur Seite, welche daraufhin geräuschlos auf dem dunkelroten Teppich landete. Die Knöpfe seines Hemdes flogen weit durch den Raum, als Fighter es grob auseinanderzog. „Shoka…“ wisperte Ryoku wieder und küsste die Frau erneut, die sich mit ihm auf einer der ausladenden Sitzgelegenheiten niederließ. „Nenn mich nicht so.“ entgegnete sie heiser, ließ sich zurücksinken und stöhnte auf, als Ryokus Hände an ihr hinab fuhren. „Wie dann?“ murmelte er und küsste ihren Hals entlang. „Wie – ah – alle anderen…“ Fighter biss sich extatisch auf die Unterlippe. Ryokus Stimme war nicht viel mehr als ein Flüstern. „Nur ich als Einziger… Lass mich dich bei deinem Namen nennen.“ Es dauerte etwas, ehe sie den nächsten Kuss lösten und er eine Antwort bekam. „Nein. du nicht.“ Amüsiert lächelte er und rutschte dabei vollends über sie. „So? Wer dann?“ Seit sie sich niedergelegt hatten öffnete sie erstmals wieder die Augen. Langsam weiteten sie sich in einer schmerzhaften Erkenntnis, während Fighters Bewegungen erstarrten und ihr Atem stockte. Nur einer Person hätte sie es zweifelsohne erlaubt, sie Shoka zu nennen. Vor allem in dieser Situation ihren Namen zu rufen. Ein bittersüßer Wunsch war es, sie nach ihr rufen zu hören, doch sie vernahm nur ihr laut und schmerzlich klopfendes Herz. „…Shoka?“ Ryoku sah sie verwundert an als er bemerkte, wie die Frau unter ihm geradewegs an ihm vorbeiblickte. „Was ist?“ Langsam wendete Fighter den Kopf in sein Gesichtsfeld und fixierte den blonden Mann. Ihre sich zusammenziehenden Brauen untermalten den jetzt entsetzt wirkenden Ausdruck in ihren Augen. Ihre Hand fuhr über ihren Mund. Sekundenlang verharrte sie schweigend in dieser Position, ehe sich Ryoku langsam aufsetzte. „Shoka, was-„ sie unterbrach ihn. „Geh.“ sagte sie tonlos. Ein ungläubiger Laut entfuhr dem Mann. „Was…? Hör zu, ich-“ „Raus hier.“ Ihre Stimme erstarb zu einem bitteren Flüstern. Ryoku stand auf und betrachtete die reglos vor ihm liegende Frau. Er verstand die Welt nicht mehr. „Was soll das?“ fragte er schließlich heftiger, als er eigentlich geplant hatte. Als nach einer ganzen Weile immer noch keine Antwort kam, griff er zornig geworden sein Hemd, rückte sich noch im Lauf die Hose zurecht und verließ den Raum. Lautstark schlug die Tür zu. Nun legte sich noch Fighters zweite Hand über ihren Mund, als ihr mit einem Mal speiübel wurde. Was hatte sie getan? Sie fühlte sich wie eine Verräterin. Wie Dreck. Würgend sprang sie auf, schaffte es aber nicht mehr ganz bis auf den Balkon und übergab sich. Minutenlang hockte sie völlig zusammengesunken auf dem Boden vor der Sauerei, die sie angerichtet hatte, während ihre Blicke ins Leere glitten. Es ging nicht. Unmöglich. Egal was sie tat, wie sehr sie sich anstrengte, wie sie sich ablenkte – sie konnte sich die Trauergewänder nicht abstreifen und die Vergangenheit vergessen, als ob nie etwas geschehen war. Als ob sie niemals in ihr Leben getreten war. Wie in Trance erhob sich Fighter von dem kalten Steinboden, schritt hinüber zu ihrem Arbeitstisch und griff die hölzerne Schatulle darauf. Das Kästchen anstarrend, ließ sie sich langsam in den Stuhl sinken. Mechanisch ergriff sie eine Kette um ihren Hals und nahm sie ab. An ihr baumelte ein winziger Schlüssel, der genau in das Schloss der Truhe passte. Es klickte leise, als sich der Deckel öffnete und daraufhin eine leise Melodie erklang. Ihre traurigen, einsamen Klänge fügten sich bald in ein leises Schluchzen der Frau, die in das Innere der Spieluhr starrte. Abgerissene Eintrittskarten für einen Freizeitpark, einige Stifte, ein abgenutztes Radiergummi und ein Foto lagen obenauf. Mit zitternder Hand nahm Fighter das Bild und fuhr in einer zärtlichen Geste eine Linie darauf nach. Es zeigte sie, vielmehr Seiya und ein blondes Mädchen mit zwei langen Zöpfen, die in zwei dicken Knoten gebunden waren. Im Hintergrund des Erinnerungsfotos befand sich ein großes Riesenrad. Das strahlende Lächeln des Mädchens ließ alles um sie herum verblassen und zerbrach Fighters Herz. Ihre Schultern bebten, heiße Tränen rannen plötzlich über ihr Gesicht und ihr Mund verzog sich schmerzlich. Unaufhörlich befürchtete Fighter etwas von ihrer gemeinsamen Zeit vergessen zu können, als die Tage einer nach dem anderen ohne ihre Kostbare Gegenwart vergingen. Ihren Geruch, den Klang ihrer Stimme, ihr Leuchten. Den strahlendsten Stern, den sie je gesehen hatte. Und wenn es geschah – es gab nichts was sie dagegen tun konnte. Was sie tun dürfte. Unter einem gequälten Aufschrei wischte sie einen Stapel Papiere und einige Gegenstände vom Tisch, um schließlich mit voller Wucht ihre Faust auf die Tischplatte zu donnern. Verzweifelt und zornig starrte sie auf ihre schmerzende Hand, da rutschte ein Gegenstand in ihren Schoß. Sie griff ihn und holte bereits zu einem Wurf aus, als sie unvermittelt eine Veränderung an ihr bemerkte und den Gegenstand gleichzeitig als ihre sternförmige Brosche identifizierte. Eine kleine Ewigkeit starrte sie das handtellergroße Schmuckstück an, das sie seit langer Zeit nicht mehr angerührt hatte. Stumm stand sie auf und trat hinüber zu ihrem Spiegel. Seiya Kou blickte ihr entgegen. Seit vielen Monaten zum ersten Mal. Seine Gesichtszüge verformten sich zu einer zornigen Grimasse und unter einem erneuten, hilflosen Aufschrei zerbarst der Spiegel unter dem kommenden Schlag in tausende Splitter. Die Männergestalt sank mit nicht versiegenden Tränen in sich zusammen, die Hände dabei verkrampft vor das Gesicht geschlagen. „Odango…“ presste er mühevoll hervor und hatte das Gefühl, dass sein Herz an der Einsamkeit genauso zersprang, wie sein Spiegelbild. --------------------------------------------------------------------------------- Der Tag war also gekommen. Obwohl die Sonne noch nicht ganz untergegangen war, zeigte sich der Mond schon blass am frühen Abendhimmel. So lange hatten sie sich diesen Tag herbeigesehnt, so lange darauf gewartet – und jetzt warteten sie immer noch auf Usagi. „Das darf ja wohl nicht wahr sein!“ zeterte Rei, die ihre Freunde an diesem Tag natürlich begleitete. Ihre Abschlussfeier würde erst in ein paar Tagen stattfinden und doch ereiferte sie sich jetzt gerade so, als ob es ihre wäre. „Beruhige dich, sie wird sicher gleich kommen.“ beschwichtigte Ami, doch die Schwarzhaarige ließ sich nicht beirren. Ihr hübsches, rotes Kleid wippte im Takt ihrer wilden Gestik. „Ich werde ihr die Ohren langziehen!“ Nun fiel auch Makoto ein. „Usagi hat sich doch so lange darauf gefreut, endlich ihr Kleid tragen zu können, Rei.“ „Selbst wenn! Sie hat sich doch sicherlich schon zig Male auf dem Weg hierher auf die Nase gelegt und es ruiniert.“ Die Besucher, die an ihnen vorbeitraten warfen der Gruppe verwunderte Blicke zu. „Rei…“ Ami lächelte versöhnend. Da kehrte Minako in das Sichtfeld der drei vor der Schule stehenden Mädchen zurück. Im Schlepptau zog sie tatsächlich Usagi hinter sich her, die mit sichtlich verquollenen Augen gewaltig darauf achten musste, auf ihren Hohen Absätzen nicht zu stolpern. „Minako!“ rief Makoto erstaunt. „Wie hast Du dieses Wunder vollbracht?“ „Tadaa! Meine Kontakte sind doch fast so gut, wie die der DNA.“ rief das blonde Mädchen und schob die mitgebrachte Freundin vor sich. „Es heißt…“ setzte Ami korrigierend an, wurde aber von Rei barsch unterbrochen. „Wo bist du gewesen? Musst du ausgerechnet an deinem letzten Tag zu spät kommen?!“ herrschte sie Usagi an, die anstatt etwas zu erwidern nur traurig zu Boden blickte. Sofort taten Rei ihre Worte wieder leid, denn als sie das niedergeschlagene Gesicht des blonden Mädchens vor ihr erspähte, wusste sie dass etwas nicht in Ordnung war. Fragend sah sie Minako an. Diese seufzte mitfühlend. „Mamoru wird heute nicht bei ihr sein können.“ „Oh, Usagi-chan.“ Minako trat vor und nahm das stumme Mädchen in den Arm. Rei streichelte ihr über den Kopf. „Tut mir leid.“ „Schon gut.“ Endlich hatte Usagi die Kraft gefunden, sich zusammen zu reißen und löste sich dankbar aus dem Griff. Leise schluchzend wischte sie sich eine Träne von der Wange. „War es die Klinik?“ fragte nun auch die besorgte Ami, die ein stummes Nicken ihrer Freundin als Antwort erhielt. Es war wohl ein Notfall gewesen, weswegen sie ihn an seinem freien Tag doch noch in die Klinik geholt hatten. Usagi hatte so darauf gehofft, dass er zeitig genug zurück wäre, aber ihre Hoffnung hatte sich dann mit dem Anruf vor einer knappen Stunde endgültig zerschlagen. Es hatte wohl einen Massenunfall auf der Autobahn gegeben. Sie hatte größtes Verständnis für das Studium und die Arbeit ihres Freundes und sie hatte von Anfang an ihr Bestes gegeben, um seinen Ambitionen in keinster Weise im Weg zu stehen. Nur heute; heute konnte sie nicht anders. „Wo sind denn deine Eltern, Usagi?“ fragte Rei. „Sie kommen doch, oder nicht?“ Die Angesprochene nickte. „Sie suchen noch einen Parkplatz, ich hatte ihr Auto abgepasst.“ Minako nahm Usagi bei den Schultern und drehte sie zu sich herum. „So, Usagi-chan. Jetzt werden wir dich ein bisschen frisch machen und alle zusammen den Abschluss der bis jetzt schönsten Zeit unseres Lebens feiern, ja?“ aufmunternd griff auch Ami die Hand ihrer Freundin. Nach kurzer Zeit stahl sich schließlich doch ein Lächeln auf Usagis Lippen. Sie konnte glücklich sein, solche Freunde gefunden zu haben und heute Abend bei ihnen zu sein. „Ja. Verzeiht mir.“ Gemeinsam betraten die Mädchen das Schulgebäude und verschanzten sich zunächst auf der Mädchentoilette. Nach kaum einer Viertelstunde präsentierten Minako und Rei ihnen eine gleich um Längen frischer und fröhlicher wirkende Usagi, die in ihrem rein weißen, bodenlangen Kleid und mit den halb hoch gesteckten Haaren einfach hinreißend aussah. „Ihr seid unglaublich! Danke! Vielen Dank.“ Das blonde Mädchen war den Tränen wieder nahe und Rei versuchte einzulenken. „Nicht, du verschmierst die Schminke!“ Makoto bot ihr zudem einen Arm. „Und wenn du möchtest, dann tanzen wir die ganze Nacht mit dir. Was hältst du davon?“ Jetzt lächelte die zierlichste von allen schon fast wieder fröhlich und hakte sich ein. „Au ja!“ Auf dem Weg in die große, festlich geschmückte Halle, drückte man jedem von ihnen eine rote Rose in die Hand, die mit einer Schleife versehen war. „Dank eurer Hilfe konnte die Garten AG unserer Abschlussklasse das möglich machen.“ erklärte Makoto indes feierlich. „Das ist also euer Special?“ fragte Rei und steckte sich, wie viele andere hier, die Blume ins Haar. Besorgt tat Makoto einen Seitenblick auf Usagi, die sich jedoch nichts anmerken ließ und fuhr schließlich fort. „Genau. Es ist für die Tänze heute Abend gedacht. Nur die Mädchen haben eine bekommen und können später ihren Wunschpartner damit auffordern.“ „Ah.“ machte Rei und sah sich neugierig im menschengefüllten Saal um, in den sie soeben geschritten waren. Man hatte den Raum um dekoriert und Tische mit Stühlen in einen Teil des Raumes gebracht. Der andere Teil konnte wohl später zum Tanzen genutzt werden. Eine AG der baldigen Schulabgänger führte bereits Bühnenprogramm auf, während das Buffet heiß umkämpft wurde. „Minako!“ Aus der Menge löste sich eine Mitschülerin, die sich für die Organisation des heutigen Abends bereit erklärt hatte. Sie wirkte etwas gehetzt, aber dennoch erleichtert, als sie auf die Gruppe zutrat. „Da bist du ja. Ich hatte schon befürchtet, dass du nicht mehr kommst.“ „Ah, Nanami. Entschuldige bitte aber ich musste dringend noch meine Eltern zum Flughafen bringen.“ log Minako gekonnt. „Keine Sorge, ich verpasse meinen Einsatz schon nicht. Ich bleibe hier.“ Auch Minako hatte gemeinsam mit der Musik- und Theater-AG etwas vorbereitet. „Wunderbar!“ lachte das brünette Mädchen und wendete sich zum Gehen. „Wir sehen uns dann später!“ Ami ergriff als Erste das Wort. „Ich freue mich schon auf deine Lieder, Minako!“ Doch die junge Frau mit der markanten Singstimme lächelte nur gequält. „Na, wir werden sehen. Lasst uns zuerst das Buffet plündern. Komm, Usagi-chan!“ Zusammen mischten sie sich unter die Leute, in denen sie später auch Usagis Familie wieder fanden, die sich hervorragend mit alten Bekannten amüsierten. Nachdem ihr Magen gefüllt und auch ein Sitzplatz ergattert war, konnte zunächst der gemütliche Teil des Abends für die Mädchengruppe beginnen. Man lauschte flammenden Reden, selbstkreierten Gedichten zu diesem denkwürdigen Tag, verfolgte spannende Showeinlagen ihrer Lehrer, die Zeugnisvergabe und die Ehrung der besten Schüler. Ami erhielt – natürlich als Erstgekürte - sogar eine kleine Statue mit Gravur, die sie stolz und unter tobendem Applaus gegen das Licht der Scheinwerfer in die Höhe hielt. Ihre andere Hand umklammerte fest das so hart erarbeitete Stipendium. Usagi versuchte bei der Zeugnisvergabe möglichst wenig aufzufallen, stolperte beim Verlassen der Bühne jedoch über ein unsauber verlegtes Kabel und riss gleich zwei Mitschüler mit sich von der Treppe. Die Anwesenden johlten und die peinlich berührte Usagi zog es lieber vor, schnell wieder zurück zu ihrem Platz zu gehen. Natürlich erntete sie für ihren wohl letzten Clou den freundlichen Spott ihrer Freundinnen, den sie ihnen aber herzlichst gönnte. Irgendwann entschuldigte sich Minako und verließ die Gruppe. „Sie muss sich bestimmt vorbereiten.“ raunte Usagi vorfreudig und erhielt das zustimmende Nicken der anderen. In diesem Moment trat die Schülersprecherin auf die Bühne und verschaffte sich Gehör. „Meine lieben Gäste, Lehrer, Eltern, Geschwister und natürlich auch liebe Schüler.“ Ein Jubel kam auf. „Ich danke euch allen, dass wir heute diesen Abend gemeinsam miteinander verbringen und feiern können. Wir alle haben viel Zeit und Energie in die Vorbereitung und Umsetzung dieser Feier investiert und möchten euch natürlich unser kleines Special nicht vorenthalten.“ Erneut antwortete ihr die Menge mit Begeisterung. „Alle weiblichen Besucher haben am Eingang eine Rose erhalten – wenn nicht dann holt euch schnell eine!“ Tatsächlich standen einige Personen auf und gingen zur Tür. „Da bald zum Tanz aufgerufen wird, möchten wir euch bitten, die Rose jetzt dem Tanzpartner eurer Wahl zu geben.“ Der Saal wurde schnell sehr lebendig, nur die Mädchen um Usagi blieben entschlossen sitzen. Die hatte den Braten aber sofort gerochen und wehrte ab. Auch wenn sie bis heute geglaubt hatte, Mamoru ihre Rose geben zu können, war das noch kein Grund wenigstens ihren Freundinnen nicht beim Tanzen zuzusehen. „Bitte bleibt wegen mir jetzt nicht hier!“ sagte sie beinahe flehend zu den anderen, noch bevor eine von ihnen auf die Idee kommen konnte, ihr eine Rose zu geben. „Aber, Usagi…“ begann Makoto, wurde aber bestimmt von ihr unterbrochen. „Kein aber; los geht und amüsiert euch. Es ist ja schließlich auch eure Feier.“ Stumme Blicke. „Na los! Bevor ich es mir anders überlege!“ Usagi lächelte. „Mir geht es gut, ehrlich. Außerdem hab ich mir eine Blase gelaufen…“ flunkerte sie. „Wenn du aber nicht alleine sein möchtest…“ „Dann rufe ich, Makoto. Viel Spaß!“ Usagi machte Handbewegungen, als ob sie gerade Hühner verscheuchen wollte. Letztendlich konnte sie ihre Freundinnen erleichtert dabei beobachten, wie sie ihre Blumen unter die Menge brachten. Kurz darauf stand auch schon wieder die Schülersprecherin auf der Bühne und eröffnete ganz offiziell den Tanz. Usagis Blicke wurden währenddessen jedoch an den Rand der Bühne gelenkt, wo sie Minako wild gestikulierend mit zwei weiteren Mädchen entdeckte, die sie am Ende unvermittelt grob unter den letzten Worten der Schülersprecherin auf die Bühne schoben. Stirnrunzelnd sah sie dem Schauspiel zu – hatte Minako etwa Lampenfieber? „Und nun das Eröffnungslied! Live gesungen von….“ Und als die ersten Töne aus den großen Lautsprechern drangen, wusste Usagi, weshalb Minako wohl versucht hatte, ihren Auftritt abzuwenden. Völlig deplatziert stand Minako nun vor dem mittigen der drei Mikrofone auf der Bühne und schluckte hart. Ihre Kehle fühlte sich trocken an, als der Chor vom Band die ersten Töne sang, sie in den Saal blickte und hoffte, dass Usagi einfach nicht anwesend war. Es tat ihr so schrecklich leid. „Minako, bitte!“ flüsterte das Mädchen neben ihr beschwörend. Doch sie antwortete nicht. Sie konnte jetzt unmöglich einfach von der Bühne verschwinden. Ihr Einsatz rückte näher und schließlich trat sie gemeinsam mit den anderen beiden vor. Ihre Knie zitterten „Kimi wa itsumo kagayaite ta, egao hitotsu chiisana hoshi…“ Usagis Herz klopfte ihr plötzlich völlig unvermittelt bis zum Hals. Sie war aufgesprungen, noch bevor sie die ersten Worte aus Minakos Mund vernommen hatte. Sofort wurde sie von einer längst verdrängten, aber mit diesen Worten so eng verknüpften Erinnerung konfrontiert. „Schau mal! Sind die Sterne nicht wunderschön?“ staunend blickte Usagi hinauf in den Nachthimmel. Sie hatte schon lange keine so klare Sicht mehr auf das Lichtermeer über ihnen gehabt. „Jedes Lebewesen in diesem Universum trägt den hellen Glanz eines Sternes in sich.“ Sagte Seiya statt ihr eine Antwort zu geben. Sie blickte ihn verwundert an. „Den Glanz eines Sternes?“ „Das besagt eine Legende aus einem fernen Land. Ein Stern für jeden. Auch für Dich und mich, Odango.“ Usagi war erstaunt. Auch sie kannte eine ähnliche Legende, nur hatte die einen völlig anderen Hintergrund. „Die Ausstrahlung eines Menschen ist so stark wie sein Stern leuchtet.“ Führte Seiya nun weiter fort, während er sie lächelnd dabei ansah. „Und Dein Stern leuchtet ganz besonders hell.“ Mit einem Mal fühlte sich Usagi verlassen. Sie fühlte sich mutterseelenallein inmitten all der fröhlichen, feiernden und tanzenden Menschen, deren Gefühle sie nicht zu teilen imstande war. Tränen stiegen ihr unaufhaltsam in die Augen, liefen ihre Wangen hinab, während sich die Schultern des Mädchens verkrampften. Warum war niemand bei ihr, warum hielt niemand ihre Hand? Sie schluchzte laut auf. Warum – ja, warum konnte sie nicht einfach glücklich sein? Ein Teil ihrer hochgesteckten Haare löste sich und fiel herab, als sie sich ruckartig umdrehte und durch den Seiteneingang aus dem Saal ins Freie stürzte. Sie ertrug diese sanften Worte nicht, die nicht ihr galten, konnte nicht aushalten, dieses Lied nicht aus seiner Kehle zu hören. Ziellos lief sie im Garten umher, bis sie sich auf eine Bank warf und ihrem Kummer freien Lauf ließ. Ihre Brust schmerzte und ihre Schultern flogen von Tränen geschüttelt auf und ab. Innerlich schalt sie sich selbst für ihre kindischen Gedanken. Was war sie nur für ein Dummkopf? So viel Zeit war vergangen und sie konnte sich noch immer nicht an den Lauf der Dinge gewöhnen. Sie vermisste ihn. Erst jetzt bemerkte sie, dass ihr die Rose aus dem Haar gerutscht und auf den Boden gefallen war. Traurig lächelte sie, als sie sich daran erinnerte, dass Seiya stets eine rote Rose bei sich getragen hatte. Langsam glitt ihre Hand in die kleine Umhängetasche an ihrer Seite und zog einen winzigen Glasbehälter hervor. Vorsichtig öffnete sie ihn und schüttete getrocknete Rosenblätter in ihre Handfläche. Behutsam strich sie über sie und schloss die Augen. Da löste sich lautlos eine Sternschnuppe vom Firmament. „Habt ihr Usagi gesehen?“ fragte Makoto ihre Freundinnen besorgt, nachdem sie beschlossen hatte, das Tanzen für heute gut sein zu lassen. Ami, Minako und Rei verneinten. „Ich fürchte, dass sie nach Hause gegangen ist. Wahrscheinlich kann ich ihr nie wieder unter die Augen treten.“ erwiderte Minako niedergeschlagen. „Das glaube ich kaum.“ Eine ihnen bekannte Stimme drang an ihr Ohr. „Haruka! Michiru!“ rief Ami erfreut. „Hallo.“ Haruka lächelte knapp und sah sich ebenso wie die hinter ihr auftauchende Michiru suchend um. „Schön, dass ihr hier seid. Aber sagt mal, ist etwas passiert?“ Minako runzelte die Stirn. „Wir hoffen nicht.“ entgegnete Michiru. „Ihr hofft?“ Besorgt blickte Rei in die Runde. „Eigentlich wollten wir euch nur gratulieren, aber mich beschleicht seit einiger Zeit ein merkwürdiges Gefühl.“ Michiru senkte besorgt die Brauen. „Können wir irgendwo ungestörter sprechen?“ „Äh, ja. Draußen. Kommt mit.“ Minako führte die Gruppe zur Tür. Langsam hatte sich Usagi wieder beruhigt. Ihre Tränen waren beinahe versiegt und auch das Atmen fiel ihr wieder leichter. Vielleicht sollte sie hinein gehen, die anderen machten sich sicher schon Sorgen. So wie sie zudem auf der Bank saß, würde sie sich außerdem bald den Tod holen. Plötzlich legte sich eine Hand auf ihre. Die Geste fühlte sich vertraut an, etwa so wie der Ton einer erklingenden Stimme. „Tränen stehen euch nicht, Prinzessin.“ Usagis Augen flogen auf. Ein Mann hatte sich über sie gebeugt und im Licht des Mondes fielen seine zu einem einfachen Zopf gebundenen, seidig schimmernden, langen, schwarzen Haare über seine Schultern. Ungläubig starrte sie die Person über ihr an, erkannte ob des sich hinter ihm erhebenden, hellen Mondes jedoch keine Details. Konnte es tatsächlich…? „Seiya…?“ stammelte sie, während ihr Herz wie wild gegen ihren Brustkorb trommelte. Der Mann lachte leise. „Darf ich euch zum Tanz bitten?“ sanft ergriff er Usagi und hob sie in seine Arme, ehe er in die Richtung des Saals schritt. „Was genau meinst Du, Michiru?“ fragte Rei nervös, als sie an die freie Luft traten. Nachdenklich antwortete die Angesprochene. „Das Meer reflektierte das Licht eines neuen Sterns, den ich aber nicht finden konnte.“ „Ein neuer Stern?“ Makoto verstand nicht ganz. „Du meinst einen Besucher?“ „Nein, vielmehr…“ Als die Gruppe um die Ecke des Gebäudes schritt, offenbarte sich ihnen der Anblick eines hoch gewachsenen, in weiß gekleideten Mannes, der eine junge Frau in ebenso weißem Kleid auf den Armen in ihre Richtung trug. Sofort bedeute Haruka den anderen hinter ihr stehen zu bleiben und nahm eine Kampfhaltung ein. Ihr Griff ging in ihre Tasche. „… vielmehr ein Eindringling.“ beendete Haruka ihren Satz mit feindseligem Unterton in der Stimme. Der Angesprochene verharrte und betrachtete die Szene, während Usagi in seinem Arm die Situation nicht ganz verstand. „Ist das nicht…“ Rei trat an Harukas Seite. „Seiya?“ flüsterte sie. „Nein, keinesfalls.“ antwortete Michiru bestimmt, die sich nun ebenfalls positioniert hatte, um den Fremden zu beäugen. „Sein Licht hätte ich erkannt. Aber doch ist es ähnlich.“ „Gib die Prinzessin frei.“ rief Haruka fordernd. Der fremde Mann sah Usagi lächelnd an. „Verzeiht mir Prinzessin, aber ich fürchte wir müssen unseren Tanz verschieben.“ Sanft setzte er sie vor sich ab. Noch immer verwirrt blickte sie zu dem Mann auf, der sie so sehr an Seiya erinnerte. „Komm hier her, Usagi!“ rief Michiru, doch die reagierte nicht darauf. Noch immer war sie gefesselt von dieser Begegnung. „Ich sehe ihr ähnlich, nicht wahr?“ fragte er sie schließlich. Usagi nickte zögernd. Er war groß und muskulös, aber sein Gesicht erschien androgyn. „Usagi!“ schnappte jetzt auch Rei. Der Fremde blickte auf und musterte die Anwesenden eindringlich. Endlich erhob er seine Stimme. „Ich bin nicht gekommen, um eurer Prinzessin Leid zuzufügen. Ich bin vielmehr hier…“ seine Hand schob sich unter seinen Mantel. Argwöhnisch beobachtete Haruka, dass er glücklicherweise nur einen Brief aus seiner Innentasche zog. „… um eine Einladung auszusprechen.“ beendete der Fremde seinen Satz und verbeugte sich mit einem Mal sehr tief vor Usagi. „Mein Name ist Ikioki Kou. Im Auftrag der Prinzessin Kinmokus möchte ich euch dies überreichen und die besten Wünsche überbringen.“ Nun völlig perplex nahm Usagi den ihr dargebotenen Brief entgegen. --------------------------------------------------------------------------------- So – puh! Ich hoffe, es ist nicht zu lang geworden. Jetzt ist es auch raus: Unseren drei Starlights habe ich dreister weise zwei Brüder angedichtet, die hier erstmals als Breaker und Watcher auftreten. Aber auch sie haben ja noch richtige Namen. (s.o.) Ikioki bedeutet übrigens so viel wie Kraft oder Macht. Somit sind es fünf, tja und das eigentlich nur, weil mir der fünfstrahlige Stern für den Palast so gefiel. Ich stelle mir vor, dass in jedem dieser fünf Türme einer von ihnen seine Räumlichkeiten besitzt. Und in der Mitte die Prinzessin – ist doch eigentlich romantisch… :-P Da ich Seiya jetzt genug gequält habe (sorry dafür! ^^“), wird es im nächsten Kapitel wohl ganz schön anders werden. ;-) Vielen Dank, falls ihr es bis hierhin geschafft habt! *wink* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)