Ein letzter Tanz von -Menami- ================================================================================ Kapitel 18: Tag 9 - Wer an die Lieben seiner Erben glaubt, dem ist aller Witz beraubt (1/3) ------------------------------------------------------------------------------------------- „Jetzt bist du nicht einmal Manns genug, um mir die Wahrheit zu sagen?“, schrie Bunny hysterisch und blickte ungläubig auf den stammelnden Mamoru, der nicht mehr wusste, wo vorne und hinten war, geschweige denn links oder rechts. Hilfesuchend rang er nach den richtigen Worten. Er erstickte regelrecht an seiner Bemühung, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen, die sich langsam aber sicher immer dichter um seinen Hals schloss. Sowohl Bunnys Blicke als auch Motokis lagen anklagend und voller Verwirrung auf ihn. Was hatte er nur für ein Chaos innerhalb einer Woche angerichtet? Zugegeben, er war anfangs mit Bunny glücklich, hatte sie aufrichtig geliebt und begehrt. Konnte er da auch nur ansatzweise erahnen, was Motoki mit ihm in der Woche anstellen würde? Ja, er hatte auf Bunnys Gefühlen herum getrampelt. Er hatte sie aufgrund der Abmachung benutzt und alles daran gesetzt, sie ins Bett zu bekommen, nur um vor Motoki die Abmachung zu erfüllen. Er hatte sie wirklich benutzt. Und dann war da Motoki, der das Gleiche versucht hatte und ihn ins Bett bekommen wollte. Trotz der Tatsache, dass ihre Abmachung zu dem Zeitpunkt schon nichtig war und aufgelöst wurde, sind sie dennoch intim miteinander geworden – in Mamorus Augen vollkommen unwichtig, ob Motoki so noch als Sieger galt oder nicht. Er hatte es schlicht und ergreifend genossen. Und die gesamte Woche über hatte Mamoru dieses unwahrscheinliche Verlangen nach ihm, das er sich nie hatte eingestehen wollen. Auf der einen Seite stand Bunny, die er lieben sollte, mit der er zusammen sein sollte – und natürlich auch wollte. Und auf der anderen Seite war Motoki, der sein Leben innerhalb einer Woche auf den Kopf gestellt hatte und ihm Seiten im Leben gezeigt hatte, die er bis dato nicht kannte. Vollkommen mit der Situation überfordert sah er abwechselnd zu Bunny und Motoki. Natürlich liebte er sie. Aber… War die Woche wirklich nur ein Spiel für ihn? Sein Blick blieb auf Motoki haften. Was war, wenn es für ihn genauso wenig Spiel war wie für Motoki? Wenn mehr dahinter steckte? Wollte er Bunny nur nicht krampfhaft für sich zurück gewinnen, weil es natürlich war und er sich dadurch nicht mit anderen Dingen auseinander setzen musste? Er schüttelte innerlich seinen Kopf. Er durfte es nicht einmal denken. „Ich will darauf nicht antworten“, sagte Mamoru und hob abwehrend seine Hände. „Ich finde das Ganze hier zum Verrücktwerden. Bunny, es tut mir wirklich aufrichtig und von Herzen leid, wie ich dich die letzte Woche behandelt habe und dass du Teil der Abmachung wurdest, ohne auch nur zu ahnen, was für Ideen ich mit Motoki habe. Es tut mir wirklich leid.“ Er sah sie flehend an und bemerkte, wie sich ihr Blick langsam besänftigte. „Ich wollte dir nicht weh tun. Ich habe mir einfach nichts sehnlicher gewünscht, als dir noch näher sein zu können, weil ich wirklich aufrichtig Gefühle für dich habe.“ „Mamoru…“, flüsterte sie, doch Mamoru schüttelte zugleich seinen Kopf, damit er ungehindert fortfahren konnte. „Ich liebe dich auf eine Art und Weise, wie ich wahrscheinlich sonst niemand auf dieser Welt lieben könnte. Du bist nun einmal mein kleiner Mondhase und wirst es auch immer bleiben. Aber ich habe dir die letzte Woche so weh getan… Ich hätte nicht gedacht, dass ich dazu auch nur ansatzweise in der Lage bin. Es tut mir leid, Bunny. Es tut mir wirklich leid, wie ich dich behandelt habe. Aber…“ Er holte tief Luft und wandte sich nun an Motoki. „Ich fürchte einfach, die Abmachung und die letzte Woche war für uns alle von größerer Bedeutung, als wir jetzt erahnen können. Ich möchte keinem von euch mehr weh tun, okay? Es tut mir leid, dass ich mit euren Gefühlen gespielt habe, ohne es zu bemerken. Ich wollte niemanden verletzten. Wirklich nicht. Ich habe es viel zu sehr wie ein Spiel gesehen, ohne daran zu denken, dass da auch Gefühle mitwirken, die verletzt werden. Es tut mir ehrlich leid, dass es so gekommen ist. Aber die Abmachung ist vorbei. Und es ist besser, wenn wir erst einmal alle auf sicheren Abstand gehen.“ Bunny schluckte ihre Tränen hinunter. „Baka…“ Doch sie war zu keinen weiteren Worten fähig. Sie hielt sich schluchzend an der Tür fest und musste sich einen Augenblick lang sammeln, bevor sie weiter reden konnte. „Ich hasse dich dafür, was du getan hast, Baka. Dafür, dass du mich so ausgenutzt und mit mir gespielt hast. Ich dachte, unser erstes Mal würde für dich kein Spiel sein.“ „Es tut mir leid“, murmelte Motoki nun und zog mit seiner Fußspitze Kreise auf dem Boden. Er blickte nach unten, nicht fähig, auch nur einem von beiden in die Augen zu sehen. „Ich hätte mich nicht zwischen eure Beziehung stellen sollen, schon gar nicht mit so einer Abmachung. Bunny, es tut mir wirklich leid. Immerhin bist du einer meiner besten Freundinnen und ich habe bei der ganzen Sache nicht nachgedacht. Ich wollte dir nicht weh tun. Aber…“ Wehmütig sah er zu Mamoru. „Aber ich kann einfach nicht anders“, brachte er mühsam hervor und spürte Bunnys einfühlsamen und mitleidigen Blick. Motoki stieß die Luft zwischen seinen Zähnen hervor. Sie verstand, warum er Mamoru liebte, sie tat es doch auch aus den gleichen Gründen. Aber es war nicht verwunderlich, dass sie ihn ebenfalls mit einem unverzeihlichen Blick strafte. „Es tut mir leid… Uns tut es leid“, wiederholte Mamoru, der Bunny verunsichert ansah. „Darum will ich dir auch nicht weiter mit meiner Anwesenheit weh tun und wir sollten erst einmal Zeit verstreichen lassen.“ Sie nickte, strich sich die Tränen aus dem Gesicht und schenkte ihm einen letzten wehmütigen Blick. „Es ist wahrscheinlich das Beste, ja“, murmelte sie und kehrte zurück ins Haus. Sofort machte Motoki einen Schritt auf Mamoru zu, doch er hob abwehrend seine Hände. „Motoki, vor allem vor dir brauche ich jetzt Abstand. Ich weiß einfach gar nichts mehr.“ „Liebst du mich?“, fragte er herausfordernd. Mamoru sah ihn lange an, sah in seine Augen. Er hatte ihn immer nur als besten Freund gesehen. Aber nach dieser Woche war ihm klar, dass so viel mehr dahinter stecken konnte, wenn er nur wollte, wenn er es sich einfach erlauben würde. Er wandte sich wortlos ab, vergrub seine Hände in den Hosentaschen und ging seines Weges. ○ ● ○ ● ○ Am nächsten Tag wachte Mamoru auf. Er blinzelte, drehte sich auf die Seite und blickte auf das leere Bett. Krampfhaft versuchte er sich zu beantworten, wen genau er an seiner Seite vermisste. Ob Bunny oder Motoki. Aber bei beiden geriet sein Inneres in ein vollkommenes Chaos. Wieso konnte er auf die Frage, ob er Gefühle für Motoki habe, nicht klar antworten? Was war es, das ihn daran gehindert hatte, einfach vehement nein zu sagen? Er schlurfte ins Bad und klatschte sich erst einmal eine Ladung heißes Wasser ins Gesicht, um langsam wach zu werden. Seine Sinne kehrten zurück und seine Gedanken klärten sich stückweise auf. Wenn er sich tatsächlich in Motoki verliebt hatte, dann… Er wusste es nicht. Er würde unter keinen Umständen mit Bunny zusammen sein können, ohne sich vorher sicher zu sein. Aber wie sollte er mit seinen Gefühlen ins Reine kommen, wenn er so große Angst davor hatte? Es klopfte an seiner Haustür. Erst sachte, dann immer vehementer, dann hörte es sich an, als würde sich ein Elefant gegen das Stück Holz werfen. Nur ein Idiot dieser Erde würde so an seiner Tür klopfen und sie regelrecht aus den Angeln reißen. Mamoru seufzte und öffnete sie einen Spalt breit. Was suchte er überhaupt hier? Er hatte ihm gestern noch gesagt, dass er Abstand brauchte. „Warum ist es so schlimm, dass ich dich liebe?“ Er zuckte zusammen, als er Motokis zerbrechliche Stimme hörte und zog anschließend die Tür ganz auf. Er stand wie ein Häufchen Elend vor ihm. Seine blonden Haare waren verstrubbelt, in seinen Augen hatte sich ein unendlicher Ausdruck der Sehnsucht gelegt. Mamorus Herz klopfte wie wild, als er ihn erblickte, sein Magen rebellierte vor Nervosität und Aufregung. Er wollte ihm böse sein, weil er ihm gestern noch klar gemacht hatte, dass er Abstand brauchte und er keine zwölf Stunden später vor seiner Tür stand. Aber er konnte es nicht. Eine freudige Erregung kroch durch seine Sinne, als er ihn erblicken durfte. Er sah hinunter auf seine Lippen und spürte das, was er in Motokis Augen sah – Sehnsucht. Was hatte dieser Blondschopf nur mit ihm angestellt? „Wer sagt, dass es…“, fing Mamoru an, doch er wurde sofort unterbrochen. Motoki schob ihn zur Seite und schloss die Haustür hinter ihnen. „Ja, verdammt, ich hätte das alles nicht wegen Bunny machen dürfen. Aber ich kann es jetzt auch nicht mehr rückgängig machen. Mir tut leid, dass sie so leidet. Und dass ich hier bin, macht es nicht besser. Aber ich kann einfach nicht anders, es geht nicht. Gottverdammt, Mamoru. Weißt du eigentlich, wie es mir geht?“ Er lief vor ihm auf und ab. „Für mich war es keine Abmachung, wer der bessere Verführer wäre. Ich will einfach nur bei dir sein.“ „Motoki…“ „Du bist ein elender Dreckssack, dass du mich so aus der Bahn geworfen hast. Aber wie auch immer du es geschafft hast, ich habe mich in dich verliebt. Also, warum ist es so schlimm?“ Mamoru sah ihn hilflos an. „Weil ich ein Mann bin? Dein bester Freund? Weil irgendeine Bestimmung aus der Zukunft, die wir sowieso nicht mit Sicherheit kennen, dir ein Kind mit Bunny prophezeit hat? Wer sagt überhaupt, dass das stimmt und es so kommen muss?“ Motoki machte einen Schritt auf ihn zu und packte ihn am Hemdkragen. Mamoru wurde mit jeder Sekunde hilfloser. „Scheiß auf all das, was all die anderen sagen. Scheiß auf das, was in den Augen der anderen normal wäre. Scheiß darauf, dass es für jeden selbstverständlich ist, dass du eigentlich mit Bunny zusammen wärst. Wenn du einmal nicht daran denkst, was alle von dir erwarten – was sagt dir dann dein Herz?“ „Motoki… Ich…“ Er packte seine Handgelenke und zog seine Hände wieder herunter. Aber er ließ sie nicht los. Stattdessen berührte er sie, hielt sie fest, wünschte sich, als könnte dieser Augenblick ewig weilen. Er spürte seinen Atem, versank in seinen Augen. „Die Abmachung war auch kein Spiel für mich.“ „Sondern?“ „Es war mehr…“, flüsterte Mamoru. Motoki drückte ihn gegen die Haustür und presste seinen Körper gegen ihn. „Es tut mir leid, Motoki. Ich gehe mir mit meinem Hin und Her schon selbst auf den Sack. Wenn ich mich nicht langsam entscheide, drehe ich noch durch. Und ich nerve dich wahrscheinlich tierisch damit, dass ich nicht mal einen geraden Satz aussprechen kann, was ich eigentlich will.“ Und er würde wirklich durchdrehen, wenn er dieses Hin und Her noch lange mitmachen würde. Mal davon abgesehen würde spätestens Bunny ihm umbringen, wenn er nicht mal bald ausspucken würde, was er eigentlich dachte und fühlte. „Mich nervst du nicht“, nuschelte Motoki und sah ihn voller Gefühl an. „Was könnte nur aus uns werden, wenn wir nur dürften? Was wäre, wenn wir dürften? Wenn wir einfach zusammen sein dürften?“ Mamoru schluckte. „Das geht nicht, Motoki“, entschied er. „Allein Bunny gegenüber ist das hier schon wieder fürchterlich unfair.“ „Unfair? Ihr seid nicht zusammen im Moment“, hauchte Motoki. Er näherte sich seinen Lippen. „Es darf nicht passieren.“ „Nur, weil alle anderen es sagen? Mamoru, ich liebe dich…“ Mamoru schloss seine Augen. Nur, weil alle anderen es sagten… Er hatte immer geglaubt, er würde Bunny ernsthaft und aufrichtig lieben. Nicht nur, weil ihm eine Zukunft mit ihr bestimmt war und sie eine gemeinsame Vergangenheit hatten, nein, weil er sich schlicht und ergreifend zu ihr hingezogen fühlte. Und nun? Wie konnte ein einziger Mensch - und dann auch noch Motoki - innerhalb einer Woche seine Gefühlswelt über den Haufen werfen und ihm ganz andere Möglichkeiten und Wege im Leben offenbaren? Wie sollte er da jemals zu einer Entscheidung kommen? „Ich muss eine Entscheidung treffen. Ich muss mir klar werden, was das alles bedeutet…“ Motoki schüttelte seinen Kopf und legte ihm einen Finger auf die Lippen. „Warum genießt du nicht einfach mal, ohne dir dauernd den Kopf zu zerbrechen? Eine überholte Entscheidung ist nicht eine, die von Herzen kommt. Lass dir Zeit.“ Mamoru schluckte, als er seinen Finger auf seinen Lippen spürte. Es benebelte ihn, es ließ seine Gefühle durcheinander geraten. Unwillkürlich musste er an ein Sprichwort denken… Wer an die Liebe seiner Erben glaubt, dem ist aller Witz beraubt… Was war, wenn er einfach mal seinen Blick Richtung Zukunft richten würde, ohne sich von irgendjemandem beeinflussen zu lassen? Wie viel verpasste er eigentlich vom Leben, weil er sich von vorgeschriebenen Wegen leiten ließ? Wie aufrichtig waren seine Gefühle? Mamorus Innere taumelte. Alleine an seiner Liebe zu Bunny zu zweifeln, während er vor Motoki stand, war doch absoluter Wahnsinn. Er konnte es ihr niemals antun. Er spürte ihn, seine Nähe, roch seinen Duft. Er lockte ihn in eine Zukunft, die er nicht kannte, die aber ein aufregendes Prickeln auf seiner Haut hinterließ. Sein Inneres geriet vor Aufregung durcheinander, vor Nervosität. Er fühlte sich wie ein verliebter Teenager, wenn er vor Motoki stand, jeder Schritt wie eine neue Reise in eine unbekannte Welt. Und es kribbelte angenehm vor Wärme, jede Stelle, an die er von Motoki berührt wurde. Was würde zwischen ihnen sein können, wenn Mamoru sich nur von seinem Herzen leiten ließ, und nicht von dem, was man von ihm erwartete? „Du kannst dir das ernsthaft mit uns vorstellen?“, fragte Mamoru und öffnete seine Augen. Er ließ einen seiner Hände los und strich mit seinen Fingern zaghaft über seine Wange. „Du etwa nicht?“ „Ich werde mich nie wieder vor Bunny und ihren Mädchen blicken lassen können, Motoki. Ich kann ihr nicht wegen dir das Herz brechen.“ „Also willst du aus Pflichtgefühl wieder mit ihr zusammen kommen? Wegen Erwartungen anderer? Glaubst du, dass macht sie glücklicher?“ Motoki sah ihn durchringend an. „Lass doch für einen einzigen Augenblick nur dein Herz sprechen. Was fühlst du dann?“ Motokis Nähe machte ihn schier schwindelig. Seine Finger verweilten noch immer auf seiner Wange. Und dann – zum ersten Mal, ohne dass er nachdenken musste – zog er sein Gesicht näher an sich heran und küsste ihn. Er küsste ihn, als gebe es kein Morgen, spürte die sinnlichen Lippen auf seinen, vergaß alles um sich herum. Vergaß Verpflichtungen, Moralvorstellungen, Erwartungen. Er ließ nur die Nähe, die Leidenschaft und die Sehnsucht Herr über ihre Gefühle werden. Und als er Motokis Lippen auf seinen spürte, konnte sein Herz frei klopfen, frei vom Gewissen und Vorwürfen. Er dachte nicht an die Zukunft, er dachte nicht einmal an Morgen, nicht an den Stein, den er endgültig ins Rollen gebracht hatte. Es war Motoki, mit dem er in diesem Augenblick den Tanz der Gefühle vollführen wollte, ungeachtet der Angst, was sie eigentlich noch erwarten sollte. Denn was er in diesem Moment wirklich wollte, war die Nähe zu Motoki. Doch dann klopfte es an der Tür und Bunnys liebliche Stimme hallte durch den Flur, als sich Motoki und Mamoru atemlos voneinander lösten und sich ansahen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)