Wo der Himmel ist von dadgrin
(Sag mir das das hier ein Märchen ist, mit Happy End für alle Leute.)
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Kapitel 1: Keine Panik hinterm Eingangstor - Es wird gleich besser gehn
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Hey Leute,
ich muss ja zugeben mir erscheint der Anfang selbst ein bisschen random
zusammengewürfelt xD Aber ich denke es erfüllt genau das was ich bezwecken
wollte. Zumindest hat Frau gleich mal ordentlich zu tun haha //D Der Arme... ach
quatsch. Ich hoffe ihr fühlt euch nich zu sehr erschlagen von der Länge und
jetz wünsch ich euch viel Spaß mit meinem kleinen Monster //D Bin gespannt auf
eure Meinung
Sometimes Watson dreamt of his life before, and in the morning he remembered it
as an alien planet, dull and dry and airless. Every time he looked at Holmes, he
felt like he'd just woken up from years asleep.
From A Sherlock Holmes Novel
Altbekannte fast vergessene Geräusch erfüllten die Luft. Maschinen surrten und
piepten, die Motoren lärmten und die Stimmen von Menschen erklangen. Frau
kräuselte die Nase in welche ihm ein vertrauter Geruch stieg, der ihn langsam
die verschlafenen Augen öffnen ließ. Es roch nach Alkohol, Schmier- und
Motorenöl und noch einer Menge mehr das er im ersten Moment gar nicht einordnen
konnte. Benommen rollte er sich auf den Rücken, starrte an die Unterseite der
Koje über ihm. Immer noch viel zu dicht... dachte er und dann, das er wohl
träumen musste. Auch wenn ihm bisher keiner dieser Träume so realistisch
erschienen war. Frau gab ein undefinierbares Geräusch von sich, rieb sich
schwerfällig die Augen und blickte weiterhin die Unterseite der Koje über ihm
an. Eines seiner Beine hing in der Luft, er bewegte es ein wenig. Wie um zu
überprüfen ob es noch funktionierte, ehe er es sich streckte und feststellte
das wohl all seine Knochen noch heil und in Ordnung waren. Gerne wüsste er wie
spät es war, er fühlte sich nur relativ ausgeruht. Das Geräusch das er beim
aufstehen von sich gab glich einer Mischung aus einem Grunzen und einem Brummen.
Schlaftrunken ging er einige Schritte umher, orientierte sich bis er die Tür
fand. Gott, er braucht Kaffee, aber ganz dringend, sonst funktionierte hier bei
ihm gar nichts.
All den Schlaf den er die Jahre über in der Kirche versäumt hatte, weil er so
früh hatte aufstehen müssen hatte er jedes Mal nur mit einem fast ungesundem
Kaffeekonsum wiedergutmachen können. Das sich das aber auch in seinen Träumen
jetzt niederschlug irritierte ihn jedoch. Das er überhaupt müde war sagte ihm
schon das hier etwas nicht stimmte. Doch gerade auch deswegen schaffte er es
einfach nicht dieser Sache weiter auf den Grund zu gehen. Er stieß mit jemandem
zusammen und wollte eigentlich ungeachtet dieser Tatsache weitergehen bis sich
irgendwann jemand seiner erbarmte und ihm eine Tasse Kaffee in die Hand drückte
oder bis er die Küche fand. Beides Szenarien die wohl noch lange auf sich
hätten warten lassen, wenn Diego nicht reagiert hätte. „Mick, pass
do–!“, weiter kam er nicht, denn schon war der Blonde einfach weiter
getrottet. „He, Mick hörst du mir überhaupt zu?“, empörte sich der
Ältere, doch es kam nur ein undefinierbares Geräusch zur Antwort und er wusste
nicht mal sicher das es auch an ihn gerichtet war. Schnurstracks ging er also
auf die große blonde Gestalt zu und wollte ihm mal ein wenig den Kopf waschen,
erkannte das Problem allerdings sofort als er Fraus Gesicht erblickte. Dieser
hatte die Augen nicht mal ganz geöffnet, starrte nur träge vor sich hin,
während er nicht mal zu bemerken schien wer oder was da eigentlich mit ihm
sprach. Genaugenommen wusste Frau nicht mal was genau eigentlich passiert war.
Er hatte nur ein Hindernis wahrgenommen und war ihm dann erfolgreich aus dem Weg
gegangen. Das sich dabei noch um einen Menschen gehandelt hatte, war ihm völlig
entgangen. Diego schmunzelte und vergaß seinen Ärger vorerst. „Komm mit
großer“, er klopfte Frau auf die Schulter und lotste ihn den Korridor
entlang. Frau folgte ihm, gab ab und zu etwas undefinierbares von sich, wobei
Diego aufpasste das er nirgendwo gegen lief. Er führte den Blonden in den
Gemeinschaftsraum und reichte ihm eine Tasse Kaffee, mit Milch und Zucker, so
wie immer. Doch dieses Mal verzog der Blonde das Gesicht.
Er nuschelte etwas das nach „viel zu süß“ klang und schien aber auch nicht
dazu zu lernen, als er erneut einen Schluck trank. Diego der im ersten Moment
nur verwirrt geguckt hatte, tauschte schließlich kopfschüttelnd die Tasse in
der Hand des Blonden und verfrachtete ihn auf einen Stuhl in der Nähe. Er sagte
etwas, doch Frau achtete nicht auf die Worte. Er nickte nur und beobachtete wie
der Blondgelockte im weggehen seine Haare im Nacken zusammenband. Erneut trank
er einen Schluck Kaffee. Kein Körnchen Zucker. Zufrieden seufzend lehnte er
sich zurück und schloss die Augen, ließ den Kaffee langsam auf sich wirken,
während er immer wieder einen Schluck des heißen Getränks zu sich nahm. Was
für ein komischer Traum das alles wie im gewohnten Tempo ablief. Frau gähnte
und trank seine Tasse fast leer, rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er befand
sich irgendwo im Schiffsbauch, soviel war ihm klar. Der Raum war recht groß, es
gab einen Tisch und mehrere Stühle, wobei er auf einem dieser saß. Außerdem
gab es eine Kaffeemaschine und in einer Ecke stand ein schon etwas mitgenommen
aussehender Kühlschrank. An den Wänden ließ sich noch erkennen wo die
Löcher, die die herausgenommenen Kojen hinterlassen hatten, verspachtelt worden
waren. Frau erinnerte sich an diesen Raum. Hier wurde Karten gespielt, Alkohol
getrunken und Kaffee und Playmates waren an die Wände gepinnt worden. Eine
leicht bekleidete Frau zierte die Rückseite der Tür, das Poster hatte an den
Rändern schon leiden müssen, wie er bemerkte. Ein schwaches Lächeln legte
sich auf seine Lippen, als er sich umsah, hier und da lagen Jacken und Mäntel
über einem Stuhl oder in einer Ecke über einem Paar Stiefel. Auf der Mitte des
Tisches stand ein Aschenbecher und er sah einige Zigarettenpackungen im Raum
verstreut, teilweise gleich mit dem dazugehörigen Feuerzeug.
Frau griff sich eine der Schachteln, klopfte eine der Kippen heraus und
zündetet sie sich an. Er trank seinen Kaffee aus und verließ den Raum, es
würde ihm wohl schon keiner krumm nehmen, wenn er sich dabei bedient. Frau
blies den blauen Rauch in die Luft, während er den Gang hinab schlenderte und
sich fragte was genau er jetzt machen sollte. Er wusste nicht mal was hier seine
Aufgabe war. Kurzerhand tastete er die Taschen seiner Kleidung ab, doch fand er
keinen Hinweis auf seinen möglichen Zuständigkeitsbereich. Schulterzuckend
ging er also weiter und warf der türkishaarenen Frau die an ihm vorbeiging im
Nachhinein einen Blick zu. Ihre Kleidung ließ vermuten das sie wohl für
diverses Reparaturen zuständig war. Eine Augenbraue hebend wandte er seinen
Blick wieder nach vorne, zog an seiner Zigarette. Das er sich so hübsche
Mechanikerinnen dazu träumte war allerdings definitiv neu, er sollte sich
später nochmal mit dem hübschen Ding befassen. Zumindest nahm er sich das vor,
während er den Kopf in einen vermeintlichen leeren Raum steckte. Er erblickte
Kojetan, wollte etwas sagen aber kaum hatte der schwarzhaarige aufgeblickt,
hatte ihn auch schon jemand anders erblickt.
„Mick da bist du ja!“, erklang eine im wohlvertraute und es durchfuhr Frau,
weil sie so unglaublich real klang. Nur knapp konnte er es verhindern zusammen
zu zucken, als er sich umdreht und auch schon eine Hand auf seiner Schulter
spürte. Blinzelnd blickte er in die eisblauen Augen seines Gegenübers,
lächelte schwach und versuchte ernsthaft ihm zuzuhören. Aber eigentlich war es
ja gar nicht so wichtig oder? Es war doch sowieso ein Traum und, er blinzelte
erneut und schüttelte den Kopf als ein plötzliches beben das Schiff
erschütterte. Frau erstarrte und brachte es für einige Momente nicht fertig.
„Beweg dich endlich Mick!“ Ein weiterer Streifschuss sandte ein schwaches
zittern durch den Schiffskörper. „Koji ab an die Kanone! Du kommst mit
mir“, mit diesen Worten packte er Frau am Arm, welcher ihm schnellen Schrittes
folgte.
„Was is hier los?“, fragte er doch Gido schaute ihn, als ob er gerade
gefragt hätte ob das hier wirklich ein Piratenschiff war und die Erde um die
Sonne kreiste oder ob er wirklich Luft zum Atmen brauchte oder sowas anderes
völlig dummes.
„Das sind die Bastarde vom Militär, was denn sonst?!“, antwortete er,
während sie ins Cockpit hechteten. „Wieso sind die so dicht?“, herrschte er
den Piloten gereizt an. Dieser beachtete das Gekeife jedoch nicht weiter.
„Die ham uns aufgelauert“, erklärte er und wich einem weiteren. „Boss
krieg dich ein, wir brauchen jemanden an den Kanonen.“
„Ich hab Koji schon runter geschickt, Ty müsste sowieso noch unten sein“,
Gido griff nach einem Mikrofon und setzte sich mit den beiden in Verbindung.
„Mick du hilfst Shakir!“
Doch noch bevor sich Frau an diesen wenden können, ereilten ihn auch schon
dessen Worte.
„Meine Rede, wie viel Abstand Blondie?“ Blondie? Frau wollte sich schon
empören da zogen auch schon die blinkenden und piepsenden Monitore seine
Aufmerksamkeit auf sich.
„Noch knapp drei Kilometer Luftlinie!“, antwortete er dem Blonden jungen
Mann am Steuer. Was fiel diesem, diesem... noch bevor Frau eine Beleidigung
einfallen konnte, bemerkte er eine Silhouette am Horizont. „Wie weit sind wir
noch von der Stadt entfernt?“
„Was?“
„Wie weit sind wir noch von der Stadt entfernt?“, wiederholte Frau doch
dieses Mal eindringlicher.
„50... 80 Kilometer vielleicht, hör mal ich flieg doch je-“
„Doch“, Fraus Stimme war ernst. Eine Stadt bedeutete eine Kirche und eine
Kirche bedeutete Sicherheit. Auch in er Luft.
„Du bist doch völlig plemplem“, ein Ruck ging durch das Schiff als sie den
Beschuss zu erwidern begannen. „Ich flieg nicht auf eine Stadt zu, wenn die
uns abschießen wollen.“ Dennoch beschleunigte er das Tempo mit dem sie flogen
und Frau konnte auf dem Radar erkennen das auch das Militär aufzuholen begann.
„Genau deswegen ja! Über der Stadt is die wahrsch-“
„Als ob die Arschlöcher das kümmert“, der Pilot grinste trocken.
Doch Fraus Blick war nur auf die immer kleiner werdendes Stadt fixiert. „Flieg
auf die Kirche zu...!“, sagte er mit fester Stimme.
„Spinnst du als ob die uns helfen!“
„Darum-“
„Ey was is da los bei euch, streiten könnt ihr euch später!“ Frau fuhr
herum nur um Gido zu erblicken, blinzelte ein paar Mal, während ihm der Schock
der Erschütterung immer noch tief in den Knochen saß.
„Wasch Blondie den Kopf! Wir können nicht auf die Stadt zufliegen!“
„Mick das-“
„Doch! Es mag sie vielleicht nicht kümmern das es eine Stadt ist, aber uns
sollte es das. Da wo eine Stadt ist ist auch eine Kirche und den Luftraum direkt
über der Kirche und im Umkreis von 10 Kilometern dürfen die Schwachmaten nicht
ohne Erlaubnis passieren.“ Wenn das hier wirklich ein Traum war dann musste
das einfach klappen. „Shakir dreh um und flieg auf den ersten Kirchturm zu den
du siehst und bleib da gottverdammt nochmal!“ Doch immer noch drehte Shakir
nicht um.
„Wenn du mir sagst was das bringt?“
„Sie können nicht ewig ausharren, das kann sich das Militär doch gar nicht
leisten. Außerdem ist die Kirche sowieso dazu verpflichtet allen Schutz zu
gewähren die ihn suchen.“
Gido blickte seinen Schützling einige lange Sekunden an, dann nickte er knapp.
Etwas in Fraus Augen hatte ihn überzeugt. „Shakir tu was er sagt, ich vertrau
ihm.“ Das Mikrofon knisterte. „Zielt auf die Motoren vielleicht kriegen wir
sie hier irgendwo auf dem Flachland auf den Boden.“ Erleichtert stellte Frau
fest das sie jetzt jedoch wirklich drehten und auf die Stadt zusteuerte. Stück
für Stück wurde die Silhouette größer und breiter und nach einer Weile ließ
sich sogar schon der Kirchturm erkennen. „Geh unter Deck schau nach wies da
aussieht“, wandte sich der Schwarzhaarige wieder an Frau, welcher nickte und
hastig davonrannte. Er wusste ganz genau was er überprüfen musste, sein erster
Blick galt dem Maschinenraum, dann direkt am Heck der Frachtraum. Es gab ein
dumpfes Geräusch als er und die junge Frau von vorhin zusammenstießen.
„Mick...“, keuchte sie erschrocken. Kratzer und Schürfwunden zierten ihren
Körper. „Die Drachen... im Frachtraum, sie ham ein Loch in die Wand gerissen
und jetzt sind sie total verstört, wenn wir nicht was unternehmen zerstören
sie noch die ganze Ladung!“, sie rüttelte ihn an den Schultern.
„Lauf hoch zu Gido, sag ihm wies hier unten aussieht! Ich kümmer mich
drum!“, rief er und lief auch schon weiter. Er war zwar kein Drachenexperte
und Orion war sowieso ein ungewöhnlich menschenfreundliches Exemplar, aber er
war sich dennoch sicher das er das hinkriegen würde. Schon von weitem konnte er
das wüten der aufgebrachten und verängstigten Echsen hören. Ein lautes
Poltern war zu vernehmen, kurz bevor er die Tür zum Frachtraum aufriss und
gleich auf von einem der Drachen umgeworfen wurde. Durch die Rüstung war das
Tier schwerer als sowieso schon und selbst Frau hatte seine Mühe ihn von sich
runter zu wuchten, sein Arm schlang sich dabei um den Hals des Tieres und er
verbiss sich in dessen Ohr. Etwas das ihm Gido einmal beigebracht hatte, so
machten die Echsen einander klar, wer hier das Alphatier war. Zumindest nachdem
er reichlich dumm zugesehen hatte wie dieser mit dem Drachen seines Hawkziles
gekuschelt hatte. Mehr als hoffen das es funktionierte konnte er gerade jedoch
auch nicht. Die Schuppen schmeckten ein wenig nach Sand, aus den Stallungen und
Metall, oder vielleicht war es auch ein wenig Blut. Das Ohr entglitt ihm und er
landete unsanft auf dem Rücken, rappelte sich wieder auf und packte den Drachen
erneut, bevor dieser wieder lospreschen konnte. „Ruhig, ganz ruhig“, mit
eindringlicher Stimme redete er auf die verstörte Echse ein, während er deren
Kopf so gepackt hielt das sie ihn ansehen musste. Schnaufend blickte diese ihm
entgegen, versuchte sich zu wehren und schien sich nur langsam zu beruhigen.
„Komm mit“, er schnalzte lockend mit der Zunge und der Drache folgte ihm,
schien seine tobenden Kollegen selber ignoriert zu haben, Frau brachte ihn ein
paar Meter weiter und sah dann wieder zu dem Knäuel aus Echsen das sich
scheinbar nur noch selber verrückt machte.
„Verdammte Scheiße“, knurrte er, stürzte sich aber dennoch ins Getümmel.
Zerkratzt und zerbeult sank er schließlich an einer umgekippten Kiste zusammen.
Hoffentlich hielt der Inhalt das aus, obwohl eigentlich konnte ihm das ja egal
sein. Ein tieferer Kratzer unterhalb seines Schlüsselbeins pochte unangenehm,
doch er ignorierte es. Der dumpfe Schmerz ließ sich seine Gedanken drehen wie
ein Karussell. Was zur Hölle war hier bloß los? Im Traum suchte einen doch
höchstens die Erinnerung an den Schmerz heim oder nicht? Man wusste das es
wehtat, aber man spürte es nicht wirklich. Außerdem was träumte er hier
überhaupt für einen Scheiß. Schritte näherten sich, doch er reagierte kaum.
Wie benommen ließ er sich hoch helfen und folgte Koji zurück nach oben. Er
hatte das Licht im Frachtraum angeschaltet und die Drachen voneinander getrennt
und beruhigt. Sogar ohne nochmal einem von ihnen ins Ohr beißen zu müssen.
Diego war es der letztlich seine und die Wunden der jungen türkishaarenen Frau
anblickte. Schmerz. Er konnte es immer noch nicht richtig begreifen. Dennoch...
er spürte Schmerz und er spürte wie der Gedanke den diese Empfindung aufkeimen
ließ sein Herz wie wild rasen ließ. Das hier war real. Und mit einem Mal
schien ihm das vor seinen Augen wie es alles ein mal vor sehr vielen Jahren
gewesen war. „Mick?“, Besorgnis schwang in dieser ihm so wohl vertrauten
Stimme mit.
Frau blickte auf und grinste, „ja?“ Freude funkelte in seinen Augen, womit
er Gido für einen Moment zu verwirren schien, doch dann schüttelte dieser nur
leicht den Kopf. Gerne hätte er ihm erklärt, doch er wusste es ging nicht. Er
wusste das wäre zu verwirrend, also blieb es dabei das er sich freute. Er
freute sich diesen Mann zu sehen, der ihm so viel bedeutet hatte und darüber
das sie beide am Leben waren. Er freute sich einfach... es machte ihn
glücklich. Doch er konnte es trotzdem nicht so wirklich begreifen. Das alles
musste doch noch ein Traum sein. Ein Traum mit Schmerzen die sich echt
anfühlten. Wie eigenartig. Wahrscheinlich würde er gleich aufwachen, dann war
eh alles egal. Gidos Worte drangen schon gar nicht mehr zu ihm durch, er nickte
nur ab und zu um vorzugeben das er zuhörte.
Zu seinem Glück sollte er recht behalten, denn das Militär hatte keine Lust
sich die Mühe zu machen erst die Erlaubnis einzuholen um sie weiter zu
verfolgen. Also drehte das Schiff nach einer Weile ab und sie tuckerten langsam
über die Stadt hinweg, auf der Suche nach einem sicheren Ort um ihr Schiff
wieder auf Vordermann zu bringen.
„Woher wusstest du das eigentlich?“, die Frage des Schwarzhaarigen
überraschte ihn nicht, aber dennoch zögerte er einen Moment bei seiner
Antwort. Sie saßen in der Kapitänskajüte. Frau auf seinem Bett und der
Ältere an seinem Schreibtisch.
„Das hat es lange versucht so geheim wie möglich zu halten. Sie haben ein
Abkommen mit dem Papst, deswegen dürfen sie den Luftraum um und über den
Kirchen nur mit Erlaubnis überqueren. In der Regel wissen davon auch nur die
Soldaten und die Bischöfe. Das Militär“, Frau sagte mit Absicht nicht das
barsburger Militär, „will nicht das jemand auf die Idee kommt es gegen sie zu
nutzen. Deswegen haben sie es da-“ Er brach ab und setzte neu an. „Sie
halten es vor den Piraten geheim, jagen sie deshalb auch mit Absicht über den
Städten. So sollen wir nicht darauf kommen, das wir gerade dort Schutz suchen
könnten.“ Er hörte Gido ein anerkennendes Geräusch von sich geben.
„Da hat sich wohl jemand schlau gemacht wies aussieht.“
Unwillkürlich verlegen grinste Frau und fügte hinzu, „hat mir mal jemand
erklärt...“ In Wahrheit hatte er sich das aus den Zeitungsberichten und dem
was er als Bischof gelernt hatte zusammenklamüsert. Doch das sagte er dem
Anderen nicht. Mit einem leisen Seufzen lehnte er sich zurück und schloss für
einen Moment die Augen, während seine Gedanken zu Teito wanderten. Teito...
Teito... Was wohl aus diesem... nein, irgendwie bezweifelte er das er den
Brünetten in seinen jetzigen Traum eingebaut hatte. Schade, dachte er sich und
öffnete die Augen wieder, wobei ihm eine Karte an der Wand gegenüber auffiel.
Sie zeigte beide Königreiche. Raggs und Barsburg und einige verstreute
Inselgruppen. „Gido...“, der Blonde stockte kurz, beim sprechen wie beim
aufstehen ob dieses vertrauten Namens. Schon so lange hatte er ihn nicht mehr
ausgesprochen. Der Schwarzhaarige hatte sich beim Klang seines Namens
herumgedreht und bemerkte wie der Jüngere zögerte. „Wo sind wir genau?“,
fragte Frau schließlich, als er aufgestanden war und Schritt zu der Karte
herüber. Der Ältere stand nicht auf, lehnte sich zurück und musterte die
Karte aus der kurzen Entfernung.
„Irgendwo kurz vor der Grenze von Raggs...“, sagte er schließlich und
beobachtete wie der Andere mit dem Finger unsichtbare Linien über das Papier
zog. Jedoch fragte er nicht was er damit bewirken wollte. Vielleicht dachte er
über etwas nach. Er seufzte leise und fuhr sich durch die schwarzen Haare.
„Du solltest dich ausruhen Mick.“
Da. Schon wieder diese Name. Mick. Selbst wenn ihn seit Jahren niemand mehr so
genannt hatte um er ihm eigentlich fremd geworden war, reagierte er immer noch
wenn ihn dieser Mann so ansprach. Ein schwaches Lächeln legte sich auf Fraus
Lippen, dann blickte er weg. Er presste die Lippen aufeinander und fragte
vorsichtig, „kann ich hier schlafen?“ Der Blonde hatte nichts dagegen sich
hinzulegen, da würde er sich zur Ausnahme mal nicht mit dem Anderen drum
kabbeln. Er konnte den argwöhnischen Blick Gidos spüren, doch er erwiderte ihn
nicht. Wenn das hier ein Traum war, dann wollte er lieber früher als später
aufwachen. Das hier war alles zu real. Je länger das hier anhielt, desto
sicherer würden bald die Flashbacks wieder einsetzen und ihn quälen.
„Klar...“, antwortete Gido schließlich und machte eine Handbewegung, als
wäre es ihm recht egal. „Aber wenn ich schlafen will und mir das zu eng is
schmeiß ich dich raus, nur damit das klar is!“
„Klar“, kicherte Frau und traute sich erst jetzt wieder ihn anzusehen. Doch
mehr als seinen Rücken bekam er nicht zu Gesicht. Mit einem seufzen ging er zu
seinem Bett herüber und machte es sich noch in voller Montur dort bequem.
„Sofern du mich dann hier noch weg kriegst“, murmelte er grinsend in sich
hinein und schloss langsam die Augen. Die Decke und das Kissen rochen nach Gido
und das war ein irgendwie beruhigender Umstand. So beruhigend und lang
vergessen, das er tief durchatmete und sich merklich entspannte. Es war schon
gewesen ihn wiederzusehen, doch jetzt musste er wieder zurück in die Realität.
Teito wartete sicherlich schon darauf das er endlich wieder aufwachte und die
Kleine sowieso. Vielleicht würde er es dieses Mal auch über sich bringen ihm
von dem Schwarzhaarigen zu erzählen. Vielleicht... Mit diesem Gedanken schlief
Frau ein.
Ein Tag verstrich. Zwei Tage verstrichen. Die Augen weit geöffnet starrte Frau
auf die Unterseite der Koje über ihm. Viel zu dicht... Er hatte früh aufstehen
müssen, Wache schieben, aber jetzt hatte er Zeit sich auszuruhen. Dennoch
konnte er nicht schlafen, auch wenn sein Körper mehr als willentlich danach
verlangte. Er konnte nicht. Drei Tage... Welcher Traum ging schon drei Tage und
man bekam jede Sekunde davon mit, sogar den Schmerz. Es war so real. Viel zu
real. Ängstlich pochte sein Herz gegen seinen Brustkorb. Eine kleine, leise
Stimme flüsterte in seinem Hinterkopf. Wo bist du hier bloß gelandet? Er
schloss die Augen und drehte sich auf die Seite, kauerte sich so gut wie
möglich zusammen. Unter den langen Ärmeln versteckten sich blaue und von Blut
verkrustete Flecken auf seinem Arm. Er hatte sich gekniffen und an der Haut
gezupft bis sie blutete, doch nichts hatte ihn aufwachen lassen. Auch keine
kalte Dusche oder eine Heiße. Gido war am Leben, die ganze Crew war am Leben
und er auch und er war erwachsen. Gido war noch Zehel, da war er sich sicher.
Sein Herz machte einen Satz und pochte Schneller, während er das Gesicht im
Kissen vergrub. Nein. Nein. Nein. Frau biss sich auf die Unterlippe, kniff die
Augen zusammen. Raggs und Barsburg hatten nie Krieg geführt. Raggs war nie
ausgelöscht worden und Teito... nein Tiashe... war er am Leben? Sicher war er
am Leben und sicher war sein Leben hier besser. Frau atmete tief durch und sagte
sich das es alles nur Vermutungen waren. Er wusste gar nichts über diese Welt,
diesen Ort an dem er hier gelandet war. Alles was er meinte zu wissen hatte er
sich anhand von Karten, Zeitschriften und Büchern hier an Bord
zusammenklamüsert. Es gab keine Garantie dafür das es Stimmte. Das beruhigte
ihn zwar nicht, doch es half ihm diese Gedanken alle für einige Zeit beiseite
zu schieben und sich nicht zu verrennen. Am schlimmsten war immer noch die
Feststellung das er mit niemandem darüber reden konnte. Dabei brannte es ihm
auf der Seele und der Zunge und er war sich sicher noch verrückt zu werden,
wenn er nicht bald mal mit jemandem darüber redete.
Seufzend kletterte er auf leisen Sohlen aus der Koje und machte sich auf den Weg
zu Gidos Zimmer. Dort angekommen klopfte er und als er keine Antwort erhielt,
öffnete er die Tür einen Spalt um hineinzuspähen. Der Schwarzhaarige lag auf
seinem Bett und schlief. „Wahrscheinlich ist es so eh besser...“, murmelte
Frau beim reingehen und setzte sich auf den Boden, den Rücken an die Bettkante
gelehnt. Gido schnarchte leise und fast hätte der Jüngere gelacht über diesen
Umstand. War ihm als Kind nie aufgefallen. Seine Hände gruben sich den Stoff
seines Mantels, als er tief Luft holte und zusammenkauerte. „Wahrscheinlich
würdest du mich für verrückt halten, wenn du mitkriegen würdest was ich dir
sage... klingt ja für mich selber schon verrückt genug, aber“, innehaltend
biss er sich auf die Lippe. „Ich weiß es einfach, ich weiß einfach das ich
nicht hierher gehöre. Das hier ist nicht meine Realität.“ Sein Herz hatte
für einen Moment ausgesetzt, als er den letzten Satz die Kehle hochgewürgt
hatte. „Da wo ich herkomme ist das alles hier nicht mehr...“, flüsterte er
und senkte den Blick. „Das ist alles so lange her, das ich mich nicht mal
richtig erinnern kann und auch wenn ich nicht weiß ob ich mir wünschen soll
das das ganze nur ein böser Traum war und das hier die eigentliche Realität...
ich weiß nicht. Ich hab das Gefühl ich weiß gar nichts mehr. Ich weiß nur
ich gehöre nicht hier her.“ Frau atmete tief durch und lag jetzt schon
beinahe halb auf dem Bett, die Arme auf der Bettkante verschränkt. „Ich will
aufwachen Gido“, murmelte er und fühlte sich mit einem Mal wieder wie damals.
Wie ein kleines Kind. „Lass mich aufwachen Gido... Ich will nach Hause.“
Diese Worte zu sagen fühlte sich richtig an und dennoch taten sie weh. Es war
ein zweischneidiges Schwert.
„Red keinen Schwachsinn, du Idiot“, grummelte Gido, drehte sich auf die
Seite und ließ Frau unwillkürlich zusammenzucken. Oh Gott, er war doch nicht
die ganze Zeit wach gewesen und hatte nur vorgegeben zu schlafe, oder? Der
Blonde schluckte schwer.
Kapitel 2: Du fühlst, du träumst. Du glaubst, du fliegst.
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What you want's to wash your face and try to breathe
Forget your mind and shut your eyes so that you can see
Es gibt keine Wahl und kein zweites Mal!
Du fühlst, du träumst.
Du fühlst, du glaubst, du fliegst. Du fliegst. Du fliegst!
Gido rollte sich herum, lag nun mit dem Rücken zu Frau und schnarchte leise
weiter, währen der Blonde nicht ganz wusste ob er Lachen oder Weinen sollten.
Das der Schwarzhaarige im Schlaf redete war ihm früher nie aufgefallen. Sein
Blick wanderte im Zimmer umher und fand ein kleines zerknautschtes Kissen das er
beim verlassen des Raumes nach dem Anderen warf. So! Das hatte er nun davon,
wenn er ihm so einen Schrecken einjagte. Mit einem seufzen schloss Frau die Tür
wieder hinter sich. Er wanderte einige Gänge entlang, suchte nach einem
Fenster, einer Luke und späte schließlich hinaus um zu gucken wo sie sich in
etwa befanden. Die Grenze zwischen Raggs hatten sie mittlerweile passierte und
mit jedem Tag drangen sie tiefer in das Land vor. Doch wohin genau sie gerade
folgen wusste er selbst nicht. Die Fracht schien nicht für eine der Inseln
bestimmt zu sein. In Gedanken versunken hatte die Nase an das dicke Glas
gepresst und starrte hinab auf die Dächer einer Stadt unter ihnen. Seine
Erinnerungen an dieses Land waren nur ganz verschwommen. Da erinnerte er sich
schon eher an Gido, an seine Gestalt, seine Stimme, nicht unbedingt die Worte
die er gesprochen hatte, aber seine tiefe, warme Stimme.
Frau seufzte, löste sich vom Fenster und wandte sich zum gehen während ihm
bewusst wurde das seufzen etwas war das er in den letzten Tagen oft und viel
getan hatte. Wie ein unglücklich Verliebter der seiner Liebsten
nachschmachtete. Der Gedanke ließ ihn das Gesicht verziehen. Sicher ihm fehlte
der Kurze und auch seine Kleine, aber soweit zu sagen das er deswegen zu einem
bedrückt seufzenden Häufchen elend verkam wollte er nicht gehen. Sein Weg
führte ihn weiter hinein in den Schiffsbauch, fand seinen Weg bis zum
Maschinenraum. Als Kind war er oft herumgestreunt während der Flaute, der Zeit
an Bord wenn nichts, wirklich rein gar nichts zu tun war, außer das nächste
Ziel oder die nächste Beute zu erreichen. Leises surren und piepsen war zu
vernehmen und er erblickte einen Sicherungskasten an einer unverkleideten Wand.
Die Tür war nicht abgeschlossen, lehnte nur im Rahmen und Frau ließ den Blick
schweifen. Er hörte ein leises klirren und klackern, wie vom rumhantieren von
Werkzeug. Und hinter einem metallen verkleideten Kasten der wohl eine Reihe von
Kabeln beherbergte erblickte er jemandem auf den Boden über etwas knien.
„Schraubenzieher“, erklang eine weibliche, ihm irgendwie recht bekannte
Stimme. Zumindest hatte er sie schon mal gehört. Frau grinste leicht, blickte
sich um und reichte ihr wortlos den Schraubenzieher. Anscheinend hatte sie
gearbeitet und war gerade fertig geworden, denn sie schraubte gerade eine
Metallplatte wieder fest. Dann richtete sie sich auf, steckte den
Schraubenzieher in die Hosentasche und ging herüber im Sicherungskasten, wo sie
einen kleinen Schalter umlegte und ein weiteres surren war zu vernehmen. Es
hörte sich stark nach Lüftung an. Mick erblickte einen kleineren matten
schwarzen Bildschirm der in die Wand eingelassen war, der hochfuhr und auf dem
nun mehrere Messwerte zu erblicken waren. Skeptisch blickte sich der Blonde um,
von Schiffsmechanik verstand er nicht ganz so viel von dem Aufbau eine
Hawkziles. Aber genug um sich denken zu können wozu das hier diente.
„Wars kaputt?“, fragte er sich gegen die Wand lehnend.
„Nur ein kleiner Wackelkontakt“, erwiderte die türkishaarene Frau mit
abwehrender Handbewegung. Doch sie stockte in ihrer Bewegung, schien ein wenig
verwirrt. „Willst du was bestimmtes Mick?“, fragte sie und sammelte ihre
Werkzeuge vom Boden auf.
„Vielleicht“, mit einem charmanten Lächeln auf den Lippen folgte er. Wie
hieß sie eigentlich? Er merkte das auch, wenn er es zu wissen schien er einfach
nicht auf den Namen kam. Es lag ihm förmlich auf der Zunge. Sie verließen den
Maschinentrakt wieder. Ein kurzer Besuch, wie es schien. „Wo gehts hin?“,
fragte er.
„Küche. Ich hab Hunger, du auch?“
Nein, eigentlich hatte Frau nicht wirklich Hunger, aber einen Kaffee könnte er
ja nochmal trinken, also beschloss er ihr weiter zu folgen. „Nein, nicht
wirklich. Auch wenn ich bei deinem Anblick Hunger kriegen könnte...“, grinste
er mit zweideutigem Ton in der Stimme. Daraufhin hieb sie sanft nach seinem
Oberarm.
„Du gibst es auch nie auf, oder?“, Ayasha rollte mit den Augen. Ach ja,
genau. Das war Ayasha. Schöner Name, aber warum war ihm der nicht gleich
eingefallen fragte sich Frau.
„Natürlich nicht“, lachte er, während sich die Informationen neu ordneten.
Also sprachen sie wohl öfters miteinander. Gut zu wissen. Gut zu verstehen
schienen sie sich ja auch einigermaßen. Auf dem Weg zur Küche begegneten sie
Kojetan, aber ansonsten langweilte sich der Rest der Mannschaft wohl ebenso sehr
wie er grad noch bis eben. Und während er die Kaffeemaschine anstellte, griff
sich die Türkishaarene eines der Sandwiches aus dem Kühlschrank.
„Hast du wirklich keinen Hunger?“, fragte sie ihn, während sie sich setzte,
doch Frau schüttelte nur den Kopf. Sein Appetit war eh schon zurückgegangen
seit er hier war. Dabei war er Devaki sogar los und musste sich darum das sein
Körper vielleicht nicht mitspielte keine Gedanken mehr machen. Er schüttelte
nur den Kopf und zündete sich eine Zigarette an, während er auf seinen Kaffee
wartete. Eigentlich erinnerte er sich daran das Gido das nicht gemocht hatte.
Rauchen war auf dem Schiff verboten gewesen, komisch. Aber der Blonde
schüttelte geistesabwesend den Kopf. Das hier war sowieso alles komisch und
mittlerweile war er sich leider auch ziemlich sicher das er nicht träumte. Die
Schmerzen die er jedes Mal spürte, wenn er die Haut an seinem Arm aufzupfte
waren verdammt real. Das bildete er sich ganz sicher nicht ein. Er nahm einen
tiefes Zug des bläulichen Rauchs, bevor er diesen nachdenklich wieder ausblies.
Ayasha beobachtete ihn kauend, dachte ebenfalls nach. So kannte sie den
Blondhaarigen gar nicht und auch wenn es sie nervte ständig von ihm abgegraben
zu werden, als hätte er nichts besseres zu tun, kam es ihr eigenartig vor.
„Ist irgendwas?“
„Hm?“, er wandte den Blick. Lauschte dem langsam verstummenden Geräusch der
Kaffeemaschine. „Nein, sollte etwas sein?“, der Ältere lächelte und stand
auf, um sich eine Tasse aus dem Schrank zu holen. Leise plätschernd füllte das
bittere Getränk die Tasse. Kein Zucker, keine Milch – herrlich. Wie war Diego
neulich überhaupt darauf gekommen, das er sowas mochte? Das war ihm viel zu
süß. Aber zum Glück schienen das mittlerweile langsam alle zu lernen. Auch
wenn sie ihn anguckten, als wäre er ein völlig anderer Mensch, wenn sie es
mitbekamen. Er setzte sich wieder und trank einen Schluck.
„Woher soll ich das wissen, ist ja nicht mein Problem, sondern deins“, sie
zuckte die Schultern, und er lachte leise und seufzte dann.
„Kennst du das...“, begann er nach einer Weile wieder. „Wenn du aufwachst
und du musst dich erst wieder erinnern wo du bist?“ Ein nicken, denn sie kaute
und Frau nickte ebenfalls, während er sich zurücklehnte und dabei hörbar
durchatmete. „Und dann bist du wach und weißt wieder wo du sein müsstest und
weißt auch wo du bist, aber das beide passt einfach in keinster Weise
zusammen?“
Ihre Augenbrauen hoben sich, während sie einen großen Bissen Sandwich
verschlang, ehe sie antwortete. „Nein, das ist mir ehrlich gesagt noch nie
passiert. Aber keine Sorge mehr als Verlaufen kannst du dich hier nicht“,
grinste sie.
Die Arme verschränkt rollte der Größere die Augen. Das war nicht sein Punkt
gewesen, aber wahrscheinlich war es auch schwer ihm da zu folgen. Wie sollte er
schon erklären das seine Welt genauso wie diese und doch so viel anders war.
Tatsache war allerdings das er das hier ebenso wenig träumte und das machte
einfach keinen Sinn. Selbst für Seelengefäß wie ihn nicht. Vielleicht hätte
er sich noch irgendetwas zusammenfabulieren können, wenn nicht Zehels Zeichen
auf seinem Handrücken gefehlt hätte. Doch momentan verstand er die Welt nicht
mehr. Ein wenig hatte er sich noch mit Ayasha unterhalten, doch dann eher über
belanglosere Dinge und sie hatten auch etwas gelacht. Doch nun hatte sich Frau
vor der Karte auf dem Tisch im Großraumcockpit eingefunden. Sie war mit
Reißzwecken auf dem Holztisch befestigt und zahlreiche Flecken und die
ausfransten Ränder waren eindeutige Gebrauchsspuren. Weitere Reißzwecken waren
auf die Karte gesteckt und trugen entweder die Farbe rot, blau oder schwarz.
Mittlerweile hatte Frau auch rausbekommen welche wofür stand. Schwarz waren die
Piraten, Rot stand für Raggs und Blau für Barsburg. Anscheinend waren sie
anhand der Jolly Roger, des Augen Michaels und des Auge Raphaels ausgewählt
worden.Einige der roten und blauen Zwecken hatten einen schwarzen Punkt oder ein
kleines Kreuz oben drauf. Das mussten entweder Stützpunkte oder wichtige Häfen
sein. Den Kopf auf eine Hand gestützt und den Ellenbogen auf dem Tisch, saß er
über die Karte gebeugt. Sie war in Raggs verfasst, doch ohne Zehel war das
meiste davon für ihn nicht zu entziffern. Es war schon Ewigkeiten her das er
etwas in dieser Sprach gelesen, gar geschrieben hatte. Zumindest beherrschte er
sie noch gebrochen, was schon mal besser als gar nichts war wie er fand. Soweit
er das sah zeigte die Karte die Position der eigenen Schiffe und die der Feinde,
die der beiden Königreiche. Waren sie im Krieg? Es erinnerte ihn zumindest
daran und aussehen tat es auch so.
Verdammt.
Frau schreckte aus seinen Gedanken, als sich Diego neben ihn setzte. Die
blondgelockten Haare hatte er im Nacken zusammengebunden, ein leichtes Lächeln
lag au seinen Lippen. „Na, grübelst du drüber nach wie wir ihnen wieder eins
auswischen können?“, neugierig musterte er den Jüngeren, welcher ihm nur
einen kurzen Blick zuwarf und sich dann ein paar Strähnen hinters Ohr strich.
„Dafür muss man doch überhaupt erstmal was auf dem abgegriffenen Teil
erkennen könn“, erwiderte er mit einem Augenrollen, wenngleich er dennoch ein
wenig schmunzeln musste. Diego lachte leise, es stimmte die Karte war wirklich
nicht mehr die neueste doch sie erfüllte ihren Zweck trotz etlicher
Reißzweckenlöcher, verblassender Tinte, Kaffeeflecken und eingerissenen
Rändern und was sonst noch immer seine Spuren auf dem angegilbten Papier
hinterlassen hatte.
„Wenigstens verhalten sich die Königreiche momentan nicht so aufdringlich wie
sonst...“, Diego lehnte sich mit hinter dem Kopf verschränkten Armen zurück.
„Sonst hätten wir sie schon längst wieder an unseren Fersen gehabt.“ Frau
lächelte schmal, als ihm diese Worte durch den Kopf gingen. Ja, Teito und ihm
hatte das Militär auch an den Fersen gehangen. Ständig und dann... ein
einziges Mal, Frau schluckte und musste sich die pochende Schläfen reiben.
Alles was er noch wusste, war das er etwas dumme gemacht hatte. Ihm war nichts
weiter als die Erinnerung geblieben das er jemanden enttäuscht hatte, nein
eigentlich nicht einen, alle... Er atmete tief durch und fuhr sich mit beiden
Händen über das Gesicht. Es war so verdammt undeutlich, und erst jetzt merkte
er das Diego mit ihm gesprochen hatte, doch die Worte hatten ihn nicht erreicht.
Bestmöglich versuchte er deswegen die eben gesprochenen Worte zu
rekonstruieren. Irgendetwas über das Militär in Barsburg... oder Raggs, oder
beide. Sein Blick fiel auf einen Punkt der Karte. Die Großkirche. Er hatte zwar
gewusst das es sie auch schon vor dem Krieg gegeben hatte, war ja auch irgendwie
logisch, aber dennoch erschien es ihm mit einem Mal so schrecklich surreal auf
diese Karte zu blicken und in verblasster Schrift die Worte Raggs'sche
Großkirche zu lesen. In Gedanken versunken nahm er einen der herumliegenden
Bleistifte und kritzelte das Zeichen VII und Dstkt. neben die Markierung der
Kirche. Dann zeichnete er noch den für sie so bedeutenden geschützten Luftraum
ein, markierte den Kreis mit schrägen Linien und ließ den Blick weiter über
die Karte wandern. Viele Kirchen waren nicht eingezeichnet, im Grunde nur die
wichtigsten, doch das reichte ihm. Gerade als er den Stift erneut ansetzen
wollte, vernahm er Gidos Räuspern. Frau blickte auf, blinzelte wie aus einer
Trance hochgeschreckt.
„Darf ich erfahren was du da mit meiner Karte machst?“
Schweigend blickte er wieder auf die Karten, dann hinauf zu Gido und drehte den
Bleistift so in seiner Hand das er mit dem stumpfen Ende auf die Kirche tippen
konnte. „Unsere Sicherheitszonen einzeichnen“, erwiderte er, immer noch ein
wenig geistesabwesend. Der Schwarzhaarige nahm ihm gegenüber platz und
betrachtete die Karte.
Er seufzte und musterte ihn. „Na ja, dann mach weiter... scheint ja, als
wüsstest du was du da tust...“ Gido schien skeptisch, aber Frau musste
trotzdem lächeln, während er auch die anderen Kirchen mit einem Kreis und der
Nummer des Distriktes versah. Zweiteres vor allem, weil es ihm selbst ein
besseres Gefühl gab. „Nummerierst du sie?“
Zuerst wollte er den Kopf schütteln, doch dann wog er ihn nur leicht hin und
her. „Könnte man so sagen...“ Er wollte lieber nicht erklären warum er
diese Nummern dazuschrieb. Warum er die Karte wie gewohnt in Gedanken schon
längst in Distrikte unterteilt hatte. Wahrscheinlich wäre das für Gido hier
auch nicht sonderlich verständlich gewesen mit dem Krieg. Hier schien ja alles
in Ordnung zu sein. Er merkte das ihn der Ältere akribisch beobachtete und auch
wenn er nicht so genau zu wissen schien was er davon halten sollte, ließ er ihn
machen. „Fertig“, Frau legte den Bleistift beiseite und lächelte leicht,
während er zu Gido aufblickte. Dieser betrachtete sein Werk, kaute dabei
nachdenklich auf seinem Zigarettenhalter herum und ließ sich schließlich mit
einem leichten nicken zurücksinken. Sein Blick richtete sich auf Frau, dann auf
Diego. Er dachte eindeutig über etwas nach, doch er hatte nicht vor es einem
der beiden zu verraten. Seitdem er vorhin im Schlaf zugequasselt und dann auch
noch mit einem Kissen beworfen worden war, war er wieder wach. Leider hatte er
nicht mehr mitgekriegt wer so freundlich gewesen war ihn zu wecken. Allerdings
saß ihm die Müdigkeit immer noch zu sehr in den Knochen, als das er dafür
jemanden zusammenfalten wollte.
„Ist das deine?“, er wies auf Fraus Kaffeetasse und dieser nickte, er hatte
sich eine zweite aus der Küche mitgenommen. „Darf ich?“ Unbedacht nickte
der Blonde, beobachtete wie der Andere nach seiner Tasse griff und diese an die
Lippen führte. Gido trank zwei große Schluck und während er ihn beobachtete
kam dem Jüngeren der seltsame Gedanke, das man sowas ja auch als indirekten
Kuss bezeichnen könnte. Ein indirekter Kuss mit Gido. Überhaupt ein Kuss mit
Gido. Überhaupt ein Kuss mit diesem Mann... Sein Blick wanderte
Gedankenverloren an dem langen, hageren, wenngleich kräftigen Körper hinab.
Dann hob er sich wieder um sich an seinen Lippen zu fixieren. Diese schmalen,
ein wenig blassen, jetzt ein wenig mit Kaffee benetzten Lippen. Wahrscheinlich
waren sie nicht sonderlich weich, würde sich wohl trotzdem ganz gut
anfühlen... es wäre sicherlich interessant, dachte sich der Blondhaarige und
fuhr sich durch die wirren Strähnen. Die Vorstellung war ihm zumindest nicht so
unangenehm wie sie vielleicht hätte sein müssen.
„Mm. Ist was?“, der Schwarzhaarige hatte sich die Lippen gelegt, musterte
den Jüngeren. Doch als sich ihre Blicke trafen, schluckte Frau nur und
verschränkte seufzend die Arme. Sah mit einem Mal gar nicht mehr so zufrieden
mit sich und der Situation aus.
„Ich sollte dich schlagen für das was du aus mir gemacht hast...“, murmelte
er leise zu sich selbst und hoffte das es keiner der beiden gehört hatte. Was
bitte hatte er sich denn da grade vorgestellt. So untervögelt war er jetzt doch
auch nicht.
„Hm?“, fragend blickte er ihn an, während er die Tasse wieder abstellte.
„Mick du weißt, ich hab kein Bock dir immer alles aus der Nase ziehen zu
müssen...“, seine Augenbrauen hoben sich für einen Moment.
„Ich meinte, dich sollte man bloß keine Kinder erziehn lassen!“,
wiederholte er seinen Satz sinngemäß und klang dabei trocken und leicht
säuerlich. Es klang so endgültig, so nach Urteilsspruch, das Gido ihn im
ersten Moment nur verwirrt anblinzeln konnte. Er staunte nicht schlecht das Frau
erst nach all den Jahren über seine Erziehung zu meckern schien und der
Blondgelockte neben ihnen brach nach kurzem prusten in Gelächter aus.
Obwohl, so stimmte das ja auch nicht ganz. Er hob eine Augenbraue und
schüttelte den Kopf über seine Worte. „Du hast dich doch gar nicht erziehen
lassen...!“, erwiderte er mit einem schiefen schmunzeln. „Ich wasche meine
Hände in Unschuld.“ Woraufhin er dann diese auch hob, wie um zu zeigen das
sie wirklich rein waren.
„Verarsch mich nicht, ich wette in meinem Alter warst du noch schlimmer als
ich!“, entgegnete der Jüngere, wandte den Kopf ab. Diesen stützte er dabei
auf eine Hand, mit dem Ellenbogen auf der Lehne der kleinen Couch auf der mit
Diego zusammen saß. „Deine Beziehung zur Unschuld war kurz und schmerzlos.“
„Jetz krieg dich aber mal wieder ein!“, empörte sich der Schwarzhaarige,
fast schon ein wenig eingeschnappt und verschränkte die Arme vor der Brust.
„Und schau mich gefälligst an, wenn du mit mir redest.“ Mit den Augen
rollend blickte ihn Frau an, den Blick nur fragend ob er jetzt zufrieden war.
„Dein verkorkstes Hirn hast du ganz sicher nicht von mir.“
„Das vielleicht nicht, aber ganz sicher gehen meine Schamlosigkeit und die
ganzen Pornos auf deine Kappe.“ Wieder klang seine Stimme wie ein
vernichtendes Urteil.
„Ich hasse dich.“ Jetzt klang er genauso wie Frau eben als diese Diskussion
angefangen hatte und er fragte sich unweigerlich, was dem Blonden wohl durch den
Kopf gegangen war das ihn so verärgert hatte. War ihm irgendetwas einfallen wo
er wirklich Mist gebaut hatte und wenn ja warum sagte er ihm das nicht einfach.
Frau schmunzelte. „Oh, und ja das Fluchen hab ich auch von dir gelernt...“,
grinste er verschmitzt.
„Ach, leck mich...!“, murrte der Pirat nur und mit einem leisen lachen erhob
sich sein Gegenüber. Besser er brachte sich jetzt aus der Schusslinie.
„Gern“, schmunzelte er. „Aber ich bezweifle das so ein alter Sack wie du
überhaupt noch einen hochkriegt“, kicherte er im weggehen und musste dann
auch schon dem Kissen und den Getränkedosen die nach ihm geworfen wurden. Und
auch wenn er sich nur ganz knapp davon abhalten konnte laut loszulachen,
während Gido über ihn schimpfte , musste er kurz schlucken, als er sich
umdrehte. Sein ehemaliger Vormund saß da und hielt eine Glasflasche die er
immer wieder gegen seine flache Hand klopfen ließ.
„Wag dich Mick. Wag dich!“, drohte er und der Angesprochene wusste das er
kurz davor den Bogen zu überspannen.
Seufzend rollte er mit den Augen. „Ja ja, hab dich nich so“, er machte eine
verwerfende Handbewegung, und dann musste er sich doch auf die Zunge beißen um
nichts falsches zu sagen. Er kam wieder näher und setzte sich, wieder unter den
Argusaugen des Älteren. Diese kleine Kabbelei mit Gido tat einfach gut, es war
wieder so mit damals. Auch wenn die Schläge damals vielleicht nicht ganz so
tief unter der Gürtellinie gelandet waren. Doch zumindest nahm es ihm einen
Teil seiner Anspannung, kramte die alten vertrauten Gefühle wieder heraus und
der Blondhaarige fühlte sich gleich ein wenig wohler hier an Bord.
Einige Tage vergingen, ehe sie einen großen Hangar im Freien erreichten. Nur
wenige Schiffe waren vor Ort und sie landeten. Die Schäden mussten repariert
werden, denn je länger sie mit ihrem beschädigten Schiff weiterfliegen
würden, desto gefährlicher wurde es für sie. Auf dem Landeplatz trafen sie
ebenfalls eine Reihe von Händler an und Frau fand endlich heraus um was es sich
bei ihrer Fracht handelte. Es waren vor allem Rohstoffe. Stoffe, Gewürze,
Kohle, Metall und jeweils zwei Kisten Mehl und Zucker. Alles wurde unter Dach
und Fach gebracht, die Kisten verladen wobei die Piraten mit den Arbeitern am
Hangar gemeinsame Sache machten und letztlich die Beute aufgeteilt. Die Hälfte
kam in die Bordkasse, dann bekam jeder seinen Anteil. Fraus Augenbrauen hoben
sich ein wenig. Piraterie war doch viel lukrativer als Bischofsarbeit. Musste
man einfach einsehen. Sein Blick fiel auf Ayasha der Gido den Auftrag gab sich
um die Organisation der Wiederinstandbringung der Aegis zu kümmern. Deswegen
gabs was aus der Bordkasse dazu, die junge Frau nickte ab und zu während sie
den Worten ihres Käptens lauschte. Sie machten sich auf den Weg in die
angrenzende Stadt, während Gido jedem seine Aufgabe zuteilte und das Geld aus
der Bordkasse wieder austeilte. Jedem das was er brauchen würde. „Und wir
beide?“, fragte er den Schwarzhaarigen, als dieser neben ihm herging.
„Wir gehen einkaufen“, erklärte ihm der Andere daraufhin. „Munition,
Waffen, Schießpulver. Alles was wir in diese Richtung gebrauchen könn.“ Frau
nickte. Es war warm, ein lauer Wind wehte und er hatte dem Oberteil seines Alter
Egos mit einem Messer, das er jetzt in einer ledernen Hülle am Gürtel trug,
einen tiefen Schnitt auf der Vorderseite verpasst. Dieser ging fast bis zur
Mitte seines Bauch und auch wenn er keinen Mantel trug war das doch schon viel
angenehmer. Der Schwarzhaarige bedachte ihn jedoch nur mit einem kurzen Blick
und sagte nichts dazu, während sie nebeneinander herschlenderten. Anfangs waren
sie noch alle beisammen, doch je weiter sie in Richtung Innenstadt gingen, desto
kleiner wurde die Gruppe.
„Du weißt schon wos hingeht, oder?“, fragte der Jüngere nach einer Weile
die sie jetzt schon allein nebeneinander hergingen.
„Ja, wir gehen nehm alten Kumpel von mir nen Besuch abstatten. Eigentlich
müsstest du dich aber noch an ihn erinnern. Hier... Fallon heißt er...“, er
musterte seinen ehemaligen Schützling aus dem Augenwinkel.
Fallon. Fallon. Fallon. „Fallon...“, murmelte Frau überlegend. Fallon. Das
Bild von einem Brünetten Mann mit unrasiertem Gesicht und einem freundlichen
Lächeln tauchte vor seinem inneren Auge auf. Fallon hatte ihm ein paar Bonbons
zugesteckt und ihn zugucken lassen, während er die Schwerter bearbeitet hatte.
„Ach, Fallon“, lachte er dann, erinnerte sich zwar nur vage an sein
Aussehen, aber deutlich daran das er immer nett zu ihm gewesen war. Wie der
Onkel bei dem man als Kind immer ein Stück Kuchen bekommen hatte, wenn er
anfing Abenteuergeschichten erzählte. Geschichten erzählen konnte Fallon auch,
daran erinnerte er sich auch noch. Er hatte immer viel geredet, wenn Frau bei
ihm hatte warten müssen, weil der Schwarzhaarige noch etwas zu erledigen hatte.
Sie gingen noch eine Weile und fanden schließlich die kleine Werkstatt mit dem
großen Lager, die an den Laden angrenzte. Als Kind waren ihm die vielen, hoch
gestapelten Kartons im Lager immer endlos vorgekommen, wenn Fallon ihn dann
mitgenommen hatte, weil er etwas suchte. In der Werkstatt war es ein wenig
stickig und warm, in einer Ecke brannte ein Feuer in dem einige Schwerter und
andere Waffen, deren erhitztes Metall rot glühte. Es hatte einen leicht weißen
Stich am Rand.
„Gido, lang nicht gesehen“, Fallon erhob sich und ließ von seiner Arbeit
ab, um ihn zu begrüßen. Ein freundschaftlicher Handschlag, in etwa auf
Schulterhöhe und für einen schien es als ob sie ihre Kräfte messen wollten.
Fallon war knapp eineinhalb Köpfe kleiner als er und Gido, doch er war nicht
schmächtig. Sicher hätte er eine Chance gegen seinen ehemaligen Vormund
gehabt. Aber dann schienen sich die beiden wieder einzukriegen und der Blick des
Brünetten richtete sich auf ihn.
„Mensch... Mick, jedes Mal wenn ich dich wieder sehe bist du größer
geworden“, lachte er und streckte ihm die Hand entgegen. Grinsend zuckte Frau
die Schultern, griff nach seiner Hand und schüttelte.
„Ich denk ich kann dicht beruhigen, ich dürfte mittlerweile ausgewachsen
sein“, sagte er dann dennoch und blickte Gido kurz schmunzelnd an.
Dieser rollte nur die Augen. „Ich bin froh drum, jetzt verhätschelst du ihn
wenigstens nicht mehr...!“
„Bonbons?“, fragte Fallon daraufhin jedoch nur witzelnd und kramte in seiner
Hosentasche und Frau lachte. Gido rollte die Augen. Das war doch jetzt nicht
wahr.
„Wenn die nach Whiskey schmecken, gern!“, grinste er.
Der Jüngere der beiden Anderen verzog leicht das Gesicht. „Könnte schwer
werden...“, er zog seine Hand wieder aus der Hosentasche. „Also da hätte
wir Erdbeere... Milch, Cola und Honig“, fragend blickte er den Blondhaarigen
an, welcher sich die Beiden Milchbonbons schnappte. Grinsend steckte er sich
eines davon in den Mund, streckte Gido der gerade wohl innerlich einen halben
Nervenzusammenbruch erlitt, die Zunge raus. Fallon lachte nun ebenfalls leise
und wandte sich seinem Freund wieder zu, „also gut, wie kann ich dir... oder
euch?“ er warf Frau einen kurzen Blick zu, „helfen?“
Der Schwarzhaarige seufzte, mühte sich ein Lächeln von den Lippen und zog eine
zerknitterte Liste aus der Hosentasche, auf die er mit schwarze Stift gekritzelt
hatte was ihnen fehlte. „Das brauchen wir“, erklärte er und übergab dem
Kleineren die Liste, welcher anfing sie zu studieren. Unterdessen löste Gido
zwei seiner Schwerte von seinem Gürtel und legte ein Messer das aus dem Schaft
seines Stiefels zog auf den Tisch. „Und die hier brauchen noch eine neue
Beschichtung, du weißt ja, das Übliche...“
Fallon hob eine Augenbraue und musterte ihn. „Der Rest is in Ordnung?“,
fragte er, weil er es gar nicht gewohnt war das Gido nicht sein halbes
Waffenarsenal auf seinem Tisch zu Stapeln begann.
„Ob dus glaubst oder nicht, aber ja!“, grinste dieser daraufhin und klang
tatsächlich auch ein bisschen stolz, was den Anderen leise lachen ließ.
„Na gut, du musst es ja wissen... bis heute Abend bin ich auf jeden Fall
fertig, dann könnt ihr auch den andern Kram abholen.“
„Is gut.“
„Sonst noch was?“
„Nein“, Gido schüttelte den Kopf, blickte seinen ehemaligen Schützling
fragend an, doch auch dieser schüttelte den Kopf. „Nein, sonst nichts. Wir
haben nichts mehr.“
Eine Weile war es still, doch dann kam es nur von Fallon, „Na was macht ihr
dann noch hier? Raus, kusch, ich muss Arbeiten!“ Mit diesen Worten scheuchte
er sie vor die Tür, während sich Frau vage daran erinnerte wie er das damals
immer schon mit Gido gemacht hatte. Und irgendwie musste er dann lachen und auch
wenn der Ältere nicht genau wusste wieso, aber er stimmte mit ein.
„Okay, okay...“, er nahm einen tiefen Atemzug, versuchte sich wieder
einzukriegen. „Ich weiß nich wies mit dir is, aber ich hab noch was zu
erledigen.“ Gido grinste. „Willst du mitkommen, oder lieber umschauen?“,
fragte er.
Für einen Moment überlegte der Blonde, dann zuckte er die Schultern. „Ich
denke ich werd mich ein wenig umschaun“, meinte er dann mit verschmitztem
Grinsen das des Anderen erwidernd. „Treffen wir uns dann heute Abend wieder
hier?“ Gido nickte und sie gingen noch eine Weile nebeneinander her, bis sich
ihre Wege trennten und sie sich vorerst voneinander verabschiedeten.
Kapitel 3: Zwischen Traum und Wirklichkeit
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I just forgot who I used to be
So now I’m strung somewhere between a dream
And humdrum day to day routine
Frau konnte nicht sagen ob es ein Segen oder Fluch war allein durch die Straßen
zu irren, aber wenn es ein Segen war dann ein fragwürdiger. Er brauchte keine
Zeit zum denken, dazu hatte er bis vor kurzem noch genug Zeit gehabt. Dennoch
war er ganz einmal wirklich für sich zu sein. Auf dem Schiff musste man ja
immer befürchten das plötzlich jemand reinkam. Hier waren zwar auch lauter
Menschen, doch augenscheinlich niemand den er kannte und er hoffte auch nicht
das jetzt noch jemand freudestrahlend auf ihn zugelaufen kommen würde um sich
mit ihm zu unterhalten. Das wäre dann doch einfach zu viel für ihn. Aber zum
Glück passierte das. Niemand kam fröhlich zu ihm angerannt und das ließ eine
leichte Ruhe in seinem inneren frei. Sie breitete sich aus wie eine angenehme
Wärme. Für einen Moment hatte er überlegt Gido heimlich zu folgen, kurz
nachdem sich ihre Wege getrennt hatten. Doch dann war ihm eingefallen das das so
sicher nicht funktionieren würde und er hatte es gar nicht erst versucht. Hatte
stattdessen nun seinen eigenen Weg eingeschlagen der immer weiter ins innere der
Stadt führte. Der Schwarzhaarige hätte sicher nach keinen zehn Metern gemerkt
das er ihn verfolgte und dann aus seinem Versteck gezerrt. Ein Szenario das sich
der Blonde momentan lieber schenken wollte. Als er an einem Kiosk ankam kaufte
er sich einige Zeitschriften und Zeitungen, zwei Schachteln Zigaretten, ein
Fläschchen Brennflüssigkeit für sein Feuerzeug und ein paar Kaugummis.
Das sollte fürs erste oder so reichen, soweit zumindest seine Überlegung,
während er sie Sachen in seinen Hosentaschen verstaute. Im Normalfall würde er
die Zeitschriften und Zeitungen ja unter seinem Mantel verstauen, aber da er
keinen anhatte ging das nicht, weshalb er sich dann auch mit der Plastiktüte
begnügte die ihm der Kioskbesitzer überlassen hatte. Vielleicht sollte er
etwas essen, überlegte er, während seine Schritte langsamer würde und sein
Blick für einen Moment an dem Schaufenster direkt neben ihm hängen blieb. Die
Puppe in der Auslage trug einen Mantel, der ihn ein wenig an seinen eigenen
erinnerte. Nicht ganz so schlicht, mehr Gurte, aber in einer ähnlichen Farbe.
Frau hatte währen der Langeweile-Flaute auf der Aegis einmal die Habseligkeiten
seines Alteregos durchsucht und es war nicht so das er sich nicht mit seiner
Kleidung anfreunden konnte, sie gefiel ihm schon, aber es traf immer noch nicht
ganz seinen Geschmack. Vorallem hatte er keinen Mantel gefunden und zugegeben,
wenn er hier aushalten sollte, ja dann gottverdammt, er wollte eben einen
Mantel. War doch bescheuerte wie er sich hier sich selbst gegenüber versuchte
zu rechtfertigen. Mit mürrischer Entschlossenheit betrat er den kleinen Laden.
Eine Türglocke schellte, während sich die Tür hinter ihm langsam wieder
schloss und sein Blick umherwanderte, während langsam vorwärts Schritt. Seine
Augen blieben an einer Stange mit mehreren Mänteln hängen und er steuerte
diese an. Es gab noch eine Menge mehr, aber er er wollte ja einen Mantel und
gerne auch wieder so einen schlichten, aber das schien es hier nicht zu geben.
Für einen Augenblick sah er in Richtung Tür und überlegte ob er nicht noch
woanders gucken sollte, verwarf den Gedanken dann aber gleich wieder, weil er
sich hier ja eh nicht auskannte. Also wandte er sich wieder den Mänteln vor ihm
zu, probierte einige über um zu gucken ob sie passten. Es war ein in schlichtem
dunkelblaue gehaltener Mantel der ihm schließlich ins Auge sprang. Der Kragen
war schlicht und ähnlich dem an seinem Mantel – den den er hier vermisste. An
den Ärmeln befanden sich etwas über den Handgelenken und etwas auf Mitte der
Oberarme Gurte die von einer Schnalle zusammengehalten wurde. Am Unterarm waren
es insgesamt drei, von denen zwei in ein und der selben Schnalle verliefen, der
dritte befand sich in nur kurzem Abstand dahinter. Auf Taillenhöhe befanden
sich Schlaufen an denen sich ein Schwertgurt befestigen ließ und darüber zu
erst ein breiterer, dann ein dünnerer Gurt, beide wieder mit Schnalle und
ebenfalls in Schlaufen hängen. Frau betrachtete sich im Spiegel. Eigentlich war
ihm das immer noch zu viel, aber in dieser Hinsicht war die Auswahl hier relativ
gleich und es war der einzige mit dem er sich anfreunden konnte. Er hänge sich
diesen über die Schulter und sah sich noch ein wenig weiter um, mit dem allein
würde er im Verschneiten Norden des ragg'schen Königreiches noch erfrieren.
Seine zweite Wahl fiel dabei auf einen tiefschwarzen, gefütterten Ledermantel
dessen Schnitt ein wenig an einen zu langen Trenchcoat erinnerte.
Auf einen Pelzkragen verzichtete er jedoch lieber, das stand Gido besser als
ihm. Frau betrachtete die Mäntel die er über seinen Arm geworfen hatte und
irgendwie fühlte es sich komisch an. Gott verdammt er kaufte sich ja schon
Kleidung, als ob er den Rest seines Lebens hier verbringen würde. Er durfte
nicht vergessen das es nur auf Zeit war. Nein, er wünschte sich das es nur auf
Zeit wär. Schluckend legte der Blonde die Mäntel auf den Verkaufstresen und
wurde nur kurz von der Stimme des Verkäufers aus seinen Gedanken gerissen.
Wollte er das wirklich tun? Wollte er wagen sich hier einrichten? Doch seine
Finger schienen wie von selbst nach dem Geld zu greifen und als er es dann auf
den Ladentisch legte breitete sich unwillkürlich ein zufriedenes Gefühl in
seiner Magengegend aus. Es war ein kleines wohliges, warmes Knäuel das ihm
sagte das er hier das richtige für sich tat. Es war die Gewissheit eine
Entscheidung getroffen zu haben, die er nicht bereuen würde. Auch wenn das
vielleicht ein wenig lächerlich klang, wo es doch gar nichts besonderes war das
er sich hier ein paar Mäntel kaufte.
Als er wieder aus dem Laden hinaustrat schien die Sonne und das Glockenspiel
klimperte leise bei der Bewegung der Tür. Es kam ihm so schrecklich surreal
vor, er trug keine Handschuhe und das Plastik der Tüten hinterließ Druckspuren
auf seiner Haut. Druckspuren die sich gut anfühlten, real – wie ein fester
Boden in dieser Welt die er nicht verstand und die ihn wahrscheinlich auch nicht
verstehen würde. Er atmete durch, hob den Kopf und überlegte was er als
nächstes tun sollte, während er gen Himmel blickend einige ziellose Schritte
ging. Um dann aber nicht noch irgendwo gegen zu laufen senkte er den Blick
wieder auf normale Höhe, während er seinen Spaziergang durch die Innenstadt
fortsetzte. Etwas anderes konnte er gerade sowieso nicht tun und es waren
immerhin noch einige Stunden bis zum Abend. Wobei er da auch nur hoffen konnte
das er letztlich auch zu Fallon zurückfand. Sein Orientierungssinn war jetzt
zwar nicht der schlechteste, aber er kannte sich und seine Macken. Als er Hunger
bekam kaufte er sich etwas zu Essen und hätte wohl noch den Rest seiner Zeit
mit durch die Stadt bummeln verbrachte, wenn er Gido nicht über den Weg
gelaufen wär. Ein leichtes grinsen legte sich auf seine Lippen, als er den
Schwarzhaarigen erblickte. Er saß an einem Parkeingang auf der Bank und trank
Kaffee. „Na, alles erledigt?“, fragte er mit einem schmunzeln und blieb vor
ihm stehen, die zwei Tüten über der Schulter und mit zwei Fingern die Griffe
festhaltend.
Der Schwarzhaarige blickte auf und musterte die Gestalt die vor ihm stand, dann
grinste er ebenfalls leicht. „Ja, alles erledigt, was hast du da?“ Mit einem
nicken wies er auf die Tüten.
„Nichts besonderes“, erwiderte der Blonde und zuckte dabei die Schultern.
„Was hast du so gemacht?“
„Nichts besonderes“, der Ältere zwinkerte ihm zu und erhob sich
schmunzelnd. Für einen Moment wollte Frau grummeln, doch dann sah er ein das
sie damit wohl auch quitt waren und beließ es dabei.
„Dann gib mir wenigstens was von deinem Kaffee ab, du bedienst dich doch auf
bei mir“, meinte der Blonde und schnappte ihm kurzerhand den Pappbecher weg
und trank einen Schluck. Mit einem leichten grinsen leckte er sich genüsslich
die Lippen und entzog ihm einige Mal lachend den Becher, als Gido versuchte ihn
wieder zurück zu schnappen. „Hier“, sagte er dann schließlich, lächelte
versöhnlich, doch sein ehemaliger Vormund grummelte trotzdem irgendetwas von
einer „nervtötenden Kackbratze“, worüber der Gemeinte allerdings nur
lachen konnte. „Hab dich nicht so.“
Der Schwarzhaarige trank den Kaffee fast ganz leer, was unwillkürlich seine
Laune zu heben schien, denn er musste nun ebenso schmunzeln. „Ach ich weiß
auch nicht... wahrscheinlich Bild ich mir das nur ein, aber dein freches Maul,
scheint in den letzten Tagen drei Mal schlimmer geworden zu sein.“
Frau stutzte. „Das bildest du dir sicher ein – ich bin immer so.“
„Nein, im Normalfall bist du schlimm – aber du bist nicht schrecklich.“
„Du hast dich sicher einfach nur daran gewöhnt“, amüsierte sich der
Blonde. „Oder du wirst empfindlich alter Mann“, grinsend tätschelte er ihm
die Schulter.
„Pass auf dein dummes Maul auf“, murrte Gido daraufhin und blickte ihn
mahnend an. „Du bist kein Kind mehr, also pass auf das ich es dir nicht
stopfe.“
Für einen Moment konnte Frau nicht anders als zu blinzeln, während er wusste
das es nicht so gemeint war, er aber trotzdem nicht verhindern konnte das sein
Kopf das ganze ein Mal richtig und ein Mal falsch interpretierte. Mit plötzlich
roten Wangen wandte er den Blick ab. „Sag sowas nicht...!“, bekam er dann
gerade noch so über die Lippen. An sich machte ihm sowas ja nicht aus, nur das
er sich das dann auch immer noch gleich bildlich vorstellen musste... Nein,
einfach nur nein.
Jetzt war es an Gido zu grinsen. „Was denn? Ich hab noch nicht gesagt wie ich
es dir stopfen werde...“ Eindringlich blickten ihn die eisblauen Augen an.
Doch konnte er diese Ernsthaftigkeit nicht lange beibehalten und musste anfangen
zu lachen und Frau stimme mit ein. Froh um die Ablenkung von seinen Gedanken die
ihm dieses heitere Gelächter verschaffte. „Aber mal im erst“, der
Schwarzhaarige bemühte sich mit einem leichten schmunzeln um ein ernstes
Gesicht. „Pass auf deine Zunge auf verstanden?“
„Ja ja“, antwortete er ihm genervt und mit einem Augenrollen. „Sei mal
nich so empfindlich.“
„Ich bin nicht empfindlich. Du bist und bleibst ne Kackbratze“, knurrte
Gido. „Aber egal, jetzt sag mir endlich was du da gekauft hast. An einem
Marktstand kauften sie eine Schale Erdbeeren und setzten ihren Weg fort während
sie sich diese teilten. „Na los spucks aus, wenn nichts besonderes ist kannst
dus mir ja sagen.“
Frau rollte die Augen. Darum ging es doch auch gar nicht, er wusste selbst nicht
so genau wo da sein Problem war. Es war einfach da. „Ach... das kriegst du
sicherlich noch früh genug zu Gesicht“, schmunzelte er, erntete dafür aber
nur einen verwirrten Blick. Doch weiter ging er nicht darauf ein, grinste nur
leicht und zuckte die Schultern. Gido schien das nicht zu gefallen, doch er fand
sich offensichtlich damit ab. Es sah fast ein wenig eingeschnappt aus, als er
daraufhin die Arme verschränkte. Frau befeuchtete seine Lippen, zog
nachdenklich die Unterlippe ein. Er wollte Fragen wie lange sie noch hierbleiben
würde, doch er nahm an das der Aufenthalt so kurz wie möglich gehalten werden
würde. So war es immer gewesen. Schon immer ständig auf Achse, nie lange an
einem Ort. Also fragte er stattdessen, „fliegen wir direkt heute Abend weiter
oder erst morgen früh?“
„Erst morgen früh, die Gegend ist zu unübersichtlich ohne Lichter. Aber
schalten wir sie ein, sind wir zu leichte Beute.“
„Also im Morgengrauen?“
„Genau“, schmunzelte Gido nickend. „Da wird kaum jemand auf uns achten.
Wir werden losfliegen bevor hier die ganzen Arbeiter rumwuseln.“
Sie mussten mehrere Male zwischen Fallons Laden und dem Schiff hin und her
gehen, bis alles verladen war und so kam Frau erst bei Einbruch der Nacht zur
Ruhe. Glücklicherweise gab es auch direkt auf dem Schiff die Möglichkeit zum
duschen. Das Wasser war zwar kalt, aber immerhin. Sich die Haare trocken
rubbelnd trottete er den leeren Flur hinab. Der Boden fühlte sich kalt an unter
seinen nackten Füßen. Und wahrscheinlich wäre er einfach weiter zurück in
sein Zimmer gelaufen, wenn ihm nicht etwas aufgefallen wäre. Die Tür zu Gidos
Zimmer stand halb offen und der Schwarzhaarige hatte ihm den Rücken halb
zugedreht und dennoch war ihm die verkrampfte Haltung seiner Finger aufgefallen.
Er krallte seine Nägel schmerzhaft in die bloße Haut. Der Blonde war stehen
geblieben und legte den Kopf ein wenig beiseite um besser unter seinem Handtuch
hervor gucken zu können. Zögernd trat der Jüngere näher, spähte durch die
Öffnung der Tür und musterte den Schwarzhaarigen für einen Moment. Dieser
starrte auf ein Dokument auf seinem Schreibtisch und beachtete ihn gar nicht,
bis er das Wort erhob. „Gido?“ Der Ältere wandte sich ihm zu, wobei seine
Finger erneut krampfhaft halt suchten. Jetzt auf die kurze Distanz konnte er es
auch sehen. Er musste das schon eine Weile tun, denn sein rechter Unterarm
zeigte gerötete Kratz und Druckspuren die seine Nägel hinterlassen hatten.
Beinahe unbewusst fuhr sich der Blonde selbst über die Stelle am Arm wo sie
gewesen war.
„Was ist?“, fragte er, während Fraus Blick immer noch an seinem Arm hing
und sich erst wieder hob als er merkte wie er gemustert wurde. Es schien also
nicht alltäglich zu sein, das er nur halb, und gemeint untenrum, bekleidet war.
Gut zu wissen? Erstaunlicherweise wirkte der Gesichtsausdruck seines ehemaligen
Vormundes relativ ruhig. Doch er konnte die Anspannung seiner Stimme förmlich
anhören.
„Dein Arm. Los zeig mal deinen Arm her“, meinte er und machte eine fordernde
Handbewegung, während er sich mit der Anderen das Handtuch vom Kopf schob so
das es ihm um den Hals lag. Irritation zeigte sich auf dem Gesicht seines
Gegenübers, was ihn schon beinahe dazu brachte die Augen zu rollen. Doch er
hielt inne, als er sah wie der Schwarzhaarige seinen Arm beinahe instinktiv
dichter gegen seinen Oberkörper drückte. Es war nicht das was er tat das ihn
stutzig machte, eher wie er es tat. Er wollte verhindern das er den Schriftzug
sah, vielleicht nur aus Reflex oder vielleicht wirklich weil er es nicht
erklären mochte. Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf den Lippen des Blonden
und er schüttelte den Kopf. Irgendwie kam ihm das nur allzu bekannt vor.
„Jetzt rück schon rüber“, meinte er schmunzelnd und griff nach seinem
Arm.
„Frau, lass–“, lass den Scheiß, hatte er sagen wollen, doch brach sofort
wieder ab, als der Angesprochene seine Hand blitzschnell wieder zurückzog, als
hätte er sich verbrannt.
Scharf zog er die Luft ein, „scheiße du glühst ja richtig!“ Fast schon
vorwurfsvoll blickte der Blonde auf, als ihn Gido daraufhin sprachlos anblickte.
Sprachlos nach dem Motto das ist dein einziges Problem? Doch er sagte nichts,
denn er war selbst oft nicht besser gewesen und hatte lieber stoisch den Schmerz
ertragen, als etwas zu sagen. Aber trotzdem... er hatte wirklich geglaubt das
Gido das zumindest... na gut, wenigstens ein bisschen, vernünftiger wäre.
„Warte kurz“, Frau wandte sich zum gehen. „Ich was holn bin gleich wieder
da!“ Und mit diesen Worten war er auch schon verschwunden. Er holte zwei
Beutel mit Kühlpacks mit Eiswürfeln aus der Gefriertruhe in der Küche und kam
damit zurück in das Zimmer des Älteren. Dieser saß immer noch genau dort wo
er ihn kurz zuvor verdutzt zurück gelassen hatte. Aus dem Badezimmer holte er
noch ein kleines Handtuch das er in kaltem Wasser getränkt hatte und eine
Packung Mullbinden. „Streck deinen Arm aus“, forderte er und setzte sich vor
ihm auf den Boden. Gido zögerte, also Griff Frau nach seiner Hand und zwang ihn
dazu diesen auszustrecken. Die Rangelei deswegen währte allerdings nur kurz und
der Ältere gab mit einem genervten Seufzen nach.
„Darf ich wenigstens erfahren was das wird?“ Er wirkte skeptisch und das was
Frau tat schien ihm nicht wirklich zu passen.
„Reg dich ab“, der Blonde machte eine abwehrende Handbewegung. „Tut nicht
weh und es wird dir helfen.
„Helfen?“, echote Gido hohl und blickte ihn fragend an.
Frau lachte und grinste ihn an, „so wie dein Arm glüht macht sie bestimmt
wieder zicken, stimmts?“ Kopfschüttelnd legte er die beiden Kühlpackungen
auf das Handtuch und wickelte es um den ausgestreckten Arm des Schwarzhaarigen.
„Halt mal fest“, sagte er und öffnete die Verbandspackung. Unwillkürlich
breitete sich eine Gänsehaut auf dem Arm des Dunkelhaarigen aus und er musste
sich ein keuchen ob er Kälte verkneifen, so recht verstand er den Jüngeren
immer noch nicht. Aber noch während er ihn dabei beobachtete wie er das
Handtuch an seinem Arm mit dem Verband festknotete merkte er die hitzelindernde
Wirkung der Eiswürfel und des kalten Handtuchs und lehnte sich mit einem leisen
seufzen zurück. Er schüttelte den Kopf, das war doch gerade irgendwie absurd.
„Und jetzt sag mir bitte wozu das gut ist“, verlangte er von seinem
ehemaligen Schützling zu wissen und tastete seinen verbunden Arm ab.
„Das hilft gegen die Schmerzen“, erklärte Frau. „Und dagegen das dein Arm
brennt wie glühendes Eisen...“, fügte er hinzu und rieb sich den Nacken.
„Gegen Devaki hilft das zwar im Grunde nichts, aber es sollte dir wenigstens
helfen ruhig zu schlafen...“ Wie aufs Stichwort gähnte er am Ende dieses
Satzes und rieb sich mit beiden Händen über das Gesicht.
„Woher–?“, sprachlos blickte Gido ihn an. Die Frage woher er ihren Namen
kannte wollte er stellen, doch sie blieb ihm im Halse stecken. Vielleicht hatte
er sich ja auch einfach nur verhört. Frau wirkte zudem offensichtlich müde,
denn er rieb sich auch die Augen. Doch kaum hatte das getan hatte er sich auch
schon wieder gefangen.
„Kein woher, du gehst jetzt ins Bett!“, bestimmte er und wies auf besagtes.
Doch daraufhin konnte Gido nur lachen. Das wurde ja immer besser.
„Als ob ich mir von dir was sagen lassen würde“, er drehte sich auf seinem
Stuhl wieder herum, hatte dabei den verbunden Arm auf seinem Schoß liegen und
merkte erst zu spät das er jetzt ja eh nicht weiter arbeiten konnte. Mit links
bekam er ja kaum einen einzigen Buchstaben hin, doch er weigerte sich jetzt
klein bei zu geben. Der Blonde hatte sich derweil aufgerichtet und die Arme in
die Hüften gestemmt.
„Spiel hier nicht den starken Macker“, er ging herüber zum Bett und setzte
sich auf die Kante. Er war selbst müde und bevor er noch mitten im Raum
umkippte war ihm das so lieber. „Außerdem wette ich das du weder mit links
schreiben kannst, noch das du dich auf irgendwas konzentrieren kannst, wenn sie
dich so nervt.“
Da, schon wieder. Er nannte ihren Namen nicht wieder, aber er schien dennoch zu
wissen wovon er redete und genau das machte Gido stutzig. Ein wenig mürrisch,
doch auch irgendwie interessiert drehte er sich wieder in seine Richtung.
Mürrisch machte ihn an dem Ganzen vorallem das Frau mit allem was er sagte
verdammt recht hatte. Sein Arm tat schon weniger weh als eben und weiterarbeiten
konnte er gerade auch nicht. Vielleicht war das aber auch nur die Müdigkeit.
„Sag mal wird das jetzt zur Gewohnheit das du hier pennst...?!“
„Wenn du dein Bett nich willst, ich schlaf gern hier“, erwiderte der
Blondhaarige nur trocken und drehte sich auf die Seite nachdem er sich hingelegt
hatte. Unverhohlen starrten ihn die saphirblauen Augen an, fast auch ein wenig
vorwurfsvoll.
„Das wird zur Gewohnheit oder?“, wiederholte er seine Frage trocken und fast
ein wenig resignierend.
„Sowas von“, erwiderte Frau ernst und fügte hinzu, „und jetzt komm her,
bevor du auf dem Stuhl einschläfst und wir dich Morgen früh mit heißem Wasser
übergießen müssen, weil du steifgefroreren bist.“
„So kalt ist es in diesem Raum nicht.“
„Dein Arm is Morgen früh mit größter Wahrscheinlichkeit trotzdem ein
Eisblock.“
„Zwischen nur meinem Arm und meinem ganzen Körper besteht ein weitläufiger
Unterschied...!“
„Willst du dich streiten oder schlafen?“
„Ich geb dir gleich streiten“, knurrte der Schwarzhaarige, stand aber
dennoch auf und legte sich zu ihm. „Und jetzt raus.“ Der Jüngere öffnete
den Mund, doch er rührte keine Miene, sprach einfach weiter bevor er etwas
sagen konnte.„Raus aus meinem Bett oder ich schmeiß dich eigenhändig raus.
Du hast ein eigenes.“
Frau verzog das Gesicht, „aber da bin ich rausgewachsen.“
„Das bezweifle ich stark.“ Herausfordernd blickte ihn der Blondhaarige bei
diesen Worten an. „Du willst es drauf anlegen?“, fragte Gido und konnte nur
bestätigende Herausforderung in den Augen des Anderen lesen. Etwas murmelnd das
stark wie „das wirst du noch sowas von bereuen“ klang, packte er Frau und
wollte ihn aus dem Bett befördern. Seit neuestem war der Blondschopf wirklich
eine Klette. So wie damals als Kind. Aber damals war er eben noch ein Kind
gewesen und deswegen hatte er es ihm verzeihen können. Jetzt aber wusste er
nicht recht was er davon halten sollte. Bekam jedoch auch keine Zeit darüber
nachzudenken, denn so einfach wie er sich das vorgestellt hatte war die
Realität nicht und das ganze endete in einer Rangelei. Und irgendwie wollte ihm
nicht gefallen das er sich am Ende unter ihm wieder fand und ihn sein ehemaliger
Schützling nur schelmisch anlächelte, bevor er es sich dann halb auf ihm
liegend bequem machte. „Ich bin jetzt dein Kissen oder?“, fragte er Tonlos
und Frau gab ein zustimmendes Geräusch von sich. „Ich bin dein Kissen“,
wiederholte er wenig begeistert und resignierend. Es war war ja nicht so das er
sich für sowas nicht erwärmen konnte. Das er momentan keine Lust auf solche
Aktionen hatte, hatte andere Gründe. Doch über die wollte er mit Frau nicht
reden, stattdessen seufzte er nur und tätschelte ihm die Schulter nachdem sich
besagter an ihn gekuschelt hatte.
Wie damals als er noch ein Kind gewesen war. Nur das er jetzt eben wesentlich
mehr Platz beanspruchte. Aber irgendwie musste Gido auch zugeben das es gar
nicht mal so angenehm war zur Abwechslung mal nicht wieder allein einschlafen zu
müssen. Sein rechter Arm fühlte sich schwer und kalt an, doch so wirklich
achtete er schon gar nicht mehr darauf, als ihn die Müdigkeit langsam immer
mehr übermannte.
Der Jüngere schien selbst langsam einzuschlafen, den er merkte mehr und mehr
dessen Gewicht auf seinem Brustkorb und an seiner Schulter. Frau hatte
eigentlich nur für ein paar Sekunden die Augen schließen wollen, doch dann
hatte es ihn trotzdem übermannt und er war eingedöst. Während er kaum noch
mitbekam wie es dem Älteren nicht anders erging. Der Schwarzhaarige gähnte und
langsam fielen ihm die Augen zu, während er einfach nur hoffte das sich die
Verwirrung Morgen etwas lichten würde. Ein wenige Schlaf konnte ja so einige
Probleme lösen. Einige aber nicht alle.
Als der Schwarzhaarige erwachte war es früher Morgen, die Sonne war nicht mal
richtig aufgegangen und daran wie schwer sich sein Körper anfühlte merkte er
nur allzu deutlich das er noch nicht ausgeschlafen war. Mit einem leisen murren
räkelte er sich und merkte wie sich Frau noch etwas mehr zusammenkauerte und an
ihn schmiegte als er aufstehen wollte. Er hatte sich im Schlaf auf die Seite
gedreht und musste dabei wohl einen seiner Arme um ihn gelegt haben und
irgendwie hatte sich der Blonde jetzt wohl bewegt. Sonst wäre er wohl nicht
aufgewacht, er konnte schließlich kein Auge mehr zu tun sobald sich irgendwas
neben ihm regte. Mit einem leisen Seufzen rieb er sich die Augen und befreite
sich so gut es ging aus dem Griff des Anderen. Und würde sich sein Arm nicht so
schwer anfühlen, hätte er wahrscheinlich auch gar nicht an die Eisbeutel
gedacht. Er hatte recht gehabt, sein Arm war eingefroren. Aber weh tat er jetzt
auch nicht mehr. Schien so als ob er sich davon befreien könnte und da es ihm
misslang den Verband zu zerreißen schnitt er ihn letztlich kurzerhand durch und
legte das Handtuch mit den Beuteln auf seinen Schreibtisch. Müde tapste er auf
nackten Sohlen aus seinem Zimmer in Richtung Cockpit. Es gab außer ihm nur
wenige Frühaufsteher in seiner Crew. Nur wenige die den elendigen Job
übernahmen das Schiff zu so einer unchristlichen Zeit in Gang zu bringen. Es
ging auch weniger darum groß weiter zu fliegen, als darum einen sichereren
Hafen zu finden. Für ein paar Tage waren sie hier sicher, doch wenn sie ihr
Schiff wirklich reparieren wollten, mussten sie es in die Wälder schaffen.
Gebirge in deren Schutz sie sich begeben konnten gab es hier leider keine.
Doch soweit er Ayasha vorhin verstanden hatte würde es reichen, wenn sie
zumindest für eine Woche ihre Ruhe hatten. Der nächste piratenfreundliche
Hafen war zu weit weg und auf Dauer mit einem beschädigten Schiff weiter zu
fliegen war zu gefährlich. Sie konnten das Loch auch nicht ewig mit Planen
abdecken. Also genau deswegen fanden sich nun er Diego und Kojetan im Cockpit
ein. Der Jüngste mit den schwarzen Haaren brachte den Motor in Gang, während
Gido seinen Kaffee trank und sich die Augen rieb. Natürlich blieb es an ihm
hängen das Schiff fort zu bringen und zu landen. Zum Glück dauerte es auch
nicht allzu lange bis sie ein Fleckchen gefunden hatten, an dem sie vorerst vor
neugierigen Blicken geschützt waren. Selbst von oben, denn die Lichtung war
größer als sie auf den ersten Blick erschien und so verkroch sich die Aegis
unter einem grünen Blätterdach. Nach einer vorsichtige und sicheren Landung
gab der Schwarzhaarige Kojetan die Anweisung den Motor wieder auszustellen und
auch wenn er jetzt eigentlich schon wieder viel zu wach war um weiter zu
schlafen verabschiedete er sich wieder auf sein Zimmer. Frau schlief immer noch
tief und fest und für einen Moment beneidete er ihn darum, als er langsam die
Tür hinter sich schloss. Dieses Mal ganz bedenkenlos legte er sich einfach
wieder zu ihm ins Bett und machte es sich an seiner Seite bequem. Selbst wenn er
nicht mehr weiterschlafen konnte, er sollte wenigstens versuchen noch eine Weile
zu dösen. Der Tag der noch vor ihnen lag würde noch anstrengend genug werden
und zugegeben die Wärme die vom Körper des Jüngeren ausging war angenehm.
Kapitel 4: Ein unverbindlicher Freundschaftsdienst
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You will be wrapped around
my finger yes I know for sure
I didn't want to fuck you
but you're pretty, when you're mine
Seit dem späten Vormittag hatten sie mit den Außenreparaturen des Schiffes
begonnen. Das Loch am Heck war an der höchsten Stelle groß genug das Kojetan
und Aleko aufrecht hindurch gehen konnten. Die beiden waren nicht der groß
aber es war dennoch ein besorgniserregender Umstand. Sie hatten ein
improvisiertes Gerüst gebaut und damit begonnen die Metallplatten anzubringen
und die Wand wieder herzustellen. Er und Gido holten eine Platte nach der
Anderen aus dem Frachtraum und brachten sie zu ihrer improvisierten Baustelle.
Zuerst hatten sie die Trennwand zum Stall wieder hergestellt und jetzt war die
Außenwand dran. Eine anstrengende Arbeit und auch wenn das dichte Blätterdach
kaum einen Sonnenstrahl durchließ und somit eine recht angenehme Temperatur
herrschte hatte Frau beschlossen seinen gewohnten Kleidungsstil wieder aufleben
zu lassen und auf sein Oberteil verzichten. Das schleppen allein war schon
schwer genug, er war davon ausgegangen das er immer noch den selben Körper
hatte. Doch zu seinem missfallen hatte er feststellen müssen das dieser hier
bei weitem nicht so kräftig war wie er das gewohnt war. Doch die Metallplatten
wären so oder so zu schwer gewesen um sie allein zu tragen. Er merkte nur
schon viel zu früh wie das Ganze an seinen Kräften zerrte und das passte ihm
gar nicht. Einzig und allein die Tatsache das Gidos Blick, aus unerfindlichen
Gründen an seinem Rücken klebte machte das ganze wieder ein wenig wett. Auch
die Anderen hatten ihn alle einer nach dem Anderen gemustert, als er sein
Oberteil ausgezogen und beiseite geworfen hatte. Das schien wirklich kein
alltäglicher Anblick für sie zu sein. Deswegen hatte sich Frau vorgenommen es
für die alltäglich zu machen. Wobei Gido nicht viel Auswahl hatte, entweder
er versuchte an dem Blonden vorbei zu gucken oder er blickte eben seinen
Rücken an. Immerhin waren sie beinahe gleich groß und er war gewissermaßen
gezwungen beim Tragen der Platte hinter ihm her zu gehen. Außerdem musste er
zugeben das de Anblick gar nicht mal so übel war. Zumindest besser als das
ganze Grünzeug um sie herum. Sie reichten die Platte weiter an Kojetan und
Shakir die sie mit Hilfe der Anderen montierten. Der Blondhaarige rieb sich
eine Stelle nahe am Nacken, während sie sich auf den Rückweg zum Frachtraum
machten. Nur noch zwei Platten und dann hatten sie es hinter sich.
Das hier war eine der seltenen Gelegenheiten den Älteren mal ohne seinen
Mantel begutachten zu können. Er hatte ihn gegen ein Tanktop getauscht und
Frau musste zugeben das ihm dieser Tausch gefiel. Auch wenn vielleicht ein
wenig zu sehr, überlegte er als er seine Wasserflasche von einer der Kiste
griff und daraus trank. „Auch was?“, fragte er und warf sie dem
Schwarzhaarige zu, als dieser nickte. Seufzend lehnte er sich gegen einen
Stapel der großen Holzkisten. Er war bloß untervögelt. Nichts weiter. Also
auch nichts weiter dem er Beachtung schenken musste. Sie brachten auch noch die
letzten beiden Platten zur Baustelle, welche anschließend gemeinschaftlich
wieder abgebaut wurde. Vage erinnerte sich Frau daran das er damals Kind
hauptsächlich nur hatte zuschauen dürfen und kleinere Aufgaben erledigt, wenn
Reparaturen am Schiff zu erledigen gewesen waren. Leider war es ja nie dazu
gekommen das er länger auf diesem Schiff hatte bleiben können, weil ihm das
Schicksal sie alle wieder entrissen hatte. Weil sie alle eigentlich schon tot
waren. Sein Blick glitt zwischen den Mannschaftsmitgliedern umher und blieb
schließlich an Gido hängen. Alle tot – bis auf ihn. Bis auf das kleine
Kind. Aber wie war es dann möglich das sie jetzt alle hier waren? Am leben
und er bei ihnen? „He Mick“, jemand schnippte ihm vor dem Gesicht rum und
er senkte den Blick. Es war Aleko, der kleine Blondhaarige und er grinste.
„Nicht träumen, komm mit!“ Träumen? Frau fragte sich für einen Moment ob
er das nicht gerade tat. Dann wiederum war es ihm auch egal, denn war das hier
nicht alles was er sich immer gewünscht hatte? Also warum sollte er es schon
in Frage stellen, wenn er es geschenkt bekam. Da blieb nur eine Frage offen:
Warum nagte dieses ungute Gefühl an ihm? Als wäre da etwas das er vergessen
hatte. Doch vorerst wollte er sich damit nicht beschäftigen, es gab bessere
Arten diesen Tag ausklingen zu lassen. Der feuchtfröhlichen Piratenmanier mit
Alkohol und ausgiebigem Essen konnte er dabei eine Menge abgewinnen und es
erinnerte ihn wieder daran warum er dieses Leben in der Kirche ständig
vermisst hatte. Vielmehr hatte ihm im Grunde das Essen gefehlt, was mit Devaki
sowieso schon immer eine Qual gewesen war. Jetzt aber wo sie nicht mehr da war
musste er sich wenigstens keine Gedanken mehr darum machen das sein Körper
ihretwegen rumzickte. Es war früher Abend und sie hatten sich im
Gemeinschaftsraum versammelt, obwohl Wohnzimmer vielleicht der treffendere
Begriff war, bedachte man das sie das Schiff als ihr Zuhause bezeichneten. Nur
Gido beschränkte sich aufs trinken und das war ein Bild das Frau nur allzu
bekannt vorkam. So viel gutes Essen und er rührte nichts davon an, ein
Umstand den er nur auf eine Ursache zurückführen konnte. Da schien Devaki
wohl mehr zicken zu machen, als er Gestern angenommen hatte.
„Wie gehts deinem Arm?“, fragte er und setzte sich neben ihn.
Gido zuckte aus seiner Trance in die es ihn versetzt hatte diese nervige
Stimme in seinem Kopf auszublenden. Es würde wohl noch ein paar Flaschen
brauchen bis er sie ganz ignorieren konnte. Es war einer der wenigen Gründe
warum er nicht einfach zu einem wandelnden Klischee ihresgleichen wurde und
andauernd nur Betrunken war. Leider gab es dabei auch mehr als genug Gründe
die da gegen sprachen und allen voran viel vernünftiger waren.
„Besser...“, er hob eine Augenbraue und tastete seinen rechten Unterarm ab.
Bisher hatte er da noch gar nicht drauf geachtet doch jetzt wo ihn sein
ehemaliger Schützling danach fragte fiel es ihm auf. Ein leichtes Lächeln
legte sich auf seine Lippen. „Wusste gar nicht das du dich da auskennst“,
fügte er hinzu und musterte ihn eingehend.
Frau zuckte nur die Schultern und nahm einen Bissen von seinem Teller.
„Sagen wir ich hab ein wenig Erfahrung damit Devaki zu bändigen“, grinste
er.
Da. Schon wieder und dieses Mal war sich Gido sicher sich nicht verhört zu
haben. „Woher kennst du ihren Namen?“, fragte er mit ernstem Blick und
musterte den Blondhaarige ein mal von oben bis unten. Er konnte nicht sagen
woran es lag doch seit kurzem lag da eine Selbstsicherheit, eine Erfahrenheit
in seinem Auftreten die er viel Älter, viel Erwachsener war als es hätte sein
dürfen. Vielleicht lag es daran das er immer noch nicht ganz davon losgekommen
war ihn als das Kind zu sehen was er damals gewesen war. Vielleicht bildete er
es sich aber auch nicht ein das da noch etwas schmerzliches in seinen Augen lag
das viel tiefer ging, als er zeigte und hinter seiner großen Klappe verbarg.
„Den hast du mir mal genannt, erinnerst du dich nicht?“
„Nein“, erwiderte Gido und klang dabei so überzeugt das der Jüngere
schlucken musste und das Essen für einen Moment unterbrach.
„Hast du... nicht?“, der Blonde sah weg und befeuchtete seine Lippen.
„Dann hab ich es wohl irgendwann mal von dir aufgeschnappt.“
„Kann nicht sein“, Frau blickte ihn an ob dieser erneut so überzeugt
gesprochenen Worte. Der Schwarzhaarige war sich seiner Sache sicher und der
Jüngere erkannte allein an seinem Tonfall das Widerspruch zwecklos war.
„Keiner von den hier anwesenden kann ihren Namen wissen, geschweige denn das
sie sich in meinem Besitz befindet.“ Fraus Blick war langsam zwischen den
Anderen hin und her gewandert und traf jetzt auf den Gidos. „Gerade du
solltest das nicht wissen, aber du weißt es und du kennst nicht nur ihren
Namen, das kannst du mir nicht weis machen...“
„Gido...“, es fühlte sich immer noch so fremd an diesen Namen
auszusprechen, einfach weil er es viel zu lange nicht mehr getan hatte und es
dabei an eine lebende Person gerichtet hatte. Der Blondhaarige schluckte,
„lass uns unter vier Augen weiter reden.“ Sie musterten einander für einen
Augenblick und dann nickte sein ehemaliger Vormund und sie standen auf um den
Raum zu verlassen. Frau stellte seinen Teller beiseite und folgte ihm bis in
sein Zimmer. Die Kapitänskajüte. Eigentlich logisch, wo sonst wären sie
ungestört wenn nicht hier. Wer würde schon wagen den Käpten zu stören. Der
Blondschopf schloss die Tür hinter ihnen und der Ältere drehte sich zu ihm
herum.
„Jetzt sag mir woher du das weißt“, und auch wenn er es nicht aussprach
konnte Frau das und keine Lügen aus seinem Tonfall heraushören. Er schluckte
und atmete hörbar durch, während er die Arme vor der Brust verschränkte.
„Ich weiß es einfach“, erwiderte er Schulterzuckend und blickte zu Boden.
Etwas in ihm sträubte sich die Wahrheit zu sagen. Zu sagen das er eigentlich
an seiner Stelle stand, das er ihn schon vor Jahren verloren hatte und... und
all diese Erinnerungen die sich dabei hochkämpfen wollten. Er kämpfte sie
nieder, atmete seufzend durch und blickte Gido mit zusammengepressten Lippen
an. „Das würdest du mir eh nicht glauben...“, erwiderte er ihm und wandte
den Blick erneut ab.
„Mick...“
„Gott, bitte – sag Frau, ich kann diesen Namen nicht mehr hören. Ich bin
nicht Mick – nicht mehr zumindest.“
„Na gut... dann Frau“, entgegnete Gido leicht verwirrt und hob eine
Augenbraue. „Versuch es und dann entscheide ich selbst ob ich es dir glauben
will.“
Ihre blauen Augen trafen sich, wobei sich der Blick des Schwarzhaarigen tief
in seinen bohrte. Ein Umstand der, wir Frau zugeben musste, ihn ein wenig
nervös machte. „Hast du schon mal überlegt ob es noch andere Welten außer
dieser hier gibt?“, fragte er nachdenklich und ließ den Blick schweifen.
„Einen Ort wie diesen, mit allen die du kennst nur ist alles irgendwie
anders, weil sich die Geschichte anders schreibt.“ Mit einem leichten
Lächeln auf den Lippen blickte er ihn an. „Glaubst du daran? Ich schon“,
wenn es noch andere Welten gab, dann gab es auch irgendeine wie diese. Eine wo
er noch immer an Gidos Seite war, nicht Zehel war und nicht als Waisenkind von
der Kirche aufgenommen war. Es hatte ihn immer ein wenig getröstet.
„Ich weiß nicht...“, sein ehemaliger Vormund zögerte. „Kann sein? Ich
würde es nicht ausschließen.“
Nun, das war zumindest schon mal ein Anfang und in Anbetracht der Tatsache das
er einer der Ghosts war, war für ihn wohl so einiges denkbar. Vielleicht
konnten sie ja damit arbeiten. „Und wenn ich dir jetzt sage das ich nicht
hierher gehör?“
„Was hat das denn mit Deva- mit ihr zu tun?“
„Dazu kommen wir noch. Ich muss dir das schon von Anfang an erklärn und ich
gehöre nicht hier her. Das ist Micks Leben nicht meines“, sagte er und
fügte stumm hinzu auch wenn ich ihn darum beneide.
Gido hatte derweil beschlossen einfach mal davon auszugehen das er nicht
angelogen wurde und seinen ehemaligen Schützling für voll zu nehmen. Er hatte
das Gefühl das sie sonst nicht weiterkommen würden. Aber wehe der Jüngere
wollte ihn jetzt verarschen das war wirklich nicht lustig. „Dann muss ich
dich jetzt aber fragen, wenn du nicht Mick bist – wer dann?“
„Nicht mehr“, korrigierte ihn Frau und ein schwaches Lächeln zeigte sich
auf seinen Lippen. „Mick und ich sind ein und der selbe – theoretisch.
Praktisch gesehen gibt es deswegen jetzt einen zu viel von uns und das bin
ich.“
Sich die Schläfe reibend fragte sich der Schwarzhaarige ob er nicht doch
schon zu viel getrunken hatte. Obwohl das konnte eigentlich gar nicht sein.
„So ähnlich wie bei den Trägern der Engelsaugen? Ein Körper, zwei
Seelen?“, fragte er schließlich seufzend und trank einen großen Schluck. Er
musste wirklich zu viel getrunken haben.
Der Jüngere zuckte die Schultern und nickte, blickte für einen Moment zu
Boden. Gido schien sich nicht gerade leicht damit zu tun ihm das jetzt
abzukaufen, aber er konnte es ihm nicht mal verübeln. Er würde es sich
wahrscheinlich nicht mal selbst glauben, wie sollte er das da von jemand anders
erwarten. Und so zuckte er unwillkürlich zusammen, als er wieder die Stimme
des Schwarzhaarigen vernahm. „Okay, für dieses eine Mal und zwar, weil das
wirklich nicht lustig ist wenn du ich grad verarschen willst – gehen wir
davon aus das du die Wahrheit sagst.“ Fraus Gesicht erhellte sich erleichtert
ohne das er es merkte. „Wenn du die Wahrheit sagst, dann erklär mir warum
du dir da so sicher bist und vor allem woher du das mit Devaki.“
„Ich sagte doch schon, die Geschichte hat einen anderen Verlauf. Sie hat
eine andere Richtung eingeschlagen, es ist anders als hier. Außerdem habe ich
dir auch gesagt das ich es von dir weiß.“ Sein Herz machte einen aufgeregten
Satz bei diesen Worten, er log den Schwarzhaarigen nur ungern so an. Doch es
blieb ihm nichts anderes übrig, er konnte ihm nicht die Wahrheit sagen. Nicht
jetzt sofort. „Du hast es mir erklärt, das... das mit den Ghosts und auch
mit Devaki, weil wir ja aus dem selben Haus stammen...“ Mit jedem weiteren
Wort war seine Stimme immer dünner geworden und schließlich verstummt,
während sein Blick immer trauriger geworden war, weshalb er ihn auch schnell
abgewandt hatte. Es entsprach nun mal nicht der Wahrheit, so gern er das auch
gehabt hätte. Und auch wenn er es versuchte vor ihm zu verbergen sah Gido
diese Traurigkeit in seinen Augen aufblitzen. Er verstand den Grund nicht aber
dennoch wirkte sie so ehrlich das er für einen Moment gar nicht anders konnte
als ihm glauben.
Der Blick des Schwarzhaarigen wurde sanft und er legte eine Hand an dessen
Wange, „hey... schau mich an. Ich geb zu das klingt verdammt verrückt was du
mir da versuchst weis zu machen, aber ich glaube dir okay?“
Fraus saphirfarbene Augen hoben sich, blickten ihn an und schienen etwas in
seinem Blick zu suchen. Etwas das ihn lächeln ließ als er es fand. Gido
meinte das was er sagte ernst, das erkannte er ganz deutlich und es freut ihn.
Der Schwarzhaarige hatte auch nicht das Gefühl das er ihn gerade anlog. Seine
Freude, die Erleichterung darüber das er ihm glaubte, das war echt. Seufzend
schüttelte er den Kopf, „heute nicht, aber ein andern Mal musst du mir das
trotzdem genauer erklären.“ Gido schmunzelte, ließ seine Hand sinken und
Frau lachte leise.
„Für einen Untoten bist du aber ganz schön skeptisch bei dem ganzen“,
grinste er und ging einen Schritt rückwärts als der Ältere auf ihn zukam.
„Lass uns zurückgehen, das war genug Ernsthaftigkeit für Heute, findest du
nicht?“, erwiderte Gido und fuhr sich durch die dichten schwarzen Haare.
„Mehr als genug“, grinste Frau und wich jedes Mal wenn der Andere einen
Schritt auf ihn zu trat einen zurück. Im Türrahmen blieb er schließlich
stehen und lehnte sich gegen diesen, versperrte die Tür und beobachtete
amüsierte wie Gido verwirrt stehen blieb.
„Was soll das werden?“
„Sie hat doch Hunger oder? Und sie macht zicken, du isst nichts und ich kanns
verstehen, bedenkt man dus sowieso wieder auskotzen würdest.“
Er hob skeptisch die Augenbrauen. „Sag bloß du weißt auch dagegen ein
Mittel?“
„Leider nein, ich kann nichts dagegen tun das dein Körper ihretwegen
rumzickt. Aber...“, ein anzügliches Lächeln breitete sich auf seinem
Gesicht auf und mit einem klicken schloss sich die Tür hinter ihm. „Ich
weiß was ihrem Hunger ein wenig Einhalt gebieten wird.“
„Und das wäre...?“, fragte Gido mit plötzlich vor Unsicherheit
schwankender Stimme. Eigentlich brauchte ihm der Blonde nicht antworten, er
konnte sich so schon denken was dieser mit ihm vorhatte. Auch wenn er nicht
wusste ob ihm das jetzt wirklich so gefiel. „Frau...“, der angesprochene
schnurrte, „du willst doch nicht wirklich...?“ Doch als sich ihre Lippen
dann trafen konnte er nicht anders als die Augen aufreißen. Er versuchte sich
ihm zu entziehen, doch eine kräftigen Hand packte ihn an den Haaren und hielt
ihn an Ort und Stelle, während die Andere Hand des Blondhaarigen seine Seite
hinabstrich und sich in seine Hüfte krallte. Ein Teil von ihm wollte immer
noch lieber abhauen, leider schien Frau dafür viel zu gut zu wissen wie er
seinen Körper und ihn dazu bewegen konnte nach dem ersten Schreck nachzugeben.
Keuchend öffnete er ihm die Lippen, als sich seine Nägel nun ebenfalls in
seinen Nacken und an beiden stellen tiefer in seine Haut gruben und er ließ
sich auf diesen räuberischen, bestimmenden Kuss ein. Es dauerte noch einen
weiteren Moment bis er ihn dann soweit hatte das er die Augen schloss und ihn
für den Moment einfach machen ließ. „Fuck...“, hauchte er atemlos
keuchend, als sie sich schließlich wieder von einander lösten und er
beobachten konnte wie sich Frau die Lippen leckte.
Der Blonde musste zugeben das war sogar besser als er es sich vorgestellt
hatte. „Scheint als bräuchte da wer noch ein wenig Überzeugungsarbeit“,
schmunzelte er und drängte den Älteren immer weiter zurück, bis er ihn auf
sein Bett stoßen konnte. Anzüglich grinsend ließ er sich über ihn sinken
und setzte sich auf seine Hüften. Er fing seine Lippen in einem weiteren Kuss
ein und genoss das keuchen das er ihm dabei entlocken konnte. „Keine Sorge,
das ist ganz unverbindlich, eine einmalige Sache“, schnurrte er und leckte
seine Kehle hinauf. „Nur ein kleiner Freundschaftsdienst, weil ich dich mag
und weil du ein wenig Ablenkung und Devaki ein wenig Futter brauch.
Einverstanden?“ Wie zufällig stieß der Blondhaarige ihre Hüften aneinander
und gab ein leises keuchen von sich.
Gido blickte hinauf in Fraus beinahe unschuldig dreinblickende Augen und
schluckte, ehe er sich räusperte und ein leicht heiseres,
„einverstanden...“ von sich gab. Die Tatsache das der Blonde gerade ganz
deutlich zu wissen schien was er hier tat, war mehr als er eigentlich hatte von
ihm wissen wollen. Dann wiederum konnte er nicht behaupten das seinem Angebot
abgeneigt wäre, zumindest wäre es gelogen das sein Körper nicht darauf
ansprach. Und solange sie hier auf dem Schiff waren, waren solche Angebote eh
ein knappes Gut, er wäre also schön doof jetzt abzulehnen.
Schon viel besser, dachte sich der Jüngere grinsend und raufte Gidos Haare,
kraulte seinen Kopf. Am besten wäre, ja am besten war wenn er selbst einen
kühlen Kopf behielt. Zumindest dachte er sich das, als er seinen ehemaligen
Vormund aus dieser Position musterte, denn zugegeben er könnte sich an diesen
Anblick gewöhnen. Schnurrend küsste er ihn ein weiteres Mal und rieb seine
Hüften aufreizend an denen des Älteren. Ließ davon jedoch wieder ab, als er
sich selbst das keuchen nicht mehr verbeißen konnte und es in ihrem Kuss
unterging. Gidos Hände waren derweil seinen Rücken hinabgewandert, strichen
über seine warme Haut und entlockten ihm ein schnurren. „Gido...“, hauchte
er verführerisch gegen dessen Lippen und wanderte mit sanften Bissen seinen
Hals hinab, während seine Hände seine Brust hinabstrichen. Der Schwarzhaarige
nutzte derweil aus das sein ehemaliger Schützling abgelenkt schien und
drückte sein Knie gegen seinen Schritt, hatte dabei allerdings die Rechnung
ohne den Wirt gemacht. Frau knurrte und drückte sein Bein wieder auf die
Matratze, als seine andere Hand sein Oberteil nach oben schob. Knurrend drückte
er dann allerdings auch noch sein zweites Bein wieder auf die Matratze,
begegnete dem Grinsen des Schwarzhaarigen mit einem beinahe vorwurfsvollen
Blick. Doch schnell verwandelte sich dieser in ein süffisantes Lächeln,
„ich glaube wir haben uns falsch verstanden.“ Gido schluckte und konnte ein
keuchen nicht verhindern, als Frau seine Zähne in seine Halsbeuge grub und
seine Beine auseinander drückte und sich zwischen diesen platzierte. Im
Grunde hatte er ja nichts dagegen wenn ihn der Schwarzhaarige ebenso ein wenig
ärgerte, doch gerade würde das nur bedeuten das er seinen Plan über Board
werfen konnte. Dann würde daraus nichts mehr einen klaren Kopf zu bewahren und
soweit wollte er dann eigentlich doch wieder nicht gehen. Frau schob sein
Oberteil weiter nach oben und begann seinen Bauch und seine Brust mit Küssen
und Bissen zu versehen. Er konnte sich eines schiefen Grinsens nicht entwehren,
als er daraufhin das keuchen und leise stöhnen seines ehemaligen Vormundes
vernehmen konnte. Wobei er selbst ein schnurren nicht verhindern konnte, als
Gidos Hände durch seine Haare kämmten und er seinen Kopf kraulte. Sein Blick
wanderte hinauf in die eisblauen Augen des Älteren die ihn jetzt schon
lüstern anfunkelten und er knurrte leise und zufrieden, als er merkte wie er
sich ihm entgegen bog, als er die Zähne spürbar in seinen Bauchmuskeln
vergrub. Ein weiteres stöhnen entkam der Kehle des Schwarzhaarigen, während
seine Gedanken immer weiter abdrifteten. Ebenso wie das nagende Gefühl in ihm
langsam in Vergessenheit geriet.
Es wäre sinnlos noch anzumerken das ihm gefiel was der Jüngere tat, das
merkte dieser sehr wohl selbst. Er kratzte seine Seiten hinab und ließ seine
Finger an seinem Hosenbund entlangwandern, bis sie den Verschluss fanden und
diesen öffneten. Und ein kleines grinsen schlich sich auf seine Lippen, als er
sie zusammen mit seinen Shorts von seinen Hüften zog und dem Schwarzhaarigen
damit ein weiteres keuchen entlockte. Fraus hatte sich in der Haut seines
Halses verbissen und an diesem festgesaugt, während er sich mit einer Hand
auf der Matratze abstützte und die andere seinen Oberkörper hinabwandern
ließ. Versuchte dabei nicht allzu sehr auf die Reaktionen des Anderen zu
achten, als sich seine Finger um den erhärteten Schaft schlangen und an diesem
auf und ab rieben. Dennoch entging ihm nicht wie sich Gido ihm erneut entgegen
bog, den Abstand zwischen ihren Körpern erneut auf gefährlich nah minimierte
und dabei stöhnte. „Gido...“, keuchte er als er sich von seinem Hals
löste, die Augen geschlossen und in dem Versuch sich zu sammeln. Doch wirklich
gelingen wollte es ihm nicht. Der Blondhaarige reckte seinen Kopf ein wenig vor
und schnappte nach dem Ohr des Älteren, hauchte einen Kuss auf dieses und
stöhnte hinein. Denn trotz allem musste er zugeben das es ihm irgendwie Spaß
machte seinen ehemaligen Vormund so um den Verstand zu bringen und ihm dabei
auch eine kleine Show zu liefern. Er schlang seinen freien Arm um seinen
Nacken, krallte die Hand in seine Schulter, genoss den Schauer den er dem
Anderen dabei bescherte und zog ihn mit auf sie Seite. „Gido“, stöhnte er
leise und leckte sich grinsend die Lippen. Oh ja, das machte ihm wirklich
außerordentlich Spaß. Keuchend löste er sich von seinem Ohr und blickte ihm
in die eisblauen Augen, drückte sich für einen Moment dicht an ihn, während
auch der Griff seiner Hand für einen Augenblick fester wurde. Das atemlose
stöhnen das ihm diese Aktion bescherte ließ ihn für einen Moment die Luft
anhalten und jagte einen Schauer seinen Rücken hinab. Verdammt, er wollte
sich doch zusammenreißen. Und das würde nicht funktionieren, wenn das so
weiter ging. Er schloss die Augen drückte Gido einen Kuss auf die Lippen und
wanderte dann seinen Hals und seinen Oberkörper hinab, versuchte seine Ohren
dabei auf Durchzug zu stellen. Nur seinen Blick ließ er nicht von den Augen
des Älteren, als sich seine Lippen um seine Spitze legten und seine Hand ein
letztes Mal mit kräftigem Druck an ihm hinabglitt. Er liebkoste ihn mit der
Zunge, während er ihn weiter massierte. Dabei konnte er sich das ein oder
andere keuchen nicht verkneifen, als er ihn tiefer in sich aufnahm und dabei
beobachten konnte wie der Schwarzhaarige den Kopf in den Nacken legte. Ein
weiteres keuchen entkam ihm, als er spürte wie der Griff in seinen Haaren
fester wurde und der Andere ihm seine Hüften entgegen drückte. Doch er
krallte seine Hände in diese und drückte ihn einfach wieder auf die Matratze,
pinnte ihn dort fest, fing an an ihm saugen und baute dabei eine stetigen
Rhythmus auf. Immer weiter trieb er ihn dabei an seine Grenzen, beobachtete ihn
dabei und ließ jedoch von ihm ab noch bevor er kam. Keuchend blickte er zu
ihm auf, leckte sich die Lippen und grinst perfide, als er sich wieder zu ihm
auf Augenhöhe begab. Ihn dabei weiter reizte, seine Hand mit festen Bewegungen
an ihm auf und ab gleiten ließ.
Frau lehnte seine Stirn an die des Schwarzhaarigen, blickte ihm tief in die
Augen und musste sich davon abhalten zu erzittern, als er den Ausdruck im Blick
des Mannes unter ihm sah, als dieser in seine Hand kam. Nur ein atemloses
keuchen konnte er nicht verhindern, das bis zu dem Moment wo er sich neben ihm
auf den Rücken sinken ließ in seiner Kehle feststecken zu schien. Einen
Moment lang lag er einfach nur so und tat nichts, während sich Gido neben ihm
auf die Seite rollte und den Kopf gegen seine Schulter sinken ließ, das er
seinen warmen Atem an seiner Brust spüren konnte. Gedankenverloren leckte er
sich die Hand sauber und hatte für einen Moment nicht mal etwas dagegen, das
ihm dieses flüchtige Berührung eine Gänsehaut über den Körper jagte.
Langsam, sehr langsam begann Frau damit sich von ihm weg zu drehen. „Was
dagegen wenn ich duschen geh?“, fragte er und musterte ihn aus dem
Augenwinkel, drehte sich daraufhin ganz auf die Seite. Wenn er Glück hatte kam
er jetzt nochmal davon.
Verwirrt blickte Gido auf und musterte Fraus Nacken und seinen Rücken. Ob er
was dagegen... nein, wieso denn? Nachdenklich beobachtete er wie Frau langsam,
ein Bein nach dem Anderen auf den Boden setzend aufstand. Und dann kurz bevor
der Jüngere richtig aufgestanden war machte es klick und er verstand. „Nicht
dein ernst“, erwiderte Gido trocken und griff nach seinem Bein, woraufhin ihn
der Blondhaarige kurz anblickte und sich dann versuchte aus seinem Griff zu
befreien. Doch das klappte nicht und er wurde unsanft zurück aufs Bett
befördert. „Gido!“, beschwerte er sich und versuchte erneut davon zu
kommen, doch schon hatten sich die langen, kräftigen Arme des Älteren um ihn
geschlungen und hielten ihn fest. Da half vor allem kein zappeln. „Du gehst
nirgendwo hin“, entgegnete er ihm bös grinsend, während eine seiner Hände
mit einer federleichten Berührung den Oberkörper hinab und Frau musste
schlucken. Sie machten erst an seinem Hosenbund halt und strichen wie
überlegend an diesem entlang.
„Gido...“, das klang jetzt beinahe schon ein wenig verzweifelt und
flehentlich, doch Frau konnte es nicht verhindern. Er biss sich auf die Lippe
und schluckte erneut, als er merkte wie sich seine Nackenhaare aufstellten, ob
des warmen Atem des Schwarzhaarigen der gegen sein Ohr und seinen Hals schlug.
„Du glaubst doch nicht wirklich“, während er sprach öffnete der Ältere
langsam seine Hose, striffen dabei seine Erektion. „Das ich dich jetzt
einfach so abhaun lasse, damit du dir in Ruhe ein runterholen kannst, nachdem
du so eine Show für mich abgezogen hast...“ Er hauchte ihm in den Nacken und
genoss den Schauer der daraufhin durch den Körper des Jüngeren ging, während
er seine Hand in massierenden Bewegungen über seinen Schritt glitt.
„Oder?“
Der Blondhaarige grub seine Zähne tiefer in das Fleisch seiner Unterlippe um
ein stöhnen zu unterdrücken. Doch er antwortete nicht, drückte sich nur
seiner Hand entgegen. Es war ja nicht so das es ihm nicht gefiel, aber bitte...
so hatte das einfach nicht laufen sollen.
„Entspann dich“, raunte Gido und küsste seine Nacken. Jedoch schlich sich
gleichauf wieder ein grinsen auf seine Lippen, als er hinzufügte. „Alles
ganz unverbindlich, eine einmalige Sache...“, schnurrend küsste er sich
seine Wirbelsäule entlang. „Nur ein kleiner Freundschaftsdienst, weil ich
dich mag und dus gebrauchen kannst.“ Dieser... dieser... empört schnaubend
krallte sich Frau ins Laken, wollte eigentlich schon losschimpfen, was ihm denn
einfiel einfach seine eigenen Methoden gegen ihn auszuspielen. Doch dazu kam es
gar nicht erst, weil er nicht anders als stöhnen konnte, als Gido seine
Shorts nach unten schob und seine Finger um seinen Schaft schlang, ihn
massierte und mit zwei Fingern die Spitze reizte. Keuchend bog er sich ihm
entgegen, krallte sich fester ins Laken und stöhnte ungehalten auf ob seiner
Liebkosungen. Die Zähne des Anderen bohrten sich in seinen Rücken, auf dem er
auch schon einige rötliche Flecken hinterlassen hatte. „Gido...“, stöhnte
er und versuchte vergeblich ein zittern zurück zu halten, als dessen Griff um
sein Glied fester wurde und er seine Hand an ihm auf und ab zu reiben begann.
Ein zittriges, atemloses keuchen entkam seine Kehle und bog seinen Rücken
unter stöhnen zu einem Hohlkreuz. Oh Gott. Oh Gott. Kam ihm das nur so vor
oder war er heute empfindlicher als sonst. Verdammt, er musste sich
zusammenreißen, doch das war vergebens, denn er drängte sich immer wieder
seine Hand entgegen. Der Blondhaarige wandte seinen Kopf, die Augen halb
geschlossen und suchte nach den Lippen des Älteren, küsste ihn so lange wie
es ging ohne an Luftmangel zu sterben. „Gido...“, sein stöhnen verlor sich
in einem atemlosen keuchen und er biss sich auf die Unterlippe. „Gi– aaah,
Gido... haah, halt... aaah, mmh“, er spürte wie der Angesprochene gegen
seinen Nacken schnurrte und sich an ihn schmiegte. Sanft kratzten die Nägel
des Anderen über seinen Schaft, während sich Frau mittlerweile sicher war das
er vergebens versuchen würde diesen einen Satz auszusprechen. „Ich, hah...
Gido...“, keuchte er und gab ein lautes stöhnen von sich als er in seine
Hand kam. Keuchend sackte er in sich zusammen, ließ sich auf das Laken sinken,
während er nur langsam wieder zu Atem kam. Sein Gesicht war aschfahl, doch er
hatte das dumme Gefühl das sich das bald wieder ändern würde.
Der Schwarzhaarige blinzelte ein paar Mal, blickte dabei den Blondhaarigen an
der ebenso erledigte aussah wie danach als ob er gleich am liebsten im Boden
versinken würde. Er blickte auf seine Hand und dann wieder zu Frau. „Das
wars schon?“, fragte er nonchalant und leckte sich die Fingerspitzen und den
Rand der Handballen sauber. Mit einem süffisanten Lächeln beobachtete er
dabei wie der Jüngere bei diesen Worten rot anlief. Frau war als ob sein
Gesicht glühen würde und war sich sicher das er spätestens bei den folgenden
Worten mit einer Tomate konkurrieren konnte so hochrot wie er dabei anlief.
„Verstehe... deswegen wolltest du also abhaun“, grinste Gido amüsiert.
Wortlos und mit entgeistertem Blick drehte sich Frau auf den Bauch, griff nach
dem Kissen am Kopfende und vergrub das Gesicht darin. Er murmelte etwas das
wie, „bitte bring mich ganz schnell um“, klang, doch Gido nur dazu brachte
leise und sanft zu lachen. Er setzte sich auf und streichelte mit der freien
Hand den Rücken seines ehemaligen Schützlings streichelte. Auch wenn der
Blondhaarige sich weigern wollte das zu genießen, konnte er nicht anders als
das irgendwie beruhigend zu finden und er seufzte leise. Es schien ihm wie ein
Friedensangebot in der jetzigen Situation und er war bereit es anzunehmen.
Dennoch zuckte er zusammen als er mit einem Mal spürte wie der Ältere etwas
klebriges in seine Haare schmierte.
„Gido!“, er versuchte nach seiner Hand zu greifen. „Was fällt dir ein,
schmier mir das Zeug nich in die Haare, wenn dus nicht schlucken willst. Lass
wenigstens die Matratze leiden und nicht mich!“ Lachend entzog ihm der
Ältere seine Hand und fing eine kleine Rangelei mit seinem ehemaligen
Schützling an, die damit endete das sie beide dicht aneinander gekuschelt
ihren Platz auf dem Bett fanden. Wobei der Schwarzhaarige seine Finger durch
die wirren blonden Strähnen kämmte, was der Jüngere mit einem zufriedenen
schnurren quittierte und sich noch etwas dichter an ihn schmiegte. Doch heute
schien Gido nicht sonderlich viel von dauerhaften Friedensangeboten zu halten.
„Aber mal ernsthaft, das war alles was du aushältst?“
Sofort schoss wieder die Röte in Fraus Gesicht, dieses Mal sogar bis hinauf
den Ohren. „Halts Maul du greiser Sack! Ich bin noch jung!“, keifte er zur
Antwort. In seiner Empörung wollte ihm Frau gegen die Brust trommeln doch er
wurde davon abgehalten, wandte auf den Blick ab als Gido versuchte ihn
anzusehen.
„Also so jung ja auch nich mehr... ich frag mich ja nur wo deine Ausdauer
hin is“, grinste der Schwarzhaarige und Frau musterte ihn argwöhnisch aus
dem Augenwinkel. Es gefiel ihm gar nicht, wenn er so grinste.
„Was fragst du mich das?“, beschwerte er sich immer noch knallrot im
Gesicht. „Das musst du Mick fragen, woher soll ich wissen wie sein Sexleben
aussieht!“ Also wirklich, murrend kauerte er sich zusammen und vergrub das
Gesicht an Gidos Brust. Dieser lachte leise, stützte sich auf einen Arm,
kraulte dem Anderen durch die Haare und streichelte seinen Rücken.
„Wenn es dir so viel ausmacht...“, begann er und entlockte ihm ein
Schnurren, als er seinen Nacken kraulte. Eigentlich war viel noch eine
Untertreibung wie Frau im stillen meinte, doch er war viel zu sehr an einem
endgültigen Friedensangebot bezüglich dieses Themas interessiert, als das er
jetzt noch einen Streit vom Zaun brechen würde. „Dann lässt sich sicher mal
die Zeit für ein paar Übungsstunden finden“, grinste Gido und schnappte
sanft nach seinem Ohr. Frau antwortete nicht, doch die Röte die sich nun auf
seinen Wangen zeigte hatte einen anderen Grund als eben. Dann grinste er
schließlich und schmiegte sich der Länge nach an den Körper des Älteren,
schlang dabei seine Arm und Beine um ihn und zog ihn in einen Kuss.
„Sehr gerne...“, schnurrte er gegen seine Lippen und strich mit beiden
Händen über den kalten, breiten Rücken. Wortlos lehnte er seine Stirn an die
Schulter des Anderen und grinste mit zusammengepressten Lippen.
„Sabberst du mich grade voll?“
Frau schluckte und lachte, „vielleicht.“ Er war immer noch ein bisschen
rot um die Wangen, doch Gido sprach ihn nicht mehr darauf oder die Ursache an
und tat damit das einzig richtige in diesem Moment. Für den heutigen Abend
blieben sie auf dem Zimmer, denn irgendwie kam der Blonde seinem ehemaligen
Vormund heute besonders anhänglich vor und für den Moment war das alles auch
okay.
Kapitel 5: Gala
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They started off beneath the knowledge tree. Then they chopped it down to make
white picket fences.
Frau hatte sich hinter einem Stapel Zeitschriften und Zeitungen vergraben und
war seit einiger Zeit ungewohnt still. So still das Gido sich schon lächerlich
für seine Sorge vorkam. Dennoch musste er diese Stille jetzt einfach mal
durchbrechen. Sie war zu ungewohnt, als das er sie noch länger aushalten
würde. „Sag mal was tust du da eigentlich?“, fragte er, sich auf seinem
Schreibtischstuhl, der nach Fraus Meinung mehr nach Chefsessel aussah,
zurücklehnend.
„Lesen–“
„Schon klar, aber was? So wie du schweigst is das ja beinahe gespenstisch, gib
wenigstens irgendwelche dummen Kommentare dazu ab.“ Gido musterte ihn und
fügte hinzu, „davon mal abgesehen, sag mal... warum rührst du seit Tagen
nichts mehr auf Raggs an?“
„Alles“, erwiderte der Blondhaarige. „Einfach alles was mir ein wenig
weiterhilft, ich sitz hier scheinbar fest also will ich wenigstens wissen was da
draußen alles vor sich geht.“ Er deutete in Richtung eines imaginären
Fensters in Gidos Kajüte. Ignorierte dabei jedoch vollkommen die zweite Frage
und vertiefte sich wieder in seine Lektüre. Es stimmte schon, sämtliche
Zeitschriften und Zeitungen die er hier neben dem Bett des Älteren gestapelt
hatte waren im barsburgischen geschrieben. Allerdings wollte er nicht wirklich
genauer darauf eingehen.
„Du hast meine Frage nicht beantwortet“, forschend blickte ihn der
Schwarzhaarige an. „Ich mein du willst was über diese Welt erfahren und
beschränkst dich auf eine Seite der Informationsquellen.“
Frau blickte über den Rand seiner Zeitung hinweg und dann wieder auf den
Artikel den er gerade las. Mit einem leisen seufzen klappte er sie zusammen und
entgegnete, „meine letzte Unterrichtsstunde hatte ich als Kind...“ Er zuckte
die Schultern und blickte auf die zusammengefaltete Zeitung. Für einen kurzen
Moment zögerte er, doch dann fügte er hinzu, „nach dem Krieg war das eh zu
gefährlich.“
„Krieg?“, Gido hob seine Augenbrauen und musterte ihn mit vor der Brust
verschränkten Armen.
Der Blondhaarige haderte mit sich, drehte die Zeitung in Händen und schloss
für einen Moment die Augen. „Ja...“, seine Stimme schien zu verebben, doch
er fand sie wieder. „Es gab einen Krieg, vor etwa zehn Jahren“, seine Augen
öffneten sich wieder doch er blickte abwesend vor sich hin. „Barsburg hat
Raggs ausgelöscht, die Kultur, die Sprache... sich das Land einverleibt und die
Menschen die dort lebten versklavt. Und... die Königsfamilie getötet.“ Er
blinzelte und blickte Gido nun mit klarem Blick an. „Ich kanns recht
ordentlich sprechen, aber das wars dann schon.“
Aufmerksam hatte der Blick des Schwarzhaarigen auf ihm geruht, es schien ihm
nicht als würde sich der Jüngere das ausdenken. „Ich übersetz das jetz mal:
Du kannst es nicht lesen? Schreiben?“
Frau schüttelte nur den Kopf. „Kein Stück und ich würde nicht mal behaupten
das ich es fließend sprechen kann.“ Dennoch musste er sich ein leises lachen
verbeißen, als ihm der Ältere daraufhin eine Zeitschriften auf Raggs vor die
Nase hielt. Doch so zuckten nur seine Mundwinkel und er blickte auf die
Buchstaben die für ihn keinerlei Sinn ergaben.
„Ganz ehrlich du willst mich nicht verarschen?“, fragte er skeptisch.
Immerhin hatte er Mick vor mehreren Tagen noch in dieser Zeitschrift lesen
sehen. Doch so hilflos und ehrlich ratlos wie Frau zuerst das Heft und dann ihn
anblickte, ließen ihn stocken. „Du verstehst davon wirklich kein Wort
oder?“
„Kein Wort“, bestätigte Frau und lehnte sich mit verschränkten Armen
zurück gegen die Wand. Der Schwarzhaarige hatte ihm neulich zwar glauben
geschenkt, doch ein Rest Skepsis war geblieben und er konnte es ihm nicht mal
wirklich verdenken. Wahrscheinlich würde er sich diese Geschichte nicht mal
selbst wirklich glauben, wenn er es nicht so genau wissen würde. Gido hatte
seine Hand wieder sinken lassen und die Zeitschrift beiseite gelegt. Sein Blick
glitt an der Gestalt des Blondhaarigen auf und nieder. Seit einigen Tagen hatten
sich dieser in seinem Zimmer einquartiert, ganz ungefragt verstand sich und auch
wenn er nicht wirklich etwas dagegen hatte war ihm diese Anhänglich die Frau
seit dem er hier aufgetaucht war ein bisschen suspekt. Der Jüngere sah davon ab
in seiner Koje zu schlafen und sich das Zimmer mit Kojetan und Diego zu teilen.
Was nicht daran lag das er sie nicht ausstehen konnte, allerdings bedeutete es
sich hier bei dem Älteren einzuquartieren auch das er diesen den Großteil des
Tages ganz für sich hatte. Und das war ein Umstand auf den Frau nicht
verzichten wollte.
Mit Ausnahme des Vorfalls vor einigen Tagen war auch nichts weiter zwischen
ihnen vorgefallen. Dabei war Frau wirklich der letzte der ein solch eindeutiges
Angebot ausschlagen tat, und Gido hatte ihm ein verdammt eindeutiges Angebot
gemacht. Er hatte gesagt das sie das wiederholen konnten und das er nur etwas
sagen müsste. Alles was er tun musste wäre zu sagen das er mit ihm schlafen
wollte. Frau hatten diesen Satz in Gedanken schon so oft gedreht und gewendet,
doch er kam nicht darauf was ihn davon abhielt das zu sagen. Schließlich fiel
es ihm weder schwer, noch hätte er etwas dagegen das ganze mal zu wiederholen.
Und es lag auch ganz sicher nicht daran das er jetzt in einem so unerfahrenen
Körper festsaß. Gerade das galt es ja zu ändern. Nein, das lag an etwas
anderem. Eher daran das er sich doch wieder nicht zu sehr an alles hier
gewöhnen wollte. Es hatte so schrecklich weh getan den Älteren damals zu
verlieren, das er nicht wusste ob er das wirklich noch ein mal aushalten würde
ihn zu verlieren. Da er nicht wusste wie er her gelangt war oder wie oder wie
lange er überhaupt hier bleiben würde, wollte er es schon allein aus purer
Vernunft nicht riskieren. Auch wenn es ihm schwer fiel sich noch davon zu
überzeugen das er sich nicht zu sehr an dieses warme wohlige Gefühl in seiner
Brust zu gewöhnen das ihn heimsuchte, wann immer er sich bei dem
Schwarzhaarigen befand. Es fühlte sich gut an, es fühlte sich nach zu Hause
an. Frau seufzte leise und schloss für einen Moment die Augen, musterte den
Schwarzhaarigen nachdenklich als er sie wieder öffnete. Überlegend ruhten die
eisblauen Augen seines Gegenübers auf ihm.
Gido fiel es nicht so schwer wie er geglaubt hatte, um genau zu sein fiel es ihm
überhaupt nicht schwer seinem ehemalige Schützling glauben zu schenken. Und
genau das war es was an ihm nagte. Das was der Blondhaarige erzählt klang bei
aller fehlenden Logik viel zu schlüssig. Die Puzzleteile eckten nicht an
sondern schienen jedes Mal wieder genau ineinander zu passen. Das war beinahe
schon gespenstisch, bedachte er das sowas doch gar nicht möglich sein sollte.
Logisch gesehen erzählte er ihm hier doch einen großen Haufen Mist, doch wenn
er ihn ansah dann war er sich ziemlich sicher das er nicht log und ihm erst
recht keinen Bären aufbinden wollte. Mit einem Mal musste er schmunzeln und
wandte den Kopf ab. Das sollte es doch gar nicht geben, hatte er gedacht und ihm
wäre beinahe entfallen das er selbst wohl der Beste Beweis dafür war das das
keine Rolle spielte. „Was ist?“, fragte Frau der wieder begonnen hatte zu
lesen und das Schmunzeln nur kurz über den Rand seiner Zeitschrift hinweg hatte
sehen können.
„Nichts“, erwiderte Gido nur, schmunzelte jedoch immer noch.
„Na gut dann nicht“, murmelte der Jüngere mit den Augen rollend. Er wandte
sich wieder dem lesen zu. Castor würde ihn wahrscheinlich verspotten, wenn er
ihn so sehen würde. Wo er doch sonst immer alles was er nicht zwingend lesen
musste links liegen ließ. Und das brachte ihn dann selbst zum schmunzeln.
„Was denn?“
„Nichts“, grinste Frau und nun war es an Gido mit den Augen zu rollen. Der
Schwarzhaarige schüttelte den Kopf und seufzte. Sie waren nach der Reparatur
des Schiffes noch eine Weile am Boden geblieben und waren erst vor einigen Tagen
weiter geflogen. Doch da sie nun weder Fracht noch ein bestimmtes Ziel zu haben
schienen, herrschte wieder flaute. Eine Ruhezeit die sie größtenteils mit
Nichtstun und schlafen verbrachten. Solche Phasen waren nicht ungewöhnlich, im
Grunde waren sie ein vorherrschender Teil ihres Lebens als Piraten. Denn sofern
keine Schiffe geplündert wurden oder sie an Land gingen um eine Fracht auf-
oder abzuladen oder sich dort anderweitig vergnügten, hatten sie einfach nichts
zu tun. Das war eine Tatsache die Frau als Bischof oft genug vermisst hatte.
Einfach mal nichts tun und nur aus seinem Loch kriechen, wenn er jemandens Kor
austreiben sollte. „Sag mal Gido...“, nachdenklich hatte er die Stirn in
Falten gezogen. „Barsburg und Raggs scheinen sich ja doch ziemlich gut
abzukönnen, von ein paar Reibereien jetzt mal abgesehen...“, meinte er und
überlegte für einen Moment wie er das jetzt weiter formulieren sollte.
„Es...“
„Du traust dem Frieden nicht“, stellte der Ältere nüchtern fest, während
er seinen Blick über eine Akte schweifen ließ. Korrektur im Gegensatz zu den
Anderen hatte er tatsächlich etwas während der Flautezeiten zu tun. War sogar
irgendwie froh darum, denn es hielt ihn davon ab sich allzu sehr zu langweilen.
Und ihm war eigentlich eine ganze Menge lieber, als sich zu langweilen.
„Hmm... ich kanns dir nicht übel nehmen, es gibt immer wieder Reibereien
zwischen den Königreichen. Nichts wirklich gravierendes, aber sie sind da. Es
gibt einige der Adelsfamilien die nur darauf warten das das ganze Eskaliert und
dem Militär geht es zum Teil nicht anders. Auch wenn sie ganz gut damit
beschäftigt sind uns zu jagen.“ Gido lächelte freudlos, „es hält sie auf
trab. Aber im Grunde reicht das nicht, weil sie nur die Messer wetzen und
Jedermann ihnen verbietet sie auch nach belieben zu benutzen. Für uns Piraten
gibt es ein wesentlich höheres Kopfgeld, wenn wir Lebens geschnappt werden. Wir
wissen das und wir nutzen es zum überleben, dennoch gibt es kaum noch Häfen in
denen wir sicher landen können.“ Er fischte eine Zigarette aus seiner
Hosentasche und zündete diese an, während er weiter sprach. „Das sie die
Aegis nicht gleich umzingelt hatten, lag einzig daran das sie beschädigt war.
Mit einem kaputten Schiff kann man zwar auch fliehen, aber es ist weit aus
gefährlicher. Sie haben wohl gehofft wir wären noch da, wenn sie
wiederkämen.“ Ein schmunzeln legte sich auf seine Lippen, als er ein wenig
nach unten und dabei zurück sank. Der Schwarzhaarige blies eine Wolke blauen
Dunstes gen Decke. „Schief geschnitten“, murmelte er, vielleicht ein wenig
selbstgefälliger als notwendig.
„Ich dachte rauchen sei tabu“, hakte der Jüngere nach und machte es sich
bequem, schob noch ein Kissen zwischen seinen Rücken und die Wand.
Der angesprochene schnaubte leise. „Seit wann kümmerst du dich einen Scheiß
um verboten. Außerdem is das mein Zimmer und ich bin Käpten. Ich darf hier
sowieso alles.“ Seine Worten brachten Frau dazu in sich hinein zu kichern. Er
hatte die Zeitschrift an seinen Beinen lehnen und verschränkte einen Arm hinter
dem Kopf und wollte Gido eigentlich schon nach eine von seinen Zigaretten
fragen. Da fiel ihm ein das er ja jetzt selbst welche hatte. Also kramte er die
Packung aus seiner Hosentasche, klopfte sich eine aus der Schachtel und klemmte
sie sich zwischen die Lippen. Dann steckte er sie wieder weg und griff nach dem
Feuerzeug in seiner anderen Hosentasche. Er hatte die Kette an einer der
Gürtellaschen an seiner Hose befestigt Mürrisch wurde er daraufhin von dem
Älteren angeblickt und der Blondhaarige kicherte erneut in sich hinein. Was
fällt dir ein? schien sein Blick zu fragen, doch davon ließ sich Frau nicht
beeindrucken.
„Ich bins Betthäschen vom Käpten, ich darf das“, schmunzelte er
liebreizend, die Zigarette immer noch im Mund. Er nahm einen tiefen Zug und warf
Gido ein charmantes Grinsen zu, während sich dessen leises schnauben in ein
lachen verwandelte. „Du widersprichst nicht“, stellte Frau daraufhin selbst
ein wenig verblüfft fest.
Der Schwarzhaarige hielt inne, inhalierte einen weiteren Zug und blies den
blauen Dunst nachdenklich aus. „Nein“, meinte er zustimmend und lächelte
dabei kaum merklich, als er seinen ehemaligen Schützling ansah. „Nein“,
wiederholte er und musste zugeben das es ihm sogar irgendwie gefiel. Er schloss
die Augen, dachte nach und horchte in sich hinein. Es fühlte sich wirklich
angenehm an, dachte er und das es ihm eigentlich gar nichts ausmachen würde,
den Blonden so nah an sich ranzulassen.
Der Jüngere lächelte und blickte wieder auf den Artikel den er gerade noch
gelesen hatte, merkte wie dabei der Blick des Schwarzhaarigen auf ihm ruhte.
Doch erst seine Worte rissen ihn wieder aus dem Gedanken, „zeig nochma dein
Feuerzeug.“
„Hm?“
„Na los gib her, ich wills mir mal angucken“, grinste er und setzte sich
auf. Mit einem unsicheren Schmunzeln kam der Blonde seiner Aufforderung nach und
löste die Kette von seiner Hose um es ihm zuzuwerfen. Die Zigarette zwischen
die Lippen geklemmt, ließ Gido die Kuhle seiner Hände um das silberne Kreuz
zuschnappen. Grinsend betrachtete er und hielt es hoch, während er mit der
anderen Hand nach der Zigarette griff. „Wo haste das denn her?“, fragte er
und ein wenig belustige guckte Frau ihm zu wie er den Zündknopf suchte.
„Selbstgemacht“, erwiderte er nun ebenfalls grinsend und erntete einen
skeptischen Blick. „Na ja bis auf das Kreuz“, lachte er dann.
„Ist das ein echtes?“, fragte Gido und er nickte. „Und das hast du selbst
gemacht?“ Ein erneutes nickten und der Schwarzhaarige stieß einen
anerkennenden Pfiff aus. Besah sich das Feuerzeug noch einmal neugierig und warf
es ihm dann wieder zu. Der Jüngere fing es auf und befestigte es wieder an
seiner Hose, steckte es wieder in die Tasche. „Warum gerade ein Kreuz?“
Der Blondhaarige musste nur kurz überlegen, bevor er antwortete, „jemand hats
mir geschenkt, ich mags nicht wegschmeißen. Dachte mir es kann mir wenigstens
nützlich sein, wenn ichs schon ständig bei mir hab.“ Ein schmales lächeln
bildete sich auf seinen Lippen.
Der Ältere antwortete ihm nicht, erwiderte nur das Lächeln. Das sah seinem
ehemaligen Schützling einfach viel zu ähnlich. So schüttelte er nur leicht
den Kopf und fuhr sich durch die Haare und murmelte, „naja Sorgen mach ich mir
sowieso erst, wenn du anfängst frei weg von der Leber die Bibel zu
rezitieren.“
Den Kopf senkend musste Frau sich ein breites grinsen verkneifen und auf die
Zunge beißen. Er war wirklich versucht zu tun was Gido gerade gesagt hatte,
doch das zu erklären würde dann ein wenig schwer werden. Also lachte er nur
leise und antwortete nicht.
Fast eineinhalb Woche verstrichen in denen ihr Schiff nur langsam und
gemächlich am Himmel vor sich hin tuckerte und Frau war überrascht als er
eines Tags den Gang hinabschritt zum Cockpit und aus dem Fenster blickend
erkannte das die gelandet waren. Es kam ihm komischerweise sogar bekannt vor und
wie es schien waren die meisten Anderen auch schon wach, nur Gido konnte er
nirgendwo finden. Er war alleine aufgewacht und hatte sich erstmal einen Kaffee
aus der Küche geholt. Die Frage wo sie jetzt waren wollte er zwar stellen, doch
da sich seine Stimmbänder weigerten zu funktionieren. Also gab er sich damit
zufrieden nach seinem ehemaligen Vormund Ausschau zu halten. Als sein Blick aus
einem der Seitenfenster fiel konnte er ihn sehen und der Schwarzhaarige winkte
ihm zu, winkte ihn zu sich nach draußen. Noch etwas verschlafen wie er war,
schnappte sich Frau bloß seinen Mantel aus seinem Zimmer und zog sich die
Stiefel an, bevor sich auf den Weg nach draußen machte. Die Tasse immer noch in
einer Hand näherte er sich dem Älteren, der unwillkürlich eine Augenbraue
heben musste bei seinem Anblick. Na, das war ja mal n Ding. Doch konnte er
letztlich nur schmunzeln über seinen Anblick. „Wir bleiben für ein paar Tage
hier“, erklärte er und wies auf ein großes, prachtvolles Gebäude das hinter
einem großen wildwüchsigen Garten lag. Sein Blick folgte Gidos Daumen der
über seine Schulter wies und er hörte auf ihm zuzuhören, als er das Anwesen
im Hintergrund erkannte. Für einen Moment konnte er nichts anderes tun außer
es mit großen Augen anzustarren.
„Krat“, brachte er schließlich nur hervor und räusperte sich, trank einen
weiteren Schluck. Erst dann war er sich sicher das ihm seine Stimmbänder wieder
gehorchten. „Was machen wir denn bei den Krats?“
Amüsiert schmunzelte der Angesprochene, „wir besuchen eine alte Bekannte.“
Er würde Frau später fragen woher er den Namen kannte. „Komm mit“, sagte
er und wies ihn an ihm zu folgen. „Die Anderen werden nachkommen, ich wollte
mit dir alleine reden, dir alles einmal kurz erklären. Dachte mir du willst
sicher nicht das die Anderen zu viele Fragen stellen.“
Frau lachte leise und folgte ihm mit langen Schritten durch den verwilderten
Teil des Gartens. „Nun, zumindest nicht bis ich selbst etwas schlauer bin,
nein.“ Gido nickte und bog einen Ast beiseite um an diesem vorbei zu kommen.
„Ich hab dir doch vor einige Tagen erklärt das es immer wieder Reibereien
zwischen den Königreichen gibt. Nun, beide Seiten versuchen die Adelsfamilien,
ganz gleich auf wessen Land sie stehen für sich zu gewinnen, je einflussreicher
eine Familie ist desto sicherer ist ihr die Aufmerksamkeit der Königshäuser.
Der Grund dafür ist, es gibt... sagen wir eine Allianz die sich gebildet hat,
einige bestimmte Familien haben sich verbündet – zweckdienlich versteht sich
– um den Königshäusern zu trotzen. Die Adligen lieben ihre Privilegien und
sie wissen diese auch auszuspielen. Sie wissen genau das Königsfamilien, sie
gerne am Haken hätten, zumindest schon des Geldes wegen und sie wissen ebenso
das sie Gefahr laufen diese zu verlieren, wenn sie sich ihnen anschließen. Sie
würde niemals öffentlich ihre Missgunst über den König oder dergleichen
verlauten lassen, doch sie haben ihre eigenen Druckmittel.“ Sie hatten den
wildwüchsigen Garten hinter sich gelassen und auch wenn es nicht gerade
übersichtlich war vor lauter Stauden, Hecken und Büschen in diesem Teil des
Gartens, schien alles auf kuriose weise viel geordneter. Aufmerksam hörte der
Blondhaarige seinem ehemaligen Vormund zu als dieser weiter sprach. Die
Mundwinkel des Schwarzhaarigen zuckte nach oben, „was sie tun ist nicht
verboten, sie stellen ihre Grundstücke als Landeplätze zur Verfügung und
gewähren allen, egal wem Sicherheit. Es wurde natürlich trotzdem mit
Entmachtung gedroht, doch Unterstützung und Geld sich hervorragende
Druckmittel.“ Ein verächtliches Schnauben folgte diesen Worten. „Sie sind
Sprunghaft wie flüchtende Kaninchen, wenn es darum geht die eigene Macht und
den Reichtum zu maximieren.“ Abrupt blieb der Ältere stehen, sie befanden
sich mitten auf einem schmalen Pfad der kaum zu sehen war vor lauter Pflanzen um
sie herum. Gido seufzte und zeigte ein recht aufmunterndes Lächeln, „nicht
alle sind so, sie alle über einen Kamm zu scheren wäre Falsch. Die meisten
sind keine wirklich schlechten Menschen, aber wenn es um ihre Motive geht
ähnelt sich der Großteil doch erschreckend, wenn es drauf ankommt. Merk dir
das.“
Der Jüngere hob eine Augenbraue und blieb für einen Moment stehen, musterte
den Schwarzhaarigen argwöhnisch. Er verstand warum es für die Piraten von
Vorteil sein konnte sich gewissermaßen Freunde unter den Adligen zu schaffen,
doch bei Gido klang das schon fast wieder so als würde er sie verteidigen. Ihre
Handlungen zu rechtfertigen, als wollte er nicht nur schlechtes über sie sagen.
„Eigenartig das von einem Piraten zu hören“, antwortete er und holte die
zwischen ihnen entstandene Distanz wieder auf.
„Was ist daran eigenartig?“
„Ich hätte jetzt erwartet das ihr die Adelsfamilien für zu versnobte
Schnösel haltet, als das ihr euch von ihnen helfen lasst...“, erwiderte er
mit hochgezogenen Brauen und verzog das Gesicht in skeptischer Nachdenklichkeit.
Der Schwarzhaarige lachte und stieg auf den Rand eines kleinen Teiches, um an
jenem entlang zu balancieren. „Das stimmt schon, in vielen Fällen ist es
genau so. Dennoch reicht allein die Tatsache das sie auch uns Unterschlupf
gewähren und das sich die Parteien auch in den meisten Fällen zusammenreißen
können aus, um zu bekommen was sie wollen. Und warum sollten wir das nicht
nutzen, wir müssen ja nicht zu ihnen ins Haus. Ein Landeplatz reicht in den
meisten Fällen schon völlig.“ Frau musst im Stillen zugeben das er recht
hatte. Sie hatten mittlerweile fast die Front des Hauses erreicht und ihm war
aufgefallen das sie wohl im Hintergarten gelandet sein mussten, oder zumindest
dort in der Nähe, denn sie hatten es jetzt beinahe zur Hälfte umrundet.
„Außerdem... sie misstrauen uns aus dem simplen Grund das wir Piraten sind.
Nicht ob dessen wer wir sind – sie scheren uns über einen Kamm.“ Seine
eisblauen Augen richteten sich mit plötzlichem Ernst auf den Jüngeren. „Was
meinst du, würdest du ihnen recht geben?“
Er brauchte nicht lange überlegen um eine Antwort zu finden. Ein grinsen
huschte über seine Lippen und er erwiderte, „naja wie bestehlen sie,
verführen ihre Frauen und Töchter und töten ihre Söhne, ich würd sagen
ja.“ Doch dann schüttelte er den Kopf und fügte hinzu, „aber ich denke ich
verstehe was du meinst. Es wäre dumm von uns die ganze Sache mit Vorurteilen
anzugehen. Sie sind nicht alle gleich. Genauso wie wir – wir sind alles nur
Menschen“, mit einem leichten Lächeln sah er ihn an. „Das wolltest du damit
sagen nicht?“
Der Ältere nickte, noch während seine Gedanken ganz woanders hingen. „Ja...
es ist egal, wer sie sind. Wenn sie uns helfen und es ehrlich meinen, reicht das
völlig. Und na ja...“
„Das hier ist so ein Fall?“
Schulterzuckend trat Gido hinaus auf den Hof des Hauses, schlenderte den Kiesweg
entlang. „Gewissermaßen“, ein schwaches Lächeln huschte über seine
Lippen. „Sie ist mehr oder weniger eine Bekannte von mir“, sagte er dann un
Frau musste nicht darüber nachdenken um diesen Satz deuten zu können.
„Verstehe“, grinste er und dachte das es wohl mehr als ein paar blaublütige
Frauen gab die gelangweilt von ihrem Leben eingesperrt zu Hause waren. Gido
bemerkte zwar das unmissverständliche Funkeln in den Augen des Blondhaarigen,
doch er sah davon ab ihn zu korrigieren. Im Gegenteil er nahm an, das sie das
sogar noch irgendwie amüsant finden würde.
„Um zurück zum Ausgangspunkt zu kommen, musst du folgendes wissen. Wir waren
schon öfters hier, ihr kennt euch. Ihr Name ist Gala und ihr habt euch immer
recht gut verstanden.“ Nickend nahm der Jüngere das gesagte zur Kenntnis und
überlegte ob es ihm der Schwarzhaarige wohl verzeihen würde, wenn er ein
bisschen mit ihr flirten würde. Sie hatten mittlerweile den Weg erreicht der
vom Tor des Haupteinganges zur Haustür führte und Kojetan und Aleko folgten
ihnen mit nur einigen Schritten Abstand. Auch wenn er versuchte es zu verbergen,
er war äußerst neugierig auf diese Frau die sie hier wohl treffen wollten.
Shakir griff nach dem in einem Löwenmaul befestigten schweren Ring und klopfte
an der großen schweren Eichenholztür. Öffnen tat ihnen jedoch keine Frau
sondern ein Mann, der zumindest nicht älter als Gido zu sein schien und sie
freundlich begrüßte, während einer nach dem Anderen fröhlich ins Haus zu
platzen schien. Anscheinend war sie nicht nur eine Freundin seines ehemaligen
Vormundes, dachte er schmunzelnd, als er das beobachtete und sah sich ebenfalls
neugierig um.
„Die Lady bittet um noch ein paar Minuten, bitte folgen sie mir –“
„Ach lass die Formalitäten Rychie“, grinsend tätschelte Diego dem
Bediensteten die Schulter. „Bring uns einfach hin“, schmunzelte und der
Angesprochene folgte der Anweisung. Doch Frau schien es so, als gäbe es nichts
was diesen Mann davon abbringen würde seine Position zu vergessen.
„Ach das hab ich vergessen“, murmelte ihm Gido zu, „das ist Rycharde. Er
ist hier ein bisschen das Mädchen für alles.“
Sein ehemaliger Schützling schmunzelte bei diesen Worten und antwortete
leise, „das kann ich mir gut denken.“ Unbekümmert plaudernd ließen sich
die Piraten in einen größeren Raum führte. Das Sonnenlicht fiel durch große
Bogenförmige Fenster die auf der linken Seite des Raumes lagen. Die Andere
zierten Gemälde und ein Wandteppich auf dem das Familienwappen und einige
weitere Verzierungen abgebildet hatten. In der Mitte des Raumes standen ein
Tisch, ein Sofa und ein paar Sessel. Auf den Tisch standen eine gläserne
Karaffe mit Wasser gefüllt und zwei Kannen, deren Inhalt er Tee und, oder
Kaffee vermutete. Daneben standen mehrere Becher und eine Platte mit Gebäck und
Sandwiches. Ein Umstand der Frau dazu brachte zu dem Schluss zu kommen das diese
Frau entweder immer auf Besuch vorbereitet schien, oder sie mochte. Demnach was
er gehört und was er gerne glauben wollte, mochte sie sie. Frau ging einige
Schritte durch den Raum, blickte sich um ohne etwas bestimmtes zu suchen, setzte
sich schließlich auf einen der Sessel und überkreuzte die Beine. Sein Blick
wanderte zu Gido, dann zur Tür und dann wieder durch den Raum in dessen
Ambiente sie einfach nicht zu passen schienen. Er hatte keinen Hunger oder
Durst, auch wenn es wohl Kaffee gab, aber danach war ihm auch nicht wirklich.
Allein die Tatsache das er in Labradors altem Zuhause befand ließ sich seinen
Magen genug zusammenziehen, das es unangenehm war. Sein ehemaliger Vormund
wusste zwar das er über die Sense bescheid wusste, doch über die Ghosts hatte
er noch kein einziges Wort verloren.
Sich nun in einem der Gotteshäuser wieder zu finden, sorgte bei ihm für mehr
als Argwohn. Eingenommen von einer spielerischen Rangelei um etwas zu Essen
zwischen Diego und deutlich kleineren Aleko bemerkte Frau sie nicht, als sie den
Raum betrat und als er sie bemerkte musste er sich zusammenreißen, das ihm
nicht die Kinnlade runterklappte. Gala trug ein knielanges Sommerkleid mit
gerafftem Saum. Es zeigte ab den Beinen einen Farbverlauf von Schwarz zu lila,
ähnlich wie Gidos Haare, der Gedanke ließ den Blondhaarigen blinzeln und zu
besagten blicken. Er hatte nie so wirklich darauf geachtet doch sie hatten
wirklich einen leichten Stich ins lilane, der besonders kräftig in den vorderen
Strähnen zu sein schien. Galas Haare wiesen ebenfalls einen Farbverlauf auf,
zeigten sie am Ansatz noch ein wiesiges Grün, verliefen auf halber Länger in
ein helles Blond. Sie hatte sanfte violettfarbene Augen, die Farbe ging schon
ein bisschen ins Magenta. Als sie Frau erblickte lächelte und ein wenig
unbeholfen in seiner Rolle lächelte er zurück. Sie war hübsch das war nicht
zu bestreiten und ihr Alter musste zwischen Mitte zwanzig und Anfang dreißig
liegen. An den Armen trug sie schwarze, halb durchsichtige Stulpen, so dass er
keine klare Sicht auf ihren Handrücken hatte. Überschwänglich wurde sie
begrüßt und umarmt, was ihn ebenfalls dazu brachte aufzustehen, doch je
länger er dem ganzen zusah desto ratloser wurde ihr. Kichernd wandte sie sich
ihm zu, „na komm her Mick du auch.“ Und schon wurde er in ihre Arme gezogen
und die Kälte ihres weichen Körpers, als er es erwiderte brachte ihn wieder
auf den Boden zurück. Frau blinzelte kurz und grinste schief, als er sich
wieder von ihr löste. Nichts auf der Welt war so kalt wie der Tod, das hatte er
auf die harte weise lernen müssen. Amüsiert musterte er sie, die leichten
wellen im Haar und die weichen Gesichtszüge ließen sie Labrador recht ähnlich
sehen. Schien als würde die Schönheit hier in der Familie liegen. „Du wirst
aber auch von mal zu mal hübscher“, grinste er und sie schüttelte mit einem
leisen lachen den Kopf über sein Verhalten.
„Denk nicht mal dran“, amüsierte musterte sie, während sich ihr Finger in
die Unterseite seines Kinns bohrte. Und als Frau den Mund öffnete um etwas zu
erwidern bohrte sich ihr Finger schmerzhaft tiefer.
„Schon gut, schon gut“, lachend entzog er sich ihr und rieb sich das Kinn.
„Aber mal ehrlich, bei euch muss doch irgendwas in den Genen liegen. Selbst
die Kerle in dieser Familie sind extrem hübsch“, er zog eine Augenbraue hoch
und sie schmunzelte.
„Nun ich hab nie behauptet es sei nicht so“, ihr Blick maß den Jüngeren
ausgiebig und sie wandte sich mit den Worten, „ich bin einfach nur außerhalb
deiner Liga“, von ihm ab. An Gido gewandt sagte sie dann, „ich dachte
wirklich du hast ihm bessere Manieren beigebracht.“ Der Schwarzhaarige
schmunzelte und musterte seinen ehemaligen Schützling, die Arme vor der Brust
verschränkt.
„Ach weißt du er ist als Kind mit Vorliebe auf den Hinterkopf gefallen, da
hat selbst gute Erziehung nichts mehr gebracht–“
„Hey!“, beschwerte sich Frau und hieb ihn in die Seite. Ihm gingen viele
Fragen durch den Kopf, viel zu viele für seinen Geschmack, und so war er froh
die Ablenkung die er um sich herum fand.
Kapitel 6: Gebrandmarkt
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Hope fades, into the world of night.
Through shadows falling, out of memory and time.
Frau blickte auf seine Stiefelspitzen. Es war früher Nachmittag und er saß
auf einer Bahre in einem improvisiertem Krankenzimmer. Er war nicht verletzt,
er war lediglich an der Reihe sich Galas Untersuchung zu unterziehen. In
Anbetracht der Tatsache das sie als Piraten meiste Monatelang nur von dem
lebten was sich an Bord ihres Schiffes befand eine sicher gar nicht so
unsinnige Idee sie als Ärztin einzuspannen. Auch wenn es ihm ein wenig komisch
vorkam das sie sich so gut mit Gido zu verstehen schien. Davon mal abgesehen
hatte er allerdings ein viel größeres Problem damit das er mit der ganzen
Situation hier nur recht wenig anfangen konnte. Erst jetzt wurde ihm wirklich
bewusst das er sich auf dem Schiff immer nur zu seinem ehemaligen Vormund
geflüchtet hatte, doch jetzt wo er das nicht konnte merkte er wie Fremd ihm
immer noch alles schien. Der Blondhaarige ließ die Kette seines Feuerzeugs
zwischen seinen Fingern entlanggleiten. Schweigend hob er den Blick und
betrachtete das dichte Geäst der Bäume die er vom Fenster aus sehen konnte.
Er gab sich Mühe nicht an Labrador zu denken und er fragte sich was wohl aus
ihm geworden war, wenn er nun nicht Profes Platz eingenommen hatte. Sie waren
jetzt schon fast zwei Tage hier, doch er hatte noch keine Wirkliche Gelegenheit
bekommen nach ihm zu suchen, obwohl er sich nicht mal sicher war ob er ihn
ansprechen wollte. Er wollte ihn einfach nur sehen, das war ihm eigentlich
schon genug. Erst als Gala ihre Stimme wieder erhob und sich von ihrer
Arbeitsplatte löste, der Tisch war bestückt mit unzähligen Kräutern, von
denen Frau vielleicht gerade mal die Hälfte schon mal bei Labrador gesehen
hatte, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder ihr zu. Sein Blick glitt an der
hellhaarigen Frau hinab und vorsichtig wieder hinauf.Bisher hatte sie alle
seine Versuche mit ihr zu flirten zu nichte gemacht. Nicht mal aus Spaß
schien sie das mitmachen zu wollen. Eigentlich schade, dachte er, als er sie so
musterte und sich fragte was Gido an sich hatte das sie bei ihm nichts dagegen
hatte, wenn er ihr ohne Ernsthaftigkeit schöne Augen machte. Gala hatte ihn
als einen der ersten auf ihr Zimmer bestellt, auch wenn er für heute der
letzte zu sein schien. Zumindest hatte sie etwas in die Richtung angedeutet.
Ihre lilafarbenen Augen, besaßen die Selbe sanfte Strenge wie die Labradors,
als sie ihn nun von oben bis unten kritisch musterte. „Ich nehme an du
hattest keine sonderlich schwere Verletzungen in letzter Zeit...“
„Keine von denen ich wüsste“, antwortete Frau wahrheitsgemäß und hoffte
einfach das sein Alter Ego in letzter Zeit tatsächlich aufgepasst hatte. Ihr
Blick erinnerte ihn fast schon schmerzhaft an den Älteren und als sie noch
einige weitere Fragen stellte tat er sich schwer sie nicht zu vergleichen. Vor
allem fragte er sich aber was sie wohl für den Hellhaarigen war. Eine
Schwester? Eine Cousine? Eine Tante? Eine entfernte Verwandte? Der Gedanke
brachte ihn darauf das er nicht mal genau wusste was Gido jetzt für ihn war
– sie stammten doch aus dem selben Haus, also mussten sie doch irgendwie
miteinander verwandt sein, oder nicht? Aber anscheinend nicht nah genug um
voneinander die Finger zu lassen. Vielleicht sollte er einfach mal fragen,
überlegte er, als er Galas Zaiphon durch seinen Körper wandern spürte. Für
einen Moment ging sein Puls hoch, nämlich als ihm einfiel das sich die
Schäden die Devaki angerichtet hatte auch auf diesen Körper übertragen
hatten. Labrador bestand ja nicht umsonst darauf das er sich regelmäßig
untersuchen ließ. Wohl schon allein, weil sie ihm so oft den Appetit raubte.
Doch die blondhaarige Frau hatte ebenso wie ihr vielleicht späterer Nachfolger
das Glück das er ein verdammt umgänglicher Patient war. Er ließ es alles
über sich ergehen, auch die Fragen. Hauptsache es dauerte nicht den ganzen
Tag. Erst als ihre Hände über seinem rechten Augen verweilten und sie
nachdenklich das Gesicht verzog, kehrte das mulmige Gefühl wieder zurück. Es
war unangenehm und schlug ihm ein wenig auf den Magen, doch er versuchte sich
nichts anmerken zu lassen. Vorsichtig schluckte der Blonde und starrte sie
suchend aus beiden Augen an, wobei die junge Frau seine Lider auseinander
gezogen hatte und er auch gar nicht anders konnte als sie anzustarren.
„Du hast da...“, sie sprach den Satz nicht zu Ende, sondern zog einfach
nur die Brauen zusammen. „Hattest du als Ki-“, weiter kam sie gar nicht
denn fast schon fluchtartig rückte Frau von ihr Weg und riss dabei den Kopf
aus ihren Händen.
„Gar nichts!“, fauchte er und blickte weg. Es machte keinen Sinn. Warum
sollte das denn noch da sein? Das war doch nicht sein Körper, das war der von
irgendwem der nur zufällig aussah wie er. Das konnte doch gar nicht sein!
„Mick lass es mich ansehen, wenn du verletzt –“
„Ich bin nicht verletzt!“ Er schluckte und rieb sich mit einer Hand übers
Gesicht. „Ich...“, er stockte und fuhr geistesabwesend die Linie um sein
Auge nach. Er zog die Lider ein wenig auseinander und rieb sich das Auge. „Es
ist nichts.“ Er knurrte diese letzten Worte und entzog ihr den Kopf, als sie
erneut versuchte ihn festzuhalten. „Und helfen kannst du mir da auch
nicht...“, fügte er nach einer Weile des Schweigens hinzu. Seufzend hatte
Gala die Arme verschränkt und schüttelte den Kopf.
„Sei nicht so ein Sturkopf, ich will es mir doch nur ansehen...“,
entgegnete sie. „Ich muss wenigstens wissen was los ist, vielleicht kann ich
ja doch was tun...?“ Und dann legten sich ihre kalten Hände wieder an sein
Gesicht und sie zog seine Augenlider auseinander, während er die sanfte wärme
ihres Zaiphons auf seinem Gesicht spüren konnte. „Ich tu auch nichts was du
nicht wills – aber lass es mich wenigstens anschauen.“ Die ganze Zeit über
hatte der Blondhaarige jedoch nur versucht wegzusehen. Sie hatte ihn mit einem
Mal so sehr an Labrador erinnert das er kaum gewagt hatte sich noch einmal zu
verweigern. Dennoch versuchte er den Blick abzuwenden und als ihm das nicht
gelang zu senken, wobei er zugeben musste das ihm der Ausblick auf ihr
Dekolleté ziemlich gefiel. Vorsichtig wanderten seine Augen jedoch wieder nach
oben, als er ihren mahnenden Blick auf sich spürte und er grinste schief, wie
um sich zu entschuldigen. „Hat dir schon mal jemand gesagt das du
fürchterlich bist?“, fragte sie und schien dabei fast schon angestrengt
konzentriert.
„Gido... in letzter Zeit ziemlich oft“, gab er zu und sie lachte.
„Oh wirklich? Aber ich verzweifle das du ihm in den Ausschnitt guckst.“
Jetzt war es an Frau zu lachen, ehe er antwortete, „nein tu ich nicht...
nicht nur.“
„So so...“, schmunzelte die Blondhaarige und fuhr sich durch die Haare,
als sie sich wieder aufrichtete. „Ich befürchte du hattest recht, da kann
ich nichts machen. Die Wunde ist zwar verheilt und die Nerven augenscheinlich
unbeschädigt, aber...“, sie zögerte und er senkte den Blick. „Es ist
Nar–“
„Es ist Narbengewebe vorhanden, ich weiß.“
Gala runzelte die Stirn und nickte, „ja das ist richtig. Ich vermute es war
eine Brandwunde, oder?“ Nun war es an dem Jüngeren zu nicken. „Sie scheint
ziemlich alt zu sein–“
„Ich war noch ein Kind“, meinte er leise und hielt den Blick abgewandt.
„Die erste Behandlung war ein Reinfall, Lab- … ein guter Freund hat später
nachgebessert und die schlimmsten Fehler beseitigt.“
„So ist das also“, seufzte sie und strich den Rock ihres Kleides glatt als
sie sich neben ihn setzte. „Dann weißt du sicher, das die einzige Chance auf
vollständige Heilung die wäre die Wunde zu öffnen.“ Aus dem Augenwinkel
sah sie wie er nickte, als sie hinzufügte, „was natürlich ebenso
risikoreich ist... ich nehme an –“
„Nein, ich wills nicht versuchen. Es tut weder weh noch stört es“, ein
leichtes Lächeln legte sich auf seine Lippen, als er sie nun anblickte. „Ich
kann damit eher leben, als auf einem Auge blind zu sein.“
„Dann solltest du zumindest auch weitere Verletzungen vermeiden, ich kann
nicht garantieren das es dann wieder so glimpflich –“
„Ausfallen wird. Ich weiß, ich weiß...“, er lachte leise und kratzte sich
am Hinterkopf. „Du klingst sehr nach jemandem den ich kenne...“
„Ach? Tu ich das...?“
Doch darauf antwortete er nicht mehr, lächelte nur noch in sich hinein und
fragte vorsichtig, „tust du mir einen Gefallen?“
„Was denn?“
„Sag es Gido nicht. Er weiß nichts davon und manchmal benimmt er sich wie
die überfürsorgliche Mutter Henne.“
Gala lachte, musterte ihn nachdenklich und nickte schließlich. „Na gut, von
mir erfährt er es nicht. Dann kannst du jetzt gehen. Scheinst ja sonst gesund
zu sein – Tyrone soll als nächster zu mir, okay?“ Nickend richtete er sich
auf und sie blickte ihm nach, beobachtete wie er sich im vorbeigehen seinen
Mantel griff und den Raum verließ. Und für den Moment schien es ihr nicht
Frau zu sein der davonging und sie verschränkte die seufzend die Arme. Der
Blonde schien verändert seit dem sie ihn das letzte Mal gesehen hatte, nicht
einfach nur ein Stück weit erwachsener oder erfahrener – wie man es auch
immer nennen mochte. Er war Gido schon immer irgendwie ähnlich gewesen und das
nicht nur, weil sie von ähnlicher Statur und ähnlichem Charakter waren, doch
momentan hatte sein Verhalten etwas an sich das sie von seinem ganzen Wesen her
an den Schwarzhaarigen erinnerte. Die Blondhaarige strich sich die Haare
zurück und stand wieder auf und ging wieder zu ihrem Arbeitstisch herüber.
Vielleicht bildete sie es sich ja auch nur ein.
Frau für seinen Teil war froh das Krankenzimmer wieder verlassen zu haben und
da er gerade auch nichts besseres zu tun hatte, machte er sich gerade
tatsächlich auch auf die Suche nach Tyrone. Doch da das Anwesen groß war, gab
er es nach einer Weile auf, fand stattdessen Kojetan, der ihm erklärte wo er
den Blondhaarigen finden würde. Seufzend drehte der Größere um und schlug
genau die Richtung ein aus der er gerade gekommen war. Was tat man nicht alles
um sich nicht zu langweilen... Außerdem konnte er Gido nirgends finden, was
auch irgendwie komisch war. Er hatten ihn die letzten beiden Tage irgendwie
ständig gesehen. Der Blick des Blonden blieb ab und zu an einigen
Familienportraits hängen die die Wände zierten, doch ansonsten ließ er die
Einrichtung des Hauses fast gänzlich unbeachtet. Er ging einen langen Gang
hinab und ein paar Treppen hinauf, ehe er den Blondhaarigen fand und ihn zu
Gala schickte. Er wollte gerade umdrehen und sich irgendwas suchen womit er
sich wirklich die Zeit vertreiben konnte, als sein Blick auf eine Gestalt im
Garten fiel. Eine Gestalt die ihm sehr bekannt vorkam. Frau hielt inne und ging
näher zum Fenster, versuchte dieses zu öffnen und als es ihm gelang beugte er
sich etwas raus. Da hockte Labrdor im Garten pflegte die Blumen. Ein leichtes
lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und Frau wusste gar nicht
wirklich wieso, doch bevor er genauer darüber nachgedacht hatte, war er
hinabgeeilt zur Terrassentür. Leise öffnete er sie und schlich hinaus in den
Garten. Es war das erste Mal das er ihn alleine hier sah, nicht mal das
blondhaarige Mädchen war bei ihm. Dabei schien sie ihm sonst immer auf Schritt
und tritt zu folgen. Das wäre jetzt eigentlich die perfekte Chance um mit ihm
zu reden, doch trotzdem blieb er hinter einer großen Eiche stehen und lugte
nur vorsichtig hervor. Der Baum musste sicherlich drei Mal so alt sein wie er,
denn er bot selbst für jemanden seiner Statur einen guten Schutz vor
neugierigen Blicken.
Was zum Teufel tat er hier überhaupt?
Aber was sollte er auch sonst tun? Einfach zu ihm hingehen und mit ihm reden?
Wer wusste schon ob das immer noch der Mann war den er kannte. Obwohl... na ja
Gido war auch immer noch der selbe, aber das stand doch auch in keinem Bezug
zueinander. Gido tat nichts anderes als vor zehn Jahren, aber Labrador war hier
immer noch der Erbe des Hausherren und würde eines Tages seine Position
übernehmen. Das war jemand ganz anderes – er kannte diesen Menschen nicht.
Aber er kannte jemanden der sein Zwilling hätte sein können. „Du kannst
ruhig rauskommen“, seine klare sanfte Stimme ließ ihn aus seinen Gedanken
schrecken. Frau hatte sich am Fuß der Eiche niedergelassen und späte zwischen
den Büschen hervor. Ilyusha lachte und Frau musste blinzeln als er sich über
ihn beugte, denn das Sonnenlicht direkt im Hintergrund blendete ihn. So konnte
er für einen Moment auch nichts weiter tun, als ihn anzustarren, während die
gleißende Gestalt vor seinen Augen seine Hand nahm und ihm aufhalf. Das
Sonnenlicht hatte seine Gestalt verschwimmen und ihm für einen Moment alles
schrecklich unwirklich vorkommen lassen.
„Lab...“, seine Stimme schien ihm so dünn wie Papier, als er sprach und er
räusperte sich. Doch erst einige Sekunden danach fühlte er sich wieder ganz
da.
Verwirrung zeigte sich auf dem Gesicht des Hellhaarigen, der sehr wohl
verstanden hatte was er gesagt hatte, sich aber aber keinen Reim darauf und auf
den merkwürdig sanften Blick in den Augen des Blondhaarigen machen konnte.
„Hey, ich kenn dich doch.“ Die Brauen des Blonden schnellten hoch bei
diesen Worten. Tat er das? „Du gehörst mit zu den Piraten die manchmal bei
Gala auftauchen“, lächelte er dann und der Jüngere entspannte sich mit
einem seufzen. Also kannte er ihn nur vom sehen.
Ein schwaches Lächeln bildete sich auf Fraus Lippen. „Ja, stimmt“,
antwortete er. „Du bist der Sohn des Hausherren, oder?“, fragte er und
steckte die Hände in die Manteltaschen, lehnte sich gegen den Stamm der
Eiche.
Irritiert blickt Ilyusha an sich hinab und dann wieder zu dem Größeren. Das
Hemd und die Hose die er trug waren ausgewaschen und neuen und alten Gras- und
Erdflecken übersät. „Schon...“, sagte er und musterte ihn verwirrt.
„Ich habs aufgeschnappt“, grinsend winkte der Blonde ab und fischte nach
einer Zigarette. „Es wundert mich nur das jemand der sich zehn Gärtner,
mindestens, leisten könnte die Arbeit selbst erledigt.“
„Ähm...“, nach Worten suchend ließ der Hellhaarige den Blick wandern.
Doch anstatt zu antworten lachte er mit einem Mal und auch wenn es nur ein
leichtes lachen, verschränkte er die Arme vor dem Bauch. „Tut mir leid...
manchmal verlier ich mich so in der Gartenpflege das ich hinterher gar nicht
mehr ansprechbar bin.“ Ein warmes freundliches Lächeln breitete sich auf
seinem Gesicht aus. „Es macht Spaß weißt du... und die Arbeit macht sich
bezahlt. Außerdem haben wir einige Gärtner, aber ein paar der Beete sind
meine eigenen.“
Frau musste sich zwingen zuzuhören und auf die Worte zu achten, als er
sprach. Denn als er ihn mit einem Mal angelächelt hatte, hatte er so sehr nach
Labrador ausgesehen das es fast schon wehgetan hatte. „Ich mag das“,
murmelte er.
„Hm?“
„Ich mags“, grinsend stieß er sich vom Baum ab und ging einige Schritte,
nahm einen Zug von seiner Zigarette. „Also das du das selber machst“,
fügte er lächelnd hinzu und sah ihn an. „Weißt du, du erinnerst mich an
jemanden, den ich kenne. Der is auch so ein Pflanzennarr.“ Abwesend senkte er
den Blick hinab auf die Erde, wo jedoch nur Unmengen von Gras und viele kleine
Blumen in den unterschiedlichsten Farben und Formen zu erkennen war. Sie
befanden sich auf einem der weniger ausgetretenen Trampelpfade des Gartens.
Ilyusha beobachtete ihn und fragte schließlich, „wie heißt du?“
„Fr-Frau“, er hatte kurz nachdem er zu sprechen begonnen hatte gestockt und
Mick sagen wollen, es dann aber doch gelassen. Das ihn alle so nannten machte
sich gerade wirklich bezahlt, wenn man so wollte. „Sag Frau“, ein weiteres
Grinsen und ein weiterer Zug von seiner Zigarette. „Und du?“ Eigentlich
wusste er das ja schon, aber na ja – die Höflichkeit.
„Ilyusha“, antwortete der Angesprochene. An seinen Lippen klebte genau wie
bei Labrador immer noch ein Lächeln. „Was macht ihr hier bei Gala?“
„Medizinische Versorgung“, schmunzelte der Blondhaarige und ein Stück weit
Empörung machte sich auf dem Gesicht des Älteren breit.
„Gemeinheit“, murrte er. „Ich möchte auch helfen! Immer macht sie alles
alleine.“ Ein seufzen folgte und schon war das Lächeln wieder da. „Na
ja... ich schätze Vater würde es nicht gerne sehen, wenn ich euch helfe... Er
würde es sicher nicht mal befürworten das ich jetzt mit dir rede.“
„Ich leg ein gutes Wort für dich bei ihr ein“, lächelte Frau.
„Danke...“, erwiderte er ebenfalls lächelnd und wandte den Blick ab.
„Aber ich schätze das bringt nicht viel.“
„Ach, du wirst schon sehen“, er zwinkerte. „Ich kann Wunder
vollbringen!“ Der Hellhaarige lachte und folgte ihm die paar Schritte die er
schon gegangen war. Er glaubte ihm das mit den Wundern zwar nicht, aber
trotzdem mochte er den Blondhaarigen irgendwie. „Wo hast du überhaupt die
beiden andern gelassen?“
„Die sind beschäftigt“, erwiderte er und ließ dabei aus das er sie mit
Absicht beschäftigt hatte, in der Hoffnung ihren Beobachter mal aus seinem
Versteck zu locken. „Warum hast du uns eigentlich die ganze Zeit
beobachtet?“ Ilyusha war stehen geblieben und hatte sich wieder hingekniet um
weiter zu arbeiten. Der Jünger für seinen Teil setzte sich einfach nur in
seine Nähe, auch wenn es nun an ihm war nach Worten zu suchen. Und während er
versuchte eine glaubwürdige Erklärung zu finden, bemerkte er gar nicht das
sie beobachtet wurden. An einem der vielen Fenster des Anwesens stand eine
schwarzgekleidete, großgewachsene Gestalt, den Blick auf den Garten
gerichtete. Der junge Mann dort neben seinem ehemaligen Schützling war der
Sohn des Hausherren soweit er sich erinnerte. Gala hatte es ihm mal im
vorbeigehen erzählt und da sie sich hier nicht im Haupthaus befanden
begegneten sie außer ihr und einigen Bediensteten eigentlich sowieso niemanden
der hier lebenden. Sie schienen sich ganz gut zu verstehen.
„Hier...“, ihr sanfte Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Gala hatte sich
ohne das er es bemerkt hatte neben ihn gestellt, in den Händen hielt sie eine
dampfende Tasse Tee. Doch Gido wehrte ab. „Na gut...“, seufzend stellte sie
diese auf die Fensterbank. „Dann leide eben weiterhin unter Schlaflosigkeit,
aber fang bloß nicht an dich zu beschweren.“
Der Schwarzhaarige schnaubte leise und rieb sich die Augen. „Mir gehts
gut.“
„Gar nicht. Aber das sei mal dahin gestellt, ich wollte dich etwas
fragen.“ Aufmerksam musterte sie den älteren Ghost. Schon seit dem er das
erste Mal hier mit seiner Mannschaft aufgetaucht war litt er für die Dauer des
Aufenthaltes unter akuten Schlafstörungen. Manchmal ließ er sich den
Schlaftrank verabreichen, meistens jedoch verweigerte er den Hilfsdienst. Gala
verstand es zwar nicht, aber trotzdem fand Gido jeden Abend eine Tasse Tee auf
der Kommode neben dem Bett in seinem Zimmer wieder. Auch heute würde sie nicht
anrühren. Er gab einen Laut von sich der bedeuten sollte, das sie einfach
weiter reden sollte. Die Blondhaarige legte sich die Worte zurecht,
schließlich hatte sie Frau ja versprochen nichts zu sagen. Fragen, war doch
wohl aber mal erlaubt, oder nicht? Denn eine Sache war komisch. Sie erinnerte
sich gar nicht das ihr diese Verletzung jemals an ihm aufgefallen war und sie
wäre ihr aufgefallen, da war sie sich ganz sicher. „Hat sich Mick als Kind
mal am Auge verletzt?“
Ein reichlich verwirrter Blick seitens des Schwarzhaarigen antwortete ihr und
eigentlich hätte er auch gar nichts mehr sagen müssen. „Nicht das ich
wüsste wieso?“
„Ach... nur so...“, Gala wandte ihren Blick nun ebenfalls aus dem Fenster
und verfiel für einen Moment ins Schweigen. „Die scheinen sich ja ziemlich
gut zu verstehen.“
„Erstaunlich“, stimmte ihr Gido zu. Dann wiederum aber passierten so
einige erstaunliche Dinge seit ihm der Blonde diese abenteuerliche Geschichte
offenbart hatte.
„Wie geht es ihm eigentlich?“, fragte sie nach einer weiteren schweigsamen
Pause und legte einen Hand auf seinen Arm. Der Schwarzhaarige hatte diese vor
der Brust verschränkt und sich gegen den Fensterrahmen gelehnt, jetzt seufzte
er.
„Unverändert...“, sagte er und mehr kam dann auch gar nicht über seine
Lippen. Ihm war nicht danach darüber zu reden und so ließ Gala auch davon ab
weiter nachzuhaken. Sie versuchte zu helfen wo sie konnte, doch es gab einige
Wunden die nur die Zeit heilen konnte. Der Ältere dachte nach. Schon seit
einiger Zeit überlegte er, ob er ihr nicht von dem erzählen sollte was Frau
ihm erzählt hatte. Es war zwar nicht viel, doch alleine würden er und der
Blondhaarige da sicher nicht weiterkommen. Schließlich aber ließ er es
bleiben – zu allererst musste er mehr darüber erfahren. Dann konnten sie das
immer noch in Betracht ziehen.
Es war später Abend, eigentlich fast schon mitten in der Nacht und Frau war
langweilig. Wirklich richtig schrecklich langweilig und er konnte nicht
schlafen, was ihn zusätzlich noch nervte. Er konnte immer schlafen, ganz
gleich der Umstände, also warum jetzt nicht? Doch er fand keine Antwort auf
diese Frage. Wahrscheinlich war auch das letztlich der Grund warum er
aufgestanden und zu Gidos Zimmer gegangen war. Leise öffnete er die Tür und
spähte in das dunkle Zimmer. Er konnte nicht erkennen ob der Ältere schlief,
also schlüpfte er ins Zimmer und schlich näher. „Ich bin wach Frau...“,
meinte Gido und der Angesprochene zuckte ertappt zusammen.
„Woher wusstest du das ich es bin?“, fragte er und krabbelte zu ihm aufs
Bett.
„Jeder Andere hätte sich sofort bemerkbar gemacht“, erwiderte sein
ehemaliger Vormund trocken und rollte sich herum um ihn ansehen zu können.
„Was machst du hier?“
„Ich kann nicht schlafen und mir is langweilig“, jammerte der Blondhaarige
schon beinahe, was den Dunkelhaarigen irgendwie zum lachen brachte. Er klang
wie ein quengeliges Kind.
Sich die Augen reibend setzte er sich auf und musterte ihn. „Ach dafür bin
ich dann noch gut genug?“, fragend hob er eine Augenbraue und der
Blondhaarige schnaubte leise.
Dann jedoch zeigte sich ein anzügliches Lächeln auf seinen Lippen und er
senkte die Lider auf Halbmast. „Na ja, dafür und für ein paar Andere
Sachen... Darf ich hier schlafen?“ Gido dachte einen Moment darüber nach und
nickte schließlich, ihn weckte doch sowieso fast alles. Was machte es für
einen Unterschied ob er heute Nacht nur ein paar unruhige Stunden Schlaf hatte
oder ihn der Jüngere alle paar Stunden versehentlich weckte. Sofern er denn
überhaupt zum schlafen kam, das kam ja noch hinzu. Also sprach eigentlich
nichts dagegen. Vielleicht aber würde auch die Gegenwart einer zweiten Person
ihm helfen einzuschlafen. Vielleicht, Gido gab das denken auf und versuchte
den Drang sich wieder in die Kissen oder gegen Frau sinken zu lassen nieder. In
der Dunkelheit war es nicht mehr so gut zu sehen, doch Frau war schon vorher
aufgefallen, das der Ältere seit dem sie hier waren immerzu irgendwie müde
aussah. Als würde er nicht genug schlafen. „Was ist los?“ Aber die einzige
Antwort die er bekam war ein seufzen. „Wenn du müde bist schlaf doch.“
„Als ob das so einfach wär...“, erwiderte er mit einem erneuten seufzen
und geriet leicht ins schwanken, fing sich jedoch wieder. „Ich kann einfach
nicht schlafen...!“ Das klang jetzt fast schon ein wenig gereizt. Gereizt
genug um Frau dazu zu bringen erstmal nicht weiter nachzuhaken, stattdessen
drückte er seine Lippen auf die kühlen des Schwarzhaarigen. Er versuchte sich
einzureden das dieser Kuss rein zweckdienlicher Natur war, nämlich damit Gido
keinen Widerstand äußern konnte, als er ihn unter sich aufs Bett pinnte. Halb
müde halb verwirrt, blinzelten ihm die eisblauen Augen des Anderen in der
Dunkelheit entgegen, als er sich schließlich von ihm gelöst hatte. Also gut,
vielleicht nicht nur zweckdienlich, weil er ihn nämlich länger als nötig
geküsst hatte. Die darauf folgende Stille wurde erst wieder von dem Schnauben,
das kurz darauf zu einem leisen lachen wurde, seines ehemaligen Vormundes
durchbrochen. „Was besseres als nicht schlafen und Langeweile is dir jetzt
nicht als ausrede eingefallen, oder?“
Frau blinzelte und brauchte einen Moment um ihn zu verstehen, doch dann lachte
er ebenfalls leise. „So müde wie du bist, is das doch langweilig“,
erwiderte er nur und schlüpfte zu ihm unter die Bettdecke. „Aber ich merk es
mir für morgen früh.“ Gido antwortete nicht, doch der Blondhaarige bemerkte
seine grinsen, als er die Arme um ihn schlang und er den Kopf an seiner
Schulter vergrub. Ein leises schwer definierbares aber eindeutig zufriedenes
Geräusch entkam dabei dem Schwarzhaarigen, als er die Arme um diesen schlang
und über seinen Rücken strich. Für den Moment waren sie beide ungewöhnlich
still, doch auch der Blondhaarige merkte mit einem Mal wie müde er eigentlich
schon längst war. Und so schmiegte er sich nur an den kalten Körper neben
sich und versuchte diesen zu wärmen. Auch wenn er selbst wusste das das
wahrscheinlich vergebens war, aber das machte nichts, denn irgendwie war auch
diese Kälte ganz angenehm. Und während der Jüngere schon nach kurzer Zeit
eingeschlafen war lag Gido noch einen Moment da und hatte Zeit zu überlegen
was passieren würde, wenn morgen jemand in dieses Zimmer spazieren würde.
Er hatte nämlich keine Ahnung wie er das erklären sollte, aber weil er müde
war und das gerade mal nicht seine Sorge sein sollte hörte er recht schnell
auch wieder auf sich darüber Gedanken zu machen. Stattdessen legte er einen
Arm um den Blondhaarigen und hoffte im letzten Augenblick noch das er zumindest
heute ruhig würde schlafen können, als er langsam ins Reich der Träume
sank. Und tatsächlich gelang es ihm zumindest in dieser Nacht ruhe zu finden.
Nur einmal zwischendurch wachte er alarmiert auf, doch schaffte es wieder
weiter zu schlafen, nachdem er sich damit beruhigt hatte, das es eigentlich nur
seine innere Uhr war die ihn geweckt hatte.
Kapitel 7: Ein verlockendes Angebot
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"Tell me one last thing," said Harry. "Is this real? Or has this been happening
inside my head?"
Dumbledore beamed at him, and his voice sounded loud and strong in Harry's ears
even though the bright mist was descending again, obscuring his figure.
"Of course it is happening inside your head, Harry, but why on earth should that
mean that it is not real?"
Harry Potter, Volume&Chapter Iseriouslydon'tknow
Ein flüchtiges Gefühl ließ einen Schauer seinen Rücken hinaufkriechen und er
räkelte sich. Blinzelte gerade noch rechtzeitig um zu bemerken wie sich der
Ältere wieder ein Stück weit von ihm entfernte. Ein süffisantes Lächeln
umspielte Gidos Lippen und das ließ ihn dann doch erstmal skeptisch eine
Augenbraue heben. „Gut geschlafen Dornröschen?“, fragte er und Frau spürte
seine Hand durch seine Haare kämmen. Ein wohliges Geräusch entkam dem
Blondhaarigen, als er seinen Kopf dem sanften kraulen entgegen bog. „Hätte
nicht gedacht das gerade das funktioniert“, murmelte der Ältere, aber noch
bevor er überhaupt darauf reagieren konnte spürte er schon erneut dessen
Lippen. Ein leichtes Lächeln erschien mit einem Mal auf seinen Lippen, als er
kapierte. Ach so, damit hatte er ihn eben geweckt. Wobei Gido unerwähnt ließ
das es eine ganze Reihe von Küssen gebraucht hatte bis er überhaupt eine
wirklich Reaktion des Blonden bekommen hatte und er mittlerweile das Gefühl
hatte eine gute halbe Stunde damit verbracht zu haben ihn wach zu küssen. Er
hatte es eigentlich fast schon aufgeben wollen und ihm kaltes Wasser ins Gesicht
kippen, doch dann hatte ihm der Jüngere ja gerade einen Strich durch die
Rechnung gemacht. Und Frau musste ganz ehrlich gesagt zugeben das er sich daran
gewöhnen könnte so geweckt zu werden. Der Schwarzhaarige löste sich wieder
von ihm und ein missbilligendes Geräusch verließ seine Lippen, während er
denen des Andern nachhing und für einen Moment brachte es diesen auch dazu inne
zu halten. Einen Moment den sein ehemaliger Schützling dazu nutzte um seine
Arme nach ihm auszustrecken und ihn ungefragt wieder zu sich zu ziehen. Seine
Stimmbänder mochten zwar nicht mitmachen, doch das eindeutige Funkeln in seinen
Augen sagte dem Schwarzhaarigen auch so das sich die Suppe jetzt selbst
eingebrockt hatte, wenn er ihn schon so weckte. Vielleicht weil er selbst noch
etwas müde war oder auch vielleicht weil es ihm wirklich nichts ausmachte ließ
er sich dann auch wieder in einen Kuss ziehen und erwiderte diesen auch. Er
stützte sich mit beiden Unterarmen links und rechts von ihm ab, während Frau
die Arme um seinen Nacken schlang und eine Hand schließlich in die kurzen Haare
an seinem Hinterkopf krallte. Ein schnurren entkam seiner Kehle entkam seiner
Kehle und er bog sich ihm etwas entgegen, als er einen Arm um ihn legte. Seine
Augen öffneten sich einen Spalt, als die Lippen des Anderen zu seinem Hals
wanderten und er den Kopf zur Seite wandte. Gedankenverloren kraulte er den
Nacken des Älteren und räkelte sich mit einem zufriedenen Seufzen, während
ein weiterer wohliger Schauer seinen Rücken hinaufkroch. Und ein Laut der
vielleicht der Name des Anderen hätte sein können, wenn seine Stimmbänder
mitgemacht hätten entkam seiner Kehle, bevor ihm die Augen auch schon wieder
zufielen.
Die Müdigkeit machte den Blondhaarigen träge und nicht sonderlich willens
etwas anderes zu tun, als nur da zu liegen und es zu genießen. Und da Gido
scheinbar auch nichts anderes mit ihm vorhatte dauerte es einen Augenblick bis
er aus dieser Trance erwachte und ihm den Kopf wieder zuwandte. Schnurrend
schnappte er nach seiner Unterlippe und zog an dieser, rollte sich auf die
Seite, während seine freie Hand den Rücken des Schwarzhaarigen entlang
wanderte. Es dauerte noch einen Moment bis er sich dazu durchringen konnte sie
ganz herum zu rollen und es sich auf ihm gemütlich zu machen, doch er löste
sich erst dann wieder von ihm, als er wirklich das Gefühl hatte sonst noch an
Sauerstoffmangel draufzugehen. Ein Gefühl das nicht gerade half die Müdigkeit
zu vertreiben, ihn eher noch viel mehr benommen machte. Gido hatte sich gegen
die Kissen gelehnt und beschäftigte sich mit seinem Hals, was Frau zufrieden
schnurren ließ, während er dachte das er sich eigentlich an diesen Anblick
gewöhnen könnte, wenn ihn jetzt so musterte. Doch er schaffte es kaum diesen
Gedanken zu halten, als sich ihre Lippen erneut fanden und die Hände des
Anderen über seinen Kopf und seinen Rücken hinabwandern spürte, dabei mit
einem gedämpften wohligen Geräusch den Rücken durchbog. Es schien ihm eine
Ewigkeit die sie so verbrachten, nur mit diesen langsamen, tiefen Küssen die
ihn kaum wach werden ließen und bis sich die Ungeduld schließlich in ihren
Körper breitmachte. Auf die Küsse folgten Bisse und auf diese Kratzspuren und
Verlangen. Ein schiefes Lächeln lag auf den Lippen des Blonden, dessen
Stimmbänder mittlerweile wieder einigermaßen funktionierten, nachdem er den
Schwarzhaarigen erneut unter sich ans Bett gepinnt hatte. Mal sehen wie lange
das anhalten würde, dachte er, denn wie beide ziemlich schnell festgestellt
hatten war keiner so einfach bereit nachzugeben. Auch wenn Frau zugeben musste
das der Ältere schon ein paar recht gute Argument gebracht hatte das vielleicht
doch zu tun. Eigentlich hatte der Ältere dieses zögern nutzen wollen um Frau
auch gleich wieder auf den Rücken zu befördern, doch kaum hatten sich dessen
Lippen wieder auf seinen eigenen eingefunden und er dazu angesetzt hatte klopfte
es. Das Pochen kam dabei so plötzlich das beide in ihrer Bewegung erstarrten.
Es brauchte einen Moment in denen die Worte die durch die Tür drangen auch bis
in ihr Bewusstsein vordrangen
Frühstück. Frühstück war gut, oder nicht? Mit einem Mal grinste Frau und
hauchte ihm einen Kuss auf die Lippen. „Frühstück im Bett find ich aber
besser“, murmelte er gegen diese und seine Augen blitzen herausfordernd.Und
zugegeben dieser Vorschlag war wirklich verlockend, zu verlockend und er war
sogar versucht darauf einzugehen. Wäre es nicht um Shakir gewesen dessen Stimme
mit einem Mal die Stille durchschnitt und ihn davon abhielt.
„Gido! Aufwachen!“, donnerte er und trat beinahe schon die Tür auf, stapfte
hinein und musterte diesen ein wenig verwirrt anblickte. Völlig unüberlegt
hatte der Schwarzhaarige Frau vom Bett befördert und zwar genau dort hin wo ihn
der Blondhaarige nicht sehen konnte. „He du bist ja schon wach“, stellte er
fest und verschränkte die Arme vor der Brust. „Na ehm...“, seine Mundwinkel
zuckten leicht, bei dem Anblick des Jüngeren, „lass dir Zeit.“ Und schon
war er grinsend wieder verschwunden.
Gerne hätte er jetzt etwas gesagt doch er brachte keinen Ton heraus, senkte
stattdessen einfach nur den Blick und hob eine Braue. Es brachte ihn zu dem
Schluss das er sich die Aktion eben hätte sparen können, zumindest wenn man in
Betracht zog wie ihn der Blondhaarige zugerichtet hatte. Gedankenverloren rieb
er über einen der rötlichen Flecken und lugt dann über den Bettrand. Dort
saß Frau und starrte ihn an, doch er war weder verärgert noch empört, im
Grunde wirkte sein Blick sogar etwas verloren. Er hatte dem einseitigen
Gespräch eben kaum zugehört, war er doch viel zu beschäftigt damit gewesen zu
verarbeiten was ihm gerade bewusst geworden war, nämlich das was er bis gerade
eben noch getan hatte. Mit Gido in einem Bett schlafen war okay, das hatte er
schon als Kind immer getan und er wachte sowieso ungern allein auf. Ein mal den
Kopf ausstellen und ihm helfen Devaki zu beruhigen war auch noch irgendwie in
Ordnung. Das hatte ja auch bloß rein zweckdienliche Gründe gehabt. Aber das
eben – das brachte ihn durcheinander. Das hätte nicht sein müssen, doch er
konnte auch nicht leugnen das es ihm gefallen hatte und das er absolut nicht
dagegen gehabt hätte weiter zu machen. Sein Blick traf auf den der eisblauen
Augen des Anderen und ließ sich wieder aufs Bett helfen. Was war überhaupt
gerade in ihn gefahren? Doch diese Frage konnte ihm der Schwarzhaarige selbst
nicht so recht beantworten. Er wollte kein Gerede, aber warum? Seinetwegen?
Vielleicht. Es war einfach ein gedankenloser Impuls gewesen. Langsam glitt Fraus
Blick zu den Lippen des Anderen und er leckte sich unbewusste die eigenen. Ob es
Schaden würde... Gido sagte etwas und er blinzelte. „Hm?“, fast
augenblicklich waren seine Augen wieder hochgeschnellt. Oder vielleicht auch
nicht, denn so wie er ihn ansah hatte er sich das wahrscheinlich nur
eingebildet. Schweigend saßen sie eine Weile nur da, dicht genug beieinander
das sie den warmen Atem des Anderen auf ihrem Gesicht spüren konnten. Und für
einen Moment war zumindest Frau versucht einfach da weiter zu machen wo sie
aufgehört hatten. Doch wandte sich der Ältere ab bevor er auch nur irgendwas
anderes tun konnte.
Schweigend hatten sie sich fertig gemacht, hatten das Zimmer verlassen und sich
auf den Weg zum Essenssaal gemacht. Und wie jeden Morgen aufs neue konnte Frau
für einen Moment nur dasitzen und das Essen anstarren. Vielleicht war es auch
ein wenig aus Gewohnheit heraus, weil er sonst immer auf Devaki und ihre Launen
hatte achten müssen das er nicht sofort zugriff. Viel eher war es allerdings
das er nach all den Jahren in der Kirche einen solch üppig gedeckten Tisch gar
nicht mehr gewohnt war und er diesen Anblick erstmal verarbeiten musste,
während ihm das Wasser im Mund zusammenlief. Und es kam ihm vor als hätte er
ein schwarzes Loch im Magen das es zu stopfen galt. Dann dachte er auch nicht
mehr darüber nach und tat sich gütlich an dem bereitstehenden Essen. Jio
würde wohl einen Herzinfarkt kriegen, wenn er wusste was er in den letzten zwei
Tagen schon alles verschlungen hatte. Endlich sagte ihm mal niemand was er alles
nicht Essen durfte und auch Devaki machte keine zicken. Zufrieden kauend lehnte
er sich zurück und ließ seinen Blick schweifen, blieb an Gido hängen und ihm
kam in den Sinn das ja jetzt jemand anderes mit der Sense Verlorens zu kämpfen
hatte. Für einen Augenblick wanderten seine Augen zwischen seinem Teller und
seinem ehemaligen Vormund hin und her und beschloss das er später mit ihm
Mitleid hätte, wenn er nicht mehr hungrig war. Noch etwas ganz anderes tauchte
in seinen Gedanken auf, als er ihn so musterte und erst davon abließ, als er
merkte wie Shakir ihn quer über den Tisch hinweg anstarrte. Fragend hob er eine
Augenbraue, doch es kam keine Reaktion und ehe er weiter darauf reagieren
konnte, lenkte ihn Tyrone, rechts von ihm, auch schon ab.
Shakir schwieg und blickte zu Gido der direkt neben ihm saß. Doch es dauerte
einen Moment bis es dieser bemerkte und dann wandte der Blondhaarige den Blick
auch wieder schmunzelnd und mit einem Kopfschütteln ab. „Was ist denn?“,
brummte der Schwarzhaarige fast schon ein wenig verärgert.
„Nichts“, schmunzelte er und ließ seinen Blick an Frau hinabgleiten und an
dessen Hals verweilen. Er konnte ja nur raten, aber er konnte sich schon denken
wie Bissfleck der dort unter dem Kragen seines T-Shirts raus guckte dort
hingekommen war. Es dauerte einen Moment bis auch Gidos Augen gefunden hatten
was sein Interesse geweckt hätte. Der Blondhaarige warf ihm einen eindeutigen
Blick zu und er rollte die Augen.
„Na und?“, murmelte er und vergrub das Gesicht in seiner Kaffeetasse, als er
einen Schluck nahm und etwas auf seinem Stuhl zusammen sank.
„Das ist alles was du dazu zu sagen hast?“, Shakir ließ das Essen für
einen Moment sein, legte dabei die Arme auf den Tisch und musterte den Jüngeren
eingehend. „Bist du etwa schon so verzweifelt das du den Kurzen anfällst?“,
er hob eine Augenbraue und biss in sein Brötchen. Kauend maß er ihn
eingehend.
„Nein. Ich –“, Gido brach ab und war seinem ehemaligen Schützling einen
kurzen Blick zu. Doch der schien zu abgelenkt um etwas von ihrer Unterhaltung
mitzukriegen. „Und selbst wenn, hab ich ja wohl mal langsam das recht zu
verzweifeln, oder siehst du das anders?“ Es machte ihn wütend und hilflos
zugleich das zu hören, denn es erinnerte ihn daran das er sich unter jeglichen
anderen Umständen gar nicht erst auf den Jüngeren eingelassen hatte.
„Außerdem was kümmerts dich. Du musst ja nicht mit mir schlafen.“ Aber der
Ältere hielt den Mund, denn er merkte das er einen ziemlich empfindlichen Nerv
getroffen hatte.
Nach einer Weile des Schweigens fügte er dann hinzu, „ich schweig wie ein
Grab, falls dich das jetzt tröstet...“ Ohne das er es sich erklären konnte
musste der Schwarzhaarige leise lachen bei diesen Worten und nickte grinsend.
Denn ja, irgendwie besänftigte ihn dieses Wissen gerade ein Stück weit.
Während des Frühstücks verkündete Gala die heutigen Patienten, wobei sich
Frau widerstehen musste über das rechte Auge zu fahren. Es war ein Grund warum
er nie gern viel gelesen hatte, irgendwann verschwamm ihm die Sicht und dann
wurde es anstrengend und nervig. Und nur mit einem offenen Auge zu lesen war
auch nicht gerade besser. So ungesehen wie möglich versuchte der Blondhaarige
nach dem Frühstück hinaus in den Garten zu gelangen. Er hoffte Labrador,
Korrektur Ilyusha, wieder zu sehen. Seine Gegenwart hatte etwas tröstliches in
dieser fremden Welt. Ähnlich wie bei Gido – ähnlich aber nicht genauso.
La– Ilyusha Gegenwart war etwas vertrautes, etwas das ihn zu Hause erinnerte.
Bei dem Schwarzhaarigen war es genauso, aber da kam noch etwas ganz anderes
hinzu, es war weniger tröstend ihn in seiner Nähe zu wissen, als das es eine
lang vergrabene Sehnsucht und Trauer weckte. Vielleicht war es auch deswegen so
das es ihm nichts ausmachte ihn so nah an sich ranzulassen, weil er dieses
Gefühl von Geborgenheit so sehr vermisst hatte.
Die Hände in den Hosentaschen vergraben schritt er durch den weitläufigen
Garten, doch weit und breit keine Spur des hellhaarigen Mannes. Dafür erweckte
etwas anderes seine Aufmerksamkeit. Zuerst roch er es nur, doch nachdem er dem
Geruch ein paar Meter weit gefolgt war konnte er es auch sehen.
Ein breites Feld voller bunter Blumen, doch was vor allem seine Aufmerksam
geweckt hatte waren die Lilien die hier in allen nur erdenklichen Farben zu
blühen schienen. Die Augen schließend sog er den kräftigen Duft ein – er
erinnerte ihn an etwas, an jemanden? So genau konnte er das nicht sagen, doch es
weckte ein warmes Gefühl in ihm. Er blieb einen Moment stehen und ließ das
Gefühl auf sich wirken, es erschien ihm wichtig und auch wenn er jetzt noch
nichts damit anfangen konnte so wollte er es sich merken und gut aufbewahren. In
der Intention sich umzudrehen und zu gehen lief er direkt in Gido hinein, der
kaum einen halben Meter von ihm entfernt gestanden hatte. Und mit einem Mal war
das wohlige Gefühl verflogen so sehr er auch versuchte es festzuhalten. Er
konnte sich nicht erklären woher das mit einem Mal kam, doch sein Anblick, sein
Geruch und seine Nähe weckten mit einem Mal die Erinnerungen an den
ohrenbetäubenden Lärm des Krieges, die Schreie, die Bomben, das Feuer, das
Schiff und Blut. All die Angst die er verspürt hatte und das letzte was ihm mit
einem mal ganz klar war, war der beißende Geruch von Rauch und verbranntem
Fleisch. Es waren nur Sekunden gewesen, doch sie waren ihm wie die Ewigkeit
vorgekommen, als diese Eindrücke und Bilder durch sein Bewusstsein geflutet
waren. Er blinzelte und wich einen Schritt zurück.
Genau konnte Gido nicht sagen was gerade in dem Jüngeren vorgegangen war, doch
für den Bruchteil einer Sekunde war da etwas in seinen Augen aufgeblitzt. Etwas
das wenn er sich nicht irrte, schreckliche Verzweiflung gewesen war. „Alles in
Ordnung?“, fragte er und hatte schon instinktiv nach seinem Arm gegriffen, als
er zurückgewichen war.
Frau schluckte und brauchte einen Moment ehe er mit dünner Stimme nur ein,
„ja...“ hervorbrachte. Doch es brauchte nur seinen Namen den er daraufhin
vernehmen konnte, um das nochmal zu überdenken. Nein, eigentlich war gar nichts
in Ordnung. Es war für ihn nie etwas in Ordnung gewesen an seinem Tod, doch er
brachte keinen einzigen Ton über die Lippen. Das konnte er ihm nicht sagen. Wer
wusste schon wann er aufwachte und das alles hier vorbei wäre – ihn noch ein
mal so schrecklich zu vermissen würde er nicht durchstehen, das hielt er für
so sicher wie das Amen in der Kirche. „Alles in Ordnung“, fügte er dann
hinzu und wandte den Blick ab. Er zwang sich dazu zu lächeln und dachte daran
das Gido jetzt da war und es keinen Sinn machte sich darüber weiter Gedanken zu
machen, wie sehr er ihn eigentlich vermisst hatte. Ayanami hätte sicherlich
irgendwie etwas in der Art jetzt gesagt, oder nicht? Ayanami... da war ein
Gefühl, ein Gedanke den er zu greifen versuchte aber nicht zu fassen bekam. Und
dann war da Teito von dem er ganz sicher wusste, das er gewollt hätte das er
zumindest ein mal in seinem Leben diese Trauer zuließ. Doch das brachte er
gerade nicht fertig, er brachte es gar nicht erst übers Herz. „Mir gehts
gut“, sagte er dann leise, während ein sanftes Lächeln seine Lippen
umspielte und er wieder aufsah. Doch erst jetzt bemerkte er das der Ältere
wieder Nähe getreten war. „Wolltest du etwas?“, fragte er dann und warf
einen Blick zu dessen Hand die ihn immer noch am Arm hielt und er griff nach dem
Ärmel des Älteren.
„Du hast da vor ner Weile was angedeutet...“, eindringlich musterten ihn
seine eisblauen Augen. „Ich hab nicht genauer nachgefragt, aber da ich es auch
nicht ignorieren kann...“ Sein Blick wanderte umher. „Erzähl mir von deinem
Zuhause“, ein aufmunterndes Lächeln lag auf Gidos Lippen und er raufte ihm
die Haare. „Du willst doch auch rauskriegen warum du hier gelandet bist,
oder?“ Im ersten Moment hatte ihn der Jüngere nur anblinzeln können, doch
dann nickte er kräftig und konnte ein breites Lächeln nicht verhindern.
Trotzdem entzog er sich seinem Griff und ging ein paar Schritte rückwärts.
„Was willst du denn wissen?“, fragte er immer noch lächelnd, als er
bemerkte das ihm der Schwarzhaarige folgte.
„Ich weiß nicht...“, gab er zu und überlegte, während sie nebeneinander
hergingen. Doch dann fiel ihm etwas ein, etwas auf das eine Antwort vielleicht
auch ganz hilfreich wäre. „Läuft da was zwischen dir und meinem Alter
Ego?“
Augenblicklich merkte Frau wie ihm die Hitze hinauf in die Wange und sogar bis
in die Ohren stieg, denn mal ganz außer acht gelassen das er eigentlich schon
längst tot war kam er nicht gegen die Vorstellungen die sich ihm gerade
aufdrängten an. „Ja, ne Katze!“, antwortete er dann fast schon patzig, als
er den neugierigen Blick seines ehemaligen Vormundes machte und streckte ihm die
Zunge raus. Dann verfiel er ins lachen, versuchte sich nicht anmerken zu lassen
wie verlegen ihn dieser Gedanke machte.
Doch die Antwort des Älteren bestand nur aus schweigen und einem leisen
kichern. Dann dachte er sich eben seinen Teil. Aber dann fiel ihm noch etwas
anderes ein, „du... kennst Gala ja anscheinend nicht, aber du hast sofort
erkannt wo wir uns befinden. Wie kommt das?“
Fraus Blick wanderte hinauf zu den Fenstern des Haupthauses. Hinter einem dieser
befand sich jetzt wahrscheinlich Labrador – Ilyusha (er sollte es aufgeben, er
würde es nie hinkriegen) und arbeitete an... was auch immer. Ein leises seufzen
entkam ihm, doch dann musste er unwillkürlich lächeln, als eine Reihe
Erinnerungen aufkeimte. „Gala nicht, aber ich kenn L–“, gottverdammt das
konnte doch nicht so schwer sein. „Ilyusha, verdammt ich habs aber auch mit
diesem Namen...“
„Ilyusha? Den Sohn des Hausherren?“, fragte er und bekam ein eifriges nicken
zur Antwort.
„Wir kennen uns jetzt schon sicher gute zwölf Jahre“, lächelte er und Gido
überlegte das das vielleicht der Grund gewesen sein musste warum der Jüngere
die letzten Tage im Garten rumgelungert hatte. Das Lächeln verschwand und Frau
verfiel ins Schweigen, er dachte über Ilyusha und Labrador nach und ein wenig
machte es ihn traurig. Der Krieg hatte so viel zerstört, so viel kaputt gemacht
und er war so schrecklich unnötig gewesen. Ohne diesen Krieg wäre Labrador
jetzt hier, da war er sich ebenso sicher wie darüber das er Gido dann auch noch
behalten hätte. „Ich beneide dich...“, gab er schließlich leise zu.
„Wahrscheinlich sollte ich den Tag lieber nicht vor dem Abend loben, aber
alles was ich bisher von dieser Welt gesehen habe scheint so viel besser als in
meiner zu sein. Das ist unfair...“ Ein schwaches Lächeln zeigte sich auf
seinen Lippen, als er ihn ansah. „Der Krieg hat so viel kaputt gemacht und
zerstört – mehr als nur das Königreich...“ Er schüttelte den Kopf und
ballte die in seinen Hosentaschen steckenden Hände zu Fäusten.
„Ist es denn wirklich so viel schlechter...“, fragte Gido und griff nach
seinem Arm. Dieses Mal jedoch ließ er nicht los als sich ihm der Blondhaarige
entziehen wollte. Stattdessen ließ seine Hand zu der des Anderen gleiten und
umfasste die geballte Faust.
„Nein...“, der Jüngere riskierte einen flüchtigen Blick in seine Richtung
und musste schlucken, als er wieder wegsah. Nur so viel einsamer, dachte er
doch sagte es nicht. Schmerz flammte erneut für einen Moment in seinen Augen
auf, doch dann fing er sich wieder. „Nein, es ist nicht schlimm...“, musste
er dann doch zugeben.
Wie es schien hatte er da einen Nerv getroffen. „Schon gut“, erwiderte er
und drückte seine Hand, da sich die Faust mittlerweile gelöst hatte. Und
nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander her gegangen waren fügte er
hinzu, „ganz unrecht hast du nicht – du solltest den Tag lieber nicht vor
dem Abend loben.“
„Wegen den Soldaten?“
„Nicht nur. Eigentlich...“, er legte sich die Worte genauestens zurecht.
„Ein Krieg wird bald unausweichlich sein, wenn das so weiter geht. Die
Soldaten werden es müde uns zu jagen. Sie machen schon Wettkämpfe daraus wer
mehr erwischt und auch wenn es auf unsereins lebend ein größeres Kopfgeld gibt
töten sie einen nach dem anderen und weißt du warum?“ Er watete gar nicht
erst auf eine Antwort, sondern fuhr fort, „aus purer Langeweile die
mittlerweile sogar ihre Gier übersteigt.“ Der Blick des Blondhaarigen war
Abwesend geworden, doch Gido spürte wie er sich fest an seine Hand klammerte.
„Lass uns das Thema ruhen lassen“, bat er schließlich ohne ihn anzublicken.
„Gibt doch sichere noch andere Sachen die du Fragen willst...“ Dabei musste
er gar nicht erst hinzufügen das es schlechte Erinnerungen heraufbeschwor
darüber zu reden, das konnte ihm der Ältere ansehen.
„Hmm...“, Gido überlegte für einen Augenblick. „Woher wusstest du das
das hier nicht deine Welt ist...? Wenn sich beide bis zu einem gewissen Punkt so
sehr ähneln muss es doch irgendwas gegeben haben was dich drauf gebracht
hat.“
Frau seufzte, im stillen sagte er seinem ehemaligen Vormund das das eigentlich
keinen Deut besser war, doch zumindest rechnete er ihm auch den Versuch an.
„Die Aegis“, brachte er schließlich hervor. „Du – wir haben noch die
Aegis“, erklärte er schwach lächelnd. „Sie würde während des Krieges so
schwer beschädigt das wir sie aufgeben mussten und nach dem Krieg gab es keinen
Grund mehr sich ein neues Schiff zu besorgen, weil Piraterie gesetzlich verboten
wurde.“
„Schwer beschädigt?“, echote Gido und sah für einen Moment wirklich so
aus, als ob er schon allein bei dem Gedanken das sein Schiff überhaupt
beschädigt sein könnte leiden würde. Dabei hatte er das vor kurzem doch
eigentlich noch ganz gut ertragen mit dem Loch im Heck. Unwillkürlich lachte
der Blondhaarige. „Aber was solln wir denn ohne Schiff machen?“
„Wir sind in der Großkirche im siebten Distrikt unter gekommen“, erwiderte
er. „Das war der einzig sichere Ort, während der Krieg draußen getobt
hat...“, seine Stimme verlor sich für einen Moment und dann fügte er hinzu.
„Einer der Bischöfe hat mir auch das Kreuz geschenkt.“ Er konnte ihm ja
schlecht sagen das er es zur bestandenen Bischofsprüfung vom Assistenten den
Erzbischofs bekommen hatte. Und mit einem Mal fiel ihm noch etwas ein,
eigentlich sogar zwei Sachen. „Du weißt doch welche ich mein oder?“
„Du meinst die in den Ausläufern von Raggs, kurz bevor die Grenze endet? Ja,
von der hab ich gehört, aber da war ich noch nie... wieso?“ So wie ihn sein
ehemaliger Schützling gerade anblickte bekam er das unabdingbare Gefühl etwas
elementar wichtiges nicht zu wissen.
Doch anstatt ihm zu antworten lächelte der Blondhaarige nur und meinte, „dann
müssen wir da mal hinfliegen. Du wirst dann schon verstehen warum.“
„Werd ich das?“
„Versprochen“, grinste der Blondhaarige und drückte seine Hand. Bevor er
ihn etwas dichter zu sich zog, dicht genug um ihn zu küssen. „Du wirst es
nicht bereuen“, murmelte er gegen seine Lippen.
Gido hob die Brauen und musterte ihn aus der kurzen Distanz die zwischen ihnen
verblieben war. „Wird das deine neue Lieblingsbeschäftigung?“, fragte er
ein wenig skeptisch, konnte sich aber dennoch eines leichtes Lächelns nicht
entwehren, als er seine Antwort hörte.
„Wer weiß... fühlt sich gut an...“, flüsterte der Blondhaarige und lehnte
die Stirn an die des Älteren, der wirklich nicht mehr als nur ein paar
Zentimeter größer war als er selbst. „Ich hör zumindest nicht auf solang du
nicht Stopp sagst“, und wie zur Demonstration folgte gleichauf ein weiterer
Kuss.
„Da wirst du lange warten müssen“, gab der Schwarzhaarige mit einem leisen
lachen zu und ließ sich küssen. „Ich schätze ich darf das jetzt auch mal
als Antwort auf meine erste Frage werten, oder?“, fragte er in einem Moment in
dem der Blonde ihm Zeit ließ zu sprechen, weil er nach Luft schnappen müsste.
Frau schwieg, doch wie er plötzlich inne hielt und erneut ob der Vorstellung
bis zu Ohren rot anlief, war Antwort genug für den Schwarzhaarigen. „Das
werte ich mal als ja“, grinste er amüsiert und schlang seine Arme um den
Nacken des Jüngeren, welchen er daraufhin zu kraulen begann. „Weißt du
Frau... vielleicht ist das hier nur ein Traum. Vielleicht ist das wirklich eine
Parallelwelt zu deiner. Aber was immer es ist ich glaub die tatsächlich das du
nicht Mick bist.“
„Wieso?“, brachte er fast schon ein wenig heiser hervor und versuchte sein
Kopfkino wieder in den Griff zu kriegen.
„Mick würde sich das nicht mal ansatzweise vorstellen wollen. Du
hingegen...“, er seufzte und schüttelte den Kopf. „Wenn ich dich lassen
würde... und mal angenommen das steht zur Auswahl... dann würdest du es
wahrscheinlich nicht nur bei deiner Vorstellung belassen, hab ich recht?“ Ein
herausforderndes Grinsen zeigte sich auf den Lippen des Älteren. Er hatte seine
Stirn so an die des Blonden gelegt das sich ihre Nasenspitzen berührten. Davon
abgesehen glaubte er im Traum nicht daran das er bei diesem so leicht hätte ihn
zu überzeugen.
Der Blondhaarige schnurrte, „ist das ein Angebot?“
„Hm... ich würde eher sagen es steht noch eines von gestern Abend aus?“ und
nach ein paar Augenblicken erinnerte sich dann auch Frau an seine Worte.
Ja, er hatte gesagt er hob sich das lieber für den Morgen auf. Aber daraus war
ja nicht wirklich etwas geworden. Das komische Gefühl von heute früh war auch
verschwunden, aber dennoch zögerte er für einen Augenblick und überlegte.
Relikt würde ihn hier sicher nicht dafür meucheln wollen, das er sich auf den
Schwarzhaarigen einließ und das er hier einen so unerfahrenen Körper
abgekriegt hatte war auch nicht woran er sich dabei störte. Es war immer noch
da und würde wohl immer sein diese Verlustangst die viel zu tief in seinen
Knochen saß, als das er sie noch würde abschütteln können. Er merkte nicht
mal wie fest er sich gerade an den Älteren gekrallt hatte. Wenn er wieder fort
müsste... dann würde er ihn sicherlich vermissen. Aber würde er das nicht so
oder so... Er schloss die Augen und legte seinen Kopf auf Gidos Schulter ab,
atmete seinen Duft ein aber dieses Mal weckte es keine Erinnerungen. Da war
nichts als dieses beinahe sehnsüchtige Verlangen nach dem was er vor so langer
Zeit verloren hatte. War es nicht alles was er jemals gewollt hatte? Gido
zurückhaben. Sein Leben als Pirat zurückhaben. Und doch verbat er es sich, aus
Angst vor einem erneuten Verlust und litt darunter im Grund nicht weniger.
Durchatmend hob er seinen Kopf wieder und blickte den Älteren an, wobei sich
fast unwillkürlich ein Lächeln auf seinen Lippen ausbreitete. Vielleicht
würde er es irgendwann bereuen, vielleicht würde ihm noch einmal danach sein
sich vor Schmerz völlig einzuigeln... aber all das verlor sämtlichen Gewicht
gegenüber wie real sich der Körper des Schwarzhaarigen in seinen Armen
anfühlte, kalt und doch wirklicher jeder Traum der ihn bisher heimgesucht
hatte. Und das warme Gefühl das ihn bei ihrem nächsten Kuss durchflutete ließ
es ihn für den Moment sogar ganz vergessen. Denn es blieb nichts weiter als ein
einziger Gedanke zurück – irgendein Schutzengel musste seinen Wunsch endlich
erhört haben und hatte ihm alles was er für immer verloren geglaubt hatte
wiedergegeben. Nur dieses Mal, das nahm er sich fest vor, würde er alles tun um
es nicht auch noch ein zweites Mal zu verlieren.
Kapitel 8: Ein unheilvolles Angebot
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Wait, waiting for a sign, crying to the sky
For love to come around so hope won't let me down
Shadows carry on, the light is all but gone
Your promise calls to me, a love so rescue me
Es dauerte eine Weile bis sie es geschafft hatten wieder voneinander abzulassen,
glücklicherweise war auch niemand in der Zwischenzeit in den Garten gekommen
und falls doch oder falls sie jemand von einem der vielen Fenster aus gesehen
hatte dann war er zumindest so freundlich sie in Ruhe zu lassen. Sie saßen
unter einem der großen Bäume und Frau hatte seinen Kopf auf Gidos Schulter
gelegt, denn irgendwie brauchte er diese kleinen Gesten der Zuwendung gerade wie
zum Beispiel das ihm der Andere gerade den Kopf streichelte. Doch so langsam
wurde das Gewicht an ihm immer schwerer und ein kurzer Blick zu dem Älteren
bestätigte ihm was er schon vermutete. „Sag bloß du bist schon müde?“,
fragte der leise lachend und schnappte nach seinem Ohr.
Schläfrig blinzelnd räkelte sich der Schwarzhaarige gemütlich und bettete
seinen Kopf an dem noch freien Arm, weil das bequemer war als der Baum.
„Mmh... ein bisschen“, gab er zu und versuchte sich vergeblich das Gähnen
zu verkneifen. „Ein großes bisschen...“
Das erinnerte den Jüngeren das sein ehemaliger Vormund ja auch schon gestern
nicht geschlafen hatte als er zu ihm angeschlichen war. „Hast du die letzten
Tage überhaupt geschlafen seit wir hier sind?“, fragte er und setzte sich auf
um ihn eindringlich anzusehen.
„Schon...“, erwiderte Gido und maß ihn skeptisch von der Seite. „Na ja...
nicht allzu viel...“, gab er dann zu, weil ihn dieser eindringliche Blick dann
doch mehr störte als er zugeben wollte. „Jetzt schau nicht so.“
„Doch. Ich schau so“, protestierte der Jüngere. „Was ist überhaupt
los?“, fragte er dann, weil er sich daran erinnerte was Gido ihm am Abend
zuvor gesagt hatte. Es musste doch einen Grund haben das ihm das schlafen hier
so schwer fiel. Doch sein ehemaliger Vormund antwortete nicht, sondern wandte
nur den Blick ab. Woraufhin ihn der Blondhaarige so lange anstarrte bis er sich
ihm fast schon genervt wieder zuwandte.
„Was ist denn?“, wollte er wissen.
„Nur weil du technisch gesehen tot bist, heißt das doch nicht das du tagelang
kaum schlafen kannst!“, empörte er sich und machte es sich bequem, bevor er
den Älteren dazu brachte den Kopf auf seinem Schoß abzulegen. Er sprach es
zwar nicht aus, aber dennoch hatte Gido recht mit seinen folgenden Worten.
„Du erwartest doch jetzt nicht wirklich das ich jetzt sofort auf der Stelle
schlafe, oder?“, fragte er und verschränkte die Arme unter dem Kopf. Empört
sah ihn der Jüngere an, doch blinzelte er mit einem Mal nur fing plötzlich an
zu lachen.
„Was ist denn jetzt?“, fragte der Schwarzhaarige leicht verwirrt und hob
eine Braue, sah jedoch nicht ein wieder aufzustehen. Wenn er schon darauf
bestand das er sich hinlegte und es dabei so bequem haben konnte, würde er das
ganz sicher nicht so einfach wieder aufgeben.
„Nichts“, lachte der Angesprochene und versuchte sich vergeblich wieder
einzukriegen. Er hatte mit einem Mal nur plötzlich an Teito denken müssen An
Teito und all die ganzen Male als er ihn wegen seiner Unvorsichtigkeit angemotzt
hatte, woraufhin er genau wie Gido jetzt mit trotzigem Ärger reagiert hatte.
„Nichts“, kicherte Frau und drückte ihm einen Kuss auf die Lippen, kraulte
seinen Kopf und entlockte ihm ein wohliges Geräusch obwohl sich der
Schwarzhaarige vorgenommen hatte sauer oder zumindest beleidigt zu sein. Doch er
schaffte es nur sich grummelnd zusammen zu rollen. „Ich musste grad nur an
jemanden denken“, schmunzelte Frau.
„So? An wen denn?“, wollte er daraufhin wissen und wagte einen Blick nach
oben.
Die Wangen des Blonden waren vom Lachen leicht gerötet und ein schwaches
Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen, als er etwas nach unten rutschte, so das
Gido nun mehr auf seinem Bauch und seiner Brust lag. „Unwichtig“, murmelte
er und brummte leise und zufrieden. „Lass uns ne Runde schlafen...“
„Bist du dafür nicht zu wach?“
„Phhh... ich kann immer schlafen“, murmelte er daraufhin in sich hinein
lachend und tatsächlich war er auch der erste von ihnen beiden der tief und
fest im Schatten der Mittagssonne einschlief. Nach und nach döste schließlich
auch Gido ein, während er dem sanften schlagen seines Herzens lauschte.
Er wachte davon auf das ihn etwas an der Nase kitzelte, woraufhin er diese
kräuselte und versuchte sich wegzudrehen. Doch das klappte nicht und so machte
er sich die Mühe langsam die Augen zu öffnen. Das erste was er sah war etwas
gräuliches, weiches und dahinter jemandens Beine. Ein kurzer Blick nach oben
bestätigte ihm das diese zu Frau gehörten. Dieser kniete neben ihm und
kitzelte ihn grinsend mit einer Pusteblume im Gesicht. Und das war einfach nur
lächerlich. Murrend versuchte er danach zu greifen, doch erwischte stattdessen
die Hand des Blondhaarigen. „Musste das sein?“, fragte er und konnte sich
eines Lachens nicht entwehren als er seine Kehle kitzelte. „Ich hab
geschlafen...“
„Und ich dachte du willst vielleicht essen...?“
„Ich hab keinen Hunger.“
Der Lider des Jüngeren senkten sich auf Halbmast, bei seiner nächsten Antwort
und ein zweideutiges Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus, „dacht ich
mir, aber ich hab auch noch auf was anderes Hunger.“
Blinzelnd musterte der Schwarzhaarige ihn, während Fraus Finger langsam zu
seinem Hosenbund wanderten und ihm aufging was genau sein ehemaliger Schützling
ihm damit sagen wollte. „Du hast mich jetzt nicht ernsthaft nur geweckt, weil
du Sex willst, oder?“, fragte er trocken und musterte ihn eingehend. Doch die
einzige Antwort die er darauf bekam war ein verlangender Kuss und da ihm sowieso
kein gescheiter Widerspruch einfiel in diesem Moment, ließ er sich auf seine
Forderung ein. Vielleicht auch, weil es so ungestört und friedlich hier im
Garten unter dem großen alten Baum wirkte und vielleicht auch, weil es schon
eine ganze Weile her gewesen war das er sich so wohl gefühlt hatte.
Die Sonne wärmte das Gras und ihre Körper und der Schwarzhaarige sah zur
Ausnahme keinen Grund auch nur einen Muskel zu rühren. Er hatte versucht wieder
einzuschlafen, doch er hatte es bloß geschafft eine Weile zu dösen, nachdem er
sich ein halbwegs taugliches Kissen auf seiner Kleidung und den Stiefeln
errichtet hatte. Einen Arm hatte er unter dem Kopf gebettet und mit der Hand des
Anderen, kraulte er durch Fraus wirre blonde Strähnen. Dieser hatte es sich an
seiner Seite bequem gemacht und lauschte er der Stille seines Brustkorbs. Keiner
von ihnen verspürte sonderlich großes Interesse daran aufzustehen und sich
wieder ins Anwesen zu begeben.
„Meinst du die suchen nach uns?“, murmelte Frau schläfrig und das zu Gido
heimlicher Belustigung. Auch wenn er den Großteil der letzten Zeit nichts
anderes als getan hatte als schlafen, war er auch jetzt binnen weniger
Augenblicke wieder in einen Dämmerzustand verfallen.
„Bestimmt...“, antwortete er und fügte nach eine Pause hinzu,
„irgendwann.“
„Dann is gut“, mit einem zufriedenen Geräusch streckte sich der
Blondhaarige und legte sein Bein über eines des Älteren, als er sich an ihn
schmiegte. Dieser nahm das als stumme Aufforderung liegen zu bleiben, während
er ihn hinterm Ohr kraulte und einige Male blinzeln musste bevor sich der
aufgehende Abendhimmel vor seinen Augen zusammensetzte. „Was machst du wenn
uns jemand findet?“
„Mich schlafend stellen“, grinste er und genoss das sachte streifen seiner
Hand auf seiner Brust. Daraufhin musste der Jüngere unwillkürlich lachen, was
ihn für einen Augenblick ansteckte. „Haste ne bessere Idee?“
„Nein“, gab der Angesprochene leise lachend zu. Und nach einer Weile fragte
er, „wann fliegen wir wieder los? Morgen Abend?“
„Morgen irgendwann...“, korrigierte ihn der Schwarzhaarige. „Du wolltest
doch zu der Kirche...“, murmelte er. „Was besseres ham wir eh nicht vor und
vielleicht kriegen wie auch noch mal n paar Frachter vors Visier.“
Gedankenverloren streichelte er seinen Kopf.
„Ja, aber...“, wenn er ganz ehrlich sein sollte so wichtig war es ihm dann
doch auch wieder nicht. Doch seine Worte verloren sich in einem kräftigen
Windstoß und dem Rauschen der Blätter um sie herum, als ein Luftschiff dicht
über das Anwesen hinwegflog. So dass der Schwarzhaarige seine Worte kaum noch
hörte, spürte nur seinen warmen Atem der Gegen seine Haut schlug und vernahm
schließlich nur wieder die Stille um sie herum. Sein Blick war immer noch auf
den Himmel gerichtet. Ihm war ein wenig kalt von dem Windstoß, doch das war
unwichtig. Dieses Schiff. Er würde es unter tausenden Erkennen. Doch Gido
musste sich davon abhalten blindlings aufzuspringen und ihm nachzurennen. Nicht
wenn er verhindern wollte das Frau ihm folgte. Er wollte sich aufsetzen, doch
der Blondhaarige der sich an ihn gekuschelt hatte verhinderte es erfolgreich.
Trotzdem. Er musste hier jetzt weg. Die Wärme und Sicherheit die er bis eben
noch verspürt hatte waren fort und zurück blieb ein unangenehmes Gefühl das
sich in seinen Eingeweiden zusammenzog. Mit einem Mal war ihm auch etwas kalt
und mit einem Ruck befreite er sich aus der fast klammernden Umarmung und setzte
sich auf, zog die Beine ein Stück weit an. Was tat er denn jetzt? Er wollte
nicht vor aller Augen mit dem Jungen sprechen. Das Gewicht auf seinen Schultern
lastete eh schon viel zu groß, er würde warten müssen bis er sich
davonstehlen konnte. Aber nein... er würde sicherlich keine Rücksicht darauf
nehmen wo und bei wem er sich befand. „Was ist?“, hörte er Fraus Stimme in
die wieder eingekehrte Stille fragen, doch er antwortete nicht. Stattdessen
hoffte er einfach, das das Schiff weiter fliegen würde. Vielleicht war es ja
auch nur Zufall... doch ein Blick in die Ferne verriet ihm das es zur Landung
ansetzte. „Gido...“, Frau hatte sich aufgesetzt und nach seiner Hand
gegriffen. Aber nur nach und nach löste sich sein fast krampfhafter Griff und
er ließ zu das der Blondhaarige sie festhielt. Seine Hand fühlte sich warm an
und sie war groß. Eigentlich hatte er nie so wirklich darauf geachtet, aber
mittlerweile glichen die des Jüngeren ziemlich seinen eigenen. Sie waren
wahrscheinlich sogar fast gleich groß.
„Ich...“, setzte er an und wollte weitersprechen, doch wusste nicht wie.
Also schwieg er. „Nichts“, brachte er schließlich hervor. „Also nein,
ich... das...“, es war zu viel. War ihm denn nicht zumindest ein bisschen
Frieden gegönnt? „Frau...“, sein Blick traf den des Blondhaarigen, welcher
ihn aufmerksam anblickte. „Ich muss was erledigen.“
„Was denn?“
Doch daraufhin schüttelte er nur den Kopf, „das kann ich dir nicht sagen.
Aber ich will das du hier bleibst, verstanden?“ Und als er sah wie der Andere
zu einer protestierenden Antwort ansetzen wollte, verengten sich seine Augen und
seine Stimme wurde sehr ernst, „das ist ein Befehl. Folg mir nicht und wehe du
wagst es, verstanden?“
„Verstanden...“, antwortete er nach einer Weile des Schweigens und zwar
nicht, weil er gesagt hatte das es ein Befehl war, sondern weil es seinem
ehemaligen Vormund wirklich Ernst zu sein schien. So neugierig er auch war, es
schien ihm keine gute Idee ihm jetzt zu widersprechen. Und auch wenn das
irgendwie komisch klang und es vielleicht ein kleines bisschen kitschig war,
fügte er hinzu, „... pass auf dich auf.“ Er hatte ihn am Arm gepackt und
blickte ihn eindringlich an, doch Gido seufzte nur. „Und glaub bloß nicht das
du mir so einfach davon kommst, früher oder später erfahr ichs noch!“ Seine
Worte entlockten ihm ein schwaches Lächeln, bevor er sich aufrichtete und
anzog. Ein Umstand den Frau mehr oder weniger bedauerte, doch er ließ davon ab
sich zu beschweren. Zumal es auch langsam ein wenig kühler würde, also tat er
es ihm gleich, schlug jedoch eine Andere Richtung ein und wollte eigentlich
zurück zum Haus. Stattdessen fand er einen kleinen Pavillon mit Stühlen und
Tischen und an einem dieser saß das blonde Geschwisterpaar und unterhielt sich.
Das Mädchen entdeckte ihn und lächelte etwas schüchtern, während sie ihn
herüber wunk und ohne darüber nachzudenken folgte er dieser Einladung. Wenn er
nicht etwas anderes zur Beschäftigung fand, würde er sonst noch auf die dumme
Idee kommen Gido zu folgen. Und er wollte sich wenigstens die Mühe machen und
es versuchen.
Ein Versuch für den er ihm wirklich dankbar war, denn wann immer er auftauchte
hatte das nichts Gutes zu bedeuten. Je näher der Schwarzhaarige dem Schiff kam
desto schneller wurden seine Schritte, bis er schließlich rannte. Schwer atmend
kam er auf einer Lichtung die sich am Anfang des angrenzenden Waldgebietes
befand zum stehen und konnte gerade noch sehen wie das Schiff landete und sich
die Brücke öffnete. Hätte sein Herz noch schlagen können, dann war er sich
sicher, hätte es jetzt wie verrückt gepocht, als er die drei Gestalten sah die
sich ihm näherten. Links Hyuuga und rechts Haruse und in der Mitte Kuroyuri.
Gido ballte die Fäuste, atmete tief durch und schluckte, wappnete sich für was
auch immer ihn jetzt erwarten würde. Er würde sich nie an den Anblick des
Jungen in dieser Uniform gewöhnen, die einst Ayanami gehört hatte. Er hatte
die Arme hinter dem Rücken verschränkt und auch wenn er etwas an sich hatte
das ihn um so viel älter wirken ließ, als er war, dann hob das die Tatsache
das seine zwei Begleiter so viel größer waren als er es problemlos wieder auf.
Die Lippen des schwarzhaarigen Majors umspielte ein leichtes Lächeln und an
einem seiner Mundwinkel klebte der Stil eines Lollies. Auch Haruse lächelte
leicht, doch es wirkte eher gekünstelt im Gegensatz zu dem des Anderen. Hyuuga
war aber wohl auch der einzige der sich ein bisschen freute ihn zu sehen. Ganz
im Gegensatz zu seinem Vorgesetzten der die Mundwinkel kaum merklich nach unten
zog, als er mit einigem Abstand vor ihm stehen blieb. Die eisblauen Augen hoben
sich um denen des Piraten zu begegnen und dieser musste zugeben das es ihm immer
noch fast die Luft abschnürte in diese Augen zu blicken. „Abel...“, brachte
er gepresste hervor. Statt Schmerz spürte er mittlerweile einfach nur noch
Ohnmacht. Denn mittlerweile ließ sich nichts mehr an ihrer Situation ändern
und wenn doch dann ließ Kuroyuri das nicht zu.
„Nenn mich nicht so“, der Rosahaarige spie die Worte beinahe aus und
musterte ihn abschätzig.
Doch Gido antwortete nichts darauf, noch hatte er ihn nicht völlig aufgegeben.
Auch wenn ihm seine Situation aussichts- und ausweglos erscheinen mochte. „Was
willst du hier?“, er bemühte sich um eine feste Stimme.
„Ich will dir ein Angebot unterbreiten“, der Ältere spitzte die Ohren und
sein Blick huschte zwischen Hyuuga und Haruse hin und her, blieb schließlich an
dem Schwarzhaarigen hängen. Doch dessen Gesicht war eine undurchdringliche
Maske die von einem Lächeln geziert wurde. Das einzige Zugeständnis das er ihm
erlaubte, war ein kurzes angedeutetes Nicken. Doch es war genug um den Piraten
wissen zu lassen das er sich das jetzt besser anhören sollte.
Er schluckte, doch nickte und verschränkte die Arme. „Okay, sag...“, meinte
er und richtete seinen Blick auf den Jungen, die Miene verbissen.
Ein rötlicher Schimmer erfüllte Kuroyuris Augen als er zu sprechen begann und
der Schwarzhaarige knirschte mit den Zähnen, begann auf der Innenseite seiner
Wange rumzukauen. „Barsburg will die Zaiphonvorkommen die unter Raggs
liegen“, einer seiner Mundwinkel zuckte nach oben. „Nun ja... und die
Büchse der Pandora aber das kannst du dir sicher denken.“ Gido schmeckte
Blut. Ja, er konnte es sich denken, doch er wollte es nicht. „Und wir beide
wissen ganz genau das Raggs keines von beiden einfach so rausrücken wird.“
„Du meinst...“, er musste an seine Unterhaltung mit Frau denken, an den
schmerzlichen Ausdruck in seinen Augen.
„Wir werden versuchen die Schäden so gering wie möglich zu halten...
Zumindest, wenn sie sich friedlich verhalten. Aber ich kann natürlich nichts
garantieren –“
„Jetzt sag schon was du willst!“, platzte es aus ihm heraus.
Ein spöttisches Lächeln breitete sich auf Verlorens Lippen aus, als er
beobachten konnte wie der Größere vor Wut zitterte. „Ganz einfach. Du weißt
doch was die Büchse beherbergt und den Umständen entsprechend müsstest du
eigentlich sehr interessiert daran sein das ich sie in die Hände bekomme.“
Er schnaubte. „Du glaubst doch nicht wirklich das sie dir deinen Körper
einfach so geben ohne dir vorher zwanzig, dreißig Gehirnwäschen zu verpassen.
Du weißt genauso gut wie ich warum du jetzt in seinem steckst!“
Verloren knurrte wütend. „Wenn ich meinen Körper wiederkriege, brauche ich
den Junge nicht mehr, das willst du doch oder?“ Wenn er ganz ehrlich sein
sollte, wusste Gido nicht ob er das wirklich wollte. Allerdings hätte Kuroyuri
dann wirklich seinen Frieden und Ayanami vielleicht auch und das war eigentlich
schon mehr als er sich erhoffen konnte. Erneut begann er auf seiner Wange
rumzukauen und als sie wieder anfing zu bluten grub er seine Backenzähne
einfach in die Andere. „Also, hier ist mein Angebot – ihr helft uns und ich
sorge dafür ihr Immunität bekommt und verschont werdet. Im Gegenzug dafür
müsstet ihr die Piraterie natürlich aufgeben, sollte sich Barsburg als
erfolgreich beweisen und... nun, das wird es.“
„Warte – ihr?“
„Ja, die Piraten... je mehr desto besser. Raggs wird nicht damit rechnen, es
wäre ein Vorteil für beide Seiten. Es ist alles geregelt, die Freibriefe
werden in der Sekunde in der wir hier stehen und reden verfasst.“
„Was?!“, ungläubig starrte der Schwarzhaarige ihn an. „Das kann nicht
dein Ernst sein! Weißt du überhaupt was du da von mir verlangst?!“, seine
Stimme zitterte er und er schrie fast, als er diese Worte sprach. „Du... du...
du verlangst allen erstens“, er überquerte die kurze Distanz und packte ihn
am Kragen. „Ich soll meine Leute und alles was mir wichtig ist und“, seine
Stimme wurde schneidend scharf und seine Augen verengten sich, „die Ghosts
verraten, nur für irgend so einen dämlichen Krieg?“ Entgeisterte blickte er
ihn an. „Einen Krieg und ein Versprechen dem ich nicht trauen kann?!“
Missbilligend blickte ihn der ehemalige Todesgott an und schüttelte den Kopf.
„Tsk. Das ist kein leere Versprechen, was glaubst wofür die Freibriefe sind.
Das Königreich kann und darf sie nicht ignorieren. Außerdem –“
„Was glaubst du wie egal mir diese Freibriefe grad sind! Das garantiert einen
Scheiß! Du kannst nicht einfach herkommen und verlangen das ich alles für eine
von deinen Schnapsideen aufgebe! Der Rest den du angerichtet hast ist schon
schlimm genug!“
„Ich hab auf Ayanami aufgepasst...!“, knurrte er zornig über das
ungehaltene Verhalten des Piraten.
„Solang er dir nützlich war vielleicht! Was bildest du dir eigentlich
ein?!“ Doch bevor er noch irgendetwas anderes tun oder sagen konnte hatte
Hyuuga zwischen sie gedrängt und schob ihn einige Schritte rückwärts. „Bei
gar nichts mach ich mit!“
„Schade... ich dachte wirklich Euereins könnte sich doch noch nützlich für
das Imperium erweisen. Und ich dachte wirklich dir liegt dein Kind etwas mehr am
Herzen.“ Und genau jetzt war ihm die Hutschnur gerissen. Das war zu viel und
Verloren war zu weit gegangen, so dass Hyuuga seine Mühe hatte ihn fort zu
schleifen und schließlich mit voller Wucht mit dem Rücken gegen einen Baum zu
donnern.
„Krieg dich wieder ein!“, es war eine der wenigen Situationen in denen seine
Stimme vollkommen ernst war. Mühselig und fahrig stieß Gido ihn von sich und
sank am Baumstamm an dem er lehnte zusammen, vergrub das Gesicht in den
Händen.
„Ich würd ihm nichts tun, das weißt du...“, sagte er schließlich leise
und ließ die Arme sinken. „Selbst wenn ich wollte...“
„Ich weiß“, Hyuuga hatte sich nur einige Schritte von ihm entfernt und es
war kein Lächeln mehr auf seinem Gesicht zu sehen. „Ich hab dich auch nicht
seinetwegen hierher geschleppt...“, er hockte sich auf den Boden und blickte
ihn eindringlich an.
„Dabei ist er doch das Kind...“, der Ältere blickte weg und rieb sich
abwesend die Handgelenke.
„Mag sein... das eben war aber kein Kind“, und bei seinen folgenden Worten
wurde sein Blick fast bohrend, „aber reiß dich zusammen, zumindest ein
bisschen. Du kannst dir das nicht erlauben...!“
„Weil ers nicht versteht und deswegen sauer auf mich ist?“, Gido schüttelte
den Kopf und atmete seufzend tief durch.
„Ganz genau“, erwiderte Hyuuga und musterte ihn nachdenklich. „Der Kleine
erkennt die Tragweite nicht und Verloren nutzt das und ich erwarte wenigstens
von dir das du dich wie ein vernünftiger Erwachsener benimmst.“ Jetzt
schmollte er beinahe und der Ältere musste sich ein schwaches Lachen
verbeißen, weil der alte Hyuuga wieder ein bisschen durchkam.
„Hmmm...“, machte er und lehnte mit einem schmalen Lächeln den Kopf gegen
den Baum. „Ich finde es sehr vernünftig Verloren für das was er tut in
Stücke reißen zu wollen“, sagte er schließlich und erntete doch nur ein
schwaches Lächeln.
„Trotzdem... versuchs das nächste Mal. Mit deiner Abwesenheit bestrafst du
ihn schon genug, lass ihn nicht auch noch für Verlorens Fehler büßen.“
„Ich weiß... ich... du weißt, es geht nicht anders...“
„Ich weiß...“, Hyuuga wandte den Kopf in Richtung des Schiffes. „Ich
sollte wieder gehen... ah, wie gehts ihm denn eigentlich?“
„So wie immer“, antwortete er und rieb sich mit beiden Händen übers
Gesicht. Und als er sie wieder sinken ließ war der Jüngere verschwunden. War
vielleicht auch besser so, dachte er sie und blieb noch eine Weile sitzen,
während er darüber nachdachte was er jetzt tun sollte. Vielleicht Frau fragen.
Vielleicht... Das Problem war nur das Verloren recht hatte. Diese blöde Büchse
könnte wirklich einen Großteil seiner Probleme lösen. Dann wiederum würde
das aber ein anderes großes Problem mit sich bringen – Verloren
höchstpersönlich und sämtliche Warsfeil würden ihm den Rücken stärken und
das wäre ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Verdammt... seufzend richtete er
sich auf und beschloss zumindest schon mal langsam zurück zu gehen. Ein wenig
Ablenkung konnte nicht schaden, zumal er nicht damit rechnete heute Nacht allzu
viel Schlaf zu kriegen.
Frau hatte mittlerweile heraus gefunden das die beiden Blondchen Lem und Lirin
hießen und sowas wie Ilyushas Ziehgeschwister waren. Sie lebten hier mit auf
dem Anwesen und schienen den angehenden Hausherren wohl wirklich zu mögen. Lem
begegnete dem Blondhaarigen recht skeptisch, doch das nahm dieser zumindest an,
lag daran ihn Lirin zu mögen schien. Die junge Frau war dabei Zeichnungen für
ein Pflanzenkundebuch anzufertigen. Dazu hatte sie eine Reihe von verschiedenen
Blume auf dem Tisch ausgebreitet und hob ab und zu eine an um sie genauer zu
betrachten, ehe sie dann weiter zeichnete. Ein paar weitere standen in einem
kleinen mit Wasser gefüllten Glas in der Mitte des Tisches. In einem anderen
standen Pinsel und Farbe hatte das Wasser bis zur Unkenntlichkeit verfärbt.
„Ich finds schade das ihr nicht mal zu uns herüber kommt“, meinte Lirin,
während sie die Linien ihrer Zeichnung mit schwarzer Tinte nachzog.
Frau schmunzelte leicht, „ich denke es gibt ein paar Leute die uns dort nicht
gerne sehen würden...“
„Er hat recht Lirin, sie sind immer noch Piraten...“, er zögerte und fügte
leicht süffisant hinzu, „auch wenn keine sonderlich
furchteinflößenden...“
Ein leises schnauben entkam dem Jüngeren. „Ich geb dir gleich
furchteinflößend“, murmelte er und grinste dennoch. Aus dem Augenwinkel fiel
sein Blick auf Gido der sich seinen Weg durch den Garten bahnte ohne richtiges
Ziel und deshalb auch kaum darauf geachtet hatte wohin er ging. Er wandte den
Kopf in seine Richtung und lächelte ehe er aufstand. „Ich muss los, da kommt
mein Angebeteter“, flötete er grinsend wunk den beiden, während er
schmunzelnd und zielstrebig auf den Schwarzhaarige zusteuerte. Mit einem
Lächeln auf den Lippen fiel er ihm um den Hals und küsste ihn, worauf Gido im
ersten Moment gar nicht reagieren konnte, so überrumpelt kam er sich vor. Er
hatte ja wirklich mit einigem gerechnet nur nicht damit. Eher verwirrt schlang
er trotzdem die Arme um Fraus Nacken und seufzte leise, als er sich von ihm
löste, die Augen halb geschlossen. Seine Nähe barg das stumme Versprechen und
Ruhe und Geborgenheit, genau das was er jetzt gebrauchen könnte. Das und einen
klaren Kopf. "Wofür war das denn?", fragte er verwirrt und etwas neben sich.
„Mann sollte seinen Angebeteten doch angemessen begrüßen“, schmunzelte er
und lachte leise, stockte dann jedoch musterte ihn eindringlich. „Was ist
los?“, fragte er und wollte sich von ihm lösen um ihn besser ansehen zu
könne, doch seine ehemaliger Vormund ließ es nicht zu. „Gido?“, fragte er
eindringlich und ernst. Doch dieser senkte nur den Kopf und musste daran denken
wie ungern der Jüngere über den Krieg gesprochen hatte. Aber das würde sich,
wenn er ihm jetzt antworten würde sicher nicht vermeiden lassen. Die eisblauen
Augen des Schwarzhaarigen richteten sich auf die des Jüngeren und er seufzte,
ließ ihn sich weit genug entfernen das er ihn eingehend mustern konnte und
dachte das er wohl nicht drum herum kommen würde. Nein, er würde nicht drum
herum kommen Frau etwas zu erzählen. Denn er war sich ziemlich sicher das
dieser seine Drohung vorhin ernst gemeint hatte. Er würde rausfinden wohin und
zu wem er gegangen war und wenn nicht auf die eine dann auf die Andere weise.
Kapitel 9: Augenzeuge
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I was there the day the strength of Men failed.
Der Schwarzhaarige hatte ihm nicht geantwortet, hatte ihn einfach nur am Arm
gepackt und mitgezogen und Frau war ihm gefolgt, denn was immer los war, Gido
würde es ihm nicht verraten, wenn er nicht mitkam. Hastig schob wurde er durch
die Tür geschoben die sie heute Morgen so schweigend verlassen hatten. Das
Bett war nicht mehr zerwühlt, sondern ordentlich hergerichtet und irgendwie
fand er das schade. Gedankenverloren strich er mit einer Hand über das Laken
und setzte sich, bevor er seinen Blick wieder auf Gido richtete der sich mit
geschlossenen Augen an die Tür gelehnt hatte. „Sagst du mir jetzt was los
ist?“, fragte er und lehnte sich etwas zurück.
Es dauerte einen Moment bis Fraus Worte zu ihm durchdrangen, doch dann nickte
er langsam und öffnete seine Augen. Auch wenn es ihm missfiel, dieser junge
Mann mit den blonden Haaren war wohl der einzige der die Tragweite des ganzen
jetzt verstehen würde und ihm vielleicht helfen konnte. „Ich weiß nicht wo
ich anfangen soll...“, seufzte er und löste sich von der Tür, auch wenn ihm
mehr danach war sich zu Boden sinken zu lassen. Stattdessen tat er nun einige
verloren wirkende Schritte in den Raum hinein. Unschlüssig wanderte sein Blick
umher und blieb schließlich auf seinen Stiefelspitzen hängen, als er stehen
blieb. Und als er ihn wieder hob saß Frau immer noch auf der Bettkante und
blickte ihn fragend an. Fragend und mit einer Geduld die er nicht von ihm
kannte.
„Fang einfach irgendwo an“, meinte er und ein schmales aufmunterndes
Lächeln zeigte sich auf seinen Lippen. Er konnte spüren wie ihn der Andere
nachdenklich musterte, bis dieser schließlich die Arme verschränkte und tief
durchatmete.
„Versprich mir, das du mich erst ausreden lässt“, meinte er und war erst
zufrieden, als er den Jüngeren nicken sah. Auch Gido nickte und suchte nach
einem Satzanfang, einer Information die er Preisgeben konnte ohne gleich alles
erklären zu müssen. Am besten er hielt sich einfach an die Fakten.
„Barsburg will einen Krieg“, sagte er und hatte das Gefühl diese Worten
wirkten so verloren wie er selbst in diesem Raum.
Die saphirblauen Augen weiteten sich langsam und Gido meinte Angst und noch
etwas anderes was er nicht deuten konnte in ihnen zu erkennen. „Erzähl
keinen Blödsinn wie kommst du darauf?!“, energisch als würden sich ihre
Sorgen dadurch in Luft auflösen schüttelte er den Kopf.
„Doch...“, langsam näherte er sich dem Blondhaarigen. „Doch, das weiß
ich aus sicherer Quelle. Barsburg will die Zaiphonvorkommen unter Raggs und
die Büchse der Pandora und was weiß ich noch nicht alles... Die sind das
Messer wetzen leid!“ Er atmete tief durch und ballte die Hände zu Fäusten,
während im Verlorens Worte in den Ohren nachhallten. „Aber das ist nicht das
schlimmste“, sagte er und wusste nicht wohin mit sich, weshalb er anfing
umher zu gehen. „Sie haben Verloren unter ihrer Kontrolle. Das heißt, wenn
sie die Büchse kriegen, dann wird er... ob sie wollen oder nicht, wenn er es
schafft seinen Körper zurück zu erlangen...“ Frau war aufgestanden und
packte ihn am Arm um ihn ansehen zu können und Gido merkte das er sich am
liebsten hätte zusammensinken lassen. Doch er kämpfte den Drang nieder und
fasst sich wieder, das war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
„Hast du das von einem Informanten, oder so?“, fragte Frau in dem Versuch
nicht an die Erinnerungen zu denken die diese Worte heraufbeschworen.
„So... in etwa... ja...“, gab er mit brüchiger Stimme zu. „Verloren“,
er schloss die Augen. „Hat es mir gesagt.“
„Was du hast mit Ayanami gesprochen?“, fragte er ungläubig und mit einem
Mal fiel es ihm wie schuppen von den Augen. Das Schiff war das der Black Hawks
gewesen. Ein leichtes stechen in seiner Schläfe setzte ein, doch er ignorierte
es, richtete seinen Blick stattdessen fest auf Gido, welcher aus dem Konzept
gebracht schien.
„Ayanami... nein, warte woher?“, ein seufzen und dann fügte er hinzu wie
um sich die Frage selbst zu beantworten, „oh warte von mir richtig?“ Ohne
darüber nachzudenken nickte Frau, das Stechen und die aufkeimenden
Erinnerungen weiter ignorierend. Ein Seufzen seitens des Schwarzhaarigen folgte
und er schloss ihn in seine Arme, ließ den Jüngeren das tun was er selbst
gern würde, als sich dieser an ihn lehnte. „Jemand anderes ist an seine
Stelle getreten“, sagte er mit brüchiger Stimme und kämmte durch die
blonden Strähnen. „Ayanami...“, begann er doch schüttelte nur den Kopf,
„ist nicht so wichtig.“
„Was hat er noch gesagt?“, wollte Frau leise wissen.
„Nichts...“, murmelte Gido grimmig und senkte den Kopf. „Nichts... er
wollte unsere Hilfe, die der Piraten... aber, ist nicht so wichtig...“
„Sie werden uns wieder jagen oder?“, fragte er dann und bemühte sich um
eine feste Stimme.
„Das tun sie doch eh schon... das hat er vergessen...“, seufzend lehnte er
seinen Kopf an den des Jüngeren und schloss für einen Moment die Augen. Doch
dann brachte er Frau dazu ihn an zu sehen, „Frau...“, meinte er ernst und
blickte ihn eindringlich an. „Du musst mir alles sagen was du weißt. Wir
können Krom nicht ins Messer laufen lassen, schon um Feas Willen nicht,
verstanden?“
„Und wegen des Jungen“, ein schwaches Lächeln zeigte sich auf seinen
Lippen. „Tei- Tiashe.“ Es schien ihm wie gerade erst gestern das er diesen
noch lebendig vor sich gesehen hatte. Dieser Junge hatte so viel durchmachen
müssen, allein wegen des Krieges.
„Genau“, jetzt zeigte sich ebenfalls ein schwaches Lächeln auf seinen
Lippen. Doch dann stockte er und hob eine Augenbraue. „Hast du nicht gesagt
sie hätten das ganze Königshaus getötet?“
„Bis auf den Jungen. Er hat überlebt, er war beim Militär... ein Sklave...
aber er hat überlebt, Fea hat seine Erinnerungen versiegelt, er wusste nichts
davon. Bis vor einiger Zeit...“, er schüttelte den Kopf um deutlich zu
machen, das er dazu nichts weitere sagen wollte. Sein Blick senkte sich, ehe
ihm etwas einfiel und er ihn doch wieder anhob um den Anderen ansehen zu
können. „Was ist mit Gala?“ Sie musste davon schließlich auch erfahren,
doch nun war es an Gido den Kopf zu schütteln.
„Das mach ich später“, meinte er und lenkte das Thema wieder auf sein
eigentliches anliegen, „und jetzt sag mir alles was du weißt, egal wie
unwichtig es dir auch erscheinen mag. Egal was es ist, vielleicht kann es uns
trotzdem helfen.“ Schweigend hatte der Blondhaarige ihn reden lassen und
löste sich nun von ihm, seine Nähe machte das Szenario in seinem Kopf
nämlich nicht unbedingt besser. Im Gegenteil, es machte ihn gerade nur noch
unruhiger. Am liebsten würde er einfach mit der Wahrheit rausplatzen, doch er
verbat es sich immer noch. Er wollte auch nicht daran denken, doch Gidos
ernster Blick der nun auf ihm lag zwang ihn dazu diese alten Erinnerungen
wieder auszugraben und damit auch den Schmerz der diese überschattete. Er
ließ sich aufs Bett sinken und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was er
später über den Krieg gelernt hatte. All das was nichts mit seinem Tod zu tun
hatte. Ihrer beider Tod. Frau faltete die Hände mit verhakten Fingern, die
Ellenbogen auf den Knien und lehne seine Stirn gegen diese. Er hatte die Augen
geschlossen und dann fing er an zu sprechen. Erst leise und stockend, doch mit
der Zeit gewann er wieder vertrauen in seine Stimme und sie wurde weniger
langsam und dünn. Zwischendurch war er auch wieder aufgestanden und hatte
angefangen im Raum umher zu gehen, während sich Gido einfach nur schweigend an
die Wand gelehnt hatte. Der Dunkelhaarige hatte das unbestimmte Gefühl gehabt,
das es besser wär ihn einfach reden zu lassen, er hatte auch nur ab und zu ein
paar Fragen gestellt. Die Gedanken des Schwarzhaarigen wanderten zu Ayanami,
doch dieser würde momentan nicht mal einer Fliege etwas zu leide tun. Und als
er fertig war stand der Ältere immer noch an Ort und Stelle, unveränderte
real und dennoch überkam ihn der Wunsch ihn zu berühren. Nur um sicher zu
gehen das er wirklich nicht träumte. Doch er ging nur ein paar verloren
wirkende Schritte auf ihn zu und blieb schweigend stehen.
Der Jüngere wollte weiter gehen, doch seine Füße weigerten sich und alles
was er schließlich hervorbrachte war, „lass uns zurück aufs Schiff.“
„Geh vor... ich werd mich Gala reden.“ Gido klang erschöpft, so dass er
sich unweigerlich nach der Ursache fragen musste, doch dazu kam er gar nicht.
Denn schon hatte sein ehemaliger Vormund den kurzen Abstand zwischen ihnen
überbrückt und zerzauste ihm mit einem flüchtigen Lächeln die Haare.
„Danke“, sagte er. „Ich weiß ich hab nichts leichtes von dir
verlangt.“ Nein, das hatte er wirklich nicht, doch Frau war sich ziemlich
sicher das er es nicht verlangt hätte, wenn es nicht wichtig gewesen wäre.
Und es war wichtig, das wusste er auch so. „Geh dich ausruhen...“
„Okay...“, erwiderte er seufzend und pflückte seine Hand von seinem Kopf,
hielt sie einen Augenblick länger als notwendig. Ein wenig widerwillig löste
sich Frau daraufhin von ihm und kehrte zum Schiff zurück. Auf der Rampe die
hinauf in dessen Bauch führte blieb er dann jedoch noch einmal stehen und sah
zu der Villa hinter der langsam die Sonne versank. Warum ihn Gido wohl nicht
hatte dabei haben wollen fragte er sich. Aber der Ältere hatte viel zu fertig
gewirkt, als das er ihn jetzt danach hatte fragen wollen. Dieser dumme Krieg.
An Bord fand er schon Diego, Kojetan und Shakir vor. „Wo ist der Boss?“,
fragte Kojetan und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
„Ehm... der kommt nach“, erwiderte er nur und rieb sich über das rechte
Auge. Bevor er die drei Gestalten vor ihm erneut musterte, da sie nicht
verschwanden und sich... was auch immer sie bis jetzt getan hatten zuwendeten.
„Gehts dir nicht gut?“, Shakir musterte ihn skeptisch, doch Frau
schüttelte nur den Kopf.
„Nein, also ich mein nein, mir gehts gut...“, log er und wandte den Blick
ab. Doch der skeptische Blick verschwand nicht. „Was denn?!“
„Wirklich?“
„Du siehst eher anders aus...“, fügte Diego hinzu.
Erneut wandte Frau seinen Blick ab. „Ach, das macht nur die Müdigkeit“,
er bemühte sich um ein schmunzeln und wandte sich zum gehen. Eigentlich wollte
er, schon allein aus Gewohnheit wieder zu Gido ins Zimmer. Doch irgendwie ließ
er sich davon abbringen und verzog sich zusammen mit den Anderen auf ihr Zimmer
und in die fast zu kleine Koje. Doch auch wenn ihn das rumgealbere ein wenig
ablenkte konnte er nicht einschlafen. Weswegen er dann schließlich auch wieder
aufstand und nach Gido zu suchen begann. Die Tür war geschlossen und die
Rampe eingeholt, aber in seinem Zimmer war er nicht. Frau wollte gerade kehrt
machen um in der Küche zu suchen, als ein Ruck durch das Schiff ging und er es
langsam vom Boden abheben spürte. Das Cockpit also. Mit einem seufzen steuerte
er es an. Es war schon mitten in der Nacht, wollte der Schwarzhaarige etwa
jetzt losfliegen? Sie sahen doch die eigene Hand vor Augen nicht. Na ja, das
konnte er ihn dann gleich immer noch fragen. In Gedanken versunken trottete er
durch die spärlich belichteten Gänge bis ins Cockpit und tatsächlich dort
stand Gido und gab irgendetwas in eines der Bedienfelder neben der Steuerung
ein. „Was machst du da?“, fragte er doch blickte an ihm vorbei in die
Dunkelheit der Nacht.
„Die Koordinaten eingeben, wenn wir dicht unter den Wolken fliegen sollten
wir für die Nacht sicher sein“, erwiderte er und klang ungewohnt müde.
„Und in deinem Zustand willst du fliegen?“, skeptisch verschränkte er die
Arme vor der Brust.
„Quatsch wir fliegen auf Autopilot“, mit einem Gähnen wandte er sich dem
Blondhaarigen zu und rieb sich die Augen. „Warum schläfst du überhaupt noch
nicht?“
„Könnt ich dich genauso fragen.“
„Ich hab zuerst gefragt, also spucks aus“, entgegnete er und trottete auf
ihn zu. Zusammen verließen sie das Cockpit wieder und schlenderten den kaum
beleuchteten Gang hinab, als ihm der Jüngere antwortete.
„Zu viele schlechte Erinnerungen...“, gab er zu und vergrub die Hände in
den Hosentaschen. „Mir ist nicht nach schlafen und bei dir?“
Eigentlich ging es ihm ähnlich, doch der Schwarzhaarige antwortete dennoch
etwas anderes. „Kam bisher nicht dazu.“
„Wenn du die letzten Tage ordentlich geschlafen hättest...“, doch weiter
kam er gar nicht, weil ihm der Ältere ins Wort fiel.
„Halt einfachs Maul“, knurrte er. „Was weißt du denn schon...“
„Ja, nichts wenn du mir nichts sagst“, entgegnete Frau, von seinem Ärger
völlig unbeeindruckt. „Ich schlaf bei dir einverstanden?“, doch es war
weniger eine Frage, als eine Feststellung von Tatsachen.
„Als ob dich irgendwas davon abhalten könnte“, Gido rollte mit den Augen
und betrat sein Zimmer. Er ließ sich aufs Bett fallen und war kurz nachdem er
die Augen geschlossen hatte auch schon eingeschlafen. Mit einem seufzen hatte
sein ehemaliger Schützling die Szenerie beobachtet. Er zog seinen Mantel und
seine Stiefel aus und wiederholte zweiteres bei dem Schwarzhaarigen. Ihm den
Mantel auszuziehen war ihm dann doch zu umständlich um die Uhrzeit und so
ließ er davon ab und legte sich zu ihm.
Auch bei ihm dauerte es nicht lange, bis er eingeschlafen war, und es war die
erste Nacht seit langem die er wieder träumte. Meistens hatte sein Schlaf auf
seinem bitter-süßen schwarzen Nichts bestanden. Manchmal hatte er in kurzen
Sequenzen von Teito geträumt oder von einer und manchmal auch zwei Gestalten
an die er sich nach dem Aufwachen nicht mehr erinnerte. Ähnlich war es im
wachen mit seinen Erinnerungen. Manche Dinge wusste er noch ganz klar, andere
kamen und gingen und an einige erinnerte er sich kurz darauf manchmal schon gar
nicht mehr. Doch dieses Mal träumte er von Teito, erst waren sie in der
Kirche. Dann kam der Moment wo ihn fest an sich gedrückt davonflog, weg von
Hyuuga und dem Auge und der Junge zappelte und schrie. Zuletzt eine Szene die
sich abgespielt hatte nachdem sie losgeflogen waren. Es war nichts bestimmtes,
er hatte ihn geärgert und der Junge hatte sie aufgeregt und sie hatten
herumgealbert. Eine Szene an die er sich gern erinnerte. Zuletzt träumte er
von einem kleinen blonden Mädchen, das kaum laufen konnte und deshalb von
jemanden an der Hand gehalten wurde. In seinem Traum hatte sie kein Gesicht, er
konnte es zumindest nicht erkennen und auch nicht die Gestalt die ihre Hand
hielt, als sie unbeholfen einige Schritte in seine Richtung tapste. Sie quiekte
vergnügt über diesen Erfolg, streckte dabei den kleinen Arm in seine Richtung
aus, als wolle sie zu ihm. Und irgendetwas sagte ihm das es genauso war. Doch
dieser kurze Moment der Unachtsamkeit reichte schon um sie stolpern und
hinfallen zu lassen. Fast sofort traten Tränen in ihre Augen, er wusste es
einfach und sie schniefte steinerweichend. Wimmernd streckte sie beide Arme in
seine Richtung aus und auch wenn er nichts lieber getan hätte, als diese Geste
zu erwidern konnte er es nicht. Sie dort sitzen und weinen zu sehen über den
Schreck und nichts tun zu können fühlte sich schrecklich an. Seine Arme
fühlten sich schwer an wie Blei und waren nicht vom Boden auf dem er saß
hochzukriegen, geschweige denn auszustrecken und selbst wenn, irgendetwas sagte
ihm das er sie auch so nicht hätte erreichen können. Es war beinahe zum
verzweifeln, bis er plötzlich sah wie zwei Hände, die allein aus Licht zu
bestehen schienen, nach der kleinen Gestalt griffen. Diese zweite Gestalt hatte
keine klaren Konturen und er konnte auch nicht erkennen wer es war. Sie war nur
etwas aus Licht geformtes das einem Menschen ähnelte. Sie war Gesichts-,
Geschlechts- und Namenlos, und sie nahm sich dieses Kindes an.
Eigentümlicherweise störte ihn das gar nicht. Irgendwie war er sogar froh
darum und langsam hob Frau den Blick um beide ansehen zu können.
„Frau, bist du wach?“, fragte Ayanami. Die Frage irritierte ihn, und falls
er etwas erwiderte, dann machte es wohl ebenso wenig Sinn wie die Worte des
Silberhaarigen. „Frau?“, jetzt war es Gidos Stimme die aus seinem Mund kam.
Verwirrt blinzelte er in das Gesicht des Schwarzhaarigen. Dieser saß auf der
Bettkante und hatte sich über ihn gebeugt.
„Gido...“, seufzte er in einem müden nuscheln, wobei man es kaum verstehen
konnte. Schläfrig streckte er sich und musterte den Älteren.
„Hast du schlecht geträumt?“ Ein Kopfschütteln antwortete ihm, nein,
eigentlich würde er das nicht behaupten. Sonderlich gut war das zwar auch
nicht gewesen. Fragend hob er seine Augenbrauen. „Hrmm“, brummte Gido
leise. „Weiß nich, schien irgendwie so...“ Erneut hob der Blondhaarige
eine Augenbraue, doch dann ließ er sich einfach wieder zurücksinken und
rollte sich auf die Seite. Er bekam dieses Bild einfach nicht aus seinem Kopf.
Ayanami mit diesem kleinen Mädchen auf dem Arm. Dabei konnte er nicht mal
sagen was es damit genau auf sich hatte. Schließlich gab Frau jedoch nur noch
ein undefinierbares Geräusch von sich und setzte er sich auf, da wurde ihm
allerdings auch schon ein dampfender Becher in die Hände gedrückt. Fragend
blickte er Gido an. Doch dieser schmunzelte nur. „Purer Eigennutz!“,
erklärte er zwinkernd und fügte hinzu. „Ich will doch das du mit mir
sprichst.“
Ein leises, amüsiertes Schnauben erklang, bevor sich der Blondhaarige langsam
daran machte zu trinken und sein Zunge von seinem Unterkiefer zu lösen.
„Worüber willst du den reden?“, fragte er schließlich, als er den Becher
fast zu zwei Dritteln gelehrt hatte.
„Nichts bestimmtes, ich hab nur nichts dafür übrig, mich mit jemandem zu
unterhalten der grad mal die Artikulation eines Höhlenmenschen besitzt“, ein
schiefes grinsen legte sich auf Gidos Lippen und er bleckte die Zähne. Frau
jedoch hieb ihm nur seinen Becher an die Schläfe und trank seinen Kaffee aus.
Es dauerte eine Weile in der Gido irgendwelche Akten bearbeitete die er auf
seinem Schoß hatte, für sich der Blondhaarige aber nicht weiter
interessierte. Schließlich brachte er aber dennoch etwas über die Lippen,
„ich hab irgendetwas komisches geträumt.“ Gido machte ein Geräusch das
auf seine Aufmerksamkeit schließen ließ und Frau stellte den Becher beiseite,
biss sich auf die Unterlippe. „Von drüben.“ Drüben war das Wort das sich
für die Bezeichnung seiner eigenen Welt eingebürgert hatte und manchmal
fragte er sich wirklich, ob er sich das alles nicht einfach eingebildet hatte
und gerade erst aus einem Jahrelangen Schlaf aufwacht war. Doch jetzt schien
der Ältere wirklich neugierig geworden und so ließ er ein leises seufzen
hören.
„Was denn?“, fragte er und wollte wissen worum sich dieser Traum wohl
gedreht haben mochte.
Langsam öffneten sich seine Lippen und er wollte etwas sagen, doch wusste
nicht genau wo er anfangen sollte. „Da war ein kleines Mädchen...“, vage
erinnerte er sich an dieses Kind, erinnerte sich daran das da irgendetwas
wichtiges war das er nicht vergessen durfte. Doch er kam nicht drauf. Er hatte
die Stirn in Falten gelegt und rieb sich einen Punkt zwischen den Augenbrauen.
„Sie hat geweint und... da war noch jemand, aber ich konnte die Gestalt nicht
erkennen“, fügte er hinzu und hoffte das Gido ihm das jetzt abkaufen würde.
„Hmmm...“, machte er überlegen und biss sachte ins Ende seines Stiftes.
„Weißt du denn nicht, wer das sein könnte?“ Sein Blick richtete sich auf
den Jüngeren, doch dieser wandte nur den Kopf ab. „Frau?“, fragte er sanft
aber mit Nachdruck, als er eine lange Weile gar keine Antwort bekam.
„Ich...“, zögerlich begann er schließlich wieder zu sprechen, „weiß es
nicht. Ich erinner mich nicht mehr.“ Frau seufzte und fuhr sich durch die
Haare. „Ich erinner mich noch an den Großteil von allem, aber alles bevor
ich hier aufgewacht bin... nun ja der Großteil davon is weg...“, murmelte er
und legte die Hände auf seine angezogenen Knie, krallte sich kaum merklich in
den Stoff. Gido antwortete nicht sofort, ließ nur mit einem leisen seufzen von
seiner Arbeit ab und strich durch die wirren blonden Strähnen. Er kaute immer
noch nachdenklich auf der Kappe seines Stiftes herum.
„Wirklich gar nichts?“, fragte er, als er spürte wie sich Frau an seine
Hand lehnte.
„Nein“, entgegnete dieser. „Manchmal fallen mir kurzzeitig Dinge ein die
ich nicht zuordnen kann, aber das ist schon alles.“ Eine Weile war es still,
beide waren am überlegen und schließlich wollte Gido einen Satz anfangen,
doch der Andere unterbrach ihn fast sofort wieder. „Ich denke, wenn ich
wissen will was mich hierher gebracht hat, muss mich daran erinnern was
passiert ist.“ Und nach einer weiteren kurzen Pause fügte er hinzu, „was
hat Gala gesagt?“ Denn auch wenn es ihm am liebsten wäre, er glaubte leider
nicht daran das er sich diese verhängnisvolle Nachricht nur eingebildet hat.
„Mhm, sie meinte wir müssten die Anderen benachrichtigen. Logischerweise
und na ja eigentlich nicht viel mehr. Ich muss mich darum kümmern das sie uns
nicht durch den Fleischwolf drehen, Gala wird sich wohl mit einigen anderen
darum kümmern das die Houses of God recht gut bei wegkommen. Jeder wird da so
seine eigenen Problemchen haben...“
„Also müssen wir jetzt dafür sorgen das die Inseln Bescheid kriegen. Nicht
wahr?“
„Ja, allerdings würd ich dieser Kirche von der du geredet hat tatsächlich
gern noch mal einen Besuch abstatten...“, als Frau davon gesprochen hatte,
war es ihm nicht so direkt aufgefallen. Aber jetzt meinte er ziemlich sicher zu
wissen welche er meinte. Wahrscheinlich war er nur nicht sofort darauf
gekommen, weil er sich nie für lange dort aufgehalten hatte und ihr auch sonst
kaum Beachtung geschenkt hatte. „Ich denke ich weiß doch ziemlich genau von
welcher du geredet hast. Mir war es nur nicht sofort klar...“ Nachdenklich
kratzte er sich am Hinterkopf. „Lass uns für einen Abstecher dahin machen.
Die Mannschaft kann die Ruhe vor dem Sturm gebrauchen und du könntest mir
erzählen was du alles über diesen Ort weißt. Vielleicht kommt dabei ja
tatsächlich sogar noch etwas rum, von dem ich nichts wusste. Schließlich
scheinst du ja auch ein recht guter Bändiger zu sein“, schmunzelnd streckte
er ihm seinen rechten Arm hin.
Und nun grinste auch Frau wieder ein wenig, er rückte ein Stückchen näher
und sah ihm über die Schulter. „Was machst du da eigentlich?“, fragte er
und hörte Gido seufzen. Der Stift hing für einen Moment über dem Papier,
bevor er eine weitere Zeile ausfüllte.
„Mich darum kümmern, das der Stapel auf meinem Schreibtisch kleiner wird
und das würd ich gern heute noch zu Ende bringen“, entgegnete er und entzog
sich den Küssen die Frau auf seinem Nacken verteilte. „Ernsthaft. Hast du
nicht was anderes zu tun?“
„Spielverderber“, seufzte Frau und streckte sich als er Aufstand. Leider
hatte der Schwarzhaarige nicht unrecht, er hatte tatsächlich etwas zu tun,
aber erstmal wollte er duschen. Danach konnte er sich immer noch um seine
Pflichten kümmern.
„Ach du weißt doch“, Gido machte es sich auf seinem Bett bequem und
arbeitete weiter ohne aufzusehen, während er schmunzelnd hinzufügte, „erst
die Arbeit dann das Vergnügen.“
Frau blieb stehen und wandte den Kopf in seine Richtung. „Ist das ein
Versprechen?“
„Hmm... vielleicht... unter Umständen, wenn du dich benimmst.“ Doch
darüber konnte der Angesprochene nur genervt stöhnen, schließlich wussten
sie beide das er gerade darin nicht sonderlich gut war.
Kapitel 10: Anders als Gedacht
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Wir mussten und gar nichts beweisen, denn wir glaubten das hier sei Spaß.
Gido sollte recht behalten, was die Kirche anbelangte. Er war schon öfters Mal
dort gewesen, nur hatte er sich wirklich nie die Mühe gemacht diesen Ort
genauer zu begutachten. Zumal das letzte gemeinsame Treffen dort auch schon eine
Weile her gewesen war. Und Frau sollte recht behalten was Bastién anbelangte,
dennoch sollten die Dinge nicht so laufen wie sie es sich vorstellten. Schon
allein ihre Ankunft sollte anders verlaufen als geplant.
Frau atmete tief durch und schielte zu Gido, es fühlte sich an als würde all
seine Opfer auf einem Haufen versammelt wiederfinden. Im ganzen Hof der Kirche
wimmelte es von Wunschjunkies und Neubesessenen, es waren sogar so viele das
selbst der Rest der Mannschaft unruhig umher blickten. Mütter die ihre Kinder
schützend an sich drückten versuchten einen Bischof zu finden der gerade nicht
alle Hände voll zu tun hatte, während die Schwester versuchten jeden verstört
wirkenden Umherirrenden zurück zu seinen angehörigen oder zu einer Bank zu
lenken, wo sie dann hoffentlich blieben. „Gido...“
Noch eine Stimme mehr, die sich an ihn wandte. Der Schwarzhaarige konnte Devaki
in seinem Arm rumoren fühlen, denn das hier, wäre für sie ein wahres
Festmahl. Doch er hatte nicht vor irgendjemanden zu fressen. „Okay Leute
Planänderung“, in die Hände klatschend wandte er sich zu seiner Mannschaft
herum. „Wir teil uns auf, zu zweit oder zu dritt, macht das unter euch aus.
Frau du kommst mit mir“, er konnte beobachten wie Shakir bei diesen Worten
eine Braue hob, doch er ging nicht darauf ein. „Gucken wir das den armen
Leuten hier helfen das Chaos zu lichten, verstanden?“
„Aye, aye Käpten!“, zufrieden hörte er die Worte durch die Runde gehen und
wandte sich dann wieder zu Frau der seinen Blick auf irgendetwas in der Ferne
gerichtet hatte.
Doch erst als sie sich eine Weile ihren Weg durch die Menschenmenge gebahnt
hatten sprach der Blondhaarige. „Lass uns rausfinden was hier los is... Die
ganzen Kors müssen doch irgendwo herkommen...“ Doch sein Blick war immer noch
auf die rothaarige Geisterfrau gerichtet die über eine Gruppe Menschen kreiste
und ihnen scheinbar irgendetwas verständlich machen wollte. Doch musste er
zugeben das er in diesem Fall ganz froh darum war nicht mehr Zehel zu sein, denn
er solche Ansammlungen von Menschen die von Kors befallen waren hatte er schon
immer gehasst. Besonders sollte es sich dabei um eine größere Ansammlung von
Adligen handeln, all diese Heuchler mit ihren dunklen Begleitern. Das war ihm
einfach zuwider. Gido allerdings schien ganz gut damit zurecht zu kommen, dachte
er zumindest, als er seinen Blick von Malou abwandte und diesem musterte.
„Meinst du wir können Fea ausquetschen?“, erkundigte er sich.
„Mit größter Wahrscheinlichkeit“, erwiderte er, während sie ihren mit
sanfter Gewalt und Ellbogenkraft durch die Masse kämpften. „Aber dafür
müssen wir ihn erstmal finden, also bleib nicht stehen, ich hab keinen Bock
dich suchen zu gehen.“ Er versuchte zu ignorieren das sich immer mal wieder
einer der Kors in seine Richtung drehte und meinte das Klacken ihrer knöchernen
Flügel fast schon hören zu können.
Doch genau das tat Frau als sie einen zur Seite hin offenen, dort mit Säulen
gesäumten Korridor hinab schritten. Ein kleiner Teil von ihm wollte Gido
Bescheid geben, doch für einen Moment konnte er nichts weiter tun als
dazustehen und den dunkelhaarigen Bischof der gerade den nächsten zu sich aufs
Zimmer holte anzustarren. Für einen Moment ließ Bastién seinen Blick
schweifen und traf den des Jüngeren. Doch bevor Frau irgendwie reagieren
konnte, hatte er sich auch schon wieder abgewandt und er spürte wie jemand an
seinem Arm zog.
„Ich hab gesagt nicht stehen bleiben, hörst du mir denn eigentlich nie
zu!?“, verärgert zog ihn der Schwarzhaarige mit sich.
Doch der Jüngere achtete gar nicht richtig auf ihn. Sein Blick folgte immer
noch Bastién und er musste sich fast den Kopf verrenken um noch sehen zu
können wie dieser wieder in seinem Behandlungszimmer verschwand. Erst dann
schaffte er es wieder seine Aufmerksamkeit vollends auf seinen ehemaligen
Vormund zu richtigen. „Tut mir leid...“, brachte er halblaut heraus und
brachte Gido mit einem Zug am Arm dazu langsamer zu gehen. „Da war jemand den
ich kannte.“ Frau bemühte sich um ein schwaches Lächeln, als ihn der Andere
anblickte. „Später, okay? Lass uns jetzt erstmal Fea suchen und herausfinden
was hier los ist“, fügte er dann hinzu und erstickte Gidos Frage, wen er nun
gemeint hatte, im Keim. Doch es dauerte noch eine ganze Weile bis sie den
blondhaarigen Bischof endlich durch einiges rumfragen fanden. Genauso wie alle
anderen Bischof hatte er sich in einem improvisierten Behandlungszimmer
eingerichtet und exorzierte einen Kor nach dem nächsten, doch es schienen
einfach nicht weniger zu werden.
„Gido?“, überrascht erhob sich Fea und ließ seinen nun gesunden Patienten
zurück in die Freiheit laufen. „Was machst du denn hier?“
„Lange rede kurzer Sinn, wir wollten einfach nur mal nen Kurzurlaub hier
machen – was zum Teufel ist hier passiert?“, Gido klang fast schon
entgeistert, als er das sagte und der Blondhaarige den nächsten ins das Zimmer
holte. Frau hatte sich währenddessen dazu entschied das Geschehen einfach
erstmal nur zu Beobachten.
Seufzend kniete sich der Bischof zu dem Besessenen auf den Boden und begann mit
dem Exorzismus. „Wenn ich das wüsste... wir haben von einem Tag auf den
anderen eine richtige Schwemme bekommen und seit dem scheinen eher immer mehr zu
werden, als weniger, ganz egal wie viele wir auch exorzieren...“ Fea seufzte.
„Tja, also Urlaub werdet ihr hier nicht finden.“
Gido schnaubte leise. „Das liegt wohl auf der Hand“, er kaute auf seinem
Zigarettenhalter rum. „Könn wir dir irgendwie helfen?“
„Naja...“, sein Blick glitt zu Frau und er runzelte die Stirn.
„Kein Drama, ich weiß Bescheid. Zwei schaffen mehr als einer, kann ich euch
irgendwie helfen?“, entgegnete er nonchalant und tat als ob ihn das alles
nicht so wirklich interessierte. Doch in Wahrheit hatte er sein Augenmerk schon
auf etwas gelegt. Leider trug Fea diesen Gegenstand dicht an seinem Körper und
er müsste ihn schon in einem unachtsamen Moment erwischen um ihn zu bekommen.
Seinen Pass. Frau wollte seinen Bischofspass, doch er wollte ebenso nicht
einfach danach fragen.
„Naja, dann...“, Fea zögerte. „Versuch draußen Mal ein wenig Ordnung zu
schaffen. Wir sind alle so beschäftigt, das keiner wirklich weiß wer nur
Angehöriger und wer wirklich betroffen ist. Es gibt hier mehrere kleine
Kapellen, versuch sie wenn möglich zu Warteräumen umzufunktionieren.“ Frau
nickte und gab ab und zu Mal einen Laut der Aufmerksamkeit von sich, während
Fea erklärte wie er sich das ganze Vorgestellt hatte, Wegbeschreibungen
inklusive. Dennoch sah er davon ab ihn darüber in Kenntnis zu setzen das er
sich hier eigentlich bestens auskannte. Das würde nur Erklärungen verlangen
die er jetzt nicht geben wollte. Vor allem löste es sein Problem nicht, er
brauchte schließlich Feas Pass um hier überhaupt zu etwas zu kommen. Aber
zuerst würde er wohl nicht drumherum sich um dieses Gedränge hier draußen zu
kümmern, wenn es doch wenigstens einen Weg gäbe zu unterscheiden wer nun
Besessen war und wer nicht. Denn leider ließ sich das nicht bei allen auf
Anhieb erkennen... Frau seufzte schwer und schloss für einen Moment die Augen,
doch als sie wieder öffnete hatte sich nichts an der vorigen Situation
geändert.
„Okay...“, murmelte er genervt und schnappte sich auf seinem Weg durch die
Menge Kojetan und Diego die er vor sich positionierte und auf den Rand des
Springbrunnens stieg.
„Was wird das Mick?“, fragte Kojetan.
„Ihr werdet mir helfen – Order vom Käpten“, das war zwar gelogen, doch
Gido würde es sicher nichts ausmachen, das er jetzt als seine Ausrede herhalten
musste. Frau legte zwei Finger an seine Lippen und stieß einen durchdringenden
Pfiff aus. Doch er war selbst überrascht als es daraufhin mit einem mal
plötzlich ganz still um sie herum war. „Okay...“, murmelte er zu sich
selbst und grinste leicht, während er sich die Hände rieb. Das war gut.
„Okay, Leute versuchen wir etwas Ordnung hier rein zu bringen! Alle die mit
mehreren Personen hier sind begeben sich jetzt da rüber“, er wies mit den
Daumen über seine Schultern hin zu zwei Kapellen die sich dort befanden, „die
Angehörigen in die linke Kapelle und die Betroffenen in die rechte und keine
Ausnahmen – einzige Ausnahme sind Mütter mit betroffenen Kindern die bleiben
bitte wo sie sind. Und damit kein Chaos entsteht werden diese beiden Gentleman
sie jetzt zu ihren Warteräumen begleiten!“ Mit diesen Worten wies er auf
Kojetan und Diego und legte ihnen die Hände auf die Schultern, wandte sich noch
einmal kurz und diesmal leise nur an diese beiden. „Guckt das ihr wirklich
alle Kors in eine Kapelle sortiert, es wird bestimmt welche geben die das
Zeichen verdecken und versuchen werden als Angehörige hier wieder
rauszukommen.“
Diego grinste jedoch nur und fuhr sich durch die blondgelockten Haare. „Du
hältst und wohl für blöd Kurzer – klar doch!“
Zufrieden beobachtete Frau daraufhin wie sich die Menschenmenge aufzuteilen
begann, doch er wartete noch einen Moment bis sich der anfängliche Tumult
gelegt hatte. „So und jetzt alle die allein hier, Wiederholungstäter und/oder
Programmteilnehmer sind die wenden sich bitte an diesen netten Herrn da
drüben“, er deutete herüber zu Shakir der ein wenig bedröppelt drein sah im
ersten Moment. „Er wird euch dort drüben hinbegleiten“, er wies auf eine
Kapelle seitlich von sich, wobei er hinzufügte, „dort werden sich die
Schwestern dann eurer annehmen.“ Er wunk Shakir zu sich herüber und erklärte
diesem als er bei ihm angelangt war, „sie werden nicht wollen, is mir
scheißegal was du ihnen erzählst, Hauptsache du kriegst sie da in die
Kapelle.“ Sein Blick huschte umher und er wunk mit seinem charmantesten
Lächeln das er zustande brachte einige der Schwestern heran, „hört mal wir
wollen euch ein wenig helfen das Chaos zu bewältigen, seid so gut und helft
meinem lieben Freund hier eure Patienten da drüben reinzukriegen, ja?“ Und
natürlich halfen sie, so das Frau beinahe das Gefühl bekam das das alles hier.
Anschließend schickte er noch Aleko nach um Shakir und den Nonnen zur Hand zu
gehen. Langsam begannen sich der Hof und der Garten tatsächlich auch zu leeren.
„Gut, dann kommen jetzt bitte mal alle Mütter mit ihren Kindern zu mir“,
erklärte er und wartete darauf bis sich die erschreckend große Menge besorgter
Frauen dicht vor dem Springbrunnen drängte. „Okay und jetzt folgen alle
anderen die sich bisher keiner Gruppe zugehörig gefühlt haben Ty dort drüben
hin!“, beorderte er die restliche Gruppe und sprang vom Rand des
Springbrunnen. „Bitte folgen sie mir meine Damen“, wandte er sich nun mit
einem charmanten Lächeln an diese und wies auf die Kapelle in die sie sich
begeben sollte. Doch auch wenn jetzt nur noch halb so viel Chaos herrschte war
einfach nicht genug Platz für alle. Zum einen das und zum anderen schienen
weder die Kors noch die Angehörigen viel davon zu halten ruhig darauf zu warten
das sie endlich dran kamen. Denn kaum wurde eine Tür geöffnet und nach dem
nächsten gerufen oder dieser herausgezerrt versuchten sich gleich eine Hand
voll weitere an seine Stelle zu drängen oder entwischten nach draußen so das
es bald nicht mehr viel anders aussah als schon zuvor. Die einzigen die wirklich
dort blieben wo sie hingeführt waren, waren die Mütter mit ihren Kindern, auch
wenn diese nicht besser waren wenn es darum ging wer als nächste dran war –
im Grunde waren sie eigentlich sogar noch schlimmer, weil sie mehr alle andere
bereit schienen sich gegenseitig die Augen auszukratzen. Seufzend fuhr er sich
durch die Haare und machte sich zurück auf den Weg zurück zu Gido und Fea die
mehr oder weniger gut voran zu kommen schienen.
„Wie läufts?“, fragte er und schloss die Tür hinter sich. Tat interessiert
an dem was der Hellhaarige tat, doch wollte eigentlich immer noch nur den
Bischofspass der an seiner Hüfte baumelte.
„So wie mans nimmt“, seufzte Gido und hob den Kopf. „Und bei dir?“
„Wie mans nimmt“, Frau zuckte mit den Schultern. „Ich wette gleich is das
Chaos wieder da, die Kors wollen nicht bleiben und alle kloppen sich drum als
nächstes dran zu kommen...“
Fea seufzte und half dem jungen Mann den er gerade befreit hatte wieder auf die
Beine, da er noch etwas wackelig auf den Beinen schien. „Warte ich nehm ihn
dir ab“, bot Frau an und nutzte die Chance um sich den Pass zu schnappen, als
er den brünetten jungen Mann abfing. Im gehen ließ er den Pass dann ungesehen
in die Innentasche seines Mantels gleiten und erklärte, „ich bring ihn raus
und die nächsten beiden rein.“ Gesagt getan, Frau schob eine Hand in die
äußere Manteltasche von wo aus den Pass auf der Innenseite ertasten konnte und
musste sich auf die Unterlippe beißen um nicht verschmitzt zu lächeln.
„Braucht ihr mich noch, oder soll ich mich wieder dem neu wachsenden Chaos
draußen kümmern?“, fragte er doch beide erklärten nur fast gleichzeitig er
solle sich wieder um das Chaos draußen kümmern. Seufzend verließ Frau also
wieder das Zimmer und hätte am liebsten irgendjemanden zur Sau gemacht als er
das Bild sah das sich ihm draußen bot. Denn es war schon das selbe wie schon
zuvor, die falschen versuchten die Kirche zu verlassen und alle anderen
versuchten sich Gegenseitig niederzutrampeln, nur um als nächstes dranzukommen.
Doch wäre es nicht um den Pass in seiner Tasche hätte ihn dieser Anblick jetzt
tatsächlich frustriert, aber jetzt konnte er ja endlich das tun was er schon
die ganze Zeit hatte tun wollen. Er konnte sehen wie sich die Anderen damit
abmühten die Ordnung beizubehalten und dort wo sie zerstört war wieder
herzustellen, doch der Blondhaarige wusste das das beinahe ein Ding der
Unmöglichkeit war. Es war schon ein halbes Wunder das es vorhin überhaupt
einigermaßen funktioniert hatte. Den Pass fest umklammert ging er zielstrebig
auf eine der Kapellen zu betrat diese. Erneut stieß einen durchdringenden Pfiff
aus. „Alle nochmal herhören, einer zur Zeit dauert zu lange, also sammelt
euch da mal irgendwie“, er wies auf den Platz vor dem Altar.
Doch anstatt zu tun was er sagte wandte ihm einer der umstehenden nur den Kopf
zu fragte desinteressiert, „wieso sollten wir auf dich hören du bist ja nicht
mal ein Bischof?“
„Bin ich wohl ihr Dumpfbacken!“, und damit zog er sein Kreuz und Feas Pass
hervor um diese der gaffenden Meute zu präsentieren. „Und jetzt Abmarsch und
keine zicken!“, mit diesen Worten deutete er wieder vor den Altar wo sich
murrend die Besessenen zusammenfanden.
„Und was jetzt? Du kannst uns ja wohl kaum alle zusammen exorzieren“, hörte
er erneut eine mürrische Stimme.
Doch Frau schnaubte nur und klemmte sich sein Kreuz zwischen die Zähne, als er
sich, den Pass immer noch fest umklammert, auf den Boden kniete. Er presste
seine Hände auf den kalten Stein und formte mit Hilfe seines Zaiphons einen
Kreis der die Gruppe umfasste. Um ganz ehrlich zu sein, hatte er auch selbst
keine Ahnung ob das klappte, schließlich hatte er das noch nie bei so einer
großen Gruppe auf einmal versucht. Doch es konnte ja im Grunde nicht viel
schwerer sein als damals wo ihrer aller Dunkelheit auf einen Streich dem
Erdboden gleich gemacht hatte. Nach und nach ergänzte er jedes der Zeichen die
es auch im Normalfall brauchte und hoffte das er keines davon vergessen hatte,
immerhin hatte er diese Methode danke Zehel schon seit Jahren nicht mehr
angewandt. Von irgendwoher meinte er eine Stimme zu hören die ihn fragte was
das werden sollte, doch hob er nur seine Hände ein wenig an, während sich ein
verzweigtes bläuliches Muster auf dem Boden innerhalb des Kreises bildete. Frau
hob den Blick und hob seine Hände in einer kurzen Bewegung, als er sich langsam
wieder aufrichtete. Er konnte nicht nicht individuell auf den Kor einlassen also
musste er jetzt möglichst großflächig arbeiten. Langsam hob er das Feld mit
an ließ die verwachsenen Linien aufwärts ranken und jagte sein Zaiphon mit all
seiner zerstörerischen Kraft durch ihre Körper, um die Dunkelheit wie mit
einem Kräftigen Stoß aus ihnen zu vertreiben. Leicht benommen stand er da und
starrte über ihre Köpfe wo sein Zaiphon gleichsam mit den Überresten der Kors
verging. Bastién wäre wohl stolz auf ihn wenn er das hätte sehen können,
dachte Frau und musste unwillkürlich bei diesem Gedanken grinsen.
„Nicht alle auf einmal, sonst bricht hier das Chaos aus...“, murmelte er
noch, während seine Augen für den Moment zuklappten und er sich gegen einer
Bänke lehnen musste, während die Meute aber schon an ihm vorbei in die
Freiheit stürmte. Wenigstens ließen sie die Kirche ganz, dachte er immer noch
leicht benommen, als er die Augen wieder öffnete. Es war doch anstrengender
gewesen als er vermutet hatte und um ganz ehrlich zu sein glaubte er auch nicht
das er das den ganzen Tag durchhalten würde.Und er sollte recht behalten. Schon
nach dem zweiten Versuch bei dem er sich dieses Mal der Mütter und Kinder
angenommen hatte fühlte er sich wie ausgelaugt, ganz zu schweigen davon es ihn
auch noch eine Menge seines Zaiphons gekostet hatte. Doch auch wenn sein Körper
nach einer Pause verlangte frustrierte ihn der Gedanke hier einfach nur nutzlos
rumzusitzen, weshalb er sich nun unzufrieden durch die kaum geschrumpfte
Menschenmenge auf dem Hof kämpfte. Bis ihn seine Füße schließlich nicht mehr
weiter tragen wollten.
Dort saß ein kleiner Junge, von vielleicht fünf Jahren neben seiner Mutter die
bewusstlos auf dem Boden lag. Er rüttelte an ihrem Arm und weinte, weil er
nicht verstand warum sie nicht wieder aufstand und ihn hier an diesem Ort mit
all den komischen Menschen allein ließ. „Maaamii“, schluchzte er, und dann
wieder, „Maaamii.“ Aber Mami würde würde nicht zu sich kommen.
„Maaaamiiii!“
Benommen rieb sich Frau die Stirn, als er sich umsah. Warum kümmerte sich denn
niemand um den Kleinen. Konnte denn niemand sehen das er Hilfe brauchte. Seine
Knie haben nach und er sackte unbeholfen auf dem Kies zusammen.
„Maaaamiiii!“
Erneut dieser gellende, weinerliche Schrei von dem er nicht ganz sicher sagen
konnte ob es nicht doch der Junge vor sich war, der sich einfach nur Gehör
verschaffen wollte. Zittrig holte Frau tief Luft, wobei er sich mit beiden
Händen übers Gesicht fuhr. „Mami“, jammerte die Stimme und für einen
Moment tauchte das lebhafte Bild eines kleinen weinenden Jungen vor seinen Augen
auf. Jünger als der kleine blonde Knabe der bis eben noch vor ihm gekniet
hatte, aber ebenso neben seiner regungslosen Mutter. Frau hatte keine Ahnung wer
dieser Junge sein sollte, dazu war das Bild zu flüchtig und dazu drehte es sich
in seinem Kopf auch viel zu sehr. Na gut, ein letztes Mal bevor er sich jetzt
ausruhte... dann würde er jetzt noch diesem kleinen Jungen helfen. „Mami
gehts gleich besser“, flüsterte er und strich dem Jungen über die Wange.
Tief durchatmend versuchte er sich ein weiteres Mal darauf zu konzentrieren den
Kor jetzt zu exorzieren. Er konnte es ja, er hatte es nicht verlernt, während
es ihm fast vorkam als würden sich seine Hände fast von allein bewegen und
Frau konnte beobachten wie sich die Kreise und Zeichen und unter seinen Fingern
zusammensetzen. Fast schon instinktiv wusste er wo er suchen musste, als sich
der Körper der Brünetten Frau ein paar Zentimeter vom Boden erhob und ein
vertrautes Gefühl durchströmte ihn. Als würde sein Zaiphon in alle Richtungen
strömen und kein halten kennen. Aber wollte er es denn überhaupt aufhalten?
Für einen Moment dachte er über diese Frage nach, doch entschied sich dagegen.
Nein, er wollte es nicht aufhalten. Er fühlte sich wie von warmem gleißenden
Licht umgeben und von irgendwoher schien wirklich so ein gleißendes Licht zu
kommen und nach und nach den ganzen Raum um ihn herum zu erfüllen, alles nach
und nach einzunehmen. Dabei nahm er alles andere um sich herum gar nicht mehr
war. Es gab nur noch ihn, diese junge Frau und den Jungen der mittlerweile
aufgehört hatte zu weinen und ihn nur noch ehrfürchtig anstarrte. Für den
Bruchteil eines Augenblicks hob Frau den Blick und erwiderte den des Jungen und
dann wurde mit einem Mal alles schwarz um ihn herum. Von irgendwoher hörte er
noch die langsam schwindende Stimme des kleinen Jungen der nach seiner Mutter
rief.
Atemlos nach Luft schnappend sank Gido in sich zusammen, krallte beinahe
unbemerkt von sich selbst eine Hand schmerzhaft in seine linke Hüfte. Für
gewöhnlich brannte sein Mal nicht. Für gewöhnlich fühlte er sich allerdings
auch nicht an, als würde jemand mit glühenden Ketten an seiner Seele zerren
nur ihn mit letztlich mit voller Wucht wieder zurück auf die Erde zu stoßen.
„Verdammte Scheiße was war das...?“, keuchte er und versuchte gar nicht
erst wieder aufzustehen. Sein ganzer Körper zitterte und das brennen machte es
auch nicht unbedingt besser.
„Ich weiß nicht...“, brachte Fea schließlich atemlos hervor. „Gehts dir
gut?“, fragte er und kroch, selbst noch ein wenig benommen zu Gido herüber.
„Geht gleich wieder...“, erwiderte dieser und schloss für einige
Augenblicke seine Augen. Was zum Teufel war das nur gewesen? Es hatte sich
angefühlt als würde dieses Licht alles böse und schlechte nicht einfach nur
verschlingen, sondern gleich auch noch in Stücke reißen wollen. Vielleicht war
das ja auch nur Einbildung, doch er meinte ganz genau gespürt zu haben wie es
die Ketten die ihn hier in dieser Welt hielten hatte zerreißen wollen. Er
würde sogar soweit gehen und wagen zu behaupten das er Zorn über den
schlussendlichen Misserfolg in dieser Kraft gespürt hatte. Aber wahrscheinlich
bildete er sich das wirklich alles nur ein. Eine gefühlte Ewigkeit blieben sie
noch auf dem Boden sitzen und erholten sich von dem Schrecken, waren am Ende
dennoch einige der ersten die sich wagten das Ausmaß des vermeintlichen
Schadens zu betrachten. Doch während Fea sich um den Menschen um sich herum
widmete, hatte Gido nur Augen für eine einzige Person. „Frau...“, hauchte
er und drängte sich durch die verwirrte Menschenmenge. „Frau!“, rief er und
diesmal lauter. Doch der blondhaarige rührte sich nicht, auch nicht als er ihn
an der Schulter rüttelte. Aber erst als er seinen Puls und seinen Herzschlag
spürte verklang der Schrecken langsam wieder. „Gott sei Dank...“, wisperte
er und drückte den Blondhaarigen fest an sich.
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