Born in the Dark von 13thBlackCat (Im Schatten geboren) ================================================================================ Kapitel 2: Sturm ---------------- „Ehrenwerter Kazekage, ich wurde gesandt, Euch dieses Geschenk als Zeichen der ewigen und unerschütterlichen Freundschaft meines ehrwürdigen Herrn, des Hokage der sechsten Generation, zu überbringen.“ Mit gesenktem Haupt und feierlicher Armbewegung überreichte der Bote dem Berater des Kage eine schmale längliche Holzschatulle, deren Verzierungen allein schon auf ihre Kostbarkeit hinwiesen. Der Berater brachte die Schatulle zu Gaara, der sie mit einem Nicken zur Kenntnis nahm und dem Boten in knappen Worten seinen Dank an den Hokage ausdrückte. Dieser würde diplomatisch genug sein und die Nachricht noch mit öligen Worten ausschmücken, bevor er sie seinem Herrn überbrachte. Und der kannte Gaara gut genug, um zu wissen, dass es alles nur ein einziges Theater war. Ebenso wusste Gaara, dass Naruto ihm nie von sich aus ein Geschenk machen würde. Vermutlich hatten die Ältesten ihn dazu gedrängt oder es vielleicht sogar ohne sein Wissen gesandt. Ihnen lag viel an der guten freundschaftlichen Beziehung zu Suna. Gaara langweilte es nur. Mit einem Wink entließ er den Mann, der sich unter zahlreichen Verbeugungen rückwärts entfernte, und unterdrückte, das Kinn in seine Handfläche gestützt, ein Seufzen, als der nächste Bittsteller kam. Wie er diese Audienzen hasste. Sie stanken nur so nach Falschheit und Heuchelei. Während der junge Mann von seinen Problemen mit seiner Frau berichtete, schweifte der Blick des Kazekages eher zufällig in die Richtung jener Schwarzhaarigen, die sich seit jenem Tag öfter in seine Gedanken schlich, als ihm lieb sein konnte. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre sinnlichen Lippen während sie aufmerksam den Ausführungen des Mannes lauschte und ihre bernsteinfarbenen Augen jede seiner Bewegungen verfolgten. Sie strahlte mit ihrer ganzen Körperhaltung eine natürliche Anmut aus. Seit nunmehr fünf Wochen beobachtete er sie immer wieder, ohne dass sie es bemerkte, doch ihm war seit diesem Vorfall nichts Beunruhigendes mehr aufgefallen. Immer häufiger zweifelte er, ob er sich diesen Ausdruck in ihren Augen nicht doch nur eingebildet hatte. Zwar musste er zugeben, dass es nicht eben typisch für eine Frau wie Mineko war, sich klammheimlich durch den Hintereingang in einer schmalen Gasse eines abgelegenen Stadtteils in ein Haus zu stehlen, doch was ihn eigentlich davon abhielt, seinen Verdacht fallen zu lassen, war ein unbestimmtes mulmiges Gefühl in seiner Magengegend, das ihn seitdem nicht mehr losließ. „Ich weiß, Herr, dass ich als Einwohner von Konoha eigentlich kein Recht auf Euren weisen Rat habe, doch bitte ich Euch, als Euer Gast, mir dennoch einen solchen zu gewähren.“ „Wenn du sie wirklich liebst, dann lasse sie gehen. Ihr Wohl sollte dir dann mehr bedeuten als deines. Und wenn du sie nicht liebst, dann hast du keinen Grund, sie noch länger an dich zu binden.“ Nicht, dass er auch nur im Entferntesten nachempfinden konnte, wie es in einem liebenden Menschen aussah. Er dachte dabei rein pragmatisch und bezog sich nur auf das Wissen, das er sich in vielerlei Gesprächen zu diesem und ähnlichen Themen angeeignet hatte. Danach bedeutete Liebe, dass einem Menschen ein anderer mehr bedeutete und wichtiger war, als er sich selbst und dass der Liebende den Geliebten mit seinem Leben schützen würde. Ein wirklich Liebender hätte diese Frage höchstwahrscheinlich gar nicht erst gestellt, doch da der Mann so lautstark seine Liebe beteuert hatte, war es vermutlich besser, es wenigstens in Betracht zu ziehen, dass er diese Frau wirklich liebte. Der Schwarzhaarige bedankte sich brav und wandte sich zum Gehen. Dabei traf sein Blick für den Bruchteil einer Sekunde auf gewisse bernsteinfarbene Augen. Sie lächelte noch immer, doch diesmal strahlte sie eine Ruhe aus, die der Rothaarige nie zuvor an ihr wahrgenommen hatte. Dann ging alles ganz schnell. Der Bittsteller machte auf dem Absatz kehrt und schoss auf den Kazekage zu. Sofort sprangen die Wachen auf, um ihn zurückzuhalten, doch sie waren nicht schnell genug. Mit erbarmungsloser Präzision flogen aus dem Nichts plötzlich hunderte Wurfmesser auf den Kage zu. Doch schon war sein Sand zur Stelle und blockte sie ab. Gaara sprang von seinem Sitz auf und formte sogleich Fingerzeichen für den Gegenangriff, als ihn von hinten ein Schlag mit solcher Wucht traf, dass er haltlos nach vorn stürzte, direkt auf seinen Angreifer zu. Dieser hielt einen langen schmalen Dolch in der Hand, dessen Spitze bedrohlich aufblitzte, als er sie nach vorn schnellen ließ. Im allerletzten Moment warf sich eine der Wachen zwischen den Kage und seinen Tod. Schon durchbohrte die Klinge punktgenau das Herz des Mannes, der ein letztes Mal mit grimmiger Entschlossenheit auf den Attentäter blickte, bevor er leblos zu Boden sank. In der Zwischenzeit hatten sich sechs weitere Wachen durch die fliehenden Menschen nach vorn durchgekämpft und stürzten sich nun auf den jungen Mann, der soeben mit wildem Blick das Messer aus dem Leichnam zog, um sich noch einmal auf den Kazekage zu stürzen. Es bedurfte eines nahezu übermenschlichen Kraftaufwandes der sechs Männer, ihn zu überwinden. Er wehrte sich wie ein Tier; wahnsinnig war sein Blick, seine Schreie unmenschlich. Gaara hatte sich inzwischen wieder gefangen und mit knappem Befehl brachte er seinen Sand dazu, sich um den Mann zu winden und ihn vollends ruhig zu stellen. Die Wachen traten zurück. Zwei von ihnen beugten sich über den toten Körper zu den Füßen ihres Herrn und trugen ihn an den Rand. In ihren Gesichtern zeigte sich tiefe Trauer. Der Mann war allen ein guter Kamerad und wahrer Freund gewesen. Umso hasserfüllter waren die Blicke, die sich auf den Attentäter richteten, welcher sie ebenso erwiderte. Da er aufgehört hatte zu schreien, gab der Sand auf Befehl seines Herrn seine Lippen frei. Ein niederträchtiges Lächeln lag auf ihnen. „Du wirst sterben, Kazekage.“ Gaaras Blick war kalt und emotionslos wie eh und je. Einer der Wachen trat einen Schritt vor. Man sah ihm an, dass er alle Energie darauf verwandte, den Attentäter nicht auf der Stelle zu töten, wie es ihm seine Wut eindringlich befahl. Er wollte gerade zu sprechen ansetzen, als ein Wink des Kage ihn verstummen ließ. Sein Blick verfinsterte sich noch etwas mehr und er trat zurück. „Wer hat dich dafür bezahlt?“ Der Mann schwieg, fixierte den Kage jedoch mit tödlichem Blick. Eine kleine Handbewegung und der Sand schloss den Mann fester ein. Ein leises Keuchen entfloh ihm, doch sonst ließ er sich nichts anmerken. Er hatte kaum noch genug Raum, um zu atmen. „Wer ist dein Auftraggeber?“ Seine Stimme war noch immer so ruhig, als gingen ihn die Geschehnisse gar nichts an. Der Mann schwieg eisern. Ein weiterer kleiner Wink. Ein markerschütternder Schrei. Jeder wusste, was geschehen war, obwohl niemand es sehen konnte: unzählige Dornen hatten sich ins Fleisch des Mannes gebohrt; für den Moment nicht lebensbedrohlich tief, doch zogen sie sich immer wieder ein Stück aus dem Körper zurück, um dann wieder hinein zustoßen, wobei sich die kleinen scharfen Widerhaken immer tiefer ins Leben schnitten. „Antworte mir!“ Zum ersten Mal war etwas wie unterdrückte Wut in der Stimme des Herrschers zu hören. „VERRECKEN sollt ihr, du und deine ganze verfluchte Familie!“ Die Stacheln drangen tiefer. Das Schreien wurde unerträglich. Aus dem Augenwinkel bemerkte Gaara eine Bewegung. Ein kurzer Blick zur Seite sagte ihm, dass Minekos Gesicht jegliche Farbe verloren hatte und sie mit gequältem Ausdruck aus dem Raum floh. Außer ihm schien niemand sonst dem Beachtung zu schenken. Alle Augen waren noch immer auf den Mann gerichtet, der sich aus seinem steinharten Sandgefängnis vergeblich zu befreien versuchte. Gaara kannte Menschen wie ihn. Fanatiker. Er würde nichts sagen, kein Sterbenswörtchen; egal, welche Qualen er auszustehen hatte. Kurzentschlossen ballte er die Hand fest zu Faust. Der Sand tat es ihm nach. Deutlich hörte man das Knacken der Knochen und einen letzten Aufschrei, bevor alles ruhig war. Mit sanftem Rauschen zog sich das Element des Kage zurück und ermöglichte so den freien Blick auf das unförmige Häufchen aus Blut, Fleisch und Knochen, das einmal ein Mensch gewesen war. Sofort traten zwei Wachen zu dem Toten und durchsuchten die Überreste nach Hinweisen zu seiner Herkunft. Allen war klar, dass er unmöglich tatsächlich aus Konoha stammen konnte. Warum hätte er sonst den Tod des Kazekage gewollt? „Richtet den Leuten aus, dass die Audienz für heute beendet ist.“ Ein Diener verbeugte sich und lief eilig davon. Gaara ließ sich wieder auf seinem Sitz nieder und betrachtete nachdenklich das Tun seiner Untergebenen. Er rief sich noch einmal die Abläufe ins Gedächtnis. Der Mann hätte trotz seiner außerordentlichen Schnelligkeit eigentlich keine Gefahr für ihn darstellen dürfen. Doch sein Sand hatte ihn nach dem Angriff mit den Wurfmessern nicht mehr beschützt. Warum nicht? Dann kam ihm der Stoß in den Sinn. Er hatte den Schwarzhaarigen die ganze Zeit vor sich gesehen. Es war ausgeschlossen, dass er sich hinter ihn geschlichen hatte. Er hätte eine Täuschung sofort erkannt. Es musste ein zweiter Feind anwesend gewesen sein. Und zwar in den eigenen Reihen... Augenblicklich ging Gaara gedanklich die Liste der Anwesenden durch. Seine Blicken schweiften in dem Raum umher, visierten jeden einzelnen, drangen durch ihn hindurch und suchten nach einem Anzeichen von Verrat. Nichts. Sie alle waren vertrauenswürdige Menschen. Dass er ihnen dieses Vertrauen dennoch nicht entgegenbringen konnte, lag nicht an ihnen. Einer seiner Männer trat an ihn heran. „Herr, wir können nichts finden. Es gibt keinerlei Hinweise auf seine Herkunft oder seinen Auftraggeber. Wir haben nur das Messer...“ Damit hielt er ihm die Mordwaffe hin. Gaara nahm sie entgegen und wog den Dolch mit gerunzelter Stirn in der Hand. Ihm war, als habe er etwas Wichtiges übersehen, doch er kam nicht darauf, was es war. Immer wieder ging er die Abläufe durch, ließ die Bilder an sich vorbeiziehen. Er konnte den Fehler nicht finden. Ein Poltern direkt neben ihm ließ ihn herumfahren. Ein schlaksiger junger Mann starrte ihn aus großen Augen erschrocken an. „E-Entschuldigt bitte, das war ein Versehen, i-ich wollte sie nicht hinunter stoßen...“ Mit fahrigen Bewegungen hob er die Holzschatulle wieder auf, die er im Vorbeigehen von dem kleinen Tisch gestoßen hatte, auf den Gaara sie gelegt hatte. Er setzte soeben den Deckel wieder auf, als der Kazekage ihm Einhalt gebot. Mit fragendem Blick sah der junge Mann auf. „Gib mir die Schatulle und dann mach´ dich wieder an deine Arbeit.“ Etwas verwirrt legte der Blonde das Holzkästchen in die Hand des Kage, verneigte sich noch einmal und ging dann davon. Unwillkürlich schloss Gaara die Finger fester um das Schmuckstück und atmete einmal tief durch. Das war es, was er übersehen hatte. Noch einmal betrachtete er die Schatulle, bevor er sie nach kurzem Zögern öffnete. In ihrem Inneren zeichnete sich, mit edler roter Seide ausgepolstert, die Form eines langen schmalen Dolches ab. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)