Chasing The Challenge von -Miaka- (Puzzleshipping (Yami x Yugi)) ================================================================================ Kapitel 1: Oh Nein! ------------------- Kapitel 1 -Oh Nein! (http://www.fanfiction.net/s/7748449/1/) „Danke, Yugi, Liebling. Du weißt, wir wissen das wirklich zu schätzen.", lobte seine Schwester, während sie versuchte, die Schnürsenkel ihres vier Jahre alten Sohnes zu einem Knoten zusammenzubinden.   „Jep, kein Problem.", sagte Yugi gehetzt, während er durchs Haus flitzte und sich anstellte, seine Krawatte eher schlecht als recht zu binden. Er hasste Krawatten. War doch totale Zeitverschwendung. Was wäre denn das Problem, wenn man einfach ein Hemd ohne dieses verdammte Ding tragen würde? Oh aber na ja, wahrscheinlich sollte er eher dankbar dafür sein, dass er wenigstens keinen Smoking oder Anzug tragen musste, wie es die meisten an ihrem ersten Arbeitstag.   Was seine Schwester Mai und seinen kleinen Neffen betraf, na ja, das war eine lange Geschichte. Ihr Idiot von einem Ehemann hatte sie schnellstmöglichst verlassen, sobald er einen besseren Job in Amerika angeboten bekommen hatte. Er war natürlich direkt losgestürmt, ohne einen einzigen letzten Blick auf das Leben, das er hinter sich ließ. Und das bestand nun aus einer betrogenen und alleinerziehenden Mutter mit einem Sohn und keinem roten Heller in der Tasche. Yugi hatte Mais früheren Ehemann Duke nie besonders gemocht. Er war schon immer ein Aufreißer und ein Spieler gewesen, dennoch hatte Yugi nicht versucht Mai von ihrem Vorhaben ihn zu heiraten abzuhalten. Er wusste, dass das Glück seiner Schwester an erster Stelle stand.   Aber sie wäre wahrscheinlich glücklicher gewesen und vor allem heute besser dran, wenn er sie gewarnt hätte.   Das war nicht der einzige Grund, weshalb er ein Problem mit Duke hatte. Dessen bester Freund in der Highschool war nämlich zufälligerweise der berühmt-berüchtigte Yami Sennen gewesen, die einzige Person, die Duke in Sachen Aussehen und Fähigkeiten als Frauenheld noch übertreffen konnte. Und der hatte wirklich jede Gelegenheit Yugi mit seinem dummen, arroganten Grinsen und seiner Schauer produzierenden Baritonstimme auf die Nerven zu gehen beim Schopf ergriffen und da Yugi der Streber der Schule gewesen war, hatte er da so einiges an Folter über sich ergehen lassen müssen.   Yugi fluchte gedanklich, nachdem er sich schnell seine schwarzen Schuhe angezogen hatte und endlich damit begann, seine Aufmerksamkeit konzentrierter auf seine verdammte Krawatte zu richten.   „Yugi, Stopp." Er hob den Kopf an und sah in die besorgt wirkenden, violetten Augen seiner Schwester und ließ seine Finger, die eben noch so hektisch versucht hatten, den Knoten zu binden, ruhen. Sie schüttelte mit dem Kopf und griff nun selbst mit ihren Fingern nach der Krawatte, um sie um seinem Hals festzubinden. Yugi fühlte sich unwohl dabei, war ihr aber trotzdem dankbar.   „Yugi, bist du sicher, dass du das tun willst? Du bist so schon gestresst wegen der Rechnungen und jetzt musstest du auch noch damit fertig werden, dass wir so lange hier geblieben sind. Nimm dir doch heute mal eine Auszeit ...", sagte sie, während sie auf seine jämmerliche Gestalt herabsah. Es stimmte, er hatte sich diese paar letzten Monate den Arsch abgearbeitet, genauer gesagt schon seit dem Tag, an dem er das College beendet hatte - seit diesem Tag war sein Leben offiziell vorbei.   Yugi schüttelte nur heftig mit dem Kopf und sah dann zurück in die Augen seiner Schwester.   „Nein, Mai. Erstens, ich muss nie mit euch 'fertig werden', ich hab dich und Ethan gerne bei mir und es ist nicht eure Schuld, sondern wennschon Dukes, dieser Dreckskerl. Zweitens, heute ist mein erster Tag als Polizist, den kann ich nicht einfach mal eben ausfallen lassen, nur weil mein Leben bisher kein reines Zuckerschlecken war. Das ist schon okay, mach dir keine Sorgen." Am Ende lächelte er und zog seine Schwester in eine für sie beide längst überfällige Umarmung. Diesen Moment hatten sie sich nach allem, was sie beide durchmachen mussten, verdient.   „Oh, Yugi ... du wirst dich nie ändern, was, kleiner Bruder?" Mai seufzte und hielt ihren jüngeren Bruder einige Sekunden länger in ihren Armen, bevor dieser sich sachte daraus löste, um auf die Uhr zu sehen und die Stirn zu runzeln.   „Ich komme zu spät, wenn ich noch länger hier bleibe. Pass auf Ethan auf, Mai. Und wenn du irgendwelche Probleme haben solltest, ruf mich an." Er gab seiner Schwester einen flüchtigen Kuss auf die Wange und lief dann zu seinem Neffen, um die ganze Prozedur zu wiederholen, bevor er schnellen Schrittes aus der Tür stürzte.   Mai starrte die Tür an, aus der Yugi erst vor wenigen Sekunden verschwunden war. Sie seufzte, schüttelte mit dem Kopf und hob ihren vier Jahre alten Sohn auf ihren Arm. „Ich weiß, Kleiner, ich weiß ... dein Onkel ist ein Verrückter, was?" Das Baby kicherte zustimmend und klammerte sich weiter an seine Mama.   oOo   Yugi rannte so schnell seine kleinwüchsigen Beine ihn tragen konnten, ließ die die Tür der Polizeistation weit aufschwingen und hetzte weiter zum Empfang.   „Es tut mir echt so leid, dass ich so spät komme, ich hatte einen ziemlich hektischen Morgen. Darf ich trotzdem reinkommen?", stammelte er und fühlte sich wie ein Idiot. Noch während die Worte über seine Lippen kamen, bemerkte er das Lächeln, das plötzlich auf den Gesichtern der Arbeitenden leuchtete wie ein Sonnenstrahl. Muss ich dann auch jeden Tag so lächeln? Der Gedanke daran Barbie spielen und jeden vorbeikommenden Bürger wie irgendein armer Irrer angrinsen zu müssen, ließ ihn mental zusammenzucken.   „Ja, aber sicher doch! Ähm …"   „Yugi Mutou." Er nickte.   „Natürlich! Na ja, es hängt von Ihrem neuen Boss an, ob er Sie feuert oder nicht, aber ich versichere Ihnen, alle hier sind sehr freundlich! Ich bin sicher, dass Sie eine zweite Chance bekommen, also machen Sie sich nicht allzu viele Gedanken." Der Mann winkte ab, stand von seinem Stuhl auf und wies Yugi aus der Tür und in einen Raum voller Tische und aufmerksam arbeitender Menschen. Das war genau, was Yugi wollte, den ganzen Tag arbeiten, wirklich hart arbeiten und dann heim kommen und wie ein Stein schlafen - und das für den Rest seines Lebens ganz genauso wiederholen. Und das Lustige daran war, …   ...es war nicht sarkastisch gemeint.   „Wir sind da! Yugi Mutou, Ihr neuer Chef." Er trat zur Seite, sodass sie sich miteinander bekannt machen konnten.   Yugi sah auf. Er fühlte einen Anflug von Aufregung in Angesicht dessen, dass er die Person treffen würde, für die er (und hoffentlich eine ganze Weile lang, denn neuerdings war es aufgrund der Ökonomie schwer, einen Job zu finden) arbeiten würde. Aber der Anblick, der sich ihm bot, ließ seinen Atem entsetzt stocken und sein Herz für einen Moment schmerzlich aussetzen.   „Oh Nein ...", flüsterte er.   Ein Grinsen traf ihn. Ein boshaftes Grinsen, das er nur allzu gut kannte.   Yami Sennen … „Oh Ja." Fortsetzung folgt ... Kapitel 2: Ein Mahl mit dem Teufel ---------------------------------- Kapitel 2 – Ein Mahl mit dem Teufel (http://www.fanfiction.net/s/7748449/2 (http://www.fanfiction.net/s/7748449/2) ) Yugi vergrub sein vor Wut hämmerndes, rotes Gesicht in seinen Handflächen. Er konnte es nicht glauben! Was hatte er getan, dass er solch ein Schicksal verdiente? Yami war schon zu Highschoolzeiten schlimm genug gewesen, aber wenn man bedachte, was er ihm jetzt als Erwachsener alles antun könnte! Oder vielleicht, falls Yugi Glück hatte, war Yami ... reifer geworden. Ein kurzer, verstohlener Blick aus der Sicherheit seiner Hände bewies ihm das Gegenteil, als er dem süffisanten Grinsen des Anderen begegnete. Vielleicht würde er ja aufhören zu atmen, wenn er sich seine Handflächen noch ein wenig fester ins Gesicht drückte... „Yugi, ich weiß, dass du da drin bist.“ Yami lachte in sich hinein und lehnte sich zu Yugi, der betreten hinter seinem neuen Schreibtisch saß, hinunter, bis er mit ihm auf Augenhöhe war. „Geh weh!“, schrie Yugi gegen die Innenseiten seiner Hände und versuchte dabei, so ernst wie möglich zu klingen, was ihm jedoch nicht gelang, denn der vermeintliche Befehl klang in Yamis Ohren eher wie alles andere als das. 'War ja klar, dass ich von allen, für die ich hätte arbeiten können, natürlich an Japans Trottel Nummer eins gerate.' Yami hatte letztendlich genug und streckte seine gefühllosen Hände nach Yugis aus, um sie sanft aus dessen makellosem, wie aus Porzellan gemacht wirkendem Gesicht zu nehmen. Yugi wehrte sich, doch leider hatte Yami mindestens dreimal so viele Muskeln wie er und konnte dem schwachen Widerstand des Anderen ohne Probleme standhalten. „Ich sagte GEH WEG, VERDAMMT!", knurrte er und wand seine Hände aus dem Griff des Anderen, wobei er diesen mit besagtem Körperteil aus Versehen im Gesicht traf. Yami stöhnte vor Schmerz auf und hielt sich leicht seine verletzte, rote Wange. Yugi fühlte einen Anflug von Schuldgefühlen über sich hereinbrechen, über den er jedoch schnell hinwegkam, als ihm klar wurde, wie sehr der Größere es ja eigentlich auch verdient hatte. Yugi war es gewohnt, der Klügere zu sein und die Vergangenheit beiseite zu schieben, aber bei allem, was in irgendeiner Weise mit Duke in Verbindung stand, fühlte er sich nicht so nachsichtig. „Willst du unbedingt gefeuert werden?" Yamis Stimme klang gefährlich tief, als ob eine andere Person den Platz, an dem er gerade noch stand, eingenommen hatte. Yugi gab zu, es machte ihm ein wenig Angst. Sogar damals, als Yami ihn in der Schule geärgert hatte, hatte seine Stimme immer ruhig und locker geklungen, ganz anders als jetzt. Obwohl es irgendwie ... beängstigend war, würde Yugi es ganz sicher nicht zeigen. Nicht vor diesem Arschloch. „Eigentlich klingt das gar nicht mal so schlecht.", knurrte er mit zusammengebissenen Zähnen und versuchte, seinen berüchtigten Zorn auf ein Minimum zu halten, um die hart arbeitenden Angestellten um sie herum nicht zu stören. Irgendwo tief im Inneren taten ihm Yamis Mitarbeiter leid. Wahrscheinlich gingen sie jeden Tag, an dem sie für ihn hatten arbeiten müssen, mit dem überwältigenden Drang, jemanden zu erschießen, nach Hause. Yamis steife Miene brach in Gelächter aus, Euphorie funkelte in den rubinroten Augen. „Yugi Mutou, du schaffst es immer wieder, mich zu verblüffen." Der Ton in seiner Stimme klang weich und ehrlich. Und er saß. Yugi fühlte, wie sein Gesicht sich erhitzte und knallrot wurde. Schon Andere hatten so über ihn geredet. Mai zum Beispiel und sein Professor bei seinem Schulabschluss. Doch nichts davon hatte ihn so ... so ... wahnsinnig wütend gemacht! Was für ein Spiel spielte der Typ eigentlich mit ihm? Yugi wollte nichts von Yami wissen, nie mehr in seinem langen, stumpfsinnigen, einsamen Leben. Und noch viel weniger wollte er dessen Schmeicheleien hören. „Hör zu, du kannst mich feuern, du kannst mir auch für den Rest meiner Zeit hier all deinen Papierkram aufhalsen oder allen von meiner demütigenden Zeit in der Schule erzählen, aber bitte tu' mir einen Gefallen und lass mich verdammt nochmal in Frieden!", knurrte Yugi abermals tief und fing an, Ordner aus einer Schublade seines Schreibtisches zu räumen. Und das in einer Geschwindigkeit, bei der sogar einer Katze schwindelig geworden wäre. Yami tippte sich nachdenklich ans Kinn und war scheinbar mit der Idee beschäftigt, sich den Anderen als persönlichen Sklaven zu halten. Mit dem konnte man einfach nicht reden. Am Ende war aber genau das der Punkt, an dem sich das Blatt plötzlich wendete. „Nun ja ... wenn ich dich entlasse, kann ich ja nichts von alledem tun, was du so schön vorgeschlagen hast. Wenn ich aber all meine Arbeit auf dich abwälze, würdest du das viel zu sehr mögen, so als der Workaholic, der du ja nun mal bist." Er grinste nur, als er Yugis völlig eingeschüchterten, trotzigen Blick sah. „Und was das Dritte angeht, so unreif bin ich nun auch wieder nicht.“, beendete er und setzte sich auf Yugis Seite des Tisches, wie zum Versprechen, dass er ganz genau nirgendwohin gehen würde. „Da wäre ich jetzt fast drauf 'reingefallen.“, zischte Yugi giftig und knallte die schmale Schublade in einem plötzlichen Anfall von Wut zu. Yami seufzte. „Okay, Zeit für deinen ersten Arbeitstag." Yugi war sichtbar erleichtert über diesen Satz. Gott sei Dank! Er würde Berge von Arbeit brauchen, um diese ... von Yami hervorgerufenen Kopfschmerzen loszuwerden. Vielleicht würde er jetzt endlich aus seiner Nähe verschwinden, dachte er mit boshafter Vorfreude, kurz bevor seine Laune wieder sank, als er sah, wie sein neuer Boss die Ordner, die er erst vor wenigen Minuten herausgenommen hatte, zur Hand nahm und wieder wegräumte. „Was machst du da? Wie soll ich ohne die arbeiten?“, rief Yugi verzweifelt und versuchte, zum wiederholten Male in das Schubfach zu greifen. Yami jedoch fasste ihn fest am Handgelenk und hielt ihn so aus Affekt vom Schubladengriff fern. Yugi sah zu Yamis hinterhältigem Grinsen auf und fühlte, wie die Angst sich ihren Weg durch seinen Magen hoch zu seiner Kehle bahnte. „Wer hat denn was von Dokumenten und Ordnern gesagt? Hör zu, Yugi, wenn du hier überleben willst, solltest du wissen, dass das nicht die Art von Arbeit ist, die wir in diesem Abteil machen.“, erklärte Yami ruhig, jedoch nachdrücklich und schien damit wie das komplette Gegenteil von Yugis verblüffter Miene. Es wirkte, als ob dieser sich jeden Moment das nächste Messer greifen und dann immer wieder auf Yami einstechen könnte. „Was meinst du mit 'Nicht die Art von Arbeit, die wir in diesem Abteil machen'! Ich hab's auf dem Bewerbungsbogen doch gelesen!“, stritt Yugi und sprang von seinem neuen Schreibtischstuhl auf. Yami rollte nur mit den Augen, lachte und lief zu seinem eigenen Schreibtisch, um seine Waffe zu holen (was Yugi dann doch ein wenig beängstigte) und sein Portemonnaie. „Ja, Yugi, eigentlich sollten wir das tun, aber wir lassen es einfach. Wir brauchen keinen Papierkram. Das ist doch sowieso total hoffnungslos und hat das je geholfen, einen Fall zu lösen? Nein, noch nie.“, ächzte er und lud seine Pistole nach. Yugi schmollte und kreuzte die Arme vor der Brust, um wie jemand auszusehen, vor dem man Respekt haben sollte, wirkte dabei letztendlich aber eher wie jemand, den man knuddeln wollte. „Ein Grund mehr! Wenn ihr eure Zettelwirtschaft schon nicht beherrscht, dann lasst sie mich doch einfach machen. Irgendwer hier muss ja mal ein wenig Verantwortungsbewusstsein zeigen.“, schnaubte er wütend, drehte sich um und versuchte abermals die Schublade zu öffnen. Er würde verdammt sein wollen, wenn er diesen Job verlor. Yugi hatte gewusst, dass Yami sein Angebot, ihn zu feuern, ablehnen würde, um ihn weiterhin foppen zu können. Und wenn Yugi wirklich nicht hier sein wöllte, hätte er einfach gekündigt. Das allerdings konnte er sich mit seinem kleinen Neffen und seiner Schwester, die beide momentan bei ihm lebten, wirklich nicht leisten. Schon hatte Yami den Weg zurück zu Yugis Schreibtisch gefunden und dessen dünnes Handgelenk wieder fest umgriffen. „Ich meine es ernst, Yugi-chan." Als er seinen alten, vertrauten Spitznamen von damals hörte, erreichten Yugis Emotionen förmlich ein Rekordhoch. Dies war eine weitere von Yamis Methoden, den armen Jungen zur Verzweiflung zu treiben, zudem war es der eine Kosename für Yugi, der ihn jedes Mal gleichzeitig verwirrte und wütend machte. Er fühlte die Verlegenheit, die Wut und die Reue, aber vor allem fühlte er sich geschmeichelt ... und wusste nicht warum. „Nenn mich nicht so!“, knurrte Yugi gefährlich und befreite seinen Arm ein zweites Mal aus Yamis Griff. In einer Minute würde er diesen mehr als nervigen Typen niederschlagen. Nicht, dass das irgendetwas ändern würde, denn Yami würde Yugi jetzt wohl ohnehin nie mehr aus diesen Sticheleien entkommen lassen. Und nach all den guten Jahren 'Yami-freien Lebens' war er nun anscheinend komplett in die Enge getrieben. Yami zuckte mit den Schultern und lief zurück in Richtung der Doppeltür des Empfangs. „Kommst du, Aibou?“, rief er. 'Aibou?', dachte Yugi mit hochgezogenen Augenbrauen. 'Super, genau was ich brauche. Noch einen mädchenhaften Spitznamen.' Obwohl widerwillig, bewegten sich seine Beine letztendlich doch zu Yami. Zu seiner Rechtfertigung, und damit er nicht aussah wie sein Weibchen, folgte er Yami nur aus der flüchtigen Angewohnheit, die Befehle eines Vorgesetzten zu befolgen. Nicht, dass Yami ihm irgendwie überlegen war, abgesehen von den Muskeln und den Frauen und der Größe und – ihr wisst schon. „Wo gehen wir hin?“ Das war wahrscheinlich das Erste, das Yugi an diesem Tag weder aus Hass noch Gehässigkeit sagte und überraschenderweise merkte er, wie seine Wut langsam begann abzuklingen, während sie die dunkelblaue Polizeiwache verließen. Yami gab keine Antwort. Er lief stattdessen stetig weiter den Gehweg entlang und starrte mit selbstgefälliger Miene geradeaus. Plötzlich fühlte Yugi, wie die Wut verzehnfacht zu ihm zurückkehrte. "Sag's mir oder ich komm‘ nicht mit!", knurrte er, nachdem sein letzter Geduldsfaden gerissen war. In Wahrheit genoss er die Tatsache, dass Yamis sexy Stimme gerade nicht in seinen Ohren klang. Sah man einmal davon ab, dass eben diese Stimme es schaffte, ihn komplett von seinen Gedanken ablenken zu können, so bedeutete es auch, dass er sich glücklicherweise mal keine Beleidigungen aus dem Mund des Anderen anhören musste. Trotzdem würde er sich nicht blind von seinem lebenslangen Erbfeind durch die Stadt führen lassen. Er vertraute Yami überhaupt nicht. Wenn er ein zweites Mal unachtsam sein würde, war er sicher, dass Yami ihn wahrscheinlich in eine Gasse stoßen oder einer Gruppe Verbrechern als Knastköder überlassen würde. Allein der Gedanke daran jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Davon angetrieben begann Yugis unvernünftige Seite sich kundzutun. „Gut! Ich mache hier nicht mit! Ich KÜNDIGE!“, brüllte Yugi, machte eine 180-Grad-Wende auf dem Absatz und lief in die Richtung zurück, aus der sie kamen. Er hatte genug von den Leuten, die ihn mit Füßen traten. Und auch Yami sollte das wissen. Yami schmunzelte. „Temperamentvoll wie eh und je." Yugi drehte sich herum und war nun durch Yamis doppelpolige Reaktion und seine unausgesprochenen Beweggründe restlos verärgert. Jeden Moment würde er zu ihm gehen, ihm die Waffe aus den Händen reißen und ihn geradewegs erschießen. Das Einzige, was ihn davon abhielt, war das charmante Lächeln auf dem Gesicht des Anderen. Verführerisch wie immer. 'Was, wenn ich ihm das Lächeln einfach aus dem Gesicht schlage?', dachte Yugi boshaft. Inmitten seines inneren Konfliktes darüber, ob er Yami nun umbringen oder nur schlagen sollte, bemerkte er, wie er sich mit großen Schritten wieder zu seinem nervigem Boss zurück bewegte. „Ich habe Rechte! Du und deine unreifen, kleinen Groupies haben mein gesamtes Highschool-Leben unerträglich gemacht! Warum sollte ich dir folgen und nach deiner Pfeife tanzen! VOR ALLEM, WENN DU MIR NICHT MAL SAGEN KANNST, WOHIN WIR GEHEN!“, schrie Yugi. Er wusste, dass er ein ganz klein wenig überreagierte. Aber all das hatte er jahrelang verschwiegen. Weil er seine Wut nicht an Anderen auslassen wollte, war er still geblieben, aber jetzt war Yami hier - die perfekte Gelegenheit, ein wenig vom dem Stress, den er so lange mit sich herumgetragen hatte, abzubauen. „Weil du für deine Schwester und deinen kleinen Neffen alles tun würdest, deshalb kannst du es nicht riskieren, diesen Job zu verlieren, ganz egal wie sehr du ihn jetzt schon hasst.“, antwortete Yami kaltlächelnd. Yugi rang nach Luft, als er die exakt zutreffende Antwort hörte und bemerkte, wie viel der Andere eigentlich wusste … auch wenn … wie zum Teufel –nein-- WOHER zum Teufel hatte er diese Information! Und was dachte er eigentlich, wer er sei, dass er ihm hier erzählte, was er selbst längst wusste! „Ich weiß mehr als du denkst, Yugi. Hab' ich schon immer.“, murmelte Yami still, fast unhörbar, doch zum Glück hatte Yugi ziemlich gute Ohren. Yami fing langsam wirklich an, ihm auf die Nerven zu gehen. Erst führt er sich auf wie der letzte Arsch und dann denkt er, er könne die Rolle seines verfickten Schutzengels oder so spielen! Aber in einer Sache hatte er Recht. Yugi brauchte den Job und egal wie sehr er es auch wollte, Kündigen war keine Option für ihn, ebenso wenig gefeuert zu werden. „Schwachsinn!“, zischte Yugi, drehte den Kopf weg und schlang die Arme um seine Brust, als sein Körper bemerkte, wie niedrig die Temperaturen eigentlich waren. Die Wut musste ihn so sehr aufgeheizt haben, dass die Luft draußen nichts weiter als eine kleine Unannehmlichkeit für ihn darstellte. Yami hielt an und drehte sich noch immer lächelnd zu Yugi um. „Wolltest du nicht kündigen? Oder hab ich's endlich geschafft, zu Yugi Mutous Dickschädel durchzudringen?“ Yugi errötete von Kopf bis Fuß. Verdammt, das hatte seinen Stolz verletzt. Na ja, es hatte keinen Sinn, noch länger zu jammern, Yami würde es ihm sowieso nie vergessen. Das tat er schließlich nie. „Sagst du mir, wohin wir gehen? Oder hast du vor, mich in eine dunkle Gasse zu bringen und mich dir dort gefügig zu machen?“ Yugi starrte ihn zornig an und wartete darauf, dass Yami bei solch einem ekelerregenden Gedanken ins Stocken geriet, doch überraschenderweise … erhellte Yamis Miene sich mit einem gefährlichen Grinsen. „Nun ja, das war nicht der eigentliche Plan, aber wenn du darauf bestehst.“, sagte er heiser und das Grinsen kam seinen Augen mit jedem gesprochenen Wort näher. Yugi wurde rot wie eine Tomate. Klar, er hatte eine scherzhafte Antwort erwartet, aber eher etwas wie: „Wie du willst." oder „Tut mir leid, Yugi, ich bevorzuge das andere Ufer.", aber dass er mit ihm flirtete, damit hatte er wirklich nicht gerechnet! Andererseits wusste er, brauchte er nicht überrascht sein, Yami war damals schon der Playboy Nummer Eins gewesen, aber normalerweise waren es keine Männer gewesen, hinter denen er her gewesen war ... NICHT, dass er irgendwie hinter Yugi her war! Nein! Er war ... nur ... na ja ... ein Arschloch, wie immer. Ja, ein nerviger Arsch, der ein Problem mit seinem Ego hatte. „Sag mir einfach, wo wir hingehen.“, forderte Yugi und hatte seine Hände nachdrücklich auf seine Hüften gestützt, als wäre er eine ihren Ehemann rügende Ehefrau. „Wirst du schon sehen, Yugi, Geduld ist eine Tugend.“ Yami zwinkerte. Vergewaltiger! Yugi schnaubte, während er seinen Kopf zur Seite drehte. Zur Hölle, wenn er schon keine Informationen aus dem Anderen quetschen konnte, war es vielleicht das Beste, einfach die Landschaft zu genießen. Er war gerade erst vor zwei Nächten mit seiner Schwester und seinem Neffen, all ihrem Gepäck und den Bewerbungsbögen umgezogen, da war er noch nicht einmal dazu gekommen, ihre neue Nachbarschaft anzusehen. Überall gab es Hochhäuser und umherfahrende Autos. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, hätte er in Tokio sein können. Es war überfüllt und trotzdem sauber, belebt und dennoch beruhigend, auf jeden Fall nicht schlecht. Aber Yugi hätte einen … gemütlicheren und langsameren Ort bevorzugt… und einen mit sehr viel weniger Yami. Gott, wie Yugi Mutou sein Leben liebte. * * * „Du machst Witze … oder?“, fragte Yugi frei heraus, als ob er die Antwort bereits kante. Sie standen vor einem kleinen Café, die Buchstaben Anemone Café hingen über der kleinen Glastür des hellbraunen Backsteingebäudes. Reben und andere Pflanzen rankten von den Wänden und erschufen eine alte, aber hübsche Atmosphäre von Anmut. Von außen sah es aus wie ein Haus, das man in einem Wald oder im Mittelalter hätte finden können, dennoch lag es genau in der Mitte einer konstruierten und geschäftigen Großstadt und fiel auf wie ein bunter Hund. „Na ja, du hast noch kein Frühstück gegessen, da du ja so beschäftigt damit warst, spät aufzustehen." Yugi blickte finster drein. „Also hab ich mir gedacht, wenn du etwas in den Magen bekommst, hörst du vielleicht auf, so furchtbar zickig zu sein." Yami grinste den verärgerten Jungen neben sich an. Yugis Nerven zu strapazieren war eine der unterhaltsamsten Beschäftigungen, an denen er je teilgehabt hatte. Es war wie eine Droge, dieser niedliche Schmollmund, den er machte, wenn er versuchte, bedrohlich zu wirken. Yugi war seinerseits nicht so zufrieden und fing langsam an, sich ernsthaft darüber zu wundern, warum er bei all den Mordgedanken, die er gesponnen hatte, noch keinen davon in die Tat umgesetzt hatte. Yami grinste und hielt mit seinen Händen die Tür auf, als sei er ein professioneller Türhalter ... wenn ... so was ... denn überhaupt existierte. „Ladys first.“ Anstatt Yami zu packen und ihn ins nächste Gewässer zu werfen, lief Yugi einfach schnurstracks vorwärts und kam Yamis Forderung nach. Jedoch nicht ohne seinen Ellenbogen auszufahren und auf halbem Weg durch die Tür in Yamis Bauch zu rammen. Süße Genugtuung. Das war genau das glückselige Gefühl, das ihn mehr und mehr überkam, als er einen Blick hinter sich warf und sah, wie der Mann, der die Tür hielt, sich nun mit einem Ächzen leicht nach vorn bog. Entgegen der verbreiteten Ansicht war Gewalt die einzige Lösung, zumindest was Yugi Mutous arroganten Idiot von einem Boss anging. „Yami! Schön, dich wiederzusehen! Komm rein, Süßer!“, begrüßte ihn eine Frau mit schulterlangem, braunem Haar und kam hinter dem Tresen hervor, um sie willkommen zu heißen. Yami lächelte, stellte sich aufrecht und trat an Yugis Seite. „Hallo Tea. Tut mir leid, dass wir in letzter Zeit nicht herkommen konnten, wir haben einiges an Papierarbeit abzuarbeiten.“ Bei dieser Lüge glotzte Yugi nur dumm. Wenn es anscheinend um Frauen ging, war Yami das Netz und sie die Fische. Typisch. „Mach dir deswegen keine Gedanken.“, winkte Tea ab. „Dein Tisch ist immer reserviert, wenn du herkommen willst, der gleiche Platz wie immer. Ich bin gleich bei euch.“ Sie lächelte und lehnte sich zu Yami, um ihm einen kleinen Kuss auf die Wange zu geben, bevor sie wieder hinter dem Tresen und in der weißen Küche verschwand. Yugi starrte Yamis vor wenigen Sekunden geküsste Wange an. War Yami wirklich schon so weit, sich niederzulassen? Hatte es eine Frau wirklich geschafft, das wilde Herz des Anderen zu erobern und zu zähmen? Er sollte froh sein … denn das hieß, Yami war erwachsen geworden, wenigstens was die Verantwortung mit einer Frau betraf … aber aus unerfindlichen Gründen fühlte er sich alles andere als erleichtert. „Hast du dich bald mal an meinem attraktiven Gesicht sattgesehen? Oder soll ich dich lieber tragen, ich meine, falls du Probleme haben solltest, mit deinen dünnen Beinchen.“, gluckste Yami und brachte Yugi damit letztendlich aus den Tiefen seiner Eifersucht zurück auf die Erde – oh ja, Zweiteres klang definitiv richtiger. Yugi hob eine Augenbraue. „Ich weiß nicht, womit du dich mehr irrst. Mit der Tatsache, dass du glaubst, dass ich mich von dir anfassen lassen würde -ganz zu schweigen davon, mich von dir tragen zu lassen- oder dass du denkst, du seist attraktiv.“ Yugi grinste. Ein seltener Anblick in den letzten Tagen Bei all dem Stress blieb keine Zeit zum Lächeln. Nicht, dass Yami ihn zum Lächeln gebracht hatte, höchstens dessen Inkompetenz und Dummheit. „Hmmm, du hast Recht, es ist Letzteres. Ich bin nicht attraktiv., ich bin einfach nur wahnsinnig sexy.“, sagte Yami lasziv und begann, den Kleineren zu seinem regulären Esstisch zu führen. „Außerdem stört es mich nicht, dass ich dich mit meinen Händen nicht anfassen kann, es gibt andere Wege Körperkontakt herzustellen, weißt du.“ Er zwinkerte und wich dann dem Glasuntersetzer aus, der seinem Gesicht entgegenflog. In der Schule hatte Yami nie mit ihm geflirtet und offen gesagt fühlte Yugi sich dabei unwohl und peinlich berührt. Er wusste, dass Yami keine echten Gefühle für ihn hatte. Yami war nicht schwul, doch leider war Yugi es. Er fragte sich, was Yami tun würde, wenn er es herausfände. Bei dem Gedanken erzitterte Yugi. Dieser Job fing an, es mit jeder Sekunde weniger wert zu sein. Selbst auf der Straße zu leben, musste besser sein als das. Als beide sich in die kleine, rote Nische gesetzt hatten, drehte Yugi seinen Kopf und betrachtete die stumpfsinnigste Holzwand, die er je gesehen hatte, versuchte jedoch auszusehen, als ob er sich gut dabei amüsierte ... die Wand anzustarren ... Klar. Yami war kein Idiot, zumindest nicht, wenn es hierum ging. Er konnte förmlich spüren, wie der Blick des Anderen ein tödliches Loch in seinen winzigen Schädel brannte. „Also … Tea scheint … äh … nett zu sein.“ Gedanklich pfefferte er sich eine. Echt, Yugi? Du hättest wenigstens ein paar reizvollere Adjektive benutzen können, liebenswert, freundlich, wunderbar, reizend, der Wahnsinn! Aber 'nett' Du klingst wie eine eifersüchtige Nutte! Yugi nippte langsam an dem Glas Wasser vor ihm, während sich der Kampf, den er mit sich selbst austrug, in ihm fortsetzte. Noch immer sah er die uninteressante Wand an. Er wusste nicht warum, aber je weniger Augenkontakt er mit dem Mann gegenüber von ihm hatte, umso besser. Es war, als starrte man in die verdammte Sonne, um Himmels Willen, ein Blick und man bekam das Bild nicht mehr aus dem Kopf, außer dass man bei dieser Sache keine hübschen, bunten Farbkleckse sah, wenn man zwinkerte. Oder das hoffte er zumindest. „Ja, ist sie wirklich, nicht wahr? Die schönste Frau, die ich je getroffen habe. Gott, jedes Mal, wenn man ihr in die Augen sieht … ist es, als starrt man in zwei wunderschöne Vollmonde. Und ihr Kuss? Bei Ra! Wie ein Feuerwerk bei 100 Meilen die Stunde … Sie ist die perfekteste Frau, die ein Mann sich wünschen kann.“, seufzte Yami traumverloren. Yugis Griff um das Glas wurde fester, sein Gesicht knüllte sich zusammen und er schloss angespannt die Augen. Schmerz zuckte durch sein Herz und jedes Wort war wie ein Pfeil, der in seinen Körper einschlug, wie ein Schlangenbiss am Hals. Was war schon so besonders an dieser Tea? Er sah keine Monde in ihren Augen und obwohl er zugeben musste, dass sie hübsch war, so war sie trotzdem ganz bestimmt keine ... Göttin! „Ganz zu schweigen von ihren Künsten im Schlafzi--- „OK! ICH HABS KAPIERT!“, schrie Yugi und knallte mit seinen Händen auf den hölzernen Tisch. Beide waren still. Yami starrte Yugi mit undurchdringlicher Miene an. Yugi starrte auf den Tisch, auf dem seine Hände sich fest gegen die Holzplatte pressten. Für einen Moment fragte er sich, warum er geschrien hatte und warum er den Anderen nicht stattdessen mit einer anderen seiner brillanten, originellen Erwiderungen gestoppt hatte, doch die Frage wischte er schnell aus seinem Geist. Er bereute es nicht, den Anderen auf seiner Schiene angehalten zu haben. Jemand musste Yami einen Dämpfer beibringen und das war nur der Anfang gewesen. Die verwirrende Stille wurde von keinem Geringeren als dem Objekt seiner Gedanken durchbrochen. Yami hielt sich eine Hand vor dem Mund und lachte ununterbrochen. Yugi starrte ihn an, seine Miene schien völlig entgleist, während er dem Mann gegenüber zusah. Wirklich? Na, anscheinend hatte er durch seine Freundin doch noch nichts über Reife gelernt … nicht, dass Yami es je hätte lernen wollen. „Bei Ra, du bist wirklich eifersüchtig?" Nach dieser plötzlichen Erkenntnis legte Yami sein Kinn auf seinen Handflächen und beobachtete Yugis hämmernd rotes Gesicht. Dieser Bastard spielte die ganze Zeit mit ihm! Und er hatte es nicht nur geschafft, ihn zur Weißglut zu treiben, sondern er war auch noch direkt in die Falle des Anderen gegangen ... Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so elendig gefühlt, zumindest fühlte er sich so zum ersten Mal seit einer ganzen Weile. „Tea und ich sind gute Freunde. Und wenn es um den Kuss geht, weswegen du so in die Luft gehst, sie drückt ihre Zuneigung einfach gern durch physischen Kontakt aus. Wunder dich nicht, falls sie anfängt, es mit dir genauso zu machen.“ Er grinste. Yugi glitt langsam an der roten, gepolsterten Bank hinunter. Er musste sich zusammenreißen. Was machte es schon, dass er für seinen Feind arbeitete? Es gab schlimmere Dinge in seinem Leben, aber das bedeutete nicht, dass er sich jetzt wegen jedes kleinen Kommentars, den Yami losließ, aus der Ruhe bringen lassen musste. Ja. Okay, er gab zu, er war ein weniger verärgert wegen Yami und Tea, aber doch nur, weil er nicht wollte, dass einem so liebenswerten Mädchen wie dieser Kellnerin das Herz von einem Mann, der Sachen nicht ernst nehmen konnte, gebrochen wurde. „Das ist mir völlig egal. Ich will nur, dass du mir einige Fragen beantwortest.“, seufzte Yugi, lehnte sich zurück und wirkte nun gelassener. „Willst du mich nicht erst fragen, ob ich einen Anwalt will? Ts, ts, ts, Yugi, als Polizist hast du noch viel zu lernen.“, schimpfte Yami scherzhaft. Yugi blickte finster. „Ha ha, lustig.“, lachte er trocken. „Yami, woher wusstest du von Mai und Ethan?“ Yugi stellte sein Glas mit dem Wasser ab. Irgendwie hatte er Angst vor der Antwort. Nicht etwa, weil er Yami nicht sowieso schon unheimlich fand, aber der Gedanke, dass dieser jede Nacht vor seinem Fenster hocken könnte, setzte dem Ganzen noch eine Spur Antisympathie obenauf. Er macht sich die gedankliche Notiz, immer einen Baseballschläger aus Metall im Haus zu haben. „Stalkst … du mich etwa?“ Yami seufzte. „Nicht wirklich, obwohl du wahrscheinlich glücklicher damit wärst, wenn ich sagen würde, dass ich dich stalke. Also ja, lass uns einfach sagen, ich stalke dich.“ Er räusperte sich rau und fixierte den Tisch. Irgendetwas an diesem Bild stimmte nicht. Yami hatte den Augenkontakt bis jetzt nicht unterbrochen und normalerweise starrte er einen wie ein Falke in Grund und Boden. Leider. Und noch nie hatte er einen solch … zögerlichen Ton in der Stimme gehabt. Und was konnte schlimmer sein, als ein perverser Stalker, der einen seit ungefähr sechs Jahren beobachtete, ohne dass man davon wusste? „Es ist Duke, nicht wahr?“, spottete Yugi säuerlich. „Du bist immer noch mit diesem verrotteten Feigling befreundet?“ „Yugi...“ „Versuch erst gar nicht, ihn in Schutz zu nehmen! Gerade du solltest wissen, wie man Menschen richtig einschätzt! SIEHST DU NICHT, WAS FÜR EIN DRECKIGER SACK ER IST!“ „Yugi!“ „Ich wette, du hast gelacht! Ich wette, es war dir total egal, was er meiner Schwester angetan hat! Du standst sicher nur da und hast zugesehen, wie er ihr wehgetan hat-!“ „YUGI, VERDAMMT! HÖR MIR ZU!" Yami schlug mit einer Faust auf den Tisch. Yugis Iriden wurden um einiges größer. Die Worte zwischen ihnen starben für die längste Zeit an diesem Tag. Yami sah weg und Yugi starrte ihn geschockt an, die erstarrten Worte hingen noch von seinen Lippen. „Ich habe nicht … Ich und Duke, wir … sind nach der Highschool getrennter Wege gegangen, nachdem er versucht hat, mich zu küssen und was Mai angeht … na ja … Bevor du jetzt ausflippst, hör mir einfach zu, wir haben angefangen miteinander auszugehen.“ Yami machte eine Pause und suchte in Yugis Gesicht nach einer Gefühlsregung. Alles, was er fand, war Verwirrung, also sprach er weiter. „Wir waren ziemlich glücklich. Ich wollte ihr sogar einen Antrag machen, aber etwas hat mich davon abgehalten. Sobald ich den Mut hatte, es ihr zu sagen … wurde es kompliziert und letztendlich haben wir uns getrennt.“ Yami seufzte, ein fast liebevolles Lächeln fand den Weg auf seine schmalen Lippen. „Deine Schwester und ich wurden danach gute Freunde, aber als Mai Duke über unsere Trennung erzählte, kam er nach Domino zurück, um eine Beziehung mir ihr anzufangen.“ Seine Stimme klang höhnisch. „Ja, oder besser gesagt für den heißen Sex. Ich hab' versucht, Mai zu erklären, dass er es nicht wert ist, aber sie war nur ziemlich sauer und enttäuscht von mir, weil ich mich eingemischt hatte … also habe ich das alles geschehen lassen. Also irgendwo hast du schon Recht … ich stand dann einfach nur da und hab zugesehen, wie er sie verletzt hat...“ Yami lehnte sich auf der Bank zurück. Er fühlte, wie sein Herzschlag begann, sich zu verlangsamen, während das Gewicht seiner Worte geruhsam aus seinem Geist nach draußen drang, wo Yugi sie hören konnte. Er verdiente es, die Wahrheit zu wissen. Yugi war sprachlos. Er ertrank geradezu in dem Meer aus den unausgesprochenen Worten, die er über all das hätte sagen können, wie „Ja, stimmt.“ oder „Warum würde sie mir das verschweigen?“ oder sogar „Oh Gott, ich wusste nichts davon“. Aber nichts davon kam aus seinem Mund. Wenn er darüber nachdachte, ja, dann machte es Sinn, warum Mai nie über ihre Exfreunde sprach, oder warum sie ihr Handy nie aus der Hand legte und warum sie immer sagte, sie schreibe einem „Guten Freund“. Ja, wirklich, alles passte zusammen. Yugi wusste, dass Yami die Wahrheit sagte, bis auf jedes kleinste Detail. Er konnte es in den rubinroten Augen des Anderen sehen. Das war das Talent, das ihn zum Beruf als Polizist gebracht hatte - weil er immer wusste, wann jemand log oder ehrlich war. Letztendlich allerdings belief es sich trotzdem auf die geforderte Bildung und den größtmöglichen Gehalt. "D-Danke..." Beide waren von Yugis Antwort geschockt. Yami hatte erwartet, dass der Kleinere zum Unglaublichen Hulk werden und anfangen würde, den Ort in Schutt und Asche zu legen, und Yugi ... wusste noch nicht einmal, was er erwarten sollte. Aber um nicht gleichzeitig wie ein Trottel und ein Idiot auszusehen, nahm er den Faden seiner Erwiderung wieder auf: „Ich hab nur … immer irgendwie gedacht, dass es Mai nur deshalb besser geht, weil sie mich und Ethan bei sich hat … aber jetzt verstehe ich, dass du ihr bei dem Ganzen geholfen hast … und dass du … ähm … versucht hast, das alles zu verhindern … und äh … also.“ Er machte eine Pause und rang mit sich selbst, trotz seines Schocks und Unglaubens fortzufahren. „Jetzt mal ohne den ganzen unreifen Mist und die Sachen aus der Vergangenheit … ich schätze, ich bin dir was schuldig.“ Yugi sah in die Augen des Anderen, um der Ehrlichkeit, die sich durch jede Silbe zog, die über seine Lippen kam, Ausdruck zu verleihen. Yami starrte Yugi an, das altbekannte Grinsen legte sich abermals auf seine angespannte Miene und brachte die Stimmung letztlich wieder zum Kippen. „Gerne, Yu-" „Aber das macht uns NOCH LANGE NICHT ZU FREUNDEN! Niemals! Wir sind immer noch 100%ige Feinde! Verstanden?“ Yugi sah ihn wütend an und stellte somit klar, dass er selbst in einer heilen Welt NIEMALS mit Yami Sennen befreundet sein könnte. Und das war ein Versprechen, vor das er, wenn es sein musste, ein Schloss hängen und die Schlüssel wegwerfen würde. Yami schmunzelte nur und schob sein Glas zur Seite, als der Kellner das Essen vor sie Beide hinstellte. „Aber natürlich, Yugi-chan.“ Fortsetzung folgt ... Kapitel 3: Zufall ----------------- Kapitel 3 – Zufall [http://www.fanfiction.net/s/7748449/3/] RUMMS Mai und Ethan sahen von dem Brettspiel zwischen ihnen auf und fanden sich inmitten einer Szene wieder, wie sie sie mittlerweile nur allzu gut kannten. Yugis Kopf rauchte förmlich, Dampf schien aus seinen roten Ohren zu treten. Zu behaupten, er sei sauer, wäre definitiv noch untertrieben. Seit einer Woche, seit er seinen neuen Posten als Polizist angetreten hatte, war er in jener gleichen Stimmung, die sich auf seine Handlungen und den Ton in seiner Stimme auswirkte, heim gekommen – in blanker Wut. Ethan klammerte sich fester an den violetten Pullover seiner Mutter und verbarg sein verängstigtes Gesicht in ihren Ärmeln, während unschöne Worte durch das Apartment schallten. Mai hatte wirklich genug. Sie liebte ihren kleinen Bruder über alles, vielleicht sogar ein wenig mehr als ihren eigenen Sohn, und gerade deshalb musste sie die Wurzel des Problems finden und sie beseitigen, denn wenn sie auch nur einen Tag länger dasitzen und Yugis extrem explizitem Vokabular zuhören musste, würde sie ihn wohl bald eine klatschen müssen. Und dann gab es da noch einen auffälligen Unterschied zur sonstigen nervenaufreibenden Routine ... Es war 12 Uhr mittags und normalerweise kam er erst Mitternacht heim. Bei alledem wäre nur ein Narr nicht in der Lage gewesen zu merken, dass irgendetwas mit Yugis neuer Karriere nicht nach Plan verlief. Und Mai war keine Närrin. „Okay, was zur Hölle ist los mit dir, Yugi?“, forderte Mai, kurz nachdem sie in die blassgrüne Küche eingetreten war. „Wenn du reden willst, hier bin ich, aber verschone die Ohren deines Neffen!“, blaffte sie und stützte ihr Gewicht mit den Händen auf der weiß marmorierten Küchentheke ab, während sie den Mann mit den dreifarbigen Haaren anstarrte. Yugi seufzte und öffnete den Kühlschrank. Ruckartig bewegte er seinen Kopf, während er etwas suchte, das seine Nerven beruhigen konnte. „Tut mir leid, Mai, ich bin im Moment nur ein kleines bisschen gestresst.“ Er biss sich auf die Lippe. Das war nur die halbe Wahrheit. Ja, er war gestresst, aber das ziemlich weit entfernt von 'ein kleines bisschen'. Doch all der Stress war vergessen, als seine erleichterten Augen fanden, wonach sie gesucht hatten: Eiscreme. „Ja, ich merk's.“, antwortete Mai flach und lief durch den Raum, um sich eine Schüssel zu nehmen und sich dem Eisgelage ihres Bruders anzuschließen. Was? Sie war eine alleinstehende, arbeitslose Mutter mit einem vier Jahre alten Sohn, die Beide bei ihrem kleinen Bruder wohnten. Wer sagte denn, dass sie nicht auch ein wenig Stressabbau gebrauchen konnte? „Warum bist du heute so früh da?“ Yugi knurrte und knallte die Schüssel auf den Tisch, bevor er das hellgrüne Minzeis gewaltsam in das beigefarbene Gefäß schaufelte. „Keine Ahnung, warum fragst du nicht einfach deinen BFF?“, knurrte er tief, nicht nur, weil er auf Yami sauer war, sondern weil Mai genauso Schuld hatte wie sein Boss. Ich meine, echt, wer ging mit einem Typen aus, der den eigenen kleinen Bruder in der Schule gehänselt hat und als ob das noch nicht genug wäre, wird dann noch dessen beste Freundin!? Yugi wusste, dass ihn das Sozialleben seiner Schwester nichts anging, aber das machte die Gegebenheiten des Ganzen ganz bestimmt nicht leichter. Als es bei dieser Antwort Klick in ihrem Kopf machte, weiteten Mais Augen sich. Ja, in der Tat hatte sie Yami vor Yugi geheim gehalten, aber nur, weil sie gewusst hatte, dass der überreagiert hätte. Nun ja … und hatte sie damit so falsch gelegen? Ein Blick zu Yugis wutentbrannter Gestalt bestätigte ihre Befürchtungen. Sie war solche Sachen durchaus gewohnt, aber sie war sich dennoch nicht wirklich sicher, an welcher Stelle alles aus dem Ruder gelaufen war. Yugi war bis zum Beginn der Mittelstufe das süßeste Ding überhaupt gewesen, er hatte von abseits des Weges Blumen für seine große Schwester gepflückt und mit seiner kleinen, violetten Schürze bekleidet Kekse gebacken, ja, er war geradezu der Inbegriff eines Engels gewesen. Nachdem Yugi die Grundschule verlassen hatte, hatte seine fröhliche Laune zu schwanken begonnen, sein Umgangston war ernster geworden und Mai hatte nur raten können, ob es entweder an den Bergen an Hausaufgaben lag, die ihn so mitnahmen, oder an den Schikanen seiner Mitschüler. Doch jetzt erschien Letzteres wahrscheinlicher und daher kam wohl auch Yugis Abneigung Yami gegenüber. Manchmal konnte Mai den liebenswerten, kleinen Jungen immer noch sehen, eingesperrt und verdeckt von einer Maske aus Reife und Intelligenz, während er in Wirklichkeit ebenso unsicher war wie jeder Andere. „Ich versteh's nicht. Was hat Yami damit zu tun?“, riskierte Mai vorsichtig, denn Yami war schon immer ein heikles Thema gewesen, wenn es um ihren kleinen Bruder ging. Und der wunderte sich wirklich noch, warum sie ihm nichts erzählt hatte? Nicht willig aufzusehen, stierte Yugi seine Eiscreme an. Durch Augenkontakt wurde er wütend, also hatte er die Entscheidung getroffen, niemandem mehr in die Augen zu sehen. Aber sollte beim Blick in die Augen der eigenen Schwester da nicht die Grenze gezogen werden? Nein, es würde keine Grenzen und keinen Augenkontakt geben, bis Yami Sennen dauerhaft aus seinem Leben verschwunden war! Es gab da allerdings die hohe Wahrscheinlichkeit, dass Dergleichen in absehbarer Zeit nicht passieren würde. „Sagen wir einfach, wer auch immer den Spruch 'Mach dich nicht über Streber lustig, denn du könntest eines Tages für sie arbeiten müssen' erfunden hat, sollte die Richtigkeit seiner Theorie überdenken.“, murmelte Yugi, während er in die hellgrünen Masse aus Eis stach und dann so viel wie möglich davon in seinen Mund schaufelte. Sein Boss konnte ihn ärgern, seine Schwester ihn ausfragen und die Leute ihn herumschubsen so viel sie wollten, aber nichts kam zwischen ihn und seine Eiscreme. Nichts und niemand. Mai schlug die Hand auf den Mund. Ihre violetten Iriden weiteten sich, während sie versuchte, den Lachanfall, der, würde sie ihre Hand von ihren versiegelten Lippen nehmen, ganz sicher aus ihr herausplatzte, zurückzuhalten. „Du arbeitest für Yami?“, fragte sie leicht verhalten und Ungläubigkeit klang aus ihrer Stimme. Yugi sagte höhnisch: „Hat er dir das etwa noch nicht erzählt? Ich hätte eher gedacht, er prahlt damit, wie er es schafft, mich zu jeder Stunde an jedem Tag zu provozieren.“ Yugi zischte und ließ seine jetzt schmutzige Schüssel und seinen Löffel achtlos in das halbvolle Spülbecken fallen. Mai runzelte die Stirn und ließ ihren Löffel in ihrer eigenen Schale ruhen. „Yugi, er ist nicht so schlimm wie du ihn machst, du reagierst einfach---“ „Über?“, beendete Yugi mit einem bitteren Lachen. „Nein, man reagiert über, wenn man aus keinem Grund sauer ist, ich allerdings SPRECHE MIT EINER FRAU, DIE MIT EINEM DER GRÖßTEN TYRANNEN MEINER SCHULZEIT AUSGEGANGEN IST! MIT EINER FRAU, DER ICH VERTRAUT HABE!“, schrie er. Er hatte Recht, sobald seine Augen die seiner Schwester erreichten, schäumte die Wut über den Rand des Topfes und überschwemmte den Herd. Er war wütend auf Mai, weil sie sich auf Yamis Seite schlug. Er war wütend auf Yami, weil der die gesamten Jahre seiner Teenagerzeit vermiest hatte. Und er war wütend auf den Mann im Empfang des Polizeireviers, weil dieser ihn nicht sofort am ersten Tag an Ort und Stelle gefeuert hatte. Aber vor allem war er wütend auf sich selbst, weil er es zuließ, dass die Wut ihn so verbrannte. Mai schoss von ihrem braunen Stuhl hoch und blickte Yugi bedeutungsvoll an. „DU NENNST DICH ERWACHSEN? DU VERHÄLTST DICH WIE EIN KIND! YAMI HAT ES NICHT AUF DICH ABGESEHEN! WARUM HASST DU IHN SO SEHR!“, heischte sie plötzlich und schlug mit ihrer Hand so heftig auf den hölzernen Tisch, dass die Schüssel voll Eiscreme von der plötzlichen Erschütterung geradezu zu springen schien. Metaforisches Feuer raste durch die Küche und erhitzte die Gemüter der Beiden. Sie sahen aus, als seien sie in irgendeiner Art von Rachefeldzug unterwegs, als hätten sie als Kinder nie das selbe Haus geteilt und niemals auch nur ein Lächeln in ihrem gesamten Leben. Und Beide hassten dieses Gefühl gleichermaßen. „WEIL ER MICH VERÄNDERT HAT!“ Der Raum war still … war das wirklich eine berechtigte Antwort? Machte das Sinn? Es war nichts Neues, dass jeder Mensch Angst vor Veränderungen hatte, ob er nun bereit war das zuzugeben oder nicht, aber war das diesen ganzen Krieg aus Hass deshalb wirklich wert? Yugi sollte ruhig sein, gefasst, intelligent, gelassen, doch Yami machte ihm zu alledem, was er nie hatte sein wollen. Durch ihn fühlte er sich überanstrengt, dumm und rasend vor Wut, aber machte es Sinn, dass er wegen dieser Veränderungen wütend wurde … ? Wo diese Veränderungen doch seine eigene Wut betrafen? Ergab das Sinn? Die Luft stand im Raum, dick wie Eis und tödlich wie Gift. Zwei verwirrte violettfarbene Augenpaare starrten einander an. Der Zorn klang ab, bis nur noch eine unangenehme Atmosphäre blieb. Sie betäubte die Gemüter und formte sie zu Ungewissheit und Unbehagen. Alle Gedanken an Yami waren verschwunden, die Eiscreme war verschwunden, sein Neffe war verschwunden, sogar sein Job schien in diesem Moment unbedeutend. Es schien als ob, würde jemand eine Stecknadel fallen lassen, einer von ihnen entweder in heilloses Gelächter oder in Tränen ausbrechen würde. Leider war Yugi der Erste, der brach, als sein Hirn die Worte, die er gesagt hatte, zu verarbeiten schien. So schnell sie konnten, trugen seine zierlichen Füße ihn aus der Küche und durch die Tür aus ihrem Apartment, die Treppe hinunter, durch die Eingangshalle und in die kühle Herbstluft. Dort traf es ihn plötzlich. Er hatte gerade seinen ersten Streit mit Mai gehabt. Tränen brannten in seinen kindlichen Augen. Er senkte den Kopf auf den Gehweg und ließ sich langsam an der Backsteinwand hinunter gleiten. Leute liefen an ihm vorbei und würdigten den jungen Mann keines zweiten Blickes. Yugi nahm es ihnen nicht übel. Er fühlte sich schuldig und schmutzig. Mai hatte ihm nie etwas getan und ihr Leben war kein bisschen besser als seines – wenn nicht sogar schlimmer. Wie konnte er es zulassen, dass eine so niedrige Person wie Yami die gute Beziehung zu seiner Schwester so beeinflussen konnte? Ausnahmsweise schrieb er sich selbst die Schuld zu, und obwohl er immer noch einen immensen Hass auf seinen früheren Schulfeind hatte, so wusste er dennoch, dass der nicht zu ihm gekommen war und ihn gezwungen hatte, all diese schäbigen und gemeinen Sachen zu Mai zu sagen. Nein, dieses Mal war er ganz allein schuld und merkwürdigerweise beruhigte ihn diese Tatsache irgendwie. Wenn Yugi alkoholische Getränke gemocht hätte oder rauchen würde, hätte er jetzt definitiv nach Casino gestunken. Yugi hielt nicht viel von Selbstmitleid, aber dieses eine Mal ... Sein Leben nach dem Collage hatte angefangen, sich in einer Spirale nach unten zu bewegen, als ihm mitten im Jahr das Geld für die restlichen Semester bis zum Abschluss ausgegangen war und er somit all seine Hoffnungen und Träume hinsichtlich seiner Karriere begraben hatte können. Großartig! Dann: Der bescheuerte Arsch von Ehemann seiner Schwester verlässt Mai für irgendeinen supertollen Job in Amerika. Ganz schick! Sie zogen um, irgendwie schaffte er es, Arbeit als Polizist zu bekommen, nur um dann herausfinden, dass sein Boss kein Anderer als sein lebenslanger Feind war. Wunderbar! Juhu! Und jetz baggerte der ihn auch noch an, es war DER WAHNSINN! Okay, nun ja, Yami baggerte ihn nicht wirklich an. Oder doch, aber es war mehr so eine Art neue Masche ihn zu nerven oder wütend zu machen oder was auch immer. Auf jeden Fall hatte er damit Erfolg. Yugi atmete auf. Er fühlte, wie der Druck langsam begann nachzulassen. Er sollte öfter einen Nervenzusammenbruch haben, ganz egal, was religiöse und/oder Leute, die dachten, sie seien Gott, sagten. Ein stiller Moment des Selbstmitleids war gut für Herz und Hirn. Es brachte einen dazu, noch einmal zu überdenken, weshalb man sich in einem so beschissenen Zustand befand und erinnerte einen daran, wie viel besser das Leben sein könnte und gleichzeitig brachte es einen dazu, sich wie ein 16-jähriges Mädchen zu fühlen! Und das alles auf einmal! ... Okay ... vielleicht machte das die ganze Sache nicht unbedingt besser. Einen kurzen Moment lang dachte Yugi darüber nach, ob er sich nicht einen Therapeuten suchen sollte, der sich all seine langen und schwierigen Lebensgeschichten seit seiner Teenagerzeit anhörte, aber er verwarf die Idee schnell wieder. Keine Therapie der Welt hätte sein Gehirn die sich wiederholenden Probleme vergessen lassen können, die sich ihm ins Gesicht schlugen, ganz egal wie sicher der Weg, den er einschlug, auch war. Yugis Augen wanderten nach oben, sein Blick landete auf einer Frau. Sie war nicht allein. Neben ihr stand ein großer Mann mit dunklen Haaren, ob sie braun waren oder schwarz, war schwer zu sagen, denn es hatte angefangen zu regnen - die perfekte Atmosphäre passend zu Yugis Laune. 'Na ein Glück feuerst du mich so an, Mutter Natur', dachte er, bevor seine Aufmerksamkeit wieder auf das Paar gelenkt wurde. Sie umarmten sich unter dem schwarzen Regenschirm, der ihr Köpfe vor dem Regen schützte, küssten sich, auf die Wange, auf die Stirn, manchmal sogar auf die Lippen. Yugi lächelte bitter. Er erinnerte sich an die Zeit, in der er all das auch gewollt hatte. Zwei Mal war das gewesen. Das erste Mal, als er ungefähr zehn Jahre alt gewesen war. Damals hatte er seinen Großvater gefragt, wie der seine Großmutter kennengelernt hatte. Die Geschichte war nicht unbedingt spannend gewesen, sie hatten sich bei der Arbeit im örtlichen Kaffeehaus getroffen, augenscheinlich war es 'Liebe auf den ersten Blick' gewesen, aber das waren nur die Worte alter Leute, die eigentlich meinten „Ich bin einsam und verzweifelt, also lass uns miteinander ausgehen!“ Oder Moment … nein … streicht das, das waren eigentlich Worte, die auch heute noch benutzt wurden, man dachte nur an all die Seifenopern, die im Fernsehen liefen. Also echt, der Hauptcharakter (falls es denn überhaupt einen gibt) geht mit mindestens fünf Leuten aus, vielleicht mit zwei oder drei noch ein zweites Mal, wird dann schwanger, wird erschossen, stirbt und dann wird das Ganze beim nächsten Hauptcharakter wiederholt. Und das brachte denen Einschaltquoten? Wie auch immer. An einem Tag jedenfalls hatten sie wohl gekellnert und waren offensichtlich ineinander gerannt, sodass beide ihre Notizblätter und Stifte versehentlich fallen ließen und als sie aufstanden, um die Utensilien auszutauschen, sahen sie einander in die Augen und bumm, das war die unglaublich langweilige Lüge seines Großvaters. Vor einigen Jahren hatte er ihm und Mai dann erzählt, dass er sie eigentlich in einer Bar kennegelernt hatte, in einer Nacht, die mit einem One-Night-Stand endete, es aber letztendlich dazu kam, dass sie heirateten und drei wundervolle Kinder bekamen. Wer weiß? Obwohl, fairerweise musste man erwähnen, dass Yugi damals in diesem zarten Alter völlig naiv gewesen war und die Kaffeehaus-Geschichte ohne sie zu hinterfragen geglaubt hatte. Und das war damals auch der Moment gewesen, in dem Yugi sich selbst versprochen hatte, dass er nach seinem Abschluss selbst eine hübsche, liebe, intelligente, junge Frau finden, sich mit ihr niederlassen und Kinder, Enkelkinder und so weiter haben wollte. Na ja, man sah ja, wie gut das gelaufen war. Er hatte es gerade einmal bis zur siebten Klasse geschafft, bis er sich offiziell eingestehen musste, dass er schwul war und all diese Sachen nicht allzu bald passieren würden. Beim zweiten Mal allerdings war er sich seiner sexuellen Vorlieben durchaus bewusst gewesen und wollte sich trotzdem niederlassen, eben nicht mit einer Frau, sondern mit einem Mann, auf jeden Fall war er bereit eine Familie zu gründen. Er wollte immer noch Kinder und er wollte auch immer noch Enkel, das Einzige, was sich geändert hatte, war, dass er statt einer Frau in der Küche zu haben, lieber selbst kochen wollte, was wahrscheinlich keinen Zweifel daran ließ, dass er das 'Mädchen' jeder hypothetischen Beziehung sein würde, nicht, dass er damit ein Problem gehabt hätte. Überraschenderweise hatte er davon erst vor ungefähr zwei Wochen fantasiert, möglicherweise ein paar Tage, bevor er angefangen hatte für Yami zu arbeiten. Aber warum dachte er überhaupt darüber nach? Weil da so ein reizend hübsches Pärchen die Straße hinunter lief? Gott, in letzter Zeit schien einfach alles alte Erinnerungen in ihm hervorzurufen, ob nun gute oder schlechte, das variierte, doch in Anbetracht dessen, dass es sich hierbei um Yugi Mutou handelte, bevorzugte das Schicksal natürlich die schlechteren. Die plötzliche Symphonie aus Glocken und Instrumenten riss den Mann aus seinem gegenwärtigen Zustand, als er bemerkte, dass sein Handy seit vielleicht schon einer halben Minute klingelte. Yugi errötete, geriet in Panik und tastete nach dem Gerät, um es aus seiner Jeanstasche zu holen, während er sich still schwörte, sich sobald er abgenommen hatte, sofort für die Verzögerung zu entschuldigen. „Hallo?“ Yugi atmete kurz erleichtert auf. Herzlichen Glückwunsch, Yugi, du hast es geschafft, dein Handy erfolgreich aus deiner Tasche zu kramen und ranzugehen. Jetzt hast du nur noch eine Millionen anderer Dinge, über die du dir den Kopf zerbrechen musst. „Ich hab' schon befürchtet, du gehst nicht ran, Yu-chan.“ Sobald die schmerzhaft unüberhörbare, tiefe Baritonstimme seines Bosses durch sein Ohr und sein Gehirn schoss und es schädigte, verflüchtigten sich ganz plötzlich jegliche Gedanken an Entschuldigung und Buße. „Woher hast du meine Nummer!“, quiekte Yugi, schoss aus seiner Position vom Bürgersteig auf und griff nach dem bordeauxroten Backstein hinter sich. Oh Gott! Oh Gott! Yami stalkte ihn! Er hatte es gewusst! Nein, Moment – hatte Mai ihm seine Nummer gegeben? Oder vielleicht hatte sie Yami nach dem Streit erzählt, was passiert war! Was, wenn er ihn feuerte? Oder verprügelte? Der Typ hatte Muskeln und die waren nicht zu unterschätzen! Yugi fühlte, wie seine Panik sich überschlug, während die möglichen Folgen dieses Anrufes durch seinen diffusen Verstand rasten. Yami schmunzelte. „Na ja, weißt du, Aibou, hier im Arbeitsleben haben wir so ein kleines Ding namens Bewerbungsmappe und wenn man bedenkt, dass ich dein Boss bin, könnte man meinen, dass es wohl meine Aufgabe ist, die zu lesen, bevor irgendjemand eingestellt wird.“ Daraufhin knurrte Yugi böse. Er fühlte sich angegriffen, egal, ob es nun sein Arbeitsleben betraf oder die Geborgenheit seines eigenen Apart-- na ja, betrachtete man die ganze Situation, wie er hier draußen stand, klatschnass unter den Launen der Natur, die seinen schlechten Tag noch perfekt untermalte, ja, dann konnte er das vielleicht nicht wirklich behaupten. „Ach ja? Na, hier im realen Leben nennt man das Belästigung, jemanden am laufenden Band zu nerven, der einem sagt es zu unterlassen!“, schrie er und strich sich eine nasse Haarsträhne aus dem blassen Gesicht. „Außerdem, wenn du meine Mappe gelesen hast, bevor ich angefangen habe zu arbeiten, warum schienst du dann überhaupt so überrascht zu sein mich zu treffen?“, fragte Yugi aus purer Neugier. Das Rascheln von Papier war zu hören. Yugi nahm an, dass Yami seine Arbeitsmappe schloss - oder das war zumindest, was er sich in diesem Moment wünschte. „Oh Yugi, hast du denn von unserem kleinen Ausflug am ersten Tag gar nichts gelernt?“ Er seufzte gespielt enttäuscht und machte Yugi damit wieder wütend, wie konnte es auch anders sein? Vor allem, da der Mann die meiste Zeit damit verbrachte, sich über ihn lustig zu machen oder mit ihm zu flirten. „Ich verschwende keine Zeit mit Papierkram, schon vergessen? Wenn also ein neuer Bewerber kommt, ist das seine Aufgabe, sich mit denen bekannt zu machen, mit denen oder für die er arbeitet. Sie scheinen da allerdings eine Ausnahme zu sein, Mr. Mutou.“ Er schnurrte leicht, was dazu führte, dass Yugi noch röter wurden als er es Dank des Wassers, das ihm laufend hart direkt auf die Wangen tropfte, sowieso schon war. Yami verstand es wirklich ihm zu schmeicheln und ein Teil von Yugi fing an es zu mögen, ein ganz kleines bisschen, aber das bedeutete nicht, dass er sich dabei wirklich wohlfühlte. „Wahrscheinlich, weil ich dich schon kannte. Und was deine Mitarbeiter angeht … Ich … wünschte, ich würde keinen von denen kennen, sie sind seeeeehr“ Er biss sich auf die Lippe und versuchte so, nicht zu beleidigend gegen die Anderen aus dem Büro zu werden. Sagen wir Mal, es handelte sich bei diesen Leuten eher um solche, die man in einer Nervenklinik in den Gängen beim Rollstuhlrennen mit der Perrücke irgendeines Typens statt eines Staffelstabes erwarten würde. Er biss die Zähne zusammen, um bei der Vorstellung, Joey und Malik in solch einem Szenario zu sehen, nicht kichern zu müssen. „Kindisch? Ja, nun, wie du siehst, bist du der einzige Erwachsene, der bei uns arbeitet.“ Er lachte, woraufhin Yugis Augenbrauen sich verwirrt zusammenzogen. Hatte Yami ihm gerade ein Kompliment gemacht? Nein … dieser Ton klang wennschon beleidigend, wahrscheinlich versuchte er ihm damit zu sagen, dass er wie Mai zu verklemmt war. Apropos... „Alles klar. Mal abgesehen davon, dass du mein Privatleben gewaltig störst, ohne vorher überhaupt zu fragen, warum rufst du an? Du hast mir den Rest des Tages frei gegeben. Nicht, dass ich überhaupt irgendwas zu tun hatte in letzter Zeit.", grummelte er und stieß den nächstliegendsten Kieselstein mit dem Fuß auf die wasserüberströmte Betonstraße vor ihm. Tatsächlich hatte Yami penibel darauf geachtet, ihm am nächsten Tag nach ihrem kleinen Ausflug keinerlei Arbeit zu geben. Er hatte sogar den Schlüssel zu seinem Schreibtisch konfisziert, damit der Mann nicht an seine Ordner herankam und damit an das, wonach es ihn so dürstete. ARBEIT! Oh, aber das war nicht alles. Jedes Mal, wenn ein Notruf hereinkam und ihre Gruppe ausgesandt werden sollte, befahl Yami ihm zurückzubleiben, während sie sich um die Situation kümmerten. Nicht, dass Yugi etwas dagegen hatte ... er war noch nie ein Fan von Waffen und Gewalt gewesen, egal wie oft er Yamis Wohlergehen gedanklich auch bedrohte. „Und, warum stehst du überhaupt draußen im Regen?“, fragte er und wich dem eigentlichen Thema bewusst aus. Yugi zwinkerte ein paar Mal und begann jetzt plötzlich zu merken, wie sehr es in diesem Moment regnete. Seine Füße standen in einer sich schnell ausbreitenden Pfütze unter ihm, die kalte Luft wandt sich um seine durchnässten Jeans und kroch seinen Körper von den Zehen bis zu seiner bemerkenswert geröteten Nase hinauf. Wenn er mit Yami sprach, vergaß er meist alles Andere um sich herum – nicht auf die Weise, nein, raus mit den Köpfen aus den Liebesromanen! Es schien, dass, obwohl die Wut und der Hass für diesen Mann jeden Einzelnen seiner Sinne außer seiner Reizbarkeit praktischerweise betäubten, sie Yugi ansonsten nur Ärger bereiteten. „Vermutlich aus dem gleichen Grund, aus dem du und Mai euch getrennt habt.“, blaffte Yugi und schlang die Arme fest um sich selbst. Er zitterte. Er schüttelte leicht mit dem Kopf, um seine Stirn und seine Wangen von den dort klebenden, feuchtkalten Ponysträhnen zu befreien. Seine Frisur dagegen schien trotz dass das Wasser sie nach unten drückte, unbeirrbar aufrecht zu stehen und Yugi wusste nicht, ob er froh oder traurig darüber sein sollte, denn einerseits bewies das, wie komisch sein Haar sein konnte und andererseits sah er so wenigstens nicht aus, als hätte er lange Haare, was ihm im Endeffekt nur noch mädchenhafter hätte wirken lassen als er es in Wirklichkeit war und was das betraf, bedurfte er wahrlich keiner weiteren Hilfe. Yami war für einen langen Moment lang still und atmete dann einmal ausgiebig aus, was letztendlich wie eine Mischung aus erleichtertem und irgendwie ängstlichem Seufzen klang. „Oh, das bezweifle ich stark.“, sagte er und lachte. Da fiel es ihm ein. Er wusste nicht, warum sie sich getrennt hatten. Was, wenn Yami sie betrogen hatte? Was, wenn er sie … vergewaltigt hatte? Schnell schüttelte er mit dem Kopf. Yami war definitiv pervers und ein Playboy, aber er war ziemlich sicher, dass die Beiden nicht beste Freunde geworden wären, wenn er sie zu so Etwas gezwungen hätte. Yugi öffnete den Mund, bereit eine Frage zu formulieren, als er ein großes, schwarzes Objekt in seinen Augenwinkeln sah, das den armen Mann so sehr erschreckte, dass er es sogar fertigbrachte, auszurutschen und die Reibungskraft, die seine Füße und der Fußboden durch die umstritten erstaunliche Schwerkraft teilten, zu verlieren. Er fuhr mit dem Kopf hoch und sah einen Regenschirm, der ihm direkt ins Gesicht zu glotzen schien und ihn mit dem merkwürdigen Gedanken darüber, warum in aller Welt plötzlich Gegenstände zufällig vom Himmel fielen, zurückließ. 'Entweder ist das die Eiscreme oder der Stress, unter Yami zu arbeiten, ist mir jetzt schon zu Kopf gestiegen.', dachte er unruhig. „Vielleicht solltest du den besser benutzen.“ Yugis Kopf schoss hoch und sah Yami gegen sein Fenster gelehnt zu dem gaffenden Mann hinunter grinsen. „Du wohnst in meinem Wohnblock!“, quiekte Yugi entrüstet. Das war ein ganz neues Level der Verletzung seiner Privatsphäre! Für einen Moment dachte er daran, die Polizei zu rufen, aber dann fiel ihm ein, dass er und Yami die Polizei waren. Damit war es offiziell. Jemand dort oben in den dunkelgrauen, donnernden Wolken hasste ihn abgrundtief und hatte seine Freude daran, ihn durch sein gesamtes Leben kriechen zu sehen und wer auch immer es war, er musste sich in diesem Moment vor Lachen auf dem Boden kugeln, denn Yugi war dabei in die Luft zu gehen. Mal wieder. „Warum so überrascht, Aibou? Ich bin diese Woche in der Lobby auf dem Weg nach unten sicher drei Mal an dir vorbeigelaufen, vielleicht sogar vier Mal, bevor du überhaupt mit Arbeiten angefangen hast.“ Yugi starrte nur vor sich hin, griff trotz allem nach dem tiefschwarzen Regenschirm auf dem nassen Bürgersteig und versuchte die äußerst nervenraubenden Wassertropfen loszuwerden, die seinen Körper zierten. „Ich glaube es einfach nicht – Es muss doch ein Gesetz dagegen geben!“, protestierte er und die vertraute Wut schien wieder in ihm aufzusteigen, sobald er diese blutroten, scharfen Augen sah, die ihn mit ihrem gewohnt freudigem, hellem Funkeln anstarrten. Yami war wie Kaugummi, der an seinem Schuh klebte, schmutzig, peinlich und schwer zu entfernen. Es war, als ob Yami bei jedem Schritt, den er nahm, über ihm auftauchte wie ein Schatten und immer dann plötzlich in seinem Leben aufkreuzte, wenn er es am wenigsten erwartete. Wenn er weiterhin einfach so aus dem Nichts erschien, würde er sicher noch einen Komplex entwickeln. „Ich befürchte nicht, Yu-chan. Weißt du, ich habe vor dir hier gewohnt, ganz zu schweigen davon, dass ich auch schon lange bevor du überhaupt das Collage beendet hast auf der Wache gearbeitet habe.“ Er grinste und schien Yugis Gedanken und Meinung über ihn zu lesen, was nicht hieß, dass Yugi sie ihm zu 100% offenlegte. Aber er hatte Recht. Eine Tatsache, die Yugi sogar mehr als Yami selbst hasste. Eigentlich war er es, der Yami folgte, aber wenigstens war er da nicht so scharf drauf wie Yami, dessen Miene sich jedes Mal aufzuhellen schien, wenn Yugi den Raum betrat oder auch nur ein Wort sagte. War es wirklich so unterhaltsam, ihm auf die Nerven zu gehen? Yugi seufzte frustriert, rieb sich die Schläfen und versuchte so, seinen überarbeiteten und unterbezahlten Körper zu entspannen. „Hör Mal, lass mich einfach in Ruhe, ich hab dir nichts zu sagen, also was willst du von mir?“, zischte er bösartig und hielt seinen Blick noch immer nach oben zu besagtem Gesprächsthema. Yami lächelte aufrichtig und sandte damit Schauer verschiedenster Art durch Yugis Magen. Sein Lächeln sah beinahe rein aus, das exakte Gegenteil dieses schmutzigen Grinsens, das er praktisch sieben Stunden am Tag auf den Lippen trug und fast brachte es sogar den Hass dazu, sich in Luft aufzulösen und von Respekt und --- etwas Anderem, das Yugi nicht richtig einordnen konnte, ersetzt zu werden. Fast war das Schlüsselwort, denn er wusste, dass es da irgendeinen Haken an Yamis völlig neuer Seite geben musste. „Komm doch hoch.“ Uuuuund da war er. Yugis hitziger Blick kehrte mit zehnfacher Wucht zurück und er umgriff den Regenschirm so fest, dass seine Knöchel bleich wurden und sich schneeweiß von dem nasskalten, pinkfarbenen Hautton, den seine Hände aufgrund der eiskalten Atmosphäre angenommen hatten, abhoben. „Nur über meine Leiche.“, spie er. Sein Boss lachte und blickte auf Yugis vor Wut zitternde Gestalt. „Na ja, sonst würdest du die ganze Nacht da im Regen stehen und das Letzte, was ich will, ist ein toter Partner.“ Sein Lachen klang ab. „Aber du hast Recht, du hast deine eigene Wohnung mit deiner Schwester, du könntest natürlich jederzeit rein gehen.“ Yugi biss sich auf die Lippe und drehte sich fluchtartig weg, um die Tränen, die sich erneut ihren Weg bahnten, schnell aus seinen ohnehin schon verquollenen, gereizten Augen zu wischen. Es tat weh zu wissen, dass Yami falsch lag. Er konnte nicht einfach dorthin zurückgehen, nachdem er seiner Schwester Dinge an den Kopf geworfen hatte, für die sie nicht einmal annähernd etwas konnte. Was für ein Bruder wäre er, wenn er einfach davon ausginge, dass seine Schwester aufgab und ihm ohne jeden Grund vergab? 'Der durchschnittliche?', wies ihn eine innere Stimme hin, die aber schnell verstummte, als er sich daran erinnerte, dass er eben kein durchschnittlicher Bruder sein wollte. Er wollte perfekt für Mai und Ethan sein, denn sie verdienten nicht weniger als das, nach allem was sie hatten durchmachen müssen. Yami schien interessiert an Yugis neuem Gesichtsausdruck, sein typisches Grinsen kroch zurück auf seine Lippen. „Na los, Yugi, lass den Unsinn. Ich weiß längst, dass irgendwas mit dir nicht stimmt, also kannst du auch einfach deinen Hintern hierher bewegen und mir erzählen, was passiert ist. Du weiß doch, ich nerv' dich damit morgen sowieso, wenn du's nicht erzählst." Er lachte in sich hinein und löste sich aus seiner bisherigen angelehnten Position. „Wohnung 429“ waren seine letzten Worte, bevor er das Fenster schloss und aus Yugis Blickwinkel verschwand. Yugi biss die Zähne aufeinander. Wie in aller Welt konnte Mai es nicht erraten, weshalb er diesen Mann auf den Tod hasste? * * * Yugi zitterte. Er wickelte das hellblaue Handtuch so eng um sich, bis er beinahe glaubte, es würde eins mit seiner feuchten Haut werden, nicht, dass er etwas dagegen gehabt hätte, dachte er an die Wärme, die das Objekt ihm spendete. „Trink die heiße Schokolade, Yugi, du wirst sonst krank.“, bestand Yami und platzierte die gläserne Tasse auf dem Kaffeetisch vor ihnen, während er sich achtlos auf die gepolsterte Couch unter sich plumpsen ließ. Yugi warf ihm einen scharfen Blick zu, griff dann aber schnell zu der Tasse dampfend heißer Schokolade, setzte sie an seine Lippen und trank gierig. Die warme Flüssigkeit lief seine Kehle hinunter und sandte Schauer von Wohlgefallen über seinen noch immer zitternden Rücken. Das war der reinste Himmel in einer Tasse, selbst wenn es nur eine dieser Instant-Packungen war, die man einfach in heißem Wasser auflöste. Normalerweise würde es Yugi anwidern, die unverrührten Klumpen des Schokoladenpuders in dem dunkelbraunen Getränk schwimmen zu sehen, aber im Moment war alles, was heißer war als 60 Grad, sein bester Freund. Yami seufzte, setzte sich eine Brille auf und nahm sich einen Stapel Ordner vor. „Also, was ist passiert?“, summte er und balancierte die Brille auf seiner Nase, während er sich die Hefter, die eine umfangreiche Menge an Dokumenten beinhalteten, durchlas. Die Blätter schienen unendlich oder es lag einfach daran, dass sie völlig durcheinander waren, was Yugi nicht unbedingt überraschte, schließlich ging es hier um Yami. Yugi hob eine Augenbraue und setzte sein Getränk auf einem der Korkuntersetzer ab. „Ich dachte, du hättest gesagt, du machst keine Papierarbeit.“ Yami saß da mit ziemlich unsicherer, ja sogar zögernder Miene, seine rubinroten Augen hielten sich nirgendwo lange, schienen ihn dann jedoch wie besessen durchdringen zu wollen und Etwas in Yugi warnte ihn davor, weiter auf das Thema einzugehen, da plötzlich furchteinflößende Schwingungen vom anderen Ende der Konversation zu kommen schienen. Solche, vor denen er Angst hatte, dass sie, wenn er zu weit ginge, ein dauerhaftes Chaos anrichten könnten. Trotzdem hielt es ihn nicht davon ab, sich in dem bisschen Stolz darüber zu aalen, dass er endlich etwas gesagt hatte, das dem Anderen wenig Raum zum Antworten ließ. „Ich befürchte, in dieser Situation ließe es sich nur schwerlich ignorieren.“, sagte er auf eine leicht gereizte Art und Weise, wie Yugi sie vielleicht von sich selbst erwartet hätte, von der er sich jedoch nie hätte träumen lassen, sie eines Tages aus Yami Sennens Mund zu hören. Nein, irgendwas lief hier verkehrt, diesen Mann brachte kaum Etwas aus der Ruhe. Zur Hölle, Yugi war sich sicher, dass er, selbst wenn der Himmel einstürzte, noch so unausstehlich und nervend sein würde wie eh und je. Im Grunde genommen hätte er es auch gar nicht anders gewollt. … Hatte er das wirklich gerade gedacht? „Außerdem ist das nicht der Grund, weswegen du hier bist. Sag mir, warum stand mein Partner mitten am Nachmittag draußen im Regen? Denn wenn er versucht, krank zu werden, damit er morgen nicht zur Arbeit kommen muss, dann kann ich versichern, dass das so nicht funktionieren wird.“ Er schmunzelte und musste Yugi nicht einmal ansehen, um zu wissen, dass der Andere vor Wut ein Loch in seinen Schädel starrte. Wann tat er das schließlich nicht? Der Kleinere rollte mit den Augen. Er hatte die Entscheidung getroffen herzukommen und Yami zu besuchen -Gott wusste wieso- also konnte er auch einfach mit der Sprache herausrücken. Außerdem würde Mai seinem Boss früher oder später sowieso von der Sache erzählen, falls sie es bis jetzt noch nicht getan hatte. „Wir haben uns gestritten.“, murmelte er leise und blickte im Raum umher, während er im ständigen Kampf mit sich selbst versuchte irgendetwas zu finden, das ihn von dem Gedanken ablenkte, wie attraktiv … Yami … mit Brille aussah … was? Er schüttelte mit dem Kopf und fragte sich langsam, was Yami ihm in die Schokolade getan hatte, denn dieser Gedanke war ganz sicher nicht Yugi Mutous gewesen. „Ach nein.“ Er lacht, während er sich noch immer durch den endlosen Papierstapel forstete, was Yugi zugegebenermaßen auf die Nerven ging. Er hatte da so eine kleine Neurose, wenn Leute während eines Gespräches keinen Augenkontakt hielten, dann wiederum würde ihn das zu einem Heuchler machen, denn schließlich war er es ja, der es vermied irgendjemandem in die Augen zu sehen. Doch das hielt wenigstens seine Wut in Schacht … immerhin größtenteils. „Es .. na ja …“, versuchte Yugi verzweifelt und veränderte ständig seine Sitzposition auf der hellbraunen Couch, während er sich gedankenverloren fragte, warum Yami in einem Apartment wohnte, wenn er sich doch solch teure Möbel leisten konnte, wie sie den Raum zierten. „Es.. ging... um dich ...“ Er biss sich zaghaft auf die Lippe. Warum war ihm das überhaupt so peinlich? Es war ja sicher nicht so, dass Yami deshalb total stinksauer werden würde. Außerdem, warum sollte es ihn denn kümmern, was Yami über sein Leben dachte? Es war seine Angelegenheit! Warum war Yugi überhaupt hier! „Das konnte ich mir schon denken.“ Er grinste und lehnte sich zurück, um Yugis hilflose Gestalt zu beobachten. „Ich fühle mich ja geschmeichelt, dass ich es dir wert zu sein scheine, wegen mir zu streiten, aber du wirst die Tatsache einfach akzeptieren müssen, dass Mai mich mag. Ja, wir waren zusammen, ja, sie ist meine beste Freundin und warum denkst du, ist das so?“ Er starrte den Anderen erwartungsvoll an. Er hatte Yugi wie die Ratte im Käfig und das war etwas, was der Andere überhaupt nicht leiden konnte, denn jede mögliche Antwort schien ein Punkt zu Yamis Gunsten zu werden und welchen Zweck hätte das für ihn gehabt? Yugi öffnete den Mund, um mit einer bissigen Erwiderung zu antworten, doch er erstarrte noch inmitten der ersten Silbe. Yamis und Mais Freundschaft war deren Angelegenheit, nicht seine. War es nie gewesen. Würde es nie sein. Yugi reagierte nur über... er reagierte immer über, aber das war seine Art und Weise, sich zu schützen, es war sein Schild vor den Verletzungen der äußeren Welt. Damit konnte er Sachen einfach verleugnen und sich dadurch so viel besser fühlen. Aber war das nicht eigentlich total kindisch? War er nicht wie ein Kind, das vor dem versteckten Monster unter seinem Bett flüchtete? „Mit eurer Freundschaft bin ich nicht einverstanden.“, begann Yugi. Das war ein Anfang, wenigstens log er nicht das Blaue vom Himmel. „Ich hasse es. Ich hasse die Tatsache, dass du mit meiner Schwester zusammen warst. Ich hasse die Tatsache, dass ihr beste Freunde seid. Ich hasse es, dass Duke abgehauen ist und sie und meinen Neffen Ethan auf der Straße zurückgelassen hat. Ich hasse die Tatsache, dass das der einzige Job ist, den ich kriegen konnte. Ich hasse es, dass ich in einem heruntergekommenen Apartment wohnen muss. Und ich hasse dich. Aber meine Schwester werde ich immer über alles lieben. Es ist mir völlig egal, welche Art von Beziehung ihr habt.“ Er presste seine Faust zusammen und drehte sich zu Yami um, um seine Worte zu unterstreichen. „Ist mir wirklich total egal.“ Yami lächelte und nickte verständnisvoll. „Das ist eine dicke, fette Lüge, aber wenigstens liebst du deine Schwester.“ Er klopfte wie zur Gratulation leicht auf den Rücken des Anderen. Yugi blickte finster. „Nachdem das ja geklärt ist, vielleicht solltest du duschen gehen, du kannst auch ein paar von meinen Klamotten haben.“, schlug Yami mit einem Augenzwinkern vor. „Und hab ich schon erwähnt, dass in meine Dusche zufällig mehr als eine Person passt?“ Yugi errötete wütend und sprang von der Couch auf, um körperlich so weit, wie es in dem beengten Apartment möglich war, von dem Anderen wegzukommen. „Tschüss!“ Er geriet in Panik und rannte so schnell es ging zur Tür, ehe er unsanft am Handgelenk festgehalten und nach hinten zurück auf die Couch gezogen wurde. Yugi winselte und rieb sich sein misshandeltes Handgelenk, während er Yami anfunkelte, der zu seiner Verwunderung ganz und gar nicht amüsiert wirkte. „Yugi, es gibt da Etwas, das du wissen solltest, bevor du gehst.“ Der Ton in seiner Stimme klang mehrdeutig, seine Augen schienen extrem misstrauisch, ganz im Gegenteil zum Glanz, der sonst in ihnen lag und, na ja, auch sonst wirkte er eher unruhig. Eine lange Pause folgte, lang und schwer. Beklemmung machte sich im Raum breit. Yugi war sich sicher, dass er jemanden strangulieren müssen würde, wenn er heute auch nur noch eine Sekunde der Stille ertragen musste. Der ganze Tag hatte sich um nichts Anderes als schreckliche Gefühle und durchnässte Klamotten gedreht. Nicht unbedingt seine Lieblingskombination. „Eine Frau ist auf der Flucht vor der Polizei. Sie wird beschuldigt, mehrere Leute ungebracht zu haben … und ihr Tatmuster ist sehr … unvorhersehbar.“ Yami räusperte sich und nahm die Brille von seinen düsteren, roten Augen. Yugi runzelte die Augenbrauen. "Okayyyy, also ... du willst mir damit sagen, dass ich draußen vorsichtig sein soll? Verstanden, jetzt lass mich bitte gehen, bevor ich deine Couch mit dem Regenwasser komplett einsaue, es sei denn du willst sie ersetzen, denn echt, ich bin ja eigentlich total dafür, dir genauso viel Ärger zu bereiten wie du mir." Er funkelte ihn an und begann abermals sich aufzurichten, nur um letztendlich wieder zurückgezogen zu werden, dieses Mal direkt auf den warmen Schoß des Anderen. Yugis Gesicht erhitzte sich aus einer Mischung aus Wut und schlichter Beschämung. Er war sich ziemlich sicher, dass das sexuelle Belästigung war, aber wenn er wiederum darüber nachdachte, hatte Yami das Gesetz sowieso schon mehr als einmal gebrochen. „Ich meine das wirklich ernst, Yugi, die Polizisten denken, es sei einfach ein zufälliges Tatmuster, aber ich habe eine eindeutige Ähnlichkeit der Opfer ausmachen können.“ Yugi starrte seinen Boss an, seine Neugier wurde mehr und mehr größer als der Wunsch, so schnell wie möglich aus der Tür zu verschwinden. Yamis Berfürchtungen waren meist berechtigt und wie das Gespräch sich entwickelte, schien es, als ging es hierbei um etwas wirklich Ernstes. „Sie alle kannten Duke, Yugi ..." Yugis Augen wurden größer, Angst überkam ihn, als er an seine Schwester dachte ... und an seinen Neffen ... oh Gott... Yami schüttelte mit dem Kopf. „Aber es könnte auch nur ein Zufall sein, nur … bitte, Yugi … pass auf dich auf, okay?“, fragte er sanft, woraufhin Yugi nicht anders konnte als zu nicken und sich langsam vom Schoß seines Bosses zu erheben. Die Zufallstheorie reichte aus, ihn zu trösten, denn wirklich, wie realistisch war es, dass irgendein Mädchen gerade Dukes alte Bekannte ermordete? Es war nur Zufall. Zufall, ja. Nur Zufall. Ein Zufall. Noch während er zur Tür lief und die Gedanken durch seinen Verstand rasten, entschied die Schwerkraft ein weiteres Mal, ihre Zauberkräfte an Yugi zu üben. Er schwankte und fiel. Er wusste, dass etwas verkehrt war, als ihm schwindelig vor Augen wurde, jedoch mehr noch, als er mit seinem Gesicht auf etwas Hartem, doch irgendwie Weichem und Warmem aufkam ... war er auf den Fußboden gefallen? Er befühlte das Material unter sich und bemerkte, dass der Teppich nicht so weich war, wie er ihn in Erinnerung hatte, bevor er hörte, wie der Boden ein tiefes Knurren ausstieß. Oh, ihr hättet Yugis schlagend rotes Gesicht sehen sollen, als er bemerkte, wie eine warme Hand über seinen Rücken fuhr. „Hast du noch nie 'was von der Drittes-Date-Regel gehört? Ich glaube, das ist erst unser zweites, Yugi, Schatz~“ Yugi war sich ziemlich sicher, dass er mit der Hitze, die sein Körper gerade ausstrahlte, ein ganzes Drittte-Welt-Land mit Energie versorgen könnte. Nein, ganz egal wie liebevoll und süß Yami auch klingen konnte, ...er würde sich nie ändern. „GEH RUNTER VON MIR!“ „Hey, du liegst auf mir.“ Aber vielleicht … „ICH HASSE DICH!“ „Du bist so süß~“ „Du nervst!“ „Wenigstens bin ich nicht nass.“ „WERD ERWACHSEN!“ … war das ganz okay … Fortsetzung folgt ... Kapitel 4: Welches Tier bist du? - Part I ----------------------------------------- Kapitel 4 – Welches Tier bist du? (Part I) (https://www.fanfiction.net/s/7748449/4/) „Jo! Tristan! Hier rüber!", rief Joey und hob seine Hand in die Luft, bevor das zelluläre Objekt in ihr landete. „Leute! Ernsthaft! Gebt her!", quiekte Mana verzweifelt und stellte sich auf Zehenspitzen, um wenigstens halbwegs die Höhe ihrer beiden Peiniger zu erreichen. Joey und Tristan jedoch lachten nur weiter auf ihre Kosten, ehe sie damit fortfuhren das Handy zwischen sich hin und her zu werfen. Yugi stöhnte auf und lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück. Diese seltsamen Leuten, mit denen er hier arbeitete, Idioten zu nennen, war möglicherweise eine Beleidigung gegen Yami. Aber Fakt war, dass diese Leute hier keine Polizisten waren, sondern höchstens Clowns! Kein Wunder, dass die ganze Papierarbeit stapelweise liegen blieb. Wahrscheinlich wussten sie noch nicht einmal, wie man einen Stift ordentlich in der Hand hielt, ohne ihn dabei jemandem in die Nase zu schieben, oder so ... Was nicht heißen sollte, dass er ihnen die Schuld an dieser ... zirkusartigen Atmosphäre gab. Die hatte wennschon ihr Boss, die sogenannte 'Führungskraft' der Gruppe. Also wirklich jetzt, wer sonst würde seinen Angestellten erlauben, Handys zu stehlen, sie herumzuzeigen und Sachen anzuzünden? Ja ... sie hatten etwas angezündet, aber das war eine ziemlich lange Geschichte. Yugi zog es vor, sich nie mehr daran zu erinnern. Obwohl er zugeben musste, dass es ihm erheblich schwer fiel, wenn Joey und Malik sich weiterhin 24 Stunden die Woche hämisch darüber freuten. Alles in allem ... war das Leben als Polizist auf der Domino-Polizeiwache alles andere als Yugi es erwartet hätte. Sein Leben war wie eine lange Reise mit einem Wanderzirkus und seine Mitarbeiter verhielten sich wie ein Haufen Grundschüler. „Mana hat einen Freund~! Mana hat einen Freund~!“ …'Tschuldigung, hatte er gerade etwas von Grundschule gesagt? Er meinte natürlich Kindergarten. „Er ist nicht mein Freund! Er ist mein Lehrer in der Abendschule!“, schnaubte Mana und schaffte es dann endlich, sich das silberne Handy aus den Händen des noch immer kichernden Brünetten zurückzuholen. Joeys Augen weiteten sich und ein Grinsen stahl sich auf seine Lippen. „Oh~ Mana, du unanständiges Mädchen! Wie ist der Sex? Treibt ihr es in seinem Klassenzimmer? Oder ist er einer von diesen total langweiligen Lehrern, die einfach nur ihren Unterrichtsplan abarbeiten und dann gehen?“, sprudelte es aus Joey hervor wie aus einem zu weit aufgedrehten Wasserhahn. Das einzige Problem war, dass das Spülbecken darunter nicht groß genug für die reichliche Menge an Wasser war, die der Hahn ausschüttete. „Nein! Müsst ihr Jungs echt so unreif sein! Mahad ist ein witziger, intelligenter und talentierter Lehrer und vor allem ANSTÄNDIG und er würde nie etwas mit einem seiner eigenen Studenten anfangen, ganz zu schweigen davon mit ihnen im Klassenzimmer zu schlafen.“, murmelte Mana und öffnete ihr Handy, um nachzusehen, ob die Beiden ihrem Baby irgendwelchen irreparablen Schaden zugefügt hatten. Joey sah die Ägypterin an und wackelte suggestiv mit den Augenbrauen. „Ohhh~ aber du hättest es gerne~“, sang er und stimmte dann in Tristans Gelächter mit ein. Mana spottet. „Pfff! Und ob! Gott, es ist so schwer sich heutzutage in eine Autoritätsperson zu verlieben. Ich meine, verbotene Romanzen sind heiß und so, aber nein danke!“, rief sie entkräftend. Yugi lächelte im Verborgenen über die entgeisterten Mienen seiner Kollegen. Voreilige Schlüsse waren eben doch nicht so das Wahre. Natürlich ging der einzige Weg, diese Lektion zu lernen darüber, sie zu durchleben und wenn das wirklich der Fall war, dann war Yugi sich ziemlich sicher, dass er genauso gut der Meister darin hätte sein können. „Was?“, fragte Mana, während sie sich in ihrem Stuhl umher drehte. „Ich hab' gesagt, dass er nicht mein Freund ist, aber ich hab nie gesagt, dass ich nicht interessiert wäre!“ Sie seufzte. „Mensch, ihr Typen seid wie eine Horde Affen! Außer Yugi. Er ist eher wie ein Babykätzchen oder ein Koala, so, so verdammt süß!“, quiekte sie. Yugi errötete und drehte sich weg. Er fühlte, wie der letzte Rest seines „männlichen Stolzes“ direkt durch seine Finger rann. 'Na ja, eigentlich kann man ja nicht verlieren, was man sowieso nie hatte.', wies er sich selbst sachlich darauf hin, wobei er jedoch recht schnell bemerkte, dass er sich keinen sonderlich großen Gefallen tat, sich immer wieder auf solch ihm längst bekannte Schönheitsfehler seines Lebens aufmerksam zu machen. Darum kümmerte Yami sich schließlich schon. „Ey! Yugi is' kein Kätzchen! Er ist mehr wie ein … ähm … ähhhhhh, Chihuahua!“ Yugi hätte schwören können, dass er jeden Moment vom Stuhl kippte. „Er ist vielleicht klein und knuddelig, aber wenn er beißt, dann wird er ziemlich fies!“ War das nicht die Wahrheit? Yugis Gesichtszüge zuckten leicht. Ohhh, wenn Yami doch nur da wäre. Gott, der hätte seine wahre Freude an diesem Gespräch! Er würde ihn wahrscheinlich direkt mit irgendeinem Vogel oder einer Maus vergleichen, nur um sich über seine Statur lustig zu machen. Aber zum Glück war Yami im Moment nicht da. Er hatte einen dringenden Anruf von Kaiba erhalten, der einzigen Person auf der Wache, die mehr Macht hatte als er selbst, und Malik hatte er direkt mitgenommen. Ein Teil von Yugi war extrem erleichtert, dass er die beiden wahrscheinlich größten Idioten der Welt losgeworden war, und obwohl er sich nun mit einem Haufen verantwortungsloser „Mitarbeiter“ abgeben musste, war Babysitten immer noch besser als Non-Stopp dumme Bemerkungen über sich ergehen lassen zu müssen. Andererseits … war es irgendwie auch alles andere als erleichternd. Es kam selten vor, dass Yami einen Anruf von Kaiba erhielt und noch viel seltener für ein Meeting. Es musste also um etwas wirklich Ernstes gehen, um etwas, an dem Yami Yugi zweifellos nicht teilhaben lassen würde. Seit der Mordserie, die sich um Dukes Bekannte drehte, hatte Yami mehr als einmal betont, dass Yugi auf der Wache bleiben und auf ihre Rückkehr warten sollte. Nicht, dass Yami ihn je überhaupt arbeiten ließ, aber in letzter Zeit … war er noch finsterer beziehungsweise ernsthafter geworden, was die ganze Sache anging. Das war es, was ihm am meisten Angst machte. Was Yami beschäftigte – nein, was Yami UND Kaiba beschäftigte, war ganz sicher nichts, was man auf die leichte Schulter nehmen sollte. „Yugi ist kein Mexikaner!“, bluffte Mana zäh, auf eine Weise, die Yugi ein wenig an einen frechen Pudel erinnerte. „Wenn irgendwer hier ein Hund ist, dann ja wohl du „Köter““, stichelte sie. Sie wusste, dass der Spitzname, den Joey über alle Maßen hasste, das Feuer richtig schön weiter anheizte. Oh ja, zu diesem Spitzname gehörte auch eine lange Geschichte. Eigentlich konnte man nichts von dem, was innerhalb dieser Wände geschah, so wirklich in Worte zu fassen. Es gab da allerdings das perfekte Substantiv, das all das zusammenfasste: Chaos. „Lass den Geldsack da raus! Der kann mich meinetwegen am Allerwertesten lecken!“, maulte Joey und Tristan musste ihn zurückhalten, damit er sich nicht, verfolgt von den misstrauischen Blicken der umstehenden Mitarbeiter, auf das Mädchen vor ihnen stürzte. Es war nicht neu, dass Joey und Seto sich abgrundtief hassten. Ja, bisweilen versammelte sich sogar einige um die Beiden, wenn sie mal wieder einen ihrer berühmt-berüchtigten Auseinandersetzungen hatten. Yugi stattdessen saß dann meistens nur da und verdrehte die Augen darüber, wie unglaublich unprofessionell die zwei sich verhielten. Also darüber, wie unprofessionell Joey und Seto sich verhielten… Joey und Mana dagegen waren nochmal eine völlig andere Geschichte. „Oh! Da hab ich einen wunden Punkt getroffen, was?“, neckte Mana den Honigblonden und schloss ihr Handy, während ein fieses Grinsen sich durch ihre Gesichtszüge zog. „Nein!“, zischte er und klopfte seine Schulter ab, sobald er sich aus dem groben Griff seines brünetten, besten Freundes gekämpft hatte. „Außerdem, wenn ich ein Hund wäre, wär' ich so was wie… ein Bluthund! Oder ein Pitbull!“ Er grinste und ließ seine Muskeln zum Beispiel seiner 'großen Kanonen“ spielen… die ehrlich gesagt alles andere als groß waren, obwohl sie mindestens zweimal so groß waren wie Yugis… wenn man bei ihm überhaupt von Muskeln sprechen konnte. „Ja, du hast vielleicht das Hirn von einem.“ Tristan grinste und trat damit dem 'Gefecht der Witzeleien' bei, das nicht nur aus endloser Dummheit bestand, sondern zudem nicht unwesentlich zu Yugis endlosem Kopfschmerz beitrug. Gut, dass er eine Krankenversicherung hatte, denn er war sich mehr als sicher, dass er eines schönen Tages entweder durch Joeys unglaublich an den Haaren herbeigezogene Prahlereien was seine Muskeln und seine „Lady-Killer-Fähigkeiten“ anging, Manas zwanghafte, teenagerartige Reaktionen, Tristans gottverdammte Retourkutschen, Maliks koffeinbeeinflusstes Verhalten, Kaibas Ego oder höchstwahrscheinlich durch Yamis unerträgliche Sticheleien ohnmächtig werden würde. Es war ein Wunder, dass sein Blutdruck so niedrig war. „Musst du grad' sagen, Einhornmann!“, zischte Joey. Wenn Yugi es sich recht überlegte, war umzukippen gar keine so schlechte Idee. Eigentlich war es sogar verlockender als alles andere in diesem Moment, und es schien, zu sterben war der einzige Weg Yamis wachsamen, Wutanfall auslösenden, karmesinroten Augen zu entkommen. Wer hätte das gedacht? Vielleicht wartete seine persönliche Hölle geradezu auf seinen Tod, und Yami hatte sich auf dem goldenen Thron niedergelassen und wartete auf die Ankunft seines Lieblingssklaven. Allerdings war der beängstigendste Teil dieses Gedankens nicht die Tatsache, dass sein Meister sein Feind Nummer Eins sein könnte, nein, sondern dass er überhaupt so über die Sache nachdachte… Bei Gott, er brauchte mehr Schlaf. 'Nein, was du brauchst, ist Urlaub', korrigierte er sich selbst, während er diverse Gegenstände durch den Raum fliegen sah, mit denen Joey ohne Zweifel auf Tristan gezielt hatte. Oder… andersherum. Das wusste man bei den Beiden nie genau. Ehrlich gesagt hätte er gerne gewusst, wie viele Verbrecher die Polizeistation im Jahr so fasste. Mit solchen Angestellten wettete er auf ungefähr zwei, wenn sie Glück hatten. Andererseits… erwiesen sie sich manchmal... als extrem… hartnäckig. Entweder waren sie das, oder sie waren einfach so nervig, dass der Täter aus purem Unglauben darüber kapitulierte. Er wusste, er hätte genau das getan, wenn die Bande, die ihn da mit Handschellen verfolgte, aus einem Haufen armer Irrer bestand, deren Vokabular so winzig war, dass eine Maus es mit einem Mal verschlingen könnte. Trotzdem, all das war im Großen und Ganzen nicht der Rede wert. Ganz im Gegensatz zu dem, was ihn im Moment wirklich quälte. Klar, es war nicht schwer zu erraten, dass es dabei um Yami ging, aber ausnahmsweise einmal nicht in Bezug auf seine Schwester oder seine Highschool oder Yamis Talent, jeden Fehler, den er hatte, zu finden und zurück in sein Gesicht zu klatschen wie irgendeinen halbgaren, mikrowellentauglichen, tropfenden Kürbiskuchen. Nein, darum nicht. Allerdings zerfetzte es seinen Stolz sicher ebenso sehr. Heute Morgen hatte Yami entschieden, allen ihre Gehaltchecks früher zu geben, da sein Meeting mit Kaiba so wichtig zu sein schien, dass es den ganzen Arbeitstag dauern würde. Im Geheimen hoffte Yugi, dass Kaiba Leute entließ oder so, denn wenn er von der Firma 'recycelt' werden würde, bekäme er wenigstens Arbeitslosenunterstützung, wogegen, wenn er selbst kündigte (was Tag für Tag verlockender klang), er, Mai und Ethan wahrscheinlich auf der Straße landen würden. Mai würde sich prostituieren müssen, Ethan würde aus dem Kindergarten geschmissen und Teil einer Zuhältergang werden und Yugi an diesem Punkt wahrscheinlich Selbstmord begehen ... und ... er tat es schon wieder... Jedenfalls freute sich Joey, nachdem Yami weg war, urplötzlich wahnsinnig über etwas, dessen Ursache Yugi nicht so wirklich herausfinden konnte, denn alles, was es brauchte, um den Amerikaner glücklich zu machen, war ein Eimer Schokoladeneis und eine extragroße Schachtel Pepperonipizza. Es dauerte noch bis zu dem Moment, in dem Joey auf den Tisch kletterte – oder eher, auf den gigantischen Stapel an unfertigen Dokumenten, der darauf lag – und rief... nun ja... Yugi schenkte dem ehrlich gesagt nicht so viel Aufmerksamkeit, doch die Wörter, die hängenblieben, waren „173 Dollar" und „Gehaltserhöhung"... dann sah er hinunter auf seinen eigenen Gehaltscheck... Da auf dem Papier stand eine große, stolze Zahl, die Joeys dagegen wie ein Insekt hätte zerquetschen können. 368 Dollar! Yugi war ein Anfänger! Er sollte halb so viel wie die Anderen bekommen, nicht zweimal so viel! Das also war er für Yami, ja! Ein Sozialfall! Vielleicht hatte der Mann endlich erkannt, was für ein Arschloch er in Bezug auf Yugi war, oder möglicherweise versuchte er nur zu helfen, aber ganz egal, was es war, es war falsch. Er würde Yami finden. Er würde ihn finden und in klitzekleine Teilchen zerschmettern, BIS ER NUR NOCH EIN HAUFEN KALTER SCHOTTERSTEINE WAR! „Ey Yug', alles okay bei dir, Kumpel?", fragte Joey nervös und trat zurück von einem gewissen verärgerten "Einhorn", wie Joey selbst ihn benannt hatte. Nun, wenigstens sein Spitzname machte Sinn. Die Form seiner Haare verkörperte wirklich irgendwie jenes mystische Wesen, aber -Yugi-chan-? Okay, er wusste, dass er eine ein wenig feminine Figur hatte, aber war es wirklich so schlimm? Yugi beendete die Reise in seine gedankliche Welt voll Todesversprechen und heftigen Schimpftiraden abrupt und bemerkte, wie seine zierlichen Finger sich fest um das schwarze Heftgerät geschlossen hatten, mit dem er vorhin noch beschäftigt gewesen war. Seine Knöchel waren weiß vor Wut; seine Hände bebten wie ein Vulkan kurz vor dem Ausbruch. Mit seinem äußerst verstimmt wirkenden Gesichtsausdrucks sah er aus wie ein wandelndes 'Achtung! Betreten Verboten'-Schild. Super! Wenn Yami es jetzt nur noch lesen könnte. Yugi öffnete seinen Mund, um zu antworten, doch sein Satz wurde von einer unbekannten, weiblichen Stimme aufgehalten. „Mister Mutou? Mister Sennen möchte Sie sprechen. Er wartet in Mister Kaibas Büro.“ Yugi erstarrte vor Angst. Hatte Yami letztendlich doch entschieden, Yugi zu feuern? Oh Gott ... oder vielleicht hatte er ja Recht mit seiner Entlassung! Was, wenn Kaiba herausfand, dass Yugi bisher nicht wirklich gearbeitet hatte? Das war allerdings Yamis schuld! Er konnte die Befehle seines Bosses ja nicht einfach missachten ... ganz egal, wie sehr er es gewollt hätte. Oder ... oh nein ... was, wenn Kaiba Yugi dabei gesehen hatte, wie er letzte Nacht in Yamis Appartement verschwunden war und jetzt annahm, dass sie zusammen waren! 'Oh GOTT, bitte lass es Ersteres sein', betet Yugi zu welchem Gott ihm auch immer gerade zuhörte. So sehr er auch als Yamis Flittchen von Freund angesehen hätte wollen, „hatte eine Affäre mit ehemaligem Boss“ würde NICHT unbedingt gut aussehen auf seinem Arbeitszeugnis. Nach einiger Verzögerung nickte er und versuchte sich zu erinnern, was er gerade noch über voreilige Schlussfolgerungen gedacht hatte. Er musste sich beruhigen. Kaiba brauchte wahrscheinlich nur Hilfe beim Stapeln von irgendwelchem Zeugs oder so. Bei all dem Geld, das die Kaibas besaßen, hätte es Yugi nicht einmal gewundert, wenn der Mann einen Assistenten an der Toilettenspülung stehen gehabt hätte. Klar... andererseits war die Toilette sicher aus Gold oder so, und er wollte sicher keine Fingerabdrücke darauf. Beides schien überraschend plausibel. Obwohl ... irgendetwas juckte ihn da so seltsam im Hinterstübchen, dass er sich dort am liebsten gescharrt hätte, was das Zeug hielt. Doch er wusste, dass die Dinge sich dadurch letztendlich sowieso nur verschlimmern würden. Was sollte ein Serienkiller denn schon von ihm wollen? Ja, und? Er kannte Duke. Er war aber doch nur der Bruder ... der Exfrau des Mannes. Ganz zu schweigen davon, dass die Frau auch noch einen Sohn hatte. Also, na gut, vielleicht war er zu einem Großteil in die Sache verwickelt, aber sollten sie nicht in erster Linie Mai beschützen? Sie war die Mutter seines Kindes, für das er sich im Übrigen scheinbar nicht sonderlich interessierte, denn er hatte vor Gericht keine Anstalten gemacht, das Sorgerecht zu bekommen. Gott, es würde Yugi nicht überraschen, wenn dieser „tolle, neue Job in Amerika“ in Wirklichkeit nur irgendeine Stelle als Spekulant in einem Kasino war. Allerdings, fairerweise musste gesagt werden, dass Yugi die Gabe der Beharrlichkeit besaß und die Neigung hatte, seine Nase in Angelegenheiten zu stecken, die ihn nichts angingen und deshalb konnte man es Yami eigentlich nicht verübeln, dass er sein Bestes gab, ihn von der ganzen Sache fernzuhalten. Das aber würde er ganz sicher niemals laut sagen. Nicht nur, weil es seinem ohnehin kaum noch vorhandenen Stolz den letzten Rest gegeben hätte, wenn er zugab, dass sein allergrößter Feind Recht in etwas hatte ... Obwohl das an sich ja eigentlich schon ein ziemlich guter Grund gewesen wäre. Trotzdem lag es vor allem daran, dass Yamis Gesicht sich wahrscheinlich bei jedem Mal, da das Thema aufkam, verdunkeln würde, wie der Himmel vor einem Sturm. Oder wie dann, wenn Yugi die Lichter ausgeschaltet hatte, um einen Film zu sehen und die Bilder mit hundert Meilen pro Stunde durch seinen Kopf rasten ... Wieder ... Und wieder ... Und wieder ... Yugi hasste es. Im Grunde sollte Yami froh sein! Oder wenigstens zufrieden. Auch wenn Yugi diesen uncharmanten Bastard wirklich hasste, hätte er einer Veränderung seiner aktuellen Situation doch nicht wirklich offen gegenüber gestanden. Und jetzt, da Yami sich seinen Weg in sein Leben erschlichen hatte, war er nun einmal da. Wie ein Flicken genäht auf eine Decke, auf der, würde man den Flicken von der Stelle abreißen, nur ein Loch bliebe. Auch wenn er diesen Flicken wirklich abgrundtief hasste. Aber wer war diese Person überhaupt? War es Duke? Oder vielleicht eine eifersüchtige Freundin? Exfreundin? Der Gedanke schien ein wenig weit hergeholt, doch dann wiederum war wahrscheinlich sowieso alles, was Yugi an diesem Tage dachte, ziemlich weit hergeholt. Die tödliche Kombination aus Kaffee und nur zwei Stunden Schlaf in der Nacht hatten durchaus nicht ihre Wirkung verfehlt. Fügte man der Gleichung dann noch einen Idioten von Boss hinzu, hatte man ein ganz neues Ballspiel. Und zwar keins dieser lustigen mit den Hotdogs und den dicken Leuten, die einem jedes Mal den Sitz wegnahmen, sobald man die Toilette aufsuchte. Aber ... warum würde Yami ihn unbedingt sehen wollen, wenn er doch mitten in einem Meeting war? Vielleicht war das alles irgendeine Art von Bürostreich, der ihm als Neuling gespielt wurde. Großartig! Das Letzte, was Yugi brachte, war eine Erinnerung an seine Highschoolzeit. Viel weniger noch an sein erstes Jahr. Er konnte nicht sagen, wie viele unzählige Male er sich verlaufen hatte und irgendein Oberstufenschüler ihn in irgendeine völlig verkehrte Richtung geschickt hatte, zum Beispiel aufs Dach oder auf die Schulwiese. Einmal hatten sie ihn zu den Damentoiletten dirigiert ... und na ja, war ja nicht schwer zu erraten, was wohl als nächstes passiert war. Die Narbe des Schuhabsatzes zierte heute noch seinen Rücken, ganz zu schweigen von den emotionalen Wunden. Die einzige Sache, die Yugi an der Erinnerung an diesen Tag lustig fand, war, dass es ein perfektes Beispiel dafür abgab, weshalb genau er schwul war. Vielleicht brauchte Yami seine Hilfe ... nein, er hatte Malik mitgenommen und obwohl der Ägypter zu den seltsamsten Dingen gehörte, die auf der Erde wandelten, war er doch eigentlich recht intelligent im Vergleich zu Joey und Mana. Es hätte Yugi nicht einmal wirklich überrascht, wenn der Andere auf der Highschool bessere Noten als er selbst bekommen hatte. Möglicherweise langweilte Yami sich auch einfach nur und hatte entschieden, ihn zur bloßen Bespaßung zu sich zu rufen. Und dummerweise war das wohl leider viiiiiiel mehr als nur eine an den Haaren herbeigezogene Möglichkeit. Kaiba wusste, dass Yami in seinem Job ganz schön nachgelassen hatte. Er musste es doch einfach wissen! Nur was hielt ihn dann davon ab, seinen Boss einfach auf die kalte, harte Straße zu werfen?! Und zwar mit einem schönen, großen, blauen Brief in der Hand. Und noch etwas Anderes wunderte ihn. Was war eigentlich los mit Yami und-- „Buh." Yugi quiekte, fuhr herum und sein Blick traf auf amüsiert wirkende Rubine, die bald schwarze und blaue Blutergüsse zieren würden, wenn der Mann nicht endlich anfing MANIEREN ZU LERNEN! Yami hob eine Augenbraue und beobachtete Yugis komisch zerzaust wirkende und seltsam zuckende Gestalt. Der arme Junge wirkte irgendwie verstört, oder als ob die Erdanziehungskraft sich seiner sofort bemächtigte, wenn man ihn auch nur anstupste. Wahrscheinlich würde er dann sogar direkt ohnmächtig werden. Seine violetten Iriden waren geweitet, wie enorm große, blutunterlaufene Pflaumen, die ihn mit leichtem Bangen und voll der Hitze ziemlich übertriebenen Hasses anstarrten. Verdammt, wenn Yami es nicht besser gewusst hätte, hätte er ihn wahrscheinlich wegen Drogenmissbrauchs oder massivem Alkoholkonsums ins Krankenhaus einweisen lassen. Armer Yu-chan~ Aber na ja, es war ja nicht so, dass Yugis Schlafmangel sein Problem war, denn schließlich gab er seinem Angestellten hier mehr als genug Gelegenheiten heimzugehen. Aber der Mann musste ja unbedingt darauf bestehen zu bleiben, bis Yami ihm endlich Arbeit gab. Yugis Sturheit und Dummkopf würden ihn eines Tages sicher noch umbringen. Leider würde das Yami dann keine wirkliche Gelegenheit mehr geben, ihn mit einem „Ich hab's dir ja gesagt“ aufzuziehen. „Meine Güte, läufst du langsam. Ich hab meine Sekretärin vor über 15 Minuten losgeschickt, Aibou. Und es dauert nur fünf herzukommen.“ Er grinste und klopfte eindringlich gegen den Holzrahmen in der Tür neben ihm, verlor dabei jedoch nie den Augenkontakt mit den violetten (jedenfalls normalerweise violetten, wenn er denn nicht so tot vor Müdigkeit ausgesehen hätte) Iriden des Anderen. Yugi zwinkerte leicht, während er langsam begann zu verarbeiten, dass er gerade dabei war direkt an der Tür seines Bosses vorbeizulaufen und Moment, was? Eine Schimpftirade gegen besagte Autoritätsperson und Baseballspiele loszulassen? ... Gott, er wusste echt nicht mehr, was er in letzter Zeit eigentlich dachte. Seine Gedanken schienen ebenso gezielt wie ein Sniper, der zum ersten Mal versuchte Pfeil und Bogen zu benutzen. Oder um es einfacher zu sagen, wirr zerstreut. Wie Puzzleteile auf dem Fußboden verstreut. Yugi konnte gut mit Puzzlen umgehen, in seiner Kindheit war er sogar „König der Spiele“ genannt worden. Aber dieses Puzzle … es war … zu unheimlich … zu trocken, einfach zu viel für Yugi. Doch im Geheimen liebte er es gleichzeitig. Nicht Yami, nicht seinen Job, nicht seine Kollegen, aber die Tatsache, dass all das eine Herausforderung war. Und Yugi trat vor keiner Herausforderung zurück. Irgendwie hatte er das Gefühl, dass Yami genau das wusste und mit Absicht versuchte zu testen, wie weit er es treiben konnte, bevor Yugi aufgeben und das Handtuch werfen würde. Aber Yami war dumm, wenn er glaubte, dass er wirklich so viel über ihn wusste. Zum Beispiel Dinge, die Yugi noch nie jemandem erzählt hatte und die er merkwürdigerweise trotzdem herausfand. Dinge, von denen er noch nicht einmal Mai erzählt hatte! Trotzdem schien er sehr wenig über Yugi zu wissen. Und Junge, da konnte er sich aber auf ein hartes Erwachen gefasst machen. Er würde schon merken, wer hier zuerst das Handtuch warf. Nicht, dass Yugi wirklich ein Mitspracherecht hatte, aber er würde es schon schaffen Yami in die Knie zu zwingen, selbst wenn das schlaflose Nächte und Arbeitsentzug für ihn bedeuten sollte. Oh, und dann würde Yami nicht nur einen kleinen Knacks weg haben, oh nein. Yugi wollte, dass er daran zerbrach. Yugi grinste leicht höhnisch und riss seinen Blick von den roten Augen des Größeren los, um seinen Ärger in den Griff zu bekommen. „Aha. Was willst du?“, spie er. Normalerweise war er nicht so kalt gegenüber Yami. Klar, hier und da mal ein zorniger Blick oder eine kleine Diskussion, gefolgt von einigen, na gut, haufenweise gedanklichen Morddrohungen, aber er wirkte eigentlich nie so … gefühlskalt … und böse, geradezu wie eine Art … Federvieh. Nicht falsch verstehen, er war definitiv eins, aber … immerhin war die Atmosphäre zwischen ihnen gerade eher spielerisch statt aufgeladen gewesen und genau das erinnerte ihn an den Streit mit Mai. Er musste sich zusammenreißen, bevor sich die ganze Situation wiederholte und er alles komplett vermasselte. Reiß dich zusammen. Zusammenreißen. Bleib dabei. ‚Reiß dich einfach zusammen! ‘, wiederholte er. „Eigentlich hatte ich entschieden, dass du dieses Mal mitkommst. Ich habe gerade einen Anruf von einer benachbarten Schule bekommen. Anscheinend droht dort ein Mann mit einer Waffe eine Gruppe von Erstklässler zu erschießen, wenn er keine 5.000 Dollar bekommt.“ Yami seufzte und setzte dann mit der Geschichte fort, stieß dabei allerdings auf taube Ohren, während Yugi ihn geschockt ansah. Arbeit? Richtige Arbeit? Das musste doch einen Haken haben! War Yami es nur Leid geworden Leergewicht mit sich herumzuschleppen? Vielleicht hatte Kaiba ihn endlich zur Vernunft gebracht und angeordnet, dass Yami ihm etwas zu Arbeiten geben sollte. Entweder das, oder der Andere spielte nur mal wieder einen Streich mit ihm und wollte ihn in Wirklichkeit in eine Art Bar oder Stripclub zerren. Noch war es nicht passiert, aber andererseits hatte auch noch keiner kybernetische Roboter erfunden, die menschliche Arbeit übernahmen, sodass alle Anderen sich für den Rest der Ewigkeit auf ihren faulen Hinterteilen ausruhen konnten. Aber auch das würde früher oder später schon noch kommen. „Warum kommen die Anderen nicht mit?“, platzte es aus Yugi heraus. Falls die ganze Sache einen Haken hatte, wollte er definitiv wissen, auf was genau er sich da gerade einließ, anstatt sich von Yami hinhalten zu lassen, wie der das ja so gerne mit ihm abzog. Er hatte seine Theorie darüber längst aufgegeben, dass sein Boss ihn auf irgendeine grauenvolle Art ermorden wollte, denn dazu hätte er schon mehr als eine Gelegenheit gehabt und trotzdem hatte er noch keine Anstalten gemacht ihn zu verletzen. Natürlich nicht. Yami war schließlich der Böse und er wollte sein Opfer nur ungern verlieren, denn wenn das geschah, müsste er sich ja jemanden Anderen suchen, den er aufziehen und über den er sich lustig machen konnte und es war schwer jemanden zu finden, der so voller Wut war und reagierte wie Yugi Mutou. Wirklich, er könnte mit seiner Wut ein Haus in Flammen setzen. „Nun ja, ich hab angenommen, dass du heute schon genug mit diesen Affen zu tun hattest, aber wenn du wirklich willst, dass sie mitkommen---“ „Nein!“, rief Yugi und er machte sich nichts daraus, dass so gut wie jeder im Büro ihn anstarrte. Es würde ihn wirklich alle Kraft kosten, wenn er sich auch nur einen einzigen weiteren lahmen Witz von Joey anhören musste. Er würde wahrscheinlich jemanden (vorzugsweise Joey) packen und ihn erwürgen. „Lass uns – einfach gehen.“, knurrte er und lief direkt an einem grinsenden Yami vorbei, zu der heiß vermissten Tür, die ihn zum himmlischsten aller Plätze auf Erden führen würde, nämlich weg von hier. „Yugi…" „WAS!" „Die Tür ist in der anderen Richtung, Süßer.“ * * * „Gott sei Dank sind Sie Beide hier.“, seufzte die Frau erleichtert. Sie wirkte fast ebenso erschöpft, wie Yugi sich fühlte. Aber so würde wahrscheinlich jeder aussehen, wenn ein armer Irrer in einer Schule eine riesige, schwarze Waffe auf deren Schüler halten und fünf Tausender verlangen würde. Um ehrlich zu sein war die ganze Situation ziemlich erschreckend, allerdings auch komplett bescheuert. Niemand würde ein paar 14 bis 15-jährige erschießen … Oder? „Könnten Sie uns bitte eine Karte der Schule und der Position des Mannes im Gebäude geben, Mam?“ Yugi starrte Yami an. Nein, das war nicht Yami … diese Person strahlte geradezu eine Aura der Professionalität aus und schien die Sache hier richtig ernst zu nehmen. Waren sie etwa immer so, wenn sie außerhalb des Büros im Dienst waren? Vielleicht sogar alle von ihnen? Yugi konnte sich Joey nicht vorstellen, ohne dass er grinste, während er einen völlig veralteten Witz erzählte. Oder Tristan, ohne dass er diese kleinen Streits mit dem Vorhergenannten provozieren. Und genauso wenig konnte er sich eine Mana ohne ihr Handy vorstellen, die nicht die ganze Zeit über Sex, heiße Typen und wie dumm Joey und Tristan sich verhielten brabbelte. Obwohl, um ehrlich zu sein, bei Letzterem war er ganz ihrer Meinung. Eins war klar, wie er da stand mit einem absolut nüchternen Gesichtsausdruck … Yugi fühlte auf einmal eine ganze Menge Respekt für seinen Vorgesetzten. Es fühlte sich merkwürdig an … aber auch seltsam beruhigend aus Gründen, die der Kleinere nicht kannte. Allerdings würde es höchstwahrscheinlich sowieso nicht lange so bleiben, sobald sie wieder zurück ins Büro kamen. „Bitte bringen Sie sie sicher dort raus.“, bat die Frau, nachdem sie die Karte gekritzelt hatte, die die benötigte Information enthielt, um den Kriminellen erfolgreich zu fassen und die Kinder drinnen zu retten. Yami schenkte ihr ein kleines Lächeln. Es war nur leicht, aber herzerwärmend. „Wir tun unser Bestes, Mam.“ Er nickte, bevor er an der Frau, die sich kurz verbeugte, vorbeilief und Yugi mit einem Wink anwies seinen Schritten zu folgen. Yugi zögerte und sah sich nach all den Gesichtern des Personals und der besorgten Eltern um. Was, wenn sie mit leeren Händen wiederkamen? Würden diese Leute sie dafür verantwortlich machen? Wenn einer der Schüler Ethan wäre … Yugi würde … das würden sie büßen müssen, wenn der Junge nicht in einem Stück heimkäme. Und schon eskalierte Yugis Welt unter dem Druck, der durch seinen Verstand trieb, wie eine gepfiffene Melodie, ein ausgefallenes Lied, der konstante Fluss eines unnachgiebigen Rhythmus … er schob seine wirren Gedanken auf den Kaffee, allerdings hätte er überhaupt keinen Kaffee trinken müssen, wenn Yami nicht gewesen wäre. Yami. Er schien geradezu das Zentrum seiner Aufmerksamkeit zu sein, ob er sich nun auf einer Mission befand, um Erstklässler von einem gefährlichen Mann mit einer Waffe zu retten, ob er ein Buch in der Bibliothek suchte oder Abendessen für seine Schwester und seinen Neffen kochte. Yami schien immer das Zentrum seiner Probleme zu sein. Es war, als ob schon sein Name an sich irgendetwas tief in Yugis Seele entzündete. Ein brennendes Bedürfnis den Anderen Tag für Tag mehr zu hassen. Aber er hätte lügen müssen, wenn er behauptete, dass die ganze Prozedur seinem zierlichen, gestressten Körper nicht langsam ziemlich zusetzte. Stress. Die zweite Quelle seiner Angst. Wenn das Problem nicht Yami war, waren es die unbezahlten Rechnungen. Klar, er hasste Yami dafür, wie e ihn behandelte, als sei er irgendein hilfloser Penner ohne Geld, der seine Familie ernähren musste, aber er brauchte ja wirklich Geld. Mit den Mietzahlungen hingen sie Tag für Tag mehr hinterher, ein oder zweimal hatte er eine Mahnung in der Post gehabt, die ihn wissen ließ, wenn er nicht bald zahlte, würden Strom und Wasser im Nu abgestellt werden. Ethan brauchte Windeln. Mai brauchte bestimmte … Produkte speziell für das weibliche Geschlecht … die besser ungenannt blieben. Yugi brauchte Waffenunterricht. Sie alle brauchten Essen auf dem Tisch. Sie brauchten Wasser, Strom, ein Dach über dem Kopf. Und wenn das so weiterging, war er sich nicht sicher, ob sie auch nur eins der Dinge auf seiner mentalen Liste, die von Woche zu Woche länger wurde, noch lange haben würden. Sein Großvater sagte ihm immer, wenn er es in dieser Welt zu etwas bringen wolle, müsse er ein paar Richtlinien folgen: Kein Mädchen schwängern, bevor sie 20 ist. Wenigstens darüber musste ich mir keine Gedanken machen … Gute Noten bekommen. Aufs College gehen. Aber nicht nur ein halbes Semester, Yugi. Allerdings, wer konnte was dafür, dass ihm das Geld fürs College ausgegangen war. Immer einen Plan B haben. Yugi fand, Nummer drei und vier gehörten eher zu seinen Schwachstellen. Aber wenn du jung bist, denkst du auch, das Leben sei leicht. Du wirst eben der Star einer berühmten Band, ein Model, ein Popstar, ein Schauspieler und das macht es einfach. Die raue Realität allerdings war, dass niemand es wirklich einfach hatte … Naivität und Jugend waren nur Momente purer Glückseligkeit, in die jeder sich zurücksehnte, doch niemandem wurde dieser Wunsch je erfüllt. Er fiel. Fiel mit 100 Meilen pro Stunden in die falsche Richtung … und sehr bald würde er am absoluten Tiefpunkt angekommen sein. „Willst du weiterhin meinen Hinterkopf anstarren oder deine Gedanken endlich aussprechen?“ Yami hatte seinen Kopf leicht nach hinten gedreht und starrte den verloren wirkenden Jungen hinter sich an. Yugi blickte finster drein und lief einige Schritte schneller, damit er nicht mehr hinter Yami lief, aber in einer Geschwindigkeit, in der er mit ihm mithalten konnte. „Was bist du, mein Therapeut?“, zischte er und schob seine verschwitzten Hände in die Taschen seiner blauen Jacke. Yugi hasste nichts mehr als im Rampenlicht zu stehen. Ein Problem, das Yami einmal mehr zu seinem Vorteil zu nutzen schien. Er war wie ein Fuchs, hinterhältig und tödlich, der nur auf den passenden Moment zu warten schien und dann zuschlug. Und wenn er traf, dann aber richtig. Yami grinste und wurde ein wenig langsamer, um sich ein Stück herunterzubeugen, bis seine Unterlippe Yugis Ohrläppchen streifte, woraufhin der Andere plötzlich erstarrte wie ein gefrorener Schneemann. „Ich kann für dich sein was auch immer du willst.“ Und schon flog der neuentdeckte Respekt seinem Boss gegenüber aus dem Fenster. Der Jüngere blickte noch eine Spur finsterer drein und stieß den Anderen von seinem nun tomatenroten Ohr weg, um das unerwünschte, jedoch irgendwie auch angenehme (nicht, dass Yugi das je zugegeben hätte) Gefühl loszuwerden, das durch sein Ohr und dann seinen Hals entlang fuhr. „Wie wär’s, wenn du direkt damit anfängst, dein Mitleid für dich zu behalten?!“, bellte er und wendete seinen Blick zur nächsten Wand ab, während sich die immer gleiche Frage in seinem Kopf wie eine kaputte Schallplatte wiederholte: ‚Ist es das überhaupt auch nur im Geringsten wert?‘ Yugi warf einen kurzen Blick zurück. Yami schien sich prächtig zu amüsieren. Schnell wendete er seine Augen wieder ab. ‚Sieht aus wie ein dickes, fettes Nein.‘ „Tut mir leid, Yu-chan, aber ich befürchte, du musst ein wenig konkreter werden. Wann habe ich dich je bemitleidet?“, fragte er sanft und die Ruhe, die sich durch seine Worte zog, wie ein Karpfen durch den Strom, war ungefähr das genaue Gegenteil von Yugis wutentbrannter Gestalt. „Oder … ist das nur mal wieder einer deiner übertriebenen Wahnvorstellungen darüber, dass ich das allerschlimmste Wesen auf dem Planeten bin?“ Yugi blitzte ihn an. Er hatte keinen Zweifel daran, dass Yami wirklich keine Ahnung hatte, wie genau er den Kleineren bemitleidete, aber musste er wirklich seinen eigenen kranken Humor zu dieser ganzen Tortur noch hinzufügen? „Du zahlst mir mehr, als ich kriegen dürfte. Verdammt! Das ist ja fast, als ob du---!MM!“, quiekte Yugi, als er eine starke Hand auf seinen noch immer offenen Lippen fühlte. Für einen Moment dachte er darüber nach in die Hand des Anderen zu beißen, bis sie entweder blutete oder er das Ding aus seinem Gesicht nahm! Er wollte gerade seinen Gedanken Taten folgen lassen, als er die Quelle von Yamis plötzlicher Bedrängnis in seinen Augenwinkeln sah. Da war der Mann … die glänzende, schwarze Waffe fest zwischen seinen schweißnassen, kurzen Fingern. Das Gesicht verzerrt, als ob er eine Art Russisches Roulette spielte … als ob eine einzige Kugel alles war, was er hatte, obwohl es in Wahrheit vielleicht viel mehr Kugeln waren. Und genau das machte ihm Angst. Yugi hatte nicht wirklich über die Gefahren dieser Mission nachgedacht, bevor er aus der Tür geschlendert und ins Auto seines Vorgesetzten gesprungen war. Keinen Augenblick lang hatte er an die Tatsache gedacht, dass er dabei schlussendlich nicht weniger als sterben konnte, wenn er auch nur einen falschen Schritt tat. Und das war der Moment, in dem er verstand, warum Yami ihn die ganze Zeit von dieser Art von Außendienst ferngehalten hatte. Zum Schutz. Und so schwer es ihm auch fiel, es zuzugeben, Yugi wusste, dass Yami nicht wollte, dass er sich physisch verletzte. Psychisch allerdings, na ja, das war wieder eine ganz andere Geschichte. Part II folgt ... Kapitel 5: Welches Tier bist du? - Part II ------------------------------------------ Kapitel 4 – Welches Tier bist du? (Part II) (https://www.fanfiction.net/s/7748449/4/ (https://www.fanfiction.net/s/7748449/4/) ) Bevor Yugi auch nur ansatzweise darauf reagieren konnte, hatte Yami seine Hand schon wieder entfernt und fuchtelte plötzlich mit seiner Waffe herum. Wie es aussah, wollte er sie auf den Täter richten und dadurch versuchen den psychischen Druck, den die Waffe auf die Jugendlichen, die überall im Raum verstreut waren, ausübte, zu lindern. „Schieß und ich blas' dir den Schädel weg.", sagte Yami, als sei das eine für jedermann leicht verständliche Mathematikformel. Leider war es auch nur das, nur eine simple Anweisung. Schließlich war ein Befehl für jeden einleuchtend - es handelte sich dabei um das unliebsame Gesetz von Ursache und Wirkung: Tust du etwas Schlechtes, bekommst du etwas Schlechtes. Tust du etwas Gutes, bekommst du etwas Gutes. Eigentlich sollte das Gesetz nicht „Ursache und Wirkung“, sondern „DAS LEBEN DES YUGI MUTOU" heißen, und zwar direkt in der Überschrift. „Gut, die Bullen sind hier. Wo bleibt das Geld?", forderte er und hielt seine Handflächen auf, um deutlich darauf hinzuweisen, dass er das Geld direkt und zwar genau dort haben wollte. War der Typ irgendwie blöd? Wer erpresste denn ausgerechnet eine Highschool für 5,000 Dollar? Erstens ging es da normalerweise doch um Millionen, ergab ja auch viel mehr Sinn … warum so eine kleine Summe fordern? Und zweitens … wer wäre so dumm, ausgerechnet eine Schule auszusuchen, um Geld einzufordern? Wäre nicht … ähm ... vielleicht eine Bank irgendwie naheliegender? Manche Leute waren doch echt ein bisschen hohl im Kopf. „Hmmmm … geb' ich dir die fünftausend … oder pump ich dir Blei in den Kopf ...?", meinte Yami. Er nahm einen tiefen Atemzug durch seine Zähne und ließ dabei für einen Moment sein unverkennbares Grinsen durchblitzen. „Schwierig, schwierig." Yugi richtete seinen beunruhigten Blick auf die Kinder im Klassenzimmer. Ihre Augen spiegelten die gleiche Angst vor dem Ausgang der aktuellen Situation, wie die seinen. Wen würde die Kugel zuerst treffen und wer würde sie abfeuern? Die Mädchen klammerten sich nervös aneinander und verbargen ihre Gesichter in den Armen ihrer Freundinnen. Die Jungen dagegen standen völlig regungslos und verloren im Raum herum und warfen höchstens ab und zu einen Blick zu ihren Freunden, um sich zu vergewissern, dass auch sie noch aufrecht standen und nicht bereits mit einem blutenden Einschussloch in ihrer Brust am Boden lagen. Es war ganz und gar nicht so, wie man es aus den Nachrichten kannte. Normalerweise würde man den Polizisten doch anschreien, wann er denn den Kriminellen endlich umbrachte, denn schließlich verdiente der ja auch nichts anderes. Aber vor den Augen all dieser Kinder? Zu töten und sie dann mit den schrecklichen Alpträumen alleine lassen, mit der Angst vor ihrer eigenen Schule und der Welt da draußen? Welcher Mensch mit Verstand würde da nicht zögern? Das hier war tatsächlich Russisches Roulette. Ein Schuss. Mehr brauchte es nicht. Schon konnte alles vorbei sein. „Ich werde jetzt bis drei zählen und bis dahin lassen Sie die Waffe fallen und heben ihre Hände hoch, wo ich sie sehen kann.", warnte Yami. Seine durchdringenden Augen waren an die dunklen seines Gegenübers geheftet, die ihn anflehten, ja geradezu herausforderten zu schießen. Irgendwo im Hintergrund läutete eine Glocke und leitete die nächste Stunde ein, doch kein einziger Fuß auf dem gefliesten Boden bewegte sich. Leises Wimmern hallte durch den Raum, ein stilles Schluchzen hier und da, jemand änderte kaum merklich seine Position, aber ansonsten hätte in diesem Moment selbst der Klang einer fallenden Stecknadel dem penetranten Türklingeln eines Handelsvertreters geglichen. Auch da würde man das Klingeln wahrnehmen, es aber doch lieber ignorieren. Niemand wollte die Tür für diesen Verteter öffnen. Denn wenn man es erst getan hatte, würde es vermutlich kein Zurück mehr geben. Dann würde dieser Vertreter sie zu etwas überreden, sei es nun zu einem Produkt oder einer Kampagne. In diesem Fall jedoch wäre der Verlust noch weitaus größer, als ein paar Dollar aus ihren Portemonnaies. „Eins…" Er schob seinen Finger auf den Auslöser. „Zwei…" Der Mann zögerte und schien endlich zu realisieren, worauf er sich eingelassen hatte. Währenddessen stand Yami einfach nur da; ein nicht zu übersehenden Grinsen zeichnete sich von seinen selbstsicheren Gesichtszügen ab. Er schloss ein Auge und zielte, bereit für den großen Schuss. „Drei!" Yugis Augen weiteten sich, als er eine Hand auf seinem Kreuz fühlte, die sanft durch den Stoff seiner Jacke auf seine Haut drückte. Yamis Hand streichelte quasi seine untere Wirbelsäule, wie ein Geliebter es tun würde. Woah! Das war zu viel! Gerade als Yugi sich zu dem Anderen umdrehen und ihm eine kleben wollte (nicht nur dafür, dass er da gerade etwas anfasste, was ihm nicht gehört, sondern auch weil er so etwas überhaupt inmitten einer solchen Situation abziehen konnte), übten Yamis Finger plötzlich mehr Druck aus, was im Wesentlichen dazu führte, dass Yugi stolperte und nach vorn schoss, während die Erdanziehungskraft sich seiner bemächtigte. In diesem Moment kam die Zeit fast zum Stillstand, zumindest für Yugi. Warum fiel er? Hatte Yami ihn gestoßen? Hatte er es doch gewusst, dass der Andere nach seinem Leben trachtete! Warum hatte er das überhaupt je angezweifelt? Yami war der Fuchs, Yugi war das Kaninchen. Füchse konnten nie mit Kaninchen befreundet sein. Nicht, dass das Kaninchen überhaupt irgendetwas mit dem Fuchs zu tun haben wollte, außer ihn vielleicht zu erwürgen und ins Meer zu werfen. Aber hey, was gab's sonst noch Neues? Immerhin- WAMM! Mit einem Kuss seiner Nase mit einer der Fliesen machte Yugis Gesicht Bekanntschaft mit dem kalten Fußboden. Warme Flüssigkeit tropfte aus seinen Nasenlöchern auf den Boden. Warum hatte Yami das getan? Hatte er nur versucht Yugi wegzustoßen, um ihn zu retten, im Falle der Schütze entschied sich plötzlich dafür auf den Kleineren zu zielen? Er sah absolut keine andere Erklärung für Yamis Manöver. Dann wiederum, wann hatte sein Vorgesetzter je nach dem Gesetz der Logik gehandelt? Andererseits… was er unter sich fühlte, waren definitiv keine steinharten Fliesen… eher… Stoff? Gut, es hätte seine Jacke sein können, aber das Material fühlte sich dicker an… fast wie an diesem einen Tag, an dem es geregnet hatte und er auf Yami gefallen war… Seine Augen weiteten sich, als er es realisierte. Er lag auf einem Körper! Yugi raffte sich auf. Er balancierte sein Gewicht auf seinen Handflächen und setzte sich auf, um zu sehen, auf wem er gelandet war. Entgegengesetzt der Erwartung, dass es sein Boss war, auf dem er lag, war es in Wirklichkeit der Typ mit der Waffe, über den er gefallen war. Das war dann doch eine relativ gute Sache war, wenn man bedachte, dass die Waffe nicht mehr in seinen – Oh Gott! Die Waffe! Sie war nicht mehr in seinen Händen! Ebenso schnell, wie er von dem am Boden liegenden Mann aufgesprungen war, der momentan komplett benommen und weggetreten schien, schnellten seine Arme nach vorn und fuhren über den Boden, bis seine dünnen Finger es schafften den Schaft der Waffe so weit zu ertasten, dass er nach ihr greifen und sie aus Reichweite des Kriminellen holen konnte. Jedoch nicht, ehe ihm das kurze Aufflackern siegreichen Karmesinrotes in den Augenwinkeln entgegenblitzte. Natürlich! Das war von Anfang an Yamis unglaublich dämlicher Plan gewesen! Und während er zugeben musste, dass es eigentlich doch ziemlich clever war und eine großartige Idee, um zu verhindern irgendjemanden vor den Augen eines Haufen Minderjähriger zu töten, war es dennoch schier gefährlich und unglaublich peinlich. Sollten Leute für solche Aktionen nicht eigentlich gefeuert werden? „Hier, das hilft die Blutung zu stoppen.”, meinte Yami und bot dem Kleineren ein Taschentuch an, das der ihm sogleich gewaltsam aus der Hand riss. „Denkst du eigentlich JE drüber nach, was du tust?“, spie Yugi und schob das Tuch in seine Nasenlöcher. Diese Dreistigkeit. Seinen Partner als provisorische Kugel zu benutzen! Wer bitte schön tat denn so was! Yami dürfte überhaupt kein Polizist sein! Er war ein verfluchter Draufgänger! Was, wenn Yugi den Kriminellen auf dem Weg zum Erdboden verfehlt hätte? Was, wenn die Waffe nicht aus seinen Händen geflogen wäre? Was, wenn er Yami aus Instinkt erschossen hä– Moment mal… seit wann machte er sich Sorgen um Yami? Machte er sich gar nicht. Das lag am Kaffee. Der Kaffee. Der Stress. Die chaotischen Mitarbeiter. Das Geld. Wenn es das eine nicht war, war es das andere! Diese Welt trieb ihn noch in den ABSOLUTEN WAHNSINN! Er sollte kündigen, solange er noch konnte. Kündigen, ja, das sollte er. Aber er tat es nicht. Würde er nie. Veränderung. Yami. Stress. Geld. Rechnungen. Wut. Es war wie ein beschissener Teufelskreis, dem er nie entfliehen konnte. Er saß darin ein Leben lang fest, gefangen in der Schlinge, ewig wartend darauf erdrosselt zu werden. Yami zuckte mit den Schultern und schien sich die Frage noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen, während er damit fortfuhr die Hände des Mannes in das glänzend silberne Paar Handschellen, die Yugi ihm aus seiner Tasche gab, zu legen. „Nein, normalerweise nicht.” Yugi keuchte, er war einfach nur beeindruckt davon, wie wenig funktionstüchtig man sein musste, um einen Job, so wichtig wie der eines Polizeistationschefs, direkt neben DEM Seto Kaiba zu bekommen. Eines schönen Tages würde Yami sich noch selbst umbringen und wenn er das tat, würde Yugi so laut lachen, er würde direkt in die Irrenanstalt eingewiesen werden. „Ich glaub's echt nicht! Hast du überhaupt auch nur einen einzigen Gramm Verstand oder auch nur das kleinste bisschen Würde?”, krächzte Yugi, während sie mitsamt den Kindern im Schlepptau weiter zum Ausgang des Schulgebäudes liefen. Die meisten davon rannten sofort in die Arme ihrer Mütter und Väter und weinten ihre Augen aus. Yugi jedoch nahm davon keine Notiz, denn seine Aufmerksamkeit galt wieder einmal einzig und allein dem allergrößten Idioten der Welt. „Die Tatsache, dass du immer noch ein Bulle bist, verblüfft mich echt! Du erledigst deinen Papierkram nicht!”, begann Yugi aufzulisten, als Yami den zukünftigen Gefangenen in den hinteren Teil des Polizeiautos stieß. „Du lässt noch nicht mal deine Angestellten ihre Arbeit erledigen!”, schimpfte er, während seine Hand neben sich fuhr, um die Tür des Autos zuzuschlagen, gerade in dem Moment, in dem Yami den Motor startete. „Und jetzt willst du mir sagen, dass du keine Ahnung hast, was du tust, wenn du draußen rumrennst und das Verbrechen bekämpft!”, rief Yugi. Yami rollte bei all der Theatralik des Jüngeren nur mit den Augen. Er machte da wirklich ein viel größeres Drama draus, als es eigentlich war. Natürlich wusste Yami, was er tat, doch wenn es um Yugi ging, wurde ein kleiner Witz direkt zu einer großen Sache in den Augen des Kleineren, was es umso lustiger machte. Er fragte sich ein wenig, ob Yugi wusste, dass er statt das Feuer zu löschen, er es mit seinen ewigen Anstalten nur immer weiter anfachte, indem er Yami beleidigte. Aber hey, wer war er denn, dass er es sich anmaßen würde den Anderen aufzuhalten ihn 24/7 mit seiner Trotzigkeit zu belustigen? Yami wusste, dass Yugi ihn irgendwo, tief im Inneren, doch sehr schätzte. „Wann hat das angefangen, Yami? Wann bist du nur zu so einem egoistischen Charakterschwein geworden? Oder bist du einfach schon so geboren worden?”, fragte Yugi geradeaus und kreuzte die Arme vor der Brust, während er Löcher ins Gesicht des Fahrers starrte. Einmal mehr hatte er das Gefühl, dass er hiermit seine Grenzen überschritt und wieder einmal überreagierte, doch der Augenkontakt zwischen ihnen tötete ihn und schürte in ihm die Leidenschaft gegen diesen Mann da vor ihm zu gewinnen. Yugi wollte seinen Stolz zurück, der selbe Stolz, den Yami anscheinend sein ganzes Leben lang versuchen würde zu zerstören. „Seid ihr verheiratet, oder so?”, fragte der Mann auf dem Rücksitz stirnrunzelnd und sah zwischen den beiden hin und her. Yugi würgte und brachte Yami damit zum Lachen. „Nein, leider hat der Teuerste hier ein paar Bindungsängste”, seufzte Yami und täuschte Verzweiflung und Sehnsucht vor. Yugi würde ihn umbringen. Zu alledem, was Yami auf der langen Liste schillernder Begriffe, die ihn bestens beschrieben, bereits war, fügte er nun auch noch 'Lügner' hinzu. Sein Boss hatte einen kranken Sinn für Humor, das war ja nichts Neues, aber wie kam es eigentlich, dass es immer Yugi war, der dem zum Opfer fiel? Warum nie Joey oder Mana? Warum war er das Hauptziel seiner albernen Scherze? Der Gedanke mit Yami verheiratet zu sein beschwörte in seiner Magengegend ein ekliges Flattergefühl. Es war ein furchtbares Gefühl, als ob ihm der Boden unter den Füßen weggezogen worden war und Yugi mochte es mit beiden Beinen auf festem Grund zu stehen und zwar so fest, wie angeleimt. Er wollte nicht hoch zu den Wolken schweben, ins Reich der Märchen und Fantasie, in dem sein Boss sich gegenwärtig niedergelassen hatte. „Nur über meine Leiche! Und lass dir eins gesagt sein”, knurrte Yugi, während er sich um 180 Grad in seinem Sitz umdrehte, um den ehemaligen Schützen mit grimmiger Boshaftigkeit in den Augen direkt anzusehen. „Ich heirate diesen Mann, wenn Schweine fliegen können.” Das war's. Ende der Diskussion. Niemand, der noch ganz bei Verstand war, würde einen Ehemann wie Yami wollen und nicht einmal Yugi war in diesem Moment ganz bei Verstand! Er hätte zehn Schuss in einer Stunde trinken können und er würde es noch immer nicht in Erwägung ziehen über Yami und sich selbst... in dieser Richtung nachzudenken. Yami schnalzte mit der Zunge, während er den Mann hinter ihnen im Rückspiegel ansah. „Sehen Sie, was ich meine? Er kann es sich immer noch nicht eingestehen, dass wir bereit für diesen Schritt sind.” Jedes Wort triefte nur so vor herzzerreißenden Emotionen, als ob Yami jeden Moment in Tränen ausbrechen würde. Yugi musste seine Feststellung, dass Yami ein Draufgänger war, zurücknehmen und sie mit 'Schauspieler' ersetzen. „Leck mich!”, rief Yugi. Er hatte jetzt endgültig genug von Yamis dreckigem Humor und wenn er ganz ehrlich war, er brauchte den ganzen Scheiß im Moment echt nicht. Alles, was Yugi wollte, war ein Eis und eine Tasse Tee und 12 Stunden Schlaf sowie yamifreie Arbeitstage für den Rest seines Lebens. Aber das Leben war kein Ponyhof, nicht wahr? Vor allem dann nicht, wenn dein Name Yugi Mutou war und dein Chef Yami Sennen hieß. „Ach, Yugi, Schatz~ ist das jetzt die Erlaubnis dir an die Wäsche zu gehen?” Yami grinste, während er die Kartenbroschüre, die ihm sein Angestellter wutentbrannt ins Gesicht warf, gekonnt abwehrte. Yugi sah aus, als ob er seinen Kopf jeden Moment mit bloßen Händen abreißen wollte. Aber wer konnte es Yami auch verübeln? Wirklich. Yugi machte ihm die ganze Sache einfach viel zu leicht. Es war ja glatt so, als ob er Yami dazu einlud sich über ihn lustig zu machen. Ja, er bettelte ihn doch förmlich an ihn ständig zu gängeln. Ja, Yugi wollte es doch so, da war Yami fast schon sicher. Sicher würde Yugi das nie zugeben, verflucht, wahrscheinlich wusste er es selbst nicht einmal! Aber Yami konnte es in den amethystfarbenen Augen des Jüngeren sehen, und er hatte vor diese verborgenen Gefühle in seinem Innersten so gut wie möglich zu seinem Vorteil zu nutzen. „Verhalt dich doch mal deines Alters entsprechend.” Yugi verrollte die Augen und verschränkte die Arme unter den Ellenbogen, während er die Landschaft am Fenster vorbeiziehen sah. Das war eins der Dinge, die Yugi als Kind schon gerne getan hatte. Immer wenn seine Eltern irgendwohin gegangen waren (oder sein Großvater), hatte er darum gebettelt mitkommen zu dürfen, damit er einfach nur auf dem Beifahrersitz sitzen und all den hübschen Grün- und Blautönen zusehen konnte, die wie eine Art animierte Leinwand an seinem Blick vorbeirasten, wie ein sich ständig veränderndes Gemälde. Irgendwie hatte das im reifen Alter von fünf oder sieben etwas so Beruhigendes und Faszinierend an sich gehabt, vor allem für jemanden, der so klein und nichtswissend über die Welt gewesen war, wie er. Yami sah, wie Zufriedenheit sich auf Yugis Gesicht gelegt hatte und er sah so viel jünger aus, so viel... schöner, wenn er ihn nicht anzischte oder anschrie. Sein Gesichtszüge wirkten beinahe kindlich. Diese großen, beobachtenden Augen und diese engelshaften Porzellanwangen. Der Junge konnte sogar Yami ins Schwärmen bringen, wenn er nur öfter seine kindliche Seite zeigen würde. Es kam einer Tragödie gleich, wenn ein Kind gezwungen war so früh erwachsen zu werden, nur weil seine Eltern gestorben waren, nur weil er von den meisten seiner Mitschüler während seiner Highschool- und Mittelschuljahre verspottet worden war. Das war es, was er Yugi versuchte beizubringen. Dass das Erwachsenwerden warten konnte. „Mach ich doch. Du bist der, der sich nicht seines Alters entsprechend verhält.” Yugis Augen weiteten sich und er drehte sich zu Yami um. Aufrichtige Neugier stand in seinen violetten Augen. „Was meinst du?”, fragte er und ausnahmsweise einmal war Yugi nicht wütend auf Yami, wollte ihn nicht in Gedanken töten, machte ihn nicht für seine derzeitigen Probleme verantwortlich. Er wollte wirklich nur wissen, was der Andere mit dem, was er sagte, meinte. Er hatte einfach nur genug... Ja, genug vom Kämpfen, spottete eine Stimme, der er sich jedoch weigerte zuzuhören. „Erinnerst du dich noch dran, als du auf der Highschool warst?” Ach nee? Yugi blickte ein wenig finster drein. Wie hätte er das vergessen können? Es war schließlich, als ob sein gesamtes Leben sich auf dieser Zeit aufbaute. „Du warst...” Er schüttelte mit dem Kopf, ein ehrliches Lächeln spielte auf seinen Lippen “... ziemlich sonderbar, du mit deinem idiotischen Interesse an Ägypten, und wie du jedes Projekt auf dem Thema der ägyptischen Zivilisation aufbauen wolltest.” Yugi wurde rot vor Scham. Er hatte Recht, Ägypten war sein Leben damals und alles in der Schule drehte sich um dieses spezielle Hobby, das er von seinem Großvater geerbt hatte, der ein Archäologe gewesen war und das Talent hatte sich an jedes noch so kleine Detail antiker Länder und Kulturen zu erinnern. „Du wolltest immer ein Archäologe sein, weißt du das noch?” Yugi nickte langsam. Langsam wunderte er sich darüber, woher in aller Welt Yami seinen größten Zukunftstraum von damals kannte. War Yami sicher, dass er Yugi nicht vielleicht in seiner Freizeit belauscht hatte? „Warum jetzt nicht mehr? Ich will ehrlich mit dir sein, Yugi, du gibst einen furchtbaren Polizisten ab.” Yugi machte ein finsteres Gesicht. „Aber das liegt daran, dass du hier einfach nicht hingehörst.” Er seufzte und nahm einen tiefen Atemzug, während sich seine Hände fester um das Lenkrad legten. „Egal, wie oft du dir selbst einredest, dass ich hinter dir her bin, ich bin's nicht. Ich will, dass du kündigst. Ich will, dass du zurück auf's College gehst. Aber ich werde dich nicht feuern, Yugi. Das würde deinen Lebenslauf ruinieren, wenn du schon nach den ersten drei Wochen aus deinem ersten Job fliegst. Yugi hielt die ganze Zeit über Blickkontakt und hing völlig überrascht und mit einem leisen Gefühl von Glück an jedem gesprochenen Wort Yamis. Yami machte sich Sorgen um ihn, oder? Oder nicht? Aber hieß das, dass er dem, was er sagte, auch wirklich Glauben schenken konnte? Er hatte schon früher gelogen, soviel wusste Yugi. Aber würde er auch bei einem so sensiblen Thema lügen? Ob sein Vorgesetzter wirklich so herzlos wäre? Oder war er so voller Herz, dass das, was er sagte, wahr war? „Geh zurück auf's College, Yugi. Geh zurück und komm nicht wieder nach Hause, bevor du ein erfolgreicher Ägyptologe bist.” Bei diesem Satz wandte Yugi die Augen zum Boden. „Wahrscheinlich hast du Recht, Yami, aber es gibt da einige extrem wichtige Details, die du komplett außen vor lässt.” Er seufzte und kramte die längste gedankliche Liste hervor, die er je erstellt hatte. „Erstens hab ich das Geld nicht, zweitens kann ich Mai und Ethan nicht alleine lassen. Ich hab jetzt die Verantwortung für die beiden und wenn ich mich nicht um sie kümmere, wer dann? Ich muss meine Schwester und meinen Neffen unterstützen. Das ist viel wichtiger, als aufs College zu gehen.” Yugis Blick verhärtete sich. „Also vergiss es einfach und gewöhn dich dran, dass ich jetzt ein Polizist bin und es auch noch eine ganze Weile lang sein werde.” Seine letzte Aussage sandte einen Schauer über Yugis Rücken und wiedereinmal war ihm kalt und er hasste es. Der Wagen hielt an, da es nur eine Fahrt von zehn Minuten von der Schule zum Apartmentgebäude war. „Ich kenne jede einzelne Antwort auf deine Probleme, Yugi. Glaub mir oder nicht, und nein, ich versuche nicht Gott zu spielen, aber ich kann deine Probleme nicht für dich lösen, bis du eine wichtige Sache endlich verstanden hast Ich kann dir so nicht weiterhelfen.” Yami seufzte und hätte Yugi es nicht besser gewusst, hätte er gedacht, dass Yami fast traurig klang… geradezu totunglücklich. War das wirklich ein so wichtiges Thema für seinen Boss? Yugi beschlich eine ungute Vorahnung, dass es besser war, wenn er das Thema vorsichtiger behandelte, Yami jedoch weiterhin auf die selbe Weise Kontra gab, wie bisher, sodass sich die Atmosphäre zwischen ihnen nicht änderte. Er brauchte diese Hassbeziehung mit Yami, denn endlich verstand er, dass es nicht Yami war, der ihn wahnsinnig machte, sondern er selbst machte sich wahnsinnig. Nein, Yami erdete ihn, holte ihn auf den Boden zurück, hielt ihm wieder und wieder den Trost der Realität vor Augen, so widersprüchlich dies auch klang. Hass… ein so starkes Gefühl. Aber auch das hatte eine gute Seite, wie alles eine gute Seite besaß, und Yugi hatte das Gefühl, dass er sie gerade gefunden hatte. „Na ja, ich bin keine Jungfrau in Nöten oder so, ich kann mich bestens um mich selbst kümmern”. Er seufzte und ignorierte die Art, auf die Yami die Autotür für ihn offen hielt, ganz in der 'Manier eines Gentlemans'. Was natürlich eine versteckte Andeutung darauf war, dass Yugi etwas Femines an sich hatte. Hatte er nicht! Er hatte einfach nur einen etwas weicher anmutenden Körperbau! Und seltsames Haar, weibliche Augen, so gut wie keine Muskeln, für Frauen typischere Hobbys - Okay, wem versuchte er hier eigentlich etwas vorzumachen? „Was immer du sagst, Yugi-chan~”, witzelte Yami und bekam einen stechenden Blick von Yugi als Antwort. Im Inneren jedoch lächelte Yugi. Er hatte den alten Yami zurück und war bereit ihm die nächste Herausforderung zu stellen. Und vielleicht, nur vielleicht würde er darüber nachdenken, was Yami zu ihm gesagt hatte. Aber für den Moment war es besser so wie es war und - er hätte nie gedacht, dass er das einmal sagen würde-, es war lustiger so. Klar, seine Mitarbeiter und sein Chef waren wie der berühmt-berüchtigte Stock, den man in den Arsch geschoben bekam, aber auf lange Sicht gehörten sie zu dem Schlag von Menschen, an die man sich anlehnen konnte, wie an eine Art große, erweiterte Familie. Joey hatte sich praktisch schon am ersten Tag in Yugi verliebt; Mana konnte auf Teufel komm raus nicht aufhören darüber zu kreischen, wie gut Yugi sich mit Kochen und Klamotten auskannte; Tristan mochte es sich mit ihm über Politik zu unterhalten; Malik war stets interessiert an seinem Wissen über atomare Kriegsführung und das alte Ägypten, beides Themen, für die auch Yugi sich am meisten interessierte. Und Yami? Nun ja, er war einfach da, um ihn aufzuregen und ihn dann wieder aufzuheitern, nur um ihn gleich wieder aufzuregen. Und um das Ganze dann direkt zu wiederholen. Und Yugi hatte gerade erst damit angefangen sich an diese Achterbahn zu gewöhnen. Das jedoch hieß nicht, dass er Yami jemals als Freund betrachten würde. Vielleicht als vertrauten Bekannten, als nicht mehr als das. Aber – was viel wichtiger war - auch nicht als weniger.Yami hatte sich verändert. Vielleicht nur ein bisschen. Vielleicht auch sehr. Aber verändert hatte er sich auf jeden Fall. Yugi seufzte abermals, als er seine und Mais Wohnungstür erreichte. Er wurde rot, als er realisierte, dass er sich gerade ein wenig so fühlte, wie nach einem Date, und nicht wie nach einer gefährlichen Mission, in der er beinahe versucht hatte seinen Vorgesetzten körperlich zu misshandeln. Wie ein Date. Und so war es doch eigentlich immer, oder? Das Restaurant, Yamis Haus und jetzt irgendeine Schule mit einem Psycho, der Geld von einem Haufen Bullen verlangte. Er hoffte einfach, dass das nicht einen Schatten auf etwas Zukünftiges vorauswarf. Yugi würde sich lieber umbringen, als dass er eine solche Beziehung mit seinem Boss in Erwägung ziehen würde. Niemals. Nicht in einer Millionen Jahre. Nein, nicht in einer Millionen Jahrtausende würde das je passieren. „Sag Mai Hallo von mir, Aibou. Oh, und versuch dieses Mal ein bisschen zu schlafen. Ich muss das Geschrei echt nicht haben, wenn auf Station alle austicken, weil da angeblich ein Zombie ausgebrochen ist.” Yugi starrte den Anderen wütend an, bevor er demonstrativ mit aller Kraft den Türknopf packte und die Tür aufschlug, als wollte er Yami damit sagen, dass er sich verdammt nochmal verpissen und nie wiederkommen sollte. Leider jedoch war er gezwungen den Mann am nächsten Morgen wiederzusehen. Aber wenigstens wollte er vorher ein wenig Zeit für sich allein, bevor er in dieses heimelige kleine Höllenloch, das sich 'Domino-Polizeistation' nannte, zurückkehren musste. Yami nickte. Anscheinend hatte er die Botschaft verstanden, denn seine Beine bewegten sich immer weiter und weiter weg von Yugis Tür. Yugi fühlte, wie sein Herz ein wenig sank, aber ignorierte es. Das hieß, er ignorierte es, bis ihm plötzlich etwas einfiel. „Yami! Warte!” Er schwang die Tür bis zum Anschlag auf. Er stand zwischen Flur und seinem Zimmer, genau in der Mitte des Türrahmens. Yami hob eine Augenbraue und drehte seinen Kopf zu Yugi. Der Kleinere atmete tief ein. Er wusste nicht, warum er das tat; es fühlte sich dumm an, aber aus irgendeinem Grund musste er es wissen. „Yami... Welches... welches Tier… bin ich?” Yami runzelte die Stirn und sah seinen Angestellten an, als ob er die Schweinegrippe hatte und sich in schnellen Kreisbewegungen um die eigene Achse drehte, während er zusammenhangloses Zeug brabbelte. So ungefähr fühlte sich Yugi auch im Moment. Er fühlte sich dumm. Vielleicht hätte er lieber seinen Mund halten, Gute Nacht sagen und gehen sollen... aber wieder einmal vernebelte dieses brennende Verlangen sein Bewusstsein. „Welchem Tier bin ich am ähnlichsten?”, verdeutlichte Yugi seine Frage tapfer und unterdrückte das idiotische Gefühl, das in ihm aufgestiegen war, sich jedoch bald darauf wieder verflüchtigte. Wenn Yami ihn auslachen würde, würde er in seine Wohnung zurückgehen, die Tür hinter sich zuschlagen und ins Bett gehen. Der Ausdruck auf Yamis Gesichtszügen veränderte sich. Nach einer 180-Gradwendung sah er seinen violettäugigen Komplizen an und klopfte gedankenversunken gegen sein Kinn, während sein Hirn versuchte eine Antwort auf Yugis brennende Frage zu finden. Warum wollte er das so unbedingt wissen? Wegen diesem Morgen auf dem Revier? Keiner von ihnen war besonders tief ins Detail darüber gegangen, welchem Tier sie ähnlich waren. Aber sie hatten über jeden einzelnen von ihnen gesprochen. Vielleicht wollte er einfach nur diese Verbindung zu jemandem fühlen, zu irgendjemandem. Er wollte einfach nur wissen, was er in den Augen eines anderen war. Wie er aussah, ohne dass ihm ein Spiegel direkt ins Gesicht starrte. „Ein Stachelschwein.” Yugis Blick sank nach unten. Yami dachte, er sei eine abartige Kreatur, aus deren Rücken Stacheln wuchsen? Mit einem Mal gründete er seinen alten Hass gegen den Mann vor ihm erneut. Yami lächelte. Er schien Yugis Verwirrung zu verstehen und kam ihm ganz langsam näher, während er zu einer (natürlich absolut gerechtfertigten) Erklärung ansetzte. „Du bist ständig damit beschäftigt dich selbst zu schützen, deine Familie zu beschützen. Du lässt keine Seele an dich heran, weil du Angst hast. Angst, dass dich jemand verletzen könnte. Angst, dass sich alles ändern könnte, wenn jemand dir nahe kommt.”, fing er an, während er Yugi mit jedem Schritt näher kam. „Deine Stacheln.” Er kam einen weiteren Schritt näher. „Deine Borsten.” Und näher. „Nur eine Wand, nur ein Schutz, hinter dem du dich versteckst, eine Fassade.” Noch ein Schritt. „Als ob du etwas verbirgst.” Und noch ein Schritt. „Aber in dir drin...” Yami stand nun vor ihm, da, wo er Yugi keinen Schritt mehr näher kommen konnte. Er presste seine Hände gegen die Wand hinter Yugi und hielt ihn damit zwischen seinem Körper und der festen Holzwand des Flures gefangen. „Du bist so verwundbar.” Er lehnte sich näher zu ihm und bereitete Yugi damit Unbehagen. Yugi versteinerte. Er wollte, dass Yami ihn in Ruhe ließ. Dass er vergaß, dass er je gefragt hatte. Doch Yami kam ihm nur immer näher. „So süß...” Yami fuhr mit seinen Lippen gegen das Ohr des Anderen und flüsterte: „So... unbeschwert.” Yugi konnte fühlen, wie sich ein Lächeln auf Yami Lippen stahl, während sie noch immer leicht seine Haut berührten und Yugi ein leises Keuchen entlockten und er sich so fest wie möglich gegen die Wand hinter sich presste, um den Fängen seines Vorgesetzten zu entfliehen. Doch überraschenderweise wurde ihm sein Wunsch erfüllt, denn im nächsten Moment fuhr Yamis Kopf zurück und Yami sah geradeaus in Yugis amethystfarbene Augen, die hell schienen, so voller Angst. Und doch so neugierig. „Ich werde dich zerbrechen, Yugi. Ich werde jeden einzelnen deiner Stacheln aus deinem Rücken ziehen, bis du dich nirgendwohin mehr retten kannst. Bis du keine Waffen mehr hast, die dich schützen. Ich werde diese Wand abreißen, Stein um Stein. Schon bald wirst du zu mir gerannt kommen, sobald ich angefangen habe diese Stacheln auszureißen. Das ist ein Versprechen.” Die letzten paar Worte flüsterte er nur noch. Ein leiser Ausdruck maskiertem Verlangen hob sich von seinen Gesichtszügen, bevor er ganz von Yugi abließ und sogleich dorthin zurückging, woher er gekommen war. „Bis in aller Frühe, Aibou!” Yugi starrte vor sich hin. Er hob eine Hand langsam zu seinem Ohr, wo er Yamis Atem noch immer spüren konnte, gerade als ein Lächeln sich auf seinen Lippen formte. Sein Boss war ein Idiot. Ein totaler Idiot. Idiot. Idiot. Idiot. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)