Der Fluch der Meerjungfrau von irish_shamrock (Die Gier und ihre verheerenden Folgen) ================================================================================ Kapitel 5: Vom Warten und Nichtstun ----------------------------------- Der Fluch der Meerjungfrau ›Die Gier und ihre verheerenden Folgen‹ Kapitel Fünf ≈ Vᴏᴍ Wᴀʀᴛᴇɴ ᴜɴᴅ Nɪᴄʜᴛsᴛᴜɴ ≈ Um den Anschein und das Aussehen einer richtigen, wie Sanji es nannte, Meerjungfrau zu wahren, bat ich Robin mir eines der diversen Bikini-Oberteile zu bringen, die ich besaß, da der Stoff des Hemds bereits einiges an Gewicht auf mich ausübte. »Es guckt niemand«, flüsterte Robin leise, als sie mir das winzige Nichts an Stoff reichte, ich mich mehr als unbeholfen aus meinem durchnässten Gefängnis befreite und den Bikini, oder zumindest den für mich in diesem Moment wichtigeren Teil davon, überstreifte. »Wie geht es dir?« Erneut erkundigte sich die Archäologin nach meinem Befinden. Während ich ihr kundtat, dass es mir nun etwas besser ginge, reichte ich ihr das T-Shirt, das pitschnass vor sich hin tropfte. Chopper kam die Stufen hinauf gewackelt und machte einen verdutzten Eindruck. Mittlerweile färbte sich der Himmel orange und violett und kündigte die sich langsam anschleichende Dunkelheit an. »Sie haben dich jetzt ins Bassin gesteckt?« Die Frage des Schiffsarztes erschien mir überflüssig, da ich mich auf die Dielen stemmte und gemeinsam mit Robin die Ankunft des Rentiers erwartete. »Sanji geht es besser, nur leichtes Nasenbluten. Das Abendessen ist auch gleich fertig.« Robin erhob sich aus der hockenden Position, in der sie verharrt hatte, trat an die Reling und wrang den triefenden Stoff aus. Während ich ihr dabei zusah bemerkte ich, dass Chopper etwas angespannt dreinschaute. Seine kleinen Ohren wackelten und das nervöse Scharren seines Hufs verrieten mir, dass ihm etwas auf der Seele lag. Ich lächelte ihm aufmunternd zu, doch der Arzt richtete seinen Blick unschlüssig auf den Boden. »Ich bin zwar nicht begeistert von der Situation«, meinte ich und tippte gegen die Tiara auf meinem Kopf, »aber irgendwie werde ich schon meinen alten Körper zurückbekommen.« Man konnte die Zahnrädchen in seinem Kopf förmlich rattern hören, als Chopper nachdenklich vor sich hin starrte. Offenbar überlegte er, was als nächstes zu tun sei. Ich konnte es ihm nicht verübeln, doch schien ich ebenso ratlos zu sein, wie er. »Was ist los?«, fragte ich leise und ließ mich langsam wieder zurück in das kühle Nass sinken, sodass ich abermals wie eine Boje dahin trieb. Mein Körper brauchte die Nähe des salzigen Wassers und ich spürte jede Regung der Zellen, die nun dankbar vor sich hin summten. »Du hast etwas vom Mond gesagt«, brachte der Schiffsarzt endlich hervor und betrachtete mich prüfend. »Habe ich das?«, hakte ich nach und zog die Augenbrauen zusammen, denn ich war mir keines solchen Ausspruchs bewusst. »Wann?« »Als du einen Krampf hattest«, fuhr Chopper erklärend fort und legte nachdenklich den rechten, vorderen Huf unter sein Kinn. »Vollmond.« »Vollmond?«, hörte ich Robin echoen, die nun, mit dem ausgewrungenen Hemd wieder zu uns heran trat. »Die Sage von der Tiara auf deinem Kopf beinhaltet den Vollmond.« »Ach?«, entkam es mir verblüfft und ich grübelte in meinem Oberstübchen nach ebenjenen Worten. Allmählich schlossen sich die Erinnerungslücken und dann fiel es mir wieder ein. »Ja, du hast recht«, sagte ich und blinzelte verwirrt. »Die Dorfbewohner sagten, dass mit der runden Pracht des Mondes der Zenit des Zaubers erreicht sei. Oder war es die Macht des Königs? Ich weiß es nicht mehr.« Plötzliche Erschöpfung übermannte mich. Die letzten Worte, die meinen Lippen entflohen, waren leise, kaum hörbar. »Nami?« Der tröstende Klang meines Namnes ließ mich zu Chopper blicken. »Du brauchst Ruhe!« Ich nickte langsam, bedeutete meinen Freunden jedoch zum wiederholten Male, die Luke des Tanks offen zu lassen. Sie folgten meinem Wunsch und dann verließ mich einer nach dem anderen. Ein gähnender Laut entkam mir, als die letzten Schritte verklangen. Es nützte nichts. Sie würden sich nun in die Küche begeben und zu Abend essen. So, wie wir es gewohnt waren. Meine Finger glitten von den Dielen des Holzbodens, ehe mein Haupt nun ebenso in den Tiefen des Wassers abtauchte. Ich schlug ein paar Mal mit der silbernen Schwanzflosse und innerhalb eines Wimpernschlages befand ich mich auf dem Grund des Beckens. Noch immer staunte ich über das Detailreichtum im Inneren dieses Bassins. Franky hatte wirklich an alles gedacht. Anemonen, Tang und Algen waberten hier unten und die interne Beleuchtung sorgte dafür, dass ich mich mit meiner Umgebung vertraut machen konnte. Ein Poltern erregte meine Aufmerksamkeit. Nun, es war kein Poltern, eher schlug jemand sachte gegen das Glas des Beckens, das zur Aquariumbar gehörte. Doch die Töne waren so laut, dass ich glaubte, mein Schädel wolle in abertausende Stücke zerspringen. Wütend starrte ich in das Gesicht des Kapitäns, er mir mit einer Fleischkeule zuwinkte. Ich schüttelte den Kopf und hoffte, dass er meine Handzeichen verstehen, und das Hämmern gegen die Scheibe unterlassen würde. Ich irrte mich, wie so oft. Endlich hielt Ruffy in seinem Tun inne, da ihn offenbar jemand rief. Zu meiner Verblüffung hatte sich die gesamte Mannschaft in der Bar eingefunden, und lümmelte sich nun auf den langen Bänken und aß seelenruhig das von Sanji zubereitete Mahl. Mein Zorn über Ruffy verflog, als ich mich auf den Grund des Beckens niederließ und meinen Freunden beim Speisen zu sah. Seltsamerweise verspürte ich keinen Drang, ebenfalls essen zu müssen. Auch Durst schien kein Problem zu sein. Ich strich mir die wirren Haare aus dem Gesicht, die immer wieder nach vorn schwangen, da das Wasser stets und ständig in Bewegung war. Ich überlegte, ob ich Robin nicht noch um einen zweiten Gefallen bitten sollte, mir ein Haarband zu bringen, da es ungewohnt für mich war, nun eine solche Haarpracht zu besitzen. Kurz zählte ich die Mitglieder unserer Strohhut-Bande. Trotz meines Zustandes wirkten sie gelöst und Ruffy und Lysop alberten herum. Ich lächelte und rückte näher an die Scheibe. Meine Hände lagen nun auf dem kühlen Glas und ich fuhr mit dem Zählen meiner Freunde fort. Irritiert musste ich feststellen, dass jemand fehlte. Ob es ihm immer noch so übel erging? Ich sollte mir keine Gedanken um den Koch machen, immerhin hatte er für die Crew das Essen zubereitet, also musste sein Zustand stabil sein. Dennoch sah ich ihn nirgends. Robin ließ sich vor mir auf der Bank nieder und betrachtete mich aus ihren hellblauen Augen heraus. Richtig schlau wurde ich nie aus ihrem Gesicht und auch jetzt gelang es mich nicht, ihren Gedanken zu folgen, geschweige denn diese zu erahnen. Dennoch, sie beobachtete mich und als ich mittels Fingerzeig nach oben, an die Oberfläche, deutete, nickte sie und erhob sich sogleich wieder von ihrem Platz. Ich schüttelte den Kopf, ich wollte nicht, dass sie wegen mir ihr Abendbrot nicht genießen konnte, doch da hatte die Frau bereits die Lounge verlassen. Gedämpfte Schritte verlangten nach meiner Aufmerksamkeit. Ich schoss binnen weniger Sekunden nach oben, doch mein Elan rächte sich sogleich und so landete mit dem Oberkörper voran auf die sonnengewärmten Dielen des Decks. Gerade kam Robin auf mich zu und legte den Kopf schief. »Zu viel Schwung«, erklärte ich und rappelte mich auf. Abrupt reagierten meine Sinne, meine Haut und die Schuppen auf mein Fernbleiben. Ich hatte mein Terrain verlassen. Umständlich drehte ich mich herum und bugsierte die untere Hälfte meines Körpers auf das Metall des Lukenrandes. »Robin«, begann ich und sah zu ihr auf. Der Blick meiner Kameradin schimmerte vor Faszination, ehe sie mich mit einem schwachen Nicken aufforderte, fortzufahren. »Ich wollte dich nicht beim Essen stören.« »Kein Problem«, gab sie zurück und wischte meine Entschuldigung mit einem Wink beiseite. »Ich wollte dich um zweierlei Dinge bitten«, sprach ich weiter. »Erstens: Ruffy soll aufhören, gegen das Glas zu schlagen. Es ist ohrenbetäubend laut und ich hatte beinahe das Gefühl, mein Kopf würde bersten.« »Ist notiert«, erwiderte Robin mit einem ruhigen Lächeln in der Stimme. »Niemand klopft an das Glas des Bassins. Einverstanden. Ich werde mich bemühen, es den Jungs begreiflich zu machen.« »Danke«, murmelte ich und schlug sanft mit der Flosse in das Nass unter mir. »Und Zweitens: Wärst du so nett, mir ein Haarband zu bringen? Diese Mähne nervt und ich kann nicht genügend Konzentration aufbringen, sie mir immer wieder aus dem Gesicht zu streichen, wenn ich mich für ein paar Augenblicke ruhig verhalte.« »Ist ebenfalls notiert. Sonst noch was?«, hakte sie nach und ich konnte mir nicht erklären, weshalb sie sich so verhielt. »Hm, ja«, entkam es mir leise. »Wo ist Sanji? Hat er allein gegessen?« »Der Schiffskoch müsste noch in der Kombüse sein«, gab Robin zurück und zuckte mit den Schultern. »Aber es geht ihm besser.« Ich nickte und ließ mich wieder in das Wasser gleiten. Abermals reagierte mein Körper sofort, doch ein kurzer Aufenthalt an der Luft schien dennoch möglich. Keine zwei Minuten später kam Robin mit dem, von mir erbetenen, Band zurück und ich wickelte es hastig um das lange Wirrwarr feuchter, dunkler Strähnen. »Brauchst du noch etwas?« Sorge schwang in der Stimme der Archäologin mit, doch ich schüttelte dankbar den Kopf. Somit begab sich Robin wieder in das Innere der Sunny. »Ach, und Nami ... der Schiffskoch hat heute Nachtwache«, ließ sie noch beiläufig verklingen, ehe Robin endgültig aus meinem Sichtfeld verschwand. Verdutzt neigte ich den Kopf zur Seite, beließ es jedoch bei ihren Worten. »Hey, Nami.« Jemand rief nach mir. Ich sah von meinem Tun, die Muscheln am Boden zu betrachten, auf und erblickte Franky an der offenen Luke stehen. Ich eilte zu ihm empor, jedoch in einem gemäßigten Tempo, da ich meine Schnelligkeit erst noch erproben musste. »Franky«, sagte ich, als mein Haupt aus dem Wasser ragte. »Ich habe die Temperatur des Wassers etwas erhöht«, gestand er und ich nickte, da ich mir dieser Veränderung bereits bewusst geworden war. Nachdem die Crew das Abendmahl beendet hatte und die Lichter der Bar erloschen waren, bemerkte ich einen Unterschied. Es waren nur wenige Grade, jedoch war mir die Wärme sehr willkommen. »Danke«, sagte ich erleichtert und wippte mit meiner Schwanzflosse. »Kommst du zurecht?«, hakte er nach und ich nickte, auch wenn ich noch nicht vorstellen konnte, wie ich diese Nacht ohne Kissen, Decke und einer Matratze unter meinem Rücken, überstehen sollte. Plötzlich presste ich meine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Wir finden einen Ausweg«, versicherte mir Franky und ich war dankbar für seine Worte, auch wenn ich sie von ihm nicht erwartet hatte zu hören. »Da sind wir uns alle einig!« Seinem letzten Satz muss eine rege Diskussion vorangegangen sein, dennoch erfüllte mich die Sorge meine Kameraden mit einem warmen Gefühl. Klackernd hob Franky die Laterne vom Boden auf, und der Schein warf seine Schatten auf Dielen, Schiffswand, ihn und mich. Dann zockelte er davon und das Licht des Lämpchens verlor sich in der Dunkelheit. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)