Rhythm of Life von 13thBlackCat (Das Leben ist ein Tanz) ================================================================================ Prolog: -------- Das kleine Mädchen lief so schnell es konnte. Sein langer geflochtener Zopf peitschte wild hin und her, der schwere Ranzen drückte ihm bei jedem Schritt schmerzhaft auf die schmalen Schultern. Keuchend bog es um die nächste Häuserecke und folgte der engen Gasse. In dieser Gegend der Stadt kannte die Kleine sich nicht aus. Am anderen Ende gelangte sie auf eine etwas breitere Straße. Links und rechts parkten Autos. Ein schneller Blick zu beiden Seiten, dann wandte sie sich nach links. In einiger Entfernung konnte sie einen Park ausmachen. Die Augen fest auf ihr Ziel gerichtet, hielt sie darauf zu. Sie traute sich nicht, langsamer zu werden, obwohl ihr Herz heftig gegen ihre Brust schlug. Wie zur Bestätigung ihrer Furcht hörte sie plötzlich Stimmen hinter sich. Ein panischer Schub durchfuhr sie und brachte ihre Füße dazu, größere Schritte zu machen. Quälend langsam kam der Park näher. Sie nahm den Ruf zu spät wahr als sie eine einmündende Straße überquerte. Im nächsten Moment lag sie mit blutendem Knie und aufgeschürften Ellenbogen und Handflächen auf dem harten Asphalt. Ein Radfahrer sah mit finsterer Miene auf sie hinunter. „Pass gefälligst auf, dumme Göre!“ Sie riskierte, als sie sich aufrappelte, einen Blick nach hinten. Die Jungs, die sie verfolgten, waren stehen geblieben und machten schadenfrohe Gesichter. Der Mann wandte sich ab und fuhr weiter. Das war das Zeichen: Sofort hastete die schmächtige Erstklässlerin weiter. Als die Jungen es bemerkten, stürmten sie hinter ihr her. Nach ein paar Metern bahnten sich die Tränen ihren Weg. Mit großer Mühe unterdrückte sie die Schluchzer, die aus ihrem Inneren hinaufkamen. Mehr stolpernd als laufend erreichte sie schließlich die ersten Bäume. Die Schritte hinter ihr kamen nun so schnell näher, dass sie bald selbst durch das Rauschen in ihren Ohren den Atem ihrer Verfolger hören konnte. Verzweifelt lief sie wieder los, doch nach wenigen Schritten schon riss einer ihrer Mitschüler an ihrem langen Zopf und zog sie daran zurück. Ein ersticktes Kreischen entfuhr ihr. Hämisches Lachen erklang. Die Kleine kniff die Augen zusammen, öffnete sie jedoch erschrocken wieder, als ein Stoß sie gegen den Jungen hinter ihr warf, der sie zurück schubste. Brennende Pfeile schossen ihr ins Knie, als sie auf dem Schotterweg aufschlug. Langsam und eingeschüchtert hob sie ihr tränenverschmiertes Gesicht und schaute den Jungen an, der sich über sie gebeugt hatte und sie mit seinen schwarzen Augen grinsend musterte. Neben ihm hatte sich einer seiner Freunde mit verschränkten Armen aufgebaut. Auf einen Wink das Schwarzhaarigen hin zog der Junge hinter ihr sie grob an ihrem Arm auf die Beine, die so sehr zitterten, dass sie sie kaum trugen. Ein Ruck ging durch ihren Körper, als er anfing an ihrem Ranzen zu zerren. Sie bemühte sich, die Träger von ihren Schultern zu streifen und sich so aus der Falle zu befreien. Sowohl die drei Jungen vor ihr, als auch der in ihrem Rücken machten sich über ihre Versuche lustig und lachten schallend. In ihrer Panik riss sie immer mehr an den Trägern, bis sie plötzlich nachgaben und sie durch den Schwung direkt in die Arme des Schwarzhaarigen fiel. Dieser fing sie aus Reflex ungewollt auf, stieß sie jedoch gleich darauf wieder von sich zu seinem Freund, der sie an den Armen festhielt. Ein leises Wimmern entfuhr ihr, als sie sah, wie der andere Junge den gesamten Inhalt ihres Ranzens auf den Weg schüttete und nach ihrem Portemonnaie griff. Dann versperrte der Anführer ihr die Sicht indem er sich vor ihr aufbaute. Über seine Schulter hinweg schaute der vierte Junge zu und äffte sie nach, worüber die anderen herzhaft lachen mussten. Ohne Vorwarnung wurde der Junge vor ihr wieder ernst und im nächsten Moment breitete sich ein dumpfer, aber heftiger Schmerz in ihrem Bauch aus. Die Braunhaarige keuchte und wäre zu Boden gesunken, hätte ihr Mitschüler sie nicht weiterhin festgehalten.   Der Anführer zog die Faust zurück und blickte geringschätzig auf das kleine Häufchen Elend, das kraftlos in den Armen seines Freundes hing. Diesem gab er mit einem kurzen Nicken zu verstehen, dass es für heute reichte, woraufhin der Blonde sie am Kragen packte und in das nahe Gestrüpp der Beerensträucher schmiss. Kurz darauf warfen sie auch ihren Ranzen hinterher. Das Geld, das sie haben wollten, hatten sie bekommen. Lachend und Witze reißend gingen sie davon und ließen das schluchzende Mädchen allein zurück. Kapitel 1: ----------- „DIESES VERFLUCHTE ARSCHLOCH!!“ Er hatte es wieder getan! Seine aktuelle Freundin sprang schnell aus meiner Reichweite und verschanzte sich hinter zwei anderen Mädchen, die sich ihrerseits in Fluchtposition befanden. Sie kannten diese Ausbrüche nur zu gut und wussten, dass sie mir nicht im Weg stehen durften, wollten sie nicht mit einer – oder auch mehreren – Ohrfeigen beiseite geschoben werden. Schon stürmte ich, nur in mein Handtuch gewickelt, aus der Umkleidekabine und auf den Gang, wo die Föhne hingen. Zielstrebig ging ich die Wand entlang und bog links in die nächste Tür ein, ehe die Kassiererin, die die Eingänge der Umkleidekabinen einsehen konnte, die Möglichkeit hatte, mich zurückzuhalten. Ich kümmerte mich nicht um die erschrockenen Männer, die hastig ihre Scham bedeckten. Mit Hass in den Augen lief ich die Reihen ab und suchte nach einem von ihnen. Die Umkleiden waren nicht eben übersichtlich und viel zu groß, als dass ich wirklich eine Chance gehabt hätte, sie aufzuspüren, wenn sie es darauf anlegten. Aber das taten sie nicht. Sie wollten gefunden werden, es würde nur etwas dauern. Schließlich wollten sie meinen Gesichtsausdruck sehen. Nun, das konnten sie haben. Und noch ein kleines Andenken dazu! Inzwischen war einige Unruhe aufgekommen. Ein paar Männer versuchten mich aufzuhalten, aber ich ignorierte die halbherzigen Griffe an meinen Armen, riss mich immer wieder los und stürmte weiter an den Spinden vorbei. Ich war schon fast die gesamte Umkleide abgelaufen, als ich sie entdeckte. In ihrer üblichen Gruppe von vier Leuten standen sie beisammen und amüsierten sich herzhaft über etwas. Ich zweifelte keinen Augenblick, dass dieses „Etwas“ eine achtzehnjährige Frau mit langen hellbraunen Haaren und mittelblauen Augen war, die gerade halbnackt gezielt auf sie zuhielt. Diese Idioten. Als wenn wir noch im Kindergarten wären! Sasuke, das größte Arschloch der Stadt, entdeckte mich zuerst und sein Grinsen wurde – man sollte kaum glauben, dass das möglich war – noch breiter. Er war der Anführer der Clique. Die anderen, die sich nun auch feixend mir zuwandten, sahen zu ihm auf – und erledigte die Drecksarbeit, die er ihnen gab. Offenbar war es Akito gewesen, der sich in die Damenumkleide geschlichen und meine Sachen geklaut hatte, während ich duschte, denn auf seinem Gesicht zeichnete sich noch immer knallrot der Abdruck einer Hand ab. Es dürfte nicht schwer für ihn gewesen sein, an die Sachen heranzukommen. Wir mussten uns immer zu zweit einen Spind teilen und da keines der Mädchen aus meinem Jahrgang mich leiden konnte, hatte sicher eine von ihnen ihm den Schlüssel gegeben. Hinata, mit der ich mir den Schrank geteilt hatte, wollte ich nicht der Mittäterschaft bezichtigen. Sie war von allen noch diejenige, die am besten mit mir auskam, auch wenn das nur hieß, dass sie die Aktionen gegen mich für Gewöhnlich nicht unterstützte – zumindest nicht wissentlich. Vermutlich hatte Ino, die mich wie die Gefahr von Falten hasste, ihr unter einem Vorwand den Schlüssel abgenommen. Ich konnte das Kichern und Gackern von nebenan fast hören. „Na, suchst du was?“ Provokant ließ der schwarzhaarige Uchiha die Tasche von seinem Handgelenk baumeln. Mein Blick verfinsterte sich noch etwas mehr. Nach wie vor breit grinsend öffnete Hibiko, der neben ihm stand, den Reißverschluss, wühlte kurz darin herum und förderte dann triumphierend meinen BH zu Tage. „Na hoppla, was haben wir denn da!“ Meine Kiefermuskeln spannten sich an. Nun machte sich auch Goro über die Tasche her, fand mit einem Griff, was er suchte, und zog meine Hotpant heraus. Ich ballte die Fäuste. Ein überlegenes Grinsen legte sich auf Sasukes Züge. Er nahm Goro das Höschen ab, wedelte einmal vor Akitos Gesicht damit herum, der daraufhin mit gespieltem Ekel zurückwich – ich wusste, dass es ihn in Wahrheit anmachte, und das nicht nur, weil ich die leichte Wölbung seiner Badehose bemerkte – und setzte eine mitleidige Miene auf. „Was meint ihr, Jungs? Sollten wir vielleicht einmal nett zu dem armen Mädchen sein? Ich glaube, sie merkt gar nicht, dass jeder sie meidet, weil sie einfach so erbärmlich stinkt!“ Seine Augen funkelten bösartig auf. Ich fixierte ihn, bereit, auf ihn loszugehen, denn ich ahnte, was jetzt kam. „Akito!“ Der Angesprochene sah ihn erwartungsvoll an. Langsam ließ Sasuke Die Tasche von einer Hand zur anderen wandern, legte meine Hotpant darauf, Akito meinen BH, und übergab diesem dann die Tasche. „Na los, wasch´ die Sachen mal, vielleicht...“ Weiter kam er nicht, denn ich stürzte mich auf ihn, Hibiko und Goro ignorierend, die Mühe hatten, mich festzuhalten. Im letzten Moment schaffte Goro es, meine vorpreschende Faust aufzufangen. Sasuke war ungerührt stehen geblieben und erwiderte nun mit Eiseskälte meinen zornflammenden Blick. Auf einen Wink hin verschwand Akito. Ich wehrte mich gegen die stählernen Griffe der Jungs und dabei löste sich zu allem Überfluss auch noch das Handtuch, das ich mir umgelegt hatte. Sasukes Augen wurden schmal von dem lüsternen Grinsen. Genüsslich wanderten sie über meinen Körper. Ich war stinksauer. Nicht, weil sie mich nackt sahen – das hatten sie schon oft genug und ich schämte mich nicht für meinen Körper – doch die Situation war unerträglich. Mein Stolz begehrte wutentbrannt gegen die Griffe auf, die sich in dem Moment, als mein Handtuch zu Boden geglitten war, vor Überraschung gelockert hatten, und schaffte es, sie zu sprengen. Noch ehe einer der drei reagieren konnte, hatte meine Faust Sasukes Schläfe getroffen. Er taumelte stöhnend und mit einem „Fotze!“ auf den Lippen nach hinten. Goro und Hibiko waren zu überrascht, um schnell genug reagieren zu können. Gezielt trat ich ihnen in ihre besten Stücke, was sie keuchend und würgend zu Boden sinken ließ. Ich hoffte nur, es würde endlich Wirkung zeigen! Im Loslaufen las ich mein Handtuch vom Boden auf, nahm mir aber nicht die Zeit, es umzubinden. Es war ohnehin alles egal. Jetzt hatte die Rettung meiner Kleidung oberste Priorität. Ich hörte schon das Wasser der Duschbrausen rauschen. Schlitternd kam ich vor der Herrendusche zum Stehen, überhörte die überraschten und empörten Rufe, und rannte geradewegs zwischen den Wasserstrahlen hindurch. Hier irgendwo musste er sein. Ich lief ein paar Meter weiter und entdeckte ihn dann hinter einer kleinen Nische. Meine Tasche stand weit geöffnet unter der Brause, die ihren Inhalt in gleichmäßigen Strömen darin ergoss. Ich griff danach und zog sie unter der Dusche hervor, ehe ich mich nach Akito umsah. Er stand etwas entfernt und schien nicht ganz zu wissen, ob er sich über meinen nackten Anblick freuen oder wegen meine Anwesenheit sorgen sollte. Als ich aber einen Schritt auf ihn zu machte, entschied er sich für Letzteres und lief davon. Ich hatte kein Interesse daran, ihm zu folgen. Bei ihm würde ich mich später noch revanchieren. Zuerst einmal beugte ich mich über meine Tasche und musterte den Inhalt. Er schwamm. Fluchend packte ich sie und schüttete das Wasser heraus. Das war´s dann mit der Planung für den Nachmittag. Ich konnte froh sein, wenn ich es noch rechtzeitig zur Arbeit schaffte. Dass ich nun die letzten beiden Stunden Geschichte ausfallen lassen musste, kümmerte mich nicht sonderlich. Ich hätte ohnehin nur dösend zur Uhr gesehen und auf das Klingeln gewartet. Aber mein Training... Über düsteren Racheplänen brütend machte ich mich auf den Rückweg und musste mich sehr zusammenreißen, nicht auf einen der Männer, die mich so dämlich wie Ochsen angafften, loszuprügeln. Ich würde mir, sobald ich hier raus war, eine nette alte Mauer suchen und sie malträtieren. Auf halber Strecke zum Ausgang kam mir der Schwimmmeister entgegen und fragte, was ich hier zu suchen hatte. Zur Antwort hielt ich ihm meine triefenden Sachen unter die Nase. Er schien etwas aus der Fassung gebracht, fing sich aber schnell wieder und begann mir einen Vortrag darüber zu halten, dass ich mich in einem solchen Fall an der Personal zu wenden hätte, als er jedoch meinen mordlüsternen Blick bemerkte, hielt er inne. Ich legte alle Verachtung, die ich in dem Moment gegen ihn und die gesamte Menschheit empfand, in meine Worte: „Ach, sie sind schon da! Hätte ich gewusst, dass sie so schnell reagieren, hätte ich natürlich diese Angelegenheit in ihre soviel kompetenteren Hände gegeben!“ Darauf starrte er mich mit leicht geöffnetem Mund an, ließ peinlich berührt das Thema fallen und machte mich darauf aufmerksam, dass ich mich doch bitte bedecken möge. Ich hätte es wohl tatsächlich vergessen, dass ich mein Handtuch noch immer über die Schulter geworfen trug, aber das zeigte ich nicht, sondern ließ meine Tasche provokant vor seine Füße fallen, nahm gemächlich das Handtuch und wickelte es in aller Seelenruhe um meinen Körper. Der Schwimmmeister wurde knallrot und wusste vor lauter Verlegenheit gar nicht, wo er hinsehen sollte. Die anderen Männer um uns herum warfen mir verstohlene, manche auch ganz offen interessierte Blicke zu. Nur sehr wenige wandten sich diskret ab und warteten. Grimmige Gedanken schossen mir in dem Moment durch den Kopf. Männer! Als das Handtuch saß, atmete der Schwimmmeister merklich auf. Ich musste mir ein selbstgefälliges Grinsen verkneifen. Er hob – immerhin – meine Tasche auf und marschierte zum Ausgang. Ich hasste es, jemandem folgen zu müssen, weshalb ich mich ein gutes Stück hinter ihm hielt, damit es nicht den Anschein erweckte, ich würde mich ihm unterordnen. Oh ja, ich war eigen – und ich war stolz darauf! Als er mir auf dem Flur meine Tasche überreichte, tat er, als würde er mir eine mühevoll errungene Trophäe präsentieren. Wahrscheinlich sahen einige weiblichen Angestellten zu. Bei diesem Gedanken musste ich mich selbst zur Ordnung rufen. Maiko! Reiß´ dich zusammen, er kann auch nichts dafür. Nein, das konnte er wirklich nicht. Mit zusammengebissenen Zähnen, einen fiesen Kommentar auf den Lippen, nahm ich meine Tasche und ging zum nächstbesten Föhn. Innerlich stöhnte ich auf. Das heute! Seufzend nahm ich ein Kleidungsstück nach dem anderen heraus, breitete sie vor mir aus und stülpte die Tasche um, damit das restliche Wasser besser ablaufen konnte. Handy und Portemonnaie legte ich auf die Heizung gegenüber. Gegen jede Vernunft hoffte ich, dass mein Handy nicht schon wieder einen Wasserschaden hatte. Ich stellte mich so, dass ich die Heizung immer seitlich im Blick hatte und fing dann an, meine Sachen Stück für Stück trocken zu föhnen. Die Menschen, die kamen und gingen, warfen mir nur mäßig interessierte bis unsichere Blicke zu. Ich ignorierte sie. Ich ignorierte auch meine Mitschülerinnen, als sie aus der Umkleide kamen und sich die Hände vor den Mund hielten, um ihr Grinsen zu verbergen. Jemand blieb kurz neben mir stehen, ging dann aber doch weiter. Ich sah nicht hin, aber es war vermutlich Hinata gewesen, die nicht den Mut gefunden hatte, etwas zu sagen. Wie immer. Ich vermutete stark, dass sie schon seit langem in unseren Mitschüler Naruto verliebt war, doch es einfach nicht über sich brachte, es ihm zu sagen. Er selbst hatte es noch nicht bemerkt, aber er war nicht der Einzige. Die meisten wussten nichts davon, denn Hinata verbarg ihre Gefühle recht gut. Sie war ohnehin sehr schüchtern, da fiel es kaum auf, dass sie ihm gegenüber fast gar kein Wort herausbrachte. Ich selbst hatte es erst vor zwei Wochen bemerkt und sie von da an, um sicher zu sein, beobachtet. Im Nachhinein war mir klar geworden, dass das schon eine ganze Weile so gehen musste und ich bereute, dass ich mit Naruto geschlafen hatte. Mehrmals. Ich mochte ihn recht gern. Wir waren keine Freunde und unternahmen nichts weiter gemeinsam, aber wenn er manchmal ins Vollmond kam, unterhielten wir uns, wenn meine Zeit es zuließ, über dies und das und nachdem er einmal bis Feierabend geblieben war, mich in seinem Auto nach Hause gebracht hatte und noch mit in die Wohnung gekommen war, hatte es sich so ergeben. Ich war kein Freund davon, Sex zu planen. Entweder es passierte, oder es passierte nicht. Fertig. Tja, und mit Naruto war es einige Male passiert. Das kam bei mir nicht eben häufig vor. Wenn überhaupt, bekamen die meisten Männer mich nur einmal nackt zu sehen – abgesehen von den Fotos, die dank Akito an unserer Schule seit drei Jahren im Umlauf waren. Nun, wenn es sie glücklich machte, das zu sehen, was sie nie würden berühren dürfen... Allerdings hatte mir das Ganze auch einige Probleme bereitet, denn Akito war nur an die Fotos herangekommen, weil er gespannt hatte, als ich mit seinem älteren Bruder Neji schlief. Der hatte nun ein ziemliches Problem mit diesen Fotos. Aber nur, weil Akito zu blöd gewesen war, ihn zu verpixeln. So wussten alle, dass er etwas mit der Schulschlampe gehabt hatte, die eigentlich Ino war, was aber keinen scherte, da sie wirklich mit jedem schlief, während ich sehr viel wählerischer war und damit den Zorn der Nicht-Auserwählten auf mich lud. Dass ich es nicht abstritt, schwächte seine Lügen, es handele sich um Fakes, noch mehr ab. Das nahm er mir bis heute übel. Sei´s drum. Ich sah ihn kaum noch, seitdem er sein Naturwissenschaftsstudium angefangen hatte. Ein Aufschrei riss mich aus meinen Gedanken. Ich wusste sofort, von wem, und auch, warum. Sasuke war aus der Umkleide gekommen und seine Freundin Sakura hatte ihn erblickt. Ich konnte förmlich die hasserfüllten Blicke auf mir spüren und lächelte leicht. Geschah ihm recht. Es passierte selten genug, dass der Schönling entstellt wurde. Ich würde seinen Anblick sicher in meinem Gedächtnis verwahren. Vielleicht versuchte ich mal, ein Bild zu malen. Doch bei dem Gedanken, ein Bild von ihm in meiner Wohnung zu haben, wurde mir schlecht. Ich sollte es seiner Ex schenken – bis es fertig war, war das wahrscheinlich Sakura, wenn nicht schon die Nächste. Wie immer bei diesem Thema verdüsterte sich meine Stimmung. Wie konnten diese Tussis nur so bescheuert sein und immer und immer wieder bei ihm ankommen?! Es war ja kein Wunder, dass er so arrogant war zu glauben, jede Frau haben zu können – Halt! Nicht jede: Ich hatte ihn noch nie rangelassen und das würde auch in den nächsten drei Milliarden Jahren sicher nicht passieren! Ein Schauer lief mir bei der bloßen Vorstellung über den Rücken und schon tauchte sein noch unversehrtes Gesicht vor meinem geistigen Auge auf, auf dem sich die blanke Lüsternheit beim Anblick meines nackten Körpers spiegelte. Sicher, sein Körper wirkte auch auf mich anziehend, aber sein Charakter machte das mehr als zunichte. Innerlich den Kopf schüttelnd überlegte ich wieder einmal, wie es kam, dass manche Mädchen – oder eigentlich fast alle – genau das an ihm so toll fanden. Ich konnte es beim besten Willen nicht nachvollziehen. Für Dominanzspielchen war ich immer zu haben, aber das war etwas ganz anderes, als immer wie ein Stück Dreck behandelt zu werden! Während ich meinen Gedanken zu dem mir vollkommen fremden Phänomen Beziehung – oder wie man das bei dem Kerl nennen wollte – nachhing, arbeitete ich mich Stück für Stück vor. Mittlerweile waren alle anderen wieder zur Schule aufgebrochen, um sich der letzten Doppelstunde zu stellen. Als mir das Bild unseres Lehrers Jiraiya in den Sinn kam, musste ich unwillkürlich grinsen. Ich mochte ihn gern, obwohl er unheimlich anstrengend war und man ihn in den Pausen einfach nicht mehr loswurde, hatte man erst ein Gespräch mit ihm am Laufen – und das ging verdammt schnell. Er war redselig und locker, hatte sogar darauf bestanden, dass wir ihn duzten und mit Vornamen ansprachen; andererseits hätte auch alles andere in Kombination mit seiner Person nur komisch geklungen. Trotzdem lernte man bei ihm eine Menge, wenn man zuhörte. Was aber um diese Uhrzeit im Hochsommer doch eher selten vorkam. Siebte und achte Stunde, Viertel zwei bis drei Uhr. Welcher Idiot...?! Maiko!, ermahnte ich mich. Solange ich unter Menschen war, musste ich meine Aggressionen zügeln. Komm´ runter. Tief durchatmen. Ich befolgte meine selbst erteilten Befehle und wurde etwas ruhiger. Mit dem Versuch, meine gesamte Aufmerksamkeit auf die Tätigkeit meiner Hände zu richten, wollte es dennoch nicht so gelingen. Männer konnten so was doch, oder? Einfach abschalten? Ich versuchte es noch einmal. Nichts zu machen. Also begnügte ich mich damit, den Menschen, die vorbeikamen, in Gedanken die fiesesten Beleidigungen an den Kopf zu werfen, die mir in den Sinn kamen und vertrieb mir so die Zeit, bis ich endlich wieder trockene Sachen hatte – oder zumindest nur noch feuchte. Den Rest würde wohl die Außentemperatur erledigen. Als ich alles in den Arm nahm und damit zurück in die Damenumkleide ging, um endlich das Handtuch abzunehmen, das ich immer noch um meinen inzwischen auch schon vollkommen trockenen Körper gewickelt trug, stellte ich zufrieden fest, dass selbst meine doch ziemlich dicken Haare schon gut getrocknet waren. Wenigstens etwas. Nachlässig warf ich das Handtuch auf die Fliesen und zog mich an. Es ging schnell. So was ging bei mir eigentlich immer schnell. Ich hasste es, zu viel Kleinkram an mir zu tragen. Selbst zu einem Gürtel musste ich mich überwinden und benutzte nur einen, wenn es sich absolut nicht vermeiden ließ. Heute hatte es sich glücklicherweise umgehen lassen. Ich trug eine dünne schwarze Stoffhose, die mir bis zu den Knien reichte, und ein hellgrünes Tanktop. Ich liebte Sachen, die mir meine Bewegungsfreiheit ließen. Und die brauchte ich jetzt auch! Zunehmend hektischer werdend stopfte ich meine Schwimmsachen, Duschgel, Shampoo und das Handtuch in meine Tasche, stellte fest, dass sich mein Handy natürlich nicht mehr regte, schmetterte es samt Portemonnaie hinterher, machte den Reißverschluss so ruckartig zu, dass ich die kleine metallene Lasche zum Ziehen plötzlich ohne Anhang zwischen Daumen und Zeigefinger hielt, schmiss sie fluchend durch die halbe Kabine, woraufhin sich einige ältere Frauen empört nach mir umdrehten, schenkte ihnen noch einen kurzen, aber intensiven Sagen-Sie-jetzt-nichts!-Blick und polterte ungehalten hinaus. Nachdem ich mir meine schwarz-weiß karierten Vans über meine nackten Füße gestreift hatte, trat ich aus der Schwimmhalle und wäre dabei fast in unseren Sportlehrer hineingelaufen. Er hielt mich an den Schultern fest und strahlte mich an. „Maiko! Deine Kraft der Jugend scheint mich ja heute förmlich anzuspringen!“ Pass auf, dass ich dich nicht gleich anspringe! Er sah meinen finsteren Blick entweder nicht, oder er übersah ihn. Typisch für ihn. Ich kochte und musste mich zusammenreißen, dem alten Herrn da oben auf seiner großen weichen Wolke nicht beide meiner Mittelfinger so weit es ging entgegenzurecken. Was soll der Scheiß, du fetter alter Sack?! Sensei Gai philosophierte noch ein bisschen über seine eigene Jugend, die er sich mithilfe eines strengen Trainings und immer munteren Gemüts erhalten hätte blablabla. Dann blickte er mich plötzlich von der Seite an, als sehe er mich gerade erst. „Warum bist du eigentlich nicht in der Schule? Hast du schon Schluss?“ Ich hatte keine Lust, ihm irgendetwas zu erzählen, deshalb entgegnete ich nur kurz „Jo.“ und ehe er noch etwas erwidern konnte, murmelte ich ein „Muss los.“ und schob mich an ihm vorbei die drei Stufen vor der Eingangshalle hinunter. Kapitel 2: ----------- Endlich! Als ich sicher war, dass Sensei Gai mich nicht mehr sehen konnte, lief ich los. Mein Ziel lag am anderen Ende der Stadt, aber das war es mir in jedem Fall wert! Während ich, die umgehängte Tasche auf den Rücken geschoben, durch die Fußgängerzone lief, spürte ich verwunderte Blicke auf mir ruhen. Gruppen Jugendlicher, die den Nachmittag mit Eisessen verbrachten, Pärchen und Freunde, die sich auf der Wiese im Park sonnten, Sexbomben, die in knappem Höschen und Bikini-Oberteil am Springbrunnen saßen und die Blicke sämtlicher Männer und einiger Frauen auf sich zogen, Skater, die eine kreisrund angelegte Sitzgelegenheit auf einem gepflasterten Platz unsicher machten... sie alle nahm ich nur nebenbei wahr. Ich hatte noch nie besonders auf sie geachtet. Vermutlich, weil ich nie dazu gehört hatte. Ich war immer schon ein Einzelgänger gewesen. Ich vermisste es nicht. Auf dieses ganze falsche Gehabe konnte ich sehr gut verzichten. Dabei hatte ich klar das Bild der größten Östrogenclique unserer Schule vor Augen. Und zu meinem Unglück ging ein Großteil – und vor allem der Kern, bestehend aus Ino, Sakura, Takara, Akemi und Hiroko – von ihnen in meine Klasse. Oft genug hatte ich mitbekommen, wie sie sich nach der Pause mit Tränen in den Augen von ihren „Freundinnen“ aus unseren Paras verabschiedeten und für die nächste Pause, die ja noch so weit weg war, verabredeten, um sich gleich danach im Klassenzimmer die Mäuler über den unmöglichen Geschmack der einen oder die schreckliche Frisur der anderen zu zerreißen. Und untereinander waren sie auch nicht besser. Sie spannten einander die Freunde aus oder verleiteten sie zum Fremdgehen, belogen und hintergingen sich gegenseitig und wünschten der anderen im Stillen die Pest an den Hals. Genervt von mir selbst, weil ich schon wieder an diese Biester dachte, schüttelte ich einmal ruckartig den Kopf. Raus da! Ich ließ das Zentrum hinter mir und hielt auf das Ghetto zu. Streng genommen war es keines, aber es hatte sich so eingebürgert. Graue Plattenbauten, ein leerstehendes und schon sehr in Mitleidenschaft gezogenes Schulgebäude, ein stark demolierter Spielplatz, den man kaum noch als solchen erkennen konnte, und überall Graffiti. Ein paar Jungs, denen man auf den ersten Blick ansah, dass sie noch viel zu jung dafür waren, standen offen auf der Straße und rauchten, während sie mit leeren Bierflaschen die Fenster eines naheliegenden Wohnblocks zu treffen versuchten. Ich lief weiter. Ich hatte keine Lust dabei zu sein, wenn sie trafen. Hinter der letzten der hässlichen Platten konnte ich schließlich mein Ziel erblicken: Eine Diskothek, die schon vor langem geschlossen worden war, als herauskam, dass der Besitzer es mit der Alterskontrolle nicht so genau nahm – um es nett auszudrücken. Im Nachhinein war auch durchgesickert, dass er mit Drogen gedealt hatte. Natürlich auch, ohne sich im geringsten um das Alter seiner Kunden zu scheren. Nun stand das Gebäude offiziell leer. Inoffiziell hatte sich dort ein Jugendtreff eingenistet. Wer nichts mit sich anzufangen wusste, was hier auf ungefähr jeden zutraf, der ging dorthin. Aus Erfahrung wusste ich, dass um diese Uhrzeit dort einiges los war. Darum verlangsamte ich mein Tempo und ging schließlich auf den Eingang zu. Konzentriert hörte ich dabei in mich hinein. Mein Herzschlag fand rasch wieder seine gewöhnliche Frequenz und auch meine Atmung normalisierte sich schnell. Ich lächelte zufrieden. Das Training hatte sich bezahlt gemacht. Als ich eintrat, drehten sich alle Augenpaare einmal kurz mir zu, bevor sie sich wieder ihren Beschäftigungen widmeten. Die meisten kannten mich flüchtig vom Sehen und wussten, dass ich mich nicht einmischte, wenn sie sich nicht einmischten. Wir tolerierten uns. Zielsicher ging ich durch den Raum und dann durch eine der stark beschädigten Türen, die in einen angrenzenden Raum führte. Eine widerlich stickige Luft schlug mir entgegen und ich musste mich zwingen, normal zu atmen. Wie konnte man sich nur den halben Tag freiwillig in so einem Dreckloch aufhalten? Ich verscheuchte den Gedanken. Ich musste es nicht verstehen, nur tolerieren. Der Mann, der auf der schmutzigen Liege gedöst hatte, schreckte auf, als die Tür wieder zufiel. Er sah mich kurz misstrauisch an, dann erkannte er mich und ließ sich wieder zurück sinken. „Du bist zu spät.“ Der Ton war die eigentliche Mitteilung: Verpiss dich. Ich trat an die Wand gegenüber und lehnte mich mit vor der Brust verschränkten Armen dagegen. Seine Augen hielten meinem finsteren Blick ohne Probleme stand. Er kannte nichts anderes. Weder von mir, noch von anderen. Und er wusste, was diese Haltung bedeutete. Ich war stinksauer. Ein mürrisches Grunzen entfloh ihm. Dann wandte er den Blick ab und schloss wieder die Augen. Sein bräunlich verfärbtes Hemd sank über seinem Bauch etwas herab, als er tief die Luft ausstieß. Nochmal grummelte er unwillig, dann schwang er seine Beine, die in einer zerschlissenen Jeans steckten, aus dem Bett und erhob sich stöhnend. Er war schon weit über 40, seine kurz geschorenen Haare vollkommen ergraut. Trotzdem waren seine Arme muskulös und sehnig und ich wusste, dass auch in seinen Beinen noch eine Menge Kraft steckte. Noch einmal warf er mir einen unwilligen Blick zu. Ich knirschte mit den Zähnen. Er verdrehte die Augen. „Führ´ dich nich´ so auf.“ Ich sah ihn nur noch aus Schlitzen an. Er warf mir aus halb geschlossenen Augen noch einen Seitenblick zu. „Man, bis´ du scheiße drauf. Was war´n schon wieder los?“ Ich antwortete nicht und er hatte auch keine Antwort erwartet. Schwerfällig tat er den vermutlich ersten Schritt des Tages und bewegte sich langsam auf die Tür zu. Als er sie aber einen Spalt weit geöffnet hatte, drückte ich mit meiner Hand dagegen und sie schloss sich leise wieder. Er sah mich entnervt an. „Was denn noch?“ „Nicht Kenji.“ Er stöhnte auf. „So besoff´n bin ich auch nich´ mehr.“ Damit ließ ich ihn gehen und stellte mich in den Türrahmen während er durch den großen Raum in eine Ecke schlurfte, wo er einen bulligen jungen Mann ansprach, der mindestens einen Kopf größer war als ich. Ein düsteres Lächeln stahl sich auf meine Lippen. Sie redeten kurz, dann nickte der alte Mann zu mir und der Blick des anderen folgte seinem. Einen Moment starrte er mich ungläubig an, doch dann wurde seine Miene wieder ausdruckslos und mit einem Nicken erhob er sich. Zwei Köpfe größer. In diesen Kreisen lernte man früh, seinen Gegenüber nicht zu unterschätzen. Ich spürte, wie sich mein Pulsschlag beschleunigte. Ich hatte lange üben müssen, um nach außen weiterhin diese Ruhe auszustrahlen, die ich im Inneren am allerwenigsten empfand. Er beherrschte es perfekt. Sein Gesicht verriet nicht die kleinste Regung. Auch ich hatte mich in Bewegung gesetzt und so schritten wir nun aufeinander zu. Einige Umstehende beobachteten uns mäßig interessiert, andere schlossen Wetten ab. Mir war klar, dass es nur darum ging, wie lange er brauchen würde, um mich zu erledigen, aber das war mir egal. Ich wollte ihn nicht besiegen, ich wollte nur meine Wut abbauen. Und dafür brauchte ich nun mal etwas, auf das ich schlagen konnte, ohne dass es gleich kaputt ging. Ich hatte mich auf dem Weg hierher spontan gegen eine der Gebäudemauern entschieden. Es war nicht so effektiv, sie wehrten sich nicht. Stattdessen war meine Wahl auf Takuya gefallen. Ich hatte ihn vor einigen Jahren kennengelernt. Er selbst hatte sich mit Schwarzarbeit und den Erlösen aus Wetten bei Zweierkämpfen, bei denen er einer der Kontrahenten war, seinen Lebensunterhalt mehr schlecht als recht finanziert bis ein Sponsor auf ihn aufmerksam geworden war. Daraufhin war er aufgestiegen und hatte Geld gemacht, das er mit vollen Händen wieder zum Fenster rausschmiss. Doch seine Karriere hatte ein Ende gefunden, nachdem sein Sohn, sein einziges Kind, bei einer Schießerei mit dunklen Hintergründen getötet worden war. Er hatte sich aus dem Leben zurückgezogen, hatte angefangen zu trinken, war daraufhin von seinem Sponsor schnell abgeschrieben worden und hatte sich bald ganz unten wiedergefunden. Ich wusste nicht, was es war, das ihn dazu gebracht hatte, sich wieder aufzurappeln. Aber er hatte es irgendwie geschafft, zumindest den Kopf wieder aus diesem Loch zu erheben, in das er gefallen war. Und angefangen, die Jugendlichen des Ghettos zu trainieren. Dafür bekam er ein bisschen Geld – schwarz, versteht sich – und hatte – und das war das Entscheidende für ihn – eine neue Lebensaufgabe gefunden. Ich hatte nicht lange überlegt, als ich von ihm hörte, sondern war zu ihm gegangen und er hatte mich ohne weitere Fragen angenommen. Ich konnte ihm nicht viel mehr Geld geben als alle anderen, aber er war damit zufrieden, solange er abends seine Flasche Wodka und morgens seinen Kater hatte. Dass es ihm körperlich trotzdem immer noch so gut ging, überraschte mich immer wieder. Als ich die ersten Trainings mit ihm absolvierte, steckte er mich ganz leicht mit wenigen Schlägen in die Tasche, obwohl ich selbst nicht untrainiert und sicher nicht schwach war. Von klein an war ich zwei- bis dreimal die Woche beim Schwimmtraining, später kam noch Leichtathletik dazu. Doch das nützte mir nichts und ich erkannte, dass es bei diesen Kämpfen auf mehr ankam, als einfach nur Stärke, Schnelligkeit und Ausdauer. Sicher, es waren wichtige Faktoren, aber die geistige Stärke spielte ebenfalls eine große Rolle. Und die hatte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht besessen. Also trainierte ich. Und ich wurde besser, auch wenn mein aufbrausendes Temperament nicht unbedingt förderlich war. In der Mitte des Raumes trafen wir uns, sahen uns einen Moment lang in die Augen. Takuya eilte zu uns und stellte uns einander vor. Es war wichtig, den Gegner als Menschen und Person zu sehen. „Maiko – Tsuyoshi. Kämpft fair.“ Wir reichten uns die Hände. Dann wandte er uns den Rücken zu und ging nach draußen. Wir folgten ihm, einige Schaulustige im Schlepptau. Es ging auf den Hinterhof der alten Disko. Dort fand sich ein betonierter Platz, der regelmäßig sauber gemacht wurde. Eben für solche Aktionen. Es sollte keine Waffen geben. Wir kämpften immer nur mit dem, was unser Körper zu bieten hatte. Wir ließen drei Armlängen Abstand zwischen uns. Takuya stellte sich an den Rand des Platzes um den Kampf zu überwachen und im Notfall einzugreifen. Mir war bewusst, dass er vor allem mich im Auge hatte. Tsuyoshi sah man an, dass er sich unter Kontrolle hatte. Vermutlich war er von Natur aus sehr viel weniger temperamentvoll als ich. Aber genau das machte ihn zu einem gefährlichen Gegner. Wer sich nicht von seinen Emotionen leiten ließ, der konnte rational handeln und die Schwächen des Gegners ausnutzen. Ich musste aufpassen. „Fangt an!“ Ich hatte mich schon so sehr an den Ablauf gewöhnt, dass mein Körper bei diesen Worten sofort Adrenalin freisetzte. Von nun an gab es nur noch uns beide. Ich bekam meine Umgebung nicht mehr mit, sah nicht die jungen Männer, die uns umringten, hörte nicht die Anfeuerungsrufe. Trotzdem mein Körper vor Anspannung zu platzen schien, blieb ich ruhig stehen. Wir musterten uns erneut. Schätzten Stärken und Schwächen unseres Gegenüber ein, überdachten unsere Vorgehensweise und behielten gleichzeitig jede Bewegung des anderen im Blick. Wir beide wussten, dass ich den ersten Schritt machen würde. Und mir war klar, dass ich kräftemäßig nicht mit ihm mithalten konnte. Dennoch würde ich ein paar Schläge ausführen, allein schon um dieses befriedigende Gefühl zu haben. Ich tat meinen ersten Schritt und schlug zu. Sein Arm schnellte hoch. Sehr gute Verteidigung, wie erwartet. Meine zweite Faust kam von unten. Seine Miene blieb unverändert konzentriert-ausdruckslos. Ich zog meine erste Hand zurück während mein Knie nach oben schnellte. Kein Problem für ihn. Ich machte einen Satz nach hinten. Die perfekte Position, um zuzutreten, aber so, wie er kämpfte, war die Wahrscheinlichkeit groß, dass er meinen Fuß zu fassen bekam und festhielt. Und dann hatte ich ein Problem. Daher begnügte ich mich vorerst mit kurzen Angriffen, zog mich immer wieder zurück. Versuchte eine Schwachstelle in seiner Verteidigung zu finden. Er wehrte sie alle ab. Was aber viel wichtiger war: er griff auch nicht an. Wollte er nicht oder sollte er nicht? Ich traute Takuya zu, dass er ihm gesagt hatte, dass ich einen Kampf brauchte, in dem ich mich auspowern und wieder runterkommen konnte. Unmöglich, wenn der Kampf durch seinen Gegenangriff in kürzester Zeit entschieden war. Der Gedanke, dass er sich zurückhielt, damit ich eine Chance hatte, machte mich wütend. An meiner Selbstbeherrschung musste ich wirklich noch feilen. Nach einigen weiteren kleinen und nutzlosen Angriffen entschied ich mich schließlich, es zu wagen. Ich hatte durchaus Kraft in den Armen, aber meine Beine waren meine eigentlichen Waffen. Ich trat zu. Er blockte den Schlag ab. – Und bekam zu allem Überfluss auch noch mein Bein zu fassen. Jetzt schlug ich mit links. Seine Hand umschloss meine Faust. Ich hüpfte auf einem Bein, hatte Mühe, mich nicht zu verknoten. Gut, dann anders. Ohne Vorwarnung knickte ich mein Standbein ein. Er beugte sich aufgrund des plötzlichen Gewichts vornüber und war kurz aus der Fassung gebracht. Arm und Bein immer noch von ihm gehalten, hing ich in der Luft. Mein freies Bein trat zu. Und traf sein Knie seitlich. Er stöhnte auf. Ich fiel, als er reflexartig seine Griffe löste, um sein Knie zu umfassen. Unelegant kam ich auf dem Rücken auf. Schnell versuchte ich, aus der Gefahrenzone raus zu kommen. Tsuyoshi richtete sich bereits wieder auf. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Er fixierte mich. Jetzt musste ich wirklich aufpassen. Ich hatte mich gerade wieder gesammelt, als er auf mich zukam. Langsam. Er humpelte noch ein bisschen. Ich war mir sicher, dass das Knie geprellt, aber nicht gebrochen war. Ich beobachtete jede seiner Bewegungen, um ausweichen zu können, wenn er angriff. Und das tat er. Ich sprang nach hinten, als seine Faust auf mich zugerast kam, war aber nicht schnell genug, um seiner zweiten zu entgehen. Ich schaffte es gerade noch, mich wegzudrehen. Seine Knöchel bohrten sich in meine Schulter. Ich landete unsanft auf dem Boden, rollte mich sofort auf den Bauch und sprang wieder auf. Schon folgte seine nächste Attacke. Diesmal entkam ich ihr. Eine Weile konnte ich nur ausweichen und musste trotzdem einige Treffer wegstecken. Er kämpfte noch immer nicht mit seiner vollen Kraft. Ich kam allmählich außer Atem, war vollkommen durchgeschwitzt – kein Wunder, bei 29 Grad im Schatten. Tsuyoshi schien es nicht anders zu gehen. Und plötzlich sah ich meine Chance. Nachdem er einen weiteren Schlag auf meinen Oberkörper ausgeführt hatte, bei dem ich zur Seite ausgewichen war, beugte ich meinen Oberkörper noch in der Bewegung, machte eine halbe Drehung und trat ihn in den Bauch. Die Freude über meinen Treffer hielt nur Sekundenbruchteile. Mein anderes Bein gab mit einem Mal nach, ich fiel zu Boden und schon war er über mir, drehte mir den rechten Arm auf den Rücken, drückte mich mit seinem Knie zu Boden und wartete, dass ich aufhörte, mich zu wehren. Er atmete schwer und auch ich spürte jetzt, wie sehr mein Herz raste. Schweiß lief mir über das Gesicht, meine Sachen klebten mir am Körper. Meine freie Hand sank matt zu Boden. Ich hatte keine Kraft mehr. Sobald Tsuyoshi sich erhoben hatte, drehte ich mich auf den Rücken und setzte mich auf, die Hände hinter mir auf den Boden gestützt. Ich sah zu ihm auf. „Guter Kampf. Du hast dich zurückgehalten.“ Er grinste. Die erste offene Gefühlsregung. „Ich sollte eigentlich gar nicht angreifen, aber du bist ziemlich gut.“ Mein rechter Mundwinkel zog sich spöttisch nach oben. Also doch Takuya. Tsuyoshi reichte mir die Hand. Ich ergriff sie und er zog mich hoch. Unser Trainer kam zu uns. Wie üblich kam er ohne Umschweife zur Analyse. „Tsuyoshi, deine Linke ist immer noch zu ungenau und an deiner Deckung während der Angriffe müssen wir dringend arbeiten, Maiko hat diese Schwäche sofort ausgenutzt. Maiko, du schlägst wie ein Mädchen und deine Bewegungen sind viel zu ruckartig!“ Ich lächelte matt. Er hatte sich – endlich – nicht mehr über meine Fußstellung aufgeregt. Das war seine Art von Lob. Was er nicht kritisierte, das war gut. Mit meiner staubigen Hand wischte ich mir einige angeklebte Strähnen aus der Stirn. Tsuyoshi nickte mir noch einmal zu und ging dann. Ich meinerseits sah kurz Takuya an, legte meine flache Hand an die Stirn und stieß sie kurz in einem lockeren Wink ab – meine Art, mich zu verabschieden – und machte mich auf den Weg zurück in den Schuppen, um meine Sachen zu holen, die ich in seinem Zimmer zurückgelassen hatte. Beim Eintreten sahen mich einige Augenpaare mit mehr Interesse als sonst an. Die Zuschauer mussten ihnen schon erzählt haben, was passiert war. Ich hasste es. Die Hände in den Taschen ging ich finster blickend durch den Raum, stieß die Tür mit dem Fuß auf und griff gezielt nach meiner Tasche. Mit wenigen Schritten hatte ich die alte Disko verlassen und ging zurück in Richtung Stadtmitte. Es musste später Nachmittag sein. Da mein Handy kaputt war, war ich vollkommen zeitlos, aber zu halb neun würde ich locker fertig sein. Kapitel 3: ----------- Auf dem Weg zu meiner Wohnung in Innenstadtnähe genoss ich das Gefühl, mich ausgepowert zu haben. Der Hass auf diese Idioten war noch immer da, aber ich hatte nicht mehr das dringende Bedürfnis, jemandem Schmerzen zuzufügen. Als ich in die belebteren Gebiete der Stadt kam, warfen die Leute mir unsichere Blicke zu. Ich bot vermutlich keinen besonders gesellschaftskonformen Anblick, staubig, verschwitzt und zerkratzt wie ich war. Aber es war mir egal. Sollten die sich doch den Kopf über mein Leben zerbrechen, es zwang sie schließlich niemand dazu. Am Ufer des großen Flusses, der die Stadt tangierte, blieb ich einen Moment stehen und war versucht, mich in die Fluten zu stürzen, verwarf diesen Gedanken dann aber. Ich wollte meine Tasche solange nicht unbeaufsichtigt lassen. Für einen Tag war ich in meinem Entschluss, später einmal allein in die Wildnis von Kanada zu ziehen und fern der Zivilisation mein Leben zu führen, genug bestärkt worden. Ich wandte mich ab und ging weiter die Uferpromenade entlang, bog drei Straßen weiter nach rechts ab, folgte einer Abkürzung durch einige Gassen, die mich zu einer Querstraße führten, und hielt auf deren nördliches Ende zu.  Das Weiß der Fassade stach aus den eher dunklen Tönen der Nachbarhäuser heraus. Es war ein neues Haus, moderne Kastenform mit Einhöhlungen für die Fenster und die kleinen Loggien. Auf dem Flachdach konnte man im Sommer die letzten Strahlen der Abendsonne genießen und die stillen Wasser des Flusses aus der Ferne betrachten. Ich hatte nur einmal dort gestanden, und das war vor zwei Jahren bei der Wohnungsbesichtigung gewesen. Ansonsten interessierte mich dieser Romantikkram einen Dreck. Nur die Begeisterung meiner Eltern hatte ich ausgenutzt, um sie von dieser Wohnung, die nicht die günstigste in der Auswahl, aber mein absoluter Favorit war, zu überzeugen. Und es hatte geklappt. Aber nachdem sie den Mietvertrag unterschrieben hatten, da ich damals noch nicht volljährig gewesen war, hatte ich mich bald mit dem Problem der Finanzierung konfrontiert gesehen und einen Job suchen müssen. Doch wo bekam man als Sechzehnjährige schon einen gut bezahlten Job mit wenigen Stunden? Ich hatte Glück gehabt und einen gefunden. Oder besser: Ich hatte einen Arbeitgeber gefunden, der nicht das Bedürfnis hatte, noch mehr Steuern zu bezahlen, aber dringend eine weitere Angestellte brauchte. Seitdem arbeitete ich im Vollmond. Ich kramte meinen Schlüssel aus der Tasche und öffnete die Tür. Das Treppenhaus war angenehm kühl. Bevor ich die Treppe hochstieg, erinnerte ich mich daran, dass ich meinen Briefkasten schon seit fast zwei Wochen nicht mehr geleert hatte. Ich öffnete ihn und stieß einen Fluch aus, als mir mindestens zehn Briefe entgegen fielen, die von etlichen Zeitungen, Prospekten und tonnenweise Werbung hinaus gedrückt wurden. Der meiste restliche Inhalt folgte ihnen kurz darauf. Auch ein dicker Katalog eines Möbelhauses war dabei. Wo hatten die meine Adresse her?! Mit genervtem Blick sah ich auf den Berg zu meinen Füßen, schubste dann lustlos die restliche Post auch noch auf den Boden, knallte die Briefkastentür wieder zu und kniete mich hin, um den Stapel aufzuklauben. Die Arme voller Post und immer drei Stufen auf einmal nehmend kam ich schließlich im zweiten Stock an. Ich öffnete mit einiger Mühe die Tür. Auch meine Wohnung war von der schlimmsten Hitze verschont geblieben. Mit einem erleichterten Seufzen ließ ich meine Tasche direkt neben der Tür auf den Boden fallen, durchschritt – oder besser durchkletterte – den kleinen Flur und ging durch den rechten Türrahmen. Die Tür hatte ich nach meinem Einzug einfach ausgehängt, genauso wie die zu dem kleinen Schlafzimmer, das der Wohnküche gegenüberlag. Das Fenster im Schlafzimmer ging auf einen mehr oder weniger ruhigen Innenhof. Es gab Kinder in der Nachbarschaft. Wo genau, wusste ich nicht. Eigentlich wusste ich überhaupt nicht, wer meine Nachbarn waren. Im Treppenhaus war mir einmal eine ältere Frau begegnet und einmal zwei junge Männer. Aber einem Menschen sah man ja nicht an, ob er Mieter oder Besucher war. Und es interessierte mich zudem auch gar nicht. Die Wohnungen waren sehr gut lärmgeschützt. Ich hatte noch nie etwas aus den Nachbarwohnungen gehört und sie von mir anscheinend auch nicht, denn anderenfalls wäre mir die Hausverwaltung bei meinen nächtlichen Aktivitäten schon auf´s Dach gestiegen. Ich ging zu der kleinen Küchenzeile, schob den Geschirrberg mit dem Ellenbogen beiseite und verteilte die Post auf den Herdplatten. Das konnte warten. Ich öffnete den Kühlschrank und stellte, als ich den letzten Joghurt herausholte, stöhnend fest, dass ich den nächsten Einkauf nicht mehr aufschieben konnte. Im Besteckkasten fand ich keinen sauberen Löffel, weshalb ich kurzerhand einen zwischen zwei dreckigen Tellern hervorzog, ihn kurz unter warmes Wasser hielt und mich dann im Gehen auf den Joghurt stürzte. Das Verfallsdatum sagte mir, dass er seit fast einer Woche abgelaufen war, aber als ich ihn öffnete, war noch kein Schimmel zu sehen. Mindesthaltbarkeitsdatum, verbesserte ich mich in Gedanken. Ich leckte den Deckel ab und warf ihn dann achtlos auf den kleinen Couchtisch, wo er zwischen leeren Chipstüten und Alkoholflaschen verschwand. Gelegentliche Ausschweifungen. Ich ließ mich auf die Couch sinken, schaffte mir mit den Füßen etwas Platz auf dem flachen Tisch, indem ich die leeren Verpackungen auf den Boden verbannte, während meine Finger sich in die Ritze zwischen Sitzfläche und Rückenlehne schoben und nach kurzem Suchen die Fernbedienung fanden. Ich zappte durch die Programme. Nur Müll. Wie immer. Ein kurzer Blick zur Uhr zeigte mir, dass es Viertel Sieben war. Noch Zeit. Wie üblich überzeugte mich das Programm schnell davon, dass nur die Sportkanäle mich nicht zur Weißglut bringen würden. Auch wenn das hieß, dass ich mir Dressurreiten und Dartspielen antun musste. Nach wenigen Minuten ging ich, den leeren Becher auf den quadratischen Esstisch werfend, zur Küchenzeile zurück, öffnete einen der oberen Hängeschränke, förderte eine Fünf-Minuten-Terrine zutage und suchte nach einer freien Fläche auf der Arbeitsplatte, wo ich sie platzieren konnte. Vergeblich. Kurzerhand nahm ich den Berg an Post, trug ihn, unterwegs die Hälfte verlierend, zum Couchtisch und hatte nun wieder etwas Spielraum. Als nächstes grub ich den Wasserkocher aus, ging ins Bad, um ihn zu befüllen, weil an das Waschbecken in der Küche beim besten Willen kein Rankommen war, und machte ihn an. Während ich darauf wartete, dass das Wasser kochte, nahm ich mir zwei Briefe, die auf dem Herd liegen geblieben waren, und öffnete den ersten. Mitteilung an die Mieter. Ich überflog den Inhalt. Die Firma, die den Hausmeisterdienst machte, sollte gewechselt werden, weil die aktuelle ihren Aufgaben nur mäßig nachkam und daher der Innenhof ziemlich ungepflegt aussah. Ach ja? Wenn sie meinten. Ein lockerer Wurf über die Schulter. Der nächste enthielt meine Kontoauszüge. Zumindest war ich diesmal nicht im Minus. Der Brief landete bei dem anderen. Ich hörte das Klicken des Wasserkochers. Die Terrine balancierend ging ich zum Sofa, platzierte den heißen Becher auf dem Katalog des Möbelhauses und meine Füße daneben, griff mir eine Hand voll Post und schaute sie flüchtig durch. Nur Mist. Rechnung, Rechnung, Werbung, Reklame, Rechnung. Ich warf sie zurück auf den Tisch. Einige flogen weiter und landeten am Boden auf den dreckigen Klamotten, die ich dort vor ein paar Tagen hatte liegen lassen. Gelangweilt blickte ich wieder zum Fernseher. Nach fünf Minuten, während derer ich vergeblich versucht hatte, beim Reitsport abzuschalten, gab ich es auf und stieg auf den Videotext um. Der allerletzte Ausweg. Mäßig interessiert las ich mir durch, was es an Sportnachrichten gab. Zwei Boxer, die sich vor laufender Kamera geprügelt hatten. Ein weiterer entlassener Fußballtrainer. Die Ergebnisse der letzten Spiele der Handball-WM. Zwischendurch löffelte ich meine Terrine. Dann um dreiviertel sieben kam die Erlösung: Fußball. Nicht mein absoluter Favorit, aber um Längen besser als diese Pony-Show. Während des Spiels blätterte ich in einigen der Prospekte. Nichts Brauchbares. Halbzeit. Nachrichten. Spielende. Auswertung. Bei manchen Analyseversuchen musste ich unwillkürlich die Augen verdrehen. Mein Blick schweifte zur Uhr. Im nächsten Moment stürmte ich aus dem Zimmer. Scheiße! Auf dem Weg ins Bad riss ich mir die Sachen vom Körper, verteilte sie gleichmäßig in der ganzen Wohnung. Acht Minuten später stand ich triefnass vor meinem Kleiderschrank. Auf dem Parkettboden sammelte sich eine Pfütze. Ich hatte noch nicht einmal die Nerven gehabt, meine Haare kurz auszuwringen. Aus den geöffneten Türen starrte mich eine erbarmungslose Leere an. Der Penner da oben hasst mich wirklich. Ungeduldig durchwühlte ich den Haufen am Boden. Sachen, die ich rausgesucht und dann doch nicht angezogen hatte. Jetzt wusste ich auch wieder, weshalb. Pussy! Noch während ich die Klamotten raus kramte, baute sich in mir ein starker Widerstand auf. Ich würde bei jeder Anmache noch wütender reagieren als sonst schon und meine Mördermiene keine Minute vernachlässigen dürfen, um mein Outfit wenigstens irgendwie zu kompensieren. Die Jeans war weniger als knapp – sie reichte gerade einmal bis über den Hintern. Das Oberteil war immerhin ein T-Shirt, allerdings waren die Ärmel so kurz, dass sie kaum den blauen Fleck an meiner Schulter verdeckten, den ich von dem Kampf davongetragen hatte. Zudem war es verdammt eng und kurz, egal, wie sehr ich daran zog. Eine einzige Katastrophe. Billig zu haben, schoss es mir durch den Kopf, gleich darauf folgte ein Bild von Ino. Ich schnaubte wütend. Das Ergebnis meiner Unterwäschesuche führte mir schließlich das ganze Ausmaß des Wäschenotstandes vor Augen: Ich konnte nur Reizwäsche zutage fördern. Super. Und dann auch noch rot. Ich wusste nicht einmal mehr, wo ich das Zeug her hatte. Musste schon eine ganze Weile da liegen. Ich raffte die Sachen zusammen und sprintete zurück ins Bad, trocknete mich flüchtig ab, beschloss, dass meine Haare gut genug lagen um das Bürsten ausfallen zu lassen, zog widerwillig die Sachen an, vermied eine nähere Betrachtung meines Spiegelbildes, putzte mir noch im Schnelldurchlauf die Zähne, holte meine Tasche aus dem Schlafzimmer, die ich zum Glück am vergangenen Tag nach einer halbstündigen Suchaktion unter einem großen Berg Klamotten hervorgezogen hatte, packte das Nötigste ein, wobei ich mein Handy unbeachtet links liegen ließ und stürmte dann aus der Wohnung. Kapitel 4: ----------- Es war zehn vor neun. Ich brauchte normalerweise gut zehn Minuten bis ins Vollmond. Ich lief die Straßen entlang, rote Ampeln wie hupende Autos und sich beschwerende Menschen ignorierend. Schon von weitem hörte ich die Stimmen der Gäste, die eine sich langsam auflösende Schlange vor dem Eingang bildeten. Es musste kurz nach neun sein. Rücksichtslos drängelte ich mich durch die Menge, begleitet von Beschwerden und anzüglichen Bemerkungen. Einige der Männer waren schon gut angetrunken. Am Eingang erwarteten mich zwei unserer Securitys. Ich nickte knapp, sie reagierten nicht. Wichser. Ein paar Schritte weiter an der Garderobe stand mein Chef, Dai. Lächelnd begrüßte er seine Gäste und hatte für jeden ein freundliches Wort oder ein Kompliment während er hin und wieder ein Kleidungsstück entgegennahm. Er kannte die meisten persönlich. Auf diese Art hielt er erfolgreich seinen Ruf aufrecht. Als er mich erblickte, gab er mir ein kurzes Zeichen, in die Garderobe zu kommen. Ich verdrehte sie Augen bei der Vorahnung, die ich hatte. Genervt ging ich um die Ecke, öffnete die Tür und ließ sie hinter mir wieder zufallen. Es hingen nicht viele Sachen an den Kleiderständern. Kein Wunder, bei den Temperaturen. „Du bist mal wieder verdammt spät dran.“ Er sah mich nicht an. Ich erwiderte nichts. Was hätte ich auch sagen sollen? Dass mein Tag wie immer beschissen gewesen war? Ich verschränkte die Arme vor der Brust und wartete. Einige Zeit verstrich, ehe er mich anblickte. Mit diesem ganz bestimmten Ausdruck. Er dachte – mal wieder – über eine Entlassung nach. Und er würde es wieder verwerfen, wenn er Pro und Kontra abwog. Viele der Stammkunden gingen auf meine Rechnung, so sehr ich diesen Umstand auch hasste. Es ließ sich nicht leugnen. Schon huschte der resignierte Ausdruck über sein Gesicht, als er zu dem gleichen Schluss kam. Er seufzte leise und schloss kurz die Augen, ehe er sich wieder seinen Kunden zuwandte. „Du bist in der Disko.“ Wo auch sonst. Meine Stimmung hatte bereits ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. Ohne Weiteres abzuwarten, machte ich kehrt und ging nach links den Flur entlang, an dessen Ende sich die Tür zu unserem Aufenthaltsraum befand. Ich schloss auf, öffnete sie gerade einmal so weit, dass ich meine Tasche hinein schmeißen konnte, und zog sie anschließend wieder zu. Die Hände tief in den Taschen vergraben marschierte ich finster blickend den Flur zurück, an der Garderobe und der Lounge vorbei in den großen Schankraum, der in der Mitte von einer eckigen Bar dominiert wurde. Unsere drei Keeper Yasu, Shin und Katsumi gingen bereits voll in ihrem Element auf. Während sie die verschiedensten Getränke mischten, unterhielten sie sich locker mit den Gästen, scherzten und flirteten mit den Mädchen. Wäre ich in einer anderen Verfassung gewesen, hätte ich die drei wohl für ihre gute Laune bewundert, so aber konnte ich mich gerade einmal zu einem nicht allzu abweisenden Blick in Yasus Richtung durchringen als ich mir ein Tablett nahm, bevor ich an der Tür zur Disko ankam, aus der gerade Natsumi trat. Sie hatte also wieder meinen Teil der Arbeit übernommen, solange ich noch nicht da war. Wie immer lächelte sie mich freundlich an. Es kotzte mich an, auch wenn sie es nur gut meinte. Ich gab ihr nur mit einem Zeichen zu verstehen, dass ich ab jetzt übernahm. Sie nickte. Die Musik dröhnte zum Glück bereits so laut, dass eine Unterhaltung nicht möglich war. Mit versteinerter Miene trat ich in das Halbdunkel der Tanzhölle. Sofort schlug mir der beißende Geruch verschwitzter Körper entgegen. Es war bereits unerwartet voll. Super. Meine Finger krallten sich unwillkürlich in den Rand des Tabletts, als mir jemand auf die Schulter tippte. Ich drehte mich langsam zu ihm um. Ein breites Grinsen zog sich über das Gesicht des Jungen. Ich konnte mich dunkel an ihn erinnern. Er war eine Stufe unter uns, musste also um die 17 sein, auch wenn er schon wie 20 aussah. Seine Blicken wanderten an mir herab. Ich stand stocksteif da, bemüht, mich im Zaum zu halten. Schon bereute ich, nicht länger bei Takuya geblieben zu sein. Meine Energiereserven waren anscheinend noch lange nicht erschöpft. Mit großer Anstrengung entspannte ich meine Körper soweit, dass ich eine einigermaßen lockere Haltung annehmen konnte, zog eine Augenbraue hoch und sah ihn fragend-auffordernd an. Ein Fehler. Er beugte sich zu mir herunter und legte seinen Mund an mein Ohr. „Willst´ ma´ kurz mit nach hinten kommen?“ Er meinte den Parkplatz, der sich hinter dem Vollmond befand. Abrupt trat ich zwei Schritte zurück, zeigte ihm meinen Mittelfinger und ging. Nicht ohne einen Klaps auf den Hintern zu kassieren. Ich tat, als hätte ich es nicht bemerkt, auch wenn ich am liebsten in die Luft gegangen wäre. Ziellos wanderte ich durch die Menge. Es wurde immer voller und somit schwieriger, den schweißnassen Körpern auszuweichen. Bald konnte ich nicht mehr unterscheiden, welche Berührungen Versehen und welche Absicht waren. Es war vermutlich auch besser so. Nachdem ich die Anzahl Bestellungen zusammenhatte, für die es sich in meinen Augen lohnte, nach vorn zu gehen, bahnte ich mir einen Weg aus der Disko und ging auf direktem Weg zur Bar. Ich sah mich nicht um, wer sonst noch da war. Ich wollte die Blicke, die mir zweifelsohne zugeworfen wurden, gar nicht sehen. Am Tresen musste ich kurz warten, dann war Katsumi frei. Wie immer ignorierte er meine vernichtenden Blicke und lächelte mich unbeirrt an. Ich hielt ihm wortlos den Zettel hin. Sein Ausdruck wurde konzentriert, das Lächeln wollte jedoch nicht ganz verschwinden. „Meine Fresse, Maiko! Wer hat dir denn das Schreiben beigebracht? Das sind Hieroglyphen!“ Ich sah ihn entnervt an. „Da drin ist es stockdunkel, ich sehe nicht, was ich schreibe!“ „Alles eine Sache der Übung. Und die hast du von uns allen noch am meisten.“ Mit einem schiefen Grinsen und einem Augenzwinkern zückte er einen Kugelschreiber. „Lies mal vor.“ Wenn ich dazu in der Lage gewesen wäre, hätte ich ihn in diesem Moment tausend qualvolle Tode sterben lassen. Wutentbrannt riss ich ihm den Zettel aus der Hand und zählte für ihn noch einmal die Liste auf. Ich zumindest hatte keine Probleme, sie zu lesen. Nachdem er alles noch einmal für sich aufgeschrieben hatte, machte er sich an die Arbeit. Ich sah unwillig dabei zu, wie er geübt den Alkohol in die mit Eiswürfeln gefüllten Gläser goss, die Cocktails mit Fruchtstücken dekorierte und immer noch nebenbei den einen oder anderen Kunden bediente. Zumindest blieb mir eine Unterhaltung erspart. Erst als er plötzlich in meine Richtung sah und sich sein Gesichtsausdruck unübersehbar veränderte, merkte ich, dass jemand zu mir getreten war. Ich wäre am liebsten sofort gegangen. Schon drang ihre penetrante Singstimme an mein Ohr. „Na Maiko, du warst heute ja schon wieder zu spät.“ Mit angespannten Kiefermuskeln zwang ich mich, ihr mein Gesicht zuzuwenden. Wie ich diese Person hasste! Ihre grau-grünen Augen musterten abschätzig mein Outfit. Ich konnte ihr ansehen, dass sie Angst hatte, ich könne ihr die Show stehlen. Als wenn ich daran Interesse hätte. Zumal man ihren Aufzug, selbst wenn man es gewollt hätte, nicht mehr hätte toppen können, wie ich mit einem kurzen Blick feststellte. Sie trug ein so knappes Kleid, dass sie kaum mehr Aufsehen erregt hätte, wäre sie gleich ganz nackt zur Arbeit gekommen. Das Feuerrot stellte einen wirkungsvollen Kontrast zu ihren schwarzen Haaren dar. Ein Hingucker, in jedem Fall. „Tori, meine Süße! Wie kann ich dir helfen?“ Ich verdrehte die Augen während ich mich Katsumi wieder zuwandte. Er sah mich überhaupt nicht. Seine ganze Aufmerksamkeit war auf meine Kollegin und den Traum seiner schlaflosen Nächte gerichtet. Was sie sehr wohl wusste und skrupellos ausnutzte. Wie auch jetzt. Ihre Stimme war fast ein Schnurren, als sie ihn mit vorgerecktem Kinn verführerisch anlächelte. Sie verstand es, Männer um den Finger zu wickeln, das musste man ihr lassen. „Ich brauche dringend einen deiner Spezialdrinks!“ Katsumi sah unsicher aus. „Jetzt schon? Wir haben doch gerade erst angefangen und...“ Ihr Hundeblick ließ ihn verstummen. „Biiitte, Katsumi! Die Typen machen mich irre!“ Schon war sein Widerstand gebrochen. „Natürlich, kommt sofort! Und wenn dir einer der Kerle zu nahe kommt – sag´ mir Bescheid!“ Sie lächelte ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und Koketterie an. „Sicher.“ Er verschwand eilig. Meine Bestellungen hatte er für den Moment vollkommen vergessen. Mir war´s fast egal. Ich hatte in dem Schuppen ohnehin nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ergeben wartete ich darauf, dass Tori ihren Aufputschdrink bekam und abdampfte. Während sich Katsumi ins Zeug legte, bemerkte ich, wie sie sich nach Männern umsah, die in ihr Beuteschema passten. Soweit ich es beurteilen konnte, beschränkte es sich auf eine Körpergröße von mindestens einem Meter achtzig, ausgeprägte Muskeln und ein männliches Gesicht. Sie hatte Auswahl. Genervt atmete ich tief aus und schloss die Augen, stützte die Stirn in der Hand ab. Kurz darauf kam der Barkeeper zurück, ein Glas in der Hand, dessen Inhalt einen Farbton hatte, der irgendwo zwischen Blutrot und Magenta einzuordnen war. Ich hatte keine Ahnung, was er alles hineingeschüttet hatte. Mit glänzenden Augen nahm Tori das Getränk entgegen, schenkte Katsumi schon im Wegdrehen noch ein flüchtiges Lächeln und verschwand dann in der Menge. Ich betrachtete ihn abwartend, während er sehnsüchtig dem roten Rockzipfel nachsah. Als es mir zu lange dauerte, schlug ich ihm halbherzig mit der Faust gegen die Schulter. „Hey, ich warte.“ Er schreckte hoch, sah mich verwirrt an, schien sich dann aber an die Drinks zu erinnern, denn er ging zur anderen Seite der Bar und kam kurze Zeit später grinsend mit dem vollen Tablett zurück. Schwungvoll stellte er es vor mir auf dem Tresen ab. Ich sah ihn von unten durchdringend an. Er grinste noch immer. Sein Tag war wohl für heute gerettet. Oh Mann, was für ein Trottel. Ich griff nach dem Tablett und machte dann – schon im Drehen – einen Schritt von der Bar weg, blieb aber sofort wieder stehen. Fast wäre ich mit einem unserer Securitys, Rafu, zusammen gestoßen. Heute war wirklich nicht mein Tag. Der bullige Glatzkopf funkelte mich wütend an. „Pass' gefälligst auf, Miststück!“ „Fick dich“, entgegnete ich knurrend und schob mich an ihm vorbei. Ich war darauf gefasst gewesen, dass er mich herumreißen und zuschlagen würde, aber nichts passierte. Er war also noch im Dienst und hatte nicht genug Alkohol getrunken. Die Antwort würde aber nicht lange auf sich warten lassen. Ich musste vorsichtig sein. Mit Todesblick bahnte ich mir einen Weg zurück zur Disko. Immer wieder unternahm der eine oder andere den Versuch, mich anzusprechen, aber ich überhörte es und ging einfach weiter. Im Moment fühlte ich mich absolut nicht gesellschaftstauglich. Fast überkam mich Erleichterung, als ich wieder das Halbdunkel betrat. Doch der leichte Hauch, den ich vielleicht verspürt hatte, verflog im nächsten Moment wieder. Es war unglaublich voll, eng und stickig. Ich versuchte auf meinem Weg zu den Tischen so gut es ging, das Tablett zu schützen und trotz des ständigen Angerempels möglichst ruhig zu halten. Am ersten Tisch stellte ich, als ich die bestellten Getränke ablieferte, fest, dass tatsächlich nichts verschüttet war. Mir fiel Katsumis Bemerkung wieder ein, ich hätte die meiste Übung darin, hier zu bedienen. Ich schnaubte abfällig. Das Mädchen, das gerade bezahlen wollte, hatte es nicht mitbekommen. Kein Wunder, bei der Lautstärke. Sie reichte mir ihre Karte, auf der verschiedene Geldwerte abgebildet waren. Die kleine Lampe, die in meinen Stanzer eingearbeitet war, zeigte mir, dass sie nicht mehr genug Geld auf der Karte hatte. Ich machte sie darauf aufmerksam. Sie sah mich erschrocken an. Dann wandte sie sich zu ihren beiden Begleitern um und es folgte eine längere Diskussion. Scheinbar verstanden sie nur die Hälfte von dem, was sie sagte. Ich rollte mit den Augen und wippte ungeduldig im Takt der Musik. Schließlich stand einer der Jungs auf und kam zu mir. Man merkte ihm an, dass er schon einen zuviel über den Durst getrunken hatte. Als er sich an dem Mädel vorbei schob, stolperte er, stieß gegen den Tisch und fiel auf mich zu. Reflexartig fing ich ihn auf. Er war fast einen Kopf kleiner als ich. Sich an meiner Schulter festhaltend, grinste er mich von unten an und hielt mir seine Karte hin. Hätte er sie mir nicht auch einfach durchgeben können? Unsanft löste ich seinen Griff und brachte anderthalb Armlängen zwischen uns. Der andere Kerl lag vor Lachen flach auf dem Tisch, das Mädchen hielt sich die Hand vor den Mund. Ich biss die Zähne zusammen. Auch wenn sie nicht über mich lachten, es störte mich, dass ich involviert gewesen war. Ich stanzte den Restbetrag aus und gab dem Jungen die Karte wieder. Dann nahm ich das Tablett auf und schob mich an den anderen Gästen vorbei zum nächsten Tisch. Dort angelangt stellte ich, als ich zwei der Gläser herunternahm, fest, dass sie unten nass waren Dabei war ich mir sicher gewesen, auf der kurzen Strecke nicht angerempelt worden zu sein. Dann fiel mir wieder ein, dass der Junge gegen den Tisch gestoßen war. Ein leiser, aber heftiger Fluch entwich meinen Lippen. Mir war klar, dass sowohl Shin als auch Katsumi sich einen Kommentar nicht würden verkneifen können. Die nächste halbe Stunde verbrachte ich damit, die Getränke zu verteilen und neue Bestellungen aufzunehmen. Als ich auf dem Weg zurück zur Bar an einem Tisch vorbeikam, spürte ich plötzlich eine Hand an meinem Arm, die mich zurückzog. Ungehalten drehte ich mich um und wollte denjenigen schon anfahren, als ich Akito erkannte. Er musterte mich anzüglich, während ich vor ihm stand und Mühe hatte, mich zu fangen. Das war die Chance! Ich schluckte meine Wut hinunter und stellte das Tablett auf den Tisch, dann wandte ich mich ihm zu. Er schien freudig überrascht zu sein, als ich mich lächelnd zu ihm beugte, etwas Unanständiges zu raunte, das er nicht verstehen konnte, und meine Hand wie zufällig auf seinen Oberschenkel legte, von wo aus sie sofort weiter zu seinem Schritt wanderte. An seiner Reaktion merkte ich, dass er schon einiges intus hatte. Sein Grinsen wurde pervers und seine Hand wanderte von meiner Taille zu meinem Hintern und noch etwas tiefer, sodass seine Finger den Weg unter meine Hose fanden. Es kostete mich einiges, mir meinen Widerwillen nicht anmerken zu lassen. Mit einem süßen Lächeln entzog ich mich ihm, nahm das Tablett auf und ging, ohne mich noch einmal umzusehen, aber mit der Gewissheit, dass er meinem Hintern noch so lange wie möglich nachsah, weiter in Richtung Ausgang. Das Lächeln wandelte sich augenblicklich in ein finsteres Grinsen, das ich mir jedoch, sobald ich den Schankraum betrat, verbot. Mit abweisendem Ausdruck stellte ich mich an die Bar, kurz darauf kam Yasu zu mir. Er begrüßte mich, nahm mir den Zettel mit den neuen Bestellungen ab und machte sich ohne Beanstandung meiner Schrift oder des nassen Tabletts an die Arbeit, wofür ich ihm unendlich dankbar war. Er war der einzige, der so taktvoll war, meine Stimmungen einfach zu akzeptierten und weder nach dem Warum zu fragen, noch zu versuchen, mich aufzumuntern. Während er beschäftigt war, betrat ich ebenfalls die Bar und machte mich daran, das Tablett und meine klebenden Hände zu waschen. Anschließend setzte ich mich auf einen freien Teil der Arbeitsfläche und wartete. Die Aktion mit Akito hatte meine Stimmung um ein Beträchtliches angehoben und es fiel mir fast schwer, weiterhin tödliche Laune zu demonstrieren. Leicht amüsiert beobachtete ich Yasu, der immer wieder von den Getränken aufsah, um dem einen oder anderen Mann nachzusehen. Er hatte Geschmack, das musste ich ihm lassen. Und im Gegenzug fing ich auch immer wieder die Blicke einiger junger Mädchen auf, die ihn sehnsüchtig beobachteten. Es war auch wirklich eine Schande, dass er an die Männerwelt verloren war. Fasziniert betrachtete ich das Spiel seiner Rückenmuskeln, die sich durch das schwarze, eng anliegende Tanktop deutlich abzeichneten. Seine dunkle Haut glänzte leicht in dem Dämmerlicht und das gemusterte Kopftuch, dessen längere Enden auf seinen Rücken fielen und bei jeder Bewegung hin- und her schwangen, ließ ihn so unnahbar wie ein Wesen aus einer anderen Welt wirken. Eine freundliche Stimme riss mich aus meinen Beobachtungen. Natsumi hatte sich zu mir gestellt und war meinem Blick gefolgt. „Es ist ganz schön viel los, dafür dass erst Freitag ist, oder?“ Ich nickte stumm. Sie lächelte mich an. „Aber die Gäste sind ja zum Glück alle sehr nett.“ Darauf erwiderte ich besser nichts. Noch immer lächelnd ließ sie den Blick schweifen. Ich beobachtete sie von der Seite und bemerkte, wie das Lächeln aus ihrem Gesicht verschwand als ihre Augen bei Katsumi verweilten. Unbewusst begann sie, auf ihrer Unterlippe zu kauen. In dem Moment trat auch noch Tori an ihn heran und seinem Gesicht war deutlich anzusehen, wie ihn das freute. Vermutlich brauchte sie wieder einen „Spezialdrink“. Die Kleine neben mir tat mir schon ein bisschen leid. Seit über einem Jahr war sie nun schon hoffnungslos in ihn verschossen, doch er hatte es bisher nicht bemerkt. Tori dagegen, die es wohl auch rausbekommen hätte, wenn die gutgläubige Natsumi es ihr nicht erzählt hätte, sah sich in keinerlei Verpflichtung und spielte trotzdem mit ihm. Das machte dem Mädchen ziemlich zu schaffen, doch sie zeigte es nicht und überspielte ihre Enttäuschung mit guter Laune. So wandte sie sich auch jetzt ab und automatisch zogen sich ihre Mundwinkel nach oben. In dem Moment kam Yasu zu uns. „Hey Sunny! – Maiko“, damit überreichte er mir das Tablett, „lass' dich nicht stressen.“ Mit einem Zwinkern drehte er sich um und ging zurück zum Tresen, wo schon zwei junge kichernde Mädchen warteten. Ich spürte, wie sich meine Gesichtszüge unwillkürlich entspannten. Seine Wirkung war immer wieder faszinierend. Natsumi war diese Veränderung nicht entgangen, denn sie strahlte mich förmlich an, sagte aber nichts weiter. Als ich ging, nickte ich ihr zu. Sie erwiderte winkend den Gruß. „Bis dann.“ Nachdem ich meine übliche Runde gedreht hatte, kam ich an dem Tisch vorbei, an dem vor einer Weile noch Akito gesessen hatte. Er war nicht mehr da. Plötzlich legte sich ein kräftiger Arm um meine Schultern und zog mich zurück. Sofort zur Gegenwehr bereit, drehte ich mich um, doch als ich ihn erkannte, entspannte ich mich etwas. Kiba grinste mich breit an und streckte mir seinen erhobenen Daumen entgegen. Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. Zur Antwort hielt er mir sein Handy unter die Nase. Es dauerte etwas, bis ich erkannte, was auf dem leicht verschwommenen Bild zu sehen war: Akito stand nur mit Boxershorts bekleidet neben der Sitzecke, von der er sich gerade erst erhoben haben musste und starrte an sich hinunter. Vermutlich hatte er nicht sofort begriffen, was los war, was den anderen Gästen genug Zeit gegeben hatte, ein paar Fotos zu schießen. Ein Lächeln, das sich nun nicht mehr unterdrücken ließ, legte sich auf meine Lippen. Kiba zog das Handy zurück und sah mich grinsend an. Dann beugte er sich vor. „Wusste ich doch, dass du das warst!“ Anerkennend klopfte er mir auf die Schulter. Er war nach seinem Abschluss in der Stadt geblieben und hatte vor kurzem ein Hundesport-Zentrum gegründet. Akito und er hassten sich wie die Pest. Mein rechter Mundwinkel verzog sich zu einem schiefen Grinsen, das auch nicht mehr verschwand, nachdem ich mich im Wegdrehen mit einem lockeren Salut verabschiedete und zurück zur Bar ging. Heute Abend würde ich meine gute Laune wohl nicht mehr los werden. Kapitel 5: ----------- In den nächsten Stunden arbeitete ich mit einer für mich völlig untypischen Gelassenheit. Beinahe hätte ich mich davon überzeugen lassen, dass die meisten Gäste doch ganz in Ordnung waren und mich auf ausschweifende Gespräche eingelassen. Nicht einmal die stichelnden Bemerkungen von Shin und Katsumi störten mich besonders. Gegen drei leerte sich das Vollmond zusehends. Selbst die extremen Partygänger waren von der Schule oder der Arbeit zu erschöpft, um bis zur Schließung um fünf zu bleiben. Als ich ein weiteres Mal an die Bar trat, um die letzten leeren Gläser abzugeben, kam Dai auf mich zu. „Mach Feierabend, Maiko. Den Rest machen Rin und Itoe.“ Ich nickte zur Bestätigung und gab dem wartenden Yasu das Tablett. „Dann mal noch einen schönen Abend. Wir werden wohl auch nicht mehr lange machen.“ Sein Blick flog einmal durch den Raum, blieb dann aber an einem Punkt hinter mir hängen. „Dreh´ dich mal um, Maiko. Sieht so aus, als würde da jemand auf dich warten.“ Ich zog zweifelnd die Augenbrauen zusammen und drehte den Kopf in die angegebene Richtung. Als ich ihn sah, breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Unwillkürlich musste auch ich lächeln. Es bedurfte keiner weiteren Aufforderung. Schon kam Naruto auf mich zu und stellte sich zu uns an die Bar. „Hey! Sieht aus als wärst du für heute fertig. Soll ich dich nach Hause bringen?“ Ehe ich etwas sagen konnte, ertönte Yasus Stimme. „Na hoffentlich ist deine Wohnung besuchstauglich.“ Neckisch zwinkerte er mir zu. Naruto stieg sofort mit ein. „Ach was, ich bin in der Hinsicht schmerzresistent“, lachte er und legte mir einen Arm um die Schultern. Ich sah ihn von der Seite an. Sein Lächeln verriet mir, dass es für ihn schon beschlossen war. Ergeben fügte ich mich, verfluchte aber im Stillen Yasu für seine Einmischung. „Okay, dann lass uns gehen.“ Und an Yasu gewandt sagte ich: „Bis morgen.“ Ein leichtes Zucken umspielte seine Lippen, als Naruto mich noch etwas näher zu sich zog und wir uns zum Gehen wandten. Nachdem ich meine Tasche aus dem Raum geholt hatte, traten wir durch die Eingangstür nach draußen. Dort empfing mich der finstere Blick Rafus, der jetzt offensichtlich auch Feierabend hatte, denn er hielt in der einen Hand einen Jägermeister und in der anderen eine halb abgebrannte Zigarette. Ich konnte ihm ansehen, dass er mir für unseren letzten Austausch von Liebenswürdigkeiten am liebsten eine rein gehauen hätte, doch er verkniff sich mit Blick auf Naruto jede Bemerkung. Schweigend ging ich an ihm vorbei. Ich hatte kein Bedürfnis nach einer Auseinandersetzung mit ihm. Und plötzlich kam mir in den Sinn, dass es vielleicht gar nicht so schlecht war, von Naruto nach Hause gebracht zu werden. So musste ich wenigstens nicht damit rechnen, auf dem Nachhauseweg von Rafu aufgehalten zu werden. Auf dem Weg zum Auto erzählte Naruto locker von seinem Tag. Ich hörte nur halb zu. „Ist alles in Ordnung?“ Fragend blickte ich auf. „Klar, wieso?“ Er blieb vor der Motorhaube stehen und sah mich durchdringend an. „Du bist so ruhig. Als wärst du nicht ganz da.“ Er runzelte die Stirn. Ich biss mir auf die Innenseite meiner Wange. Reiß dich zusammen. „Ich bin nur ein bisschen müde“, entgegnete ich entschuldigend. Er sah mich noch einen Moment an, dann lächelte er leicht. „Na, dann ab ins Bett.“ Damit ging er auf die Fahrertür zu. Ich folgte seinem Beispiel. Da wir das Auto benutzten, dauerte der Weg zu meiner Wohnung fast genauso lange, als wenn ich zu Fuß gegangen wäre und die vielen Abkürzungen durch die schmalen Gassen genommen hätte. Während der Fahrt in dem angenehm klimatisierten Golf 3 wäre ich ohne die laut dröhnende Musik von Nobodyknows, in deren Rhythmus Narutos Finger auf das Lenkrad schlugen, tatsächlich schläfrig geworden, doch so war ich bei der Ankunft wieder hellwach. Naruto fand eine Parklücke nur wenige Schritte vom Eingang entfernt. Er stieg schon aus als ich noch den Gurt löste und öffnete mir die Tür von außen. Ich warf ihm nur einen schnellen Blick zu bevor ich ausstieg. Er schlug hinter mir die Tür zu und schloss ab. Dann spürte ich seine Rechte an meiner Taille. Er zog mich näher zu sich. Ohne weiter darüber nachzudenken nahm ich meinen linken Arm nach hinten und schob die Hand in eine der Hosentaschen an seinem Hintern. Noch war ich mir nicht sicher, welches Ende der Abend nehmen würde. Wir gingen zur Haustür und ich löste mich von ihm, um meine Tasche nach dem Schlüssel zu durchwühlen. Schließlich fand ich ihn und öffnete. Nachdem ich auch die Wohnungstür aufgeschlossen hatte, folgte mir Naruto wie selbstverständlich hinein. Ich zog die Schuhe aus und ging dann weiter ins Wohnzimmer, wo ich feststellen musste, dass ich bei meinem stürmischen Aufbruch vergessen hatte, den Fernseher auszuschalten. Mit einem Seufzen beim Gedanken an die Stromrechnung drückte ich auf den Knopf. Im nächsten Moment kam Narutos Stimme aus dem Flur. Ich konnte hören, dass er lächelte. „Yasu kennt dich echt gut.“ Dann betrat er das Wohnzimmer, als ich mich gerade umdrehte, blieb aber noch im Türrahmen stehen und sah sich mit großen Augen um. „Alter, Maiko! Das ist ja noch krasser als bei mir, echt jetzt!“ Ich konnte nicht ganz heraushören, ob der Anteil des Schreckens oder der der Bewunderung überwogen. Trotzdem musste ich grinsen. „Nun übertreibe mal nicht, meine Wohnung kennt im Gegensatz zu deiner auch Tage, an denen sie aufgeräumt ist.“ Ein verlegenes Lachen ertönte und der Blonde kratzte sich am Hinterkopf. „Okay, du hast gewonnen.“ Jetzt musste auch ich lachen. Das gelang wirklich nur Naruto. „Willst du was trinken? Ich habe aber nur noch Leitungswasser.“ Er winkte ab. „Lass´ mal, ich komme gerade aus einem Club. Und deshalb werde ich auch mal ins Bad verschwinden.“ Damit ging er. Unsere Beziehung war schon merkwürdig. Er bewegte sich bei mir fast wie zu Hause. Wenn wir zusammen waren, dann wirkte es, als wären wir beste Freunde oder aber Geschwister. Wäre da nicht dieser Fakt, dass wir miteinander geschlafen hatten. Zudem hatte ich selten etwas mit ihm zu tun. In der Schule grüßten wir uns manchmal nicht einmal und tauschten kaum ein paar Sätze aus. Als wäre es nicht der richtige Ort dafür. Ich schüttelte diese Gedanken ab. Es war unwichtig. Stattdessen ging ich ins Schlafzimmer und schmiss die Sachen, die sich im Tagesverlauf dort angesammelt hatten, kurzerhand vom Bett. Die Hose und das T-Shirt folgten. Anschließend öffnete ich weit das Fenster um die frische Nachtluft rein zu lassen, was ich in der Wohnküche wiederholte. Einen Moment stand ich vor dem geöffneten Fenster, schloss genießerisch die Augen und konzentrierte mich nur auf das Gefühl des sanften kühlen Windes auf meiner Haut. Auf der Straße unter mir fuhr ein Auto entlang. Der Bass dröhnte durch die ruhige Nacht. Direkt unter meinem Fenster hielt es an und ich konnte mehrere Türen klappen hören. Dann ertönten lautstark die Stimmen einiger Betrunkener. Sie lachten. Ich war versucht, mich vornüber zu beugen, um zu sehen, um wen es sich handelte, doch ich verbot es mir. Es ging mich schließlich nichts an. Als sich von hinten zwei Arme um meine Taille schlangen, zuckte ich zusammen. Ich hatte Naruto durch den Lärm auf der Straße nicht gehört. Er musste meine Anspannung bemerkt haben, denn während die eine mich sanft nach hinten an seine starke Brust drückte, strich die andere Hand zärtlich über meinen Bauch. Ich atmete tief ein und lehnte mich an ihn. Er trug nur noch Boxershorts. „Entspann dich,“ raunte er mir zu. Sein warmer Atem bewegte dabei leicht meine Haare. Ich schloss die Augen. Seine Hand wanderte zu meinem Ohr und strich die Haare auf meinen Rücken zurück. Als seine Finger es dabei mehr aus Zufall berührten, durchlief mich ein wohliger Schauer. Der Lärm von der Straße trat in den Hintergrund. Er ließ seine Hand an meinem Arm hinunter wandern während seine Zunge begann, meine Ohrmuschel zu umkreisen. Ich seufzte leise. Als seine Hand die meine erreichte, verschränkten sich beinahe reflexartig unsere Finger ineinander. Er führte meinen Arm um meinen Bauch zur anderen Seite und hielt mich so weiter an sich gedrückt indes seine andere Hand das Haar von meinem Rücken über die Schulter nach vorne schob. Nachdem sie es noch hinter mein linkes Ohr gestrichen hatten, fuhren seine Finger von dort die Kante meines Kinns entlang und drehten meinen Kopf mit leichtem Druck nach rechts, sodass ich ihn über die Schulter ansah. Seine Augen blickten mich klar an und ein warmes Gefühl durchströmte mich. Dann beugte er den Kopf nach vorn und küsste mich. Ich genoss es. Im nächsten Moment ließ mich ein lautes Hupen zusammenfahren. Naruto warf einen missbilligenden Blick zum Fenster und verzog den Mund. Er entließ mich aus seiner Umarmung, hielt aber meine Hand weiter fest und ging einige Schritte rückwärts in Richtung Flur und Schlafzimmer. Ich folgte ihm erst, als er mich am ausgestreckten Arm weiterzog. Dabei wanderte sein Blick über meinen Körper. „Hast du dich extra für mich so angezogen?“ Es dauerte etwas, bis ich seine Frage verstand. Dann fiel mir glühend heiß ein, dass ich feuerrote Reizwäsche trug. Ich fing an zu stottern. „N-nein!! Das – das ist nur, weil ich nicht, also – ich hatte nichts anderes mehr im Schrank!“ Noch während ich sprach breitete sich ein Grinsen auf seinen Zügen aus, dann lachte er lauthals los. „Achso, okay. Alles andere hätte mich doch auch sehr gewundert.“ Er zog mich zu sich, bis ich seinen Atem in meinem Gesicht spüren konnte. Wir standen mittlerweile neben dem Bett. Sein Daumen fuhr zärtlich über meine Lippen und hinterließ ein angenehmes Prickeln. Ich legte meine Arme um seinen Hals und reckte mich etwas, um ihn zu küssen. Schon nach kurzem öffneten sich seine weichen Lippen und seine Zunge bahnte sich ihren Weg. Indes wanderten seine Hände meinen Rücken hinauf und lösten den BH-Verschluss. Wie nebenbei zog ich meine Arme zurück, um die Träger abzustreifen und legte anschließend die Hände an den Bund seiner Unterhose während ich meine Lippen von den seinen löste und mich seinen Hals entlang immer tiefer küsste. Als meine Hand über die Wölbung strich, entfuhr ihm ein heiseres Stöhnen. Langsam machte ich mich daran, die Boxer hinunter zu ziehen, wobei ich ihn immer wieder scheinbar ungewollt so berührte, dass er scharf die Luft einsog oder aufkeuchte. Als sie schließlich am Boden lag, zog er mich augenblicklich an der Hand wieder zu sich hinauf und raubte mir mit seinen Küssen fast den Atem während er mich langsam auf das Bett sinken ließ. Seine Finger tanzten sachte über meinen Körper und jagten mir einen Schauer nach dem anderen den Rücken hinauf. Wie im Spiel umstrichen sie zunächst immer wieder meinen Schritt, ehe sie mich letztlich von dem roten Slip befreiten. In dem Moment als auch er endlich zu Boden gefallen war, hielt Naruto inne und betrachtete mich einen Augenblick, bevor er sein Gesicht über mich beugte. Zuerst vereinte er erneut unsere Zungen, kurz darauf folgten unsere Körper. Kapitel 6: ----------- Das schrille Kreischen eines Mädchens riss mich aus dem Schlaf. Unwillig tastete ich nach dem Kopfkissen und drückte es mir auf die Ohren. Es half nichts. Nach einigen Minuten, in denen ich krampfhaft versuchte, wieder einzuschlafen und dem beklemmenden Gefühl zu entkommen, das sich sofort bei meinem Erwachen eingestellt hatte und über dessen Ursache ich gar nicht weiter nachdenken wollte, gab ich es auf, warf das Kissen gegen die Wand, drehte mich auf den Rücken und schielte zu meinem Wecker. 14:09 Uhr. Ich stöhnte und schloss in einem letzten Versuch noch einmal die Augen. Sogleich drängten sich mir die Geräusche der im Innenhof spielenden Kinder auf. Konnten diese Drecksplagen ihr Gebrüll nicht auf Zeiten verschieben, zu denen ich ohnehin arbeiten war? Mussten sie dann draußen spielen, wenn jeder normale Mensch noch schlief?! Es war immerhin Samstag! Eines der Kinder begann lautstark zu weinen. Ich schlug endgültig die Augen auf und starrte wütend meine Zimmerdecke an. Ein paar Mal atmete ich tief ein und aus, ehe ich mich aufsetzte und motivationslos umsah. Mir war sofort wieder klar, warum ich am liebsten gar nicht mehr aufstehen wollte. Mein Blick blieb an den Sachen hängen, die ich gestern getragen hatte. Richtig, Naruto war hier gewesen. Ich hatte mit ihm geschlafen. Und dann war mir Hinata wieder eingefallen. Unwillkürlich knirschte ich mit den Zähnen und zog die Augenbrauen zusammen. Scheiße. Erst als er hochzufrieden Anstalten machte, nach Hause zu fahren, hatte ich es ihm gesagt. Ohne weiter darüber nachzudenken. Ich hatte ihm einfach gesagt, dass es ein Fehler gewesen war. Und er hatte mich natürlich überhaupt nicht verstanden. „Was? Wie jetzt? Warum denn das auf einmal? Hast du etwa einen Freund?“ Was für eine bescheuerte Frage. Aber ich hatte nur den Kopf geschüttelt und „Hinata.“ gesagt. Daraufhin hatten sich seine Augen geweitet. „Willst du etwa sagen, du hast eine Freundin?! Du bist be?!“ Auf meinen gequälten Blick hatte er sofort hinzugefügt: „Nicht, dass ich irgendein Problem damit habe! Es wundert mich nur...“ Den resignierten Seufzer konnte ich nicht unterdrücken, als ich erwiderte: „Nein, das ist es nicht. Es geht um Hinata. Ich glaube, nein – ich bin mir ziemlich sicher, dass sie in dich verliebt ist. Darum hätte ich nicht mit dir schlafen dürfen.“ Nach dieser Erklärung starrte er mich so lange an, dass ich schon beinahe begann, mich unwohl zu fühlen und mich zwingen musste, ihn anzusehen. Er öffnete immer wieder den Mund, ohne auch nur einen Ton herauszubekommen. Ich hatte also richtig damit gelegen, dass er keine Ahnung hatte. Erst nach einigen Minuten, wie es mir schien, war er wieder in der Lage, sich zu artikulieren. „Du – du hast... Seit wann weißt du es schon?“ Seine Stimme zitterte etwas und ein Ernst lag darin, den ich ihm nie zugetraut hätte. Es war fast bedrohlich. Mein Mund wurde trocken. Ich musste schlucken. Was war nur mit mir los? So ruhig wie möglich entgegnete ich: „Ich weiß es nicht. Aber ich nehme es an. Vor fast vier Wochen hatte ich das erste Mal die Vermutung.“ Während er mich weiterhin fixierte, erschien eine steile Falte zwischen seinen Augenbrauen, die mit ziemlicher Sicherheit der Überlegung geschuldet war, ob wir den – abgesehen von heute – letzten Sex davor oder danach gehabt hatten. Ich gab mir große Mühe, mir nichts anmerken zu lassen, doch innerlich schrie beinahe alles in mir danach, ihn auf der Stelle raus zu schmeißen und die Sache dann einfach zu vergessen. Ich hasste diese Anspannung, die kurz vor einem Streit in der Luft lag. Und deshalb umging ich sie, wann immer es möglich war. Oder ich reagierte, indem ich entweder zuschlug oder verschwand. Alles war besser, als es einfach zu ertragen und nichts dagegen tun zu können. Schließlich nickte er langsam. „Warum hast du es mir nicht schon früher gesagt?“ Weil ich es einfach vergessen habe, du Idiot! „Weil wir uns heute zum ersten Mal seitdem wieder gesprochen haben. Ich wusste nicht, dass es dir so wichtig ist.“ Verdammt, ja! Ich weiß doch, ich habe Mist gebaut! Ein ironisches Lächeln legte sich auf seine Lippen und er gab einen abschätzigen Laut von sich. „Ist es auch nicht, ich liebe sie erst seit der achten Klasse.“ Bei diesen Worten zog sich mein Innerstes schmerzhaft zusammen. Was denn, du wusstest doch, dass es eine rein körperliche Sache ist. So wie alles. Ich überspielte es, so gut ich konnte, doch meine Antwort war nicht annähernd so bissig, wie ich es mir gewünscht hatte. „Tut mir ja schrecklich leid, dass ich keinen Einblick in dein Gefühlsleben habe. Ich hätte es dir auch gar nicht zu sagen brauchen!“ Einen Moment glaubte ich, Wut in seinem Blick aufflackern zu sehen, doch dann atmete er tief ein, schloss die Augen und winkte müde ab. „Lass gut sein Maiko, passt schon. Danke für die Info. Man sieht sich“ Damit hatte er mir den Rücken zugedreht und war gegangen. Ich hatte noch kurz das Klimpern seines Autoschlüssels gehört, bevor die Tür ins Schloss fiel und die Stille sich erbarmungslos über die Wohnung legte. Ich spürte, wie meine angespannten Glieder sich langsam etwas lockerten und ich am ganzen Körper zu zittern anfing. Wie ich es hasste! Viel zu aufgewühlt, um mich einfach ins Bett fallen lassen zu können, war ich, nur mit einem langen Männerhemd bekleidet, das ich zum Schlafen anzog, auf die kleine Loggia getreten, die von der Wohnküche aus erreichbar war, und hatte mich nach etlichen Liegestützen, Sit-ups, Kniebeugen und Klimmzügen an der Metallstange, die ich extra dafür an der Wand befestigt hatte, so weit wieder beruhigt, dass ich es mir zutraute, nach der nun bitter nötigen Dusche einschlafen zu können. Es war gegen sechs gewesen und die Sonne war schon ein gutes Stück vom Horizont entfernt, als ich endlich im Bett lag. Genervt von mir selbst schlug ich mit der Faust auf mein Bein. Das reicht! Es ist doch vollkommen egal! Ich musste diese Sätze noch einige Male wiederholen bis sie mich überzeugt hatten, dass ich den Gedanken an Narutos Abschiedsworte beiseite schieben konnte. Unwichtig. Mit diesem Gedanken schwang ich die Beine über den Bettrand und stellte die Füße auf den Boden. Im nächsten Moment verzog ich das Gesicht, hob meinen linken Fuß etwas an und schüttelte angewidert das Kondom ab, das Naruto dort fallen gelassen hatte. Der Tag fing wirklich super an. Zuerst tapste ich ins Bad, beugte mich über das Waschbecken, ließ meine Hände voll mit kaltem Wasser laufen, das mir schon bei der Berührung mit meinen Fingern eine Gänsehaut über den Körper jagte, und schüttete es mir anschließend ins Gesicht. Ich sog scharf die Luft ein. Halb blind tastete ich nach dem Handtuch, das ich jedoch nicht fand. Dunkel konnte ich mich daran erinnern, dass ich es am Morgen beim Duschen zum Abtrocknen genommen hatte, weil ich kein anderes mehr hatte finden können. Nun lag es irgendwo in der Wohnung. Mit einem wütenden Schnauben zog ich mir das Hemd über den Kopf und trocknete mein Gesicht damit ab bevor ich es achtlos auf den Boden fallen lies. Ohne hinzusehen tastete ich auf der Ablage neben dem Waschbecken nach einem Haargummi. Vornübergebeugt band ich mir meine ungekämmten Haare zu einem unordentlichen Knoten zusammen. Ich verließ das Bad und trat vor meinen Kleiderschrank. Der Haufen davor erinnerte mich daran, dass ich keine sauberen Sachen mehr hatte. Einen bösen Fluch auf den Lippen ging ich zurück ins Bad, klaubte das Hemd vom Boden auf und warf es mir wieder über, wobei ich versuchte, die nasse Stelle an meiner Schulter zu ignorieren. In der Küche holte ich aus einem der Hängeschränke einen letzten kläglichen Rest Müsli. Als ich die Milch aus der Kühlschranktür nahm und öffnete, schlug mir ein beißender säuerlicher Geruch entgegen. Schnell verschloss ich die Packung wieder und legte sie in einen schmutzigen Topf neben mir. Die Müslipackung in der Hand ging ich zum Fernseher und schaltete ihn ein. Mein Lieblingssender hatte gerade die ersten fünf Minuten eines Autorennens ausgestrahlt. Ich machte es mir bequem und leerte nebenbei das Müsli. Trocken schmeckte das Zeug noch nicht einmal so schlecht. Nebenbei angelte ich nach einer Wasserflasche, die unter dem Tisch stand, und spülte die letzten Essensreste weg, wobei ich den Blick nicht vom Fernseher nahm. Nach der Siegerehrung war ich wieder gezwungen, durch das Programm zu zappen. Ich verfolgte ein Tennismatch, dessen Höhepunkt das schrille Stöhnen der Spielerinnen war, schaute eine Weile einigen Kanuten zu, die sich durch einen Wildwasserfluss kämpften, und sah schließlich noch ein Spiel der Handball-WM. Unbewusst tasteten meine Finger nach meinem Handy, das normalerweise neben mir auf der Couch lag. Als sie dort nichts vorfanden, musste ich kurz überlegen, bevor mir wieder einfiel, wo ich es gelassen hatte und warum. Ein kurzer Schreck fuhr mir durch den Körper. Schnell griff ich nach der Fernbedienung und ließ mir die Uhrzeit anzeigen. 17:14 Uhr. Ich sprang vom Sofa auf während ich den Fernseher ausschaltete und lief ins Schlafzimmer. Zwar widerstrebte es mir, aber da ich keine andere Möglichkeit hatte, zog ich die Sachen an, die ich gestern im Vollmond getragen hatte. Ich war schon auf dem Weg zur Tür, als mir einfiel, dass ich heute Abend unbedingt saubere Klamotten brauchte. Ich lief noch einmal zurück, suchte eine halblange mittelblaue Jeans und ein schwarzes Top mit breiten Trägern raus sowie einen bequemen BH, eine Hotpant und noch einige andere Sachen, von denen ich annahm, dass ich sie demnächst wieder anziehen würde, stopfte sie in die Waschmaschine im Bad und stellte sie an, bevor ich, Handy und Schlüssel in der Hosentasche, die Wohnung verließ. Mein Weg führte mich in die Innenstadt, mitten ins gesellschaftliche Zentrum. Ich stürmte an Shoppingwütigen und Sonnenanbetern vorbei, ignorierte die Versuche von irgendwelchen Gutmenschen, die mich für den Schutz des Regenwaldes begeistern wollten, und steuerte eine Nebenstraße an, in der sich der Handyladen meines Anbieters befand. Ich konnte die Strecke schon im Schlaf. Als ich die Tür öffnete – zehn Minuten vor Geschäftsschluss –, sah der alte Mann hinter dem Tresen mürrisch auf. Zwar kannten wir uns, aber wir ließen es uns nicht anmerken. Wozu auch? Ich legte das Handy auf den Tisch. „Wasserschaden.“ Er grunzte kurz und besah es sich anschließend. Dann nickte er. „Wird eingeschickt. Ende nächster Woche. Rechnung?“ Ich bejahte und er verglich noch einmal die Adresse. „Freitag.“ Mit einem weiteren Nicken verabschiedeten wir uns. Für den Rückweg hätte ich gern eine weniger belebte, aber dafür längere Strecke gewählt, doch die Zeit saß mir im Nacken. Warum hatte ich es auch wieder so lange aufschieben müssen? Mit verschlossenem Gesicht eilte ich zurück zum Haus, schloss die Tür auf, stürmte die Treppen hoch, stolperte in meine Wohnung und direkt weiter ins Schlafzimmer, nachdem ich die Wohnungstür ins Schloss hatte fallen lassen. Dort öffnete ich weit das Fenster zum Innenhof, das ich am Morgen geschlossen hatte – in der vergeblichen Hoffnung, auf die Art nicht von den Gören geweckt zu werden. Sofort schlug mir ein Schwall warmer Luft von draußen entgegen. Wenn ich die Wäsche in zweieinhalb Stunden trocken haben wollte, musste ich das in Kauf nehmen. Anschließend warf ich alle Klamotten in eine Ecke, entschied mich kurzerhand dazu, auch meine Bettsachen zu waschen, und verbrachte anschließend geschlagene zehn Minuten unter meinem Bett, um darunter alles hervorzuholen, was sich mit der Zeit dort angesammelt hatte. Neben einigen Taschentüchern, Kleidungsstücken – die nicht immer mir gehörten –, leeren Flaschen, Dosen, zwei Löffeln, Plastikverpackungen diverser Lebensmittel, Kondomen, sowie einigen Münzen fand ich auch zwei Blöcke mit Unterrichtsmitschriften, die ich schon vor Monaten verloren geglaubt hatte. Die Klausuren zu diesen Themen waren lange gelaufen. Beim Hervorkriechen stieß ich mir schmerzhaft den Kopf an der Bettkante, was mir einen halblauten Wutschrei entlockte. In der Wohnküche zauberte ich den Mülleimer aus einer Ecke, die mit einem kleinen Vermögen in Säcken verpackter Pfandflaschen zugestellt war, hervor und trug ihn ins Schlafzimmer. Schon nach kurzer Zeit quoll er über und ich sah mich gezwungen, den Beutel zu wechseln. Alles andere warf ich auf das unbezogene Bett. Nachdem ich diese Vorarbeit abgeschlossen hatte, wandte ich mich der Wohnküche zu. Bevor ich mich mit dem Abwasch befasste, füllte ich noch drei weitere Müllbeutel und verdoppelte beinahe den Wäscheberg im Schlafzimmer. Dabei kam auch der traurige Rest einer Kaktee zum Vorschein, die völlig braun und verschrumpelt in einem mit steinharter Erde gefüllten Topf steckte. Ich erinnerte mich vage daran, dass eine Verkäuferin aus dem Blumenladen um die Ecke sie mir vor einigen Monaten aufgeschwatzt hatte, da die Pflanze irgendein Manko gehabt hatte, das sie für den Verkauf ungeeignet machte. Nun, ich hatte es wohl erfolgreich durch ein überzeugenderes ersetzt. In der Ausrottung allen pflanzlichen Lebens war ich wirklich einsame Spitze. Noch während dieser Aktion machte die Waschmaschine mit einem Piepen darauf aufmerksam, dass sie fertig war. Ich ließ alles stehen und liegen und holte aus einer Ecke im Schlafzimmer den Wäscheständer, den ich dort aufstellte, bevor ich ins Bad ging und die Wäsche holte. Als alles hing, öffnete ich auch die beiden Fenster in der Wohnküche weit, um für etwas Durchzug zu sorgen. Dann nahm ich einen weiteren Arm voll Wäsche und machte die Maschine ein zweites Mal an ehe ich mich wieder dem Wohnteil widmete. Nachdem alles andere fertig war und ich nicht mehr drum herum kam, machte ich mich daran, das Geschirr so zu stapeln, dass ich an das Waschbecken herankam und begann letztlich die elende Prozedur des Abwaschens. Gefühlte tausend Flüche, zwei kaputte Teller, ein kaputtes Glas und vier Waschbeckenfüllungen später hatte ich es geschafft. Das erneute Piepen der Waschmaschine unterbrach das Einräumen der Schränke. Ich ging sofort los, um die Sachen aufzuhängen. Schon jetzt musste ich einige Kleidungsstücke über die Tür zum Bad, die meines Schrankes und die Stühle in der Wohnküche verteilen. Eine dritte Ladung folgte. Bevor ich das Einräumen der Schränke fortsetzte, sah ich zur Uhr. Es war fast um acht. Schnell schnappte ich mir Schlüssel und Portemonnaie, sowie einen Rucksack und verließ die Wohnung. Nicht weit entfernt befand sich ein Supermarkt. Er hatte keine große Auswahl, aber alles, was man brauchte, wenn man gar nichts mehr zu essen hatte. Drei Minuten vor der Schließung trat ich durch die Tür. Eine Kassiererin, offensichtlich die einzige Mitarbeiterin, sah mir missmutig entgegen. „Sie sind aber früh dran“, bemerkte sie schnippisch. „Beeilen Sie sich bitte, ich will rechtzeitig Feierabend machen.“ Ich schenkte ihr nur einen vernichtenden Blick. Einen Moment war ich versucht, mir absichtlich Zeit zu lassen. Da ich aber selbst so schnell wie möglich wieder nach Hause musste, konnte ich mir diese Genugtuung nicht gönnen. Daher begnügte ich mich damit, fünf Minuten später an der Kasse den Betrag mit so vielen kleinen Münzen wie nur irgend möglich zu begleichen. Ich ging, bevor die Frau mit dem Nachrechnen fertig war und ignorierte ihren lautstarken Protest. Zwar war ich mir selbst nicht sicher, ob das Geld reichte, aber es war mir letztlich auch egal. Den voll gepackten Rucksack geschultert ging ich im Stechschritt nach Hause zurück, wo ich sofort mit dem Einräumen der Schränke weitermachte. Danach verfrachtete ich alles, was in der Wohnung herum gelegen hatte – allem voran meine Unterrichtsmitschriften und Schulbücher – in diverse Schubfächer im Wohnzimmer, brachte die restliche Wäsche ins Badezimmer, wechselte bei der Gelegenheit auch gleich den Müllbeutel, und jagte anschließend mit dem Staubsauger einmal quer durch die gesamte Wohnung. Im Schlafzimmer, wo ich den Staubsauger wieder in seine Ecke räumte, nahm ich die Sachen vom Wäscheständer, die ich brauchte. Die erste Ladung war tatsächlich trocken geworden. Ich nahm sie ab, hing die Stücke dazu, die zuvor über Türen und Stühlen ihren Platz gefunden hatten, und brachte den Ständer auf die Loggia, wo die Sachen wegen des fehlenden Luftzugs nicht so schnell trocknen würden, dafür aber nicht im Weg waren. Nachdem ich mein Bett neu bezogen hatte, legte ich die restlichen trockenen Klamotten locker zusammen und in den Schrank bevor ich mir die anderen krallte, sie mit ins Bad nahm und nach einer kurzen Dusche anzog. Ich sah schnell zur Seite um auf die Uhr im Flur zu schauen. Es war zehn nach halb neun. Erfreut darüber, dass ich doch so schnell gewesen war, putzte ich mir die Zähne, löste den Zopf, kämmte mir die Haare, die sich nun dafür rächten, dass ich sie so lange vernachlässigt hatte, band mir nach diesem Kampf einen einfachen Pferdeschwanz zusammen und ging erst in die Wohnküche, dann ins Schlafzimmer, um die Fenster anzukippen. Dabei streifte mein Blick den Wecker, der neben meinem Bett auf dem kleinen Nachttisch stand. 21:19 Uhr. Ich erstarrte. Was zum...?! Als die Anzeige auf 20 sprang, durchfuhr mich ein Adrenalinstoß der übelsten Sorte. Ich hastete in den Flur und sah dort auf die Uhr. Zehn nach halb neun. Der Sekundenzeiger bewegte sich kein Stück. Fluchend schnappte ich mir meine Tasche von der Garderobe, warf alles Nötige hinein und verließ meine Wohnung. Vor lauter Hektik dauerte es länger als gewöhnlich, bis ich das Schlüsselloch traf und die Tür abschließen konnte. Mit großen Sätzen hechtete ich die Treppen hinunter, stieß auf der ersten Etage beinahe mit einer säuerlich dreinschauenden Frau zusammen, die ich nur unterbewusst als die Kassiererin aus dem Supermarkt wiedererkannte, stürzte aus der Haustür und die Straße entlang. Ich konnte nur hoffen, dass meine Stammkunden in Dais Augen auch eine Verspätung von 35 Minuten wett machten. Kapitel 7: ----------- Als ich das Vollmond betrat, begrüßten mich Shima und Rafu mit finsterer Miene. „Was machst du denn hier?“ Es war eine eindeutige Drohung. Shima kam mir mit einer Antwort zuvor. „Sie löst Rin ab.“ Rin war seine Freundin, doch ich verstand nicht, wieso sie heute die Disko übernommen haben sollte. Kommentarlos ging ich an den beiden vorbei und brachte meine Tasche zum Beratungsraum. Gerade als ich die Tür wieder schließen und in den Schankraum gehen wollte, kam mir Dai entgegen. Seine Miene war angespannt und er schien seine Wut nur mit Mühe zu unterdrücken. Jetzt kommt´s. „Wir müssen reden.“ Damit stieß er einmal heftig gegen die Tür, sodass mir die Klinke aus der Hand gerissen wurde. Seine Finger schloss sich um meinen Oberarm und er zog mich hinter sich her in den Raum bevor er die Tür heftiger als nötig schloss. Seine Stimme war bedrohlich leise, als er zu sprechen begann. „Was glaubst du eigentlich, wer du bist?! Du nimmst dir hier eine Freiheit heraus, zu kommen wann es dir passt und zu arbeiten wie es dir passt, als würde dir der Laden gehören! Ich kann und will mir Angestellte wie du es bist nicht leisten, so völlig ohne jede Arbeitsmoral! Um neun machen wir hier auf, also hast du zu um neun fertig zu sein und die Kunden zu bedienen – und zwar freundlich und höflich. Ich werde mir dein asoziales Verhalten nicht mehr mit ansehen! Entweder, du benimmst dich, wie man es von dir erwartet, oder du fliegst! Dann kannst du dir einen Job bei der Stadtreinigung oder sonst wo suchen, aber glaube nicht, dass die sich das so lange ansehen wie ich. Und solange du hier nur die Hälfte deines Jobs machst, bekommst du auch nur die Hälfte deines Geldes, damit das klar ist. Erst wenn ich sehe, dass du dich langfristig gebessert hast, können wir darüber nochmal sprechen. Du übernimmst heute die Disko von Rin und den vorderen Teil von B3 auch noch, den hat Itoe gerade. Natsumi ist ausgefallen. Und jetzt scher dich raus!“ Erst jetzt ließ er meinen Arm los und richtete sich zu seiner vollen Größe auf. Ich hatte kaum bemerkt, dass er sich während seiner Predigt immer weiter herunter gebeugt hatte. Freundlich und höflich also? Na schön. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, verließ ich den Raum und ging den Flur entlang auf den Schankraum zu. Kurz vor dem Eingang sagte mir ein Blick zur Seite, dass die Lounge, in der etliche Shishas auf dem Boden standen, um die gemütliche Sitzkissen verteilt waren, bis auf den letzten Platz voll war. Hier und da lagen Gäste zwischen den Sitzenden bäuchlings direkt auf dem zugegebenermaßen weichen Teppich. Mitten in der Menge konnte ich Tori erkennen. Ich sah nach vorn in den Schankraum. Dort war die Hölle los. Die Leute standen in Zweierreihen so dicht um die Bar herum, dass ich von unseren Keepern nur Shin sehen konnte – und das auch nur, weil er fast zwei Meter groß war. Verdammte Scheiße, ich hasse Samstage! So schnell es ging, bahnte ich mir einen Weg zur Bar. Dabei lief mir Rin über den Weg. Aus ihrem Blick sprach tiefste Verachtung. Ich sah sie ausdruckslos an. Ruckartig riss sie den obersten Zettel von ihrem Notizblock und stieß ihn mir ungehalten gegen die Brust. Instinktiv griff ich danach bevor er zu Boden fiel. In der Zwischenzeit hatte sich die Rothaarige schon abgewandt und war zwischen den Leuten verschwunden, von denen mich einige verwundert ansahen. Genervt verzog ich die Mundwinkel und ging zur Bar. Unbemerkt von den Keepern, dafür aber von den Kunden beäugt, betrat ich sie, nahm mir eines der am Rand liegenden Tabletts und wandte mich zur Disko um. Als ich aber sah, wie gerammelt voll schon allein die Tanzfläche war, entschied ich mich anders und schob mich stattdessen nach links an einigen Leuten vorbei in den vorderen Teil von B3, den ich von Itoe übernehmen sollte. Ich gab ihr ein kurzes Zeichen als ich sie erblickte. Ich hatte bereits Bestellungen für zwei Tabletts auf meinem Zettel zu stehen als ich zum letzten Drittel der Tische kam. Während ich die Getränke für eine Gruppe junger Frauen notierte, die sich laut kreischend über ihre vor wenigen Stunden neu gekauften Kleider und Schuhe unterhielten, hörte ich eine Stimme aus dem Lärm heraus, die mir sehr bekannt war. Ich hob den Blick und erkannte an seinem Stammplatz Naruto, wie er wild gestikulierte und anscheinend mit Feuereifer etwas erzählte. Ich verließ die aufgescheuchten Hühner und arbeitete mich Tisch für Tisch weiter vor bis ich bei dem Blondschopf ankam, dessen Begleitung zu meiner größten Überraschung Hinata war. Ich hatte eigentlich fast erwartet, einen Stich in meinem Inneren zu verspüren, doch stattdessen empfand ich nur Freude für die beiden. Naruto war zum Großteil der Alleinunterhalter. Hinata hörte ihm zu und lächelte verlegen, ergriff jedoch nur das Wort, wenn er sie direkt nach etwas fragte. Mit einem Lächeln trat ich an ihren Tisch. Hinata blickte mich nur schüchtern an, Naruto dagegen sah überrascht aus. Er hatte mich anscheinend nicht bemerkt. „Maiko? Seit wann bedienst du hier?“ „Eine Kollegin ist ausgefallen, deshalb teilen wir uns jetzt den Bereich. Schön, dass du auch da bist, Hinata.“ Ein vorsichtiges Lächeln umspielte ihre Lippen. „Hallo.“ „Kann ich euch was zu trinken bringen?“ Hinata machte große Augen und sah hilfesuchend zu Naruto. Der zuckte leicht die Schultern. „Ich weiß ja nicht – was möchtest du denn trinken, Hinata? Einen Cocktail?“ Sein Blick wanderte wieder zu mir. Ich glaubte, einen leicht fragenden, etwas überforderten Ausdruck darin zu erkennen. Ob wegen der Getränkewahl für Hinata oder unserem angekratzten Verhältnis aufgrund der Geschehnisse der letzten Nacht, wusste ich nicht. „Ein Cocktail kann wohl nicht verkehrt sein, hm? Wir haben echt leckere Fruchtcocktails, da schmeckt man den Alkohol gar nicht.“ Hinata sah noch immer verunsichert Naruto an. „Was hältst du von einem Sex on the Beach?“ Die Blauhaarige lief augenblicklich knallrot an und starrte auf den Tisch. Ich musste mir einen entgeisterten Ausruf verkneifen. Wie konnte ein Mensch nur so taktlos sein?! Naruto schien sich erst jetzt seiner Worte bewusst zu werden. „Oh, äh... Das war nicht so gemeint. Der heißt nur so und schmeckt sehr gut, aber vielleicht sollten wir doch einen anderen...?“ Jetzt sah er mich eindeutig überfordert an. Ich lächelte. „Gut, ich suche euch einfach was aus. Für Hinata lieber mit etwas weniger Alkohol, okay?“ Sie blickte mich kurz an und nickte dann. Ich machte mir eine Notiz auf meinem Zettel, dann trat ich an den nächsten Tisch. Tatsächlich waren es drei Tabletts, die ich verteilte und fast doppelte so viele, die ich an Bestellungen in B3 und B5 – der Disko – wieder entgegennahm, bevor ich zu Hinata und Naruto zurückkehrte. Sie saßen sich stumm gegenüber und starrten Löcher in die Luft. Ich hoffte nur, dass es nicht schon seit Narutos Ausrutscher so war, sondern sie einfach für den Moment kein passendes Thema hatten. Trotzdem wurde es Zeit, die Situation mit etwas Alkohol aufzulockern. Zwar hatte ich Katsumi gesagt, dass in einen der Swimming Pool nicht so viel Alkohol rein sollte, wie in den anderen, aber ganz sicher, dass er sich auch daran gehalten hatte, war ich mir nicht. Dennoch stellte ich den, den er als Extra angegeben hatte, vor Hinata und den anderen vor Naruto. Sofort hielt mir der Blondschopf seine Karte mit den Geldwerten hin und gab mir und einigen Umstehenden überdeutlich zu verstehen, dass er Hinatas Cocktail mitbezahlen würde. Sie bedankte sich höflich und betrachtete mit einem leicht skeptischen Ausdruck das blau-grüne Getränk vor ihr. Um zu verhindern, dass sie genug Zeit hatte, sich vielleicht doch gegen den Cocktail zu entscheiden, nahm ich schnell einen doppelten Wodka-Waldmeister von meinem Tablett, den ich mir von Katsumi hatte mitgeben lassen, und stieß mit den beiden an. „Na dann – auf euch!“ Damit trank ich das Glas in eins aus. Auch Naruto nahm einen großen Schluck und zog anerkennend die Augenbrauen hoch. Hinata zögerte erst, dann nippte sie vorsichtig an ihrem Getränk. Naruto sah sie erwartungsvoll an und auch ich beobachtete ihre Mimik genau. Einen Moment sah es aus, als schmecke er ihr nicht, doch dann lächelte sie beinahe stolz und in mir kam der Verdacht auf, dass dies der erste Alkohol ihres Lebens gewesen sein könnte. Als wenn es etwas wäre, auf das man stolz sein könnte, zuckte eine verbitterte Stimme durch meinen Kopf. Ich schüttelte den Gedanken ab. Jetzt ging es um die beiden, niemanden sonst. Naruto schien das alles nicht mitbekommen zu haben. Er grinste Hinata nur freudig an, als sie einen weiteren, diesmal größeren Schluck, trank. „So ihr zwei, ich komme na-“ „Hey Tresenschlampe! Komm´ ma´ her und trink lieber mit uns ein´!“ Augenblicklich wich das Lächeln aus meinem Gesicht und meine Muskeln spannten sich an. Immer freundlich bleiben, ja? Ich drehte mich nach links und blickte direkt einem etwa dreißigjährigen Mann ins Gesicht, der mich auffordernd angrinste. Die anderen Männer an seinem Tisch lachten. Nur die beiden Frauen schienen es genauso wenig lustig zu finden wie ich. Sie sahen peinlich berührt auf ihre Getränke. In dem Moment war es fast wie zu Beginn eines Trainingskampfes. Ich blendete meine Umgebung aus, sah nur diesen einen Mann – meinen Gegner – und seine Schwachstelle. Meine Miene blieb ausdruckslos. Keine Gefühle zeigen. Langsam schritt ich auf ihn zu. Hektische Bewegungen machten einen angreifbarer. Zuerst ein vorsichtiges Abtasten. Ich stand vor ihm. Er grinste noch immer, aber es wirkte plötzlich nicht mehr so selbstsicher. Fast unmerklich rutschte er auf seinem Platz hin und her während ich ihm weiterhin nur in die Augen sah. Sein Blick wurde zunehmend unstet. Immer wieder huschte er hierhin und dorthin, versuchte, den meinen abzuschütteln, aber ich hatte ihn im Fokus, nahm nichts anderes mehr wahr. Als er den Mund aufmachte, um zu sprechen, kam ich ihm zuvor. „Und was darf es bei euch sein?“ Ich nahm Stift und Zettel zur Hand, ließ aber noch immer nicht von ihm ab. Dann lächelte ich leicht. „Ein kleiner Mutmacher vielleicht?“ Einer der anderen Männer lachte los, woraufhin der Schwarzhaarige vor mir sich etwas straffte und ein lockeres Lächeln aufsetzte. „Wenn du einen mit trinkst. Sonst macht´s ja keinen Spaß.“ Dabei legte er seine Hand an meinen Oberschenkel und führte sie nach oben zu meinem Hintern, den er eingehend zu studieren begann. Ich hätte ihm am liebsten das Tablett um die Ohren geschlagen. Stattdessen nahm ich die Bestellungen der anderen Männer auf und löste mich geschickt aus seinem Griff. Ich verbrachte erneut eine lange Zeit damit, die Getränke zu verteilen. Hin und wieder lud mich einer der Gäste auf einen kurzen ein. Freundlich, wie ich heute war, ließ ich mich darauf ein. Zumindest muss ich dann zu Hause nicht mehr so viel trinken, um diesen Tag zu vergessen. Auch Naruto und die inzwischen doch schon sehr gesprächige und oftmals kichernde Hinata bestellten noch einen Cocktail. Diesmal wählte ich für sie den Sex on the Beach. Als ich Naruto die Karte zurückgab, bestand ich darauf, dass sie dieses Mal auf Freundschaft tranken. „Was heißt das denn?“, wollte Hinata wissen. Sie hatte nicht bemerkt, dass Naruto mir einen ungläubigen Blick zugeworfen hatte. „Ganz einfach: Ihr verschränkt die Arme während ihr trinkt und danach küsst ihr euch.“ Hinatas Augen weiteten sich. „Küssen?“ Ich nickte zur Bestätigung. „Keine Sorge, das ist nichts Schlimmes“, beruhigte ich Hinata, deren Augen immer wieder zwischen ihrem Cocktail und Naruto hin- und herwanderten. Auch er wusste nicht recht, was er sagen sollte. Noch einen Moment betrachtete ich die beiden, dann hatte ich das Herumdrucksen satt. „Also, passt auf. Wenn ihr zwei das nicht wollt, dann trinken Naruto und ich eben auf Freundsch-“ „Nein!“, kam es einstimmig von beiden. Erwischt. Mein rechter Mundwinkel zog sich zu einem schiefen Lächeln hoch als sie sich gegenseitig anstarrten. „Du willst das? Echt jetzt?“, fragte der Blondschopf ungläubig. Hinata nickte. Erst zögerlich, dann sicherer und griff schließlich nach ihrem Glas. Naruto nahm das seine in die Hand und sie verschränkten ihre Arme miteinander. Ich glaubte, ein leichtes Zittern bei Hinata zu sehen. Dann tranken sie. Hinatas Glas war halb leer als sie es abstellte. Naruto folgte ihrem Beispiel. Langsam kam er ihrem Gesicht näher. Sie machte zwar keinerlei Anstalten, ihm entgegen zu kommen, doch sie wich auch nicht zurück. Schon berührten sich ihre Lippen. Zuerst ganz vorsichtig, dann bestimmter, und schließlich nahm Naruto sie ganz in Besitz. Hinata schien die Prozedur anfangs nur über sich ergehen zu lassen, aber ihre Finger, die sich erst in seine Schulter, dann in seinen Nacken und letztlich in sein Haar krallten, verrieten sie. Ich konnte mir das zufriedene Lächeln nicht verkneifen als ich mich umdrehte, aber die Visage, die mich schon erwartete, ließ es gleich wieder ersterben. „Wir warten, Süße!“ Du wirst dich wundern. „Kommt gleich“, und ich verschwand wieder an der Bar. So anstrengend und nervenaufreibend dieses Gedränge auch war, es hatte zumindest den Vorteil, dass ich mich nicht mit meinen nicht ausgelasteten Arbeitskollegen herum schlagen musste. Wobei man diesen Ausdruck zumindest bei Rafu durchaus wörtlich nehmen konnte. Bis auf das Notwendigste hatte ich bisher mit keinem von ihnen geredet und es war mir nur recht, wenn es dabei blieb. Yasu hatte bereits ein weiteres Tablett Bestellungen für die Disko vorbereitet. Ich tauschte es gegen das leere, auf dem der Zettel mit der neuen Liste lag, und ging in Richtung der Disko. Dabei musste ich an einer Gruppe junger Männer vorbei, die mir schon aus der Entfernung Blicke zuwarfen, die in mir alle Alarmglocken läuten ließen. Um einer Konfrontation möglichst aus dem Weg zu gehen, machte ich einen Bogen um sie, der mich zunächst von der Disko weg und in Rins Bereich führte. Als ich einmal kurz den Blick schweifen ließ und anschließend wieder nach vorn sah, versperrte mir einer der Typen den Weg. Er war einen Kopf größer als ich. „Hey, wir warte schon seit ´ner Weile darauf, dass wir auch mal was bestellen können. Wie sieht´s aus? Ist doch dein Job, oder?“ Hinter mir hörte ich jemanden lachen. Er war also nicht allein. Skeptisch betrachtete ich das Glas in seiner Hand. Auch die beiden hinter mir hatten, wie ich mich nach einem Blick über die Schulter überzeugte, dem Aussehen nach zu urteilen Wodka-Energy- Mischen in der Hand. „Ihr seht aber schon gut versorgt aus. Wenn ihr drüben wartet, dann kommt meine Kollegin bestimmt nochmal vorbei und bringt euch was Neues.“ „Wir wollen aber was von dir!“ Die Betonung gefiel mir nicht. „Junge, das mischen alles unsere Keeper, wir verteilen es nur.“ „Wir wollen doch nichts zu trinken...“ Plötzlich spürte ich die beiden hinter mir ganz dicht an meinem Körper. Hände berührten mich und gaben mir das Gefühl, von allen Seiten festgehalten zu werden. Der Kerl vor mir kam langsam näher und beugte sein Gesicht zu mir herunter. „Naja, vielleicht hat sie ja auch was zu trinken für uns. Wie wär´s? Ich habe ein großes Auto draußen stehen.“ Ein Finger kam meinem Schritt gefährlich nahe. Ich reagierte instinktiv. Mein Fuß schnellte nach hinten hoch, traf eine Hand, die geräuschvoll knackte und ihren Besitzer schmerzerfüllt aufschreien ließ, dann wandte ich mich nach rechts und rammte dem Typen vor mir meine Schulter direkt unterhalb des Brustbeins in den Oberkörper, was ihn zusammensacken und aufkeuchen ließ. Schnell wand ich mich aus der Gruppe heraus und brachte einige der anderen Gäste zwischen mich und die Kerle. Mit Mühe beruhigte ich meine Atmung wieder etwas und schaute mich kurz um. Anscheinend hatte niemand dem Geschehen große Beachtung geschenkt, denn ich konnte einen der Kerle erkennen, wie er unbeachtet in Richtung Ausgang verschwand und hoffte nur, seine Kumpel waren ihm gefolgt. Das Adrenalin rauschte mir noch immer durchs Blut, als ich mir meinen Weg zum Diskoeingang bahnte. Wenige Schritte davor nahm ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr und noch ehe ich reagieren konnte, erklang das Klirren von Glas neben mir. Irgendjemand hatte zwei Kurze von meinem Tablett genommen. Sind denn heute nur Idioten unterwegs?! Mit halb erhobener Hand drehte ich mich um und war schon kurz davor, dem Typen vor mir eine zu scheuern, als ich ihn erkannte. Meine Hand hielt mitten in der Bewegung inne und ich sah in das grinsende Gesicht Nejis. WTF?! Er hielt mir eines der Gläser hin. „Auf Freundschaft?“ Völlig überrumpelt nahm ich das Glas, konnte aber meinen entgeisterten Blick nicht von ihm abwenden. Was hatte er hier verloren? Und warum kam er auf einmal mit einem Friedensangebot an? Es war mehr als ein halbes Jahr her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen hatte. Und gesprochen hatten wir uns zuletzt vor über einem Jahr. Naja, angeschrien. Als ich noch immer keine Anstalten machte, meinen Arm mit seinem zu verschränken, hob er fragend eine Augenbraue. Ich straffte mich innerlich. Schaffen wir es einfach aus der Welt. Der Jägermeister tat überraschend gut. Wir stellten die Gläser zurück auf das Tablett, dann zog mich Neji an sich und küsste mich, allerdings wesentlich intensiver als ich mir das gedacht hatte und ich hatte alle Mühe, das Tablett gerade zu halten während er mir nicht gerade sanft auf die Unterlippe biss. Ein angenehmes Prickeln erfüllte mich. Kurz darauf ließ er endlich von mir ab und grinste mich frech an. Ich drehte mich einfach um und betrat B5, das angenehme Brennen auf meinen Lippen ignorierend. Das Gedränge schien noch mehr zugenommen zu haben. Ich hatte größte Mühe, das Tablett ruhig zu halten und vor den ungelenken Bewegungen der Gäste zu beschützen. Ich hatte bereits wieder zwei Tabletts voller Bestellungen auf meinem Zettel zu stehen bevor ich auch nur die Hälfte der Getränke verteilt hatte. Den Feierabend herbei sehnend kämpfte ich mich weiter durch die Menge als mich plötzlich zwei allzu vorwitzige Hände, die sich um meine Taille legten, zurückhielten bevor ich an den nächsten Tisch gelangen konnte. Ich drehte mich so schnell um wie es die vollen Gläser erlaubten und sah mich abermals Neji gegenüber. Bevor ich ihn wegen der Störung anfahren konnte, spürte ich bereits seine Lippen auf meinen und seine Zunge, die sich selbstbewusst ihren Weg suchte. Was hatte der Kerl bloß auf einmal?! Ich war von der Selbstverständlichkeit, die er an den Tag legte so überrumpelt, dass ich mich erst nach einiger Zeit von ihm lösen konnte und im Anschluss kassierte ich auch noch einen ziemlich unsanften Schlag auf den Hintern, der mich dazu verleitete, ihn warnend anzufunkeln, was ihn jedoch nicht sonderlich zu beeindrucken schien. Arsch. Solange ich noch in der Disko zu tun hatte, vermied ich ihn wenn möglich. Trotzdem kam es noch mehr als ein Mal vor, dass ich einen Klaps auf den Hintern abbekam oder er mich in einen weiteren feurigen Zungenkuss verwickelte. Vielleicht hätte ich es genossen, wäre da nicht diese sich stark aufdrängende Vermutung gewesen, dass das Ganze auf Sex hinauslaufen würde. Prinzipiell hatte ich damit ja kein Problem, auch nicht mit dem Umstand, dass es sich um Neji handelte. Vielmehr dachte ich daran, dass ich erst letzte Nacht mit Naruto geschlafen hatte und es verstieß schlichtweg gegen meine Prinzipien, zwei Nächte in Folge mit zwei verschiedenen Männern zu verbringen. Neben meinen Ansprüchen was Männer betraf, war dies der entscheidende Punkt, der mich meiner Meinung nach von Ino und den anderen Tussen abhob. Zu oft schon war mir zu Ohren gekommen, dass die eine oder andere von ihnen in einer Nacht mit zwei oder drei Männern geschlafen hatte, die sie in den verschiedenen Diskos, in denen sie feierten, aufgegabelt hatte. Ich hatte sogar das Gefühl, sie würden einen stummen Wettstreit austragen. Es war klar, dass sie bei der Masse schnell den Überblick verloren. Besonders abstoßend fand ich aber den kläglichen Versuch einiger, in einer Art Liste ihre Erinnerungen festzuhalten, wobei neben den Namen – sofern sie sie kannten – vor allem festgehalten wurde, wie der Sex gewesen war. Dieses Verhalten war so dermaßen unter meinem Niveau, dass ich alles, was mich diesen Weibern auch nur ein Stückchen näher brachte, aufs Entschiedenste ablehnte. Und aus diesem Grund war ich froh, der Disko und damit Neji vorerst zu entkommen als ich an die Bar musste um die neuen Getränke abzuholen. Es reichte ein Blick um zu wissen, dass es die Bestellungen für B3 waren, denn die beiden Polski Fiat hatte ich für den Kerl ausgesucht, der mich so dämlich angemacht hatte. Ein fieses Lächeln huschte über mein Gesicht. Und immer schön freundlich. Bevor ich mir den Spaß jedoch gönnen konnte, musste ich die anderen Bestellungen verteilen. Als ich schließlich in der Nähe seines Tisches war, hörte ich ihn schon nach mir rufen. Ich ließ mir nichts anmerken und machte weiter, bevor ich schließlich an seinen Tisch trat. Es hatten sich zwei weitere Frauen und ein Mann dazu gesetzt und alle schauten auf als sie mich bemerkten. Der Kerl schenkte seinen Leuten einen viel sagenden Blick, von dem er anscheinend annahm, dass ich ihn nicht sah, und rückte dann mit einem Grinsen in meine Richtung ein Stück zur Seite, sodass ich mich neben ihm hinsetzen konnte, nicht aber ohne ihm dabei näher zu sein als ich wollte. In scheinbarer Vertrautheit legte er mir einen Arm um die Schultern als ich mich anscheinend gleichgültig neben ihn setzte und das Tablett auf dem Tisch abstellte. „Na Süße, wie geht’s? Alles klar?“ Die anderen beobachteten uns interessiert. Zweifelsohne wussten sie, wer ich war. Ich hatte einen gewissen Ruf. Es passierte immer wieder, dass irgendwelche Halbstarken Wetten darüber abschlossen, ob sie mich so weit abfüllen konnten, dass ich mit ihnen rummachte. Bisher war es keinem gelungen. Ich war ziemlich trinkfest. Einmal hatte es ein 25-Jähriger versucht. Jedes Mal wenn ich zu seinem Tisch kam, hatte er für jeden von uns beiden zwei Jägermeister bestellt, die wir tranken. Warum der Typ das Geld dafür raus geschmissen hatte, war mir schleierhaft. Natürlich war ich nicht mehr nüchtern gewesen als ich zum sechsten Mal zu ihm gekommen war. Doch er war verschwunden und einer seiner Kumpels hatte mir in wenigen Worten erklärt, er würde kotzend über dem Klo hängen, die letzten vier Kurzen bezahlt und gemeinsam mit mir geleert. In dieser Nacht hatte mich Naruto zum ersten Mal nach Hause gebracht. Nun sah ich den Schwarzhaarigen an und hielt ihm zur Antwort die beiden Polski Fiat hin damit er sich ein Glas aussuchen konnte. „Danach geht’s mir bestimmt besser.“ Er grinste mich an, nahm einen der Kurzen und betrachtete das Glas. „Was hast du mir denn da Schönes mitgebracht?“ „Das ist ein Polski Fiat. Er ist ein bisschen schärfer, aber wie ich dich einschätze, ist das für dich sicher kein Problem.“ Ich lächelte leicht. Seinem Ego nach zu urteilen zwang ihn diese Aussage nun förmlich zum Trinken. Ohne weitere Fragen über den Inhalt des Getränks zu stellen, das er anscheinend genauso wenig kannte wie die anderen am Tisch, hob er sein Glas hoch. „Dann los. Auf Freundschaft! Ich bin Tai.“ Ich bezweifle es, mein Bester, ich bezweifle es. „Alles klar Tai, auf Freundschaft!“ Ich sah, wie sich die Augen einiger der Männer weiteten als wir unsere Arme verschränkten. Ich hob zeitgleich mit Tai das Glas an meine Lippen und kippte seinen Inhalt hinunter. Sofort wurden meine Mundhöhle und mein Rachen brennend heiß von dem Tabasco. Nur ganz schwach schmeckte ich den Himbeersirup, der den Wodka übertönte. Eine heftige Bewegung seines Armes, die mir fast das Glas aus der Hand gerissen hätte, ließ mich zu ihm sehen. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen. „Auf Freundschaft“ fiel jedenfalls schon mal aus. Er war knallrot angelaufen und seine Augen tränten. Schweiß stand ihm auf der Stirn und er hechelte wie ein Hund im Hochsommer. Mit zitternder Hand stellte er das Glas zurück auf den Tisch und griff nach dem Bier seines Nachbarn. „Das solltest du lieber las-“ Schon hatte er die ersten großen Schlucke genommen. Die anderen starrten mich entgeistert an. „W-was war da drin?“, fragte eine der Frauen. Es klang leicht hysterisch. „Nichts Schlimmes. Himbeersirup, Wodka und Tabasco.“ Ich sah sie gespielt verständnislos an. Natürlich wusste ich, dass es scharf war. Zumal Shin so nett gewesen war, mir den Tabasco mitzugeben, damit ich erst ganz zum Schluss die fünf Tropfen pro Glas zugeben konnte um auch die gewünschte Schärfe zu erzielen. Da es eines meiner Lieblingsgetränke war und ich Scharfes mochte, hatte ich es schon oft genug und auch in höheren Dosierungen getrunken um mittlerweile fast immun dagegen zu sein. Bei unseren Gästen aber war es nicht sehr beliebt und daher auch nicht eben bekannt, was ich recht schade fand. Das gemeinsame Trinken hätte mir mehr Spaß gemacht, wenn häufiger ein Polski dabei gewesen wäre. In Erwartung der Wirkung des Bieres stand ich von meinem Platz neben dem Großkotz auf und kurz darauf erhob er sich und stürzte in Richtung Toiletten davon. Stumm sammelte ich die leeren Gläser ein und fragte dann, ob sie noch etwas bestellen wollten. Sie verneinten alle. Der Schreck saß ihnen wohl noch zu tief in den Knochen. Uups. Tja, Dai. Das kommt dabei raus, wenn ich freundlich bin. Auf meinem Rückweg zur Bar sah ich mich nach Naruto und Hinata um, doch sie waren noch immer so sehr in ein Gespräch vertieft, dass ich sie nicht stören wollte. Der nächste Gang führte mich wieder in B5. Es erschien mir in einiger Hinsicht durchaus praktisch, zwei Bedienungsflächen zu haben. Auch wenn es hektisch und stressig war, hatte ich doch zumindest die Möglichkeit, eine Zeit lang zu verschwinden. Kaum hatte ich die Disko betreten, als ich mich auch schon wieder Neji gegenüber sah. Erneut ließ ich zu, dass er mich zu sich zog, löste mich jedoch so schnell wie möglich wieder von ihm und nahm mir vor, ihn beim nächsten Mal zurückzuweisen. Ich hatte die Disko gerade mit einem zweiten Tablett betreten und die ersten Gläser verteilt, als ich ihn am Rand der Tanzfläche wieder entdeckte, unverhohlen einen jungen Mann, mit dem ich ihn an diesem Abend schon einige Male hatte reden sehen, und eine aufgedonnerte Blondine, die ich bei näherer Betrachtung als Ino identifizierte, beobachtend. Die beiden bemerkten nichts davon. Während Ino ihre Hüften ausladend und äußerst aufreizend kreisen lies, verschlangen sie sich förmlich und zogen damit auch die Aufmerksamkeit einiger Umstehender auf sich. Mehr unbewusst fiel mir auf, wie gut das Lied, zu dem sie tanzten, doch passte. Damn you’s a sexy bitch, a sexy bitch.... In dem Moment drehte Hinatas Cousin sich um und erblickte mich. Sofort breitete sich ein Grinsen über seine Züge und er kam auf mich zu. Deshalb also das plötzliche Friedensangebot. Die Selbstverständlichkeit, mit der Neji seinen Arm um mich legte, erschien mir plötzlich unerträglich. Ich wich zwei Schritte zurück und es kostete mich einige Überwindung, ihm nicht gleich eine zu knallen. Mit leicht fragendem Ausdruck, aber noch immer lächelnd, blieb er stehen. Ich konnte nicht mehr an mich halten. „SPINNST DU EIGENTLICH TOTAL??! SUCH DIR GEFÄLLIGST EIN ANDERES WEIB UM DEIN EGO AUFZUPUSCHEN!! ICH WERDE MICH NICHT ALS DEINE NOTLÖSUNG HERGEBEN, ALSO LASS MICH IN RUHE, KLAR?!“ Ohne auf eine Reaktion zu warten, drehte ich mich um und verschwand. Er hatte vermutlich noch nicht einmal die Hälfte verstanden, aber mein Gesicht und die Gesten in Inos Richtung sollten ihm deutlich genug gezeigt haben, was los war. Verflucht, ich bin nicht wie dieses Weib! Verbissen bemühte ich mich, das Zittern zu unterdrücken, das meinen Körper zu erfassen drohte. Ich biss die Zähne so heftig zusammen, dass meine Kaumuskeln schmerzhaft protestierten. Ungehalten drängte ich mich jetzt durch die Menge, konnte die vielen Körper in meiner Nähe kaum noch ertragen. Ich musste hier raus! Die Minuten verstrichen quälend langsam. Fast kam es mir vor, als versperrten die Gäste mir absichtlich den Weg. Ich vermied bewusst den Blick auf die Tanzfläche, was aber nicht verhindern konnte, dass ich mich plötzlich der Wurzel des ganzen Übels gegenüber sah. Zwei perfekt gezupfte, blonde Augenbrauen schossen in die Höhe, als sie mich erkannte. Ihr Blick wanderte einmal abschätzig an mir herunter, dann verzogen sich ihre knallroten Lippen zu einem Lächeln und sie schob sich lasziv näher an ihren Typen. Dieser winkte mich näher zu sich, nachdem Ino ihm etwas gesagt hatte. Widerwillig folgte ich der Aufforderung. Meine Bewegungen erschienen mir zunehmend linkisch und unbeholfen und mir war klar, dass es an meinen verkrampften Muskeln lag. Als ich direkt vor den beiden stand, bestellte er einen Korn-Cola und einen Batida Kirsch. Kaum dass er ausgesprochen hatte, wanderte Inos Hand keine fünf Zentimeter vor meinem Gesicht zu seinem Hals und zog ihn zu sich in einen Zungenkuss. Wäre ich nicht so angespannt gewesen, hätte ich darüber gelacht. Was will sie mir damit beweisen? Ich wandte mich ab und versorgte die restlichen Kunden. Dann konnte ich endlich aus der Disko raus. An der Bar gab ich mein Tablett ab, aber anstatt das nächste zu nehmen, gab ich Yasu ein Zeichen und flüchtete anschließend an die frische Luft. Obwohl ich mir mehr Zeit nahm als Dai vermutlich erlaubt hätte, war mir die Pause bei weitem nicht lang genug. Ergeben seufzend holte ich mir 15 Minuten später ein neues Tablett ab. Erleichtert stellte ich bei meiner Runde fest, dass es – wenn auch kaum merklich – etwas leerer geworden war. Der Schwarzhaarige und seine Gruppe waren verschwunden und eine kleinere Runde hatte ihren Platz eingenommen. In der Disko merkte man noch nicht viel von der vorgerückten Uhrzeit. Nach wie vor war die Tanzfläche gerammelt voll. Ich ließ im Vorbeigehen meinen Blick mehr unbewusst darüber schweifen als er an einem Pärchen hängen blieb, das nicht so ganz dorthin zu gehören schien. Bei näherem Hinsehen erkannte ich Naruto und Hinata, die nah am Rand eng umschlungen, langsam und völlig unrhythmisch tanzten. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich wollte gerade weitergehen, als ich eher zufällig Neji wahrnahm, der sich mit versteinerter Miene durch die Menge schob und die Augen starr auf eben dieses Paar gerichtet hatte. Mein Herz setzte einen Schlag lang aus. Scheißdreck! Ohne mir dessen wirklich bewusst zu sein, stellte ich das Tablett auf dem nächstbesten Tisch ab und schob mich so schnell es ging durch die Menge direkt auf Neji zu, um ihm den Weg zu versperren. Ich kam schrecklich langsam voran. Mit knapper Not erreichte ich ihn kurz vor dem Flor und griff schnell nach seinem Arm, ehe er wieder außer Reichweite gelangte. Er drehte sich ruckartig zu mir um und fixierte mich. Sein Blick verhieß nichts Gutes. Er hatte genügend Alkohol getrunken, um seine Aggressionen nicht mehr unter Kontrolle zu haben. Trotzdem begegnete ich ihm mit ebenso finsterer Miene und anstatt ihn loszulassen, überbrückte ich die kurze Distanz, die uns noch trennte, und baute mich vor ihm auf, gleichzeitig darum bemüht, ihn mit meinem Körper weiter zurückzudrängen. Mehrmals versuchte er, mich wegzuschieben, aber ich blieb hartnäckig und bot meine ganze Kraft auf, um ihn Stück für Stück aus der Disko zu dirigieren. Als wir schließlich vor dem Eingang standen, schlug er unwillig meine Hände von seiner Brust weg und stieß mich beiseite, drauf und dran, wieder hineinzugehen. Ich bekam sein Hemd zu fassen und hielt ihn zurück. Er blickte mich wütend an. „Lass mich sofort los! Dieser Mistkerl hat Prügel verdient!“ „Neji! Reiß dich mal zusammen, er hat dir überhaupt nichts getan!“ Der Hyuuga schnaubte zornig. „Niemand vergreift sich an meiner Cousine! Wenn ich dieses Schwein in die Finger kriege...“ Erneut stemmte er sich gegen meine Arme und ich hatte alle Mühe, ihn zurückzuhalten. Ich konnte ihn unmöglich allein lassen, wenn er so geladen war. Schnell sah ich mich um und – ich hätte nie gedacht, dass das einmal geschehen würde – erblickte schließlich zu meiner großen Erleichterung Itoe, die gerade in meine Richtung sah. Ich rief sie und nach kurzem Zögern kam die Rothaarige näher. Sie musterte mich kurz fragend, dann wanderten ihre Augen zu dem durchtrainierten Problem von 1,92 m und sie trat unbewusst einen Schritt zurück. „Kannst du B5 mal kurz mit übernehmen? Bitte?“, presste ich hervor, während ich Nejis Handgelenke zu bändigen versuchte. Ihr Blick huschte noch einmal zu mir, bevor sie nur stumm nickte und sich anschließend fast fluchtartig entfernte. In diesem kurzen Moment meiner Unaufmerksamkeit schaffte Neji es, sich loszureißen. Im letzten Moment bekam ich seinen Unterarm in die Finger und warf mich mit meinem ganzen Gewicht nach hinten. In einer einzigen Drehbewegung wandte der Braunhaarige sich um, drückte mich mit dem Arm, den ich noch immer hielt, gegen die Wand und packte mit seiner anderen Hand grob mein Kinn. „Ich habe gesagt, du sollst mich loslassen. Überschätze dich nicht.“ Obwohl mir bewusst war, dass ich ihm körperlich nichts entgegenzusetzen hatte, wenn er es darauf anlegte, funkelte ich ihn herausfordernd an. „Lass die beiden in Ruhe! Naruto würde Hinata niemals wehtun. Er liebt sie!“ Neji runzelte zweifelnd die Stirn, doch sein Griff wurde lockerer und er ließ mein Gesicht los. „Woher willst du das wissen?“ „Er hat es mir gesagt. Wir haben uns deswegen gestritten.“ Nun blickte er mich überrascht an. Langsam ließ er seinen Arm sinken, den ich noch nicht wieder loszulassen wagte. „Wie gut kennst du ihn?“ „Gut genug, um zu wissen, dass er es ernst meint. Glaub mir, er ist das beste, was Hinata passieren könnte. Ich kenne keinen Mann, der so einfühlsam und sanft ist wie er.“ Ich wusste, dass ich gewonnen hatte, als Neji eine Weile schwieg und nachdenklich die Stirn runzelte. „Du hast mit ihm geschlafen, was?“ Überrascht sah ich ihn an. Mein Gesichtsausdruck entlockte ihm ein lautes Auflachen. „Du enttäuschst mich, Maiko. Ich hätte nicht gedacht, dass du auf Blümchensex stehst.“ Ungläubig schüttelte er den Kopf, noch immer leise lachend. „Ob du es glaubst oder nicht, aber es war echt gut.“ Daraufhin sah mich Neji einen Moment durchdringend an. „So, war es das? Deshalb auch der Streit, hm?“ Er sah kurz zurück zur Disko. „Gut, pass' auf. Ich finde es nach wie vor nicht gut, dass so ein herum hurender Kerl etwas mit Hinata anfängt. Deshalb kann ich dir auch nicht versprechen, dass ich ihn nicht doch krankenhausreif prügle, wenn er mir nochmal über den Weg läuft, aber heute Abend werde ich ihn noch davon kommen lassen...“ Ich runzelte die Stirn. „Unter welcher Bedingung?“ Der Hyuuga lächelte anerkennend, packte mich mit seiner freien Hand im Nacken und zog mich so nah an sich heran, dass ich seinen warmen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. „Du schläfst heute Nacht mit mir.“ Ich hatte es befürchtet. Meine Entscheidung stand bereits fest. Dennoch schloss ich für einen Moment die Augen, um mich zu sammeln. Ich war mir nicht sicher, was mich mehr aufregte – der Umstand, dass ich nun doch gezwungen war, mit ihm zu schlafen, oder aber die Art, auf die er es durchgesetzt hatte. Verdammtes Arschloch. Die Zähne fest aufeinander gebissen, öffnete ich die Augen und nickte knapp. Sein Grinsen wurde breiter. „Braves Mädchen.“ Er tippte mir kurz auf die Nasenspitze – eine Geste, die ich überhaupt nicht leiden konnte – und ging dann zur Bar, wo er sich auf einem gerade leer gewordenen Hocker niederließ. Ich starrte ihm noch einen Augenblick hinterher, wandte mich dann abrupt ab und ging zurück in B5, auf der Suche nach Itoe. Naruto und Hinata gingen, als ich gerade gemeinsam mit einem der Gäste zwei Tequila hinunterstürzte. Ich nahm es nur nebenbei wahr. Zu sehr kreisten meine Gedanken um das Ende dieses Abends, was dazu führte, dass ich jetzt für jeden Drink dankbar war, zu dem ich eingeladen wurde. Allmählich spürte ich die einsetzende Wirkung des Alkohols. Das Vollmond leerte sich nun zusehends. Dennoch war absehbar, dass es eine lange Nacht werden würde, denn die Gäste, die noch da waren, würden vermutlich auch bis zum Schluss bleiben. Ich hatte mir in der Zwischenzeit immer wieder einige besonders starke Mischen machen lassen, bis es Katsumi schließlich zu viel wurde und er mir jeden weiteren Tropfen Alkohol verweigerte. „Du arbeitest noch, Maiko. Wenn du so weitermachst, kannst du bald nicht mehr geradeaus laufen.“ „Stell dich nicht so an, Katsumi! Gib mir einfach die Flasche, ja?“ Unwillig griff ich nach dem Wodka, den er hoch über seinen Kopf hob, außerhalb meiner Reichweite. „Vergiss es, Kleine! Du bist schon viel zu gut dabei. Von mir gibt’s nichts mehr. Bring lieber deine Bestellungen raus.“ Damit schob er mich rückwärts aus der Bar und drückte mir das bestückte Tablett in die Hand. Ich warf ihm noch einen bösen Blick zu, ehe ich mich umdrehte und in B5 zurückkehrte. Der DJ war gerade dabei, seine Sachen zu packen. Niemand tanzte mehr. Und niemand hatte noch das Bedürfnis – oder Geld, mich auf einen Kurzen einzuladen. Gegen vier steuerte ich, das leere Tablett frustriert in den Händen drehend, einmal mehr auf Yasu zu, in der Hoffnung, er ließe sich doch noch überreden. Bevor ich ihn aber erreicht hatte, kam Dai zu mir, musterte mich kurz und schickte mich nach einem Kopfschütteln in den Feierabend. Sofort trat ich an die Bar. „Yasu, ich brauche drei Waldmeister und zwei gute Korn-Cola – und komm mir nicht mit irgendwelchen Predigten. Schreib's mit auf die Liste.“ Der Angesprochene verzog unwillig das Gesicht, bereitete mir den Alkohol aber kommentarlos zu und stellte die fünf Gläser vor mich hin. Innerhalb weniger Augenblicke hatte ich die Waldmeister ausgetrunken und eine der Mischen geext. Die zweite nahm ich mit in die Disko, wo Neji an einem Tisch nahe dem Eingang saß und sein eigenes Glas gedankenversunken betrachtete. Ich blieb neben dem Tisch stehen und sah auf ihn hinunter, anfangs noch unsicher, ob der Umstand, dass er leicht vor und zurück wankte, von seinem oder meinem Alkoholpegel herrührte. Als er aber plötzlich vor mir stand und mein Kinn anhob, ohne dass ich bemerkt hätte, dass er aufgestanden war, hatte sich die Frage erledigt. Ich wollte ihm gerade erklären, dass ich jetzt Feierabend hätte, als seine Lippen schon meinen Mund verschlossen und er mich langsam rückwärts schob. Ich war beinahe überfordert damit, seine leidenschaftlichen Küsse zu erwidern, mein Glas gerade zu halten und gleichzeitig nicht nach hinten zu fallen. Sicherheitshalber hatte ich meinen freien Arm fest um seinen Hals geschlungen. Seine Hände wanderten zu meiner Taille und verweilten dort, doch erst als er von mir abließ und ich sah, dass er mich auf die Tanzfläche gebracht hatte, realisierte ich, dass noch immer Musik lief. Mein Körper hatte derweil schon einen Rhythmus eingeschlagen, mit dem meine Gedanken nicht mehr mithalten konnten und kurzerhand ließ ich sie einfach fahren und überließ mich ganz den Beats von Takata – ein Lied, das, durch den Nebel des Alkohols betrachtet, gar nicht mehr so nervig erschien. Ich verlor jegliches Zeitgefühl. Irgendwann zwischen einer verdammt heißen Tanzsequenz zu „Freaky like me“ und einer darauffolgenden heftigen und sehr anheizenden Beißerei stellten wir unsere leeren Gläser an die Seite. Schließlich fand ich mich rücklings auf einer der gepolsterten Sitzbänke liegend wieder, zu der Neji mich getragen hatte. Über mich gebeugt verwickelte er mich in einen Zungenkuss während seine Hände das Top unter meinem aufgebäumten Oberkörper hochgeschoben hatten und immer wieder meinen freigelegten Bauch und Rücken entlang fuhren. Vermutlich hätte es mich auch nicht mehr gestört, wenn er es noch höher gezogen und meinen BH geöffnet hätte. Doch auch so nahm ich durch den Alkoholschleier hindurch immer wieder aufleuchtende Handys und grelle Blitze wahr. Erst als ich das Gewicht von Neji nicht mehr spürte, sah ich mich irritiert um. Einige der Gäste standen um uns herum. Ich blickte fast ausnahmslos in breit grinsende Gesichter. Nur ein Mann sah mich unfreundlich und ernst an. Erst auf den zweiten Blick erkannte ich Dai, der sich an Neji wandte. „Wir schließen. Geh nach Hause. Und du“, er wandte sich mit ärgerlichem Ausdruck mir zu, „sieh zu, dass du hier endlich raus kommst!“ Bevor die Worte zu mir durchgedrungen waren, wandte er sich ab und Neji zog mich von der Bank hoch. Ungeschickt zupfte ich mein Oberteil wieder an seinen Platz während er mich nach draußen brachte. Ich machte noch einen kurzen Abstecher, um meine Tasche zu holen. Dabei kam mir Itoe entgegen und bedachte mich mit einem abschätzigen Blick. Ich zuckte nur mit den Schultern und ging an ihr vorbei. Das war mir nun wirklich egal. Am Eingang wartete Neji auf mich. Im Vorbeigehen packte ich seinen Arm und verließ mit ihm und den letzten Gästen das Vollmond. Kapitel 8: ----------- Kaum dass ich die Wohnungstür geschlossen hatte, spürte ich seine Finger an meinem Hals, die mich nach hinten zogen. Mit einer raschen Bewegung befreite ich mich aus seinem Griff. Ungehalten drehte ich mich ihm zu und erstarrte. Neji stand direkt vor mir und der Ausdruck auf seinen Zügen ließ keinerlei Zweifel an seinen Absichten. Was auch immer er wollte, er würde es sich nehmen. Seine Hand wanderte an mein Kinn und hob mein Gesicht leicht an. „Du willst doch nicht etwa Widerstand leisten? Denk daran, dass du zugestimmt hast.“ Ich sah ihn finster an und biss die Zähne zusammen. Auf seinem Gesicht erschien ein amüsiertes Grinsen. Ehe ich mir des Grundes dafür bewusst war, schob er sich in einer fließenden Bewegung hinter mich, hielt mit einem unerbittlichen Griff meine Hände auf dem Rücken zusammen und drückte mir mit der anderen Hand die Luft weg. Notgedrungen legte ich den Kopf weiter nach hinten, um meine Kehle zu entlasten. Sein Atem streifte mein Ohr. „Du gehörst heute Nacht nur mir!“ Langsam drängte er mich vorwärts. Je länger ich mich dagegen sträubte, desto schmerzhafter drückte er meine Arme zusammen bis ich aufkeuchte und den ersten Schritt tat. Allmählich führte er mich ins Schlafzimmer und stieß mich grob bäuchlings auf das Bett. Ein heftiger Stoß folgte, der meine Arme wieder einknicken ließ und somit verhinderte, dass ich mich aufrichtete. Schon hatte er meine Hände wieder fest im Griff und machte sich nun an meiner Hose zu schaffen, die er schließlich samt Hotpant bis zu meinen Kniekehlen zerrte. Einmal mehr stemmte ich mich gegen seinen stählernen Griff und versuchte mich zu befreien. Er zögerte nicht lang, sondern packte meine Haare und riss meinen Kopf zurück. Beinahe wäre mir ein Wimmern herausgerutscht, doch darauf hatte er es nur abgesehen. Obwohl ich es inzwischen kaum noch abwarten konnte, dass er mich endlich nahm, wehrte ich mich weiterhin; wusste ich doch, dass es ihn zusätzlich erregte – und mich nicht weniger. Als ich wieder still lag, ohnehin nahezu unfähig, mich noch auf irgendeine Weise zu bewegen, zog Neji seine Hand zurück und ergeben ließ ich meinen Kopf in die Decken sinken. Kurz darauf hörte ich ein Knistern, das mir Schauer über den Rücken jagte. „Dir ist klar, was das ist, nicht wahr?“ Leicht strich Neji mit der Kondompackung über meinen Hintern. Das Pochen zwischen meinen Beinen verstärkte sich, als sein harter Penis langsam an meinem After und meinem Damm entlang glitt. Ich hielt den Atem an, während mein Herz wild hämmerte. Einige Male schlug er mir noch auf den Hintern, doch schließlich drang er in mich ein. Ich keuchte auf. Schnell wurde unser Stöhnen lauter, je heftiger er zustieß. Bisweilen durchzuckte mich ein dumpf-stechender Schmerz, wenn er zu tief drang. Die Lust aber überwog. Ich vergrub den Kopf in der Decke und schrie sie heraus. Für diesen Moment vergaß ich völlig, wo ich war. Abrupt beendete der Braunhaarige den Liebesakt und ließ schwer atmend von mir ab. Ich sammelte mich einen Moment, ehe ich mich auf den Rücken drehte und zu ihm aufsah. Sein Blick war abschätzend. „Ich brauche Seile.“ Eine Aufforderung. Ich erhob mich und ging auf die Tür zu als er mich von hinten grob schubste. „Schneller, Schlampe!“ Ich hielt augenblicklich an und wandte mich ihm böse funkelnd zu. „Was war das?!“ Sein Ausdruck wurde bedrohlich. Ein Schauer lief mir über den Rücken während er sich so dicht vor mir aufbaute, dass ich die leise Andeutung seiner Bartstoppeln erkennen konnte. Abermals griff er mir an die Kehle und presste mich gegen die Wand. Ich schnappte nach Luft und versuchte, ihn wegzudrücken. Mit einer raschen Bewegung hatte er meine Handgelenke in seiner Gewalt und nagelte mich förmlich fest. Bevor ich auch nur versuchen konnte, mich zu befreien, drückte er mir gänzlich die Luft ab. Er war mir so nah, dass er das wilde Pochen meines Herzens einfach hören musste, das wie wild versuchte, Sauerstoff in meine Organe zu pumpen. Einen kurzen Moment ließ er los und ich rang um Atem, dann drückten seine Finger wieder unerbittlich zu. Die ganze Zeit über hielt er meinen Blick fest und ich war mir sicher, dass meine Erregung sich deutlich in meinen Augen spiegelte. Die seine spürte ich unverkennbar zwischen meinen Beinen. Kurz nachdem er ein weiteres Mal von mir abgelassen hatte und ich gierig die Luft einsog, traf mich seine flache Hand heftig im Gesicht. Mit weit aufgerissenen Augen keuchte ich erschrocken auf. Er ließ einige Zeit verstreichen, ehe er ein weiteres Mal zuschlug. Dann kam der dritte Schlag. Immer Zeit dazwischen. Ich sollte es spüren. Mit brennenden Wangen sah ich ihn von unten an. Ungerührt erwiderte er meinen Blick, dann ließ er mich los und ging einen Schritt zurück, um mich zu mustern. „Ausziehen!“ Ich gehorchte, Oberteil und BH fielen zu Boden. Ich hielt den Blick unterwürfig gesenkt. Allmählich brachte er mich in meine devote Rolle und ich genoss es. „Komm her!“ Ich wusste, was jetzt kam. Aber so weit hatte er mich noch nicht! Demonstrativ ging ich einen Schritt von ihm weg. Sofort war er bei mir, riss mein rechtes Handgelenk schmerzhaft hoch und drückte es so fest, dass ich vor Schmerz aufschrie. Unerbittlich zwang er mich in die Knie. Ich hatte keine Wahl, als ihm hörig zu sein. Noch immer hielt er meine Hand, packte mit der anderen grob meine Haare und zog sie nach hinten bis ich ihn ansehen musste. Sein Blick war hart. Aber nicht nur sein Blick. „Mund auf!“ Ich sah ihn nur an. Das Ziehen an meinen Haaren endete abrupt. Dann kam der Schlag. „Mach den Mund auf!“ Sein Griff um mein Handgelenk wurde unerträglich. Er ergriff mein Kinn. Jetzt hatte er mich so weit. Ich wimmerte. „Los!“ Seine Finger gruben sich schmerzhaft in meine Wangen. Ich gab nach. Augenblicklich ließ er mein Gesicht los und führte sein stark erigiertes Glied in meine Mundhöhle. Ich umschloss es vorsichtig mit den Lippen. Wieder griff er in mein Haar, diesmal um sich daran festzuhalten. Dafür ließ er meine Hand los. Ich ließ meine Finger über seine Peniswurzel gleiten, über seine Hoden, seine Oberschenkel. Meine Zunge umspielte seine Eichel, schmiegte sich an die Rundung und rieb mit etwas Druck daran entlang. Dann nahm ich meine Zähne zu Hilfe und schabte leicht über seine Oberfläche. Er begann, von Stöhnen begleitet, zu stoßen. Ich musste mich darauf konzentrieren, nicht zu würgen und ließ meine Hand sinken. Er lenkte meinen Kopf, stieß immer stärker und schneller zu. Ruckartig riss ich mich von ihm los und schnappte nach Luft. Mein Herz raste. Er grinste mich überlegen an, noch immer etwas außer Atem, und befreite meine Haare aus seiner Umklammerung. „Hol die Seile.“ Den Speichel wegwischend stand ich auf und ging ins Wohnzimmer, wo ich unter einem der Sitzpolster drei Bondage-Seile gelagert hatte. Bei meiner Rückkehr hatte sich nun auch Neji seine restlichen Sachen ausgezogen. Ich übergab ihm die Stricke mit gesenktem Kopf. Er legte sie sich über die Schulter und kam auf mich zu. Mit dem Zeigefinger hob er mein Kinn an und strich mit seinem Daumen unerwartet sanft über meine Lippen. Ich sah ihm fragend in die lächelnden Augen. „Braves Mädchen.“ Er küsste mich zärtlich. Meine zaghafte Erwiderung wurde bald von seiner zunehmenden Leidenschaft herausgefordert. Seine Zunge bahnte sich offensiv ihren Weg. Mit der Hand auf meinem Rücken drückte er mich eng an sich. Ohne den Kuss zu unterbrechen führte er meine Arme, die seinen Nacken umschlungen hatten, hinter meinen Rücken. Ich spürte eines der Seile an meiner Haut und seufzte. Geschickt band er, meine Handgelenke festhaltend, die Knoten, die ich nicht allein zu lösen imstande sein würde. Danach strichen seine Finger sacht meine Arme empor zu meinen Schultern und er begann ausgiebig, meinen Hals zu liebkosen. Ich legte den Kopf in den Nacken, die Augen genießerisch geschlossen, als er plötzlich innehielt. Seine Stimme war rau vor Erregung. „Geh zum Bett.“ Ich tat, was er wollte. Er folgte mir dicht auf. Ich konnte die Hitze wahrnehmen, die er ausstrahlte. Vor dem Bett blieb ich stehen. Mit einer Hand packte er meinen Nacken, beugte sich vor und flüsterte mir ins Ohr: „Knie dich drauf.“ Kaum hatte ich seinen Befehl befolgt, drückte er meinen Oberkörper nach vorn in die Decken und spreizte meine Oberschenkel etwas weiter. Ich spürte seine Finger, die das feuchte Gebiet zwischen meinen Schamlippen erforschten, meinen Venushügel umspielten und meine Klitoris streiften, was mir leise Geräusche entlockte. Schließlich drangen sie in mich ein. Ich stöhnte. Schnell begriff ich, worauf er es abgesehen hatte, als er seine Finger einknickte und gezielt meinen G-Punkt stimulierte. Ich konnte mich nicht mehr beherrschen. Mich windend und schreiend versuchte ich, mich zu befreien, doch er ließ keinen Moment von mir ab. „Nicht! Hör auf! Nein! AAAAHHH!“ Ich kniff die Augen zusammen als die Welle sich unaufhaltsam ihren Weg durch meinen gesamten Körper bahnte. Er würde sich holen, was er wollte, ganz gleich, wie sehr ich mich dagegen sträubte. Schließlich brach mein Widerstand. Erst waren es nur ein paar Tropfen, doch dann spritzte die Flüssigkeit aus mir hervor, benetzte meinen Bauch und meine Brüste und durchnässte Decken und Laken. Schwer atmend sackte ich zusammen. Er zog seine Finger heraus und ich ließ zu, dass er sie mir in den Mund steckte. Kraftlos leckte ich sie noch ab, als ich ihn ohne Vorwarnung in mich eindringen fühlte. Ich riss die Augen auf und konnte ein Keuchen nicht unterdrücken. Um Lust zu empfinden, war ich noch viel zu betäubt und ausgelaugt. Ich hasste dieses Gefühl. Zwar durchfuhr mich ein leichtes Kribbeln bei seinen immer schneller werdenden Stößen, aber ich wusste, dass ein Orgasmus nach dieser Aktion ausgeschlossen war. Ich wollte nur noch schlafen. Nejis Stöhnen wurde lauter, doch dann zog er sich plötzlich zurück und drehte mich auf die Seite, schob meine Beine hoch, sodass die Knie vor meiner Brust lagen, und nahm mich. Unter anderen Umständen hätte er mich mit dieser Stellung nahezu um den Verstand gebracht, doch meine Abgestumpftheit und die nassen Laken, in denen ich zu meinem Ärger lag, hatten auch das letzte Bisschen Erregung abgetötet. Ich hatte also keine andere Wahl, als zu warten, bis Neji endlich kam. Zu meinem Pech hatte der Alkohol ihn jedoch so weit betäubt – und das Kondom machte es nicht besser –, dass es eine halbe Ewigkeit dauerte, bis er endlich aufschrie und den Kopf in den Nacken warf. Ich stieß erleichtert die Luft aus. Einen Moment noch wartete er, bevor er mich verließ. Erschöpft schloss ich kurzzeitig die Augen, ehe ich mich mit einiger Mühe erhob und auf den Bettrand setzte. Noch einmal verfluchte ich dieses widerwärtige Gefühl. Mein Blick glitt zu Neji, der sich an eines der Fenster gestellt hatte und nach draußen schaute. Die Sonne stand schon ein gutes Stück über dem Horizont. Abwesend sah ich ihn an, als er wieder auf mich zu kam. Mit einem kurzen, kräftigen Stoß gegen die Brust warf er mich auf den Rücken und beugte sich, mit einer Hand auf das Bett gestützt, über mich. Perplex fragte ich mich, ob er noch immer nicht genug hatte. Doch er strich mir mit der freien Hand nur einmal über die Wange. „Ich muss heute noch einmal nach Hause fahren und meine letzte Hausarbeit abgeben, aber am Dienstag bin ich wieder da und ich würde dir raten“, fügte er mit einem wölfischen Grinsen hinzu, „am Abend Zeit für mich zu haben, wenn dem Blondschopf nicht das Lachen vergehen soll.“ Völlig entgeistert starrte ich ihn an, doch er zog mich bereits hoch und löste wortlos den Knoten des Seils. Die Gefühle schlugen so plötzlich über mir zusammen, dass ich keiner Reaktion fähig war. Wie vom Donner gerührt stand ich genau da, wo er mich hochgezogen hatte und verfolgte seinen Aufbruch. Neji hingegen würdigte mich keines Blickes mehr. Er hatte bekommen, was er wollte. Alles andere interessierte ihn nicht. Beim Knall der zufallenden Tür zuckte ich zusammen. Wie betäubt wankte ich ins Wohnzimmer, ließ mich auf die Couch fallen, schaltete irgendeine Sendung an, griff unter den kleinen Tisch, wo ich die angefangenen Alkoholflaschen gelagert hatte, und begann, jede Erinnerung an diesen Tag systematisch zu ertränken. Kapitel 9: ----------- „Ihr habt noch fünf Minuten.“ Aus der Zickenecke kamen kaum verhohlene Beschwerden. Naruto vor mir stöhnte und kratzte sich am Hinterkopf. Shikamaru, der schon seit zehn Minuten fertig war, gähnte. Mein Blick wanderte zurück auf das leere Blatt. Ich hatte es gerade einmal geschafft, meinen Namen auf den Aufgabenzettel zu schreiben. Ich machte mir nicht die Mühe, ihn noch einmal zu lesen. Ich hatte absolut keine Ahnung, worum es ging. Vom „Spatprodukt“ hatte ich noch nie gehört. Musste wohl ein neues Thema sein. Also wieder 00 Punkte in Mathe. Zum Glück standen die Zensuren schon im Notenheft und diese zählte bereits für's nächste Jahr. Mit halb geschlossenen Augen sah ich aus dem Fenster und bereute, dass ich nicht den zweiten Block auch einfach hatte sausen lassen. Mir war ohnehin nicht klar, was mich gestern geritten hatte, den Wecker auf Punkt neun Uhr zu stellen. Abgesehen davon, dass ich dadurch zwangsweise den ersten Block verpassen musste und es für gewöhnlich vermied, glatte Zeiten zu wählen, konnte ich mich noch nicht einmal daran erinnern, dass ich ihn gestellt hatte. Nun ja – mein Kater sprach für sich. Ich war noch immer nicht imstande, den Kulli ruhig zu halten. „Stifte weg! Zettel nach vorn.“ Augenblicklich ließ ich den Stift fallen und reichte mein Aufgabenblatt zu Naruto vor, der allerdings keine Anstalten machte, es anzunehmen, sondern noch immer tief über sein Blatt gebeugt war und emsig die letzten Lösungen hinkritzelte. Auch unsere werte Frau Direktorin hatte es schon mitbekommen. Sie kam mit einem Raubtierblick auf uns zu und blieb dann direkt neben dem Blondschopf stehen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass Ino gerade Sakuras Lösungen abschrieb während diese aufpasste, dass Frau Senju, die ihnen den Rücken zugewandt hatte, nichts mitbekam. „Herr Uzumaki!“, ertönte die schneidende Stimme. Einige drehten sich um. Mein Vordermann zuckte zusammen, warf schnell den Stift weg und hielt ihr mit schelmischem Grinsen seine Arbeit hin. „Bin schon fertig.“ Ich glaubte, ein leichtes Zucken um ihren Mundwinkel wahrzunehmen. Auch wenn keiner von beiden es jemals zugegeben hätte – sie mochten sich. Aber Naruto wurde ohnehin von nahezu allen Lehrern gemocht. Frau Senju nahm die Blätter entgegen und ließ sich nebenbei auch mein Aufgabenblatt reichen. Sie ging bereits zum Lehrertisch zurück, als sie einen Blick auf meine Arbeit warf. Sie drehte das Blatt, anscheinend in der Annahme, die Lösungen könnten auf der Rückseite stehen. Dann wanderten ihre Augen zum Namen und sie blieb stehen. „Maiko, du hast dein Lösungsblatt vergessen.“ Sie sah mich abwartend an. Fast alle hatten sich bei ihren Worten in meine Richtung gedreht. Ich ballte kurz die Hand zur Faust, erwiderte ihren Blick aber ruhig und gelassen, als ich antwortete: „Nein.“ Eine ihrer blonden Augenbrauen zuckte nach oben, doch sie sagte nichts weiter dazu und sammelte stattdessen die restlichen Arbeiten ein. Flüstern und Kichern aus Richtung des Hühnerstalls drang an mein Ohr. Ich verzog unwillig den Mund. Am liebsten hätte ich gekotzt. Naruto drehte sich kurz um und es sah aus, als wollte er etwas sagen, aber dann überlegte er es sich doch anders. „Ihr bekommt die Arbeiten in der nächsten Woche wieder. Bis dahin löst ihr bitte die Nummern fünfzehn bis neunzehn auf Seite 174. Ihr könnt gehen.“ Sofort setzte das gewöhnliche Murmeln und Erzählen ein. Einige gingen gleich nach vorn, um Fragen zur Kontrolle zu stellen. Die Kramtasche in meinen Rucksack werfend machte ich mich auf den Weg zur Tür. Ich stand schon im Rahmen, als Frau Senju noch einmal das Wort ergriff: „Ach so! Ich wünsche euch morgen natürlich viel Spaß beim sozialen Arbeitstag!“ Es dauerte einen Moment, bis ich den Inhalt der Aussage erfasste. Sozialer Arbeitstag... Irgendetwas sagte mir, dass ich ein echtes Problem hatte. Dann fiel mir der Informationszettel wieder ein, den wir vor einem Monat bekommen hatten und vor einer Woche abgeben sollten. Abrupt blieb ich mitten im Gang stehen. „Spinnst du?!“ Ich stolperte zwei Schritte weiter und drehte mich um. Vor mir stand Sasuke und funkelte mich an. Sein Veilchen war noch immer gut sichtbar. Es hatte inzwischen eine blau-grüne Färbung angenommen. Noch ehe ich zurück pöbeln konnte, erschien Sakura neben ihm und schmiegte sich an seinen Arm. Ihr Blick streifte mich abschätzig bevor sie sich an ihren Liebsten wandte. „Ist alles okay, Hase?“ Ihre Hand strich vorsichtig über sein blaues Auge. Sein Gesicht nahm einen abwehrend-gequälten Ausdruck an und ich konnte mir das Grinsen kaum verkneifen. Armes Häschen bist du krank? „Passt schon, ich habe nur den Weg frei geräumt.“ Und mit einem letzten bösen Blick ging er so schnell weiter, dass Sakura Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten. In diesem Moment klingelte es zur Pause und innerhalb weniger Augenblicke füllten sich die Flure mit lärmenden Kindern. Ich war näher an die Wand gerückt und ließ finster blickend Sakuras und Sasukes Schoßhündchen an mir vorbeigehen, mischte mich dann selbst unter die hinaus strömenden Schülermassen und betrat schließlich nach etlichen Ellbogenstößen und einigen Fünftklässlern, über die ich gestolpert war, sowie einigen Zehnt- und Elftklässlern, die über mich gestolpert waren, den gepflasterten Schulhof, der auf die Straße führte. Das Tor war zwar geschlossen, aber dieser Umstand interessierte keinen der älteren Schüler und nur wenige der jüngeren. Auch ich kam und ging wie es mir passte. Die oft daraus resultierenden Strafpredigten des Hausmeisters ließen mich herzlich kalt. Als ich jetzt auf die Tür zuging, bemerkte ich die bedrohlichen Blicke von Goro und Hibiko, die in der Nähe auf den Rest der Raucher warteten. Ohne sie zu beachten ging ich an ihnen vorbei, drückte die Klinke hinunter und verließ das Schulgelände. Mein Weg führte mich zunächst auf die zu dieser Uhrzeit verlassen daliegende provisorische Skater-Bahn. Ich ließ mich auf einer der bereits stark in Mitleidenschaft gezogenen Bänke nieder, stützte die Ellbogen auf die Knie und beugte mich vornüber. Wo zum Teufel sollte ich heute noch einen Arbeitsplatz herbekommen? Der in meinen Blutbahnen kreisende Alkohol machte es für mich nicht leichter, mich zu konzentrieren. Immer wieder ging ich die unzähligen Geschäfte der Stadt durch, aber die meisten von ihnen würden niemals so kurzfristig jemanden nehmen. Nicht wenige wurden von alten Leuten geführt, die erfahrungsgemäß nicht eben für ihre Spontanität bekannt waren. Die Discounter gaben sich mit derartigem Kleinkram nicht ab, ebenso wie die großen Kaufhäuser und Modegeschäfte. Abgesehen davon hatte ich keinerlei Ambitionen, mich unter gestylte und geschminkte Schaufensterpuppen zu mischen. Als ich die ersten Anzeichen von Kopfschmerzen spürte, verließ ich den sonnigen Platz und machte mich auf den Weg durch die Stadt, in der Hoffnung, einen potenziellen Arbeitgeber für einen Tag zu finden. Dabei verfluchte ich die Schule, dass sie sich den Dienstag ausgesucht hatte. Am Donnerstag oder Freitag hätte ich einfach im Vollmond arbeiten und einen Teil meines Geldes abdrücken können. Zwar wäre das für mich ärgerlich gewesen, aber ich hätte keine Zeit mit der Suche verschwenden müssen. Inzwischen war ich in der Einkaufsstraße angelangt. Schuhgeschäfte reihten sich an Eisdielen, Cafés, Pizzerien und Klamottenläden. Dazwischen tauchte immer mal wieder ein Schmuck- oder Bücherladen auf. Zunehmend gereizt durchstreifte ich weiter die Straßen bis es mir schließlich zu voll wurde. Die ersten Menschen trafen sich zum Stadtbummel, einige Grundschüler liefen mir über den Weg und die Stadtmusikanten bezogen Stellung. Schließlich bog ich in eine Seitenstraße ein und fand mich ohne Vorwarnung auf der Rückseite des größten Kinos der Stadt wieder. Hier vielleicht? Ich bedachte die Sache kurz, kam dann zu dem Schluss, dass ich es versuchen sollte und steuerte den Haupteingang und von dort aus die Kasse an. Nur eine Frau saß dort und sie sah ziemlich gelangweilt aus. An so einem Tag und um diese Uhrzeit ging vermutlich niemand ins Kino. „Hi, ich muss mal den Chef sprechen, geht das?“ Überrascht sah die Dunkelhaarige auf. „Der ist im Urlaub. Worum geht's denn?“ Verdammt! „Ich suche noch einen Job für den sozialen Arbeitstag. Zwei Fünfzig Stundenlohn und mindestens vier Stunden Arbeit brauch ich.“ Die Frau zückte einen Notizblock und zog einen vergoldeten Füller aus ihrem Ausschnitt. Dabei blitzten ihre perfekt manikürten Fingernägel mit Glitzereffekt auf. Ich verzog das Gesicht, angewidert von so viel Dekadenz. Einmal mehr bereute ich, dass Takuya keinen richtigen Verein hatte, in dem ich arbeiten konnte. „Welcher Tag ist dafür denn angesetzt? In der nächsten Woche ist der Chef wieder da, ich werde es an ihn weiterleiten und er würde sich dann bei Ihnen melden.“ Meine Hoffnungen sanken endgültig auf den Nullpunkt. „Ich brauch den Job morgen.“ Erstaunt blickte sie von ihrem Zettel auf. „Morgen?“, wiederholte sie. „Das fällt Ihnen aber früh ein! Tut mir leid, da kann ich nichts machen. Kommen Sie doch das nächste Mal eher, dann finden wir bestimmt etwas.“ „Nochmal mache ich diesen Kram bestimmt nicht mit. Tschüss.“ Ernüchtert verließ ich das Kino. Und jetzt? Meine Füße trugen mich von allein zum Ufer des nahe gelegenen Kanals und ich trottete die Uferpromenade entlang. Auf der anderen Seite erblickte ich das Freibad. Ich hätte nur rechtzeitig anfragen müssen, dann hätte ich sicher einen Vormittag als Rettungsschwimmerin dort arbeiten können. Entnervt verließ ich die gepflasterte Straße als mir eine Gruppe junger Mädchen entgegen kam und lehnte mich an einen der Ahornbäume, die entlang des Ufers auf einer Rasenfläche gepflanzt worden waren. Gedankenverloren starrte ich auf die gleichmäßigen Wassermassen hinunter, die träge dahin flossen. Ein fast übermächtiges Bedürfnis, mich einfach hineinfallen und mitnehmen zu lassen, überkam mich und ich wollte gerade näher an den Rand heran treten als ich meinen Namen vernahm. Überrascht drehte ich mich um. „Du schwänzt doch nicht etwa schon wieder?“ Lächelnd kam Yasu auf mich zu. Die klobige Silberkette, die er um den Hals trug, reflektierte das Sonnenlicht. Ein Gürtel hielt seine verwaschene Jeans auf Höhe der Leisten an Ort und Stelle. Das weißes Tanktop betonte seinen durchtrainierten Oberkörper und stellte zudem einen effektvollen Kontrast zu seiner dunklen Haut dar. Wie immer trug er ein Kopftuch, heute in sattem Rot. „Und wenn schon.“ Er hatte mich erreicht und zog mich, einen Arm um meine Taille geschlungen, an sich. „Hey hey, der Tag ist viel zu schön als dass ich dir eine solche Laune erlauben dürfte.“ Belehrend wackelte er mir mit dem Zeigefinger vor der Nase umher. Energisch macht ich mich los. „Lass den Quatsch!“ Er lächelte noch immer. „Was ist denn schon wieder los? Haben sie dir verboten, dich in der Schule zu prügeln?“ Ich schnaubte verächtlich, aber ungewollt besserte sich meine Laune bereits bei seiner demonstrativen Zufriedenheit. „Ich brauch noch 'nen Job für den sozialen Arbeitstag morgen“, erklärte ich resigniert und als er Luft holte, fügte ich sofort hinzu: „Sag nichts!“ Sein Grinsen war beredt genug, ich wusste, was er dachte: 'Typisch, dass du auf den allerletzten Drücker damit kommst.' Dann aber sah er nachdenklich ans andere Ufer während ich weiterhin düster auf den Rasen starrte. „Hast du's schon bei uns versucht?“ Ohne den Blick zu heben entgegnete ich: „Dai braucht dienstags niemanden.“ „Ich meinte das Fitnessstudio.“ Fragend blickte ich zu ihm auf. „Arbeitest du da?“ Er verdrehte theatralisch die Augen. „Maiko, wir arbeiten jetzt schon seit – lass mich überlegen – zwei Jahren zusammen und du weißt noch immer nicht, was ich hauptberuflich mache?“ Ich zuckte nur die Schultern. Er seufzte. „Jedenfalls haben die bestimmt noch genug zu tun um dich für einen Tag einzustellen. Wollen wir gleich mal hin?“, fragte er und deutet mit einem Nicken zur anderen Uferseite, wo hinter einigen Bäumen, die sich um das Freibad erhoben, das Fitnesscenter mit seinen knallgelben Wänden durchschimmerte. Statt zu antworten stieß ich mich vom Stamm ab und folgte ihm zurück auf die Promenade. Dabei konnte ich nicht umhin, die Blicke einiger junger Frauen wahrzunehmen, die meinen Begleiter unverhohlen musterten und danach mich in Augenschein nahmen als wollten sie abschätzen ob ich eine Rivalin darstellen könnte. Dass Yasu und ich nicht zusammen waren, war jedoch so überdeutlich an unserer Haltung abzulesen, dass sie bald wieder ihre Blicke auf ihn lenkten und ihm schien das durchaus zu gefallen. Er ging lässig und doch geschmeidig neben mir her während ich die Hände in den Hosentaschen vergraben hatte und stur geradeaus sah. Nachdem wir eine der Brücken überquert hatten, bogen wir auf der anderen Kanalseite in einen Park ein, der zum Center führte. Als das Wasser nicht mehr zu sehen war, kamen wir an einigen Sträuchern vorbei, die mich an ein Ereignis erinnerten, das ich gern vergessen hätte. Bilder von aufgeschürften Knien und von Dornen zerkratzten Armen stiegen in mir auf. Hektisch kämpfte ich sie nieder und sperrte sie dorthin zurück, wo sie hergekommen waren. Das Gefühl aber, das sie begleitete, ließ sich nicht so leicht zurückdrängen. Verbissen konzentrierte ich mich darauf, mir nichts anmerken zu lassen und atmete innerlich auf als wir das Fitnessstudio betraten. Sofort eilte uns eine offensichtlich sehr sportliche junge Frau entgegen. Ihre braunen Haare waren in einem wirren Dutt zurück gebunden und mit einem offenen Lächeln begrüßte sie uns. „Yasu, was machst du denn hier? Wollt ihr trainieren? Hi, ich bin Ten.“ Damit hielt sie mir ihre Hand hin, die ich, meinen Namen murmelnd, halbwegs überrumpelt ergriff und kurz drückte. Erst danach fiel mir ein, dass ich nicht darauf geachtet hatte, nicht zu fest zuzupacken, doch die Brünette hatte nicht einmal mit der Wimper gezuckt. „Wir sind wegen einem kleinen Notfall hier, Ten. Kann Maiko morgen bei euch arbeiten?“ Überrascht sah die Angesprochene mich an. „Wieso? Brauchst du Geld?“ „Sozialer Arbeitstag.“ Die Braunhaarige verzog das Gesicht. „Den Schwachsinn gibt’s immer noch? Warte, ich schau mal kurz im Dienstplan – Yasu, du musst doch erst übermorgen wieder, oder?“ Er bestätigte es und fügte hinzu: „Es muss wirklich nichts Großes sein, Hauptsache, sie hat irgendwas zu tun. Rasen mähen oder so.“ Ten sah von dem Zettel auf und warf uns einen Blick zu als wollte sie abschätzen ob er das ernst gemeint hatte oder nur sagte, um mich zu ärgern. Ich zuckte zur Antwort mit den Schultern. Es war mir wirklich egal, welche Arbeit ich hier bekam, solange ich keine Kinder hüten musste. „Sieht ganz gut aus. Ich denke, ich kann dich noch mit rein schleusen. Eine Kollegin ist im Urlaub, uns fehlt also eh jemand. Wie lange hast du denn Zeit? Eine Schicht dauert normal acht Stunden.“ „Vier Stunden sind Muss, alles was darüber geht, ist unser Ding. Kann auch länger machen.“ Ten nickte zufrieden. „Das ist gut, dann muss ich mir morgen keinen Stress wegen der Saunabetreuung machen und die restliche Zeit kriegen wir auch ausgefüllt...“ Sie sah noch einmal auf und ihre braunen Augen erstrahlten. „Maiko, ich würde sagen, du bist morgen dabei! Wir öffnen um zehn, sei also gegen neun hier. Was du dann genau zu tun bekommst, erfährst du morgen. Ein Fünfer die Stunde, okay?“ Ich nickte zustimmend. Das war besser als ich gedacht hatte! Yasu klopfte mir lachend auf die Schulter. „Na also, was hab ich dir gesagt? Vielleicht kriegen wir dich noch dazu, einmal öfter hier auszuhelfen. Ich würde ja zu gern mal dabei sein. Vielleicht komme ich morgen mal rum.“ Dabei zwinkerte er mir zu und ich musste leicht lächeln. „Das wirst du schön bleiben lassen, sonst denkt die Chefin noch, du sehnst dich nach mehr Arbeit“, grinste Ten. „Wenn ich meinen Charme spielen lasse, komme ich mit allem durch.“ Und mit einem heißen Hüftschwung und entsprechendem Gesichtsausdruck sang er in umgarnendem Ton: „I'm sexy and I know it!“ Ich verdrehte die Augen, konnte mir aber ein Grinsen nicht verkneifen. Ten musste lachen. „Fang bloß nicht wieder damit an!“ Dann machte sie eine abwehrende Handbewegung in seine Richtung und fügte mit einem Lächeln hinzu: „Aber ich muss wieder weiter. Maiko“, sie hielt mir die Hand hin, „ich freue mich auf morgen und wir“, sie wandte sich an Yasu, „sehen uns demnächst auch wieder.“ Sie umarmten sich flüchtig. „Bis dann!“ Und schon war sie um eine Ecke gebogen und verschwunden. Yasu drehte sich beschwingt zur Tür und ich folgte ihm hinaus in den Sonnenschein. Am Fuß der Treppe blieb er noch einmal stehen und drehte sich zu mir um. „So, was steht bei dir heute noch an, nachdem ich deine Probleme gelöst habe?“ Ich zuckte mit den Schultern, verzog nachdenklich den Mund und blinzelte in das helle Frühnachmittagslicht. „Mal sehen. Ich werde wohl noch eine Runde Sport machen.“ Dann sah ich ihn an. „Danke für deine Hilfe.“ Er winkte nur ab. „Schon gut. Übertreibe es nicht beim Trainieren. Acht Stunden können verdammt anstrengend sein.“ Er wandte sich zum Gehen. „Wir sehen uns spätestens Donnerstag. Cya!“ Ich tat es ihm gleich und hob zum Abschied meine Hand. Danach schlenderte ich in die entgegengesetzte Richtung davon. Auch wenn es nicht geplant war, hatte ich das Bedürfnis, mal wieder im Ghetto vorbei zu schauen. Takuya hatte sicher schon eine ordentliche Strafpredigt aufgrund meiner langen Abwesenheit parat. Lächelnd machte ich mich auf den Weg. Kapitel 10: ------------ Der soziale Arbeitstag war trotz des Geldes, das ich bekam, die reine Folter. Solange ich die Sauna betreute, musste ich nur ab und an freundlich – oder zumindest nicht feindselig – wirken. Nachdem sie aber wegen der hohen Außentemperatur, bei der keiner mehr Interesse an zusätzlichem Schweiß hatte, um die Mittagszeit geschlossen wurde, schickte ein Giftzwerg von Mann, der sich mir zuvor noch nicht einmal vorgestellt hatte – nicht dass ich darauf Wert gelegt hätte – mich erst in die Damen-, dann in die Herrenumkleide, um dort zu wischen. An sich machte mir beides natürlich nicht viel aus, doch als ich die Treppe aus dem Keller, in welchem sich die Sauna befunden hatte, hochgestiegen war, erwartete mich eine äußerst unangenehme Überraschung: Sasuke stand an der Rezeption und unterhielt sich mit einer schlanken jungen Frau, die ihr Glück gar nicht zu fassen schien. Er hatte gerade sein typisches einschmeichelndes Grinsen aufgesetzt, als sein Blick mich streifte und für einen Moment schien sein Lächeln zu gefrieren. Doch dann hatte er sich wieder in der Gewalt und wandte sich erneut an die Aschblonde. Der Gedanke, dass ich ausgerechnet mit diesem arroganten Schnösel zusammen arbeiten musste, verschlechterte meine Stimmung enorm, sodass ich mich höllisch zusammenreißen musste, um einen Mann im Alter der Midlife Crisis nicht anzufahren, als der versehentlich meinen Wassereimer umkippte, weil er ihn beim Rückwärtsgehen nicht gesehen hatte. Zu allem Überfluss wurde ich, nachdem ich auch noch den Trainingsraum aufgeräumt hatte, in den Kiosk gesetzt, um Erfrischungsgetränke und Nahrungsergänzungsmittel für ein effektiveres Training zu verkaufen. Ich hatte mir vor langer Zeit geschworen, niemals mithilfe einer Ernährungsumstellung oder sonstiger Veränderungen meinen Körper zu verbessern. Alles, was ich leistete, gründete auf der Kraft, die ich mir durch mein jahrelanges Training angeeignet hatte und ich verachtete jeden, der sich auch nur einen Proteinshake kaufte, insbesondere, wenn seine Oberarme so dick waren, wie meine Taille. Der Kiosk befand sich schräg gegenüber von der Rezeption, sodass mir nichts anderes übrig blieb, als Sasukes Anblick zu ertragen, sobald er seinen Platz verließ um dem Hilferuf der einen oder anderen Tussi zu folgen. Das Ende des Arbeitstages, das ich sehnlichst herbeisehnte, zeichnete sich schließlich ab und als ich endlich in den Park hinaus trat, kam ein junge Hund zielstrebig auf mich zu als hätte er auf mich gewartet. Schwanzwedelnd und hechelnd sah er mich fast erwartungsvoll an. Unwillig verzog ich das Gesicht. „Na los, geh nach Hause.“ Er bellte einmal kurz auf. Ich holte tief Luft, dann drehte ich mich weg und ließ ihn zurück. Ich widerstand dem Drang, mich umzublicken. Nach wenigen Schritten aber hatte er mich eingeholt und lief neben mir her. Abrupt blieb ich stehen und sah auf ihn hinunter. Er winselte mich freudig an. Seufzend kniete ich mich hin und sofort stellte der Kleine seine Vorderpfoten auf meine Beine, reckte die Nase zu meinem Gesicht. Ich musste lächeln und kraulte ihn kurz hinter den Ohren, doch dann hob ich ihn hoch und setze ihn so weit weg wie ich konnte. Augenblicklich kam er zu mir zurück. Verzweifelt zog ich die Augenbrauen zusammen. „Hör zu, du kannst nicht mitkommen.“ Wieder sahen mich diese traurigen braunen Augen hoffnungsvoll an. Einen unwilligen Laut ausstoßend warf ich meinen Kopf in den Nacken und blickte in den wolkenlosen Himmel. Warum immer ich? Dann sah ich wieder hinunter auf das quirlige Fellknäuel. „Du wirst alleine durchkommen müssen, Kleiner. Niemand wird dir helfen. Hänge dich nicht an die Menschen. Und vertraue ihnen vor allem nicht. Glaub mir, damit kommst du am besten durch. Na los, jetzt verschwinde endlich.“ Ich stieß ihn sanft, aber nachdrücklich von meinem Schoß und stand auf. Diesmal wartete er nicht, sondern lief gleich mit mir mit. „Das geht nicht, verstehst du das nicht? Hau ab!“ Ein leichter Schubs mit dem Fuß sollte ihn abwehren. Er sah mich irritiert an. Wenn ich diese Situation nicht nutzte, würde ich ihn nicht mehr loswerden. Energisch stampfte ich mit dem Fuß auf und knurrte ihn an. Erschrocken wich der junge Hund zurück. Noch immer wedelte er unschlüssig mit dem Schwanz, doch seine Ohren drückten Furcht aus. Der Anblick zerriss mir fast das Herz, doch was sollte ich machen? „Allein bist du am besten dran.“ Dann klatschte ich einmal kräftig in die Hände und machte noch einen aggressiven Schritt auf ihn zu. „ZIEH AB!“, schnauzte ich. Diesmal zuckte er heftig zusammen und lief davon. Nach wenigen Augenblicken konnte ich ihn zwischen den Sträuchern nicht mehr ausmachen. Zitternd holte ich Luft als ich mich aufrichtete. Einen Moment lang ballte ich die Hände zu Fäusten und kämpfte mit den Tränen. Scheiße. Ich versuchte noch, mich wieder zu fassen, als ein leises Geräusch mich herumfahren ließ. Ich sah zum Eingang des Fitnessstudios, der keine fünfzehn Meter entfernt war. Sasuke stand auf der obersten Treppenstufe und warf mir einen durchdringenden Blick zu. Obwohl ich nicht wusste, was er gehört oder gesehen hatte, fühlte ich mich durchschaut, doch auch wenn ein gleichgültiges Verhalten am klügsten gewesen wäre, waren meine Empfindungen zu aufgewühlt als dass ich meine Gesichtszüge unter Kontrolle hätte bringen können. So legte ich all den Hass und die Wut, die ich für ihn hegte, in einen einzigen Blick, mit dem ich ihn bedachte. Seine Züge verloren jeden Ausdruck und die Gleichgültigkeit legte sich wie ein Schleier über sein Gesicht. Wütend darüber, dass ich nicht die gleiche Kontrolle über meine Gefühle hatte, wandte ich mich ab und verschwand zwischen den Hecken. „Brauchen Sie den Bon?“ Wortlos winkte ich ab, griff nach meinem Einkauf – zwei Flaschen Rum – und öffnete die erste, noch bevor ich den Laden verlassen hatte. Ein älteres Ehepaar sah mich im Vorbeigehen schockiert an. Ich ignorierte sie und stapfte weiter die Straße entlang bis ich in Sichtweite meines Hauses kam. Erst als es schon zu spät war, bemerkte ich die Gestalt, die dort an die Mauer gelehnt dastand. Er hatte mich bereits gesehen, denn mit einer lockeren Bewegung stieß er sich von der Wand ab und wandte sich mir zu, eine Hand in der Hosentasche und offensichtlich voller Ungeduld. Ich konnte nicht verhindern, dass meine Schritte einen Augenblick stockten. Bitte nicht. Dafür hatte ich nun wirklich noch nicht genug getrunken! Aber mir blieb keine andere Wahl. Ich biss die Zähne zusammen und setzte mich wieder in Bewegung. Er hatte mein Zögern durchaus bemerkt, denn ein überlegenes Grinsen stahl sich in dem Moment, da ich mich weiter auf ihn zubewegte, auf seine Lippen. Wortlos kam ich neben ihm zum Stehen und schloss die Tür auf. Er trat dicht hinter mir ein und folgte mir stumm bis vor meine Wohnungstür. Ein lautloses Seufzen entwich meinen Lippen als ich auch diese öffnete. Es gelang mir gerade noch, einen einigermaßen sicheren Stellplatz für die geöffnete Flasche auf einer zugemüllten Kommode zu finden, bevor mir Neji das Hemd von den Schultern riss und das Top über meinen Kopf zerrte. Ich ließ es geschehen. Mein Widerstand war für diesen Tag aufgebraucht. Ich gewährte ihm vollkommene Handlungsfreiheit. Kurze Zeit später fand ich mich an den Küchentisch gefesselt wieder. Das dreckige Geschirr hatte er mit einer einzigen Armbewegung herunter gefegt. Während Hinatas Cousin sich an mir zu schaffen machte, blickte ich teilnahmslos auf einen unter mir liegenden zerbrochenen Teller, dessen Scherben ein merkwürdig verworrenes Muster bildeten. Es schien ewig zu dauern, bevor er wieder von mir abließ und eine Hand losband, damit ich mich selbst befreien konnte. Währenddessen zog er sich kommentarlos wieder an und verschwand so selbstverständlich, wie er die Wohnung betreten hatte. Ich machte mir nicht die Mühe, mich noch einmal anzuziehen. Halbnackt wie ich war, wankte ich in den Flur, griff nach der offenen Rumflasche und ließ mich an Ort und Stelle auf den Boden sinken. Der Hochprozentige brannte mir die Kehle aus als ich ihn hinter kippte. Es war mir egal. Früher oder später würde ich nichts mehr davon fühlen . Würde ich nichts mehr fühlen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)