Schleichender Tod von Runya (Erinnerungen an ein Leben voll Liebe) ================================================================================ Kapitel 1: Eine Mischung aus Gift und Erinnerungen -------------------------------------------------- Er spürte das Gift in seinen Venen pulsieren. Spürte, wie sein Geist immer langsamer arbeitete. In seinen Ohren rauschte es. Leise meinte er ein Lied aus seiner Kindheit zu hören; das Schlaflied, das seine Mutter ihm vorgesungen hatte, als er noch klein war. Er nahm alles in einem kräftigen Dunkelrot wahr- das Dunkelrot, das er so liebte, das ihrer Haare. Er roch ihren Duft, den glockenhellen Klang ihrer Stimme und ihres Lachens. Bilder schoben sich vor seine Augen. Seine erste Erinnerung an sie. Es war Winter und bitterkalt. Severus zitterte und klapperte vor Kälte mit den Zähnen, was er zu unterdrücken versuchte, um nicht von den beiden Mädchen, die er beobachtete, bemerkt zu werden. Sie spielten in ihrem Garten, bauten einen Schneemann lachten und johlten vor Vergnügen über den in leichten Flocken fallenden Schnee, der sich langsam mit leichtem Graupel vermischte. Er verlagerte sein Gewicht etwas, damit ihm sein Bein nicht einschlief. Unter seinen Füßen knackte ein Ast. Schnell schob er sich hinter einige Büsche- gerade rechtzeitig denn das ältere der beiden Mädchen drehte sich um, um zu sehen, was der Auslöser für das Geräusch war. Sie runzelte die Stirn, angestrengt auf den Busch starrend, hinter dem sich Severus verbarg. „Was ist denn Lily? Lass uns reingehn, mir ist kalt! Vielleicht macht uns Mama einen Kakao.“ Das kleine, vielleicht achtjährige schwarzhaarige Mädchen rannte ins Haus. Lily schaute noch kurz in Severus‘ Richtung, dann drehte sie sich um und rannte hinter ihrer Schwester her. „Warte Tunia!“ Er dachte daran, wie er ihr eröffnet hatte, sie sei eine Hexe. Das starke Gefühl des Stolzes, als er es endlich gewagt hatte sie anzusprechen- die einzige magische Person im Umkreis von zehn Meilen- sich und seine Mutter ausgenommen. Seine Mutter. Severus erinnerte sich nicht gerne an die Teile seiner Kindheit, die nicht mit Lily zusammenhingen. Er hasste es. Alles. Die Hütte in der er mit seinen Eltern lebte. Die ständigen Streitereien. Das Geschreie. Aber am meisten hasste er seine Eltern. Seine Mutter, die einen Muggel geheiratet hatte und deswegen aus ihrer reinblütigen Familie verstoßen wurde; die ihrem Mann immer verschwiegen hatte, was sie war; die sich nie gewehrt hatte wenn er sie angeschrien und bedroht hatte. Nein, er hatte keine glückliche Kindheit gehabt. Der einzige Lichtblick war die wachsende Freundschaft mit Lily. Er konnte ihr vertrauen, konnte ihr von den Streitereien seiner Eltern erzählen, sie in das einweihen, was er von der magischen Welt wusste. Im Gegenzug vertraute Lily ihm ihre Sorgen in Bezug auf Petunia an. Wie sie sich von ihr entfernte, sie verspottete, wie eine Aussätzige behandelte. Das war etwas, was Severus und Lily besonders verband: das Gefühl nirgends dazu zu gehören, wie Ausgestoßene behandelt zu werden. Als sie jedoch auf die Schule gekommen waren änderte sich alles. Er wusste schon immer, dass er nach Slytherin kommen würde, das war von Anfang an klar und er hatte immer die Hoffnung, Lily würde ebenfalls vom Sprechenden Hut nach Slytherin geschickt. Doch als sie nach Gryffindor kam war es ein harter Schlag für Severus. Sie begannen sich weniger zu sehen und lebten sich langsam auseinander. Doch versuchten sie beide dies zu verhindern. Es stand ihnen aber immer irgendjemand im Weg. Besonders Severus‘ Freunde- allesamt aus Syltherin- versuchten Severus von seiner Freundschaft mit der Muggelstämmigen abzubringen. Sie sagten ihm er sei mehr wert, ein Schlammblut wie sie sei für seine Zeit zu schade. Oberflächlich stimmte er ihnen zu, aber er wusste immer, dass Lily für immer einen Platz in seinem Herzen hatte- das wusste er vom ersten Moment an, an dem er sie sah. Als schließlich Voldemort seine Macht festigte und langsam klar wurde, dass die Muggelstämmigen in Gefahr waren wurde Hogwarts zum einzig sicheren Ort der magischen Welt. Severus war zu dieser Zeit sehr froh, dass Lily und er noch zur Schule gingen. Ihre Freundschaft lag zu dieser Zeit schon länger auf Eis, denn nicht nur Severus‘ Freunde waren gegen diese Freundschaft sondern auch Lilys neue Freunde: die Rumtreiber. Es war allseits bekannt, dass sich die Rumtreiber und Severus nicht gerade gut verstanden. Doch das war meilenweit untertrieben. Es wäre richtiger zu sagen, dass sie sich auf den Tod hassten. Eine besondere Abneigung hegte Severus gegen den selbsternannten Anführer der Rumtreiber: James Potter. Und dieser Abneigung wurde mit einer mindestens ebenso starken Abneigung entgegnet. Diese wechselseitige Abneigung ging darauf zurück, dass sie beide dasselbe Mädchen liebten: Lily Evans. Nicht dass James Severus je als einen ernsthaften Konkurrenten gesehen hätte- nein dafür war er viel zu sehr von sich selbst überzeugt. Es lag vielmehr daran, dass Severus und Lily sich einfach viel länger kannten und er viel mehr über Lily wusste. Den endgültigen Bruch mit Lily hatte er selbst verschuldet- eine Schuld und ein Fehler den er sein ganzes Leben mit sich trug. Lily hatte ihm doch nur helfen wollen. Severus spürte einen altbekannten, scharfen Schmerz in der Brust, als er daran zurückdachte, was ein einziges Wort in seinem Leben bewirkt hatte. Es war Sommer, und die ZAGs für Verteidigung gegen die Dunklen Künste war gerade vorbei, als Snape aus dem Hinterhalt von James angegriffen wurde. Er la auf dem Boden, konnte sich kaum bewegen und zu allem Überfluss quoll ihm rosafarbener Schaum aus dem Mund. Man lachte ihn aus- höhnisch. In diesem Moment kam Lily herüber zu dem Menschenknäul und herrschte die vier ach so coolen Jungs an ihn endlich in Ruhe zu lassen. Severus verspürte tiefe Genugtuung als er beobachtete, wie Lily James voller Abneigung anstarrte, als dieser offensichtlich versuchte, mit ihr zu flirten. Seine Genugtuung steigerte sich beinahe bis ins unermessliche, als Lily James im Zuge seiner Verteidigung einen arroganten, lumpigen Quälgeist nannte. Auch auf seine Bedingung, James würde ihn, Severus, in Ruhe lassen, wenn Lily mit ihm ausginge hatte Lily nicht mehr als pure Verachtung als Antwort übrig. Während dieses Gesprächs konnte sich Severus langsam wieder bewegen, er kroch zu seinem Zauberstab, die Ohren immer noch gespitzt. „Mit dir würde ich nicht ausgehen, selbst wenn ich nur die Wahl hätte zwischen dir und dem Riesenkraken.“ Bei dieser Bemerkung musste Severus einfach grinsen. Das hatte gesessen. Das war seine Lily. Kurz darauf konnte Snape James eine ziemlich üble Wunde im Gesicht zufügen, doch musste er sofort dafür bezahlen: er hing prompt kopfüber in der Luft, sein Umhang rutschte nach oben und er war beinahe entblößt. Nach einigen weiteren Angriffen, und als Lily schließlich bewirkt hatte, dass eine Ganzkörperklammer von ihm genommen wurde, sagte James schließlich: „Du hast Glück, dass Evans hier ist, Schniefelus-“ weiter kam er nicht, denn in seinem Zorn und in seiner Scham sagte Severus etwas, dass er sein ganzes Leben lang bereuen würde: „ Ich brauche keine Hilfe von dreckigen kleinen Schlammblüterinnen wie der!“ Kaum hatte er das gesagt, könnte er sich dafür verfluchen. Lily konnte nichts für seine missliche Lage und wollte ihm nur helfen. Und er dankte es ihr damit, dass er sie nannte, wie seine Freunde sie immer nannten: Schlammblut. Lily war augenscheinlich überrascht, doch sie gewann schnell wieder die Oberhand über ihre Gesichtszüge und beleidigte ihn wüst. Er wollte nicht daran denken wie. Severus Erinnerungen verwischten wieder und er zitterte nun noch mehr als vorher. Die schlimmste Erinnerung seines Lebens. Sie hatte sich in sein Hirn eingebrannt, er erlebte sie mindestens einmal am Tag und bereute, was er damals getan hatte. Er hatte Lily wieder und wieder um Verzeihung gebeten, hatte alles versucht um seine tödliche Beleidigung zurückzunehmen-vergebens. Er hatte Lily zu tief verletzt und sie konnte ihm nicht verzeihen. Das Wissen, Lily zutiefst verletzt zu haben und sie für immer verloren zu haben brachte ihn beinahe um den Verstand. Noch schlimmer allerdings war mit ansehen zu müssen, wie Lily langsam aber sicher auf Potters Anbaggereien einging. Es war zum Brechen. Lily merkte es nicht, aber Severus wusste immer, was gerade in ihrem Leben in ihrem Kopf vorging. Er führte ihre Freundschaft weiter- alleine. Severus spürte wie ihm immer kälter wurde. Es war das einzige, was er neben seinen Erinnerungen an sein Leben- an sie wahrnahm. Er spürte seine Beine bis zu den Knien bereits nicht mehr. Wenn er nicht wüsste, dass das das langsame Sterben durch Gift war, würde er denken er erfriere. Die Musik in seinen Ohren, das Schlaflied seiner Kindheit wurde immer lauter. Es entwickelte sich zu einem alles beherrschenden Crescendo aus Noten und einer lieblichen Stimme, die alles einnahm. Um nicht an seinen nahenden Tod zu denken richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf seine Erinnerungen…. Dumbledore- er teilte ihm mit, was mit den Potters passiert war. Sie befanden sich vor Severus Haus in einem Muggel-Wohngebiet. Er erinnerte sich, dass seine Gedanken ausgesetzt hatten. Er hatte es nicht glauben können. Sie sollte nun endgültig von ihm gegangen sein. Er glaubte es nicht. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Er wollte doch noch so viel mit ihr klären. Sich für alles entschuldigen, was er falsch gemacht hatte. Wie in Trance brachte er einen Muggel mithilfe des Imperius- Fluches dazu ihm, Severus seine Autoschlüssel zu geben, damit er nach Godric’s Hollow fahren konnte. Er beachtete niemanden auf seinem Weg. Alles war ihm egal. Er verschwendete keinen Gedanken an magische Möglichkeiten wie Apparieren oder daran, dass er eigentlich nicht fahren konnte- geschweige denn einen Führerschein besaß. Doch er musste zu seiner Lily. Er konnte sie retten. Sie konnte nicht tot sein. Dann setzten seine Erinnerungen aus. Er erinnerte sich erst wieder an etwas, als er aufgewacht war- im Krankenflügel von Hogwarts. Er konnte sich nicht erinnern wie er hergekommen war, konnte sich an nichts erinnern- nur an die Tatsache, dass seine Lily tot war; dass niemand sie retten konnte; dass sie für immer von ihm gegangen war. Severus erinnerte sich, wochenlang im Bett gelegen zu haben und nichts gemacht zu haben als an die Decke gestarrt zu haben. Seine Gedanken waren so langsam wie Honig geflossen und er bekam nichts von seiner Umwelt mit. Einzelne Worte wie „Schock“ oder „Trägheit“ drangen zu ihm durch, aber er konnte sie nicht einordnen. Doch irgendwann wurde die Welt um ihn herum wieder klarer, als würde er aus einem Gefängnis entlassen und ein einziger Gedanke formte sich in seinem Kopf: Rache. Rache nehmen für Lilys viel zu frühen Tod. Rache an jenem, dessen Name nicht genannt werden darf, der für all das verantwortlich war. Und dafür würde er über Leichen gehen. Er würde jedes Opfer bringen, das notwendig war. Das schwor er sich. Und nun lag er hier, im Sterben und hatte nichts erreicht. Nichts, außer ihren Sohn zu retten. Den Sohn, der sein Werk fortsetzen und Lilys Tod rächen sollte. Severus wünschte ihm insgeheim alles Gute, bevor er sich langsam in die heimeliche Musik seiner Kindheit, die Stimme seiner Mutter zurücklegte und langsam hinüberdriftete, in das Reich, wo seine Lily auf ihn warten würde. 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