New Texas Story von abgemeldet (Bravestarr) ================================================================================ Kapitel 11: Verschüttet ----------------------- Ich erwachte wieder gewohnt früh am nächsten Morgen. Ich beeilte mich aus dem Bett zu kommen und mich fertig zu machen. Ich wollte zur Miene um mich um die Sache mit den Maschinen zu kümmern und außerdem wollte ich mit Billy Bob reden, ob ich nicht vielleicht doch ein wenig in der Miene arbeiten konnte. Ich musste schließlich irgendwie an das Geld, bzw. Kerium kommen, dass ich für mein Messer brauchte. Als ich in den Saloon kam musste ich wie immer feststellen, dass Handle Bar schon wieder auf den Beinen war. Ich beeilte mich ihm bei den vorbereitenden Handgriffen zur Hand zu gehen und dann gab es wie immer ein ordentliches Frühstück. Dabei eröffnete Handle Bar mir, dass er Irish Stue nun auf die Speisekarte packen wollte. Tatsächlich war er gestern gar nicht mehr aus dem Schwärmen herausgekommen, nachdem wir es zusammen gekocht hatten und uns ordentlich daran bedient hatten. „Na dann bin ich ja mal gespannt auf die Meinung der anderen Leute, wenn sie es probieren!“ sagte ich und half ihm beim Abräumen. „Ach, so was Gutes kann nur gut ankommen.“ sagte Handle Bar fröhlich und begann abzuwaschen. Nachdem alles aufgeräumt war, machte ich mich auf den Weg. Tatsächlich wurde ich an der Miene schon sehnsüchtig erwartet. Billy Bob schien tatsächlich richtig Gas gegeben zu haben und hatte alles besorgt, was ich brauchte. Auch einen kleinen Keriumbetriebenen Motor als Muster. „Sag mal, Billy, wäre es möglich, dass ich die nächsten Tage euch noch ein wenig beim Schürfen helfe?“ fragte ich ihn dann. Er nickte. „Im Moment können wir ehrlich gesagt jede helfende Hand gebrauchen.“ sagte er, während wir zur Miene gingen. „Kaum zu glauben, wie schnell man sich an die Maschinen gewöhnen kann. Die Jungs sind richtig mürrisch, seid dem der Bohrer nicht mehr läuft.“ erzählte er. „Ich verspreche dir, ich tue mein bestes, um den Bohrer umzurüsten. Aber ich kann nun mal leider nichts versprechen.“ sagte ich. Er klopfte mir lachend auf die Schulter. „Das schaffst du schon.“ sagte er locker und wir gingen in die Miene rein. Wir hatten die Stelle erreicht, wo der Bohrer stand. Billy Bob hatte mir alle Sachen dazu gestellt. „Gut, ich sehe mir erst einmal die Motoren an und guck mal, was sich machen lässt.“ sagte ich dann. Er nickte. „Okay, ich spreche mit den Jungs, dass du uns auch drinnen noch ein wenig zur Hand gehst.“ „Okay.“ sagte ich und ging neben den Sachen in die Knie, um mich um den Motoren zu widmen. Dann spürte ich Billys Hand auf meiner Schulter. „Und wegen der Bezahlung, wir schulden dir sowieso noch was. Und ich denke, wir können es auch so machen, dass du behälst, was du findest.“ sagte er. Ich strahlte ihn glücklich an. „Danke, Billy! Du bist ein echter Kumpel!“ Er lächelte glücklich. „Ist kein Problem! Das sind wir dir so oder so schuldig.“ Dann wandte er sich ab und ging zur Miene. Ich wandte mich den Sachen zu. Ich nahm den kleinen Kerium-Motor auseinander. Ich musste mir den Aufbau ansehen um zu sehen, wie er sich von dem des Bohrermotors unterschied. Vielleicht musste ich ja sogar nur ein paar Bauteile austauschen und schon wäre die Sache erledigt. Doch tatsächlich musste ich feststellen, dass sich die Motoren doch gravierend unterschieden. Also würde ich die Motoren sogar austauschen müssen. Ich seufzte. Das würde ne ziemliche Plackerei werden. „Und? Wie sieht´s aus?“ hörte ich dann Billy Bob hinter mir. „Ich hab schlechte Nachrichten.“ sagte ich und richtete mich langsam auf. „Ich werde den kompletten Motor austauschen müssen. Der Kerium-Motor funktioniert komplett anders, als der alte.“ Billy Bobs Gesicht nahm einen gequälten Ausdruck an. „Wird ein ganz schönes Stück Arbeit, was?“ fragte er dann. „Das kannst du laut sagen!“ sagte ich und sah den Bohrer missmutig an. Na, so würde ich wenigstens die nächsten Tage ordentlich zu tun haben. „Na, da kannst du dich ja morgen drum kümmern!“ hörte ich Billy Bob dann wieder sagen und dann spürte ich seine Hand an meiner Schulter. „Ich hab mit unserem Mienenleiter Fayne gesprochen. Du kannst sofort mitmachen, wenn du willst.“ „Super!“ sagte ich und folgte ihm. „Dann wollen wir uns mal die roten Steinchen holen.“ rief Billy Bob gut gelaunt und drückte mir eine Spitzhacke und einen kleinen Eimer in die Hand. Dann gingen wir in die Miene. Dort wehte mir das Hämmern des Presslufthammers entgegen und ich konnte das klopfen von Spitzhacken hören. Gerade wurde mit der Winde eine volle Lore mit Gestein hoch geholt. Ich folgte Billy Bob, der zielsicher weiter in die Dunkelheit ging, die nur von ein paar matten Glühlampen erhellt wurde. Es war ziemlich kühl hier unten. Im ersten Moment war das eine Wohltat nach der Hitze draußen. Aber ich ahnte, dass es bald störend werden würde. „Keine Angst. Wenn du gleich arbeitest, dann merkst du die Kühle gar nicht mehr.“ hörte ich Billy Bob sagen. Ich sah ihn fragend an. „Woher...?“ Er deutete grinsend auf meine Oberarme, auf denen sich eine Gänsehaut ausgebreitet hatte. „Oh!“ sagte ich daraufhin nur. Grinsend ging er weiter und bog in einen Nebentunnel ein. Er war wenigstens so hoch, dass man gemütlich darin stehen konnte. Das Hämmern des Presslufthammers wurde immer lauter. Nach ein paar Metern erreichten wir das Ende, wo Sam mit dem Presslufthammer arbeitete. Jack schaffte den Gesteinsschutt weg, in einer kleinen Schubkarre. Als er mich sah, bekam er große Augen. „He, wen haben wir denn hier?“ rief er über das Hämmern des Presslufthammers hinweg. „Eure neue Arbeitskollegin!“ rief ich und legte die Spitzhacke locker über meine Schulter. Billy ging zu Sam rüber und tippte ihm auf die Schulter. Sam schaltete den Presslufthammer ab und wandte sich ihm zu. „Das reicht erst einmal hier, Sam. Fayne sagt, du sollst erst mal im Tunnel 3 weitermachen.“ sagte Billy. „Okay!“ sagte er und sah dann mich ganz überrascht an. „He, wen haben wir denn hier?“ fragte er dann lächelnd. „Willst uns also auch noch hier helfen?“ „Na klar!“ lachte ich locker. „Aber keine Sorge, ich mach das nur nebenbei. In erster Linie muss ich mich ja um den Bohrer kümmern.“ „Du bist kostbarer als alles Kerium, Kleines!“ sagte Sam lachend und schlug mir im Vorbeigehen auf die Schulter. Billy Bob deutete auf die Felswand vor uns. „So, da kannst du dich jetzt austoben. Aber ich warne dich, das ist kein Zuckerschlecken!“ „Hab ich auch nicht erwartet.“ erwiderte ich und ging zur Wand rüber. Ich stellte den Eimer beiseite und betrachtete die zerfurchte Wand. An einigen Stellen meinte ich es rötlich leuchten zu können. Wahrscheinlich noch Reste. „Ich könnte ne ganze neue Ader gebrauchen!“ dachte ich und begann die Hacke gegen die Wand zu schwingen. Und stellte schnell fest, dass Billy Bob recht hatte. Es machte zwar auch irgendwie Spaß – zumindest jetzt noch – aber ich würde auch mörderisch kaputt sein, wenn ich hier heraus kam. Aber vielleicht lohnte es sich ja auch. Immer die Aussicht, bald ein schönes Messer mein Eigen nennen zu können begann ich die Wand mit regelmäßigen kräftigen Schlägen zu bearbeiten. Und wusste auch sehr bald, warum sich die Jungs den Bohrer zurück sehnten. Mit der Spitzhacke kam man wirklich kaum voran. Ich weiß nicht genau, wie viel Zeit verging, aber irgendwann kam Billy Bob zu mir und legte mir die Hand auf die Schulter. „Los, Bi! Mittagspause!“ sagte er und zog mich beinahe weg. Aber es war mir nur recht. Obgleich ich ziemlich durchtrainiert war, so wusste ich doch, dass ich morgen ziemlichen Muskelkater haben würde, durch die ungewohnte Arbeit. Draußen angekommen saßen die Jungs schon auf Felsen, Stühlen oder lagen auch teilweise einfach am Boden. Handle Bar war mit einem Muli und einem Hänger da, auf dem ein großer Topf stand, aus dem er Eintopf an die Jungs ausgab. „Na, Kleines?“ rief er, als er mich sah. „Wie läufts so?“ Ich blieb bei ihm stehen und schüttelte meine schmerzenden Arme aus. „Ganz gut. Aber ich schätze, ich werde heute abend ganz schön kaputt sein.“ antwortete ich. Er drückte mir lächelnd eine volle Schale in die Hand. „Na, da hilft nur ein ordentliches Mittagessen!“ sagte er. Ich sah überrascht in die Schale. „Irish Stue?“ fragte ich überrascht. Er nickte stolz. „Ja, ich wollte mal antesten, wie es so geht.“ sagte er. „Da bin ich auch gespannt.“ sagte ich und setzte mich auf einen der vielen Felsen in der Nähe und begann mein Mittagessen zu löffeln. Und um mich herum waren jede Menge schweigende Männer, die genüsslich ihr Irish Stue löffelten. „Wirklisch auschgezeischnet, Handle Bar!“ nuschelte Jack. „Wasch isch dasch?“ „Irish Stue. Ein Rezept von eurer neuen Arbeitskollegin.“ antwortete Handle Bar. „Donnerwetter, so was Gutes hattet ihr früher?“ fragte mich Billy und wischte sich den Mund ab. Ich zuckte mit den Schultern. „Auf der Erde gab es ne Menge gute Sachen zu meiner Zeit.“ antwortete ich. „Ich denke, das ist Kartentauglich!“ stellte Handle Bar zufrieden fest. „Allerdingsch!“ nuschelte Jack laut mit vollem Mund. Nicht wenige der Jungs holten sich noch Nachschlag, bis der Topf geradezu leer gekratzt war. Dann machte sich Handle Bar wieder auf dem Weg in die Stadt. Ich und die Jungs gönnten uns noch eine halbe Stunde Ruhe. Einige dösten, einige unterhielten sich. Als wir uns dann gerade wieder an die Arbeit machen wollten, war Hufschlag zu hören. Und dann erschien Thirty-thirty zwischen den Felsen, mit Bravestarr auf dem Rücken. „Hallo Jungs! Alles klar bei euch?“ fragte er laut, während Thirty-thirty abbremste. „Ja, alles klar, Marshall.“ antwortete Fayne. „Warum fragen sie? Gibt es Probleme?“ Bravestarr nickte. „Ich denke, ihr solltet gewarnt sein, dass in der Nähe eine Dingo-Bande ihr Unwesen treibt und ich habe die Befürchtung, dass sie es vielleicht auf die Mine abgesehen haben.“ sagte er, während er abstieg. „Nun, bis jetzt ist alles ruhig, aber danke für die Warnung.“ sagte Fayne. „Ich glaube, ich werde ein wenig Wache halten, nur zur Sicherheit.“ meinte Bravestarr und blickte dann zu mir rüber. Und lächelte. „Hey, Bianca.“ sagte er. „Auch unter die Schürfer gegangen?“ Ich nickte verlegen. „Ja. Zumindest zum Teil. Ich muss mich auch noch um den Bohrer kümmern.“ Er kam langsam näher. „Und was ist damit? Kannst du ihn umrüsten?“ fragte er. „Ich werde den kompletten Motor austauschen müssen. Der Kerium-Motor funktioniert ganz anders, als der alte Benzin-Motor. Ich hoffe, dass es machbar ist.“ erklärte ich. „Du wirst schon einen Weg finden.“ sagte er und blieb direkt vor mir stehen. Ich schluckte trocken. „Und? Willst du mir zeigen, wo du gerade gearbeitet hast?“ fragte er dann. Ich nickte. „Okay. Aber ich hab bis jetzt noch nichts gefunden.“ sagte ich während wir langsam in die Miene trotteten. „Ich hoffe, dass sich das bald ändert.“ sagte er. „So wie ich die Jungs einschätze, würdest du einen ordentlichen Anteil bekommen.“ „Den könnte ich auch wahrlich gut gebrauchen!“ sagte ich ehrlich. Wir hatten den Tunnel erreicht, in dem ich zuletzt gearbeitet hatte. Auch die anderen Jungs hatten die Arbeit wieder aufgenommen und ich konnte hören, wie Sam wieder mit dem Presslufthammer zu hantieren begann. Ich deutete auf die Felswand, die ich vor der Pause bearbeitet hatte. „Siehst du diese kleine Einbuchtung? Das ist es, was ich bis jetzt geschafft habe.“ sagte ich ein wenig beschämt. „Nun, das überrascht mich nicht!“ sagte er. „Nur den Pickel zu schwingen ist mühsam.“ „Das kann man wohl sagen!“ sagte ich und musste mit einem Mal feststellen, dass das Dröhnen des Hammers lauter geworden war. Mit gerunzelter Stirn sah ich mich in den Gang hinter mir um. Das waren aber ungewöhnliche Laute für einen Hammer. „Merkwürdig!“ hörte ich Bravestarr plötzlich neben mir rufen. Das musste er auch, denn ansonsten hätte ich ihn bei dem Getöse gar nicht verstanden. „Ja, allerdings!“ antwortete ich. „Irgendwas scheint mit dem Hammer nicht zu stimmen.“ Doch das war nicht der Hammer. Denn kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, da hörte ich plötzlich die Schreie der Männer. Und die Schreie waren Angsterfüllt! Irgendwas war ganz und gar nicht in Ordnung. Bravestarr und ich rannten gleichzeitig los, aus dem Nebentunnel raus, in den Haupttunnel. Wo uns ein gewaltiges Rumpeln, Staubwirbel und die ängstlichen Schreie der Männer empfing. Und das Gerumpel kam von den Steinen, die von oben auf die Männer herabregneten, undurchsichtigen Staub aufwirbelten und den Ausgang zu blockieren begannen. „Verflucht!“ schrie Bravestarr neben mir. „Wir müssen hier raus!“ Das musste er mir nicht zweimal sagen. Doch wie? Zwischen dem Ausgang und uns lagen ein Gesteinsregen, wo einige der Brocken locker bis zu eineinhalb Meter breit waren und mit Sicherheit bis zu einer Tonne, wenn nicht mehr wogen. Wenn uns eines dieser Dinger erwischte... Und plötzlich sah ich einen Mann in diesen Gesteinsregen hineinlaufen. Sam! Nein, ausgerechnet Sam! Das würde er niemals schaffen! Und der selben Meinung war wohl auch Bravestarr, denn mit einem Mal verwandelte er sich in einen gelben Blitz, sauste auf Sam zu, packte ihn und zerrte ihn in den Tunnel zurück. Den einzigen sicheren Platz, denn der Ausgang war nicht zu erreichen. Der Steinregen erschlug alles, was dort hineingeriet und pflanzte sich immer weiter in den Tunnel fort. Gott, der ganze verdammte Haupttunnel würde einstürzen! Die Miene war eine einzige Todesfalle! Panisch sah ich zu der gelb gekleideten Gestalt rüber, die an dem Eingang zu dem Nebentunnel stand und einen völlig panischen Sam dort hinein stieß. Ich wollt zu ihnen rüber laufen und musste bereits meinen Kopf vor herabregnenden Brocken schützen. Aber ich hatte keine Wahl! Ich musste den Nebentunnel erreichen, denn dieser schien nicht einzustürzen. Plötzlich krachte wenige Zentimeter vor meinen Füßen ein etwa halber Meter breiter Brocken auf den Boden und ich konnte im letzten Moment meinen Lauf stoppen. Nur um zu hören, wie hinter mir ein weiterer, noch größerer Brocken runter krachte. Panisch sah ich zu Bravestarr rüber, der sich nun auch zu mir umdrehte. „Bravestarr!“ schrie ich panisch. Aber nicht, weil ich wollte, dass er mir half, sondern, weil sich auch bei dem Nebentunnel die ersten großen Brocken lösten. Er musste dort weg, ansonsten würde er erschlagen. Und das machte mich bald verrückt vor Angst! Ich wollte weiter rennen, doch da wurde aus seiner kräftigen Gestalt wieder ein gelber Blitz, der im Bruchteil einer Sekunde bei mir war. Ich fühlte mich gepackt, verlor mit einem Male den Boden unter den Füßen und dann zurück zu dem Tunnel, in dem ich zuvor gearbeitet hatte. Ich konnte noch so gerade eben erkennen, wie ein riesiger Brocken genau auf die Stelle krachte, wo ich vor einer Sekunde noch gestanden hatte. Und urplötzlich, strauchelte Bravestarr, taumelte noch einige Schritte weit in den Nebentunnel rein und dann landete ich krachen auf dem Boden und er halb auf mir. Und blieb liegen. Ich sah zu dem Tunnel zurück. Es krachten immer noch Felsbrocken runter, es dröhnte und rumpelte, man konnte vor lauter Staub kaum noch was sehen und auch kaum atmen. Und dann begannen sich auch am Eingang des Tunnels Steine zu lösen. Oh, mein Gott, würde auch dieser Tunnel einstürzen? Ich versuchte mich unter Bravestarr Körper und Arm hochzuarbeiten. Herrgott, wieso rührte er sich nicht? Er musste das doch mitkriegen! Wir mussten weiter in den Tunnel! „Bravestarr! Bravestarr! Wir müssen weiter rein! Steh auf!“ schrie ich. Doch er rührte sich nicht, nicht einen Millimeter. Endlich hatte ich es geschafft mich unter ihm hervor zuarbeiten und ich kroch zu seinem Kopf hoch, packte seine Schulter und schüttelte ihn. „Bravestarr! Verdammt, steh auf!!“ schrie ich. Und plötzlich spürte ich etwas nasses, warmes und klebriges an meinen Händen. Erschrocken schnappte ich nach Luft. Panik, unmenschliche Panik begann sich meiner Gedanken zu bemächtigen. Blut! Das war Blut! Er blutete! Oh, Gott! War er tot? Hatte er sein Leben für mich geopfert! Nein, oh bitte Gott, das durfte nicht sein! Wie durch Nebel nahm ich wahr, wie immer mehr Felsbrocken runter krachten und wie der Steinschlag immer näher kam. Gott, was sollte ich nur tun? Panisch packte ich Bravestarr an den Schultern und wuchtete ihn auf den Rücken und dann packte ich ihn unter den Armen hindurch, mobilisierte alle meine verbliebenen Kräfte und zerrte ihn verzweifelt tiefer in den Tunnel. Verzweifelnd hoffend, dass wir in dem Tunnel sicher waren. Nach einigen Metern hatte ich das Ende des Tunnels erreicht. Schwer keuchend ließ ich Bravestarrs regungslosen Körper sinken, schnappte schwer nach Luft. Man konnte kaum atmen, der Staub schien einem die Lungen verstopfen zu wollen. Doch wenigstens hörte ich, wie das Gepolter der herabstürzenden Steine aufhörte. Der Teil hier hinten schien sicher zu sein. Zumindest vorläufig. Im Schein der blassen Lampe an der Decke, konnte ich erkennen, wie sich der Staub langsam zu legen begann. Sie flackerte zwar, aber sie brannte weiter. Was mich mehr als wunderte. Ich sah auf Bravestarr runter. Und stieß einen leisen Schreckensschrei aus. Seine gesamte rechte Kopfhälfte war Blutgetränkt, es lief seinen Hals herab und tränkte sein Hemd und seine Haare. Einer der Brocken musste ihn erwischt haben. Ich sank neben ihm auf die Knie, begann panisch an seinem Hals nach seinem Puls zu tasten. Schwach, aber vorhanden. Dann legte ich meinen Finger unter seine Nase. Der schwache Windzug, der um meinen Finger strich, löste einen wahren Dammbruch in meinen Augen aus vor Erleichterung. Gott sei Dank! Er lebte! Doch man musste auch kein Arzt sein, um zu wissen, dass er schwer verletzt war. Und das er schnellstmöglich Hilfe brauchte. Ich ließ mich auf den Hosenboden sinken und zog dann seinen Oberkörper vorsichtig auf meinen Schoß, seinen Kopf auf meinem linken Arm bettend. Das Gefühl seines Blutes, dass nun auch über meinen Arm floss, ließ wieder unmenschliche Angst in mir aufsteigen. Was, wenn er verblutete? Vor Angst weinend drückte ich seinen Kopf an mich. „Halt durch! Ich flehe dich an, halte durch!“ flüsterte ich verzweifelt, küsste seine blutverschmierte Stirn. Der metallische Geschmack seines Blutes machte mich beinahe rasend vor Angst. Ich weinte noch heftiger, flehte zu Gott, dass bald jemand kam. Das ihm jemand helfen würde. Die Sekunden, Minuten, vielleicht waren es auch Stunden – ich wusste es nicht – flossen dahin. Ich hatte jegliches Zeitgefühl verloren. Das Gepolter hatte schließlich aufgehört, der Staub hatte sich gelegt und man konnte wieder atmen. Doch die Stille, nur unterbrochen von dem Knistern der flackernden Lampe war beinahe noch schlimmer. Das einzige, was ich sonst noch hörte, war mein eigener vom Weinen und der Angst unruhiger, keuchender Atem. Meine rechte Hand ruhte mittlerweile auf Bravestarrs Brust, auf seinem Herzen. Ich spürte, wie sich sein Brustkorb langsam und flach hob und senkte. Meine Tränen waren zwar versiegt, ich glaube nur deswegen, weil ich gar keine mehr hatte. Aber die Angst blieb, wuchs sogar noch mehr. So, wie es aussah, war der komplette Tunnel eingestürzt und auch der Nebentunnel war verstopft. Wie sollten die uns auf die Schnelle hier heraus bekommen? Das war nahezu unmöglich. Da waren hunderte, tausende Tonnen von Stein, die den Weg versperrten. Und das Leben floss nach wie vor unbarmherzig aus Bravestarr heraus. Meine Jeans und auch mein T-Shirt klebten mittlerweile an mir, von seinem Blut. Auch von meinem Schweiß, aber ich spürte auch ganz deutlich sein warmes Blut dabei. „Bitte, halte durch! Bitte, bitte halte durch!“ flüsterte ich ihm immer wieder zu, verzweifelt auf irgendeinen Laut lauschend. Was, wenn er in meinen Armen starb? Nein, nein das durfte nicht passieren! Ihn noch fester an mich drückend und seine Stirn küssend wiegte ich ihn in den Armen. „Ich flehe dich an, bleib bei mir!“ Plötzlich konnte ich ein Rumpeln hören. Zuerst dachte ich panisch, dass noch mehr Gestein runter kommen würde, doch dann war es erst wieder ruhig. Hingerissen zwischen Erleichterung und Verzweiflung fuhr ich fort den Bewusstlosen in meinen Armen zu wiegen. Doch dann war das Rumpeln wieder zu hören. Und es kam immer und immer wieder. Konnte es sein? Waren sie schon hier? Waren sie schon so weit? „Hallo!“ schrie ich aus Leibeskräften. „Hilfe! Ich brauche Hilfe!“ Das Rumoren hielt inne. „Hilfe!“ schrie ich abermals. „Ich bin hier! Hilfe!“ Das Rumoren setzte wieder ein, wurde lauter. Und mit einem Mal fiel mir auf, dass es nicht von draußen kam, sondern von unten. Verwundert starrte ich auf den Boden. Das Rumoren wurde immer lauter. Ich packte Bravestarr noch fester, beugte mich leicht schützend über ihn. Und dann brach der Boden zwei Meter von mir entfernt auf und ein, etwa einen halben Meter breites Loch erschien. Und aus dem schaute eine kleine, Hamsterartige Gestalt mit einem großen braunen Hut hervor. Es sah aus, wie dieses Hamsterdings, dass bei Tex Hex gewesen war. Nur bei weitem nicht so hässlich. Dann fiel sein Blick auf mich. „Oh, gut! Du leben!“ rief das Wesen mit einer hellen Stimme. Doch dann weiteten sich seine Augen vor Schreck, als sein Blick auf Bravestarr fiel. Mit einer kräftigen Bewegung war er endgültig aus dem Loch heraus und wuselte auf seinen kurzen Beinen zu mir rüber. Erst jetzt sah ich den Stern, der an seiner Mütze blinkte. Er war ein Hilfssheriff? „Oh, nein, nein, nein!“ stieß er entsetzt hervor. „Marshall Bravestarr verletzt!“ „Du musst Hilfe holen, schnell!“ sagte ich hastig. „Den Doc, irgendwen!“ Ängstlich blickte er mich an. „Oh, aber wie? Menschen nicht können durch Tunnel!“ sagte er dann verzweifelt. „Versuche ihn etwas breiter zu machen, so dass einer durchpassen würde. Bitte, er braucht Hilfe! Sonst stirbt er!“ sagte ich beinahe panisch. „Oh nein, nein, nein! Marshall Bravestarr nicht sterben!“ rief das Wesen ängstlich und war mit einem Satz wieder in dem Loch. „Fuzz holen Hilfe!“ hörte ich ihn noch rufen und dann eifrig graben. Ich wusste zwar nicht, wer der kleine Kerl war, aber ihm schien auch sehr viel am Leben von Bravestarr zu hängen. Ich wusste nicht, wie lange es dauerte, aber es konnte nicht sehr lange gewesen sein, da hörte ich das erstickte Keuchen von einem Menschen. Und dann erschien der Kopf von einem der Minenarbeiter in dem Loch und sah sich zu mir um. Ich wusste zwar seinen Namen nicht, aber ich wusste, dass er so eine Art Sanitäter war. Wenn es mal einen Minenunfall gab und der Doc nicht so schnell kommen konnte. Als er mich sah, zog er sich kräftig aus dem Loch und einen kleinen Koffer hinter sich her. „Gott, Mädchen! Bist du verletzt?“ fragte er mich. „Nein! Aber er! Er blutet so stark und atmet nur sehr flach!“ sagte ich gehetzt. Er ließ sich neben mir nieder und begann vorsichtig Bravestarrs Kopf zu untersuchen und checkte die Vitalfunktionen. Dann griff er wortlos an seinen Gürtel, zog ein Funkgerät und sprach dann gehetzt rein. „Hier ist Barry! Fuzz hatte recht. Das Mädchen ist hier und unverletzt. Aber der Marshall ist sehr schwer verletzt. Platzwunde am Kopf, hoher Blutverlust und er ist bewusstlos. Vitalfunktionen sind schwach, aber stabil. Wir müssen schnellstmöglich die Bergung vorbereiten.“ „Verstanden!“ kam es knackend von der anderen Seite. Dann wandte sich der Sanitäter mir zu. „Okay, es kommen jetzt gleich noch ein paar Leute mit einer Trage und dann schaffen wir ihn aus. Aber vorher krabbelst du hier heraus.“ sagte er und deutete auf den Tunnel. „Ich werde mich um ihn kümmern.“ fügte er dann noch hinzu, als ich Bravestarr noch einmal fester an mich drückte. „Wir kriegen ihn hier schon raus und dann kommt er sofort ins Krankenhaus. Der Doc ist auch alarmiert.“ lächelte er. Ich blickte noch einmal auf Bravestarrs Blutverschmiertes Gesicht hinab und ließ ihn dann ganz vorsichtig auf den Boden sinken. Dann richtete ich mich auf. Meine Beine waren von dem unbequemen Sitzen ganz taub geworden. Ich konnte noch sehen, wie der Sanitäter begann Bravestarr zu versorgen, zumindest seinen Kopf zu verbinden. Ich schickte ein letztes Stoßgebet in den Himmel, dass er es schaffen würde und ließ mich dann in den Tunnel hinab. Der kleine Hamster, oder was auch immer er war, hatte ganze Arbeit geleistet und den Tunnel ein ganzes Stück verbreitert. Und ich konnte ihn noch immer wühlen hören. Wahrscheinlich versuchte er den Tunnel möglichst noch breiter zu machen. Ich beeilte mich raus zu kommen um den Weg nicht noch länger zu blockieren und schon bald konnte ich einen Lichtschimmer erkennen und aufgeregte Stimmen hören. Ich hatte es geschafft! Am Ende des Tunnels zog ich mich mit einer kräftigen Bewegung ans Tageslicht und sah mich um. Jede Menge Leute wuselten in der Nähe des Tunnels umher. Ich konnte einen großen Wagen mit einem roten Kreuz erkennen und auch mehrere in weiß gekleidete Leute, die sich entweder um die Männer kümmerten, oder irgendwelche Sachen zusammen suchten. Großer Gott, die Jungs! Sam! Billy Bob! Jack! Ich hatte bis jetzt gar nicht mehr an sie gedacht. Sam war ja auch noch in dem Tunnel gewesen, als er einstürzte! Und was war mit den anderen? Billy Bob! Hoffentlich hatte es ihn nicht erwischt! „Oh, Gott sei Dank, Mädchen! Es geht dir gut!“ hörte ich auf einmal Faynes Stimme. Ich wandte mich um und wurde im nächsten Moment von seinen riesigen Händen an den Schultern gepackt. Ich sah ihn sein verdrecktes und hektisch gerötetes Gesicht. „Ist auch wirklich alles okay bei dir?“ fragte er gehetzt. „Ja, mir geht’s gut!“ antwortete ich und sah mich weiter um. „Wo sind die anderen?“ fragte ich ihn ängstlich. „Die meisten sind draußen, aber einige werden auch noch vermisst.“ antwortete Fayne. „Habt ihr Sam gefunden?“ fragte ich ängstlich. Gott, der Mann wurde bald Vater! Sollte seine junge Frau allein da stehen? Mit einem Kind? Fayne schüttelte den Kopf. „Nein.“ „Sagt diesem kleinen Tunnelgräber, er soll einen Rettungstunnel zu Tunnel 3 graben. Ich weiß zwar nicht, ob Sam noch lebt, aber Bravestarr hat ihn bei dem Tunneleinsturz da hinein geschubst. Ich bete zu Gott, dass er noch lebt!“ erzählte ich ihm gehetzt. „Das tue ich auch!“ rief Fayne und stürzte davon. Auch ich wandte mich ab und sah mich weiter um. Ich sah zwar viele der Männer, die ich nur oberflächlich kannte. Aber weder von Jack, noch Joseph oder Billy Bob war etwas zu sehen. Verängstigt rannte ich los, sah mich in der Menge um. Und erkannte plötzlich Thirty-thirty, der aufgeregt auf einen verdreckten Mann einredete. Dieser wandte mir den Kopf zu und ich stieß einen kleinen Freudenschrei aus. Billy Bob! Er war scheinbar okay. Als er mich sah, riss er die Augen auf und wir stürmten beinahe gleichzeitig aufeinander zu und ich sprang ihm in die ausgebreiteten Arme. „Bi! Dem Himmel sei Dank, du bist okay!“ rief er glücklich. Ihn fest umarmend, kamen mir noch einmal die Tränen. „Du zum Glück auch!“ sagte ich und er ließ mich los. Kaum hatten wir uns von einander gelöst, da spürte ich Thirtys Hand an meiner Schulter. „Was ist mit Bravestarr?“ fragte er ängstlich. „Wo ist mein Partner?“ „Er wird gleich aus der Mine geholt. Ihn hat es ziemlich schlimm erwischt.“ antwortete ich und wieder wollten sich düstere Gedanken meiner bemächtigen. Thirty lief sofort in Richtung Tunnel davon und Billy Bob und ich folgten ihm. „Wo sind Jack und Joseph?“ fragte ich Billy Bob auf dem Weg. „Joseph ist schon auf dem Weg ins Krankenhaus mit einem gebrochenen Bein. Jack ist verschüttet, genauso, wie Sam.“ antwortete Billy Bob keuchend. Am Tunnel angekommen, wurden wir von zwei der Sanitäter zurück gehalten, die am Tunneleingang hockten. Der kleine Gräber hatte ihn wohl noch ein ganzes Stück verbreitert, damit man wohl auch problemlos mit der Trage durch kam. „Rettungsteam ist wieder da! Jetzt vorsichtig! Greift die Bahre!“ rief der eine Sanitäter. Ein anderer drängte uns noch ein Stück zurück. „Gehen sie bitten zurück! Wir brauchen Platz!“ rief er. Ich sah an ihm vorbei und konnte erkennen, wie zwei der Sanitäter ins Loch griffen und dann vorsichtig ein eisernes Gestell heraufzogen. Obwohl sie mit dem Rücken zu mir hockten, konnte ich konnte schwarze Haare über die Kante der Bahre hängen sehen und dann einen gelben Stofffetzen an der Seite. „Bravestarr!“ schrie Thirty-thirty neben mir laut und rannte den Sanitäter, der uns zurück gedrängt hatte einfach über den Haufen. Er lief zu den anderen beiden rüber und half ihnen die Bahre aus dem Loch zu ziehen. Billy Bob und ich folgten ihm. Thirty war neben seinem Partner auf die Knie gefallen und sah ängstlich auf ihn herab und stotterte irgendwas vor sich hin. Ich sank auf der anderen Seite neben der Trage nieder. Bravestarrs Kopf war notdürftig verbunden worden. Doch das Blut klebte immer noch in seinem Gesicht und hier im Tageslicht sah es noch weitaus schlimmer aus. „Bravestarr! Partner, nun sag doch was!“ konnte ich Thirty-thirty flehen hören. Natürlich umsonst. „Das bringt nichts! Er ist bewusstlos, vielleicht sogar im Koma.“ sagte einer der Sanitäter. „Wir müssen ihn sofort ins Krankenhaus bringen!“ hörte ich einen anderen. Immer noch auf den Regungslosen herabblickend strich ich sanft eine Strähne seines pechschwarzen Haares aus seinem blutverschmierten Gesicht. Dann wurde die Trage hochgehoben und zum Krankenwagen getragen. Ich sah ihnen nach. Meine Lippen begannen zu beben und ich kämpfte abermals mit den Tränen. Dann war plötzlich lautes Schreien am Tunneleingang zu hören. Ich wirbelte herum und konnte sehen, wie zwei der Minenarbeiter einen völlig zerschmetterten Körper aus den Trümmern zogen. Obgleich der gesamte Körper mit Blut beschmiert war, meinte ich den blauen Stoff des Hemdes erkennen zu können. „Jack!“ schrie ich und rannte zu den Männern rüber. Sie ließen den regungslosen Körper sinken und ich fiel aus vollem Lauf heraus neben ihm auf die Knie, die ich mir dabei noch ordentlich aufschlug. Doch das war zweitrangig. Ich konnte nur Jacks zerschmetterten Körper betrachten. Seine Brust hob und senkte sich ruckartig und unregelmäßig. Er musste unglaubliche Schmerzen haben. Aus seinem Mund floss unablässig Blut und er keuchte und hustete gequält. Nun konnte ich die Tränen, die ich bis jetzt mit Mühe zurück hatte halten können, nicht mehr bremsen. Jack starb. Diese Verletzungen konnte er nicht überleben. „Jack!“ flüsterte ich ihm zu und legte sanft meine Hand an seine Wange. Seine Augen öffneten sich einen Spalt breit und blickten mich an. „Bi..b..bia...!“ röchelte er. „Sssshh!“ machte ich leise und fuhr fort seine Wange zu streicheln. Ich spürte, wie die Tränen Linien auf meine Wangen zeichneten. „So...weh!“ röchelte Jack weiter und Krämpfe begannen seinen Körper zu schütteln. „So...weh!“ „Sssshh!“ machte ich wieder, schob meinen einen Arm unter seinen Kopf und kam ihm ganz nah. „Schlaf, Jack! Es geht vorbei.“ flüsterte ich. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber er wurde tatsächlich ruhiger. Aber vielleicht auch nur, weil er einfach zu schwach wurde. Ich blickte zu ihm auf. Er sah mich noch immer an, aber seine Augen wurden immer matter. Und auch sein Atem erstarb. Aus seinem rechten Auge lief eine Träne. Ich wischte sie sanft mit dem Daumen weg und streichelte seine Wange weiter. „Schlaf!“ flüsterte ich ihm noch einmal leise ins Ohr. Und dann erstarb das Leben in seinen Augen und sein zerschmetterter Körper erschlaffte. Zitternd hielt ich ihn noch einige Minuten in den Armen und ließ ihn dann langsam sinken. Ich sah auf ihn hinab, nicht glauben könnend, dass er gerade in meinen Armen gestorben war. „Oh, Jack!“ hörte ich Billy Bob sagen. Er hockte hinter mir. Ich hatte ihn bis jetzt gar nicht wahr genommen. Seine Stimme löste dann endgültig den Tränenbruch aus und ich vergrub mein Gesicht in die Blutverschmierten Hände. Oh, Gott, Jack! Er war doch gerade erst 25 gewesen, hatte sich gerade frisch verliebt. Und dann so ein sinnloser Tod! Das war so ungerecht. Mein Körper bebte vom heftigen Schluchzen. Dann spürte ich Billy, der mich von hinten in den Arm nahm. Ich warf mich an seine Brust und schluchzte hemmungslos. Es war einfach zu viel gewesen. Ich wusste nicht, wie lang ich an Billys Brust weinte. Ich wusste nur, dass ich plötzlich jemanden rufen hörte: „Sam! Sie haben Sam gefunden!“ Ich richtete mich ruckartig auf und blickte in die Richtung des Rettungstunnels. Zwei Sanitäter kletterten gerade wieder heraus und dann erschien Sams blut- und schmutzverschmierter Kopf. Aber er lebte, denn er stöhnte laut vor Schmerz. Und als sein Oberkörper aus dem Loch kam, sah ich auch, warum. Sein linker Arm war ebenfalls blutverschmiert und notdürftig geschient und verbunden. Aber egal, er lebte! Billy und ich rannten zu ihm rüber. „Sam! Oh Gott sei Dank! Du lebst!“ rief ich. „Mehr oder weniger!“ keuchte er und sah mich dann mit zusammengekniffenen Augen an. „Was ist mit dir, Bi?“ fragte er dann. „Mir geht’s gut!“ antwortete ich. „Sam! Oh Mann! Ich hatte schon befürchtet, wir müssten dich auch noch beerdigen!“ rief Billy erleichtert und griff Sams unverletzte Hand. „So schnell werdet ihr mich nicht los!“ lachte dieser und verzog dann wieder das Gesicht vor Schmerz. „Wir müssen ihn jetzt ins Krankenhaus bringen!“ unterbrach uns der eine Sanitäter und sie brachten Sam weg zu einem weiteren Wagen. Billy Bob und ich sahen wortlos hinterher. Und ich ließ meinen Blick noch einmal über die ganze Szene schweifen. Es herrschte immer noch Chaos, doch die meisten Männer waren versorgt und langsam schien etwas Ruhe in die ganze Sache zu kommen. Ich sah zu Jack rüber. Man hatte ein Tuch über seine Leiche gelegt und ich konnte einen weiteren Wagen sehen, der sich ihm näherte. Aber es war kein Krankenwagen. Auf der Seite prangte ein Kranz und ein Kreuz. Erneut begannen Tränen über meine Wangen zu laufen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)