Harry Osterhase von ReWeJuIs ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Harry Osterhase ~Frau Schmidt, bitte Nummer zwei, Frau Schmidt bitte Nummer zwei.~ Tönte eine monotone Stimme aus den Lautsprechern des Supermarktes und unterbrach "Milo" dabei, als der gerade dabei war seine Angebetete in seine Tasche zu stecken um sie den ganzen Tag mit sich durch die Gegend zu schleppen. Ich hasste dieses Lied. Wer wollte schon ständig einen anderen Menschen an der Backe kleben haben, wenn Alleinsein doch so viel angenehmer, so viel unkomplizierter war? Mit einem entnervten Seufzen setzte ich mich wieder in Bewegung, schlang meine Hände um den Griff des Wagens mit den Einkäufen und Ryuusaki und schob das schwere Ding den Gang hinunter in Richtung Nudeln. „Was hat Light-kun für ein Problem?“, erkundigte sich mein schwarzhaariger Shoppingpartner und studierte konzentriert die Einkaufsliste. Wie konnte Watari einfach so mir nichts, dir nichts in den Urlaub fliegen? Diese Frage stellte ich mir nun zum ungefähr eintausendsten Mal. Wie hatte der liebenswerte, alternde Senior einfach seine Koffer packen und zum Flughafen fahren können mit den Worten: „In einer Woche bin ich wieder da, kümmere dich um Ryuusaki und sorg dafür, dass er noch am Leben ist bis ich wieder da bin!“ Wie konnte er mir das antun? MIR!? Sah ich etwa aus wie ein Babysitter? Denn nichts anderes brauchte L, der geniale Meisterdetektiv, der wahrscheinlich nur deswegen die meiste Zeit barfuß lief, weil er zu dumm war sich selbst die Schuhe zuzubinden! Mir wurde das alles langsam zu blöd! Ich hatte wirklich Besseres zu tun als hier den Aufpasser und Mädchen für alles zu spielen, wie konnte ein erwachsener Mann so absolut unselbstständig sein? Es war wirklich lächerlich, Essen kochen und Wäsche waschen waren hier noch die einfachen Dinge die zu meinen neuen Aufgaben gehörten, an alles musste ich ihn erinnern, ans Zähne putzen, seinen Teller in den Geschirrspüler zu stellen, alle zwei Stunden musste ich ihn fragen ob er aufs Klo muss (Okay, müsste ich eigentlich nicht, aber wenn er mir schon das Gefühl gibt auf ein Kleinkind aufzupassen, behandle ich ihn auch so, Punkt!) und ständig diese Extrawürste mit seinem Süßkram! Oh wie mir das alles auf die Nerven ging! „Nein, alles Bestens.“, gab ich zur Antwort wich aber seinem Blick aus, ich hatte keine Lust auf eine Unterhaltung, ich kam mir auch so schon blöd genug vor. Die Gesichter der anderen Kunden wären ja wirklich witzig gewesen, hätten ihre verwirrten, belustigten oder abfälligen Blicke nicht L und mir gegolten. Warum sie das taten? Warum sie uns anstarrten, als wären wir frisch aus einer Irrenanstalt entlaufen und als warteten sie darauf, dass sich jeden Moment die Jungs mit den weißen Jacken auf uns stürzten? Könnte eventuell daran liegen, dass L auf dem Parkplatz draußen beschlossen hatte, dass er es verdient hätte von mir im Einkaufswagen durch die Gegend kutschiert zu werden. Eigentlich hatte ich nur aus Wut auf diese ganze bescheuerte Situation darauf bestanden, dass er mich zum Einkaufen begleiten sollte, doch im Nachhinein musste ich leider feststellen, dass ich der Einzige war der hierdurch bestraft wurde; ich hatte schon ernsthaft drüber nachgedacht ihn ins Auto zurückzubringen und dort einfach einzusperren bis ich alles erledigt hatte, aber das kam mir dann doch zu hart vor. Irgendwie sah er ja ganz süß aus wie er da so in dem Wagen saß, von dort aus die wildesten Verrenkungen machte wenn er wieder ein Teil entdeckt hatte das auf der Liste stand und einmal wäre er sogar fast aus dem Wagen gefallen, hätte ich ihn nicht gerade noch am Kragen erwischt. Hätte er nicht eine Flasche Ahornsirup in der Hand gehalten, hätte ich vielleicht tatsächlich zugesehen wie er auf seine hübsche kleine Nase fällt, aber allein der Gedanke an die Sauerrei und die Angst davor, dass ich sie vielleicht auch noch hätte aufwischen müssen ließ meine Hand in letzter Sekunde vorschnellen und den kleinen Spinner packen, bevor der sich am Ende noch was brach. „Aber Light-kun macht so ein böses Gesicht.“, stellte die Nervensäge nun fest und so wandte ich mich ihm schließlich doch zu. „Es ist alles in Ordnung. Was kommt als Nächstes?“, gab ich so freundlich wie möglich zur Antwort. „Kann Light-kun Kaiserschmarrn machen?“ Wir standen gerade in der Abteilung mit den gekühlten Fertiggerichten und das süße Gericht aus Teig und Zucker hatte wohl seine Aufmerksamkeit erregt. „Nein, kann er nicht!“, seufzte ich und holte eine Packung aus dem Kühlregal, drückte sie ihm in die Hand und musste über das selige Lächeln das sich nun über das Gesicht des Schwarzhaarigen legte schon fast wieder grinsen. Er war schon irgendwie niedlich… aber nur irgendwie. Kopfschüttelnd packte ich den Griff um den Wagen fester, L bestand trotz seiner skurrilen Essgewohnheiten zwar nur aus Haut und Knochen, aber erstens war ich es nicht gewohnt Leute, in welcher Größe und Gewichtsklasse auch immer, in einem Einkaufswagen durch die Gegend zu schieben (Nicht, dass ich es prinzipiell überhaupt gewohnt war ein solches Gefährt zu bedienen!) und zweitens hatte ich es doch tatsächlich geschafft, den wahrscheinlich einzigen gottverdammten Wagen mit einem kaputten Rad zu erwischen, was das Lenken wirklich zu… einem Erlebnis machte. Eigentlich wollte ich nachdem ich das festgestellt hatte einen Anderen nehmen, was eine absolut logische Reaktion gewesen wäre, aber zu diesem Zeitpunkt hatte L es sich schon im Korb des Ersten gemütlich gemacht und sich geweigert auszusteigen mit den Worten: „Wie würde das wohl für die anderen Kunden aussehen?“ Mir war vor Staunen der Mund offen gestanden über so viel Ignoranz und hatte spontan beschlossen, dass es keinen Sinn hatte mit ihm über diesen Punkt zu diskutieren, da er es wohl tatsächlich nicht als merkwürdig empfand, dass ein erwachsener Mann wie er überhaupt in einem Einkaufswagen hockte. „Haben wir dann alles?“, wollte ich mit ziemlich genervtem Unterton in der Stimme wissen, ich hatte jetzt langsam wirklich genug von seinen Eskapaden, ich wollte nach Hause an meinen Schreibtisch, zu meinem Laptop und in Ruhe eine ganze Kanne Kaffee trinken. „Hmm….ja!“, kam es von dem Ungeheuer aus dem Wagen. Der hatte aber nicht ernsthaft gerade die Packung mit den Zuckerwürfeln aufgerissen!?! „Ryuusaki was soll das?!“, fuhr ich ihn an, allein bei dem Gedanken den ganzen Zucker der am Ende sicherlich in meinem Auto auf dem Rücksitz landen würde, könnte ich aus der Haut fahren. Ich widerstand gerade so dem Drang L die Flasche mit dem Orangensaft an den Kopf zu werfen, schob meine Hände stattdessen in meine Haare und versuchte sie mir nicht alle auf einmal auszureißen. „Was?“, fragte der noch unschuldig, während er sich einen Zuckerwürfel in den Mund schob und in krachend zerbiss. „Warum musstest du…. Ach egal!“ Es war zum Haareraufen! Ich sah bestimmt schon völlig fertig aus. Gerade fuhr eine Mutter mit ihrem Kind, einem kleinen etwa vier Jahre alten Jungen an uns vorbei. „Mami, warum sitzt der Mann da in dem Wagen? Der ist doch viel zu groß! Kann der nicht laufen?“ „Schatz, man spricht nicht über fremde Menschen, auch wenn sie noch so seltsam aussehen.“ „Darf ich wenn ich groß bin auch noch im Wagen sitzen?“ „Nein mein Liebling, ab einem gewissen Alter gehört sich das nicht mehr.“ Mit einem nun wissenden Lächeln drehte sich der Junge ganz zu uns herum und meinte: „He du, ab einem gewissen Alter muss man selber laufen!“ L sah den kleinen Jungen nur verständnislos an und erwiderte: „Definiere gewisses Alter!“ Nun schien es der Mutter des Jungen zu reichen, mit einem gezischten „Du sollst nicht mit fremden Menschen reden!“ schob sie ihren Wagen weiter und verschwand hinter einem hohen Regal. „Du Ryuusaki, die beiden haben recht, das gehört sich wirklich nicht…“, traute ich mich nun auch zu sagen, erhielt aber wie bereits erwartet einfach keine Antwort. Aber dafür war das Ende nun zum Greifen nah! Obwohl… oh nein…ich hatte die Süßwarenabteilung vergessen! Dieser verdammte mindestens zehn Meter lange Bereich, bestehend aus drei unterschiedlichen Regalreihen, angefüllt mit den verschiedensten Naschereien trennte mich vor meinem Ziel und wenn ich den Ausdruck in L´s leuchtenden Augen richtig deutete, war ein Ende noch lange nicht in Sicht! Ich würde jetzt wirklich gerne den Freitod sterben, aber die einzige Möglichkeit diesen herbeizuführen waren die Kühltruhen mit dem Tiefkühlgemüse zu meiner Rechten und das würde mir jetzt einfach zu lange dauern, wahrscheinlich wäre ich noch bevor ich erfroren war an Langeweile gestorben, während L vor der Truhe hockte und sich Aufzeichnungen über die einzelnen Stadien des Erfrierens machte. Womit hatte ich das verdient? Leider gab es auch keine Möglichkeit die Süßwarenregale zu umgehen wenn ich zur Kasse wollte, wer immer diese Regalanordnung geplant hatte, hat definitiv keine Kinder! Seufzend ergab ich mich in mein Schicksal und setzte den Wagen, der immer wieder protestierend ruckelte in Bewegung. Ich versuchte mich zwar möglichst in der Mitte der Regale und L so nach Möglichkeit außer Reichweite der verlockenden Süßigkeiten zu halten, aber ich hatte die Rechnung ohne den Osterhasen gemacht. Wir hatten gerade mal Anfang Februar aber diese geldgeilen Wahnsinnigen hatten mitten im Gang einen riesigen blauen Osterhasen aufgestellt, schön bunt mit lauter kleinen Fächern auf seinem Bauch, in denen hunderte, nein bestimmt tausende kleiner, mittlerer und großer Osterhasen standen und darauf warteten, von irgendwelchen kleinen Monstern gepackt, in einen Einkaufswagen gesteckt und zu Hause unter viel Geschmatze und Geschmiere gegessen zu werden. Widerlich! „Light-kun? Ich möchte einen Harry-Osterhasen haben.“, kam es auch schon aus dem vermaledeiten Wagen, als hätte ich es nicht kommen sehen. „Nein, du hast jetzt schon die Würfelzuckerpackung aufgerissen, mir reicht es schon, wenn ich später mein Auto durchsaugen muss, Schokoladenflecken auf den Sitzen muss ich nicht auch noch haben!“, erwiderte ich entschieden und lenkte den Wagen so weit nach links wie es in dem schmalen Gang möglich war, auch wenn so das Regal mit den Gummibärchen in gefährliche Nähe rückte, was dem schokoladengeilen Detektiv aber gerade gar nicht auffiel, fixierte der doch immer noch den großen blauen Osterhasen, der freundlich zu uns herübergrinste. „Aber ich liebe Kinderschokolade und dieser Hase ist außen braun und innen weiß!“, wurde mir erklärt, was mich allerdings nicht mehr als der berühmte Sack Reis in China interessierte, nicht mal, wenn der zusammen mit dem nicht minder bekannten Fahrrad zur selben Zeit umfallen würde. „Schön, es gibt jetzt trotzdem keine Schokolade.“, wies ich ihn zurecht und setzte meinen Weg so schnell ich konnte fort. Nur noch zwei Meter, dann hatte ich das gröbste hinter mir! Jetzt sind wir mal ehrlich. Der Kerl ist erwachsen und im Prinzip kann ich ihm eigentlich nichts verbieten noch dazu, da alles was sich in dem Einkaufswagen befindet ihm gehört und auch von seinem Geld bezahlt wird. Ein ansatzweise normaler Mensch (auch wenn ein solcher schon von Haus aus nicht in diesen Wagen geklettert wäre, aber das sei jetzt mal dahingestellt), würde einfach aufstehen, aus dem Wagen steigen und sich nehmen was er will… oder? Nicht so L. Oh, er stand wohl auf, das schon, aber er dachte gar nicht daran aus dem Wagen zu klettern, er hielt sich einfach mit einer Hand am Metall des Korbes fest, lehnte sich so weit er konnte nach vorne und versuchte einen der großen, oberen Hasen zu ergreifen. Muss ich sagen, dass der Wagen dabei noch weiter nach links wegrutschte als das kaputte Rad sich längs stellte, mir der Griff aus den Händen rutschte und L mit wild rudernden Armen nach vorne kippte? Das könnt ihr euch sicherlich selber denken. Aber was erwähnenswert ist wie ich finde, war meine selbstmörderische Rettungsaktion! Natürlich ging mir der Idiot auf die Nerven, aber wenn er sich jetzt den Hals brach… Auf jeden Fall schaltete ich sofort als ich spürte, wie ich die Gewalt über den Wagen verlor, ließ den Griff los und hechtete nach vorne zu dem schwarzhaarigen Freak, der mit einem glücklichen Lächeln seinen Osterhasen gepackt hielt und scheinbar gar nicht merkte wie es abwärts mit ihm ging. Mit voller Wucht knallte ich mit der Schulter gegen den blöden Monsterhasen, riss ihn mit meinem Schwung um und kippte mit L, den ich gerade so zu fassen bekommen hatte in einer Lawine aus blauen Schokohasen zur Seite um und prallte ziemlich schmerzhaft auf dem Boden auf. Wahrscheinlich war es mein Glück, dass ich in dem Kuddelmuddel die Orientierung verloren hatte und so mit L auf meinem Bauch auf dem Boden gelandet war, so bekam wenigstens er die meisten der umherfliegenden Hasen an die Rübe geknallt und nicht ich, allerdings war das nur ein kleiner Trost. Keuchend sah ich mich um als das Prasseln der fallenden Viecher endlich ein Ende gefunden hatte. „Alles in Ordnung Ryuusaki?“, wollte ich von dem jungen Mann wissen, der seelenruhig auf meinem Bauch lag und gerade seine Beute aus der Zellophan Hülle befreite, um ihr anschließend ein Ohr abzubeißen. „Hmmm… köstlich!“, war seine Antwort, ihm schien gar nicht bewusst zu sein was er angerichtet hatte. „Willst du auch mal?“, fragte er dann und hielt mir den Hasen unter die Nase. „Im Leben nicht! Was denkst du dir eigentlich?“, motzte ich und starrte dem Anderen ungläubig ins Gesicht. Plötzlich änderte sich der Ausdruck in den dunklen, fast schwarzen Augen über mir. „Ich denke, dass Light-kun heute besonders gut aussieht.“ „Hm?“ Jetzt war ich verwirrt. „Ja wirklich… zum anbeißen…“ Was sollte das denn jetzt? Irritiert beobachtete ich, wie L´s Gesicht meinem immer näher und näher kam. „Ryuusaki, ich…“ Mein Herz klopfte mir bis zum Hals und auf einmal, war in dem ganzen verdammten Supermarkt nicht ein Quäntchen Sauerstoff mehr für meine Lungen zu finden, ich bekam keine Luft! „Ja?“ Wie konnte er nur in solch einer Situation so ruhig bleiben? Jetzt trennten mich nur noch wenige Zentimeter von L´s Lippen, wie sollte ich mich jetzt verhalten? Was… „Halt mal kurz still…“, flüsterte mir der Mann über mir zu und kam tatsächlich noch näher. Meine Hände zitterten, ich hätte ihn nicht mal wegschieben können wenn ich es gewollt hätte. Aber ich wollte ja gar nicht. Oh mein Gott! Wir lagen hier mitten in einem Supermarkt auf dem Boden und gleich würde L mich… Plötzlich schoss die kleine rote Zunge aus L´s Mund hervor und leckte mir über meine Wange. „Da war Schokolade Light-kun, danke, dass er sie für mich aufgefangen hat.“ Und dann erhob sich der Detektiv, ignorierte das Chaos, dass er sowohl im Gang des Marktes, als auch in meinem Körper hinterlassen hatte, kletterte zurück in den Wagen der einfach ein paar Meter weitergerollt war und blickte sich danach ungeduldig zu mir um, während er dem Hasen nun das zweite Ohr abbiss. „Worauf wartet Light-kun noch? Zum Schlafen hat er später zu Hause noch genug Zeit!“ Das war doch nicht zu fassen! Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)