Gegen die Zeit von -Titania- (don't die before I do) ================================================================================ Kapitel 1: Camala ----------------- Der Besprechungsraum hinter dem Aufzug der Normandy war beinahe gut gefüllt für seine Verhältnisse. Auch wenn sich das Raumschiff lautlos durch das All bewegte, konnte man leise den Antriebskern unter dem Kampfinformationszentrum hören. Professor Mordin Solus ging auf und ab, unruhig wie immer. Miranda hatte die Arme vor dem Brustkorb verschränkt und warf Shepard kritische Blicke zu, während Garrus an der Wand lehnte und nicht sonderlich überrascht wirkte. Überrascht war vermutlich keiner von ihnen, aber ein Teil war doch verärgert, zumindest aber besorgt. Joker saß auf dem Tisch und wartete auf erste Reaktionen. Der Rest des Teams war in Position, damit Thane nichts davon mitbekam. Jacob kümmerte sich persönlich darum, den Drell abzulenken. „Wir haben keine Zeit dafür, Shepard. Die Reaper sind auf dem Weg hierher! Auch wenn die Allianz noch nicht soweit ist, uns zu glauben, wir könnten trotzdem..!“ Miranda wurde von dem Turianer unterbrochen, der sich räusperte und von der Wand abstieß. „Bis zu ihrem Gerichtstermin wird ihr sowieso niemand glauben. Wir haben also einen Monat Zeit. Mindestens. Wenn wir uns richtig organisieren, kann Shepard trotzdem nach einem Heilmittel suchen, während der andere Teil von uns sich auf das Wesentliche konzentriert.“ Natürlich war Miranda von dem Vorschlag nicht begeistert. Sie brauchten Shepards Führung, weil niemand sich ‚Loyalität erkaufen konnte‘ ausser ihr. Die Meinungsverschiedenheiten von den verschiedenen Teammitgliedern, den verschiedenen Kulturen auf dem Schiff, waren vor dem Selbstmordkommando zwar temporär beigelegt worden, aber sie alle wussten, dass die Streitereien wieder ausbrechen würden, wenn Shepard kein Auge darauf hatte. Außerdem lief ihnen die Zeit davon. Selbst wenn der Rat ihnen nicht glauben wollte, konnten sie sich schon mal darum bemühen, Unterstützung einzufordern. Von Cerberus konnte man keine Hilfe mehr erwarten, wenn er sich nicht gar als Feind entpuppte! Sie hatte keinen Zugriff mehr auf seine Datenbanken. Nachdem sie sich nicht darum bemüht hatte, Shepard davon abzuhalten die Basis zu zerstören, war jeweiliger Kontakt zum Unbekannten abgebrochen. „Du musst dich auf die Mission konzentrieren, Shepard! Und all das hinter Krios Rücken zu machen ist nicht richtig! Er wird das bestimmt nicht wollen.“, blaffte die Schwarzhaarige und suchte Bestätigung in den Gesichtern der anderen Anwesenden, doch da war nichts. Die Blicke wandten sich wütend gegen sie, weil sie als einzige versuchte, Shepard zur Vernunft zu bringen. Wütend zischte Miranda auf und machte eine wegwerfende Handgeste. War sie denn die einzige, die Objektiv blieb? Shepard hatte die ganze Zeit geschwiegen und das Augenmerk des Teams ruhte nun wieder auf ihr, mitleidig, aber bereit, für sie alles zu tun. Jeder von ihnen würde für sie durchs Feuer gehen, so wie sie für jeden von ihnen. Vermutlich sprach Garrus für alle, als er einen Schritt auf die Rothaarige zutrat und ihre Schulter berührte. „Wir sind für dich da, Shepard. Sag uns nur, was zu tun ist.“ Jeder von ihnen wäre wohl dankbar, endlich auch etwas für sie persönlich, tun zu können. Sie durfte nicht immer selbstlos sein. Und wenn sie alle wollten, dass Shepard die Galaxie vor den Reapern rettete, wurde es Zeit ihr zu helfen, den Kopf dafür auch frei zu bekommen. Doch Mirandas Einwand ließ sie zögern. „Miranda hat recht.“, sagte sie leise und fuhr sich durch die Haare. „Ich habe eigentlich keine Zeit dafür.“, murmelte sie und suchte Mordins Blick. „Und ob es ein Heilmittel geben kann ist auch fraglich, oder?“ Angeblich saßen schon zahllose Hanarforscher an der Problemlösung. Sie wusste aber nicht wie intelligent das Volk wirklich war. Mit Thane über das schweigsame Volk zu reden, endete meist in Verehrung. Er ließ sich auf Diskussionen nicht ein. Der Drellstolz und die Schuld, die sie zu begleichen hatten, machten ihn unzugänglich. Mordin Solus lächelte. Shepard hätte gerne behauptet, dass sie das Lächeln des salarianischen Professors entwarnte oder beruhigte, aber Mordins Lächeln bedeutete nicht immer etwas, was sie gutheißen konnte. „Nicht unmöglich, Shepard. Heilmittel für Kepral-Syndrom nicht komplexer als Genophage. Habe schon erste Experimente und Datenanalysen gestartet. Brauche noch einen Tag Zeit. Habe schon eine Idee. Wird nicht einfach, aber nicht unmöglich. Haben schon unmöglichere Dinge getan.“, sagte er und ging dabei auf und ab. „Mache gleich weiter. Kommen sie heute Abend ins Labor. Zeige ihnen dann, was wir brauchen.“, sagte er und verließ den Besprechungsraum eilig, unter dem irritierten Blick des Commanders. Joker lachte leise über Mordins eiligen Abgang. Vermutlich, damit Shepard nicht auf die Idee kam, ihn aufzuhalten. Er hatte den Professor immer als reichlich kurios befunden, aber heute hatte er einige Sympathiepunkte bekommen. Jeff ‚Joker‘ Moreau, der Pilot der Normandy, der niemals von Shepards Seite gewichen war, stand auf - jedoch vorsichtig. „Also Commander, ich schlage vor zur Citadel zu fliegen und den anderen Krios zu besuchen. Unter dem Vorwand die Normandy etwas aufzustocken, können wir da sicher ein paar Wochen halt machen.“ Er deutete mit einem Nicken auf Miranda, die ja ganz unmissverständlich dagegen war und hob die Schultern. „Dann kann Miss Lawson ja gerne mit ein paar anderen da bleiben, um sich um das Wesentliche zu kümmern.“ Er verdrehte die Augen und Shepard verkniff sich das Zucken ihrer Mundwinkel unter höchsten Bemühungen. Sie mochte Joker wirklich gerne. Er war nur hin und wieder etwas zu unvernünftig. Auch, wenn sie ihm unglaublich dankbar war für seine Hilfe. „Falls Thane misstrauisch wird, wohin du immer wieder verschwindest..“ Liara fasste sich ans Kinn. „Ich lasse Feron auch auf der Citadel bleiben. Sein Sohn und er werden ihn sicher ablenken können. Und ich könnte behaupten, dass ich dich für ein paar wichtige Dinge brauche.“, sagte sie und lächelte. „Ich werde dir über das Netz des Shadowbroker durch Agenten helfen. Sofern das subtil möglich ist. Aber es gibt bereits erste Forschungsergebnisse von selbstständigen Instituten. Außerdem haben Solus und ich uns für eine synthetische Lunge schon kurzgeschlossen. Dr. Chakwas weiß bescheid. Sie hat ihn zu wöchentlichen Untersuchungen verdonnert, unter dem Vorwand dir so lange wie möglich beistehen zu können.“ Shepard war .. überrumpelt. Sie sah in die Gesichter ihrer Freunde und war einfach nur überfordert. Sie hatten schon alles durchgeplant und sich organisiert! Und all das, in der einen Nacht, die sie darüber geschlafen hatte?! Sie wusste nicht, was sie sagen sollte! „Sag gar nichts, Shepard.“, erklang Liaras Stimme amüsiert. Die Asari drückte ihr ein paar Karten in die Hand und wandte sich ab, zu gehen. Bevor Shepard dazu kam, die Karten, die sie gerade überreicht bekommen hatte, zu analysieren, erklärte sich die neue Shadowbrokerin bereits und verkniff sich ein Kichern. „Eine kurze Reise in die Wüsten. Ihr solltet nicht warten.“ Shepard runzelte die Stirn und suchte den Blick ihrer Freundin. Sie würde sie jetzt nicht fragen woher sie wusste, das Thane und sie geplant hatten, die Wüste zu besuchen. Der Shadowbroker wusste alles und sie würde sich hüten jemals einen Tagebucheintrag zu schreiben. ~*~ Sie kam sich reichlich albern vor. Seit Kasumis Auftrag hatte sie nie wieder ein Kleid auch nur in Betracht gezogen, aber die Sonne über ihnen brütete wie verrückt und sie war dankbar über jeden Windhauch, der ihre Beine unter dem langen, leichten Kleid umspielte. Camala. Wieso ausgerechnet Camala? Die Batarianer beäugten sie mit Argwohn und Shepard warf die kritischen Blicke zurück. Sie konnten von Glück reden, dass sie nicht jeder sofort erkannte. Hier waren viele Söldner der Blue Suns aktiv und sie hatte keine Lust auf eine Schießerei, in dem wohl einzigen Urlaub den sie jemals haben würden! Es gab nicht mehr viele Drells. Thane kannte man, weil er der berüchtigte Drellattentäter war. Und sie? Sie wollte den Gedanken nicht ausführen. Vermutlich hätte sie auf dem Absatz kehrt gemacht, wenn sie an all die Komplikationen dachte. Zumindest aber hätte sie die Pistole unter ihrem Kleid gegen eine Schrotflinte ausgetauscht. Darauf hoffen das man sie noch für Tot hielt, konnte sie sicher nicht mehr. Cerberus hatte ihr Kopfgeld sicher verdreifacht. Und wenn sie an all die Attentäter dachte die ihren Urlaub stören konnten wurde ihr wieder schlecht. Sie zuckte zusammen, als sich raue Fingerkuppen von hinten auf ihr Kleid legten. Als der kräftige Körper des Drells aus dem Schatten, hinter ihr, zum Vorschein kam, hob sie den Kopf und stieß ein leises Seufzen aus. Er war lautlos. Wie ein Schatten, der nicht gesehen, nicht gehört wurde. Ihr Herz hämmerte einen Augenblick lang unruhig gegen ihre Brust. Sie konnte nicht sagen ob es an dem Schrecken lag, oder an dem Mann selbst, der den Kopf zu ihr hinab senkte und die Nase in ihren Haaren vergrub. Unruhig machte sie vor allem der starke, sehnige Körper, der sich an ihren lehnte und … halt! Das war es nicht! „Du machst dir Sorgen, Siha.“ Das dunkle Vibrieren in seiner Stimme ließ Shepard schwanken. Es lag ganz eindeutig an ihm. Sie war sich für einen Moment ganz sicher, doch der Blick auf die endlosen Dünen, brachte sie zurück in die Realität. Sie konnte förmlich hören, wie Mordin sagte - Verstehe schon. Hormone. mit seiner pragmatischen Weltanschauung und ihr die Laune verdarb. Das Gespräch würde sie nie wieder vergessen und dafür brauchte sie nicht einmal ein Drellgedächtnis. Als er ihr eine Tasche voller Salben und Tabletten überreicht hatte war sie ganz schnell aus seinem Labor geflohen. Seine Predigt über mögliche Halluzinationen hatte sie wirklich nicht hören wollen. Als seine Lippen sich auf ihren Hals pressten, hob Shepard den Blick und sah in seine großen, schwarzen Augen. Er ließ sich zu solchen Gesten nicht hinreißen. Nicht in der Öffentlichkeit. Eigentlich so gut wie gar nicht. Er wollte sie wachrütteln und ihre Alarmglocken schrillten sofort auf, als Thane ihren Blick erwiderte. „Wir werden beobachtet, Siha.“, flüsterte er leise gegen ihre Haut und sie versuchte das angenehme Vibrieren auszublenden, während sie unauffällig suchte. Sie waren gerade mal 16 Stunden hier und hatten acht davon im Hotel, unter falschen Namen und Ausweisen, verbracht! Thane drehte sie um und strich mit den Händen über ihren Rücken. Er fuhr die Linie ihrer Wirbelsäule hinab und beugte sich zu ihr runter, als würde er sie Küssen. „Wo hast du deine Waffe?“, fragte er und sammelte ihr Kleid in seinen Händen, während die Rothaarige bereits die Finger unter seinen Mantel geschoben hatte, um die Pistole an seinen Lenden aus der Halterung zu lösen. Wenn es Söldner waren, warteten sie vermutlich bis sie aus dem Schatten des Hoteleingangs hervor getreten waren, oder bis die Verstärkung von innen anfing zu Feuern. Sie sah über die Schulter des Drells hinweg ins Innere. Zwei Männer kamen gerade aus dem Aufzug. Sie führte Thanes Hand an ihrer Hüfte hinab, bis zu ihrem rechten Oberschenkel, wo er ihre Waffe fand. „Ich wusste, dass es keine gute Idee war.“, murmelte Shepard leise und zog die Waffe in derselben Sekunde wie er und begann sofort zu Feuern, als die Türe aufging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)