It all just had started in a wrong way... von -NyappyNagisa- (Kaoru x Kyo) ================================================================================ Kapitel 3: …Und der Heilung, die ich mir erhofft hatte. ------------------------------------------------------- Und ich wusste, warum mir dieses Mal der blutrote Himmel nicht gefallen hatte, ja sogar tiefes Grauen eingejagt hatte: Denn dieses Mal, hatte er dieselbe Farbe, wie du zu meinen Füßen. ~ Traumloser Schlaf... Bildlose Erfahrungen… Erdrückende Einsamkeit, ohne wirklich anwesend zu sein… Es kam oft vor und war schlimmer als jeder Alptraum. [Kaorus Perspektive] Wie lang ich wohl schon hier saß, dem Regelmäßigen Piepen lauschte und versuchte, nicht vollkommen wahnsinnig zu werden? Mein Blick ging zu der Uhr an der anliegenden Wand, analysierte die Zeit und brachte mich dazu, meine Haltung zu verbessern und mich gerade hinzusetzen. Ich wollte schon vor einigen Stunden raus hier, Eine rauchen oder irgendetwas Essbares suchen…Doch dazu war es nie gekommen. Schon seit fast drei Tagen nicht mehr. Nur drei Tage…Es kam mir so viel länger vor. Ein Seufzen verließ mich, ehe ich dich ansah. Wie sooft in den vergangenen Tagen. Wir kannten uns doch kaum und dennoch fühlte sich mich dir so verpflichtet. Gerade jetzt, wo du so vollkommen friedlich vor mir lagst, bis zu deiner schlanken Hüfte zugedeckt, mit einem freien Oberkörper, der nur etliche Kabel und wenige, jedoch tiefe Narben zeigte. Narben an deiner Brust… Wieder seufzte ich, strich mir selbst mit offenen Händen übers Gesicht. Ich war müde. Todmüde, um ehrlich zu sein. Doch wenn ich versuchte einzuschlafen, hatte ich Angst, dass du mir in dieser Zeit wegsterben würdest, und brachte mich dazu, die Augen offen zu halten. Zwar war bisher nichts weiter passiert, außer das gelegentlich eine Schwester oder ein Arzt in diesen klinisch sauberen Raum trat, dennoch konnte ich meinen Geist einfach nicht beruhigen. Ich wollte ausharren. Bei dir. Solange, bis du deine Augen öffnen und mich wieder wie vorher verachtend ansehen würdest, bis ich sicher sein konnte, dass wir uns wieder sehen würden, dass ich noch einmal deine Stimme vernehmen durfte… Das klingt so kitschig. So widersprüchlich, doch was sollte ich schon dagegen tun? Gerade jetzt, wo Niemand da war und ich das Gefühl hatte, jeden Moment in der anliegenden Nervenklinik zu landen, konnte man doch ruhig seine eigene, kleine Telenovela spinnen, oder etwa nicht? Ich hielt mir die Augen zu und atmete tief durch, hoffte meinen Körper unter Kontrolle zu bekommen, doch konnte ich genau das seichte Zittern in jedem meiner Glieder verspüren, bemerkte, wie jeder Knochen in meinem Körper schmerzte und ich mich am liebsten in Embryonalhaltung auf den Boden legen und nur noch heulen wollte. Dein Zustand machte mich so fertig, zog mich mit hinunter…Am ersten Tag hatte ich mir ausschließlich Vorwürfe gemacht. Warum ich dich nicht begleitet hatte; warum ich erst kam, als die Täter schon fort gewesen waren; warum ich meinem Gefühl nicht sofort auf die Schliche gekommen war… Die eine Schwester hatte mir an diesem Tag empfohlen, nach Haus zu gehen. Sie würden mich schon kontaktieren. Von wegen. Kaum hatte ich die Klink verlassen, hatten mich schon panikähnliche Zustände eingeholt und ich war wieder auf dein Zimmer gestürmt, nur um zu sehen, dass sich bei dir nichts verändert hatte. Seitdem saß ich nun hier und vegetierte mehr oder minder vor mich hin, ohne, dass sich etwas veränderte oder Jemand zu Besuch kam. Wo war nur deine Familie? Und was Meine wohl dachte? War ja auch egal…Die hatte sich sicherlich schon etwas ausgedacht, wie ich ihn kannte. Emotionslos betrachtete ich nun den Bildschirm mit deiner Herzlinie, die monoton dasselbe Bild und im selbigen Rhythmus jenes Geräusch von sich gab und anscheinend nicht die Güte besaß, meine Nerven zu schonen, jedoch die Gewissheit schenkte, dass mit dir alles okay war. Na ja, sofern man es als ‚okay’ bezeichnen konnte, schließlich hattest du nicht nur ein Loch im Kopf, sondern auch etliche Knochenbrüche und Blutergüsse, sowie eine aufgeplatzte Lippe. Und obwohl die Ärzte am Tag der Einlieferung meinten, dass du bald aufwachen solltest, hattest du es bis jetzt noch nicht getan. Was hielt dich nur auf? War es vielleicht mehr gewesen, als sie mir verraten wollten? Oder warst du schon längst wieder erwacht und wolltest mich nur quälen, bis ich schlussendlich wirklich in der Nervenklinik landen würde? Wenn es Letzteres war, würdest du wohl recht bald siegen… Ich ließ meine Hände wieder sinken, besah sie auf meinem Schoß. Ich hatte gebetet. Gebetet, doch wofür? Es hatte nichts genutzt. Du wärst fast verblutet und das nur, weil irgendwelche Pfosten dich als perfektes Opfer angesehen hatten? War das fair? „Nein…!“ Dieses Mal hatte ich meinen Kopf in meine Hände gelegt, mich zusammengekauert und rang damit, nicht auf der Stelle die gesamte Welt zu verfluchen und ‚Gott’ auf jede erahnenswerte Art und Weise in den Dreck zu ziehen. Würde es doch eh Niemand vernehmen… Gerade, als sich eine Hand auf meine Schulter legte, jaulte ich erschrocken auf und riss den Kopf hoch, um in das Gesicht der Person zu sehen, der diese Hand gehörte. Doch das Einzige, was ich sah, war die Farbe rot. [Dies Perspektive] Wir hatten uns nichts dabei gedacht, dass die Beiden auf einmal gefehlt hatten. Also Kaoru und Kyo, selbstverständlich. Also ich persönlich konnte schon verstehen, dass man mal in der Schule fehlte. Mein bester Freund war ja sowieso in letzter Zeit ziemlich fertig – was an unserem kleinen Blonden lag – und Kyo war mir sowieso ein ziemliches Rätsel, was ich mir vorgenommen hatte zu lösen. Wie auch immer, als dann jedoch heute nach der Schule Herr und Frau Niikura vor der Schule auftauchten, ahnte ich schon Schreckliches, denn sofort fuhren sie mich mit Fragen an, die für mich selbst noch im Dunkeln lagen. Doch was sollte man schon sagen, wenn man selbst nicht wusste, wo der beste Freund hin war? Man log die geschätzten Eltern jenes Freundes natürlich ohne rot zu werden an und trommelte sämtliche Bekannte zusammen – eigentlich nur Toshiya und Shinya - um irgendeinen Hinweis darauf zu bekommen, wo er stecken könnte. So waren wir also eine ganze Weile in der Stadt unterwegs, den Weg von der Schule aus vollkommen ausgelassen, bis uns schließlich ein einleuchtender Geistesblitz traf: Fragen wir doch mal in dem städtischen Krankenhaus nach! Um ehrlich zu sein lag es eher an Shinyas Sorge, von wegen, dass sich Toshiya beim Kopfanstoßen an irgendeiner Kante in der Schule eine Gehirnerschütterung zugezogen haben sollte. Zufällig waren wir dann auf den Namen ‚Kyo’ gestoßen, als wir durch das Krankenhaus geschlendert waren. Ich hatte mich daraufhin von den Beiden ausgeklinkt, eine charmante Schwester gefragt, ob sie denn von einem geheimnisvollen Blonden und einem vollkommen übermüdeten Schwarzhaarigen gehört hatte und die beiden schließlich gefunden. Ob ich mir Gedanken über die Situation gemacht hatte? Eigentlich nicht, nein, ich wusste nur, dass es etwas Ernstes sein musste, wenn man die Beiden in einem Krankenhaus wieder finden sollte und hoffte innerlich, dass nicht Kaoru derjenige war, der hier liegen sollte. So war es dann auch nicht. Doch auch diese Gewissheit gefiel mir nicht. Wie er dort saß...Abwesend…Verängstigt…Zitternd. Es war, als wäre ich durch diese Tür in einer grauen und trüben Welt gelandet. Eine Welt, die ganz und gar nicht meiner Vorstellung entsprach. Ich weiß gar nicht, wie lange ich mich wie ein Alien gefühlt hatte, ehe meine Beine sich aufgerappelt und sich in Bewegung gesetzt hatten…Ich konnte nicht mit ansehen, wie er vor meinen Augen an diesem Blonden zerbrechen würde, wollte ihn aus diesem grauen Dasein herausziehen, wieder in die farbige Welt stecken…Doch da sah ich schon sein Gesicht. Dieser Gesichtsausdruck, den ich an ihm nur sehr selten erleben durfte. Als hätte ihn eine böse Wahrheit eingeholt in der Gestalt seiner schlimmsten Träume, die ich lieber nicht erwähnen wollte. „Kaoru…Hey…Was ist denn passiert?“ Ich fasste seine Schulter, erwartete irgendeine Reaktion. Mehr wollte ich nicht. Nur wissen, dass der Gitarrist mit Leib und Seele, den ich kannte, noch anwesend war oder nur eine kaputte Hülle vor mir hockte, was ich anfangs wirklich gedacht hatte, da er mich wirklich lange so verschreckt angestarrt hatte… „Die…“ Sichtlich erleichtert, mich erkannt zu haben, konnte ich ein seichtes Schmunzeln auf seinen Lippen aufkommen sehen, ehe sich sein Blick wieder dem Verletzten zuwandte. „Was soll schon passiert sein? Kyo wurde…Zusammengeschlagen.“ Er sah mich nicht an, schien aber auch jenen Körper nicht betrachten zu wollen. Hatte er seine Augen überhaupt noch auf? Vom Schatten im Schatten konnte man schließlich nichts unterscheiden. Wie von selbst drückte ich also diesen verwuschelten Haarball behutsam an mich und legte mein Kinn sanft auf Diesen nieder. Ich wollte ihm mit dieser Geste einfach zeigen, dass er nicht allein in dieser Situation war; dass er es nicht allein durchstehen musste. Ohne ihn fragen zu müssen, wusste ich schon genau, dass er die ganzen Tage hier gehockt haben musste. Allein mit sich und seinen Gefühlen… „Du brauchst eine Pause, Kao. Noch ein bisschen mehr und du krepierst hier noch. Willst du das denn?“ Sorgen brodelten in mir auf. Brüderliche Sorgen, auch wenn wir nicht ähnliches Erbgut in uns trugen, wir brauchten nun mal einander und kümmerten uns auch um einander. Wie sollte man da schon solch innige und ehrliche Gefühle verdrängen? Bevor er jedoch, nachdem er meiner Aussage entsprechend seinen Kopf geschüttelt hatte, irgendetwas erwidern konnte, hatte ich ihn schon zum aufstehen gebracht und stützte ihn nun ein wenig. „Mach dir mal keine Sorgen. Geht du erstmal nach hause, iss was und schlaf dich aus, ich halt Wache, okay?“, aufheiternd lächelte ich dem Großen entgegen, versuchte ihm ein gutes Gefühl zu geben, damit er später abschalten konnte. Jetzt zu sagen, dass ich mir vorstellen könnte, wie schlimm es für ihn sein musste, wäre eine glatte Lüge. Ich hatte keine Ahnung, welche Hölle er durchgemacht haben musste und doch beherrschte mich der Wille, ihm etwas dieser Last abzunehmen – Zu seinem Besten. Widersprüche ließ ich nicht gelten. Genauso wenig wie Lügen. Schule konnte man später immer noch nachholen, meine Eltern interessierten sich sowieso nur wenig für mich, wenn sie denn überhaupt mal da waren. Einmal zum Arzt gelaufen und das Thema war geklärt. „Und was ist, wenn-…“ „Kein ‚wenn’, geh. Jetzt sofort. Ich ruf dich auch an, wenn er wieder bei Sinnen ist.“ Kurz vor der Zimmertür stoppten wir, – ich hatte ihn vorsichtig immer wieder in diese Richtung gestupst und dabei leicht geschoben – ehe sich Kaoru ungehindert zu mir umwandte. Auch wenn kein Wort über seine Lippen sprang, konnten seine trüben Augen Bände sprechen. Unsere Freunde staunten schon immer über die Verbindung, die wir zu einander aufgebaut hatten. Wie wir uns immer einen Spaß machten und den Satz des Anderen beendeten. Wie wir uns stundenlang schweigend anstarren konnten und doch so viel zwischen den wenigen Zentimetern zwischen uns geschah, dass man hätte mehrere Filme aus diesem Stoff drehen und etliche Fortsetzungen dazu spinnen konnte. Ohne Worte. Lautlos. Wie eine Laterne getragen vom Wind. Abhängig und doch unabhängig voneinander. Ein wunderschöner und gleichzeitig Furcht erregender Gedanke. Genau dies spielte sich wie sooft zwischen uns ab. Ich wusste sofort, was er sagen, aber nicht aussprechen konnte, was er tun wollte, aber nicht schaffte…. „Ist ja gut, ist ja gut. Jetzt hau schon ab, Spinner.“, ich konnte nicht anders als leise zu kichern, die Tür zu öffnen und den Schwarzhaarigen aus dem Zimmer zu stoßen. „Mach, dass du wegkommst“, ein Augenzwinkern meinerseits, „…und pass auf, Shin und Toshi lauen hier irgendwo auch noch auf dich.“, und damit war die Tür auch schon wieder geschlossen. Jetzt galt es sich um ihn zu kümmern. Hoffen wir mal, dass es nicht all zu lang dauern sollte… „Dann mal ran an die Arbeit~!“ ~*~ Ich war wirklich nie der geduldigste Typ Mensch, der hier auf Erden wandelte. Mittlerweile bereute ich es sogar, meine Zeit hier freiwillig ohne irgendwelche Begleitung absitzen zu wollen. Niemand, mit dem man sich beschäftigen konnte, keiner zum Reden oder sonst was. Nur eine leblose Puppe und ich. Teilweise hatte ich mir sogar den Spaß gemacht, mit dem Blonden zu reden, als wäre er schlicht eine Pflanze, die im Raum herumstand; hatte in sämtlichen Schränken herumgewühlt, dämlich aus dem Fenster gestarrt und überlegt, wo eigentlich die Klamotten des Jungen steckten. Hatte Jemand sie vielleicht mitgehen lassen? Oder hatte man sie verbrannt? Vielleicht hatte Kaoru allerdings auch solchen Hunger gehabt, dass er sie kurzerhand verschlungen hat. Ich sollte ihn demnächst einmal fragen… Jedenfalls hatte ich etwas Unterhaltsames gesucht, nicht gefunden und war wohl auf die unbequemste Art und Weise, die es in diesem Universum gab, auf einem Stuhl eingeschlafen und würde wohl nach dem Erwachen solche Schmerzen haben, das ich lieber nicht daran denken würde… So wurde ich ganz und gar in die mir unbekannte, surreale Welt gezogen, von der man meinen könnte, dass sie meinem Verstand entsprungen und sich in Bildern manifestiert hat, von der ich jedoch genau behaupten kann, mir niemals so etwas ausgemalt zu haben: Dem fremden Herzen entsprungene Melodie drang in meine tauben Ohren, lockte mein Sein aus der Dunkelheit, die mich wie ein unüberwindbarer Vorhang umgab und schenkte meinen Augen Licht. Doch zu was waren Augen gut, die nichts erblickten? Mich liegend wieder findend, setzte ich mich auf, bemerkte, dass ich etwas in den Händen hielt. Etwas Warmes, Lockeres…Feuchtes? Sofort wollte ich sehen, was es war, wurde von der Wahrheit überrascht. Es war Erde. Rötliche, körperwarme Erde, die einen süßlichen Geruch verbreitete und meine Nase verzückte. Was war das hier? Es schien mir wir ein Garten Eden…Nur ohne Pflanzen oder Bewohner, was mich nachdenklich stimmte, da der Boden immer wieder umgegraben zu werden schien. Die Wärme drang in meinen Körper ein, erfüllte ihn, ließ mich im Traum träumen, so lehnte ich mich wieder zurück, wollte noch etwas die Sonne genießen, bis mir Folgendes auffiel: Hier gab es keine Sonne. Nicht einmal einen Himmel gab es. Allein eine graue Wölbung schien das Firmament auszumachen, ebenso wie ein unendlich fortlaufender Horizont. Doch warum war hier nichts? Ich rollte mich auf die Seite, stand auf und ließ meinen Blick schweifen. Es musste doch einen Weg oder irgendein Lebewesen geben. Ich konnte doch nicht der Einzige sein! Kurzerhand lief ich los, immer weiter und weiter, endlos. Doch auch die Zeit schien keinen Einfluss auf diesen Ort zu nehmen, ließ kein Lüftchen wehen, keine Schmerzen einsetzen. Bewegte ich mich überhaupt? Eigenwillig stoppte ich meine vermutliche Bewegung, fing an zu rufen, doch kein Laut trat aus meiner Kehle. Laute? Wo war die Melodie hin? Stille herrschte, doch schien sie nicht wie Blei. Auch nicht angenehm. Es war, als wären an den Ohren Wattebausche, die das Trommelfell schützen, lähmen wollten. Auch wenn ich wusste, dass ich stand, hatte ich das Gefühl zu fallen, wollte mich ganz von der Atmosphäre und der Geborgenheit dieses Ortes verführen lassen, vom Leben lassen…Hier die Ewigkeit verbringen… War da nicht etwas, was ich noch machen sollte? Etwas wichtiges…Doch was war es? Wieder am Boden liegend schienen mich meine Sinne nun vollkommen verlassen zu wollen, mir Frieden zu geben… Oder wollten sie mich nicht eher zu einer Puppe machen? Ohne Willen und Gefühl? Ein Wimpernschlag. Ein Atemzug. Ein Herzschlag. Doch dieses Mal sah ich ein Lächeln. Solch weiche Lippen, die sich zu dem wohl verlockendsten Gesichtsausdruck formten, den ich bis zu diesem Augenblick kannte. Auch wenn ich dieses Gesicht nicht kannte, wollte ich mich nicht fürchten, wollte nicht hetzen, genießen. Dieses unbekannte Gefühl… Meine Irden lösten sich vom Mund des Fremden, wanderten an seinem nackten Hals entlang, bis zu seinem Becken. Dort, wo hätten eigentlich Gelenke und Beine, Fleisch und Blut sein müssen, war nichts; nichts, außer mein eigener Körper. Es war, als wären diese Person und ich verschmolzen, zu einer geschlechtslosen Kreatur, erfüllt von unwirklichen Gefühlen und Empfindungen. Zeitlos… „Was ist den sehnlichster Wunsch?“ Er wollte seine Hand auf meine Brust legen, fasste hindurch, verschmolz immer mehr mit mir. „Willst du bei mir bleiben? In dieser Welt? In meiner Welt?“, er fragte einfach weiter, brachte mich zum Nachdenken. „Nein.“ „Warum nicht?“ Gemach zog ich seine Hand aus meiner Brust, drückte sie an seine eigene, richtete mich halb auf. „Ich…Muss noch etwas tun.“ „Ist es wichtiger als ich? Schöner als dieser Ort?“ Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. „Dieser Ort ist nicht schön.“, ich wusste wieder, was mein Ziel war, riss mich wieder zusammen. Es musste einen Ausweg geben. „Ich brauche keine Lügen. Du kannst mir meine Wünsche sowieso nicht erfüllen.“ Ich gewann das eigenständige Bewegen meiner Gliedmaßen wieder, drückte den Blonden von mir herunter, lächelte dabei seelenruhig. Doch gefiel ihm mein Entschluss nicht; er begann Worte zu schreien, die ich nicht verstand; schlug um sich, kauerte sich zusammen, wimmerte…Und ich konnte nicht anders, als ihn in meinen Arm zu ziehen und ihm sanft durchs Haar zu streichen. „Bitte, lass mich gehen.“ Das Letzte, was ich spürte, war jene schmerzvolle Empfindung, die man verspüren muss, wenn der eigene Körper zerberstet. Das nächste Gefühl, an das ich mich erinnere, ist ein Schweregefühl, doch nicht trägen Ursprungs, sondern real durch Körpergewicht. Denn zu meinem Erstaunen saß der zuvor nicht ansprechbare Kyo auf meinem Schoß, die Arme auf die Lehne des Stuhls gelegt und starrte mich an. Mit blauen, nein, mit braunen Augen. Eines blutunterlaufen, das Andere rein und mit einem Gesichtsausdruck, der mir das Verlangen einhauchte, wieder in jene unbekannte, friedvolle Welt zurückzukehren. Doch war mir dies wohl unmöglich. Den Schmerz von meinem Rücken ignorierend, brauchte ich einige Sekunden, ehe mein Verstand mich erreichte, meinen Pulsschlag allmählich verlangsamte und mir jenen kühlen Kopf schenkte, den ich nun am nötigsten brauchte. „Ah…Du bist also wach. Wie…Nett.“, ich strich mir durchs rote Haar, grinste verschmitzt. „Könntest du dann von mir heruntergehen oder dir wenigstens was anziehen?“ Ich versuchte ihn von mir herunterzubekommen, doch war das nicht so einfach, wie ich es vermutet hatte. Wer hätte auch schon ahnen können, dass solch ein kleines Wesen sich so schwer machen konnte? Gerade wenn er sich partout nicht rühren wollte! „Nu beweg dich schon. Ich muss noch was erledigen.“, wieder versuchte ich den Kleineren von mir herunter zu bekommen, doch scheiterte dies an der Reaktion des Letzteren. Denn er lehnte sich nur weiter vor, drückte seine Stirn gegen meine, umfasste mit einem ungeahnt kräftigen Kralle Kinn und Nacken meines Kopfes, kicherte mit solch unheimlichen Unterton auf, dass es mir das Blut in den Adern gefror. Was war denn jetzt los? Was wollte er? Träumte ich vielleicht noch? Ich verstand nichts mehr, war vollkommen verwirrt, doch wusste, dass er es mir nicht ansehen sollte. „Also-…“ „Du bleibst bei mir. Ich lasse dich nicht gehen.“ Warum fesselten mich allein diese beiden Sätze? So beherrschend, dass ich mich nicht wehren konnte, mich nicht wehren wollte… „Du bis doch mein Freund, oder nicht? Du hilfst mir, oder? Du lässt mich nicht allein…“ Er verstärkte den Druck zwischen unseren Stirnplatten, schien diesen Schmerz zu genießen, da er – wohl durch mein Schweigen ausgelöst – wohlig aufseufzte und dabei die Augen schloss. „Du tust mir nicht weh.“ Das wurde mir jetzt aber zu bunt! Ich drückte ihn von mir weg, erhob mich augenblicklich und stieß ihn zurück auf das kalte Krankenbett. „Ich weiß ja nicht, wie sehr du was auf den Kopf bekommen hast und die Tatsache, dass ich dein Freund bin, stimmt ziemlich, aber du machst dir echt nur Feinde, wenn du weiter auf dieser Schiene fährst!“, ich konnte nicht anders, als meine Stimme zu erheben. Wachgerüttelt durch das Adrenalin der Furcht, welches mir der Geschundene verschafft hatte, wollte ich das Gleichgewicht wieder herstellen; versuchte mich mit dem Gedanken zu beruhigen, dass er noch unter Schock stehen musste; drang mich dazu, nicht vollkommen in Panik zu verfallen, konnte allerdings hören, wie mir das aufgetaute Blut durch sämtliche Zellen und Organismen meines Körpers preschte und wohl schon Rekordgeschwindigkeit erreicht hatte. „Wenn du Hilfe brauchst, mach den Mund auf und erklär mir ruhig, was los ist, aber komm mir nicht auf diese Art. Ich bin immer noch ein Mensch. Dein Freund. Verstanden?“ So ernst, wie ich versuchte zu sein, konnte es mir nicht klar werden, wie Kyo in solch einer Situation wie bedeppert dasitzen und lächeln könnte. Einfach nur lächeln…Dasselbe Lächeln, welches ich zuvor in diesem Traum erfahren durfte. Doch unter ganz anderen Umständen. Warum machte ich mich überhaupt so zum Narr? Der Blonde schien nicht so viele Freunde, eher Feinde, zu haben, da konnte es doch gut und gern vorkommen, dass man nach so einer Erfahrung Angst in Wahnsinn verwandelte. Würde ich in seiner Haut stecken, hätte ich mich wahrscheinlich auch derartig verhalten. Wieso also dieses Entsetzen? Kurz atmete ich ruhig durch, ehe ich mich neben ihn platzierte und mit Bedenken musterte. „So…Jetzt sag mir, was los ist.“ ~*~ [Kaorus Perspektive] Als ich das Krankenhaus verlassen hatte, habe ich noch nicht ahnen können, wessen sich Die angenommen hatte und was dies für den späteren Verlauf Unseres Lebens bedeuten sollte. Wie von meinem rothaarigen Freund ‚versprochen’, fanden Shinya und Toshiya mich fast sofort, redeten ein wenig über ganz normale Dinge, die für mich wie Balsam für die Nerven waren, versuchten herumzualbern, erkundeten sich nach Kyo und versicherten mir, wie er zuvor, dass Die mit diesem Fall schon fertig werden würde; dass ich mich eventuell zu sehr hineingesteigert hatte und deshalb so entkräftet war. War mir nur Recht. Ich hatte sowieso nicht mehr die Reserven an Energie, um ihnen das Gegenteil dazulegen und auch noch zu belegen. Auch wenn ich einfach nur noch in mein Bett wollte, wusste ich, dass ich mich nur wieder durch die Nacht quälen würde, beziehungsweise gar keine ruhige Minute erleben dürfte, so hatte ich den Großteil meiner verbliebenen Freizeit – nachdem eine Standpauke meiner besorgten Eltern, gleich eines ausgewogenen Abendmahls, an mir vorbeigerauscht war – dazu genutzt, mit unserer Mutter Shinya bis tief in die Nacht zu telefonieren, mir die Sorgen von der Seele zu reden, meine Angst zu schildern und endlich Frieden in meinem wolligweichen, gemütlichen Bett zu finden und auf einmal hatte ich die Ahnung, wie sich ein Wassertropfen in der Luft fühlen musste. Einfach himmlisch… Und wider meines Standpunktes des grauenvollen und unnützen Versuches der Erholung, gelang es mir, mich bis zum nächsten Aufeinandertreffen mit Die und Kyo fast vollkommen zu genesen. Zum Gunsten aller Familienangehörigen und Freunden. Natürlich auch mir selbst. Dennoch konnte ich mir einen seltenen Gedanken an die beiden Verbliebenen nicht verkneifen, konnte jenen schmerzhaften Bewusstseinssplitter erfolgreich verdrängen und innerlich sowohl loslassen, als auch mich mental auf nächste Schwierigkeiten vorbereiten. Im Rückblick war dies wohl vorbestimmt gewesen, da ich sonst die nächste Zeit niemals durch gestanden hätte. Doch zuerst zum erneuten Erscheinen des Sängers unserer Amateurband und der Verzweigung zu meinem besten Freund: Als ich am nächsten Wochenanfang den Weg zur Schule beschritt, bereit von sämtlichen schadenfreudigen Lehrern gelyncht zu werden, um irgendwie den vergangenen Stoff aufzuarbeiten – in der bitteren Hoffnung, dass sie nur wiederholt hätten – hatte ich schon mit anormalen Begebenheiten gerechnet, doch niemals mit Verrat meines – beinahe – eigen Fleisch und Blutes. Noch bevor ich den Klassenraum betreten sollte, war mir die Erkenntnis gekommen, dass Die mich niemals in den vergangenen Tagen kontaktiert hatte, geschweige denn irgendein Lebenszeichen von sich an mich weitergegeben hatte. Unserem geehrten Elternpaar in spe dagegen schon. Bei Unterrichtsbeginn war hinzugekommen, dass sich Kyo und mein Freund zusammengesetzt hatten, während Toshiya nun sein Dasein an meiner Seite fristen durfte und den Zorn abfangen durfte, der den anderen Beiden gewidmet war, da sie mich weder eines weiteren Blickes oder auch nur eines Wortes gewürdigt hatten. Als würde ich nicht anwesend sein. Und zu meiner Verteidigung zu erwähnen ist auch, dass Die in der ganzen Zeit, die wir miteinander geteilt hatten, nie solch ein negatives Verhalten an den Tag gelegt hatte. Warum also dieses Mal? Als ich den Versuch gestartet hatte, sie zur Rede zu stellen, waren sie wohl verschiedener Auffassungen gewesen. Da mich Die nicht einmal ansehen konnte, hatte Kyo den redenden Part übernommen, mir gesagt, dass es ihm besser ginge und wir lieber so tun sollten, als wäre dies nie passiert – Pardon, ich hatte nur menschliches Verhalten an mir, dass ich mich erkunden wollte und dies auch noch an mich heran gelassen hatte. Darauf waren Beide auch so schnell verschwunden, wie der Blonde gesprochen hatte. Vielleicht konnte man es Eifersucht, Neid oder Gier nennen – alles Todsünden – was da in mir aufbrodelte, doch irgendetwas sagte mir, dass Die es weder verdient hatte, sich dermaßen gut mit Kyo zu verstehen, während ich beinahe daran zugrunde gegangen wäre, noch sich die Frechheit erlauben durfte, mich, seinen besten Freund – und ja, ich durfte mir sehr wohl etwas darauf einbilden – einfach so zu ersetzen. Einen Bruder konnte man doch nicht einfach so ersetzen. Er hatte mir auch noch nie etwas verschwiegen. Wie konnte es dann sein, dass er sich binnen weniger Tage dermaßen verändert hat? Und warum konnte ich nur daran denken, wie unfair es war, dass nur ich solch Probleme mit diesem blonden Teufel hatte? Kapitel 3 – Ende. ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Und wieder ist es anders gekommen, als es geplant war…Haha. xD Dennoch liegt es noch ganz in meiner Vorstellung. ;D + Wieder ein wunderschöner Musiktipp zu diesem Kapitel: Und zwar ‚The Blossoming Beelzebub’ vom neuen Album. Kritik & Kommis & Favos gern gesehen! (Tippfehler inklusive. xD) LG. Nagi. *^* Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)