The Storm von Raella (A Sidestory) ================================================================================ Kapitel 4: Diese Frau sitzt fest -------------------------------- Irgendwie mustert mich meine Herrin komisch. Merkt man mir an, dass ich beunruhigt bin? Nein. Aber was ist es dann? Hat sie mich vermisst? Unwahrscheinlich. Oder? Es zieht ein Sturm auf. Ich spüre ganz deutlich, dass es ein schreckliches Unwetter sein wird. Aber es scheint kein natürliches Unwetter zu sein. Diejenigen unter den Menschen, die ein leichtes Gespür für Gefahr besitzen, verlassen das Anwesen und suchen das Weite. Ich fordere meine Herrin zum wiederholten Mal auf zu gehen. Aber sie ignoriert mich. „Wenn es zu schlimm wird, dann übernachten wir eben hier“, sagt sie. „Wenn ihr die Nacht überlebt“ sage ich. Natürlich zweifle ich nicht an meiner körperlichen Unversehrtheit. Aber sie ist eben nur ein Mensch. „Dann befehle ich dir mich zu beschützen“, antwortet sie. Haha, das hätte sie wohl gerne. Ich bin kein Teufel mit einem Vertrag. (Wie ein gewisser Butler) Wenn es eng wird, werde ich das Weite suchen. „Wie ihr wünscht“ erwidere ich. Nirgends steht geschrieben, dass ich mein Wort halten muss, nicht wahr. Trotzdem frage ich mich, ob ich bei so einem Sturm fliegen werde können. Äußert unangenehm ist das auf jeden Fall. Leicht frustriert pirsche ich mich ans Buffet und stopfe schmollend eine Sachertorte in mich hinein. Eine Spezialität aus Österreich, wie ich hörte. Nun, sie schmeckt vorzüglich. Eigentlich essen wir Succubi nichts außer Lebensenergie, aber der Geschmack von Schokolade aller Art hat es mir angetan – ein weiterer Grund, warum ich mich als Succubus für alles durchschlage. Offenbar leide ich an Verfolgungswahn, denn ich meine den hämischen Blick des Butlers auf mir zu spüren. Um meine Pflicht nicht ganz so zu vernachlässigen, nehme ich mir ein Stück Torte und bringe es meiner Herrin. Sie spricht gerade mit einem Jungen, der ungefähr ihr Alter haben könnte. Sein strahlend blaues Auge und die Augenklappe, die das andere verdeckt, kann ich bis hier her erkennen. Moment. Seit wann fallen mir Augen von Menschen auf? Ich blicke näher hin und erkenne eine energetische Verbindung zu dem Butler, der hinter ihm steht. Ja, DER Butler. Augenscheinlich ist der Junge also die nächste Mahlzeit des Teufels. Als ich bei meiner Herrin ankomme, lehnt sie das Stück Torte natürlich ab. Ich hätte mir die Mühe sparen können ein zartes Stück Torte durch eine Masse von Menschen zu bringen. „Das ist Earl Ciel Phantomhive – die Firma Funtom könnte ein zukünftiger Partner unserer Firma sein.“, stellt mir Catherine den Jungen anstandshalber vor. „Sehr erfreut, ich bin die Anstandsdame der jungen Lady“ begrüße ich ihn mit einem leichten Knicks. Er erwidert es mit einem nicken. Höre ich den Butler da hinter vorgehaltener Hand kichern? Oh, ich hoffe der Kleine quält ihn auch anständig. Am Blick des jungen Earls kann ich erkennen, dass sein Butler ihm meine wahre Identität enthüllt haben muss. Leicht frustriert stopfe ich den Kuchen in mich hinein. Plötzlich donnert es so laut, dass ich fürchte, das Gebäude könnte einstürzen. Vor Schreck stoße ich mir fast die Gabel durch den Hals. Der Regen fängt an wie ein Kreuzfeuer gegen die Scheibe zu schlagen. Ich versuche den peinlichen Vorfall zu überspielen, aber da eine leichte Panik herrscht, hat mich hoffentlich keiner gesehen… Lächelnd beuge ich mich zu meiner Herrin hinunter. „Nun, ich hatte euch gewarnt. Offenbar ist es nun zu spät. Ich werde zusehen, dass man euch ein Zimmer herrichten lässt.“ Catherine nickt, und ich bahne mir einen Weg durch die Gäste, um einen Diener damit zu beauftragen. Da ich eine der Ersten bin, geleitet man mich sofort auf das Zimmer meiner Herrin. Und da spüre ich sie. Ein Lächeln, das für einen menschlichen Mund viel zu breit ist, huscht über mein Gesicht. Es scheint, als würde das eine lange Nacht werden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)