Das weiße Licht von -Ellen- (und die Geheimnisse des Amuletts) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 Auszug aus dem Buch "Das weiße Licht" ---------------------------------------------------------- Dies ist die Geschichte eines Mädchens und ihrer Freundinnen, die im Verlauf ihres Lebens erfahren mussten, was es für außergewöhnliche Sachen gibt. Nicht nur das Gefühl von Liebe und Geborgenheit, was für manche schon außergewöhnlich ist, nein, wir sprechen hier von sehr merkwürdigen Dingen, schon fast Unfassbarem. Das Mädchen, welches diese Erfahrung machte, heißt Vanessa. Ihre Freundinnen, Julie, Mira, Amber, Laila, und sie, welche in Rerune (einer kleinen Stadt mit vielen Seen und Wäldern im Land Lakunia) leben, hatten gerade die zehnte Klasse beendet und waren froh, endlich ihren Abschluss und Ferien zu haben. Vanessa und Julie hatten das Glück, anschließend eine Ausbildung in ihrer Stadt zu finden, Amber und Laila hatten sich vorgenommen, ihr Abitur zu machen, Mira beschloss, sich mit Nebenjobs zunächst „über Wasser“ zu halten, um genau die Tätigkeit finden zu können, bei der sie ihre Fähigkeiten würde ausschöpfen können. Eigentlich konnte Vanessa zufrieden sein, da sie alles besaß, was sie im Leben benötigte, na ja, außer einem Freund, aber das war es nicht, was sie so sehr bedrückte. Nein, sie fühlte sich nutzlos und leer, irgendetwas fehlte in ihrem Leben. Dauernd stellte sie sich die Fragen, welchen Sinn sie in dieser Welt habe, wofür sie bestimmt sei oder für wen sie da sein solle. Aber sie fand auf keine ihrer Fragen eine passende Antwort. Sie versank langsam in Selbstmitleid, was allen auffiel, da sie sonst eher ein fröhlicher Mensch war und alle zum Lachen brachte. Doch schon seit einer Woche nach der Abschlussfeier lachte sie nicht mehr. Glücklicherweise hatten die Freundinnen noch genügend Zeit, sie aufzumuntern, bevor die Ausbildungen in ihrer Stadt beginnen sollten. Doch wurde es Vanessa nicht leicht gemacht, da ihre Eltern sie dauernd an ihren achtzehnten Geburtstag erinnerten. Sie sagten, dass er etwas ganz Besonderes für sie sei, nur berührte dies Vanessa überhaupt nicht. Für sie war es nur ein weiterer unwichtiger Feiertag in diesem Jahr. Für ihre Freundinnen begann Vanessas depressiver Zustand zur Last zu werden; sie beschlossen einzugreifen, da Aufmunterungen nichts mehr bewirkten. Also gingen sie zu Vanessa und wollten sie endlich aus ihrem Zimmer befreien, in dem sie sich verbarrikadiert hatte. Sie kamen in Vanessas Zimmer an, es wirkte recht groß und war in Rosa-Pink gehalten. Vany, wie sie von ihren Freunden liebevoll genannt wurde, lag auf ihrem großen mit Kissen übersäten Bett und starrte zur Decke, die einem Sternenhimmel glich. Langsam, aber sicher trat Amber an Vanessa heran. Sie war immer diejenige gewesen, die Vanessa am besten verstand; so versuchte sie ihr Glück. „Hey Vany, na, wie geht es dir?“, fragte sie vorsichtig und setzte sich neben sie aufs Bett. Völlig unberührt konnte Vanessa nur mit einem „Na ja, wie soll es mir schon gehen?!“ antworten und starrte weiterhin zur Decke. Julie konnte dies nicht mehr mit ansehen, sie nahm Vanessas Hand und raffte sie hoch. „Los, komm mit! Wir haben eine Überraschung für dich.“ Vanessa nörgelte anfangs herum und war sehr skeptisch, was die Überraschung betraf, doch letztendlich konnten sie sie doch noch überreden mitzukommen. Auf dem Weg, der bereits zehn Minuten andauerte, fragte Vanessa, wo denn die Reise hingehen solle. Schließlich war sie kein großer Freund von Überraschungen. Doch als Antwort bekam sie nur ein „Wirst du schon sehen!“ von ihren Freundinnen. Sie zerrten die schmollende und bedrückte Vanessa weiter hinter sich her. „Hey, Vany, in ungefähr fünf Minuten sind wir da!“, versicherte Amber Vanessa erfreut. Diese wiederum nickte nur zustimmend, es vernommen zu haben. Sie gingen durch eine enge Gasse, in der es sehr übel und unangenehm nach Fäkalien roch. „Bist du sicher, dass wir hier richtig sind?“, fragte Laila Amber verwundert, während sie ihre Nase zuhielt. „Ja, bin ich, so hat sie mir den Weg beschrieben.“ „Sie? Wer ist SIE?“, fragte Vanessa und blieb stehen. „Na, SSIIEE!“, antwortete Amber und zeigte mit ihrem Finger auf die Ladenaufschrift „Madam Shikan Wahrsagerin“. Völlig empört drehte sich Vanessa zu ihren Freundinnen um: „Wie könnt ihr mir so etwas antun, wir haben uns bestimmt verlaufen?!“ Ihre Freundinnen beantworteten dies wiederum mit einem „Nein!“ und traten an den Laden, der von außen so unscheinbar wirkte, heran, um ihn sich etwas näher anzuschauen. Vanessa, die wieder im Begriff war zu gehen und schon bereut hatte, überhaupt aus dem Haus gegangen zu sein, musste unweigerlich stehen bleiben, da sich Amber ihr in den Weg stellte. „Warte!“, bat Amber Vanessa. „Du bist zurzeit so schlecht drauf, also dachten wir, wir muntern dich ein wenig auf, indem wir dir deine Zukunft zeigen lassen, das beruhigt dich bestimmt ein wenig.“ Genervt sowie sauer widersprach ihr Vanessa und schaute sie mürrisch an. „Das meint ihr nicht ernst! Ich soll zur Wahrsagerin gehen? Ihr wisst doch, was ich von solchen Dingen halte.“ Ja, dies wussten sie bereits, da Vanessa immer gegen die Kunst der Wahrsagerei und übernatürliche Dinge gewesen war. Für sie war dies nie relevant, es waren schließlich nur Hirngespinste der Menschheit und mehr nicht. „Na ja?“, antwortete Laila zögerlich. „Wir haben schon bezahlt!“ „Und außerdem …“, warf Amber ein, „… sie hat gar keinen so schlechten Ruf; es gehen dort eine Menge Leute hin und lassen sich ihre Zukunft voraussagen.“ Nach einer Weile des Stillschweigens brachte Vanessa schweren Herzens ein „Na gut“ heraus. „Aber ich tue dies nur für euch, da ihr schon bezahlt habt.“ Freudestrahlend und nach einigen Umarmungen steuerten sie direkt auf den Laden zu. Vanessas Gefühl des Bereuens ließ einfach nicht nach, doch gaben sich ihre Freundinnen solch eine Mühe, sie aufzumuntern, dass sie es einfach tun musste, auch wenn ihr dabei unwohl war. Als sie den Laden betraten, bekamen sie durch Räucherstäbchen, die nach Rosen dufteten, sehr schlecht Luft. Überall hingen bunte Tücher an den Wänden, sogar über dem Sofa waren sie platziert, und in der Mitte des Zimmers stand ein Tisch mit einer Glaskugel. Doch niemand war zu sehen. Vanessa hoffte, dass die Frau nicht da sei und sie schleunigst wieder gehen könnten, doch verließ sie ihre Hoffnung, als sie plötzlich eine alte verrauchte Stimme hörten. „Kommt herein und nehmt Platz!“ Da war sie; eine alte Frau, die aussah wie ein Weihnachtsbaum, behängt mit Schmuck, der so schwer gewesen sein musste, dass sie hätte umkippen müssen. „Ich bin Madam Shikan! Du musst Vanessa sein, habe ich Recht?“ „Ja, bin ich!“, sagte diese zögernd, während sie dabei war, sich zu überlegen, aus dem Geschäft herauszukommen. „Hmm … du klingst sehr skeptisch, da du nicht an meine Fähigkeiten glaubst! Stimmt das?“ Nun unterlief Vanessas Gesicht in dunklem Rot, da sie es genau erraten konnte, was in ihr vorging. „Na ja, man hat halt schon viel Schlechtes gehört!“, gestand sie ihr und schaute verschämt zu Boden. „Na gut, dann lass es mich beweisen und ich schaue für dich in die Zukunft, dann kannst du immer noch urteilen!“ Madam Shikan bat Vanessa mit einer Handbewegung an ihren Tisch, auf dem die unglaubwürdige Glaskugel in der Mitte stand, die in jenem Moment zu leuchten begann, als sich Vanessa setzte. Ihre Freundinnen staunten und setzten sich auf das Sofa. Vanessa wiederum wusste, dass dies nur ein billiger Trick war, sie zu beeindrucken. Doch dann wurde die Situation etwas „ernster“, da Madam Shikan ein konzentriertes Gesicht aufsetzte und verzweifelt in die Glaskugel schaute und nun wiedergab, was sie angeblich sah. „Dein Schicksal wird dich bald einholen, du wirst erkennen, wer du wirklich bist!“, verkündete sie. Daraufhin verzogen sich ihre Falten in ihrem Gesicht. „Ich sehe, dass du durch schwere Zeiten gehen wirst, sowie das Böse versuchen wird, euch zu besiegen.“ „Das Böse?“, fragte Vanessa ganz verdutzt. „Ja, das Böse“, antwortete die Wahrsagerin, „du musst aufpassen, sonst wirst du das nicht überleben. Das gilt auch für deine Freundinnen.“ In dem Moment erschraken Julie, Mira, Amber und Laila, woraufhin Vanessa aufsprang. „Genug, das reicht jetzt“, erwiderte sie und schlug mit ihren Händen auf den Tisch. „Kommt, Mädels, wir gehen! So etwas Verrücktes habe ich noch nie gehört!“ Sie nahmen ihre Taschen, die sie neben dem Sofa abgestellt hatten, und gingen zur Tür. Doch die Wahrsagerin ergänzte ihre Sehung noch mit einem Ratschlag: „Seid sehr vorsichtig und traut niemandem, außer euch selbst, und das Wichtigste ist, dass euer Zusammenhalt sich enorm steigern muss.“ Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, gingen sie dann zu ihrem Stamm-Café „Um die Ecke“. Auf dem gesamten Weg dorthin schwiegen sie sich an. Nachdem sie am Tisch saßen und jede eine Karte mit den Getränken in der Hand hielt, brach plötzlich Laila das Schweigen und merkte an, dass es lustig gewesen war. „Lustig?“, fragte Mira verzweifelt und schmiss die Karte auf den Tisch. „Wir werden sterben.“ „Ach, das glaub ich nicht“, sagte Julie, „die war doch nicht ganz sauber im Kopf oder was meinst du, Vany?“ „Ich weiß nicht! Sie war mir einfach nur nicht ganz geheuer, das ist alles!“ „Du glaubst ihr!“, diagnostizierte Amber und mimte einen ernsten Blick. „Na ja, ich weiß nicht, ich hasse nur solche Dinge wie Wahrsagungen, da sie jemanden verunsichern können!“, gab Vanessa zu und schaute etwas beschämt in ihre Karte zurück. „Hm … es schadet ja nicht, wenn wir etwas aufpassen würden, oder?“, meinte Amber, woraufhin alle nickend zustimmten. Doch sollte es nicht nur bei dieser Verwirrung an jenem Tage bleiben, da daraufhin die Tür des Cafés aufging… Kapitel 2: Kapitel 4 Auszug aus dem Buch "Das weiße Licht" ---------------------------------------------------------- Sie gingen in Vanessas Zimmer und holten ihre Taschen. Am Auto angekommen, verstaute Chico das Gepäck der Mädchen, außer dem von Mira. Sie war noch immer nicht am Auto angekommen. Der Grund dafür war, dass sie nicht nur einen Koffer wie die anderen Mädchen hatte, sondern gar dreimal so viel davon. „Mira, jetzt mach schon!“, rief ihr Julie nach. „Ja, ich komme ja schon!“, brüllte Mira mit gepresster Stimme. „Wofür hast du drei Koffer dabei?“, fragte Vanessa vorsichtig und etwas erstaunt nach. „Na ja, wer weiß, wie lange wir wegbleiben und wo wir hinfahren, ob es dort kalt oder warm ist. Das alles kann ich ja nicht wissen, ob wir vielleicht auch Ausgeh-Klamotten benötigen oder nicht …“ Julie verdrehte aus Unverständnis ihre Augen, während die Anderen kicherten. Als sie es nun doch alle ins Auto geschafft hatten, fuhren sie direkt zum Flughafen, der in der nächsten Stadt lag. Nach einer rasanten Fahrt am Flughafen angekommen, waren alle gespannt auf das Flugzeug, bis auf Amber, die panische Angst vor enormen Höhen, damit auch vor dem Fliegen hatte. „Müssen wir wirklich fliegen, fährt da denn kein Zug hin?“, fragte sie mit zitternden Knien. „Es fährt zwar auch ein Zug in die Stadt, aber ich bezweifele, dass ihr mit eurem Gepäck den Berg hinaufwandern wollt, oder?“ Vanessa, Julie, Mira und Laila schauten ihn voller Entsetzten an und schleiften Amber hinter sich her. „Keine Sorge, Chico, das wird nicht nötig sein. Amber wird sich an das Fliegen gewöhnen oder was meinst du dazu, Amber?“ „Ja ja, das werde ich wohl müssen, oder?“, sagte sie vollkommen eingeschüchtert. Am Flugzeug angekommen, waren alle durchweg entsetzt und auch ein wenig besorgt. Das sogenannte Flugzeug sah alt und brüchig aus. Es hatte den Anschein, dass es gerade einmal für zehn Personen ausgelegt war. „Chico, ist es denn überhaupt sicher? Ich meine, es sieht sehr alt aus, als würde es jeden Moment auseinanderfallen“, sagte Vanessa, die langsam aber sicher den Zug eher in Erwägung zog. „Mädels, ihr müsst wissen, dass ich das Flugzeug von meinem Boss vor einem halben Jahr geschenkt bekommen habe“, erklärte er ihnen aufrecht mit stolzer Stimme. Die Mädchen waren total entsetzt. „Wwaasss, das soll neu sein?“, schrien sie gleichermaßen wie ein Chor und schauten sich das Flugzeug von oben bis unten genauestens an. „Na ja, mein Boss mag eher den rustikalen Stil!“ Vanessa, Mira, Amber, Laila und Julie verzogen ihr Gesicht, Enttäuschung machte sich unter ihnen breit. Sie wirkten schon etwas bockig. „Na dann, steigt erst einmal alle ein!“, fügte er hinzu, ließ die Leiter herunter. Somit konnten sie, wenn auch schmollend und skeptisch, in das eher schrottreife Flugzeug einsteigen. Chico, der zum Schluss einstieg, verschloss hinter sich die Tür und freute sich innerlich über die Gesichter seiner Mädchen. Deren Augen wurden mittlerweile größer und größer, ihre Münder standen weit offen. „Oh mein Gott! Was ist das denn?“ „Kaum zu glauben!“ „Damit hätte ich überhaupt nicht gerechnet!“, gaben die Mädchen erstaunt und stutzend von sich. Im Innenraum des Fliegers herrschte der pure Luxus. Unter anderem waren komfortable Liege- und Massagesessel mit Bordcomputer, eine Mini und Snackbar und vieles mehr eingebaut. „So, Mädels, das ist Lektion Nr. eins: Seid nicht oberflächlich und schaut euch die Dinge immer von beiden Seiten an, denn sie sind vielleicht ganz anders, als sie auf den ersten Blick erscheinen!“ Nur konnten sie dies kaum begreifen. Wie konnte das nur möglich sein? Chico erklärte, dass sein Boss zwar den rustikalen Stil mag, aber auch im Luxus lebt. Sie sollten auch nicht vergessen, dass dies kein normales Flugzeug sei. Dies war mit einem Zauber belegt worden, der das erst möglich gemacht hatte. „Na gut, jetzt macht es euch erst einmal bequem und ruht euch noch ein wenig aus; wenn wir nämlich dort gelandet sind, ist es aus und vorbei mit der Entspannung!“, sagte Chico und begab sich ins Cockpit, um mit den Vorbereitungen für den Start und den Flug zu beginnen. „Und Amber, alles klar bei dir?“, fragte Vanessa besorgt ihre Freundin. Die wiederum konnte nur noch nicken, da sie sich jetzt emotional und mental auf den Flug vorbereiten musste. „Gut, dann schlaf ich jetzt lieber ein wenig; ich habe das Gefühl, dass ich bald keinen Schlaf mehr bekommen werde!“ „Ja, mach das, Vany.“ Währenddessen machten sich Julie, Mira und Laila über die Snack- und Minibar her! Nach einigen Stunden Flug, der ohne erwähnenswerte Situationen verlief, waren sie endlich gelandet und erneut gespannt, was auf sie zukommen würde. Nachdem sie aus dem Flugzeug gestiegen waren, sahen sie, was in den nächsten Tagen ihnen noch einige Schmerzen bereiten könnte! Es war ein Trainingsgelände, ausgestattet mit einigen Sport und Fitnessgeräten sowie einer kleinen, verwilderten Berghütte! „Oh, bitte lieber Gott, lass die Berghütte auch verzaubert sein!“, bat Mira. Ihre Gebete sollten nicht erhört werden. „Nein, Mira, da muss ich euch leider enttäuschen, dies ist die Realität! Also bringt jetzt eure Sachen in die Hütte, leert eure Koffer und richtet es euch ein wenig gemütlich ein. Wir werden eine ganze Weile hierbleiben!“ Gesagt, getan, die Mädchen gingen maulend in die Hütte und packten ihre Sachen aus, viel Stauraum hatten sie allerdings nicht, denn es war nur eine sehr kleine Hütte, mit drei Doppelstockbetten, einem kleinen Bad und einer kleinen Küche, die sich im selben Raum befand wie die Betten, was bei diesen Verhältnissen bereits Luxus gewesen sein musste. Außerdem gab es einen großen Kamin aus Gestein. Als sich alle gemütlich und bereit zu allem eingerichtet hatten, kam Chico mit einem Stapel Feuerholz herein. „Na, alles klar bei euch?“ Immer noch schmollend, bekamen sie ihren Mund so gut wie nicht auf. „Kein Problem!“, sagte er und legte das Holz in den Kamin. „Wisst ihr, ihr müsst eure Kräfte so einsetzen, als wären sie das Normalste auf der Welt, als würdet ihr mit Messer und Gabel essen oder laufen, eine ganz normale Sache, die zu eurem regelmäßigen Handeln gehört.“ „Aber ist das nicht verpönt, so etwas aus eigenem Nutzen zu tun?“ „Ihr schaut mir viel zu viel fern. Ihr seid die Elemente, eine von euch ist sogar eine Vampir-Hexe. Ihr wurdet so geboren. Und es ist doch auch kein Fehler, so zu sein, wie man ist, oder? Außerdem müsst ihr damit sicher umgehen können, wenn ihr die Welt im Gleichgewicht halten und vor euren Gegnern beschützen müsst! Pass auf, Julie, komm mal bitte und setz dich an den Kamin!“ Julie, die sich als Einzige freute, hier zu sein, fackelte nicht lange und kniete sich vor dem Kamin nieder. „So, wir beginnen damit, dass ihr eure Kräfte unter Kontrolle haltet; nicht, dass du die gesamte Hütte am Ende in Brand steckst, du sollst eine kleine Flamme aus deinen Händen kommen lassen und damit das Holz anzünden!“ Julie wurde nervös, denn sie hatte bisher immer nur große Flammen entwickeln können, dies auch nicht besonders gut. Sie hatte sie definitiv nicht unter Kontrolle. Chico versuchte, sie zu besänftigen und ihr glauben zu machen, dass sie es schaffen könne, auch kleine Flammen zu erzeugen. Dazu bat er sie, ihre Augen zu schließen und sich auf ihre innere „Flamme“ zu konzentrieren. Er befahl ihr, sich zu entkrampfen, und erst dann ihre Flamme abzufeuern. Julie öffnete ihre Augen, hielt ihre Hände gegen das Holz und feuerte einen Funken ab und steckte das Feuerholz so in Brand. Zum Schrecken aller Anwesenden funktionierte es sogar. Vor Freude standen alle gemeinsam auf und umarmten sie, in erster Linie, weil sie das Haus nicht in Brand gesteckt hatte. „Tja, so kann es jeder von euch gehen. Morgen früh fangen wir dann mit dem ersten Teil des Trainings an. Also, ab ins Bett mit euch, und zwar jetzt!“ Keine von ihnen zögerte lange, sie sprangen auf und machten sich für das Bett fertig. Als nach einer kurzen Zeit alle im Bett lagen, suchte Vanessa Chico, der unterdessen im Freien auf einem großen Stein vor dem Haus saß. „Chico?“ „Ja bitte, Vany?“, sagte er und bat sie, etwas näher zu kommen. „Meinst du, ich werde es auch schaffen?“ „Was denn schaffen?“, fragte er verwundert nach. „Na richtig kämpfen lernen und meine Zauberkräfte entwickeln!“ „Ja, das wirst du. Du bist und bleibst eine Kämpferin, das liegt dir im Blut!“, versprach er ihr und brachte sie damit zum Lächeln. „Danke!“, sagte Vanessa, verbeugte sich, gab Chico einen Gute-Nacht-Kuss auf die Wange und ging ins Bett. Am darauf folgenden Morgen weckte Chico die Mädchen schon vor Sonnenaufgang. Er wusste, dass es ihnen nicht gefallen würde. Er hatte sie schließlich davor gewarnt, früh aufstehen zu müssen. „Na los, Mädels, aufstehen! Wir haben heute noch viel vor uns, und vorher wollt ihr ja noch etwas essen, oder?“ Total verschlafen und hungrig standen sie langsam als auch demotiviert auf und gähnten vor sich hin. „So, kommt Mädels, das geht alles ein wenig schneller! Wer nämlich in zehn Minuten nicht am Tisch gewaschen und in Sportbekleidung sitzt, bekommt kein Frühstück mehr!“ Dies ließen sie sich nicht zweimal sagen. Plötzlich kam es im Zimmer zu einem Gewusel, als die Mädchen sich so schnell wie nur möglich wuschen und anzogen, denn der Ernst der Lage war ihnen bewusst. Im Nu saßen alle am Frühstückstisch. „Geht doch“, sagte Chico und lächelte die Mädchen an, die vollends atemlos am Tisch saßen. Sie waren gerade mit dem ernüchternden Frühstück (streng nach Ernährungsplan) fertig geworden, da begann das Training. „So, wie ihr fühlen könnt, ist es noch sehr kalt. Also müssen wir uns ein wenig aufwärmen. Aus diesem Grund werden wir jetzt eine Runde laufen, aber nicht mit irgendwelchen Tricks schummeln, denn dieses eine Mal verlassen wir uns nur auf unsere körperlichen Kräfte und nicht auf unsere Fähigkeiten, o.k.?“ Schweren Herzens nickten die Mädchen ab und stimmten dem zu. Nach einer halben Stunde gab eine nach der anderen auf! Chico konnte daraus schließen, dass die Mädchen nicht in Form waren. Dass es so schlimm würde, hätte er nie gedacht! Chico scheuchte die Mädchen den letzten Kilometer den Berg hinauf, bis sie wieder an ihrer Hütte ankamen. Völlig erschöpft sanken sie zu Boden und rangen nach Luft. Man sollte meinen, sie seien wirklich erschöpft gewesen, aber schon nach kurzer Zeit des Luftholens begannen sie zu streiten. Besser gesagt, die Streitereien zwischen Julie und Mira begannen auf ein Neues. „Na was denn Julie, ich dachte du bist so sportlich?!“ „Halt deine Klappe, du dummes Modepüppchen. Du hast ja schon nach zehn Minuten aufgegeben“, schoss Julie sofort zurück, unterdessen rang sie noch immer nach Luft. Wie Mira aber nun einmal ist, musste sie immer das letzte Wort haben, auch hier in diesem Fall. „Komisch, wenn man dir die Wahrheit und Tatsachen sagt, wirst du immer gleich sauer!“ Julie stand wütend und provoziert auf. Sie richtete sich vor Mira auf. „Nein, ich werde nicht gleich sauer, wenn man mich kritisiert. Ich werde erst dann sauer, wenn mir ein dummes Püppchen, wie du es nun einmal bist, von der Seite dämlich kommt!“, klärte Julie wutentbrannt ihre Freundin auf und drehte sich weg, um ins Haus zu gehen. Doch diese Anmerkung machte Mira wiederum so sauer, dass sie sich verwandelte und mit Hilfe ihrer Kräfte eine Wurzel aus dem Boden rasend schnell wachsen ließ. Julie hatte es nicht bemerkt, stolperte über diese und fiel zu Boden. „Ach, so möchtest du das handhaben? Gut, wenn du es so willst?!“ Julie drehte sich entschlossen um einhundertachtzig Grad, verwandelte sich und schoss einen Feuerball in Miras’ Richtung, wobei die Kugel sie beinahe traf. Abgelenkt wurde diese geistesgegenwärtig von Amber mit Hilfe eines Wasserstrahls. Vanessa, Amber und Laila waren geschockt, da sie nicht gedacht hätten, dass die beiden Streithähne so weit gehen und ihre Fähigkeiten gegeneinander einsetzten würden. „Sagt einmal, seid ihr verrückt, wollt ihr euch umbringen? Ihr könnt doch nicht eure Kräfte dafür einsetzen, um aufeinander loszugehen! Ihr könnt von Glück reden, dass Amber eingegriffen hat und euch nichts Schlimmeres passiert ist. Schließlich könnt ihr damit noch nicht richtig umgehen“, ermahnte Vanessa die beiden enttäuscht. Beide schauten sich kommentarlos wütend an und waren entschlossen, es erneut dazu kommen zu lassen. Als Chico aus dem Haus kam und die Mädchen verwandelt sah, konnte er es sich natürlich denken, was los gewesen sein musste, und er wusste, was zu tun war. Er ging zielbewusst, Macht seines Amtes, auf die Mädchen zu und stellte sich zwischen Julie und Mira. Alle schauten sich verwundert an, keiner wusste so recht, ob er nun ausrasten oder es hinnehmen würde. „Ihr wollt also kämpfen?“, fragte er die beiden. Sie schwiegen weiterhin und schauten nun etwas ängstlich, zögernd und zugleich wütend. „Gut, ich habe nichts dagegen!“, sagte er plötzlich. Alle schauten ihn entsetzt an. „Aber Chico …!“, rief Vanessa ihm zu. Chico allerdings erhob die Hand gegen sie. Er erklärte den beiden Streitenden, dass es nur einen Kampf nach Regeln geben kann und der Sieger wird es im Anschluss mit ihm aufnehmen müssen! Er beschloss dementsprechend, dass der Kampf sofort vor Ort ausgetragen werden sollte. Damit waren die beiden zerstrittenen Seiten nach kurzer Phase des Überlegens einverstanden. Sie gingen also zum großen Feld, dem einzigen weit und breit, auf dem sie nichts beschädigen konnten. Chico fügte hinzu, dass im Grunde alles erlaubt sei, außer dem Töten des Gegners. Chico stellte sich an den Rand des Feldes und gab das Kommando. „So, Mädchen, seid ihr so weit?“ Beide gingen in Kampfstellung und nickten ihm zu. „Gut, dann los!!“ Und kaum hatte er dies auch ausgesprochen, attackierten sich die beiden auch schon. Mira zauberte eine Erdwand als Schutzschild herauf und griff nach Julie mit Ranken, welche aus ihren Händen kamen, um sie zu Boden zu strecken. Julie war auch nicht ohne. Sie wiederum verbrannte die Ranken mit ihrem aus den Händen sprühenden Feuer und griff dann ihre Erdmauer an. Mira wurde immer schwächer. Doch aufstecken wollte sie definitiv nicht. Und so sah sie ihren nächsten Zug als hervorragende Chance; sie brachte die Wurzeln der am Feldrand stehenden alten Eiche unter Kontrolle, damit diese Julie angreifen konnten. Sie fesselten den Körper von Julie und zwangen sie, zu Boden zu gehen. In dem Moment waren auch die anderen Mädchen schon eingetroffen und standen nun mit Chico am Feldrand. Sie konnten es zunächst nicht mit ansehen, aber ihre Angst und ihr Misstrauen waren doch größer. Doch dann kam eine Situation, bei der alle sehr erschraken. Sie wurden Zeugen davon, dass Julie gefesselt auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegen konnte. Mira stand leicht gebeugt und total erschöpft daneben und rang nach Luft. Julie legte plötzlich ihre linke Hand auf die Wurzel und steckte sie mit Feuerkraft in Brand. So konnte sie sich letztlich befreien und Mira einen Feuerstrahl entgegenschleudern. Statt auszuweichen, blieb Mira jedoch wie angewurzelt stehen. Vanessa eilte heran und riss sie auf den Boden, sodass Julies abgeschossener Feuerstrahl sie nur knapp verfehlte. Währenddessen löschte Amber die Eiche, die inzwischen Feuer gefangen hatte. Vanessa stand auf und ging wütend auf Chico zu. „Wie kannst du so etwas zulassen? Sie hätten sich umbringen können!“, brüllte sie ihn vollkommen außer sich an. Er blieb recht gelassen und ließ sich nicht davon beeindrucken. „Vanessa! Setz dich auf die Bank und lass mich das regeln, o.k.?!“, befahl er ihr. Vanessa aber war fassungslos. „Nein, du gehst die Sache falsch an, du schlichtest den Streit nicht, sondern streust immer wieder Salz in die Wunde.“ Chico schwieg und antwortete nicht darauf. „Chico!“, drängte ihn Vanessa, damit er endlich reagierte. Chico erhob unerwartet zum ersten Mal in seinem Leben seine Stimme gegen Vanessa. „Setz dich auf die Bank, Laila und Amber auch. Wir sind noch nicht fertig hier!“, sagte er und verzog keinerlei Miene. Vanessa, Amber und Laila gingen zur Bank und gaben keinen Ton mehr von sich, da es nun keinen Sinn machen würde, mit ihm weiterzustreiten. „So, Julie und Mira, dadurch, dass der Kampf unterbrochen wurde, gilt er als unentschieden, ihr müsst es nun beide mit mir aufnehmen.“ Er ging auf das Kampffeld. „Um es euch leichter zu machen, dürft ihr beide gleichzeitig gegen mich antreten.“ Noch völlig in Atemnot stellten sich beide nebeneinander auf und schauten Chico an. Mira und Julie waren von sich selbst dermaßen überzeugt und hatten jegliche Angst verloren, dass sie dachten, es würde ihnen leicht fallen, ihn zu besiegen. Vanessa gab nun also das Startzeichen, Chico zog sein langes, goldenes Schwert heraus, so kamen seine großen Flügel zum Vorschein. Alle schauten verwundert und verblüfft, doch Julie zögerte nicht lange und griff an, schleuderte einige Feuerbälle Chico entgegen. Aber er konnte sie immer wieder abwehren oder ausweichen. Mira hingegen versuchte, Chico immer wieder nach und nach mit Erdbrocken und Ranken zu treffen, welche er mit seinem Schwert ebenso abwehren konnte. Beide erblassten im Gesicht, weil ihre Kräfte gegen ihn nicht wirkten, und beschlossen, gemeinsam ihn zu attackieren. Dies sollte sich jedoch auch nur als ein Fehlschlag herausstellen. Chico wiederum konnte nur lachen. „Und ihr wollt gegen Vampire kämpfen? Ihr könnt ja noch nicht einmal mich besiegen! Und dann versucht ihr mit eurer überheblichen Art, euch selbst zu verletzten und zu besiegen? Das zeugt nur von Schwäche! Solange ihr nicht gelernt habt, worauf es ankommt, werdet ihr es nie schaffen, euch gegen die Vampire durchzusetzen“, verkündete er, legte das Schwert nieder und ging zur Hütte. Julie und Mira war dies deutlich peinlich geworden. Vanessa verstand jetzt auch, worauf Chico die ganze Zeit hinauswollte, und wusste, dass die nächsten Wochen zwar ein hartes Stück Arbeit werden würden, aber auch, dass sie vom besten Trainer lernen sollten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)