Immer anders! von TwinkleHearts (....als man denkt) ================================================================================ Kapitel 11: "Anderes Gesicht" ----------------------------- "Anderes Gesicht" Die Heimfahrt hatte schon längst begonnen und die Stimmung war gedrückt. Keiner wusste wie es Vera nun ging und Pit war mit ihr in Frankreich zurückgeblieben – mit Erlaubnis seiner Eltern. „Meinst du ihr geht’s gut?“ fragte ich Alex, ich drehte meinen Kopf zu ihm herum. Als sich unsere Blicke trafen erschauderte ich, kam es mir nur so vor oder hatte sich etwas verändert? Die Hand des Brünetten fand ihren Weg zu meiner und wir verhakten unsere Finger miteinander. Erst wollte ich meine Hand zurückziehen, doch warum…wir waren nun immerhin Freunde und Händchenhalten war doch kein Verbrechen oder? Vorsichtig drückte ich seine Hand etwas. Sogar der Abschied von Mia war mir schwergefallen obwohl wir uns nur so kurz kannten. Mit dem Versprechen das wir uns gegenseitig besuchen würde war ich in den Bus gestiegen. Ich fing einfach viel zu leicht an Leute zu mögen. „Mach dir keine Sorgen…Pit passt schon auf sie auf“ wisperte Alex und ich brauchte nicht einmal eine Sekunde um ihm diese Worte zu glauben. Ich lächelte leicht – was ich in letzter Zeit irgendwie viel zu häufig tat „Danke Alex…“. Der Ältere beugte sich zu mir und ich spürte seine weichen Lippen auf meiner Schläfe. Das war jetzt vielleicht doch etwas viel Nähe. Unsicher schaute ich zur Seite. Seine Lippen wanderten zu meinem Ohr und ich bemerkte wie sich meine Nackenhärchen warnend aufstellten. Ich ahnte schlimmes, doch bevor ich genug Abstand zwischen und bringen konnte war es zu spät „Keine Ursache, immerhin sind wir nun Freunde“ – zack hatte er mir ins Ohrläppchen gebissen. Ein ungesundes rot schlug sich auf meine Wangen und ich rückte schlagartig nach hinten, gegen die Fensterscheibe. „D-Du!“ ich brodelte vor Wut, das war eine Unverschämtheit! Neuring grinste mich breit an „Was ich?“ meine Hand hatte ich beschämt auf mein Ohr gepresst „Pass lieber auf das wir dich an der nächsten Raststätte nicht verlieren!“ dieser Idiot! Kein bisschen hatte er sich geändert! Höchstens zurückgehalten hatte er sich. Wie naiv ich doch gewesen war! Der Braunhaarige lachte „War doch nur ein Scherz“ Ne, sicher nicht! Es hatte sich ausgescherzt. Das Nächste was er bekam war ein Schlag in die Magengrube. Jetzt fühlte ich mich besser…abgesehen von dem komischen Gefühl in meiner Brust. „Dann hereinspaziert…“ Neuring schloss die Tür zu dem Haus seiner Familie auf. Es war gemütlich hier, definitiv und es sah nach vielen Kindern aus. Schon als wir durch den Garten gelaufen waren hatte ich es bemerkt. Es lag alles voll mit Spielzeug für Kinder. Aber im Haus war es ruhig. „Es wird noch keiner da sein, Mum und Dad arbeiten. Der Rest ist in der Schule und so…“ er schmiss seine Reisetasche in den Flur und lief einfach weiter. Meine Mutter würde mich dafür erschlagen „Wenn mein Vater kommt fährt er dich nachhause.“ Genau, ich würde nachhause gefahren werden. Erst wollte mich der Ältere gar nicht mit zu sich nehmen, erst als ich angefangen hatte zu betteln. Bei unserer Ankunft hatte es geregnet und ohne Handy konnte ich natürlich meine Mum nicht angerufen. Busticket hatte ich nicht bei, laufen kam nicht in Frage und Alexander wohnte gleich um die Ecke. Als wir im Wohnzimmer angekommen waren musste ich einfach staunte, überall hingen oder standen Fotos. Meine Mum hatte im Wohnzimmer genau drei Familienfotos zu stehen. Ich als Baby, ich aktuell und sie mit Dad auf ihrer Hochzeit. Irgendwie traurig. „Willst du einen Kaffee?“ „Gern!“ „Kommst du mit in die Küche?“ „Ja. Sind die alle mit dir verwandt?“ fragte ich den Älteren neugierig. „Die meisten davon sind meine Geschwister…“ „So viele?!“ gut ein bisschen entsetzt war ich schon. „Ich habe insgesamt acht Geschwister. Meine drei Älteren sind Jungs. Die Jüngeren sind drei Mädchen und noch mal zwei Jungs. Davon zwei Zwillingspaare…“ „Ich würde mich glaube ich erschießen….“ In der Zwischenzeit war ich ihm in die Küche gefolgt. Sie war riesig und genau in der Mitte stand ein großer Esstisch an dem sicher an die zwölf Menschen Platz fanden. „Alle von deinen Eltern?“ Der Kaffee lief mittlerweile durch und der Brünette drehte sich zu mir, lehnte sich mit der Hüfte an die Küchentheke. Er schüttelte den Kopf „Ne, Martin und Tom, die ersten Zwillinge sind aus Mums erster Ehe – also noch von meinem biologischen Erzeuger. Dann halt noch Andreas und ich, die kleinen sind alle von Patrick, meinem jetzigen Dad“ Biologischer Erzeuger? Hörte sich nicht nach einer guten Vater-Sohn-Beziehung an. Also entschied ich mich nicht nachzufragen. „Ist sicher manchmal chaotisch hier!“ ich konnte mir das gar nicht vorstellen immer hin war ich schon immer ein Einzelkind gewesen, wenn ich meine Cousine einfach ignorierte. „Es geht“ ein angenehmes Lachen erklang „Milch und Zucker?“ „Beides wenn es geht…“ „Und wie haben du und Mo euch kennengelernt“ fragte mich Alex und ich schaute irritiert auf. Wie kam er denn jetzt auf diese Thema „Das war ... ähm anders würde ich sagen. Bei unserer ersten Begegnung besaß er eigentlich die Absicht mich in alle Einzelteile zu zerlegen, hatte er aber nicht. Danach bekann er mich zu stalken und irgendwie habe ich mich in ihn verliebt“ ich fühlte wie mir ganz warm wurde als ich nur an meinen Freund dachte. Er war wirklich das Beste was mir je passieren konnte, trotz kleiner Meinungsunterschiede. „Einzelteile?“ „Na ja, er war damals nicht gerade der Netteste wenn man ihm quer kam“ „Sprich es doch aus, er war gewalttätig – zumindest so klingt es“ „Nein, er hatte niemanden ernsthaften Schaden zugefügt!“ beteuerte ich „Eigentlich ist er total der Softi, er zeigt es nur nicht so gern…“ Ich schaute auf „Alles okay Alex?“ er schien in Gedanken versunken. Als ich ihn ansprach zuckte er kaum merklich zusammen „Alles in Ordnung. Sorry. War nur eben etwas abwesend“ er reichte mir meinen Kaffee und ich konnte deutlich sehen wie er bedenklich die Stirn runzelte „Tut mir leid, dass ich dich so ausfrage…ich habe halt nur ein paar Gerüchte gehört, aber wenn du sagst das er nie wirklich jemanden etwas angetan hat, dann glaube ich es dir natürlich“. Gerüchte? Ich nippte an meinem Kaffee. Was für Gerüchte? Mo ging doch schon seit einer ganzen Weile nicht mehr auf unsere Schule… Ich wollte Neuring gerade nach näherem Fragen als wir das Knarren der Eingangstür hörte. Unsicherheit breitete sich in mir aus, was war wenn mich die Familie von Alex nicht mochte? Alex machte keine Anstalten sich von seinem Platz wegzubewegen und trank genüsslich seinen Kaffee weiter. Doch was sollte ich tun, sollte ich die Ankömmlinge begrüßen oder einfach hoffen sie würden mich nicht bemerken? „Ist das nicht Alexileins Tasche?“ „Jop, was macht der denn schon hier?“ „Er sollte doch erst in zwei Tagen wiederkommen!“ „Jop“ Es waren zwei männliche Stimmen. Ich schaute zu Alexander und presste meine Lippen fest aufeinander. Alexilein also?! Unsere Augen begegneten einander und er zog seine Augenbrauen verärgert nach oben. Jetzt wusste ich sein Geheimnis mein Großer. „Alexilein, komm raus, komm raus, wo immer du bist!“ sprachen die beiden Fremden im Chor. Waren das vielleicht die beiden älteren Brüder – die Zwillinge? „Komm schon. Wenn du scheiße gebaut hast und früher fahren musstest, sag es uns als erstes! Wir wollen die besten Plätze ergattern wenn Mum unser süßes Alexilein zusammenfaltet!“ Ich kicherte und sofort drang ein knurren über Neurings Lippen „Diese!“ Er stellte seinen Kaffee ab und begab sich schnellen Schrittes zur Küchentür „HALTET EURE SCHANDMÄULER! MÜSSTET IHR NICHT IN DER UNI SEIN?!“ ein gleichzeitiges „Uhiiiii, gefunden!“ ertönte und mein Klassenkamerad strauchelte einige Meter zurück. Zwei junge Männer erschienen in der Küche und mir erstarb die Fähigkeit auch nur ein Wort von mir zu geben. Beide sahen unglaublich gut aus und besaßen ziemliche Ähnlichkeit mit Alexander. Sie waren sicher schon 24 Jahre und waren definitiv die Zwillinge! Mit mindestens 1.95 Körpergröße schlugen sie meinen Freund bei längen. Sie waren recht schlang, allerdings konnte ich unter den engen Shirts – die sich nur von den Farben unterschieden – den gut trainierten Oberkörper erahnen. Und die tiefbraunen Augen waren zum dahin schmelzen. Der einzige Unterschied lag bei den Haaren dessen Schnitt unterschiedlich war, doch das gleiche natürliche Haselnussbraun besaß. Der Rechte – mit dem schwarzen Shirt – trug einen Millimeterhaarschnitt und der Linke – mit dem weißen Shirt und einem Bandaufdruck – trug etwas längere Haare die er in einem Zopf zurück gebunden hatte. „Jo, bin der Martin“ stellte sich der Kurzhaarige vor. „Und ich bin Tom, freut mich dich kennenzulernen“ der Andere reichte mir höflich die Hand, ich ergriff sie und stellte mich ebenfalls kurz vor. „Ist das dein Neuer Alexilein?“ wollte Martin wissen und musterte mich von oben bis unten. „Hört auf mich so zu nennen, ich bin keine zehn mehr wie oft denn noch?!“ oh oh Alex schien es wirklich zu stören. Ich kicherte leise vor mich hin. Die Zwillinge schienen wirklich freundlich zu sein. „Und nein, er geht in meine Klasse. Die Kursfahrt wurde übrigens wegen einem Unfall beendet und nicht wegen mir!“ „Schade~“ kam es im Chor, Tom blickte mich lächelnd an „Wir lieben es wenn meine Mum Alexilein runtermacht~“ Aha, das nannte man auch einfach nur Schadenfreude. „Dann werden wir uns wohl zauberhaft verstehen!“ erläuterte ich „Ich mache ihn auch sehr gerne schief von der Seite an!“ Damit hatten wir dann wohl Freundschaft geschlossen ganz zum Nachteil von Alexander. Nach etwa zwei Stunden – wirklich unterhaltsamen zwei Stunden – kam auch der Rest der Familie nachhause. Eine wirklich große Familie. Die Mutter war eine ziemlich hübsche Frau, allerdings Strohblond, genauso wie alle anderen jüngeren Geschwister von Alex. Das bedeutete wohl, Alex biologischer Erzeuger musste irgendwie aus eine südlicheren Land kommen – ursprünglich. Denn wo Alexander und seine älteren Brüder eher aussahen wie halbe Latinos, fand man gegenüber dem Rest keinerlei Ähnlichkeit. „Und du bist der Junge mit dem Jerry sein suspektes Hamsterprojekt hatte?“ fragte Frau Neuring mich neugierig. Erst wollte ich nicken, allerdings ließ mich etwas stocken. „Jerry?“ ich schaute verwundert zu Alex „Oh tut mir leid, ich bin die Einzige in dieser Familie die sich noch nicht daran gewöhnt hat Jerry nur noch mit seinem Zweitnamen zu rufen“ sie lächelte ertappt. Wie? Alex hieß gar nicht so richtig Alexander? Seine Mutter machte eine wegwerfende Handbewegung „Na ja Jungs in der Pubertät richtig. Aber egal ich frage mal meinen Mann wann er dich fahren kann Luca, kannst gerne mal wieder herkommen!“ Und weg war sie. Ein wahrer Wirbelwind. Dennoch „Das wusste ich ja gar nicht…“ der Brünette zuckte nur mit den Schultern „Eigentlich Jeremy-Alexander Neuring…“ mh „Alex hört sich besser an“ gab ich dazu „eben…“ Die Stille war komisch und irgendwie hatten wir uns überhaupt nichts mehr zu sagen. Erst als der Vater herankam um mich zu fahren gab es einen kurzen Abschied, ein „bis morgen…“ Hatte ich nur das Gefühl oder schien Alexander irgendwas zu bedrücken. Ein letztes Mal lies ich meinen Blick über die Bilder gleiten „Wer ist denn das hier?“ fragte ich Herr Neuring und zeigte auf einen doch ziemlich dicken Jungen mit Brille und ziemlich traurigem Gesichtszug auf einen der Bilder. Hier hatte ich ihn zumindest nicht gesehen. „Wie?“ der Vater blickte mich irritiert an und kurz darauf zierte ein freundliches Lächeln seine Lippen: „Darüber redet er zwar nicht gerne, aber das war mal Alexander…“ Wie bitte? Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)