Der unerwünschte Mieter von Pansy ================================================================================ Kapitel 13 ---------- Kapitel 13 „Aua!“, murmelt Joshua und reibt seinen Bauch an meinen Händen. Ich möchte gar nicht wissen, was wir für ein Bild abgeben, so aneinandergekuschelt, wie wir dastehen, und so wie sich Joshua gerade gegen mich bewegt. „’tschuldige“, murmele ich mit nun hochrotem Kopf zurück, aber ich musste mich eben unbedingt vergewissern, dass ich nicht schon wieder fantasiere. Vorsichtshalber zwicke ich mich auch gleich mal selbst und nehme den sachten Schmerz auf meinem Handrücken wohlwollend zur Kenntnis. Ich träume nicht. Das hier spielt sich nicht nur in meinem Kopf ab. Es ist die wundervolle, nie enden sollende Realität. Wow!!! Als ich diesen Fakt mit allen Fasern meines Körpers verinnertlicht habe, bekomme ich im Nu eine Gänsehaut und ich beginne leicht zu zittern. „Ist dir kalt?“, erreicht ein Flüstern mein Ohr. „Deine Haare sind auch ganz feucht.“ Schon mal dran gedacht, dass ich durch den Regen rennen musste? – übrigens der Grund dafür, dass ich mich ein paar Minuten zuvor ursprünglich umziehen wollte … Aber irgendwie süß, dass er sich Sorgen macht. „Nein, mir ist nicht kalt“, wispere ich. Vielmehr breitet sich in mir eine immer intensiver werdende Wärme aus, die ein sanftes Kribbeln hinterlässt. Mit meinem Gesicht immer noch an seine Brust gepresst kann ich den schnellen Rhythmus seines Herzens spüren. Diese extreme Nähe scheint also auch an ihm nicht spurlos vorbeizugehen, was mir ein leichtes Lächeln auf die Lippen zaubert. „Möchtest du meinem Wunsch immer noch nicht nachkommen?“ Meine Stimme ist nicht mehr als ein sanfter Hauch. Obwohl das gerade einer der schönsten Momente meines Lebens ist, muss ich diese Frage stellen. Seine vehemente Abwehr eben hat mich nur noch neugieriger gemacht und ich muss wissen, was er zu verbergen hat. Ich schmiege mein Gesicht noch enger an seinen Oberkörper und ziehe ihn mit meinen Händen an seinem Hemd noch weiter an mich heran. Mit geschlossenen Augen stehe ich da und atme ganz tief ein und aus. „Das hier ist ohnehin schon …“ „Was, Joshua?“, frage ich sacht. Seine Hände legen sich zu beiden Seiten meines Kopfes und drücken mich weg, sodass er mir in die Augen sehen kann. „Das hier darf nicht sein, Milly.“ Ich schwimme im tiefen Grün. „Warum nicht, was ist so falsch daran?“ „Einfach alles.“ Warum nur? Warum sagt er so was? „Dann sag mir endlich die Wahrheit.“ Das heimelige Gefühl in mir weicht allmählich bitterem Bewusstsein. „Lass mich los“, fordere ich halbherzig, doch er hält mich eisern fest. Er steht nur da und sieht mich mit diesem undefinierbaren Blick an. Ist das Reue in seinen Augen? Verlangen? Abneigung? Leidenschaft? Was denn nun? „Joshua, entscheide dich endlich. So kann das nicht weitergehen.“ Kann er mit nicht endlich deutlich machen, was er will? Mich umarmen, mir aber nichts über sich erzählen. Mir zum Teil fiese Sprüche an den Kopf werfen und mich im nächsten Moment berühren. Seine Handlungen widersprechen sich und ich brauche zumindest ein bisschen Klarheit. Es kann nicht angehen, dass er mich völlig verwirrt von einer Situation in die nächste schubst. So geht das einfach nicht. „Du weißt nicht, was du von mir verlangst“, erwidert er gequält. „Du machst alles kaputt und weißt es nicht einmal.“ Schiebt er mir gerade die Schuld an diesem Gefühlschaos in die Schuhe? „Klär mich endlich auf!“, protestiere ich, nun etwas lauter. Wir sind uns so verdammt nah und er müsste nur wenige Zentimeter überwinden, um mich zu küssen, aber stattdessen wirft er mir vor, dass ich alles kaputtmache. Er hat wirklich Talent, die romantische Stimmung in mir mit einem Schlag zu vernichten. „Was mache ich überhaupt kaputt?“, frage ich ernsthaft, denn ich weiß es nicht. Er sagt mir ja nichts. Alles, Milly, einfach alles. Nichts anderes steht in seinen Augen geschrieben. „Wenn das so ist“, meine ich resigniert und wende den Blick ab. „Dann kannst du hier nicht länger woh-“ Noch ehe ich den Satz beenden kann, fühle ich mit einem Mal seine Lippen auf meinen. Ich reiße meine Augen weit auf, möchte aufbegehren und ihn zurückweisen, doch ich bin dieser verzweifelten Berührung machtlos erlegen. Während er seine Hände noch fester gegen meinen Kopf presst, beginnt ein Sturm in mir zu toben und nur Wimpernschläge später schließe ich die Augen und erwidere den Druck seiner Lippen. Obwohl ich nichts sehen kann, tanzen vor mir kleine Sterne, einer heller als der andere, einer schöner als der andere. Alles, was ich fühle, ist das weiche Fleisch seiner Lippen, die sich immer fordernder gegen meine bewegen. Nur am Rande meines Bewusstseins bekomme ich mit, wie sich meine Finger immer fester in seinem Hemd verkrallen und ihn noch enger an mich ziehen. Leise Verzweiflung schwingt zwischen unseren Mündern mit, sowohl von seiner Seite als auch von meiner. Doch alles, was ich in diesem Moment denke, ist, dass ich ihn nie mehr loslassen möchte, dass diese wenn auch etwas verkrampfte Berührung niemals enden solle. Doch noch bevor der Kuss richtig beginnen kann, löst er ihn und lässt seine Hände an meinen Armen hinabgleiten, bis sie schlaff an seinem Körper herabhängen. Bebend stehe ich da und traue meinen wabeligen Beinen nicht, meine Augen öffnen sich von ganz alleine. Wir sehen uns an und gleichzeitig durch uns hindurch. Er setzt an, um etwas zu sagen, doch es dringen keine Worte aus seinem Mund. „Sagst du es mir jetzt?“, erkundige ich mich stattdessen, leise, unsicher, verwirrt. Keine Ahnung, warum gerade ich diejenige bin, die diese Vibration zwischen uns mit Worten zerstört. Mein Blick wandert über seine Lippen und ich kann nicht glauben, dass sie eben auf meinen lagen. „Das geht nicht.“ Ich kann das nicht mehr hören! „Was geht nicht?“ Langsam und mit zu Fäusten geballten Händen wendet er sich ab und ich sehe wie paralysiert dabei zu, wie er eine Stufe nach der anderen hoch zur Galerie nimmt. Erst als er aus meinem Blickfeld verschwunden ist, komme ich wieder zu mir und spüre Zorn in mir aufsteigen. Das eben hätte der schönste Moment meines Lebens sein sollen und alles, was ich gerade fühle, ist Wut. Ich stapfe ihm hinterher und baue mich vor dem Bett auf, in das er sich mit hinterm Kopf verschränkten Armen gelegt hat. „Du kannst mich nicht erst küssen und dann einfach verschwinden!“, herrsche ich ihn an. „Und ob ich das kann.“ Herausfordernd sieht er mich von unten herauf an. „Siehst du doch.“ Ein lautes Zischen dringt aus meinem Mund, während ich meine Hausschuhe von meinen Füßen kicke. Mit beiden Händen packe ich ihn und zerre an ihm. „Steh auf, dann kann ich dir wenigstens von Angesicht zu Angesicht sagen, was ich von all dem hier halte!“ Behände schlingt er seine Arme um meine Hüften, legt sein eines Bein von hinten an meine und dreht mich blitzschnell um, sodass ich mit dem Rücken auf der Matratze lande. Keuchender Atem dringt aus meinem Mund und ich sehe ihn entsetzt an, meine Hände verweilen noch genau dort, wo ich ihn gepackt habe. „Dass du immer so hartnäckig sein musst“, knurrt er halb auf mir liegend. Ich blinzele und fühle mich aller Worte beraubt. Wie in Trance starre ich ihn an und versuche auszumachen, ob die Wut oder ob die verzweifelte Hoffnung in mir überwiegt, ob ich ihn von mir stoße oder ob ich ihn an mich ziehe und ihn zur Besinnungslosigkeit küsse. Der Kerl macht mich schier wahnsinnig, in so vielerlei Hinsicht. Seine Hände umfassen noch immer meine Hüften und sein Gesicht schwebt knapp über meinem. Finger um Finger löse ich meine Hände von seinem Hemd und lege sie an seine Wangen. Ich kann ihn nicht wegstoßen. Wenn ich auf meinen Verstand hören würde, müsste ich es tun. Aber ich kann es einfach nicht. Ich spüre, wie sich kleine Tränen in meinen Augen sammeln. Wie gerne würde ich ihm sagen, dass ich für ihn da bin, dass er mir vertrauen kann und mir alles erzählen kann. Doch auch das kann ich nicht. Ich weiß, dass das der Zeitpunkt ist, an dem ich einen Schlussstrich ziehen sollte, um noch einigermaßen glimpflich aus dieser Sache herauszukommen, aber dafür schwimme ich bereits zu sehr im tiefen Grün, das sich mir so unbarmherzig offenbart und mich mühelos von Kopf bis Fuß gefangen nimmt. Ich sinke immer tiefer und streiche abwesend mit meinen Daumen über sein Kinn, über seine Lippen und über die kürzlich rasierte Haut seiner Wangen. Obwohl ich mir bewusst bin, dass es kein Zurück mehr geben wird, hebe ich meinen Kopf an und hauche ihm einen Kuss auf seinen Mund. Während ich meinen Hinterkopf wieder auf das Kissen bette, verändert sich sein Gesichtsausdruck. Doch noch ehe ich ihn deuten kann, spüre ich seine Hände über mich hinwegwandern, mein Gesicht umklammern und seine Lippen, die sich fest auf meine pressen. Was unten im Wohnzimmer so zaghaft war, gleicht jetzt einer ungestillten Gier. Seine Lippen bewegen sich so ungestüm und fordernd gegen meine, dass ich nicht umhin kann, diese ein wenig zu öffnen. Und schon fühle ich seine Zunge nach meiner tasten. Meine Finger wandern in seinen Nacken und ziehen ihn ganz eng an mich, was ihm ein kleines Stöhnen entlockt, das ich gierig in mich aufsauge. Erst dann vergrabe ich meine Hände in seinen Haaren. Mein Herz hämmert, meine Lunge schreit nach Luft, meine Lippen beben, als wir uns voneinander lösen. Immer wieder schließe und öffne ich die Augen, um die Tränen wegzublinzeln, die sich in ihnen gesammelt haben. Sanft fährt er mit seinen Fingern über meine Lider und streicht das salzige Nass weg. Er lächelt mich an. Auch wenn ich weiß, dass er etwas vor mir verbirgt, bin ich ihm nun restlos verfallen. Und dennoch kann ich nicht so tun, als ob alles in Ordnung wäre. Ich kann es einfach nicht. „Was ist es, Joshua?“, hauche ich. Langsam rollt er sich von mir herunter und legt sich neben mich. Ich sehe ihm an, dass er nicht gewillt ist, es mir zu sagen. Das fiese Stechen in meiner Brust kann ich einfach nicht ignorieren, so gerne ich auch möchte. Ich zwinge mich zu einem Lächeln, hauche ihm einen letzten Kuss auf seine verführerischen Lippen und stehe auf. Einerseits voller Freude, andererseits voller Schwermut steige ich in Strümpfen die Holztreppe hinab und verziehe mich in mein Schlafzimmer. Solange ich nicht weiß, was er vor mir verheimlicht, kann ich nicht bei ihm bleiben. Gedankenverloren fahre ich mit meinen Fingern über meine Lippen. Wir haben uns geküsst, wahrhaftig geküsst. Und ich weiß gerade nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)