Shahar - Light in the Darkness von -Autumn- (Akt I ♥ Alle Dunkelheit der Welt kann nicht das Licht einer einzigen Kerze löschen.) ================================================================================ Kapitel 2: Attacks ------------------ Angriffe Im langsamen Schritt lief Xanthos durch den langen Vorhof zum Tor. Mein Blick ging starr gerade aus auf das, noch, geschlossene, massive Tor. Hinter mir plätscherte der riesige Brunnen, der den Vorhof abschloss und dann mehrere Durchgänge ins Stadtinnere freigab. Dieser wurde von riesigen Säulen aus weißem Granit gesäumt. Auch der Boden, auf dem wir uns bewegten, bestand aus weißen Granitsteinen. An den Wänden hingen Flaggen, Banner und Wappen, alle mit dem Zeichen der Stadt. Wachen schirmten die verschiedenen spitzbögigen Zugänge zur Stadt ab. Niemand sollte unbemerkt hineingelangen. Die Decken waren sehr hoch gebaut. Das ganze wirkte nicht wie ein Vorhof, sondern wie ein kirchenähnliches Gebilde. Doch er war nichts gegen die weiße Kathedrale im Herzen von Varanas. Die Flügel des gigantischen Tores öffneten sich und ich konnte meinen allerersten Blick nach draußen erhaschen. An das Tor schloss sich eine gebogene, weiße Brücke an, aus demselben Granit, aus dem Varanas bestand. Prunkvoll verziert säumte der Übergang einen Weg auf die andere Seite, auf den Boden Shahars. Die Wachen wiesen mich mit Handzeichen dazu an, über die Brücke zu gehen. Ich trieb Xanthos wieder etwas an, und er schritt über die Brücke. Die Bäume auf der anderen Seite kamen mit jedem Schritt näher und mein Herz schlug jedes Mal ein bisschen schneller. Schließlich waren wir am Brückenende angekommen und ich konnte schon hören, wie das Tor bereits wieder geschlossen wurde. Tief atmet drehte ich mich samt Xanthos noch einmal herum. Die Sonne stand hoch und brachte die Stadtmauer regelrecht zum leuchten. Das Stadttor, mit den beiden weißen Türmen, ragte vor mir empor. So schnell würde ich es wohl nicht wieder sehen, vielleicht nie wieder. Mein Herz zog sich bei diesem Gedanken schmerzhaft zusammen. Meine Angst war noch niemals so groß. Ich kannte mich kein Stück in diesem Land aus, es war mir fremd. Und doch würde ich es ab jetzt bereisen, es gab kein zurück mehr. Ich drehte meiner Heimat den Rücken zu und kramte die Landkarte aus meiner Tasche. Da ich vor einer Weggablung stand, war ein Blick darauf bitter nötig. Der linke Weg würde mich Richtung Süden führen, wie es Dwight von mir verlangte, der andere gen Norden. Ich verstaute die Tasche und lenkte Xanthos auf den linken Weg. Ich ritt nicht allzu schnell, weil ich mir die Landschaft genau betrachten wollte. Das Gebiet, in welchem ich mich befand, nannte sich Silberquell. Es gehörte, fast ausschließlich uns Menschen, wie ich mir in Erinnerung rief. Die Ebene hier war schon immer wichtiges Ackerland gewesen, es wurden sogar Erze gefördert. Daher hatte dieses Gebiet auch seinen Namen. Obwohl kein Silber abgebaut wurde. Silber stand für die Magie, die wir Menschen so gut wie gar nicht besaßen. Die Ebene selbst glich auch an vielen Stellen einem Wald, hohe Bäume säumten die Wege und versteckten die Lebewesen, die man finden könnte. Neben dem Wald, den Ackerflächen und den unzähligen Bergen bestand Silberquell auch aus Sumpf. Ab und an blieben Xanthos und ich stehen, damit ich mir kurz selbst die Beine vertreten konnte. Ich saß schon länger nicht mehr auf einem Pferd oder war geritten. Daran musste ich mich erst wieder gewöhnen. Jedenfalls konnte ich bei diesen Pausen Dinge sehen, die mich faszinierten. Als erstes sah ich hyänenähnliche Säugetiere, zwei Stück auf einmal. Unweit davon konnte ich eine Herde aus Warzenschweinen erkennen. Die Hyänen schlichen sich an diese heran, um eines der schwächeren Tiere zu erlegen. Doch die Keiler wehrten sich mit ihren Hauern. Ein Kampf zwischen den verschiedenen Tierarten entstand, welchem ich aufmerksam folgte. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen. Als Xanthos jedoch unruhig wurde, stieg ich wieder auf und ritt weiter. Nach einiger Zeit kam ich an einer Holzbrücke an, die über den Fluss führten, der munter durch die Ebene plätscherte. Hier prangen die Wappen meiner Heimatstadt an Masten empor. Einige Bauern kamen mir entgegen und grüßten mich. Freundlich lächelte ich ihnen zu. Der Hauptweg war nun teils mit Holzzäunen abgegrenzt. Es wuchsen, neben den Bäumen, die unterschiedlichsten Kräuter und einige Pilze. Ich genoss die klare Luft, den Sonnenschein, der jedoch schon schwächer wurde und das Gefühl der Freiheit. Ich war so ins träumen vertieft, dass ich fast nicht bemerkte, was meinen Weg kreuzte. Erschrocken zog ich die Zügel an, was Xanthos gar nicht gefiel. Vor uns auf dem Weg hockte ein riesiger Käfer, größer als eine Katze, ja sicherlich größer als ein Hausschwein! Er wirkte so groß wie eine Kuh, sein Panzer glänzte im Sonnenlicht dunkelgrün und er mache keine Anstalten, den Weg zu verlassen. Ich bekam Panik. War dieses Wesen gefährlich? Sollte ich reiß aus nehmen, es töten, was ich nie über mich bringen würde, oder es einfach ignorieren? Der Käfer machte einige Schritte auf uns zu und ich rutschte unruhig im Sattel hin und her. Seine helleren Punkte leuchteten auf und ihm nächsten Moment breitete er seine Flügel aus und flog über uns hinweg. Ich konnte mir jedoch einen spitzen Schrei nicht verkneifen. Das Echo hörte man sicherlich in ganz Shahar. Erschrocken atmete ich auf und sah dem Tier nach. „Das kann ja was werden…“, murmelte ich und setzte meinen Weg fort, nachdem sich meine Atmung wieder normalisiert hatte. Im Sonnenuntergang konnte ich im Osten ein hohes Gebäude entdecken. Das einzige, was ich jedoch erkennen konnte war, dass es riesig war und komplett dunkel. Ich wendete den Blick ab und ritt weiter, doch jetzt trieb ich Xanthos an. Ich wollte, bevor es komplett dunkel wird noch einen geeigneten Platz zum Schlafen finden. Bisher hatte ich keinen gesehen und bisher hatte ich zuviel Angst von wilden Tieren angefallen zu werden. Mit der Zeit wurde das Gras grüner und saftiger, die hohen Bäume verschwanden nach und nach, wurden niedriger. An ihrer Stelle taten sich Berge auf, große und kleine. Ich ritt in ein Tal hinein. Hier dürfte es ja wohl nicht zu schwer sein, einen geeigneten Platz zu finden. Schließlich fand ich wieder Bäume vor, die jedoch noch höher waren, als in Silberquell. In der Nähe eines sehr großen Baumes, der in den Himmel zu reichen schien und sehr alt war, hielt ich Xanthos an. Ich band ihn an einem Baum fest, striegelte sein Fell und versorgte ihn, dann machte ich mich an mein eigenes Lager für die Nacht. Das Zelt stand genau dann, als ich fast nichts mehr sehen konnte. Ich entzündete nicht erst ein Feuer. Ich war zu müde um noch irgendetwas zu tun. Schließlich krabbelte ich nur in mein Zelt und wenig später übermannte mich die Müdigkeit. Durch ein Schnauben an einer der Zeltwände wurde ich aus dem Schlaf gerissen. Mit klopfendem Herzen setzte ich mich auf und lauschte. Es hörte sich an, als würde irgendetwas ganz in der Nähe an Holz schaben. Ich zögerte. Sollte ich nach draußen treten, oder lieber nicht? Würde, was auch immer da war, mich anfallen, oder schnell verschwinden? Und wieso gab Xanthos keinen Laut von sich? Immer noch unsicher zog ich mich wieder an und öffnete leise das Zelt. Die Geräusche blieben, wo sie waren. Das war gut für mich. So lag der Überraschungsmoment auf meiner Seite. Bevor ich hinaustrat umschloss ich das Amulett mit meiner Hand und dachte an meine Eltern. Langsam zog ich den Eingang des Zeltes auf und kletterte hinaus. Meinen Dolch hatte ich sicherheitshalber in die Hand genommen. Zuerst wandte ich mich links um das Zelt, aber da war nichts. Xanthos schlief auch seelenruhig im stehen. Hatte ich mir das vielleicht nur eingebildet? Doch dann wandte ich mich rechts ums Zelt und sah, wie am Vortag, Keiler, jedoch waren diese kleiner und ihr borstiges Fell hatte eher einen Braunton. Als sie mich sahen, rannten sie schnell davon. Soviel zur „großen Gefahr“ die auf mich lauert. Während dem Frühstück durchblätterte ich das Buch über Shahar, welches mir mehr über die Gegend verraten sollte. Das Gebiet wurde als die Heulenden Berge bezeichnet, in welchem die Bewohner hauptsächlich Werwölfe seien sollen. Also Menschen, die sich in Wölfe verwandeln können. Ich suchte mir im Glossar erstmal mehr über diese Wesen. Dort stand, dass diese Menschen zwei Seiten haben, eine tierische und eine menschliche. Zu jeder Tageszeit und zu jedem Umstand können sie sich in beide Körper verwandeln. Den Umständen entsprechend kommt ihre tierische Seite mehr durch, als die menschliche. Vom Mond fühlen sie sich magisch angezogen. Ihre Größe in der tierischen Form sollte um einiges größer sein, als die eines normalen Wolfes. Auch konnte man sie daran erkennen, dass ihre Augen menschlich aussahen und sie auch in dieser Form sprechen konnten. Als ich zurückblätterte und weiter las erfuhr ich, dass die Berge ihren Namen deshalb tragen, weil man Wölfe heulen hören kann. Wie passend eigentlich. Beschrieben wurde die Gegend als offenes und mit einem Blick überschaubares Grasland, welches von Bergen umgeben wird und diese durch ihre Steinzacken eine leichte unheimliche Stimmung verbreiten. Ich vernahm ein Heulen, welches eindeutig von einem Wolf zu stammen schien. Eilig packte ich meine Sachen zusammen und belud Xanthos damit. Wenn mich die Werwölfe entdeckt haben – ja, was war dann? Musste ich Angst vor ihnen haben? Soll ich sie bekämpfen? Oder abhauen? Dwight hatte gesagt, dass in Logar Hilfe auf mich warten würde, aber Logar war die Hauptsiedlung der Heulenden Berge, durch und durch von Werwölfen bewohnt (Naturkunde war eben doch nicht ganz umsonst!). Wenn die Hilfe also nicht wölfisch war, wie sollte sie mich dann überhaupt erreichen? Ein silberner Wolf trat aus dem Gebüsch. Zähnefletschend schlich er sich an mich heran, er schien nicht freundlich gesinnt zu sein. Zögernd wich ich zurück, auch Xanthos wieherte unruhig. Ich war immer noch unentschlossen, was sollte ich tun? Der Wolf nahm mir in dem Moment die Entscheidung ab, als er zum Angriff ansetzte. Meine Hand, indem ich den Dolch fest umklammert hielt, zitterte als ich sie anhob, um mich zu verteidigen und gleichzeitig gewaltig zurückwich, sodass der Wolf ins Leere sprang. Knurrend wandte er sich wieder zu mir, doch ein anderes Brüllen lenkte ihn plötzlich ab. Er sah in eine andere Richtung und flüchtete schnell von dannen. Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend wandte ich mich ebenfalls in die Richtung, aus der das Brüllen stammte, und erstarrte. Ein gewaltiger Grizzlybär mit scharlachroten Augen trottete auf mich zu. Sein Knurren war bestialisch und das Herz sackte mir endgültig in die Hose. Der Bär würde mich freudig in Stücke reißen und ich konnte weder mit dem Dolch, noch mit Pfeil und Bogen, an den ich gerade sowieso nicht dran kam, irgendwas ausrichten. Als ich weiter zurück wich, beschleunigte sich sein Gang und ein blutdürstiges Brüllen verließ sein Maul. Vor Schreck ließ ich meinen Dolch fallen, was ihn nur weiter dazu anstachelte schneller auf mich zuzutapsen. Kurz bevor ich dachte, ich müsste mich von meinem Leben verabschieden erklang ein Heulen. Der Bär brüllte erneut, doch Wölfe antworteten ihm und sprangen über mich hinweg. Sie waren um einiges größer als der silberne Wolf davor. Sie fletschten wütend ihre Zähne und als der Bär zum Angriff ansetzte, griffen sie ihn ebenfalls an. Eine wilde Rangelei entstand. Bestialisches Knurren war immer wieder zu vernehmen, welches teils von den Bergen zurückgeschallt wurde. Der Gestank von Bär und Wolf überlagerte die saubere Luft. Fellbüschel und Fetzen der Haut flogen umher, Blut floss auf das saftige Grün. Ich schloss irgendwann meine Augen, atmete nur noch durch den Mund und hielt mir die Ohren zu. Ich war für so etwas einfach nicht gemacht. Am liebsten würde ich wieder nach Hause und mich dort in meinem Bett verkriechen. Wieso soll auch ausgerechnet ich diese blöde Reise antreten? Ich wünschte, es wäre alles anders! Ein lauter, quälender Laut drang auch durch meine geschlossenen Ohren hindurch und erweckte meine Aufmerksamkeit. War jetzt irgendwer gestorben? Neugierig, und doch ängstlich, öffnete ich die Augen. Der Bär sackte in sich zusammen, überall war Blut. Es wirkte, wie auf einem Schlachtfeld. Die beiden Wölfe, ich vermutete, dass es wirklich Werwölfe waren, waren eher unverletzt. Blut klebte zwar in ihrem Fell, aber es war nicht ihr eigenes, da war ich mir ziemlich sicher. Sie drehten zeitgleich ihre Köpfe zu mir herum. Unter ihren Blicken aus menschlichen Augen zuckte ich beinahe zusammen. Sie empfingen mich auch nicht gerade mit offenen Armen. „Was sucht ein Menschenmädchen hier auf unserem Gebiet?“, ertönte die Stimme von dem linken, grauen Wolf. Ich schluckte, trotzdem blieb mein Mund trocken. Der rechte, schwarze Wolf kam auf mich zu. „Rede, oder du endest sofort wie der Bär.“ Mit zittriger Stimme sagte ich: „Ich heiße June und bin für den Rat von Varanas auf der Durchreise. Man sagte mir, dass ich in Logar Hilfe bekäme. Ich will nichts Böses…“ Die beiden Wölfe wechselten einen Blick. Dann fragte der graue: „June Eloise Ramis?“ Verblüfft blinzelte ich ihn an. „Ja.“ Beide neigten ihre Köpfe, als würden sie um Entschuldigung bitten. „Es tut uns leid, wir hatten keine Ahnung. Ich bin Share und das ist Kyle. Wir sind Krieger und beschützen unsere Siedlung. Wir haben dich schon erwartet.“ Der schwarze Wolf, Kyle, führte die Rede des anderen weiter: „Uns wurde gesagt, dass du herkommst. Im Gegensatz zu anderen Rassen sind wir nach ganz so aggressiv gegenüber Menschen.“ Innerlich lachte ich auf. Das hatte man gemerkt. Ihre Drohung, dass sie mich umbringen würden, wenn ich nicht sofort etwas sagte, klang mir noch immer in den Ohren. Aber ich nickte nur leicht. „Dann komm mit. Es gibt viel zu tun.“ Share deutete mit seiner Pfote auf Xanthos, was soviel hieß wie, dass ich aufsteigen und ihnen folgen sollte. Aber Xanthos war unruhig durch die Geschehnisse und so konnte ich nicht aufsteigen. „Ich glaube, ihr jagt ihm Angst ein“ Ich vernahm ein Lachen. „Nein, dass war der Bär.“ Skeptisch streichelte ihn Xanthos über die Stirn und nahm ihn an den Zügeln. „Ich laufe. Ist es denn noch sehr weit?“ „Nein. Ungefähr eine halbe Stunde dürften wir so brauchen. Wir sollten trotzdem keine Zeit verlieren.“ To be continued. Hosted by Animexx e.V. 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