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Kiss all Frogs, one may be your Princess

von

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Von Fröschen mit weißen Pferden

Die Musik spielte laut, die Ozkothek war zum Bersten voll mit Schülern. Draußen vor der Tür hatte sich schon eine lange Schlange gebildet. Eine Schlange aus Studenten, die hofften vielleicht doch noch hineinzukommen, obwohl sie wussten, dass keinen ihrer Kommilitonen den Saal vor dem Morgengrauen verlassen würde. Vor allem nicht, weil Galinda heute ebenfalls auf der Tanzfläche war.

Die Scheinwerfer, die das bunte Licht in wilden Mustern auf die Tanzfläche warfen, die ohrenbetäubende Musik, das Gedränge der tanzenden Menschen, all das machte Galindas Leben aus. Ein kleiner Flirt hier, eine wilde Romanze dort, so manche Herzen hatte Galinda schon brechen gesehen und nicht wenige davon hatte sie selbst gebrochen. Wie oft ihr eigenes Herz schon gebrochen worden war, ließ die Blonde sich nicht anmerken.

Ausgelassen wirbelte Galinda über die Tanzfläche, sie ließ keine Gelegenheit aus, um sich in Szene zu setzten, Jungen auf sich aufmerksam zu machen.
 

Elphaba war da ganz anders. Grundsätzlich betrat sie die Ozkothek nicht. Erst ein paar Mal hatte Galinda sie so lange genervt, bis sie schließlich nachgegeben hatte. Doch zum Tanzen hatte Galinda sie noch nicht gebracht. Sie würde es auch nicht schaffen, dachte die Grüne bei sich.

Elphaba saß immer in der äußersten Ecke des Saals, so weit wie möglich von der Tanzfläche entfernt.

Auch heute hatte Elphaba sich von ihrer Zimmergenossin breitschlagen lassen und war ihr in die überfüllte Ozkothek gefolgt.

„Alle Prüfungen sind geschrieben!“, hatte Galinda gesagt und Elphaba mit einem Hundeblick angesehen. Sie hatte ja recht, übermorgen würden die Semesterferien beginnen.

„Komm schon, Elphie!“, schon den ganzen Tag hatte Galinda von nichts anderem gesprochen, bis die Grüne endlich zugestimmt hatte mitzukommen.

Elphaba bereute die Entscheidung immer noch, eine halbe Ewigkeit saß sie nun schon auf einem Stuhl an der Bar und starrte auf die Tanzfläche. Niemand hatte sie zum Tanzen aufgefordert, und niemand würde es tun. Doch selbst wenn, hatte Elphaba sich geschworen, die Aufforderung abzulehnen.

Galindas Locken hüpften um ihr Gesicht, während sie tanzte.

Ein gutaussehender, braunhaariger Student tanzte gegenüber von ihr.

„Wenn ich bitten dürfte?“, hatte er Galinda aufgefordert und Elphaba hätte am liebsten ‚Nein, darfst du nicht!‘ geschrien, doch wie immer war sie stumm geblieben. Solche Gefühle waren nicht angebracht.
 

Die Blonde schritt langsam auf den Braunhaarigen zu und legte ihre Arme um seinen Nacken. Galinda verstand sich darauf, Männer zu verführen.

„Komm raus hier“, flüsterte sie ihm ins Ohr und zog ihn quer über die Tanzfläche hinter sich her, hinaus aus dem Gedränge in das kleine Umkleidezimmer neben der Toilette.
 

Elphaba hatte Galinda schon oft beobachtet und sah sie jedes Mal das Gleiche tun. Immer wieder zerrte sie Studenten in den kleinen Raum. Die Grüne hielt nicht viel davon und spürte jedes Mal einen kleinen Stich, wenn Galinda einen neuen Jungen hinter sich her zog.
 

Es war eng in der Kabine, man konnte kaum 3 Schritte gehen, doch hier waren sie sicher vor neugierigen Blicken, so dachte Galinda sich jedenfalls. Eine altersschwache Lampe tauchte den Raum in ein schummriges Licht, gerade hell genug, um sein Gegenüber noch zu erkennen.

Galinda verschloss die Tür, bevor sie sich erneut dem Studenten zuwandte.

Sie sah in seine schokoladenbraunen Augen und lächelte verführerisch.

Galinda tat kleine Schritte auf ihn zu.

Der junge Mann schlang seine Arme Galinda und drückte sie in einem leidenschaftlichen Kuss gegen die Wand.

Im Raum nebenan spielte die Musik noch genauso laut wie zuvor, also brauchten sie sich auch keine Sorgen machen, dass ungehörige Laute nach draußen dringen könnten.

Galinda schnurrte leise und der Braunhaarige öffnete seine Hose während Galinda ihr Beine um sein Becken schlang. Die Blonde krallte sich in seine Haare und er begann, ihren Hals und ihre Brüste zu küssen.

Sie wartete darauf, dass sich ein Gefühl einstellte, so etwas wie Liebe, doch es tat sich nichts.
 

Galindas Atem ging stoßweise und ihr Stöhnen wurde immer lauter.

All das hier beschaffte ihr Befriedigung, doch es blieb die Leere in ihr. Das Wissen, wieder nicht den Richtigen gefunden zu haben, denn Galinda hielt noch immer verzweifelt an ihrer Vorstellung eines Prinzen auf einem weißen Pferd fest, der Kuss der wahren Liebe. Sie hatte Angst davor, niemals ihren Prinzen zu finden, Angst vor dem Gerede der Leute.

Galinda war nach wie vor oberflächlich, warum auch nicht? Bisher hatte sie es nicht anders gelernt.
 

Elphaba wandte sich zu Boq, der neben ihr saß.

„Tanzt du gar nicht?“, fragte die Grüne, vielmehr schrie sie, da der Munchkin sie sonst nicht verstanden hätte. Elphaba hasste laute Musik.

Boq wurde rot, „Nein, ich habe noch keine entdeckt, die mit gefällt.“

Elphaba lachte, „Du meinst, du traust dich nicht, eine zu fragen.“, stellte sie ernüchternd fest.

Erst schien es, als wollte Boq wiedersprechen, doch dann klappte er den Mund beschämt wieder zu und nickte traurig.

Elphabas Grinsen verging ihr, als sie Galinda und den jungen Mann aus dem Nebenraum kommen sah. Galinda lachte und versuchte, unbeschwert zu wirken, fröhlich, wie immer, doch es gelang ihr nicht und Elphaba sah es.

Die Grüne drehte den Kopf schnell weg, als sie sah, dass Galinda zu ihr schaute. Elphaba hatte die Traurigkeit, den verstörten Blick Galindas entdeckt und es tat ihr weh, die Blonde so zu sehen. Trotzdem unternahm Elphaba nichts wie immer, aus Angst Galinda lächerlich zu machen. Hilflos beobachtete die Grüne ihre Zimmergenossin. Sie würde sie erst später auf dem Zimmer im Arm halten und sie trösten.
 

Galinda tanzte noch eine Weile, bis sie die Kraft und auch der Mut verließ und machte sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer.
 

Elphaba sah, wie die Blonde die Ozkothek verließ und wandte sich zu Boq.

„Ich denke, ich gehe nun“, doch ihre Worte blieben ungehört, denn der kleine Munchkin tanzte mit einem hübschen, rothaarigen Mädchen, das sogar noch ein Stück kleiner war als er. Elphaba lächelte, sie freute sich für Boq, doch ehe sie näher über ihn nachdenken konnte, eilte sie schon Galinda hinterher.
 

Die Blonde fror, sie wünschte sich nichts sehnlicher als starke Arme, die sie hielten und wärmten.

Als sie ihren Namen hörte, drehte sie sich nicht um. Sie stapfte weiter, sie wollte einfach nur fort.
 

„Galinda!“, immer wieder rief Elphaba nach ihr, doch die Blonde wollte nicht stehen bleiben.

Die Grüne beschleunigte ihr Tempo.

Galinda lächelte Elphaba schwach an, als diese ihren Arm um sie legte.

„Es ist früher als sonst.“, bemerkte Elphaba nur, sonst sprachen sie kein Wort.
 

Als Galinda sich schließlich in ihrem Zimmer auf ihr Bett fallen ließ, konnte Elphaba sich nicht mehr zurückhalten.

„So geht das nicht, Galinda! Du zerstörst dich!“, die Grüne hatte nicht schreien wollen, doch die Angst um Galinda hatte ihre Stimme immer lauter werden lassen.

Die Antwort, die Elphaba erhielt, war nur ein leises Schluchzen.

Seufzend setzte die Grüne sich neben Galinda auf das Bett und hielt sie im Arm, während sie leise weinte.
 

Nachdem sie sich einigermaßen beruhigt hatte, half Elphaba Galinda beim Umziehen und deckte sie zu.

„Gute Nacht“, sagte die Grüne und gab der Blonden einen Kuss auf die Stirn.

Galinda hielt Elphabas Kopf fest, sah ihr in die Augen und küsste sie verzweifelt.

Die Grüne ließ sich auf den Kuss ein und erwiderte ihn, doch als die Blonde Elphaba zu sich ins Bett ziehen wollte, löste die Grüne sich aus Galindas Klammergriff.

„Nicht jetzt…“, hauchte Elphaba ernst, „Nicht so…“

Von Prinzessinen mit schwarzen Hüten

Galinda wachte auf, als die ersten Sonnenstrahlen ihre Nase kitzelten. Elphaba war natürlich schon lange auf den Beinen.

Während Galinda sich langsam aus dem Bett quälte, packte Elphaba ihre Koffer.

„Du fährst nach Hause über die Ferien?“, Galinda wollte nicht allein auf Shiz bleiben und diese Angst vorm Alleinsein war deutlich in ihrer Stimme zu hören. Angst davor, niemanden zu haben, dem sie vertraute. Angst vor der Stille. Stille, die ihr die Wahrheit ins Gesicht schrie, erbarmungslos.

„Nach Hause?“, Elphaba lachte bitter, „Was sollte ich da wollen? Madam Akaber hat uns ein neues Zimmer zugeteilt. Dieses wird für die Neuankömmlinge gebraucht.“

Galinda hätte am liebsten geweint, so eine Last wurde ihr mit diesen Worten von ihrem Herzen genommen.

„Wegen Gestern…“, die Blonde merkte, wie ihre Wangen sich dunkelrot färbten, „Es tut mir leid.“

Elphaba stoppte in ihrer Bewegung und dreht sich langsam um.

Sie lächelte, „Ich erinnere mich an nichts, was dir leid tun müsste.“

Die Blonde lächelte glücklich zurück.

Nachdem auch Galinda frühstücksbereit war, gingen die beiden gemeinsam in den Speisesaal.

Gerade, als sie sich gesetzt hatten, nahm der braunhaarige junge Mann gegenüber von ihnen Platz.

„Miss Galinda…“, er setzte sein charmantestes Lächeln auf.

„Kennen wir uns?“, Galinda versuchte so gleichgültig wie möglich zu klingen, die Blonde wollte nichts mehr mit ihm zu tun haben.

Der Student musterte sie mit einem finsteren Gesichtsausdruck, schüttelte aber schließlich den Kopf und machte sich davon.

Elphaba fing an zu grinsen.

„Das ist jetzt wirklich unpassend!“, Galinda hatte grimmiger klingen wollen, doch auch sie konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.
 

Ihr neues Zimmer war größer als das alte, außerdem hatten sie Aussicht auf die Wiesen, die vor der Universität lagen. Das Wichtigste war für Galinda aber natürlich der größere Kleiderschrank.

„Schau, jetzt passen sogar noch einige deiner Sachen mit hinein“, quietschte Galinda vergnügt, nachdem sie all ihr Hab und Gut im Schrank platziert hatte.

„Fantastisch“, Elphaba grinste.

Es herrschte wieder Stille zwischen den beiden. Sie hatten sich auch schließlich nichts zu erzählen.

Elphaba lag auf dem Bett und las in ihrem Buch und Galinda saß auf ihrem Schlafplatz und langweilte sich.

„Elphie, sag mal“, begann Galinda.

Ein fragendes Brummen war von der Grünen zu vernehmen, das mehr genervt als interessiert klang.

„Heute Abend… Mit wem gehst du zum Feuerwerk?“, Galinda schaute ein wenig abwesend aus dem Fenster.

Elphaba richtete sich gerade auf und starrte Galinda an, „Ich denke, ich werde nicht gehen. Das weißt du doch. Warum fragst du?“

Galinda errötete leicht, „Nur so…“

Skeptisch runzelte die Grüne die Stirn, erwiderte aber nichts und versank wieder in ihren Kissen.
 

„Elphie?“, Galinda hatte die Stille nicht lange ausgehalten.

„Hm?“, kam erneut von Elphaba.

„Ich habe nicht nur so gefragt“, gestand die Blonde.

„Ich weiß…“, Elphaba setzte sich zu Galinda aufs Bett und schaute sie an, „Nun, was ist denn der Grund, dass du mich gefragt hast?“

Die Grüne wusste, dass die Blonde Aufmerksamkeit brauchte, sonst fühlte sie sich verlassen. Vor allem brauchte Galinda aber Liebe. Liebe, die Elphaba ihr zu gern gegeben hätte, es aber auf keinen Fall durfte. So versuchte sie Galinda tagein, tagaus ein wenig von ihrer Zuneigung durch kleine Gesten begreiflich zu machen, doch die Blonde schien blind zu sein. Sie begab sich lieber auf Selbstzerstörungskurs in die Ozkothek.
 

„Ich wollte fragen…“, Galinda rang um die richtigen Worte, „Naja… da wir ja beide niemanden haben, mit dem wir gehen könnten… Und es wäre wirklich schade, das Spektakel zu vergessen, immerhin ist es unser erstes Jahr hier, das zu Ende geht. Kannst du glauben, wie schnell alles gegangen ist? Ich fühle mich noch immer wie das kleine Mädchen aus Gillikin, das hier ihren ersten Tag verbringt…“

„Galinda!“, Elphaba kannte es schon von Galinda, dass sie ab und zu vom Thema abkam, vielleicht sogar absichtlich ablenkte, wenn ihr die richtigen Worte nicht einfielen.

„Tut mir leid, ich rede schonwieder zu viel, ja?“, die Blonde schien es tatsächlich nicht gemerkt zu haben, denn ihre Wangen färbten sich erneut in einem zarten Rosa, „Was ich… Hast du eigentlich schon diese tolle Aussicht bemerkt?“

„Wenn du es mir nicht sagen willst, dann ist es in Ordnung, aber veralbern musst du mich deswegen nicht!“, Elphaba war ein wenig sauer, doch lange konnte sie der Blonden sowieso nicht böse sein.

„Oh, Elphie! Es tut mir so leid…“, Galinda wollte ihre einzige wahre Freundin nicht auch noch verlieren, sie konnte nicht einschätzen, wann es zu viel war.

„Wenn du dich heute noch entscheidest, dann komm in die Bibliothek, ich wollte noch einige Dinge nachschlagen, wir sehen uns spätestens-“, Elphaba wollte gerade gehen, als Galinda nach ihrem Ärmel griff.

„Wollen wir… zusammen zu dem Feuerwerk gehen?“, Galinda konnte Elphaba nicht direkt ansehen.

Die Grüne fing an zu lachen. Galinda verstand die Welt nicht mehr, warum lachte Elphaba über sie? Sie hätte die Frage wohl lieber doch nicht stellen sollen…

Den Tränen nahe ließ Galinda die Grüne los und legte sich auf ihr Bett.

„Galinda…“, Elphaba setzte sich wieder zu ihr und strich ihr über die Haare, „Diese Frage hast du nicht über die Lippen gebracht? Natürlich gehe ich mit dir dorthin… Wenn du es möchtest.“

„Wirklich?“, Galindas Trauer war vergessen, „Dann suchen wir dir noch ein wunderschönes Kleid aus!“
 

„Dieses Kleid werde ich niemals tragen!“, Elphaba stand mitten im Zimmer und war dunkelgrün geworden, als sie sich selbst im Spiegel erblickt hatte.

Das Kleid, das Galinda Elphaba angezogen hatte, reichte der Grünen knapp bis zu den Knien. Es war in einem zarten hellblau gefärbt und hatte eine dunkelblaue Musterung. Eine rosafarbene Schärpe reichte von der rechten Schulter bis zu Elphabas linker Hüfte.

„Ich sehe ja aus, wie Miss Oz!“, die Grüne fummelte mit ihren Fingern fahrig an ihrem Rücken herum und suchte nach dem Reißverschluss, „Niemals!!“

„Du siehst doch so hübsch aus, Elphie!“, Galinda verstand nicht, was Elphaba an dem Kleid auszusetzen hatte, half ihr aber trotzdem beim Ausziehen. Was sollte sie auch machen? Wenn Elphaba das Kleid nicht gefiel, dann eben nicht.

„Ich werde mein schwarzes-“, begann Elphaba, doch Galinda ließ ihre Gedanken nicht zu.

„Nein! Wir suchen dir ein… passenderes Kleid!“, schnippisch drehte die Blonde sich wieder dem Kleiderschrank zu.

„Wie wäre es denn hiermit?“, Galinda hielt Elphaba ein weiteres Kleid vor die Nase. Dieses war rosafarben und hatte unglaublich viele Rüschen.

„Pink ist DEINE Farbe, nicht meine!“, schlimm genug, dass das Kleid so eine schreckliche Verzierung besaß, aber Rosa würde Elphaba niemals anziehen.

Galinda murmelte etwas unverständliches, gab aber noch nicht auf. Sie kramte immer neue Kleidung hervor, doch keine wollte der Grünen so recht gefallen.

„Du bist so anstrengend, Elphie!“, Galinda seufzte gekünstelt laut.

„Also… wenn ich ehrlich bin. Ich hätte noch ein anderes Kleid.“, sagte Elphaba nach einer Weile Schweigen.

„Was?“, Galinda rechnete nicht damit, dass es ein außergewöhnliches Kleid, so wie eins von ihren sein würde, aber ansehen konnte sie es sich schließlich ja mal, „Warum hast du das nicht früher gesagt?“

Elphaba zuckte mit den Schultern und kramte eine Weile in ihrem Koffer herum.

Schließlich kam ein schwarzes Kleid zum Vorschein und Galinda schloss die Augen.

„Was soll das denn jetzt?“, fragte Elphaba ein wenig entnervt.

Die Blonde kicherte, „Ich will es an dir sehen.“

Ihre Zimmergenossin verdrehte die Augen, tat der Blonden aber den Gefallen und zog sich um.
 

„Du kannst die Augen jetzt wieder aufmachen“, gespannt blickte Elphaba auf Galinda.

Diese öffnete erst das eine Auge und konnte nicht fassen, was sie sah. Schnell öffnete sie auch ihr rechtes Auge, um zu sehen, ob es tatsächlich wahr war.

Galinda brachte kaum ein Wort heraus, „E-elphie“, flüsterte sie schließlich leise.

Das schwarze Kleid reichte Elphaba bis knapp über die Knie und so konnte Galinda makellosen Waden sehen. Unterhalb der Taille war das Kleidungsstück gerafft und eine kleine Schleife zierte den linken Träger des Kleides.

„Ja?“, erwiderte Elphaba vorsichtig.

„Du bist wunderschön.“, Galinda hatte den Satz gesagt ohne Nachzudenken und dennoch war es die reine Wahrheit. Ihre Gefühle sprachen zum ersten Mal direkt aus ihr.

Elphaba war auf so viel reine Wahrheit nicht gefasst gewesen und ihre Wangen färbten sich dunkler.

Als Galinda begriff, was sie so eben gesagt hatte, nahm auch ihr Gesicht eine rosigere Farbe an.

Eine Weile sahen die beiden sich direkt in die Augen. Die schwarzen Augen trafen die Blauen.

In Elphabas Blick war Liebe und Wärme, während in Galindas ein wenig Unsicherheit und doch Zuneigung lag. Zuneigung, auf die Elphaba so lang gewartet hatte, aber nicht glauben konnte, dass es sie tatsächlich geben sollte.
 

„Also, meinst du, ich kann das heute Abend tragen?“, Elphaba ergriff als erste wieder das Wort und war erstaunt darüber, wie fest ihre Stimme klang. Denn noch eben hatten ihre Knie sich weich angefühlt, wie der Ozpudding, den es gestern Nachmittag gegeben hatte und die Grüne hatte damit gerechnet, dass auch ihre Stimme nicht viel fester sein konnte.

Auch Galinda besann sich, schüttelte ihren Kopf kaum merklich. Elphaba bemerkte jede Geste ihrer Galinda, sie prägte sich ein, wie sie lachte, sprach, wie ihre Locken um ihren Kopf tanzten, wenn sie ihren Kopf bewegte. Wenn Galinda etwas nicht wusste, kaute sie auf ihrer Unterlippe herum und rümpfte ihre Nase. Elphaba verlor sich ganz in ihren Gedanken an die Blonde, sie hätte sie den ganzen Tag einfach nur ansehen können.
 

„Natürlich!“, Galinda antwortete ein wenig spät auf Elphabas Frage, „N-natürlich solltest du das tragen!“

Elphaba grinste, „Na, dann tue ich dir den Gefallen!“

Die Grüne zwinkerte der Blonden zu und im Gegenzug kicherte Galinda.

Und sie lebten glücklich...

Der Abend kam schneller, als Galinda erwartet hatte. Sie konnte das Feuerwerk nicht mehr erwarten, die Freude Elphabas hingegen hielt sich in Grenzen. Ganz wohl fühlte sie bei dem Gedanken an ihr Kleid immer noch nicht.

„Kaum zu glauben, dass das Jahr schon vorbei ist“, bemerkte Galinda.

Elphaba lächelte, „Die Zeit vergeht schneller als man denkt, ehe wir uns versehen sind wir verheiratet und - “

„Alt“, fügte Galinda hinzu und lachte, obwohl ihr eigentlich eher zum Weinen zu Mute war. Wenn sie nun an die Zukunft dachte, eine Zukunft die so ungewiss war, hatte sie Angst. Angst vor allem was noch kommen würde, doch die größte Furcht hatte sie davor, Elphaba zu verlieren. Sie nie wieder zu sehen aus welchen Gründen auch immer, ohne ihr auch nur gesagt zu haben, welche Gefühle sie insgeheim schon seit längerer Zeit hegte. Sie hatte zu viel Scham, sich ihrer grünen Freundin zu offenbaren. Was würde passieren, wenn sie ihre Zuneigung nicht erwidern würde? Erneut wurde Galinda von Verlustangst überfallen, lieber schweigen und Elphaba noch länger bei sich haben, als alles zu riskieren. Sie als Freundin zu verlieren würde Galinda endgültig zerstören.

Galinda suchte lieber weiterhin nach ihrem Prinzen, der eine den es nicht geben konnte, weil Elphaba ihre Prinzessin war. Wann die Blonde das begriffen hatte, wusste sie nicht genau, ob es ein paar Stunden her war, vergangenen Abend oder ob es von Anfang an klar gewesen war.

Doch das Wichtigste für sie war, Elphaba bei sich zu haben, sie nicht herzugeben für wen oder was auch immer. So lang es eben ging würde Galinda an ihrer Seite bleiben, so lang es eben ging…

„Galinda?“, Elphaba blickte besorgt drein, da die Blonde schon seit einiger Zeit keinen Ton mehr von sich gegeben hatte.

Ganz langsam drehte sie den Kopf zu Elphaba und bewegte ihn leicht hin und her, „Alles in Ordnung“. Galinda versuchte zu lächeln, doch es gelang ihr mehr schlecht als recht. Elphaba fragte jedoch nicht weiter nach und schaute nur sorgenvoll in Galindas Augen.

Draußen wurden die Laternen angezündet und die ersten Studenten gingen in Richtung Podium, auf dem die Zeugnisse vergeben werden sollten.

„Was für ein Aufstand“, sagte Elphaba gedankenverloren, während ihre Augen aus dem Fenster schweiften.

„Aber endlich mal eine Gelegenheit, für die man sich schick anziehen kann“, Galinda zwinkerte der Grünen zu und grinste breit.

Elphaba grinste zurück und schüttelte den Kopf, „Galinda…“, seufzte sie, noch immer nicht angetan von der Idee, das Kleid zu tragen.

Die restlichen Stunden verstrichen nur zäh und Galinda hatte sich bereits vor einiger Zeit in Schale geworfen. Dass die Idee keine gute gewesen war, stellte sie bereits nach einigen Minuten fest, da ihr Kleid so eng war, dass es ihr die Luft abschnürte.

Elphaba hingegen war froh um jede Minute, die sie noch nicht in ihrem neuen Kleid verbringen musste.

Schließlich sahen die beiden Zimmergenossinen jedoch, dass unten auf dem Schotterpfad bereits die ersten Mädchen sich zu der Zeremonie aufmachten. Galinda nickte Elphaba vielsagend zu, die Grüne seufzte übertrieben laut, um ihre blonde Freundin zum Lachen zu bringen.

Elphaba liebte es, Galinda beim Lachen zu beobachten, ihre Locken um ihr Gesicht wirbeln zu sehen.

Ehe Elphaba sich versah, hatte Galinda sie in das neue Kleid gesteckt, doch als sie mit einem Schminkpinsel vor dem Gesicht der Grünen herumfuchtelte, griff Elphaba nach dem Arm der Blonden.

„Genug Veränderung für einen Tag, findest du nicht?“, fragte Elphaba zärtlich, aber bestimmt.

Galinda lächelte verlegen und steckte die Schminkutensilien zurück in ihre rosafarbene Handtasche.

„Lass uns gehen“, sagte Elphaba und stand auf, ihre Beine zitterten und obwohl sie sich Mühe gab, ihre Aufregung zu verbergen, bemerkte Galinda ihre Nervosität sofort. Vorsichtig legte sie Elphaba einen Arm um die Schulter und flüsterte in ihr Ohr, „Keine Angst.“

Elphaba sah tief in die blauen Augen und nickte dann.

Ein letztes Mal lächelten die beiden sich an, bevor sie sich auf den Weg zu der Tribüne machten, wo sie ihre Zeugnisse erhalten sollten.

Der Weg war von den leuchtenden Laternen gesäumt und während Galinda etwas von Romantik erzählte, schloss Elphaba die Augen und genoss es, die Stimme der Blonden zu hören, sie einfach bei sich zu haben.

Als die Zimmergenossinen an der Tribüne ankamen, konnte Elphaba schon von weitem einige von Galindas oberflächlichen Freundinnen ausmachen, die überschwänglich zu ihnen herüberwinkten. Dass das freundliche Winken nicht Elphaba galt, wusste diese sehr wohl, doch seltsamerweise schien Galinda auch Notiz davon zu nehmen.

„Wollen wir uns darüber setzen?“, Galinda zeigte auf zwei freie Plätze fast unmittelbar vor dem Podest, auf dem die Schulleiterin sprechen würde.

„Aber deine Freundinnen…?“, setzte Elphaba an, doch Galinda unterbrach sie, „Sie wollen dich nicht dabei haben oder? Wie könnten sie meine Freundinnen sein, wenn sie die Person nicht akzeptieren, die mir am wichtigsten ist-“

Galinda brach ab, zum zweiten Mal war sie heute bedingungslos ehrlich gewesen, ohne es bewusst zu wollen. Sie sollte aufpassen, dass ihre Leichtigkeit und ihre Art, einfach alles auszuplaudern, sie nicht irgendwann in Schwierigkeiten bringen würde.

Elphaba wusste nicht recht, was sie erwidern sollte, darum lächelte sie still und blickte in den Himmel. Worte, die sie nicht mal im Traum gehofft hatte, von Galinda zu hören, kamen einfach aus dem Mund der Blonden, als würde es nichts einfacheres geben, als seine Gefühle frei heraus zu sprechen.

Kurz nachdem die beiden sich gesetzt hatten, hörten sie Getuschel hinter sich.

„Ist das nicht…?“, „Ja! Hast du das Kleid gesehen?“ …

Elphaba wurde erneut dunkelgrün, doch da drehte sich Galinda zu den Schülern um, die direkt hinter den beiden Mädchen saßen.

„Was habt ihr genau an dem Kleid auszusetzen? Hättet ihr nicht gedacht, dass Elphaba auch schön aussehen kann? Wegen Leuten wie euch ist es so schwer für Menschen wie Elphaba, Anschluss zu finden!“

Elphaba zog fest an Galindas Schulter, „Ist schon gut, Galinda…“

Doch Galinda hatte gerade erst angefangen, sich aufzuregen, bald war sie so laut, dass die gesamte Schülerschaft verstummt war und ihr zuhörte, wie sie endlich ihren Gefühlen und Gedanken freien Lauf ließ und Elphaba verteidigte. Alles sagte, was sie sich sonst nie getraut hatte, auszusprechen.

„…und überhaupt, was seid ihr für Menschen… andere nach dem Äußeren zu beurteilen? Sie ist grün, na und? Das ändert doch nichts daran, wie sie ist, außerdem finde ich ihre Hautfarbe wunderschön! Es gibt nichts schöneres als grüne Haut, darauf herum zu hacken ist doch lächerlich!“

„Bist du verliebt in die Grüne?“, rief plötzlich ein Junge, der nicht weit von Galinda saß.

Nun stockte die Blonde und wurde puterrot, „Also…“, fing sie an, doch sie schien ihre Sprache nicht wiederfinden zu können. Die Worte, die ihr eben noch so einfach aus dem Mund geflossen waren, steckten nun in ihrem Hals fest und ihr Kopf war wie leer gefegt. Galindas Herz pochte so laut, dass sie meinte, jeder hätte es hören müssen.

Das Getuschel fing wieder an, doch verstummte augenblicklich, als die Stimme von Madam Akaber über das Gelände hallte, „Miss Galinda Upland, wären Sie so freundlich, sich mir zuzuwenden? Und die restlichen Schüler stellen jetzt sofort ihre Gespräche ein!“

Alles wurde ruhig, doch Galinda wusste, dass in allen Reihen noch immer über sie getuschelt wurde und das Schlimmste dabei war, dass sie Elphaba mit in die Sache gezogen hatte. Die Blonde wagte es nicht, ihre grüne Nachbarin anzusehen, stattdessen starrte sie auf ihre Fußspitzen, bis Madam Akabers Rede vorrüber war.

„Als nächstes werde ich nun den besten Schüler, nein ich muss mich verbessern, die beste Schülerin des Jahrgangs auszeichnen. Würden sie bitte vortreten, Miss Elphaba Thropp?“, Madam Akaber sah Elphaba scharf an, während diese die Treppen zum Podest hinaufstieg, die Hand der Schulleiterin schüttelte und ihr Zeugnis entgegen nahm.

„Dürfte ich etwas sagen?“, Elphabas Stimme zitterte, doch sie wusste genau, was sie tun wollte und auch musste.

Madam Akabers Augen verengten sich und ihre Stirn zog sich in Falten, jedoch nickte sie langsam.

Elphaba stellte sich vor das Mikrophon und richtete ihren Blick in die Menge. Ein Stechen fuhr durch ihr Herz, so viele Schüler und alle starrten sie an, einige lachten, andere versuchten es zurückzuhalten. Doch als Elphabas Blick zu Galinda wanderte, war sie sich wieder bewusst, was sie sagen wollte und für wen sie es tat.

„Ich möchte, dass ihr mir nun zuhört“, ihre ersten Worte kamen noch etwas unsicher, doch mit jedem Wort, das sie aussprach fühlte sie sich sicherer, „Ich liebe Galinda Upland! Und mir ist es egal, was ihr davon haltet!“ Den letzten Satz hatte sie beinahe geschrien, so gut hatte es sich angefühlt, endlich sagen zu können, was sie so lange versteckt hatte.

Galinda saß starr da und ihr Mund war aufgeklappt, während sie Elphabas Schritte zurück auf ihren Platz verfolgte. Sie konnte an nichts denken außer an Elphabas Worte. „Ich liebe Galinda Upland.“

Auch Madam Akaber brauchte ein paar Momente länger, als erwartet, um sich zu fassen. Ihre abschließenden Worte hörte Galinda und Elphaba jedoch nicht, jede war zu beschäftigt mit ihren Gedanken.

„Mund zu, Galinda“, Elphaba grinste die Blonde an und tat, als ob ihr Auftritt nicht gewesen wäre, „jetzt weißt du es.“, raunte Elphaba in Galindas Ohr.

Galinda schluckte trocken und nickte.

Alle Schüler erhoben sich, um nach dem Alphabet geordnet ihre Zeugnisse in Empfang zu nehmen.

„Ich warte auf dich“, Galindas Kopf war noch gefüllt mit der Liebesbezeugung von Elphaba, sodass sie diese Botschaft ihrer grünen Freundin fast nicht gehört hätte.

Noch während sie die Hand der Schulleiterin schüttelte schwirrte ihr Kopf, doch es war durchaus kein schlechtes Gefühl, nein es war, als würden Schmetterlinge in ihrem Körper tanzen, doch nicht nur im Bauch, nein, ausnahmslos überall.
 

Wie versprochen wartete Elphaba auf Galinda und gemeinsam gingen die beiden den Weg entlang in Richtung der Schlafsäle.

„Weißt du, Elphie?“, Galinda begann als erstes zu sprechen.

„Hm?“, kam die Antwort von Elphaba.

„Ich würde gern das Feuerwerk sehen.“, zum ersten Mal seit Elphabas Rede schaute die Blonde der Grünen ins Gesicht.

Liebe sprach aus Elphabas Blick als sie zart lächelte und Galindas Hand nahm, um sie zu der Wiese zu führen, auf der das Spektakel stattfand.

Die beiden setzen sich unter den großen Apfelbaum, der am Rande der Wiese stand, um den Himmel gut beobachten zu können.

Galinda legte ihren Kopf an Elphabas Schulter während unter einem dauerhaften Geraune von „Aaah“s und „Oohh“s der restlichen Schüler die Raketen am Himmel explodierten.

Am Himmel breiten sich gerade pinke Sternchen auf einer grünen Sprühfontäne aus, als Galinda ihre Wange an Elphabas rieb.

„Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute“, flüsterte Galinda leise.

„Was sagst du?“, Elphaba sah ihrer Freundin in die Augen. Doch die Blonde erwiderte die Frage mit einem leidenschaftlichen Kuss.

„Und sie lebten glücklich…“, sagte Elphaba und Galinda lächelte zart, als sich ihre Lippen erneut zu einem Kuss der wahren Liebe vereinten.
 

Fin
 



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