Blood Moon - Bis(s) in alle Ewigkeit von -DesertRose- (Fortsetzung von Rising Sun - Bis(s) das Licht der Sonne erstrahlt) ================================================================================ Kapitel 19: Verbündete (Teil 5: Überredungskünste) -------------------------------------------------- Disclaimer: => Ich verdiene kein Geld mit meiner Fanfiction. => Alle Charaktere die schon in den Twilight-Bänden ihren Auftritt hatten, gehören Stephenie Meyer. Alle Anderen, wie etwa Schüler, Lehrer und vor allem Renesmees und Jakes Kinder, habe ich selbst erfunden. Webseite http://www.chaela.info oder... liked mich auf Facebook http://www.facebook.com/chaela.info --------- Kapitel 13 - "Verbündete" (Teil 5: Überredungskünste Einige Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster in mein Zimmer, im Keller unseres Anwesens. Dort, wo sie von den Bäumen um unser Haus durchbrochen wurden, fielen die Schatten der Blätter auf meinen Fußboden und dem Bettlaken und wogen sich im Wind. Es war früh am Morgen, doch noch waren die langen, hellen Tage des Sommers nicht vorüber gezogen und dem kalten, dunklen Winter, der mir ehrlich gesagt lieber war, gewichen. Ich hob meinen Kopf vom Kissen, um auf die Uhr zu schauen, die auf dem Nachttisch, auf der mir gegenüberliegenden Bettseite stand. Die roten Ziffern zeigten kurz vor Acht. Normalerweise wäre ich jetzt aufgestanden, aber in den letzten Wochen hatte ich mein Bett allem Anderen gern den Vorzug gegeben. Nicht etwa, weil unser Haus inzwischen voller Vampire war, da meine Familie jeden, den sie für unser Vorhaben gewinnen konnten, hier her geschickt hatten, sondern, weil meine Gesellschaft einfach viel zu verlockend gewesen war. Vorsichtig ließ ich meinen Kopf wieder zurück auf das Kissen sinken, darauf bedacht, Sangreal nicht zu wecken, die mir ihren hübschen Rücken zugedreht und meinen linken Arm in Beschlag genommen hatte, durch den wahrscheinlich schon seit Stunden kein Blut mehr zirkulierte und der demnächst sicher abfaulen würde. Aber zu meiner eigenen Verwunderung war mir das vollkommen egal. Solange sie nur so liegen blieb, war ich zufrieden. Ich schloss die Augen. Ich wusste, dass es keine Prägung war, sonst hätte ich vom ersten Sichtkontakt an ihre Nähe gebraucht, wie ein Fisch das Wasser. Das hatte ich über die Jahre bei meinen Vater, Will, Leah und Seth gesehen. Aber was war es dann? Das plötzliche Wimmern eines Babys, riss mich aus aus meinen Gedanken. Dann wurde es zu einem Schreien. Sangreal fuhr herum und saß binnen weniger Sekunden senkrecht im Bett. In dem Moment, in dem sie nach ihrer Bettdecke griff, sie beiseite schieben wollte um aufzustehen, umfasste ich ihr Handgelenk. Sie hielt inne, wand ihr hübsches Gesicht in meine Richtung, senkte den Blick und sah mich fragend an. „Warte“, sagte ich leise, fast flüsternd. „Aber... Nayeli“, erwiderte sie. Ich schüttelte den Kopf und lächelte leicht. Im Hintergrund vernahmen wir das Weinen des Babys im Nebenzimmer. Esme hatte es mit Begeisterung eingerichtet, als Sangreal den Wunsch geäußert hatte, in mein Zimmer umziehen zu dürfen. Sie hatte ja ohnehin kein Gepäck gehabt, als sie hierher gekommen war. „Lass sie doch mal eine Weile schreien“, sagte ich. Sangreal sah mich verwundert an. Fast meinte ich einen Anflug von Empörung in ihrem Gesicht entdecken zu können. „Hältst du das für richtig?“ Ich nahm meine Hand von ihrem Handgelenk und rutschte ein kleines Stück zurück, auf meine Seite des Bettes. „Du verhätschelst sie. Sobald sie ruft, springst du. Wenn du so weiter machst, hast du in ein paar Jahren eine kleine Diva aus ihr gemacht.“ Sie hob eine Augenbraue. „Wie war es denn bei dir? Haben sie dich ignoriert oder sind sie dir hinterher gesprungen?“ „Was denkst du?“, fragte ich und wartete gespannt auf ihre Antwort, als sie daraufhin ein paar Sekunden zu überlegen schien. „Letzteres“, antwortete sie. Ich lächelte, schüttelte wieder den Kopf und drehte mich auf den Rücken. „Nicht?“, fragte Sangreal und sah mir nach. „Ich hab nie geschrien.“ „Nie?“ „Nie.“ Plötzlich verstummte das Geschrei aus dem Nebenzimmer. Einen Augenblick hielten wir beide inne und horchten. „Oh“, kommentierte Sangi. Ich legte meine Hand, mit dem Handrücken nach unten, auf meine Stirn und schloss die Augen. „Ich sollte einen Erziehungsratgeber schreiben.“ Sangreal lachte leise. Vorsichtig rutschte sie die wenigen Zentimeter, die noch zwischen uns lagen, herüber und legte ihren Oberkörper mit verschränkten Armen auf meinen. Wenn ich meinen Kopf heben würde, wäre ihr Gesicht nur noch wenige Millimeter von meinem entfernt. „Was hättest du gemacht, wenn ich wirklich schwanger gewesen wäre?“, wechselte sie dann schlagartig das Thema. Innerlich musste ich schlucken. In meinem Kopf blitzte die Erinnerung von jenem Moment auf, an dem ich der festen Überzeugung gewesen war, dass sie auf Aros Anweisung hin gehandelt hatte. Ich öffnete die Augen, damit sie in meinen Augen sehen konnte, dass das, was ich nun sagte, keine Lüge war. „Dann würden wir sicher genauso da liegen, wie wir es gerade tun, nur dass wir dann zu Dritt in diesem Raum wären.“ Ich nahm meine Hand von der Stirn und strich mit dem Handrücken über ihre Wange. Normalerweise hatten wir dieselbe Körpertemperatur, aber im Moment, fühlte sich ihre Haut etwas wärmer an als sonst. „Dann würde ich dich genauso streicheln, wie ich es gerade tue.“ Sie senkte verlegen den Blick. Langsam spürte ich die Hitze auch in mir aufsteigen. Spürte, wie mein Herz in meiner Brust schneller zu pochen begann. In dreißig Jahren hatte ich noch nie so empfunden. In dreißig Jahren hatte ich noch nie ein Mädchen so berührt. „Dann würde ich dich sicher genauso ansehen, wie ich es gerade tue.“ Noch nie, hatte ich ein Mädchen so angesehen. Ich nahm ihr Gesicht in meine Hände und hob leicht den Kopf. Sie sah mich an. Noch nie, war ich derart in einem Augenpaar versunken. Die Hitze wurde stärker, mein Herzschlag nahm weiter an Tempo zu. Was ich gleich tun würde, hatte ich wirklich noch nie getan. In meinem ganzen Leben nicht. Und ich hatte längst die Hoffnung aufgegeben, dass ich es jemals tun würde. Das Dock am First Beach kam mir in den Sinn. Der Morgen nach der Mondscheinhochzeit. Die Braut, meine Mutter, wie sie sich zu mir hinunter kniete, in ihrem strahlend weißen Kleid. Sie hatte ausgesehen wie ein Engel. Sie hatte ihre Arme ausgebreitet und nach kurzem Zögern, hatte ich mein Gesicht in der weißen Seide vergraben. Ich erinnerte mich daran, wie sie meine Stirn küsste, wie sie mit ihren zarten Fingern durch mein Haar gestrichen war. Ich hatte diesen einen Moment aufgesogen wie ein Schwamm, denn es war dieser eine Moment, an diesem so besonderen Tag gewesen, der nur mir gegolten hatte. Und dann hatte sie es gesagt. „Du findest auch noch deinen Deckel.“ Derselbe Satz war in meinem Kopf widergehallt, als ich nach meiner ersten Nacht mit Sangreal die Augen aufgeschlagen hatte. Damals war es nur eine vage Vermutung gewesen. Jetzt war es Gewissheit. Ich liebte sie. „Dann würde ich genauso den Wunsch haben, in deiner Nähe zu sein und dich zu beschützen, wie ich es nun tue. Und du würdest genauso in meinen Gedanken sein und in meinem Herzen, wie du es nun bist.“ Ich spürte ihren Herzschlag durch den Stoff ihres und meines Shirts hindurch. Sie sah zu mir herab und lächelte mich warm an. Dann schloss sie die Augen und presste ihre Lippen sanft auf meine. Es war nur ein kurzer Kuss. Sie löste sich wieder von mir und lächelte mich erneut an. Ich horchte einen Moment, während ich in ihre silbergrauen Augen sah. Ich konnte aus den anderen Stockwerken keinen Ton hören. Vielleicht waren alle unterwegs. Aber... war das nicht im Grunde vollkommen egal? Ich strich mit beiden Händen über ihren nackten Rücken, folgte mit den Fingern sanft ihrer Silhouette. Ich vernahm das Pochen ihres Herzens in ihrer Brust und spürte ihren heißen Atem auf meiner Haut, als sie leise aufstöhnte. Ich musste lächeln. Ich hatte schon immer Gefallen daran gefunden, das andere Geschlecht auf diese Art glücklich zu machen, aber bei ihr war es anders. Ernster. Wichtiger. Bei den Anderen hatte ich das getan, weil mein eigener Spaß dabei nicht zu kurz kam. Bei ihr aber, war ihr Feuer auch gleichsam meines. Sie stöhnte erneut auf, vergrub ihr Gesicht an meiner Schulter und begann zunächst zaghaft an meinem Hals zu saugen, bis aus ihrem sanften Druck ein Biss wurde. Genau wie meine Mutter und meine Schwester war Sangreal als weiblicher Halbvampir ungiftig und damit für mich ungefährlich. Und ich würde lügen, wenn ich sagte, dass es mir nicht gefiel. Im Gegenteil. Gerade für uns, die wir unsere Zähne mit Genuss in unsere Opfer schlugen, ist es ein elektrisierendes Gefühl, diesen Part einzunehmen, im selben Moment aber zu wissen, dass einem nichts geschehen würde, weil man dem Partner so wichtig war, dass er sich im Zaum halten konnte. Ich sehnte mich danach, ihr ebenfalls diese Erfahrung zu ermöglichen, aber ich war giftig. Ich wusste wie es war, vergiftet zu werden und unter keinen Umständen, wollte ich sie dieser Gefahr aussetzen. Noch ehe sie sich von mir losgelöst hatte, legte ich meine Arme um sie und tauschte in einer einzigen, fließenden Bewegung die Position mit ihr. Als sie unter mir auf dem Rücken lag, ließ sie von mir ab und sah erwartungsvoll zu mir empor. „Was hast du vor?“, sagte sie, nun etwas außer Atem. „Nichts, was du nicht willst“, antwortete ich. Sie lachte zur Antwort, legte ihre Hand an meinen Hals und zog mich zu sich hinunter... *** Am Mittag des selben Tages, saß Nayeli in ihrem Hochstuhl in der Küche und wartete gespannt darauf, dass Sangi, mit dazu passender Geräuschkulisse, den Löffel, mit dem orange-gelben Babybrei, auf ihrer Zunge landen ließ, wie ein kleines Flugzeug auf einer Landebahn. Mit uns am Tisch saß Esme, die sich die kleine Show nie entgehen ließ. Edward hatte uns einmal von Esmes leiblichem Sohn erzählt, der kurz nach dessen Geburt verstorben war und sie dazu veranlasst hatte, von einer Klippe zu springen. Sie hatte an diesem Tag ihr Leben verloren – und ein anderes von Carlisle geschenkt bekommen. Aber ihren Kinderwunsch hatte sie in dieses neue Leben mitgenommen und durch die Adoption Edwards und seiner Adoptivgeschwister einigermaßen gestillt. Ich konnte mir aber vorstellen, dass die Geburt meiner Mutter und später die meiner Geschwister und die meine, für sie noch einmal die Erinnerung an ihre eigene kurze Zeit als Mutter geweckt hatte. Nun, da wir Nayeli hier hatten, die einem menschlichen Baby so unglaublich nah kam, konnte man förmlich sehen, wie ihre Augen leuchteten und ihr nicht mehr schlagendes Herz für dieses kleine Mädchen imaginär schlug. „Wo sind die anderen?“, fragte ich sie, nachdem wir lange Zeit geschwiegen und Nayeli beim Essen zugesehen hatten. Esmes Augen lösten sich nur widerwillig von der Kleinen. „Wen meinst du?“ „Na... Carlisle, Eleazar und die gefühlten anderen 300.“ „Ach so“, antwortete sie und drehte sich nun ganz zu mir. „Carlisle ist im Krankenhaus, der Rest ist in die Stadt gegangen, oder in den Wald.“ „Die jagen doch nicht etwa am helllichten Tag?“ Sangreal sagte die Worte und schob den nächsten Löffel in Nayelis Richtung, ohne genau hinzusehen. „Da wir leider nicht alle Vegetarier sind, ist das ein notwendiges Übel. Aber sie sind erfahren, sie werden keine Spuren hinterlassen, wenn sie es tun sollten.“ Ich nickte. Die Vorstellung gefiel mir genauso wenig wie Sangreal. Aber wir waren auf ihre Unterstützung angewiesen und wir konnten sie schlecht verhungern lassen. Mir kam in den Sinn, dass es da ja noch jemanden gab, dessen Unterstützung uns noch fehlte. Ich warf einen raschen Blick auf die Küchenuhr, dann stand ich auf. „Wo gehst du hin?“, fragte Sangreal. „Ich fahre in die Stadt und seh mich mal um.“ Esme legte ihre Hand an meinen Arm. „Ani, ich kann deine Zweifel nachvollziehen, aber du kannst ihnen vertrauen. Sie wissen was sie tun.“ „Trotzdem“, beharrte ich. „Und wenn es nur für mein Gewissen ist.“ Was für eine Ironie, dass mein Gewissen sich, ob dieser Lüge, just in diesem Moment mit einem unwohlen Bauchgefühl meldete. „Sei vorsichtig“, sagte Sangi. „Ich spiel dann mal hier weiter Pilot.“ Ich lächelte. „Alles klar.“ *** Mein Weg führte mich natürlich nicht bis in die Stadt. Ich parkte abseits davon, auf einem Parkplatz im Wald. Er hatte nur drei Parkflächen, weil der Rest mit abgeholzten Baumstämmen zugestellt war. Den Rest des Weges ging ich zu Fuß. Ich lief hinaus zu den Äckern. Dieses Mal ragte das Getreide goldgelb in die Höhe und wog sich im Wind, der um Catrionas krummes Häuschen pfiff. Ich wollte gerade den ersten Schritt aus dem Schatten der Bäume machen, als ich einen alten Motor aufheulen hörte. Kurz darauf beobachtete ich, wie ein mitgenommener Jeep hinter dem Haus hervor fuhr und sich über die unbefestigte Straße entfernte. Ich blieb im Schatten, bis Catrionas Vater fünf Minuten lang nicht mehr in Sichtweite war, dann näherte ich mich zügig dem Haus. Es war in dieser Sekunde wirklich absolut von Nachteil, dass ich sie nicht riechen konnte, aber nach Stundenplan müsste die Schule bereits aus sein. Ich klingelte, aber niemand öffnete die Tür. Ich schloss die Augen. Wenn ich sie auch nicht riechen konnte, mein Gehör konnte sie nicht täuschen. Im Inneren vernahm ich zumindest schon mal keine Schritte. Entweder hatte sie also nicht die Absicht, zur Tür zu gehen oder sie war nicht da. Ich atmete einmal tief ein und versuchte mein Gehör noch weiter zu sensibilisieren. Und dann hörte ich es: das Plätschern von Wasser aus einem Zimmer im ersten Stock. Kein kleiner Wasserhahn, sondern eine Dusche. Ich sprang über das Holzgeländer zu meiner Linken und lief um das Haus herum. Mein Blick fiel auf ein Fenster im selben Stock, in dem ich auch das Badezimmer vermutete. Ich machte einen einzigen Satz nach oben und kauerte mich aufs Fensterbrett. Wie erwartet, waren die Fenster ebenso alt und morsch, wie der Rest des Hauses. Es war ein leichtes, die Scheibe zusammen mit ihrem hölzernen Rahmen nach oben zu schieben und einzusteigen. Wahrscheinlich kam sich Familie 'O'Grath so übermächtig vor, dass sie Einbrecher nicht zu fürchten brauchten – oder sie hielten es angesichts ihres weniger lukrativen Hausrats nicht für nötig. Zumindest bekam ich diesen Eindruck, als ich mich so in diesem Bügelzimmer umsah. Ich zuckte für mich selbst mit den Schultern. Was soll's. Umso besser für mich. Umso schlechter für Cats Privatsphäre. Natürlich hätte ich mich einfach in den Flur setzen und warten können. Aber da war ja immer noch die Gefahr, dass ihr Vater wieder kam. Ich durfte also keine kostbare Zeit mit Rumsitzen und Nichtstun verschwenden. Also wählte ich den rabiaten Weg. Ich öffnete die Holztür derart schwungvoll, dass sie direkt gegen die nächste Wand schwang. Herausgebrochene Splitter am Türrahmen verrieten mir, dass sie offensichtlich abgeschlossen und ich sie dementsprechend gerade demoliert hatte. Aber das kümmerte Cat im nächsten Moment sicher eher weniger. In Sekundenbruchteilen ließ ich meinen Blick durch das Zimmer schweifen. Die Ausstattung war genauso verbraucht, wie der Rest des Hauses und in einem altmodischen Hellgrün gehalten. Die Badewanne hatten sie zu einer Dusche umfunktioniert. Eher zweckmäßig hatte man, knapp unterhalb der morschen Decke, eine paar Stangen für die Befestigung eines, mit grünen Ranken bedruckten, Plastikduschvorhangs angebracht. Und genau jener Vorhang war es nun, hinter dem Cat mit etwas verstörtem Gesichtsausdruck hervorlugte. „Tony?!“ Wie ich diesen Kosenamen hasste. „Anthony“, korrigierte ich sie. „Ja. Überrascht?“ Sie öffnete empört den Mund, sagte jedoch nichts, schloss ihn wieder und schüttelte den Kopf. „Bist du übergeschnappt?“, fragte sie dann. „Also wenn du mich so fragst, ganz sauber war ich noch nie“, antwortete ich und ließ meinen Blick ein bisschen wandern. „Aber du jetzt offensichtlich schon.“ Sie sah mich fragend an. Kaum, dass sie realisierte, was ich tat, kam ihre Hand hinter dem Vorhang hervor und sie presste den Duschvorhang noch enger an ihren Körper. Wahrscheinlich wollte sie damit verhindern, dass ich etwas sah. Hätte sie aber stattdessen mal an sich herunter geschaut, hätte sie recht schnell festgestellt, dass das eher kontraproduktiv war. Das dünne Plastik schmiegte sich noch enger um ihren nackten Körper. Er klebte förmlich an ihr und ihre zart rosane Haut zeichnete sich unter dem ansonsten weißen Vorhang ab. „Was willst du von mir? Verschwinde!“, schrie sie mich fast an. „Erst wenn du mir deine Unterstützung zusagst!“, gab ich zurück. „Ich habe dir schon gesagt, ich kann dir nicht helfen!“, zischte sie unter zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich machte einen Satz nach vorn und stellte mich auf den Rand der Badewanne. Sie wich ruckartig zurück an die Wand und riss dabei den Vorhang von der Stange. Ich ließ mich etwas nach vorn kippen und stemmte meine Hände links und rechts von ihrem Gesicht gegen die Fließen. Unsere Blicke waren uns nun so nah, dass ich ihren zittrigen Atem auf meiner Haut wahrnehmen konnte. Sie war nicht dazu gekommen, das Wasser auszustellen, als ich hereingeplatzt war. Es prasselte aus dem Duschkopf, über uns, auf uns herab und benetzte meine Kleider. „Du hast es sicher noch nicht mal versucht“, flüsterte ich fast. „Das muss ich nicht. Tu nicht so, als wüsstest du irgendetwas über mich“, sagte sie. Sie hatte einen leicht arroganten, unnahbaren Unterton in ihrer Stimme, aber ich würde sie schon noch brechen. „Dann erzähl mir von dir. Lass mich wenigstens verstehen, warum du nicht helfen kannst.“ Ich sah ihr tief in ihre blauen Augen, als ich die Worte sagte. Sie mochte vielleicht kein Mensch sein, aber eine Frau war sie und sie war genauso fasziniert von mir, wie es schon zig andere vor ihr gewesen waren. Wir standen hier, unter dem Wasserstrahl, beide komplett durchnässt und mein schwarzes Haar klebte mir an der Stirn. Ich konnte sie vielleicht nicht riechen, aber die Spannungen zwischen uns entgingen mir nicht. Catriona sah mich an, ohne etwas zu sagen. Ich konnte förmlich in ihren Augen sehen, wie sie mit sich selbst rang. Und dann, ganz plötzlich, schlang sie ihre Arme um meinen Hals und küsste mich stürmisch. Ich rutschte vom Rand der Badewanne und knallte mit dem Rücken gegen das Waschbecken dahinter. Es war nur ein schnell verblassender, kaum merklicher Schmerz. Während ich mich mit den Händen an dem hellgrünen Porzellan abstützte, zog sie den Reißverschluss meiner Jacke auf und streifte mir das nasse Kleidungsstück von den Schultern. Noch bevor Cat sie mir ganz ausgezogen hatte, vergrub sie ihre Hände in meinen nassen Haaren und küsste mich erneut. Währenddessen knöpfte sie mir das Hemd bis zum Bauchnabel auf und strich mit ihren, für mich kühlen, Fingern über meine Haut. Ich seufzte. Sie hielt inne, krallte eine Hand in mein Haar, während die andere auf meiner Brust ruhte und sah zu mir hinauf. „Ist das alles?“, fragte sie fordernd und biss sich auf die Unterlippe. Ich schloss die Augen und atmete tief ein. Was tat ich hier eigentlich? Alles was ich wollte, war sie ein bisschen aus der Fassung zu bringen, um sie dazu zu bewegen, ihre Entscheidung zu überdenken. Nun war sie es, die mich aus der Fassung brachte. Mir schoss in den Kopf, mit wem ich heute morgen im Bett gelegen hatte, wem mein Herz nun gehörte. War es das hier wirklich wert? Ich war mir sicher, wenn ich mich nun einfach nur fallen ließ, wenn ich nachgab und mit Cat schlief, würde sie sich um entscheiden. Sie würde sich uns anschließen und vielleicht auch ihr Vater. Ich hatte seine Kräfte am eigenen Leib gespürt. Die Volturi wussten vielleicht gar nicht von seiner Existenz. Er war praktisch unsere ultimative Geheimwaffe, unser Joker. Wenn er uns half, stieg unsere Chance die Volturi zu zerschlagen um ein vielfaches. War es das also wirklich wert? Ich schlug die Lider auf und erwiderte Cats feurigen Blick. Ja. Das war es. Ich beugte mich zu ihr hinunter und erwiderte ihre Küsse. Meine Hände ließen das Waschbecken los und während sie über ihren Rücken wanderten, strich ich ihr den Duschvorhang vom Körper. Ihre Hände umfassten derweil meine Gürtelschnalle, dann spürte ich, wie der Sitz meiner Hose lockerer wurde und begann an ihrem Hals zu saugen. Sie genoss es und stöhnte leise. Sie öffnete den Reißverschluss meiner Hose. „Tony“, hauchte sie mir ins Ohr, „Du kannst mich ruhig ein bisschen beißen, wenn du möchtest.“ Meine Augen weiteten sich. Ich löste mich von ihr und sah sie fragend an. „Was?!“ Ihr Blick durchbohrte mich förmlich. „Ich bin immun gegen Vampirgift.“ „Bist du dir sicher?“, hakte ich nach. Cats Augen verengten sich zu Schlitzen. „Du wolltest doch mehr über mich erfahren. Also, dann musst du mir aber auch glauben, was ich dir erzähle.“ Ich lächelte leicht. Die kurze Atempause rief mir wieder ins Gedächtnis, dass ich das, was ich gerade tat, nicht tun sollte. Es war schon seltsam. Vor mir stand ein wunderschönes – wohlgemerkt splitterfasernacktes – Mädchen, das zudem auch noch, laut eigener Aussage, etwas war, was die Natur eigentlich dazu erkoren hatte, Wesen wie mich umzulegen, mir stattdessen aber förmlich die Klamotten vom Leib riss und ich - ich Anthony Ephraim Black-Cullen, der in dreißig Jahren nie etwas hatte anbrennen lassen, wenn es um Sex ging – zögerte, sie zu nehmen. Cat schien meine Zweifel zu spüren. Behutsam begann sie meine Brust mit kleinen Küssen zu bedecken und wanderte dabei stetig nach oben, bis hin zu meinem Hals. Ihre Lippen legten sich um mein Ohrläppchen und in meinem Innern legte sich ein Schalter um. Ob sie als natürliches Gegenstück die Reaktionsgeschwindigkeit eines Vampirs besaß, wusste ich nicht, überrascht wirkte sie jedenfalls nicht, als ich im Bruchteil einer Sekunde mit einem mal hinter ihr stand, meine Hände an ihre Taille legte und meine Zähne in ihrem Hals vergrub. Ihre Haut war so zart wie die eines Menschen. Ich kniff die Augen zusammen, als ich ihr Blut auf meiner Zunge schmeckte. Es schmeckte fürchterlich und brannte in meiner Kehle, obwohl es nur eine sehr geringe Menge war. Ich fühlte mich wie ein Kind, das vom Putzmittel getrunken hatte und durch die Bitterstoffe abgeschreckt wurde und ließ von ihr ab. Sie sah mich verwundert an. Wahrscheinlich war sie sich nicht bewusst, wie abschreckend Mutter Natur ihren Lebenssaft für Unsereins gemacht hatte. „Tony?“, fragte sie etwas besorgt. Ich antwortete nicht, stattdessen schob ich sie sanft etwas weg, um an das Waschbecken zu kommen. Ich öffnete den Hahn, gurgelte und spülte mir den Mund aus. Das Brennen ließ nach, aber der Geschmack blieb. „Verdammt“, presste ich hervor. Cat zog ein Handtuch von der Heizung und bedeckte damit ihre Blöße. „Das tut mir Leid.“ Ich wollte gerade etwas erwidern, als uns das Geräusch einer zuknallenden Autotür aufhorchen ließ. „Daddy“, flüsterte Cat. Ich starrte sie an und sie starrte zurück. Cats Vater schritt die wenigen Stufen zur Haustür hinauf. Das Holz quietschte unter den Sohlen seiner alten, mitgenommenen Stiefel. Ohne noch etwas zu sagen, tauschte sie das Handtuch gegen einen Bademantel und und zog ihn bis unters Kinn, um ihre Bisswunde zu verdecken, während ich in aller Eile meinen Gürtel wieder umlegte und die Jacke über mein halb geöffnetes Hemd zog. Cat öffnete das Fenster. Ich wollte gerade darauf zulaufen, da umfassten ihre Finger meinen Oberarm. „Ich lenke ihn ab“, flüsterte sie mir ins Ohr. „Komm nicht mehr hierher. Ich besuche dich bald. Mach dir keine Sorgen.“ Mein Mund formte sich zu einem leichten Lächeln. Cat gab mir einen Kuss auf die Wange, dann verschwand sie zur kaputten Tür hinaus. Wie sie ihrem Vater das erklären würde, hätte ich gern erfahren, aber ich war mir relativ sicher, dass sie eine Ausrede finden würde. *** Ich blieb nicht stehen, bis ich die Tür meines schwarzen BMW Z4 hinter mir zugeknallt hatte. Erst als meine Hände das lederne Lenkrad umfassten, gönnte ich mir eine Atempause und ließ meine Stirn auf das Leder sinken. Okay, das war jetzt wirklich eine ziemliche Achterbahn. Das Gute daran war, dass mein Plan, Cat für unser Vorhaben zu gewinnen, aufgegangen war. Das Schlechte war... der komplette Rest... ob das Gute das Schlechte würde aufwiegen können, konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht sagen. Ich würde es sicher bald herausfinden. Bevor ich den Zündschlüssel drehte, knöpfte ich mein Hemd zu, dann fuhr ich zurück zu unserem Anwesen. Als ich das Wohnzimmer betrat, lag Sangreal in Bauchlage mit Nayeli auf dem weißen Fusselteppich im Wohnzimmer. Sie war so in das Spiel mit der Kleinen vertieft, dass sie mich zunächst nicht bemerkte und so blieben mir ein paar Augenblicke, um in Ruhe zu beobachten, wie Nayeli versuchte, verschieden geformte Bauklötze, in entsprechend dafür vorgesehenen Öffnungen, auf dem Deckel einer kleinen Holzkiste zu versenken. Sie hatte gerade ziemliche Schwierigkeiten, ein rotes Dreieck in ein viereckiges Loch zu stopfen. Plötzlich jedoch griff sie nach dem Deckel, hob ihn hoch und verstaute den Bauklotz in der Kiste, ehe sie die Box wieder verschloss, als wäre nie etwas gewesen. Ich schüttelte den Kopf und ertappte mich beim Lächeln. Nayeli begann ebenfalls loszuprusten und strahlte zu mir hoch. Und jetzt, da der Zwerg mich bemerkt hatte, drehte sich auch Sangi um. „Ani!“, rief sie überrascht. „Da bist du ja wieder!“ Eine kurze Pause trat ein. „Warum bist du so nass?“, fügte sie hinzu. „Nun“, ich begann eine Ausrede in meinem Hirn zusammenzuschustern. „Sagen wir, ich war noch an der Küste.“ Sangreal lachte. „Seth hat mir erzählt, dass du da häufig zum Nachdenken hingehst, aber dass du mit Klamotten planschen gehst, hat er mir verschwiegen.“ „Es gibt so einiges, was du noch nicht über mich weißt“, antwortete ich. Drei Sekunden später, traf mich meine eigene Aussage so hart, als schlüge man einem Menschen mit einer Bratpfanne ins Gesicht. Ich flüchtete nach draußen, auf die Veranda und stützte mich mit verschränkten Armen am Geländer ab. Herzlichen Glückwunsch, Anthony. Du bist ein Arschloch. Und zwar ein richtiges. Du hast das Unmögliche zustande gebracht. Du hast endlich einem wundervollen Mädchen eine Liebeserklärung gemacht und sogar gemeint, was du gesagt hast und keine drei Stunden später hast du dich mit einer Anderen vergnügt. Du hattest vielleicht die Chance auf ein schönes Leben mit ihr, hattest die Möglichkeit etwas zu bekommen, was du dir wohl tief im Innern immer sehnlichst gewünscht hast. Etwas, das deine Geschwister, deine Eltern und alle um dich herum schon längst hatten, dir aber noch fehlte. Du hast es geschafft, alles in kürzester Zeit zu zerstören. Und für was? Für die eventuelle Chance auf einen Sieg gegen eine übermächtige Vampirdynastie, die dich und alle deine Verbündeten gnadenlos zerschlagen wird. Nein, du hast dir diesen Kampf nicht in den Kopf gesetzt, um die Halbvampire zu retten oder irgendjemanden sonst. Nicht einmal so etwas primitives, wie Rache, war es, das dich angetrieben hatte. Du hast es einzig und allein getan, um dein miserables Gewissen zu beruhigen. Um deine Schuld darin zu ersticken. Du hattest die Hoffnung, dass der Schmerz verblasst, wenn du ihre Leichen verbrennst. Aber wenn es niemanden mehr gibt, außer dir, der Mitschuld an seinem Tod hat, verbrennst du dann nicht vielleicht auch? Oder brennst du bereits? Ich krallte meine Hände in mein, noch immer feuchtes, Haar und kniff die Augen zusammen. So intensiv hatte sich mein schlechtes Gewissen schon lange nicht mehr gemeldet. Plötzlich jedoch, riss mich ein vertrauter Geruch aus meinem inneren Monolog. Ich richtete meinen Blick in Richtung Wald und sah, wie eine Gruppe Personen, zwischen den Bäumen und Sträuchern an dessen Rand, hervorkamen und auf unser Anwesen zu schritten: die Quileute aus La Push. Leah lief ganz vorn, Sam und Paul knapp hinter ihr. Embry, Quil, Jared, Collin, Brady. Sie alle waren gekommen. Ihre Haare waren wieder kürzer, ihre Klamotten dürftiger. Viele von ihnen sahen sicher um einige Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte älter aus, als zu der Zeit, als sie meine Großmutter vor der Neugeborenenarmee oder meine Mutter vor den Volturi beschützten. Ich nahm meine Arme vom Verandageländer und beobachtete, wie sie immer näher kamen. Alle, bis auf Leah, blieben vor der untersten Stufe stehen. Mit jedem Schritt, den sie auf mich zuging, ging ich einen zurück, bis ich mit dem Rücken an der Hauswand stand. Nun funkelte sie mich finster an. „Das hattest du wohl nicht erwartet, mh?“ Ich schüttelte den Kopf. „Ich bin immer noch ein Teil von Jakes Rudel. Seth und er waren naiv genug zu glauben, dass wir von eurem Suizidkommando nichts erfahren würden, aber ich kann es mir unmöglich entgehen lassen, den Vampir zu zerrupfen, der meinen Mann auf dem Gewissen hat.“ Es war, als würde ein winzig kleiner Kieselstein von meinem Herzen fallen, als sie die Worte sagte. Sie sah also Wills Mörder nicht mehr in mir, oder wenigstens nicht mehr nur in mir. Das wusste ich nicht. „Aber“, erwiderte ich etwas zögernd. „Was ist mit deinen Kindern?“ Leah knurrte fast und presste mich mit der Handfläche an meiner Brust gegen die Hauswand. „Lass meine Kinder aus dem Spiel. Sie haben dich auch nicht gekümmert, als du Will dazu gebracht hast, ins offene Messer zu laufen!“ „Lee-Lee!“, brüllte Sam. Leah ließ mich los und hielt sich die Hand an die Stirn. Es wirkte auf mich, als hätte sie gerade etwas getan, was sie eigentlich nicht hatte tun wollen. „Ani?“ Plötzlich stand Sangreal mit Nayeli im Arm ebenfalls hier draußen und ließ ihre Augen über den versammelten Trupp Gestaltwandler schweifen, bis sie bei Leah und mir ankam. Leah sah Sangreal zunächst etwas missmutig an, dann wanderten ihre Augen zu Nayeli und ihr Mund formte sich zu einem leichten Lächeln... - Ende Kapitel 13 - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)