Der treue, alte Butler von _Supernaturalist_ ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Tiefe, dunkle, blaue Augen blickten auf das silberne Glas eines prunkvoll geschmückten Spiegels. Zittrige, blasse Hände zogen die Manschetten des weißen Hemdes zu Recht. Schwarze Haare fielen vor das traurige Gesicht. Ein zartes Klopfen kam von der Tür, gefolgt von dem leisen Geräusch des Öffnens ebendieser. „Master Grayson.“, folgte die besorgte Stimme und Schritte näherten sich ihm. Nur langsam wand er sich vom Spiegel ab, blickte aber zu Boden. „Alfred.“, grüßte er ihn leise zurück. Zutiefst betrübte, verblasste, blaue Augen blickten in das traurige Gesicht. Weiche, faltige, vom Alter gesegnete Hände griffen zu der schwarzen Krawatte, die auf der Kommode lag und banden sie um den Hals seines Gegenübers. Das Gesicht wirkte vor Traurigkeit noch älter, als es bereits war. „Lassen Sie den Kopf nicht hängen, Herr.“, flüsterte der alte Mann leise, half ihm nun auch beim Anziehen das schwarzen Jacketts. Richard Grayson seufzte leise und schüttelte den Kopf. „Wie kann ich das nicht, Alfred?“ Die blassen Augen wirkten unsicher, so gefüllt von Trauer wie sie waren. Der Butler des Hauses Wayne presste seine Lippen aufeinander und senkte für einen Moment seinen Blick. Stille. „Ich weiß es nicht, Master Grayson.“ Unbefriedigt und abrupt drehte sich der junge Mann wieder zum Spiegel und richtete den Kragen des Hemdes, strich die letzten Falten auf den Jackett glatt. Nachdem einige Zeit nicht mehr gesprochen wurde, fragte Alfred vorsichtig: „Sind Sie dann fertig?“ Richard hob langsam seinen Kopf an und blickte in die Tiefen des Spiegels, seine Augen füllten sich einmal mehr mit Trauer. „Ich werde sicher nie dafür fertig sein, Alfred.“ Er schloss seine Augen, versteckte die glasigen Augen hinter seinen Lidern und schluckte den Kloß in seiner Kehle hinunter. „Das wird keiner von uns sein, Herr...“, flüsterte der alte Mann leise, bevor er großväterlich eine Hand auf eine der breiten Schultern Richards legte. „Keiner.“ Schnell riss Richard sich los und ging so schnell wie er konnte zur Tür und lies Alfred allein in seinem Zimmer zurück. Dieser dachte für einen Moment nach, ob er nicht zu weit gegangen war, sich zu nah an seinen Herren getraut hatte, was er als ein treuer Butler vielleicht nie sollte. Langsam rappelte er sich von seiner niedergeschlagenen Haltung auf und ging langsam, langsamer als er es vielleicht sollte und verließ das Zimmer, schritt die langen, leeren Flure des Wayne Manors entlang, hörte der Stille zu, welche neben seinen schweren Schritten zu hören war. Nun wirkte das Haus noch leerer. Die Schatten spielten Tag und Nacht an den Wänden, warteten darauf unterbrochen zu werden, wenn sich jemand den Gang entlang bewegte, was nun wohl noch seltener der Fall sein würde. Das Haus würde nun noch öfter wie verweist wirken. Nun würde Alfred putzen, wienern und polieren und noch seltener würde es jemand bemerken. Nur noch Richard und er selbst. Wenn überhaupt… Richard stand schon bei dem schwarzen Lamborghini, sein Kopf war wieder gesenkt. Er schien nicht einmal den alten Mann zu bemerken, als dieser die Tür anzog und abschloss. Schweren Schrittes machte er dann seinen Schritt die lange Treppe hinab, während sich dichte, schwarze Wolken am Himmel zusammen zogen. Leise atmete er aus, als er den Wagen erreichte, betrachtete den jungen Mann kurz von der Seite, bevor er den Schlüssel des Wagens aus seiner Hosentasche hervor nahm und den Wagen aufschloss. Selbst nun schien Richard ihn nicht einmal zu beachten, auch nicht, als der treue Butler die Tür für ihn aufhielt. „Master Grayson?“, fragte er leise, vorsichtig und der Angesprochene rührte sich nun langsam und setzte sich langsam ins Auto, schnallte sich an. Zaghaft schloss Alfred die Tür, überlegte für einen Moment, ob er nicht noch etwas zu dem jungen Mann sagen sollte, doch entschied sich dagegen. Erste Tropfen begannen zu fallen, als er in den Wagen stieg, den Motor startete und losfuhr mit einem letzten Blick auf das nun verwaiste Herrenhaus. Ihr Weg führte sie durch die dunklen, an diesem Samstag anscheinend komplett verlassenen Straßen Gothams. Der Weg führte sie durch den beginnenden strömenden Regen. Der Weg führte sie an den vielleicht dunkelsten Ort Gothams. Der Weg führte sie in Stille. Die beiden Männer wirkten unruhig, als sie sich ihrem Ziel näherten. Ab und an blickte Alfred in den Rückspiegel um zu sehen, wie es dem jungen Mann ging. „Ich erinnere mich daran, wie Sie das erste Mal in einen dieser Wagen saßen, Master Grayson…“ Langsam blickte er auf und sah zu den matten Augen im Spiegel. „Das ist lange her, Alfred.“ „Nicht allzu lange, Master Grayson. Wenn ich mich recht erinnere waren Sie ein junger Zirkusbengel.“ „Und du warst schon immer der treue, alte Butler der Wayne Familie.“ Ein müdes Lächeln wagte sich über die Lippen des alten Mannes und seine Augen konzentrierten sich wieder auf die zerfahrene Straße vor ihm. Unter den Reifen holperte er fürchterlich und Richard griff an die Halterung an der Autotür. „Alfred, fahr nicht so schnell!“, meinte er mahnend, doch erneut krachte es und der alte Mann fuhr noch immer mit derselben Geschwindigkeit. „Alfred, pass auf! Der Wagen bricht!“ Der alte Mann schluckte. „Nein, Herr, der Wagen nicht…“ Wieder huschten die blass-blauen Augen in den Spiegel. „Ihr habt Euch damals sehr gegen jegliche Versuche gewehrt, Euch zu erziehen, Master Richard. Weder Master Wayne noch ich haben Sie so schnell an sich heran gelassen. Aber ich bin froh, wenn ich das sagen darf, dass wir aus Ihnen dennoch einen wohlerzogenen Mann geschaffen haben. Master Wayne wäre sehr stolz auf Sie, wenn er Sie nun sehen könnte.“ Wieder blickten die Augen nach vorne. Wieder krachte es. „Alfred! Der Wagen bricht!“, rief Richard erneut erschrocken. Der alte Mann schluckte schwer, bevor er antwortete. „Nein Herr, der Wagen nicht. Es ist ein Band von meinen Herzen, das da lag in großen Schmerzen.“ Seine Stimme wurde leiser und langsam verstand auch Richard, was in dem alten Mann vor sich ging. Den Rest der Fahrt verweilten sie in Stille, im strömenden Regen, in den Straßen Gothams. Als sie in eine andere Straße bogen, wo der Weg unter den Rädern nur noch aus zerbrochenen Stein und schlammiger Erde bestand, waren sie auch schon an ihrem Ziel angekommen. Hinter einer bereits schon parkenden Schlange von Autos hielten sie und Alfred stieg als Erster aus, nahm den immer auf seinen Einsatz wartenden Schirm vom Beifahrersitz und spannte ihn auf, bevor er Richard aus dem Wagen ließ. Gemeinsam gingen sie in Stille den von Pfützen überschwemmten Weg entlang, auf die bereits schon wartende, schwarz bekleidete Menge. Nun wurde Alfred allmählich klar, dass sie unterwegs zu der Beerdigung seines alten Herren, Bruce Wayne waren, auch wenn er es schon längst wusste. Irgendetwas in ihm weigerte sich weiter zu gehen, doch seine Füße trugen ihn immer weiter und weiter. Und vor seinem inneren Auge verschwammen die Erinnerungen an den jüngsten und auch letzten Wayne. Wie er ihm das Fahrradfahren beigebracht hatte. Oder das Reiten. Das Autofahren. Anstand, Sitte und Etikette. Wie er stolz vor dem Fernseher saß, als er die erste Rede vor ‘Wayne Enterprises‘ hielt. Wie er das erste Mal betend am Küchenfenster gewartet hatte, als er als dunkler Ritter Gothams durch die düsteren Gassen pirschte, auf der nimmer enden wollenden Suche nach Verbrechern und Gangstern. Und nun war alles vorbei. Sein gesamtes Erbe hatte er still nach seinem Tod in Richards Hände gelegt, beides, das Millionenimperium und die stille Aufgabe als Gothams Bewacher und Beschützer. Wer wusste schon, welcher Druck und welche Last nun auf den Schultern des Jungen lagen. Erst spät bemerkte Alfred, dass sie schon einige Zeit bei der restlichen Trauergesellschaft standen, erst als Lucius Fox ihn leise grüßte, welcher auch ein alter Vertrauter von Bruce war. Langsam sah der treue, alte Butler sich um, sah viele bekannte Gesichter, von Commissioner Gordon und seiner Tochter Babara, bis Vicky Vale und dem Bürgermeister Gothams waren alle dabei, die Bruce und Batman kannten. Mit einem kleinen Abstand zu dieser Gruppe stand eine weitere, bestehend aus Leuten wie Clark Kent, Diana Prince, Barry Allen und noch mehr ehemalige und derzeitige Mitglieder der Justice League. Auch sie trauerten um ein verlorenes Teammitglied und einen verlorenen Freund, nicht als Helden, sondern als Menschen, welche irgendwo in ihnen steckten. Die ganze Zeit sah Alfred auf den Boden, konnte es nicht ertragen die Menschen um ihn herum anzusehen, den Priester, oder das von Blumen bedeckte Grab, worum sich bereits eine schlammige Pfütze gebildet hatte. Er lauschte nicht den Worten des Priesters, horchte nicht dem Schluchzen der Menschen. Er dachte einfach nur nach, in Stille, darüber wie entsetzt er mit riesigen Augen auf den Fernseher blickte, als man den Tod von Gothams Ritter ansagt hatte. Darüber, wie plötzlich die Fledermausflügel gebrochen sein mussten und er von den Höhen der Häuser auf den kalten, harten Boden herabgestürzt war. Darüber wie er Tränen über einen verlorenen Menschen vergossen hatte. Er schluckte wie schon so oft, um das enge Gefühl in seiner Kehle runterzuschlucken und wartete, in Gedanken versunken die Predigt ab. Jeder Einzelne verabschiedete sich schließlich leise oder laut weinend, legte noch mehr Blumen auf das Grab und wand sich schließlich ab, um allein oder in einer kleinen Gruppe weiter zu trauern. Doch Alfred blieb. Alfred blieb da, als die Erde sich zur Nacht verdunkelte, seine Sachen kalt und durchweicht von dem andauernden Regen waren und seine Augen vom traurigen Starren auf das Grab trocken. Der junge Erbe des Vermögens, was ihm vermacht wurde, betrachtete ihn vom Wagen, unterdrückte seine eigene Trauer, so sehr er konnte und drückte den Griff des Schirmes mehr, welcher ihm vor noch mehr Nässe schützte. So viele hatten ihr Mitleid und ihre Trauer bei ihm ausgesprochen, ihm freundlich eine Hand auf die Schulter gelegt und gesagt, dass er sich bei ihnen melden könnte, wenn es Probleme gab. Doch niemand hatte sich so sehr um Alfred gekümmert, wie um ihn. Langsam stand er auf, ging den Weg entlang, der Schlamm quoll um seine Schuhe herum. Er hielt den Schirm über den alten Mann, der vor Kälte schon leicht zitterte. Gemeinsam betrachteten sie das Grab in Stille. Im Regen. Keiner von beiden wagte es den Blick abzuwenden oder den anderen anzusprechen. Ein Blitz und ein Donner brachen die Dunkelheit und die Stille und Richard zuckte leicht zusammen. Doch Alfred blieb standhaft. Von der Seite her sah er den alten Mann an. „Es tut mir leid, Alfred.“, meinte er leise und legte eine nasse Hand auf dessen Schulter. Tiefe, dunkle, blaue Augen betrachteten das alte, faltige Gesicht, umrandet von weißem, nassem Haar. Eine zittrige, blasse Hand machte den Griff auf der Schulter fester, wärmte sie. Schwarze, nasse Haare fielen in das traurige Gesicht. „Ich höre es wieder und wieder krachen, Alfred.“, meinte der junge Mann leise. „Und ich denke nicht, dass der Wagen bricht.“ Zutiefst betrübte, verblasste, blaue Augen blickten traurig auf das Grab. Eine weiche, faltige, vom Alter gesegnete Hand fasst hinauf zu der Schulter, berührte kurz die eine, die eine, die dort verweilten. Das Gesicht wirkte vor Traurigkeit, Müdigkeit und Nässe noch älter, als zuvor. „Nein Herr, der Wagen nicht. Es ist ein Band von meinem Herzen, das da lag vor lauter Schmerzen.“, flüstere der treue, alter Butler leise. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)