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Code of Sparks

von

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Code I

Optimus Primal
 

Beeilung.

Beeilung.

Schneller.

Einfach schneller.

Es musste doch alles schneller gehen!

Doch je mehr Boost er seinem Jetpack versuchte zu geben, desto langsamer schien er zu werden.

Das Tal schien in nur noch weitere Ferne rücken zu wollen.

Schneller.

Noch einen Zahn zulegen.

Einfach alles aus den Boostern holen.

Sie musste es einfach rechtzeitig schaffen.

Er würde es sich nie verzeihen könnten, wenn sie spät kommen würden.

Wenn alles schon vorbei wäre.

Alles entschieden.

Und Dinobot…

Nein.

Nein nein nein.

So etwas sollte er nicht einmal wagen zu denken.

Er musste sein ganzes Vertrauen in ihn legen, sein ganzes Vertrauen darauf setzen, dass einer von seinem Kaliber es schaffen musste.

Er musste einfach.

Nur noch ein bisschen.

Er musste nur noch ein bisschen durchhalten, bis sie da waren, um zu helfen.

Seit Sonnenuntergang waren bereits ein oder zwei Megacycle… oder sogar mehr vergangen, seit sie Dinobots letzten Funkspruch erhalten hatten und endlich konnten sie die Flammen des bereits lichterloh brennenden Tals am Horizont erblicken.

Mit aller Kraft pumpte Optimus Energie in sein Jetpack und peilte genau den Vektor an, auf welchem der Scanner Dinobot ortete.

Das Signal war schwach, aber es war da.

In einem Affenzahn stürzte er sich in den flammenden Urwald und erblickte sogleich Megatrons überdimensionalen Körper, der sich erhaben und siegessicher auf den reglosen Körper vor sich zu bewegte.

Nein, das Signal war noch da.

Optimus ließ sich nicht beirren.

Er glaubte zu fest daran, dass heute kein Worst-Case-Szenario geschehen würde!

Sofort feuerte er einige mächtige Schüsse aus seinen Schulterblastern hinab.

Soweit seine Scanner sich nicht irrten befanden sich momentan alle andern Predacons in Stases-lock und Megatron zog wie immer den Schwanz ein und nahm die Beine in die Hand.

Besser so.

Wenn Optimus heute auf etwas keine Lust mehr hatte, dann war das eine weitere, anstrengende, zu nichts führende Auseinandersetzung mit dieser violetten Riesenechse.

Für einen Nanoklik wurde er ein bisschen aggressiv.

Aggressiv auf diese Situation.

Doch er schüttelte seine Aggression ab und landete direkt neben Dinobot, dessen Optics nur schwach einen zarten Rotton in Optimus‘ Gesicht wiederscheinen ließen.

„RHINOX“, polterte er durch den Frequenzkanal – feststellend, dass seine Verzweiflung zu Unsicherheit, zu Aggression und nun zu einem leichten Anflug von Panik übergegangen war.

Er beugte sich besorgt über ihn und stützte ein Kniegelenk auf, um sich ein Bild von seinen Verletzungen zu machen. Zeitgelich vergewisserte er sich noch einmal kurz, ob auch wirklich alle im Umland verteilten Predacons entfernt wurden oder sich in Stases-lock befanden.

Positiv.

Er atmete kurz auf und hielt dann seinen Atem an, um kurz nachzudenken und seine Gedanken zu sortieren. Dinobot hätte nicht alleine gegen alle Predacons kämpfen dürfen. Es hätte nicht passieren sollen, dass ein Mitglied seiner Crew so eine Kamikaze-Aktion ausführen musste. Er hätte es verhindern sollen. Er hätte einen Weg finden müssen.

Zögerlich, aber zärtlich, umfasste er seine Krallen.

Man hätte ihn sowieso nicht aufhalten können.

Er senkte seinen Blick kurz.

Sicherlich war es immer schwer gewesen Dinobots Ehrgefühl, sein Drängen danach den Krieger in sich auszuleben und seinen uneingeschränkten Kampfgeist mit den Gepflogenheiten der Maximals zu vereinen. Und sicherlich schien er, oberflächlich betrachtet, oft nicht in ihre Gruppe hineinzupassen. Doch Optimus hatte immer fest daran geglaubt, dass sich das alles eines Tages ändern würde und hatte ihn schnell als einen Teil von ihnen und somit als Teil von sich ansehen können. Täglich hatte er bei, trotz aller Streitigkeiten, trotz aller Ungereimtheit, trotz aller Reibereien und kleiner Machtkämpfe immer gewusst, dass Dinobot eines Tages den Maximal aus dem tiefsten Inneren seines Predaconsparks für eine durch und durch selbstlose Tat durchscheinen lassen würde.

Dass dieser Nanoklik nun gekommen war, der Zeitpunkt zu dem der Predaconkrieger in ihm bereit gewesen war für ein Maximalprinzip bis zum Tode zu kämpfen und es zuzulassen, das Gute in sich seine Schwerthiebe leiten zu lassen, beflügelte seinen Spark einerseits und andererseits schnürte es ihn unangenehm ein.

Bis sich seine gesamten Schaltkreise lahm und leer fühlten.

Es ging weiter als das.

Es ging weiter, als die Verzweiflung eines Commanders, der einen seiner Mechs alleine in den Kampf ziehen lassen musste.

Es ging weiter als die Unsicherheit darüber, ob ein Kamerad schwer verletzt war.

Es ging weiter als die Aggression bei dem Anblick eines Freundes in höchster Not.

Sogar weiter als die Panik, … einen geliebten Bot verlieren zu können.

Und das alles konnte Optimus erst jetzt realisieren… erst jetzt erkennen… in was für einer tiefen Verbundenheit er sich inzwischen zu ihm empfand. Und wie merkwürdig es auch war, dass er die ganzen letzten Solar- und Dekacycles über sich nie gewagt hatte, darüber nachzudenken, wie weit verbunden er sich ihm inzwischen fühlte.

Ein Spark konnte, so hatte er es einmal gehört, Emotion in höchster Reinheit durch den Prozessor katapultieren – im Anblick des Todes.

Doch soweit war es noch lange nicht. Durch leichtes Zucken und das Sprühen einiger Funken wurde Optimus aus seinen Gedanken gerissen. Noch war er am Leben und er musste es bleiben. Dieses furchtbar einengende Gefühl bei der bloßen theoretischen Überlegung genügte ihm bereits.

Er wollte nicht verlieren, was er in diesem Nanonklik gefunden hatte.

Trotzdem wollte er sich nichts vormachen. Dinobot sah übel zugerichtet aus. So konnte nur einer aussehen, der mit dem vollen Todesmut in der einen und wehender Fahne in der anderen Hand gekämpft hatte. Kleine Funken schlugen um sich und ließen seine Gelenke unkontrolliert vibrieren.

Doch sein Spark blitzte durch eine kleine Spalte in ihrer Kammer heller, als er jemals einen Spark in einem fast funktionsuntüchtigen Körper gesehen hatte. Irgendetwas musste trotz seiner Bereitschaft in diesem Kampf zu sterben seinen Lebenswillen so beflügelt haben, dass sein Spark jeden auch nur halb funktionierenden Teil seines Prozessors weiterhin eifrig antrieb.

Optimus versuchte seine Besorgnis und das, was durch seine Schaltkreise jagte, nicht nach außen dringen zu lassen und bemühte sich, Dinobot aufmunternd anzulächeln.

„Das kommt wieder in Ordnung…“, sagte er leise, sich für einen Nanoklik dessen unbewusst, dass das Aufkratzen seines Körpers, statt auf dem Schlachtfeld zu sterben, vielleicht nicht wirklich Dinobots Ehrgefühl entsprach. Doch dieser hell leuchtende Quell des Lebens, der aus dem Auge seines Brustpanzers strahlte wollte nicht sterben – nicht heute.
 

Die Sonne war bereits wieder aufgegangen, als Optimus nach mehr als genügend Megacyclen endlich die Tür seines eigenen Quartiers hinter sich schließen und wirklich in aller Ruhe tief durchatmen konnte. Dinobot in Staces-lock in der CR-Chamber und in Sicherheit wissend ließ die mittlerweile zähflüssige Routierung seines Sparkes langsam etwas aufleben.

Es hatte sie einige Nerven und Zittern und Bangen gekostet; ein paar Megacycles hatten sie gebraucht, um sicher gehen zu können, dass Dinobot wieder aufwachen würde – ganz gleich, wann es sein würde.

Leicht schnaubend lehnte er sich gegen die Tür und überlegte, ob er schlafen sollte, ob er überhaupt schlafen konnte. Doch wach bleiben nutzte ihm, ihnen und Dinobot auch nichts. Er hatte die Frühpatrouille am Vortag gehabt und somit seit 36 Megacyclen keinen Schlaf gehabt. Dabei musste er ausgeruht sein, immer vorausgesetzt dem Fall, dass eine Notsituation einkehren würde. Cheetor und Rattrap hatten Monitordienst und Rhinox kümmerte sich um die CR-chamber. Der Rest war auf Patrouille.

Er betete zu Primus, dass sie vorerst Ruhe vor den Predacons hatten. Und bei dem Massaker, das Dinobot angerichtet haben musste, waren vielleicht mit Glück ein paar von ihnen terminiert.

Oh man… er war schon so müde, dass er so etwas entsetzliches Denken konnte.

Er seufzte und rieb sich die schmerzenden Optics während er sich zu seinem Tisch begab.

Sein Blick fiel dabei auf das rosarote Gewächs, welches scheinbar über Nacht seine volle Blüte erreicht zu haben schien. Der Anblick lockte ein müdes, aber ehrliches Lächeln hervor. Irgendwie hatte es doch so angefangen, oder?

Zwischen all den kleinen Machtkämpfen, die er mit Dinobot hatte ausfechten müssen waren diese Nanokliks gewesen… Megacycles… manchmal ganze Solarcycles in denen davon nichts zu spüren war. Diese kleinen Gelegenheiten… Monitordienst, Patrouille, Beratschlagungen – Gespräche, Spaziergänge, kontinuierlicher Austausch von zweideutigen Blicken.

So hatte es sich wohl entwickelt. Wie eine zarte Pflanze, die langsam ihre Knospen empor reckte und sich in einer Nacht zur vollsten und reinsten Schönheit entwickelt hatte.

So wie seine Gefühle.

Nur schwer ließ sich sein dumpfes Gähnen unterdrücken. Er musste wirklich schlafen. So dunkelte er das riesige Panoramafenster ab und überlegte noch für einen Nanoklik, dass sich seine relativ schmale Schlafgelegenheit heute eher viel zu breit anfühlte, als nur ein kleines bisschen zu eng.
 

Er schlief ein.

Code II

Dinobot (written by -JackFrost-)
 

Er hatte es geschafft.

Hatte sich voran gekämpft, bis hin zu Megatron.

Seine Systeme schlugen immer noch Alarm. Warnhinweise und Fehlermeldungen belagerten ihn wie ein Kometenschauer und er musste sie erneut außer Kraft setzen, blockende Programme installieren, damit er nicht in Stasis verfiel. Primus, das hatte ihm gerade noch gefehlt, so kurz vor dem Ziel.

Er hatte sich dem Befehl seines Commanders nicht widersetzt und sich dann durch etliche Feinde gekämpft, nur um dann vor dem schlimmsten aller Gegner plötzlich umzufallen, wie ein Narkoleptiker. Das war nun wirklich alles andere als ehrenhaft!
 

„Sei ehrlich, Dinobot. Du bist Altmetall, überholt!“ hörte er die spottende Stimme der viel zu groß geratenen Eidechse über sich. Megatron machte ein abfälliges Geräusch, ehe er seinen Blaster lud und zum finalen Schlag ausholte.

„Was könntest du schon tun?“ stichelte er ein vermeintlich letztes Mal.

Dinobot straffte die Glieder und ignorierte die über seinen Körper zuckenden Energonblitze.

„Improvisieren…“ keuchte er hervor und gab dem widerlichen Tyrannen auch gleich eine Kostprobe davon.

Danach handelte er wie automatisch. Ohne auch nur einen Gedanken an die möglichen Konsequenzen zu verschwenden, tat er einfach, was getan werden musste.

Sein Ehrgefühl verbot ihm den Schwanz einzukneifen und wie ein Feigling das Schlachtfeld zu verlassen.

Er hatte etwas wieder gutzumachen.

Sich von seiner Schande rein zu waschen.
 

Die Maximals hatten nach seinem kleinen Verrat keine Wiedergutmachung erwartet. So etwas lag weit außerhalb ihrer Prinzipien. Sie hatten ihn ohne viel zu murren wieder in ihrer Mitte aufgenommen. Und doch hatte ihn gerade das am meisten gestört. Umso besser war es beinahe, dass der unverschämte Nager es ausgesprochen hatte, als einziger seinem Missmut über die ganze Geschichte Luft gemacht hatte. Die mokierenden Worte waren schmerzhaft gewesen, aber ein beißender Gestank von Wahrheit war von ihnen ausgegangen.

Er hatte es einfach nicht verdient.

Er sollte nicht wieder bei ihnen aufgenommen werden, als hätte er nur mal eben selbstgebackene Kekse in der unbeliebten Nachbarschaft verteilt.

Dinobot hatte auch rein gar nichts getan, um sich seinen alten Platz und das damit verbundene Vertrauen wieder zu verdienen. Dieses Gefühl, diese Schuld… sie nagten intensiv an ihm, bis in seinen Spark hinein konnte er die Schande spüren, die er über sich und alle anderen gebracht hatte. Nein, er musste sich ihnen irgendwie beweisen, zeigen, dass er es tatsächlich Wert war, einer von ihnen zu sein. Dass er nicht doch wieder bei der nächsten kleinen Gelegenheit abspringen und sich gegen sie wenden würde.

Die Predacons hatten ein Zeichen seiner Loyalität verlangt, sie warfen ihr Vertrauen nicht freigiebig zum Fenster hinaus. Doch welchen Vertrauensbeweis hätte er seinen maximalschen Kameraden auch bieten können?

Wie hätte er es ihnen auch erklären sollen? Dass er hatte wissen wollen, ob er sein Leben lang einem Trugbild zum Opfer gefallen war, ob seine ganzen bisherigen Taten vorherbestimmt und somit sinnlos gewesen waren? Ein stolzes Wesen wie er glaubte nicht an das Schicksal. Ihm missfiel der Gedanke, sein eigenes Leben nicht unter Kontrolle zu haben, zutiefst und er würde lieber sterben wollen, als in einer Welt zu leben, in der sein Pfad vorherbestimmt war. Aber was war das denn für eine Ausrede?!

Durch seinen Verrat hatte er sich eine Antwort auf diese Frage gewünscht, die tief in ihm gelodert hatte und ihn schier aufzufressen drohte. Nun wusste er, dass die Zukunft nicht festgelegt war und er Herr seiner eigenen Entscheidungen war. Wie zutiefst ironisch, als er hatte feststellen müssen, dass ihm trotzdem keine andere Wahl geblieben war, als sich in den Kampf zu stürzen.
 

Von Anfang an hatte er keinen Hehl daraus gemacht, dass er sich den Maximals nicht angeschlossen hatte, weil er ihre Ideale vertrat, sondern vielmehr, weil er die Ansichten und Handlungen der Predacons und ihres größenwahnsinnigen Anführers nicht länger tolerieren konnte.

Und doch hatte sich mit der Zeit so einiges in ihm verändert. Er hatte wirklich angefangen, seine neuen Kameraden als solche anzusehen und… zu mögen.

Sogar den schäbigen Schädling, mit dem er mit fast schon perverser Genugtuung Beleidigungen und Beschimpfungen der übelsten Sorte austauschte. Doch das war wohl das Ventil, das er brauchte, um die Überreste seiner predaconschen Erbschaft auszuleben. Auch mit dem Rest der Crew fühlte er eine tiefe Verbundenheit, sogar mit der dummdreisten Katze, die öfters auf ihrem Kopf oder Hinterteil zu landen schien, als auf den Pfoten.

Und dann war da noch ihr Commander…

Optimus Primal hatte ihn herzlich willkommen geheißen, was Dinobots eh schon stark ausgeprägtes Misstrauen nur noch mehr geschürt hatte. Konnte das wirklich sein voller Ernst gewesen sein? Konnte er einen Predacon in ihre Mitte lassen, nur weil der behauptete, genug von seinen alten Verbündeten zu haben?

Die Antwort war so simpel wie auch überraschend: ja, er konnte.

Und das nicht nur, weil Dinobot ihm in ihrem ersten Aufeinandertreffen mit den Predacons den Pelz gerettet hatte. Das war eine Lebensschuld, die er begleichen musste und Optimus war Mech genug gewesen, um es auch als solche anzusehen. Doch Dinobots neuer Commander überraschte und verwirrte ihn immer wieder aufs Neue. Ziemlich bald fand er heraus, dass er wirklich an all die maximalschen Werte von Gerechtigkeit, Loyalität und Barmherzigkeit glaubte, nein, sogar einen Schritt weiter gegangen war und sie zu seinen persönlichen Prinzipien gemacht hatte.

Dinobot konnte kaum glauben, dass irgendein Bot wahrlich so idealistisch sein konnte. Fast war er sich sicher gewesen, dass Optimus nur den guten, verständnisvollen Commander mimte, jedoch tief unter dieser Maske noch sein wahres Gesicht schlummerte. Wie bei Megatron. Dinobot war kein Dummkopf gewesen. Aber er hatte sich zu leicht von Megatrons Worten einlullen lassen. Sein ehemaliger Commander hatte ihn mit Versprechungen und Verheißungen einer neuen Weltordnung geködert, wie gebannt hatte er den Reden des charismatischen Anführers gelauscht und tatsächlich jedes einzelne Wort geglaubt. Nur um aufs tiefste enttäuscht zu werden.

Nein, ihm sollte nicht erneut so Fehler passieren! Nie wieder wollte er sich kopflos einem Commander unterwerfen, bereitwillig, ohne seine Motive genauer zu hinterfragen. Verdammt, er hätte diesem rostigen Mech alles von sich preisgegeben, alles für ihn getan. Als sein untergebenen Second in Command und als sein Liebhaber. Oh ja, Megatron hatte auch Freundlichkeit und Verständnis vortäuschen können, doch Dinobot wusste, dass darunter nur eigennützige Ambitionen und eine fast schon an Sadismus grenzende Grausamkeit verborgen lagen.

Allein der Gedanke daran ließ ihn innerlich erschaudern vor Ekel.

Trotzdem hatte er sich Energon ums Maul schmieren lassen und brav seinem Befehlshaber gedient. Als er angefangen hatte, Zweifel ob der Richtigkeit ihrer Taten anzustellen, war es schon längst zu spät gewesen. Megatron hatte die richtigen Knöpfe bei gedrückt und ihm endlosen Ruhm versprochen, als sie die Goldene Scheibe gestohlen hatten. Doch dann waren sie nur auf diesem Dreckball von Planet gelandet und Dinobots ganzes Wesen hatte danach geschrieen, zu desertieren, dem idiotischen Eidechsenkopf zu zeigen, wie man die Predacons anzuführen hatte.

Schändlich, dass er sich so hatte verführen lassen. Er hatte sich richtiggehend prostituiert und wofür? Nur um für die Pläne eines geisteskranken Größenwahnsinnigen den Laufburschen zu spielen.

Deshalb musste er den Primal erst recht von allen Seiten traktieren, um diese womöglich nur verborgene dunkle Seite an ihm hervor zu locken. Doch so oft der junge Krieger ihn auch provoziert hatte, Primal war immer Herr der Lage gewesen, hatte mit Verständnis und einer unermüdlichen Ruhe versucht, die Wogen zu glätten und eine friedliche Lösung zu finden. Natürlich war er kein absoluter Pazifist, so wie ihr gestreifter Kamerad. Nichtsdestotrotz verabscheute Optimus den Weg der Gewalt zutiefst.

Da war keine versteckte Taktik gewesen, um ihn zu täuschen, in eine willenlose Marionette zu verwandeln oder gar um Informationen über die Predacons aus ihm heraus zu locken. Optimus hatte ihn selten auf seine Tage als Predacon angesprochen oder ihn Dinge aus seiner Vergangenheit gefragt. Ihre Beziehung verlief erschreckend professionell und manchmal hatte Dinobot es sich schon fast gewünscht, dass sein neuer Commander ihn etwas mehr fragen würde. Ihm auch nur einen Grund gab, der sein Misstrauen bestätigte und den Gedanken bejahte, dass er hier nichts zu suchen hatte.

Doch so etwas geschah nicht.

Im Gegenteil, sie verbrachten sehr viel Zeit in Ruhe miteinander und anstatt ihn auszufragen hatte Primal eher von sich erzählt, von den Maximals, von ihren Idealen und seiner eigentlichen Aufgabe als Forscher. Zusammen waren sie durch die Ödnis dieses Planeten gelaufen und hatten die Flora und Fauna erkundet und auch wenn Dinobot sich immer maßlos über diese vermeintliche Zeitverschwendung echauffieren konnte, musste er voller Schrecken doch im Stillen erkennen, dass ihm diese Ausflüge irgendwie… Spaß machten.

Optimus war so ganz anders, als sein früherer Commander. Dinobot fand einfach keinen Grund, um böse auf ihn zu sein – außer wenn ihre Ideale aneinander stießen, aber diese kleineren Auseinandersetzungen erschütterten nicht sein gesamtes Weltbild, so wie Megatrons Missbrauch seiner Loyalität und sein Totalversagen als glaubwürdiger Anführer. Es war so ein merkwürdiges Gefühl, das Optimus in ihm auslöste.

Und es hatte eine unendlich beruhigende Wirkung auf sein hitziges Gemüt. Es ging sogar so weit, dass er seine Nähe genoss und ebenso die Gespräche, die sie führten. Optimus musste nicht ständig den Befehlshaber raushängen lassen, nein, er stand mit seinen Mechs auf einer Höhe und behandelte sie alle gleich, wenn sie nicht gerade in einer Krisensituation waren.

Das war eine wundervolle Eigenschaft von ihm und Dinobot ehrte und bewunderte ihn zugleich. Zwischen ihnen war mit der Zeit etwas gewachsen, wie ein zartes, junges Pflänzchen. Eigentlich hätte er sich dafür selber den Gnadenstoß geben sollen, aber Dinobot fühlte sich wohl, geborgen und sicher aufgenommen.
 

Da lag er nun, mit den Überbleibseln der Goldenen Scheibe um sich herum verstreut. Er hörte Megatron fassungslos stöhnen und erfreute sich voller böser Genugtuung daran. Hoffentlich hatte er schnell genug gehandelt und das Leben jener retten konnte, die in diesem Tal lebten – auf dass sie Zukunft eine Chance hatte, sich frei zu entfalten.

Jetzt lohnte es sich kaum noch, in Stasis-Lock zu fallen. Megatron würde ihm jeden Augenblick den vernichtenden Schlag verpassen und dann wäre er eh nur noch Geschichte. Und er bereute nichts. Tief in sich konnte er fühlen, dass er das einzig richtige getan hatte. Vielleicht würden seine Kameraden ihm post mortem doch noch verzeihen. Sein Verrat konnte dadurch nicht wieder ungeschehen gemacht werden, das war ihm klar. Doch vielleicht konnte er gemildert werden.

Mit flackernden Optics wartete er auf seine Auslöschung, ob jetzt durch Megatron oder durch den Verlust seines Sparkes. Sein Körper hielt sich nicht einmal mehr auf, ihm weiterhin Warnmeldungen zu senden. Anscheinend hatte das Blockierungsprogramm geholfen. Beinahe hätte er einen Systemcheck gemacht, um zu sehen, was wie beschädigt war, aber der vernünftige Teil seines Prozessors hielt ihn gerade noch davon ab. Er hatte einen Totalschaden und musste nicht auch noch einen Scann drüber laufen lassen, um die wenigen Bereiche ausfindig zu machen, die NICHT in Mitleidenschaft gezogen worden waren.

Merkwürdig.

Sein Spark pulsierte weiterhin wie wild und dachte nicht daran, seinen Körper zu verlassen. Als würde er nur auf etwas warten. Aber worauf? Auf die Kameraden, die sich mehr als verspätet hatten und ihm eh nicht mehr helfen konnten? Oder war es etwas ganz anderes, wonach sein Spark sich sehnte?

Dann spürte er die Erschütterung. Schüsse fielen, schlugen dicht bei neben ihm ein. Er hörte Megatrons wütendes Fauchen, spürte seine Präsenz schwinden. Mühevoll schickte er seine Optics wieder online und sah zuerst einmal nur den dunklen Himmel über sich.

Dann spürte er eine weitere, eher zaghafte Erschütterung, als etwas neben ihm landete. Und noch bevor er die Stimme des Mechs vernehmen konnte, wusste er, um wen es sich handelte. Dinobot lächelte leise. Sein Commander war hier. Nun wusste er, dass alles gut werden würde. Das Tal war nun mit hundertprozentiger Sicherheit gerettet und somit auch die Vorfahren der Menschen.

„Optimus…“ zischte er leise und drehte den Kopf langsam zu ihm hin.

Kein Zweifel, es war tatsächlich sein geliebter Commander, der sich nun über ihn beugte und das Sternenzelt verdeckte, seine optischen Sensoren voll und ganz ausfüllte. Fast schon fürchtete er eine Standpauke ob seines Ungehorsams. Mahnende Worte, Vorwürfe, dass er sich in einen ausweglosen Kampf gestürzt hatte und lieber auf ihre Ankunft hätte warten sollen.

Doch nichts dergleichen kam.

Eine Weile lang sagte keiner von beiden etwas. Optimus sah wahnsinnig müde und tief besorgt aus. Beinahe traurig. Doch Dinobot war sich sicher, dass er seine Beweggründe verstand. Das bedeutete nicht, dass er sie guthieß. Aber das war das wundervolle an seinem Commander: er verurteilte sie nicht oder missachtete die Eigenheiten und Macken seiner Kameraden, sondern tat lediglich fürs Protokoll seinen Unmut über bestimmte Entscheidungen kund. Doch im Großen und Ganzen ließ er sie sich frei entfalten und gewähren, wie sie wollten, solange sie niemanden gefährdeten. Das war es auch, was all seine Gefährten so an ihm schätzten.

Optimus ließ sich neben dem geschwächten Krieger nieder und umfasste zärtlich, wenn auch etwas zögerlich seine Krallen.

Es war wie ein Stromschlag, der seinen ganzen Körper durchflutete. Dinobot erwiderte den Druck des Servos mit seinen Krallen, hielt sich regelrecht an seinem Commander fest und fixierte ihn mit seinen Optics. Dieser Blick, dieser unendlich traurige Blick… den konnte er einfach nicht ertragen. Sein Spark schien vor Trauer über diesen Blick, den er noch nie auf dem Gesicht seines Commanders gesehen hatte, beinahe zu bersten. Er öffnete den Vocalizer und wollte etwas sagen, doch er wusste nicht genau, was. Es lag nicht an ihm, tröstende Worte zu sprechen, hatte er sich doch wohl wissend in diese selbstmörderische Aktion geflüchtet. Mal ganz davon abgesehen, dass es nicht ganz sein Stil war und es sicher einem Griff in den Recycler gleichkommen würde.

Trotzdem hätte er gerne etwas gesagt, ihn irgendwie aufgeheitert. Er wollte nicht aus dieser Welt gehen, mit diesem Bild als letzte Erinnerung an dem Mech, der ihm mit der Zeit mehr bedeutet hatte, als er es sich hatte eingestehen wollen.

Funken sprühten aus einigen Wunden und diverse Körperteile zuckten ohne sein Zutun. Und doch gab sein Spark sich einfach nicht geschlagen. Jetzt erst recht nicht. Er wollte einfach nicht erlöschen. Wie wild kreiste er in seiner Kammer umher, die schlimm angeschlagen, aber noch lange nicht bereit war, ihr kostbares Gut aufzugeben. Eine noch nie zuvor da gewesene Wärme breitete sich in seinem Brustkorb aus und Dinobot konnte spüren, wie seine Lebensgeister wieder erstarkten. Wie sein Spark reine Energiewellen durch den kaputten Körper katapultierte und Rettungssysteme sich aktivierten, die längst offline hätten sein sollen.

Das… war nicht richtig.

Dinobot war ein Mech, der von Ehrgefühl beherrscht wurde und der für einen glorreichen Tod im Kampf lebte. Für ihn gab es nichts Höheres. Wieso klammerte sich sein Spark nun so sehr daran, ihn am Leben zu erhalten? Wieso hatte der Anblick seines Commanders ihn nur so einen Stich versetzt, dass er gar nicht mehr gewillt war, offline zu gehen? Primus verdammt, er wollte ihn tatsächlich nicht alleine lassen!

Optimus’ gezwungen aufmunterndes Lächeln versetzte ihm nur einen neuerlichen Schlag, aber er konnte auf die folgenden Worte nur leise nicken.

Wenn Optimus Primal sagte, dass es wieder gut werden würde, dann wollte er ihm glauben. Mittlerweile waren auch alle anderen eingetroffen, aber seine Optics ruhten immer noch nur auf den einen Mech. Dinobot musste sich sein Lächeln nicht auf die Lippen zwingen, es kam von ganz alleine.

Sie waren für ihn gekommen, alle waren sie da.

Und sein Commander war ihm am nächsten. Versuchte sogar, ihn aufzumuntern, obwohl er nicht gerade der beste darin war. Wer konnte da nicht sein letztes bisschen Lebenswillen zusammenkratzen?

Tatsächlich hatten seine inneren Reparaturen schon begonnen und er fühlte es in sich arbeiten. Vorsichtig rief er einen knappen Statusbericht auf und stellte erleichtert fest, dass sich sein Zustand wie durch ein Wunder einigermaßen stabilisiert hatte. Zumindest konnte er nun in Stasis fallen, ohne Angst zu haben, nicht wieder aufzuwachen. Die Chance zu überleben lag nun 39% zu 61%, Tendenz steigend, wenn er sich in den nächsten Klicks in Stasis begab. Besser als zuvor, als der Wert noch nahe an der Null gewesen war.

Sein Spark arbeitete noch immer wie verrückt und verteidigte seinen Platz, wie ein in die Ecke gedrängtes Motherboard ihren Sparkling. Gut so. Nun konnte er sich fallen lassen und die wohlverdiente Ruhe genießen. Wie auf Kommando sprangen seine Notfallsysteme wieder an und versetzten ihn endlich in die wohlverdiente Stasis. Kein Austausch mit seinen Kameraden, kein kurzer Briefing, ob er die Aufgabe, die er sich selber auferlegt hatte, auch tatsächlich zu vollster Zufriedenheit hatte ausführen können. Nur noch wohlige Dunkelheit und die Gewissheit, dass sein Commander sich schon um ihn kümmern würde.

Primus, es war Ewigkeiten her, dass er sich das letzte Mal so zutraulich gezeigt hatte. Wann hatte er seine Prinzipien nur so einfach über Bord geworfen? Es musste irgendwo zwischen Patrouille, Monitordienst und einem ihrer vielen, langen und intimen Gespräche gewesen sein.

Zur Hölle damit, was geschehen war, war geschehen. Wann, wo und wie genau war in ungefähr so wichtig wie das letzte Mittagessen des Schädlings. Jetzt zählte nur noch, dass es so blieb. Denn es tat so unendlich gut. Dieses Gefühl beflügelte seinen Spark geradezu. Was für ein lieblicher Gedanke, der ihn da in den Stasis-Lock begleitete…
 

Er erwachte in der lauschig-heimischen Behaglichkeit der CR-Chamber und stellte befriedigt fest, dass er noch am Leben und vollkommen funktionstüchtig war.

Von einigen kleiner, inneren Blessuren abgesehen.

Wie viel Zeit wohl vergangen war?

Sein Kernbewusstsein musste einen gehörigen Schlag abbekommen haben, da selbst das sich außerstande sah, ihm eine Antwort darauf zu geben. Schnell ließ er einen internen Scann über seine Systeme laufen und checkte alle Programme durch. Alles funktionierte wieder, wenn auch noch etwas träge. Äußerlich war er aber wieder einwandfrei, alle Dellen waren wieder ausgebeult, die Kratzer überlackiert und abgetrennte Verkabelungen erneuert worden.

Vor der CR-Chamber konnte er niemanden sehen. Gut so.

Er hielt nicht so viel von Mahnwachen, zumindest nicht, wenn es um seine Person ging. Mit einem kratzigen Knurren in der Stimme befahl er dem Computer, ihn aus der CR-Chamber zu lassen. Das bisschen, was noch zu beheben war, konnten auch sein internes Reparatursystem erledigen.

Keuchend und mit leicht quietschenden Gelenken trat er aus der Kammer und blickte in drei überraschte Optic-Paare. Da waren einmal Rhinox, der gerade um die Ecke gebogen kam und sich wohl einen Snack geholt hatte und dann noch der Jugendliche und der Schädling, die an den Armaturen saßen und wohl Monitordienst hatten.

Sehr gut, alle schienen den ihnen zugeteilten Aufgaben nachzukommen. Doch wo war ihr Commander? Besorgt fasste sich Dinobot an die Brust, als sein Spark sich vor Sorge zu regen begann und leise vibrierte. Er musste ihn sehen, brauchte ein Briefing. Sofort.

„Wo ist… Optimus?“ fragte er knirschend in die Runde.

Code III

Optimus Primal
 

Solarcycle vergingen.
 

Schier endlose Solarcycle.
 

Immer wieder wurde die CR-Chamber sehnsüchtig und besorgt von seinen Optics ins Visier genommen.

Sie alle bangten sehr um Dinobots Onlinestatus. Und mal sah es gut, mal kritisch aus.

Der Schaden, den er sich mit seiner unvernünftigen, wenn auch edlen, Tat zugefügt hatte war immens gewesen.

Optimus konnte nicht leugnen, niemals einen so zerstörten Bot gesehen zu haben, der einfach nicht aufhören konnte, um sein Leben zu kämpfen und dessen Körper geradewegs artig in Stasis blieb, um alle Dellen, alle Schrammen, alle Kabelbrände zu reparieren.
 

Es erleichterte ihn.
 

Und um ehrlich zu sich selbst zu sein, musste er sich eingestehen für ein paar Nanokliks bezweifelt zu haben, dass Dinobots Spark das Schlachtfeld lebend verlassen würde, als er ihn da hatte liegen sehen.

Umso mehr erleichterte es ihn ungemein, auch öfters Mal im Irrglauben zu sein.

In den Solarcyclen war es recht ruhig geworden in der Basis. Aus irgendeinem Grund wagte es kaum einer die Stimmung aufzuheizen. Weder Predacons noch Maximals.

Es war so ruhig und friedlich, wie Optimus es eigentlich immer gerne gehabt hätte. Doch ganz eigentlich gefiel es ihm gerade so gar nicht. Es wollte ihm einfach nicht gefallen. Denn eine Sache fehlte gewaltig.
 

Dinobot fehlte.
 

Nicht nur ihm, ihnen allen fehlte er.

Und so ging jeder einfach seiner Arbeit nach.

Optimus bemühte sich verkrampft so etwas wie Alltag einkehren zu lassen. Er hielt steif an seiner Routine fest, obwohl er entweder den ganzen Tag schlafen oder die CR mit seinen Blicken hypnotisieren wollte.

Das einzige, was ihn zum Schlafen bewegte war die Hoffnung aufzuwachen und alles so wie immer vorzufinden.

Aufzuwachen und die Brücke zu betreten, dabei fast von Cheetor umgerannt zu werden, Rhinox an irgendetwas herum schrauben zu sehen und schon in weiter Ferne Dinobots grunzende Stimme zu vernehmen, wie sie durch die halbe Axalon „SCHÄDLING“ spie und Rattrap irgendetwas weiter unter der Gürtellinie liegend zurück quiekte.
 

Doch jeden Morgen, wenn er erwachte und die Brücke betrat waren nur die Geräusche der Gerätschaften zu wahrzunehmen, müde Gespräche über Belangloses und hier und da schwerfällige Schritte zur CR.

Diese drückende Grabesstimmung passte ihm einfach nicht. Das machte all seine Gedanken so schwer und unerträglich. Doch man konnte einfach nicht zur alten Tagesordnung übergehen. Das funktionierte nicht, wenn ein Teil des Ganzen dabei fehlte. Und schon alleine aus Respekt wäre es unangebracht gewesen.
 

Auch wenn niemand so genau zu wissen schien, was Dinobot im Wesentlichen zu alldem getrieben hatte, fühlte jeder einen großen Klumpen Anerkennung für ihn in sich. Denn so viel verstand wohl jeder: Diese Tat war ein Geschenk gewesen.

Ein Geschenk für die Ordnung im Universum.

Ein Geschenk für die Zukunft.

Ein Geschenk für die Menschheit.

Ein Geschenk für die Maximals.

Ja sogar ein Geschenk für die Predacons, ein Beweis dafür, dass auch in einem Predacon aus Karosserie und Spark eine mehr als edle, noble und ehrenhafte Gesinnung stecken konnte.

Und ein Geschenk für sie.

Ein Geschenk der Loyalität.

Ein Zeichen seines Respektes vor ihren Prinzipien.

Ein Symbol seines Zugehörigkeitsgefühls.

Es war bei den Maximals und allen voran Optimus Primal einfach nicht Gang und Gebe ständig Vertrauensbeweise zu verlangen. In einer Crew musste man sich blind vertrauen können.

Das mochte vielleicht einer ihrer größten Schwachstellen, doch gleichzeitig ihre größte Stärke sein.

Denn dieses war der essentielle und grundlegende Unterschied zwischen Maximals und Predacons.

Vertrauen und Vergebung differenzierte sich von Misstrauen und Niedertracht.
 

Nur durch Vertrauen, Vertrauen in ihn als Commander, Vertrauen in seine Crew und Vertrauen untereinander, könnte sie zu einer Familie, einem Großen und Ganzen zusammenschweißen.

Und nur Misstrauen konnte Niedertracht sähen. Nur Misstrauen führte dazu, dass 50% der Predacons ihre Commander hintergingen, sie zu sabotieren und stürzen versuchten, 10 % überliefen und 25% aus Angst kuschten und artig einen Beweis nach dem anderen für ihre Loyalität erbrachten und die restlichen 15% herrschten.

Herrschten und verfügten über 0% Loyalität, ganz nach dem Prinzip „jeder gegen jeden“, heute so und morgen anders, ein einziges Chaos in welchem jeder ständig seinem Platz zugewiesen werden musste.
 

Ein Predacon kämpfte stets darum über dem Rest der Gruppe zu stehen.

Ein Maximal kannte seinen Platz innerhalb der Gruppe.
 

Und ganz genau diese Theorie hatte Dinobot sehr anschaulich in der Praxis bewiesen.

Was für ein Überläufer sonst, wenn nicht ein Predacon, beanspruchte in großen Tönen spuckend schon den Rang des Commanders, wenn er sich doch eigentlich glücklich schätzen müsste, überhaupt aufgenommen zu werden und überhaupt irgendeinen Platz zu erhalten?
 

Optimus hatte dies eigentlich nichts ausgemacht. Er hatte ja erfolgreich damit umgehen und ihm zeigen können, wer der Boss war und hatte immer mehr daran geglaubt, dass Dinobot schon irgendwann verstehen würde – er hatte nur sein Misstrauen über Bord werfen müssen.

Natürlich konnte man Misstrauen nicht mit Misstrauen ausmerzen, so wie man Feuer nicht mit Feuer bekämpfen konnte. Doch je mehr Vertrauen und Verständnis Optimus für ihn aufgebracht hatte, so schien es, desto mehr Misstrauen stieg Dinobot hoch.

Dieses bedauerte Optimus zutiefst.

Umso mehr bedauerte er Dinobots fixen Verrat. Und er selber hatte es nicht kommen sehen können. Er hatte so viel Geduld und Cycles damit verbracht, Dinobot das wahrhaftig Ehrenhafte seines Sparkes zu entlocken, dass er eigentlich davon ausgegangen war, dass so etwas nicht passieren konnte – nein, er hatte es sich wirklich nicht vorstellen können.

Und eigentlich hätte er wütend sein sollen.

Richtig wütend.

Er hätte ihn anschreien sollen. Und ihn fragen sollen, ob eine Schwertklinge in seinem Rücken wirklich der Dank gewesen sein sollte, der Dank für alles, für bedingungslose Aufnahme in seine Familie, für Aufrichtigkeit, Verständnis, Akzeptanz, der Dank für alles, was sie mit ihm brüderlich geteilt hatten – Freud wie Leid.

Und einen Beweis hätte er verlangen sollen. Einen Beweis, um sicher stellen zu können, dass er sie und ihre Schwachstelle nicht noch einmal so schamlos hintergehen können würde.

Aber obwohl Optimus nicht hatte verstehen können, warum, hatte er erkannt, dass Dinobot wohl selber mit seiner Schwachstelle zu kämpfen gehabt haben musste. Vielleicht war ein kurzes Straucheln nötig für ihn gewesen, um zu erkennen, dass er in all der Zeit, die sie schon zusammen verbracht hatten, schon mehr Maximal geworden war als er selber hatte ahnen können – ohne dabei alles, was ihn ausmachte aufgeben zu müssen.

Jeder fragte sich doch dann und wann, ob seine Taten und Absichten vernünftig waren. Ob der Weg zum Ziel der richtige war oder ob man irgendwo aus verschiedenen Gründen falsch abgebogen war und noch einmal zurücklaufen musste.

Optimus selber war an jenem Tag ins Straucheln geraten und hatte sich ernsthaft gefragt, ob es nicht ein Fehler gewesen sein könnte, ihn so ohne Weiteres aufgenommen zu haben, ihm so blind vertraut zu haben und ob er wirklich so blind hatte sein können und etwas ihn ihm gesehen oder gemeint hatte erkennen zu können, was einfach nie da gewesen war.

Und natürlich war er auch nicht umhingekommen sich zu fragen, was für einen Wert ihre persönliche Beziehung zueinander gespielt hatte.

Hatte sie ihn blind gemacht?

Hatte Dinobot sie ausgenutzt?

Hatte sie überhaupt eine Rolle für den Verrat gespielt?

Wenn nicht, welche denn dann?

Und gerade bei dieser Frage hatte er aufgehört darüber nachzudenken, weil alles so verwirrend war und seine persönlichen Gefühle sein Urteil getrübt haben könnten, oder auch nicht.

Sicher hatte er sich da nicht sein können. Dabei war es doch noch nie seine Art gewesen, sich von rudimentären Emotionen leiten zu lassen. Also hatte er alles noch einmal überdacht und war zu dem Schluss gekommen, dass er keine andere Wahl gehabt hatte, als weiterhin sein Vertrauen in ihn zu setzen und darauf zu warten, dass Dinobot endlich bereit dazu war, ihm genauso zu vertrauen.

Ja, hier war ihm klar geworden, warum er es bisher einfach nicht fertig gebracht hatte, sich über seine persönlichen Gefühle klar zu werden.

Es hatte ihn verletzt.

Als Commander.

Als Kamerad.

Als Freund.

Als Liebhaber.

Nicht etwa, weil ihm ein Beweis für Loyalität fehlte, sondern vielmehr fehlte es Dinobot an Vertrauen ihm gegenüber. Und das war offenbar auch das, was es mit ihm manchmal so unglaublich schwierig und anstrengend gemacht hatte – einseitiges Vertrauen.

Trotzdem.

Optimus hatte ihn aufrichtig wieder willkommen geheißen. Er hatte geglaubt, dass es Dinobot leid getan hatte in einem schwachen Nanoklik etwas Übereiltes getan zu haben. Er hatte es in seinen Optics gesehen, in seinem demütigen Blick, wie beschämt Dinobot über seinen Verrat gewesen war.

Es war nicht nötig darüber Worte zu verlieren.

Zumindest sah Optimus es weiterhin nicht als seine Aufgabe, ein Gespräch darüber zu beginnen. Aber er wünschte sich, irgendetwas von ihm darüber zu hören.

Gleichzeitig empfand er es als ungerechtfertigt, da er ja eigentlich keinen Beweis verlangen wollte.

Er hatte es nicht nötig, sich auf Vertrauensbeweise zu stützen – er steckte voller Vertrauen für seine Kameraden.

Er hatte es nicht nötig, jemanden zu irgendetwas zu zwingen!

Er hatte es nicht nötig, Loyalität zu hinterfragen – in der Regel war er es gewohnt zu wissen, woran er war.

Nur Dinobot ließ ihn manchmal im Dunkeln tappen. Blind.

Und in dem Punkt hatte Optimus die Schwäche in sich schmerzlich anerkennen müssen. Es war manchmal nicht ganz einfach ein Maximal zu sein, einerseits mit Vertrauen zu agieren und andererseits sicherzustellen, nicht hintergangen zu werden.

Und am schwierigsten war es an dem Punkt geworden darüber zu entscheiden, als er die Position seiner persönlichen Sympathiegefühle zu hinterfragen gehabt hatte.
 

So hatte er sich also dazu entschieden die Situation, wie üblich, professionell zu bewältigen.

Er hatte ihm den Fehltritt vergeben.

Er hatte all sein erschüttertes Vertrauen, das noch übrig geblieben war, zusammen gekratzt, um ihm zu verzeihen und nicht zu verstoßen.

Doch ihre Beziehung war seitdem weder vor – noch rückwärtsgegangen. Zu groß war doch die Verunsicherung in der Dinobot Optimus weiterhin im Dunkeln hatte tappen lassen.
 

Von all jenem, was an jenen Solarcyclen gewesen war wollte Optimus‘ Spark nun jedoch nichts mehr wissen – es war ihm egal.

Keiner dachte im Moment mehr über den Vertrauensbruch nach.

Ja, Optimus hatte es sogar vergessen, dass Dinobot sich technisch betrachtet an dem Abend, als das Tal in Flammen gestanden hatte, einem Befehl seines Commanders willentlich und absichtlich widersetzt hatte.

Optimus quälte daran jedoch nur der Tatbestand, dass sie nicht an seiner Seite gekämpft hatten. Auch wenn Dinobot, so wie er ihn kannte, es perverserweise wohl auch etwas gefallen haben musste, es im Alleingang mit allen Predacons aufzunehmen.

Seine etwas verschrobene Auslegung von Ehrgefühl widerstrebte Optimus einerseits und manchmal brachte es ihn zum Schmunzeln.

Nur dieses Mal, da hatte es ihm beinahe den Spark zerrissen.

Doch hätte er selber anders gehandelt?

Hätte er auf Verstärkung warten können, während vor ihm alles in Flammen aufging?

Nein.

Er hätte es genauso getan.

Er hätte die Zukunft jedes Lebewesens nicht für sein eigenes Wohl aufs Spiel gesetzt.

Und alleine deshalb hatte er nicht über so etwas vergleichsweise Unbedeutendes wie die Missachtung eines dummen Befehls reden wollen, als er neben ihm kniete.

Nichts von alldem war wichtig genug.
 

Nur der eine Moment.

Der eine Moment, in welchem er ihm versichert hatte, dass alles wieder werden würde.

In dem Moment, in welchem Dinobots Körper sich in Stasis begeben hatte.

In jenem Moment hatte Dinobot wohl endlich sein volles und ganzes Vertrauen in ihn legen können.
 

Optimus war müde.

Er durchlebte zwar keine schlaflosen Nächte, doch wenn er erwachte fühlte er sich noch müder und träger als zuvor. Und bald fühlte er sich, als hätte er Dekacycles über nicht einen Nanoklik lang geschlafen.

Aber er versuchte den Kopf nicht hängen zu lassen.

Er wollte sich der gedämpften Stimmung einfach nicht anpassen.

So gut es ging bemühte er sich Optimismus und positives Denken zu verströmen. Jeden Tag dachte er sich neue Aufgaben aus, die die Crew – und vor allem sich selbst – von der weiterhin bedrohlich ruhigen CR-Chamber ablenken sollten.

Inzwischen wäre ihm der Besuch einiger Predacons fast doch lieber gewesen. Nur so. Als kleine Ablenkung. Man hätte wenigstens etwas anderes zu tun gehabt, als darauf zu warten, dass sich die CR unter heftigem Dampfen öffnete.

Ehrlicherweise war diese Warterei und das Hoffen beinahe schlimmer, als wenn es ganz aus mit ihm gewesen wäre. Diese Ungewissheit würde sie alle noch in den Wahnsinn treiben, wenn es so weiter ginge.
 

So dachte er sich auch an diesem Morgen, nachdem er von seiner Nachtpatrouille wieder gekehrt war, eine neue mehr oder weniger wichtige und sinnvolle Aufgabe aus, während er liebevoll seine Topfpflanze bewässerte.
 

„Sentinels Schusswaffensysteme könnten mal wieder gewartet werden“, überlegte er laut.

Nein, um ehrlich zu sein, er redete mit der Pflanze, während er vorsichtig die Bodenfeuchtigkeit ihres Topfes überprüfte. Er war heilfroh, dass sie immer noch in voller Blüte stand. Auch wenn es etwas albern zu sein schien, so glaubte er ein bisschen, dass ihr Zustand in Verbindung mit Dinobot stand.

Und das nicht nur dahingehend, weil er sie ihm geschenkt hatte.

Ja, er glaubte, dass es ein schlechtes Zeichen für Dinobots momentan sehr stabilen Onlinestatus sein würde, würde sie anfangen zu welken.

Daher beobachtete er sie ganz genau.

Jeden Solarcycle.

Er kitzelte sie etwas an ihren Blättchen. Eigentlich streichelte er nur zart drüber und erfreute sich daran, wie samtig weich sie sich anfühlte, als sie plötzlich einen ihrer Pollen direkt in sein Gesicht spuckte. Das hätte ihm beinahe den Optic zerkratzt. Aber ihr ging es gut.

Mit einem lächelnden Seufzer ließ er von ihr ab und verließ seinen Raum.

Sobald er sich im Gang befand lauschte er dem surrenden Klang der Axalon, die so erschreckend ruhig geworden war und begab sich zur Brücke.

Und… beim Primus und der heiligen Matrix, er musste doch wahrlich schon Wahnvorstellungen haben.

Aufgeregte Stimmen drangen an seine Akkustiksensoren.

„Heilige Mistschlacke, Leute! Die CR –!“ Cheetor.

„Tja, der Held hat mal wieder auf ‘ne Extraeinladung gewartet, was!? Gut geschlafen, Dornröschen?“ Rattrap.

„Na Na Na immer langsam mit den jungen Sparklingen!!!“ Rhinox.

„Wo… ist Optimus?“ Dinobot.

Sein Spark setzte aus.

Konnte die Matrix es sich erlauben, so böse mit ihm zu scherzen?

Aber nein, da stand er, blau und orange, frisch lackiert leuchtend und gleichzeitig etwas keuchend und auf wackligen Beinen stolperte er etwas nach vorne und stützte sich am mittleren Schaltpult ab und grunzte leise.

Dieses liebenswerte, wie Honig in seine Sensoren laufende Grunzen war zurück in die geheiligten Hallen gekehrt.

Beinahe wäre Optimus ganz verrückt im Prozessor geworden. Es sprudelte und tobte wie wild in ihm und am liebsten wäre er übermäßig stürmisch zu ihm hingestürzt, hätte ihn geschnappt und fest gedrückt, so fest wie sein Spark momentan gegen seine Bauchplatte hämmerte.

Doch das konnte er nicht tun. Nicht vor den Optics aller anderen. Jetzt.

Außerdem hätte er ihn sicherlich z e r drückt.

Gerade noch im letzten Nanoklik hatte er die überschäumende Emotion, die durch seine Schaltkreise stoß, in Zaum halten können und war gerade noch so beisammen, ihm lediglich, dennoch vielsagend, seine Hand auf seinen Rücken zu legen.

„Ich bin hier“, sagte er sanft und bei der Matrix, Primus noch einmal, er musste sich wirklich zusammenreißen nichts zu tun, was Fragen aufwerfen würde.

Schnell schob Rhinox einen Sessel unter Dinobots Hinterplatten, die sich bereits wankend gen Boden zu senken begonnen hatten.

„Und Rhinox hat recht – immer langsam. Du warst so lang in Stasis, da müssen deine Schaltkreise erst wieder warm laufen.“ Er schenkte ihm ein glückliches Lächeln.

Und dann sah er kurz in die Runde und besah sich zufrieden all die aufatmenden und ebenso glücklich lächelnden Gesichter, welche ihn in einer Woge der Erleichterung fast ertrinken ließen.

„Ein wenig Bettruhe wird wohl erst mal noch das Beste sein“, merkte er weiterhin an, legte sich Dinobots Arm über die Schulter, hievte ihn ein Stück hoch und drehte ihn noch einmal kurz zur Crew, damit er es sehen konnte.

„Du hast uns ja ganz schön Sorgen gemacht. Aber die Hauptsache ist, dass du wieder bei uns bist.“ Zustimmend nickte jeder und ehe hier irgendwer noch ein Gespräch anfangen konnte hatte Optimus bereits begonnen sich mit ihm in den Gang zu begeben.

Mitgenommen sah er aus.

Benommen und seine Optics flackerten noch vor Müdigkeit.

Aber das war nun nichts mehr, was ein bisschen Schlaf nicht wieder hinbiegen konnte.

Also brachte er ihn auf sein Zimmer und auch wenn es kein weiter Weg war und es nur der öde selbe Gang wie sonst war und auch wenn es komisch war in dieser Situation so davon zu denken, so genoss Optimus diesen ersten gemeinsamen Spaziergang sehr.

Ein wenig verweilte er noch mit ihm, hielt behutsam seine Hand.

Es dauerte nicht sehr lange bis Dinobot in tiefen Schlaf verfallen war und Optimus sich auf machen konnte, um diesen wunderschönen Tag damit zu verbringen, Sentinel auf Vordermann zu bringen.
 

Die Familie war wieder komplett.

Code IV

Dinobot [written by -JackFrost-
 

Primus, wie sie ihn alle anstarrten. Als wäre er eben von den Toten wiederauferstanden. Schlief er? Hatte er geschlafen? Was war nur geschehen, nachdem er das wütende Scheusal, das einst sein Commander gewesen war, mit nichts weiter als einem Stock und einem Stein besiegt hatte?

Oh, das war eine fabelhafte Erinnerung! Sie baute Dinobots noch lähmend langsamen Prozessor wieder auf und ließ ihn innerlich vor Schadenfreude grinsen. Diese Schmach würde Megatron so schnell nicht wieder vergessen. Welch zutiefst befriedigende Genugtuung!

Nichts wusste er von der Zeit, die vergangen war. Von den sehnsüchtigen Blicken seines Commanders in Richtung der CR. Wie sollte er auch? War er doch nur um Glasfaserbreit an einer Terminierung vorbeigeschlittert.

Nichts wusste er von der ungemütlichen Ruhe, die während seiner Stasis auf dem Schiff geherrscht hatte. Davon, dass beinahe so etwas wie Frieden bestanden hatte. Eine friedliche Stille, die nur davon getrübt wurde, dass sein Körper in der CR ums Überleben gekämpft hatte. Ihm kam es vor, als hätte er lediglich einige Megacycle geschlafen, höchstens einen Solarcycle. Und dabei hatte sein Körper in der CR-Chamber durchaus noch einige kritische Phasen durchgemacht, in der sie alle um ihn gebangt hatten. Laut Rhinox hatte er noch einmal verdammtes Glück gehabt, dort draußen. Nur sein unbeugsamer Spark hatte ihn vor dem Schlimmsten bewahrt. Denn war die Zeitkoordinate nur lang genug, sank die Überlebensquote für jeden auf Null. Und Dinobot hatte verflucht lange seinen Mech stehen müssen, im Kampf gegen die Predacons.

Und das spürte er auch. Sein Körper fühlte sich wund an, als wäre ihr Medic mit einigen dickhäutigen Verwandten mehrere Mal drüber gerannt – vorwärts und rückwärts!

Er hielt sich den Kopf, als hätte er ihn die letzten Tage mit einem billigen Fusel von Energon zugedröhnt. Am besten noch vom Schädling zusammen gepanscht! Ihgitt, allein die Vorstellung brachte ihn fast dazu, auszuspucken. Mit einer Hand griff er nach der Tür der CR-Chamber und hoffte, dass er sich nicht zu auffällig daran festhielt. Kameraden hin oder her, Dinobot wollte sich vor ihnen keine Blöße geben, indem er nach der Reparatur umfiel, wie ein Sack Altmetall.
 

Wie es seinem Commander wohl gerade ging?

Der letzte Blick, den er auf ihn hatte werfen können – und den sein Prozessor so schnell nicht wieder würde vergessen können – war kein besonders beschaulicher gewesen, mit der tiefen Sorge, der Panik und all den ängstlichen Untertönen. Diese Besorgnis, von der er hoffte, sie nie wieder in Optimus’ Gesicht sehen zu müssen…

Inständig hoffte er, dass sein Commander sich von den Strapazen etwas erholt hatte. Aber eigentlich wusste er es besser. Optimus wäre nicht Optimus, würde er sich um seine Crew keine Sorgen machen. Er schätzte jedes Leben mehr, als sein eigenes, das hatte Dinobot schon einige Male am eigenen Leib zu spüren bekommen. Und lieber würde er sich selber in Stücke reißen lassen, als dass er auch nur einem aus seiner Crew ein Leid zustoßen ließ.

Innerlich seufzte Dinobot leise.

So wundervoll diese Eigenschaft an Optimus auch war, manchmal konnte sie ziemlich anstrengend sein. Aber da hatte gerade er leicht reden. Es war schon erstaunlich: so verschieden sie auch waren, sie hatten einige erschreckende Gemeinsamkeiten.
 

Sie brabbelten alle darauf los, als wären sie nie auf einer Akademie gewesen. Bei dem Benehmen, das sie hier manchmal an den Tag legten, fragte er sich das auch ernsthaft. Bei Rattrap war er sich fast sicher, dass der sich nur hochgeschlafen hatte. Cheetor war noch grün hinter den felligen Ohren und Rhinox… nun ja, der war auch grün. Und alt.

Bei der Matrix, er konnte sich ein Leben ohne diese Querköpfe nicht mehr vorstellen!

Höflich überging er des Schädlings freche Anspielung und knurrte mehr aus Gewohnheit, als aus wirklicher Wut. Selbst diese kleinen Nettigkeiten, die sie austauschten, würde er vermissen. Bei der Matrix, das Silicon Valhalla musste noch eine ganze Weile auf ihn warten! Dort würde ihm nur allzu schnell langweilig werden!

Dann stolperte er doch etwas und hielt sich leise grunzend am Schaltpult fest, um nicht vollends das Gleichgewicht zu verlieren. Wie sie alle sofort zur Stelle waren. Niemand wollte, dass er stürzte, dass er sich weiter beschädigte. Dinobot fühlte sich voll und ganz in ihrer Mitte aufgenommen und… wohl.

Nur noch eine winzigkleine Kleinigkeit fehlte ihm zu seinem vollständigen Glück.

Beinahe wäre ihm die Protoform aus der Panzerung gefahren, als genau jene Kleinigkeit ihm die Hand auf den Rücken legte. Oh, wie sein Spark augenblicklich zu rotieren begann. Er glühte regelrecht vor Freude und Aufregung, erfüllte ihn mit einem inneren Leuchten, das dem tausender Sonnen in nichts nachstand.

Nun wurde er aber albern.

Fast augenblicklich entspannte er sich erneut und fühlte, wie er sich wieder fallen lassen konnte. Sein Commander war da – und die Welt war wieder in Ordnung.

Wann hatte man ihm einen Stuhl unter die Hinterplatten geschoben?

Wann waren ihm überhaupt die Knie weggesackt?

Und was spielte das alles für eine Rolle?!

Fast hätte er widersprochen, als Optimus ihm solch beruhigende, wenn auch leicht mahnende Worte entgegenbrachte. Doch der Gedanke schaffte es nicht einmal bis zu seinen Vocalizer-Muskeln. Dinobot spürte augenblicklich die Müdigkeit wieder in sich hochkommen. Jetzt, ja jetzt konnte er schlafen. Optimus hatte recht, seine Schaltkreise mussten erst wieder warmlaufen und sein Prozessor vollständig hochfahren.

Aber bei Primus, dieses Lächeln!

Dinobot brachte nur ein müdes und schiefes Grinsen als Antwort heraus und nickte leise. Alles, was Primal ihm vorschlug, würde er gutheißen. Alles.

Sein Spark tat einen weiteren Satz, als Optimus den Arm um ihn legte und ihm sanft hoch half. Ob der es spüren konnte? Wie sein Spark pulsierte? Und was wohl in ihm vorging?

Er ließ seinen Blick über seine Kameraden streifen und nickte ihnen langsam zu. Sie würden sich keine Sorgen um ihn machen müssen, nun nicht mehr. Er hatte sie noch nie so erleichtert gesehen. Ein Glück, dass Optimus ihn dann aber auch gleich sanft wegzog und ihm zu seinem Zimmer half. Dinobot hatte weder Kraft noch Lust, sich mit einem von ihnen zu unterhalten, geschweige denn, mit allen auf einmal. Sie konnten ihn belagern, wenn er wieder vollkommen ausgeruht war und nach ihnen schnappen konnte, wenn nötig.

Jetzt wollte er nur die Ruhe genießen.

Und das Gefühl des starken, muskulösen Transmetal-Körpers, der ihn da festhielt.

Zum AllSpark er hatte sich ja nie als Femme in einer Beziehung gesehen und vielleicht lag es auch nur an dem Nebel, der noch über seinem Prozessor hing… aber er hätte nichts dagegen gehabt, von diesen kräftigen Armen über die Türschwelle getragen zu werden.

PRIMUS!

Für diesen Gedanken gehörten ihm die Hinterplatten herausgerissen! Zum Glück fiel es nicht sonderlich auf, als er leicht strauchelte. Es war leicht auf seinen Zustand zurückzuführen und nicht auf etwaige, zutiefst unsinnige Gedanken. Bei der Matrix, er gehörte wirklich in den Ruhezustand und das mindestens bis zum Ende des Tages!

Noch nie war ihm der Weg zu seinem Zimmer so wundervoll lang vorgekommen, wie jetzt. Ohne Widerworte ließ er sich auf sein Bett helfen und schickte die Optics offline, noch bevor sein Kopf die Liegestatt auch nur berührte. Ja, er vergaß sogar, in den Biestmodus zu wechseln, wie er es sonst so gerne tat!

Wieder war das letzte, was er sah, Optimus’ Gesicht. Doch es sah diesmal so ganz anders aus, als im brennenden Tal. Müde wirkte er und mitgenommen. Aber unendlich glücklich. Oder zumindest wollte Dinobot es sich einbilden, ob das nun der Wahrheit entsprach oder ein Trugbild seines Prozessors war, der den Ruhezustand nur zu gerne willkommen hieß. Was er sich jedoch ganz und gar nicht einbildete, waren die Servos auf seiner Hand. Dessen war er sich sicher! Dementsprechend friedlich fiel der Ruhezustand aus. Ohne störende Träume, Sorgen oder Ängste. Die Wärme seines Sparks strahlte nach außen und umfing ihn wie ein schützender, warmer Kokon.

Primus, wenn es doch nur für immer so bleiben könnte!
 

Hatte er geträumt?

Er erinnerte sich schwach daran, dass sein Spark vor lauter Emotionen schier übergequollen war, eine ganz neue Empfindung für den grimmigen Krieger. War ihm der Spark bisher nur im Kampf aufgegangen, so hatte das nun einen eher merkwürdigen, regelrecht befremdlichen Nachgeschmack hinterlassen. Selten hatte er sich so daran erfreut, zugleich aber auch so viel Angst vor den aufkommenden Gefühlen gehabt. Dinobot hatte ja schon seit einiger Zeit den leisen Verdacht gehabt, dass sein Spark ihn in eine ganz andere Richtung schickte, als sein Prozessor. Er hatte immer nur für den Kampf gelebt, für ehrenhafte Taten und nun hatte ihm sein eigenes Ich einen Streich gespielt.

Dabei war er doch so unbewandert auf den zarten Pfaden der Liebe.

Natürlich hatte er darüber gelesen. Und er war sich sicher, dass er sie auch schon empfunden hatte, wenn auch nicht ganz so intensiv und lang anhaltend, wie in den vielen Sonetten und Gedichten und wundervollen Geschichten, die er darüber gespeichert hatte. Dinobot war kein Fantast oder Traumtänzer – er hatte sich nie nach einer romantischen Begebenheit à la „Romeo und Julia“ gesehnt oder das Fehlen einer solchen sentimentalen Verwicklung beklagt. Doch er hätte sich ebenso wenig dagegen gewehrt, wenn ihn solche Gefühle übermannt hätten.

Ob er sich nun allerdings diesem Emotionscocktail hingeben mochte, war ihm nicht ganz klar. Es hatte sich alles etwas komplizierter einwickelt, als es ihm lieb gewesen war. So schnell hatte er nicht wieder eine Liaison zu seinem Commander eingehen wollen – was daraus werden konnte, hatte ihm die letzte schon deutlich genug vor Augen geführt. Nie wieder wollte er solch eine Enttäuschung, so eine Schmach über sich ergehen lassen.

Gut, Megatron hatte es gar nicht erst sehr weit kommen lassen und ihm oft genug scharf zu verstehen gegeben, dass zwischen ihnen nicht mehr war, als der Liegeplatz, den sie sich ab und an teilten. Dass der größenwahnsinnige Mech regelrecht besessen von ihm war, wusste er nicht, konnte er nicht einmal ahnen. So herablassend und verachtend, wie Megatron ihn behandelt hatte, hätte es Dinobot überrascht zu erfahren, dass der Klon mehr als nur ein taktischer Geniestreich sein sollte.

Der Raptor war allerdings auch nie ein Anhänger von halben Sachen gewesen – entweder er ließ sich ganz auf seinen Partner ein oder ließ es gleich bleiben! Das war schon immer seine Devise gewesen. Erstaunlich dann, dass er in der Zeit, in der sich dieses zarte Etwas zwischen Optimus und ihm entwickelt hatte, nicht schon energischer geworden war oder es ganz unterbunden hatte. Zu zwiegespalten waren diese neuerlichen Gefühle in ihm, die er kaum in seinem Prozessor, geschweige denn in seinem Vocalizer ausformulieren konnte.

Es auszuformulieren bedeutete nämlich, diesen unbekannten, aber wohltuenden Emotionen einen Namen zu geben. Den Zauber ihrer mysteriösen Natur zu zerstören. Sie in eine Schublade zu stecken und abzuhaken, als wären sie nie gewesen. Oder noch schlimmer: als wären sie reine Daten, etwas Greifbares, das man einfach so wegpacken und wieder hervorkramen konnte, wie eine frisch-verzipte Datei. Immer aufrufbar. Und gleichermaßen wieder verschließbar, ohne dass sie auch nur einen bleibenden Eindruck hinterließen.

Doch diese Gefühle waren so viel mehr. Sie zu benennen würde die ganze Magie zerstören, die von ihnen ausging und die so wundervoll an ihnen war. Zudem… konnte er denn wissen, wie Primal empfand? Wie es um seine Emotionen stand? Vielleicht baute er sich selbst gerade ein Luftschloss aus rosaroter Energon-Watte, nur um damit gleichermaßen schnell unterzugehen, wie ihr Schiff, als sie auf diesen primusverdammten Dreckball abgestürzt waren, wenn er erfahren sollte, dass Optimus nicht einmal auch nur annähernd die Intensität an Empfindungen verspürte, wie er.

Primus, er dachte vielleicht in engen Bahnen! Solch ängstliche, unzuversichtliche Gedankengänge war er sonst nicht von sich gewohnt. Sie verwirrten Dinobot nur zusätzlich und verschlimmerten die Prozessorschmerzen, die er hatte, nur um ein Vielfaches. Heraus kam dabei sowieso immer nur dasselbe: dass er sich wie ein verdammter Feigling vorkam, weil er die Dinge einfach geschehen ließ, so schön sie auch waren.

Und doch erinnerte er sich schmerzlich daran, was ihn seine ganze Stasis über begleitet hatte. Nämlich das Gefühl, dass, würde er jetzt endgültig offline gehen, sie die Chance ein für allemal verpasst hatten, die Dinge, die unausgesprochen zwischen ihnen lagen, zu klären. Sein Spark hatte dafür gekämpft, dass es zu einer Aussprache zwischen ihnen kam, in der sie alles klärten. Davor würde er wahrscheinlich gar nicht erst ausgelöscht werden können, so sehr sich Dinobot auch verausgaben würde. Beinahe tröstend, wenn auch leicht beängstigend. Dieses ganze Gefühlschaos verdrängte zudem alle anderen Fragen und Gedanken, die aufgekommen waren.

Dinobot dachte nur grob über seine zutiefst edelmütige Tat nach, die er selbst gar nicht als solche verstand. Er wollte lediglich wissen, ob sein Handeln den gewünschten Effekt gebracht hatte. Mehr interessierte ihn nicht. Auch nicht, ob seine maximalschen Kameraden ihm nun verziehen hatten und ihn uneingeschränkt wieder als einen der ihren ansahen. Zwar hatte er zu sich selber gesagt, dass er es primär getan hatte, um sich von seiner Schuld reinzuwaschen. Aber das war nur zur Hälfte wahr. Niemand sollte über die Zukunft anderer bestimmen können – egal wie mächtig er war. Jedes Lebewesen sollte autonom sein, eigenständig, aber auch eigenverantwortlich, so wie er es für sich selber wünschte. Ganz besonders, wenn es um das Leben Unschuldiger ging. Dieser Antrieb war stärker gewesen, als alles andere, stärker noch, als sein Wille, sich zu beweisen. Ohne es zu merken, hatte er sich die Denkweise der Maximals verinnerlicht und war uneigennützig in den Kampf gegangen. Primus, nie hatte er sich mit ihren Idealen, die er anfangs so verspottet hatte, so verbunden gefühlt.

Es war so ganz anders, als bei den Predacons, wo Verrat und Hinterhältigkeiten an der Tagesordnung waren. Man konnte meistens nur aufsteigen, wenn man einen Bot, der ranghöher war, terminierte. Natürlich wurde man auch befördert. Aber dazu musste man einen gewissen Leistungs- und auch Loyalitätsnachweis bringen. Und gab es ein größeres Zeichen der Treue, als seinem Vorgesetzten den Kopf seines Rivalen zu bringen? So sicherte man sich eben, zumindest temporär, einen Platz. Bis der nächste kam, der einem an die Lackierung wollte. Oder umgekehrt.

Durch diese Politik war wirkliches Vertrauen jedoch auf der Strecke geblieben und nur noch rar gesät. Für kleine, charakterliche Eigenheiten wie Ehre blieb sowieso kaum Platz und Dinobot wäre wohl schon längst Altmetall, hätte er sich nicht auch auf seine körperliche und geistige Stärke und Überlegenheit verlassen können. Schnell hatte er gelernt, diejenigen zu steuern, die weniger mit ihrem Prozessor arbeiteten. Und doch war es so ein unangenehmes Gefühl gewesen. Umgeben von einfachen Drohnen, die einem entweder geistig um EINIGES unterlegen waren oder aber in dauernder Furcht leben müssen, dass einem der nächste Bot mit dem Blaster niederschoss, sobald man ihm nur den Rücken zudrehte. Nein, wohl hatte er sich bei den Predacons nie gefühlt, auch wenn er ihre Ansichten teilweise teilte und die rohe Gewalt manches Mal ansprechender fand, als stundenlange Diskussionen.

Es hatte lange gedauert, bis er diesen Gedanken auch nur halbwegs abschütteln konnte und sich an das ihm entgegengebrachte Vertrauen seiner neuen Kameraden gewöhnt hatte. Dass Optimus ihn dabei nicht bedrängt hatte, hatte die ganze Sache noch etwas einfacher gemacht. Obwohl Dinobot ihm natürlich lange Zeit kein Vertrauen geschenkt hatte. Eigentlich hatte er sich bei seinem Beinahe-Tod im brennenden Tal doch tatsächlich das erste Mal komplett fallen lassen, fiel ihm auf. Kein Wunder, dass es nicht so wirklich geklappt hatte, zwischen ihnen.

Benahe wäre er auch glücklich gewesen, dass ihre Beziehung nach seinem Verrat eingefroren war. Zumindest hatte er sich das so eingeredet. Aber dem war natürlich nicht so gewesen.

Dinobot hatte es richtig vermisst, Zeit mit ihm zu verbringen. Natürlich waren ihm gegenüber alle etwas reserviert gewesen – damit hatte er gerechnet und er hatte es ertragen, wie ein Mech, der einsah, dass er einen Fehler gemacht hatte.

Doch er hatte feststellen müssen, dass es nicht so leicht war, wie zuerst gedacht. Wäre diese gewisse Verbindung zwischen ihm und seinem Commander nicht gewesen, hätte er wahrscheinlich nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet, geschweige denn sich so schwach und zerbrechlich gefühlt. So einsam.

Sein geliebter Commander, der immer versucht hatte, Verständnis zu zeigen.

Verständnis für ihrer beider Welten und Ansichten, die nur zu oft zusammenstießen.

Verständnis dafür, dass Dinobot eher ein Einzelgänger war, der die Dinge mit sich selber bereinigen musste, anstatt sie mit anderen zu teilen. Auf den man sich aber verlassen konnte, wenn es hart auf hart kam. In all dem hatte er ihn enttäuscht. Wohl ganz besonders in diesem letzten Punkt.

Gerade in diesen einsamen Tagen nach dem Verrat hatte er sich jemanden an seine Seite gewünscht, hatte er sich OPTIMUS an seine Seite gewünscht, mehr als je zuvor.

Wie erbärmlich, dass er ihn auch in solch einer Situation nicht hatte ansprechen können. Dass er zu stolz und verbissen gewesen war, um ihm den Spark auszuschütten. Andererseits war er doch immer jenseits von solchen ‚Schwulitäten’ gewesen, wie Megatron es in seiner unnachahmlichen und unglaublich eloquent Art auszudrücken pflegte.

Noch nie hatte er Optimus so ein enttäuschtes Gesicht machen sehen.

Und er schämte sich.

Zutiefst.

Wer weiß… vielleicht wäre der ganze Verrat nie geschehen, hätte Dinobot davor den Mut aufgebracht, ihm alles zu sagen, was ihn beschäftigte. Alles, was er ihm immer schon sagen wollte. Doch was gewesen sein könnte, wenn er nur hätte, war unwichtig. Dinobot lebte nicht in der Vergangenheit und was einmal gelaufen und abgeschlossen war, legte er in der Regel ad acta, so unschön es auch gewesen sein mochte.

Zudem deprimierte ihn der Gedanke, wie enttäuscht Optimus von ihm gewesen sein könnte, nur viel zu sehr. Dass er vielleicht sogar angenommen hatte, Dinobot hätte ihn und ihre besondere Beziehung nur ausgenutzt, versetzte seinem Spark einen solch höllischen Stich, dass es ihm fast den Brustkorb zerriss. Diese zusätzliche Last musste er sich nicht auch noch aufbürden. Nun nicht mehr, hoffte er.

Nicht, nachdem er endlich über seinen Schatten gesprungen war und es geschafft hatte, sich Optimus ganz und gar hinzugeben, voll und ganz auf das zu vertrauen, was sein Commander zu ihm gesagt hatte. Primus, es hatte so gut getan. Nie zuvor hatte Dinobot jemanden so nahe an sich heran gelassen, sich ganz in dessen Obhut gegeben. Und er hätte auch nie gedacht, dass allein der Gedanke, dass jemand da ist, sich um einen kümmert und man sich keine Sorgen zu machen braucht, so unglaublich wohltuend und entspannend sein konnte.

Hätte sein Motherboard ihn so gesehen, sie hätte sicher herzhaft gelacht.

Nachdem sie ihm einen Satz heiße Wangenplatten verpasst hätte, dafür, dass er das Maul nicht aufbekommen hatte. Und bei der Matrix, die hätte er sich verdient!
 

Dinobot erwachte in der Nacht. Allein.

Seine innere Uhr hatte wieder aufgeholt und zeigte ihm, dass er ganze vierzehn Solarcycle in Stasis gewesen war. Kein Wunder, dass sich sein Körper regelrecht wundgescheuert angefühlt hatte, nach der ganzen Zeit! Selbst die inneren Reparaturen waren abgeschlossen, stellte er nach einem kurzen Scann fest. Gut so.

Langsam erhob er sich und ließ die Schwerkraft auf sich wirken. Augenblicklich schaltete sich das System zur Gleichgewichtskontrolle ein und balancierte ihn aus. Diesmal würde er nicht straucheln und noch weniger umfallen. Trotzdem ließ er es behutsam angehen. Nach solch einer langen Zeit in CR war es nicht ratsam, wie ein frisch geschlüpfter Sparkling durch die Gegend zu hüpfen. Kurz überlegte er, ob er in die Raptorenform wechseln sollte, entschied sich aber dagegen. Ein wahrer Krieger ging stets aufrecht!

Dinobot atmete tief durch. Nun war er bereit. er würde es jetzt endlich tun.

Würde mit Optimus sprechen!

Langsam schlich er sich aus seinem Quartier. Inständig hoffte er, dass sein Commander sich in seine privaten Gemächer zurückgezogen hatte und nicht auf der Brücke war. Dinobot hatte wenig Lust, sich jetzt mit jemand anderem abzugeben. Nachdem er mit Optimus gesprochen hatte, würde er es sogar riskieren, dass Cheetor ihm mit seinem Gesabbel die eisernen Spitzen seines Helmes abkaute. Nur nicht jetzt.

Sanft klopfte er an der Tür zu Optimus’ Quartier und war heilfroh, als er von ihm hereingebeten wurde. Sein Commander hatte wohl gerade an seinem Tisch gesessen, war nun aber in einer überraschten Bewegung aufgestanden, als er ihn gesehen hatte.

Dinobot lächelte kurz und zaghaft. Das war nicht gerade seine Stärke, also schoben sich seine Mundwinkel schnell in ihre ursprüngliche Form zurück.

„Optimus“, begann er etwas verhalten und gab sich selber einen mentalen Peitschenhieb dafür, dass seine Stimme so schwach klang. Schnell lud er ein Programm herunter, um seinen Vocalizer zu unterstützen.

„Ich muss mit dir reden.“

Der Stabilisator wirkte wahre Wunder. Schon klang seine Stimme besser. Fester. Stärker.

Optimus schenkte ihm einen verstehenden Blick und bot ihm einen Platz an. Doch Dinobot wollte lieber stehen. So gehörte sich das für ihn.

Er positionierte sich genau vor den Tisch und senkte kurz den Blick. Sein Commander sah ihn erwartungsvoll und voll warmer Güte an. Nun musste er die Contenance bewahren, um auch genau die Worte zu finden, die er ihm sagen wollte. Er durfte sich durch diese sanften roten Optics nicht ablenken lassen.

Dinobot straffte seine Gestalt und hob das Kinn. Er konnte ja selber kaum glauben, dass er wenige Solarcycle zuvor noch mehr tot als lebendig gewesen war.

„Du wirst sicherlich viele Fragen haben, Optimus Primal“, sagte er in seiner normalen, leicht knurrigen Art „Und ich bin bereit, sie dir alle zu beantworten. Das und noch mehr. Ich schulde dir einiges an Auskunft und Erklärungen. Doch zuerst…“

Dinobot senkte die Stimme und sein Gesicht verfinsterte sich voll düsterer Befürchtungen.

„Was ist mit dem Tal geschehen? War mein Handeln… vergeblich?“

Code V

Optimus Primal
 

Die Stimmung rund um die Axalon hatte sich schlagartig um stolze 540 Grad gedreht.

Voller Eifer beteiligten sich alle an Sentinels Upgrade.

Nur weil die Predacons momentan damit beschäftigt zu sein schienen ihre Wunden zu lecken sollte das ja auch nicht bedeuten, dass die Maximals ihre Verteidigung vernachlässigen würden.

So tatkräftig und enthusiastisch wie heute war keiner von ihnen mehr in den letzten fünfzehn Solarcyclen bei der Arbeit gewesen.

Optimus selber war positiver gestimmt denn je. Jetzt musste Dinobot sich nur noch einmal ordentlich ausschlafen und alles würde wieder mehr oder weniger beim Alten sein.

Zum ersten Mal seit langem hallten wieder einzelne Lacher und Witze und lockere Unterhaltungen durch ihr Zuhause.

Zunächst hatte Optimus noch überlegt Wachposten in Schichten vor Dinobots Tür zu positionieren. Doch dann hielt er es eigentlich doch für übertrieben.

Und er war sich sowieso sicher, dass Dinobot, hätte dieser nun gerade die Gelegenheit sich dazu zu äußern, ihm sicherlich den Kopf für diese Idee abbeißen würde.

Und um nicht in unehrenhafte Ungnade zu fallen begnügte sich Optimus eben damit einmal pro Cycle nach ihm sehen zu lassen. Wenn möglich erledigte er das am liebsten selbst.

Immer in der Annahme, Dinobot im wachen Zustand anzutreffen.
 

Den anderen und sich selbst gaukelte er vergnügt vor, dass es sich hierbei nur um seine Pflichten als Commander handelte, dass Dinobot sicherlich nicht damit einverstanden wäre irgendjemanden in seinem Zimmer begrüßen zu müssen, wenn er erwachte, dass er seinem Commander allerdings diesbezüglich keine Vorschriften zu machen hatte.
 

Diese lahme Ausrede tarnte nur sein heimliches Begehren danach, diesmal der allererste zu sein, den Dinobot sehen würde.

Der erste zu sein, der bei ihm war.

Beinahe ungeduldig kam er sich vor.

Nein, er WAR ungeduldig.

Dabei war das absolut nicht seine Art.

Und er wusste doch ganz genau, dass eine vollständige Regeneration einfach Zeit und Ruhe brauchte, dass es einfach rein gar nichts helfen KONNTE, wenn man ständig nach ihm sah.

Es sollte doch nach fünfzehn Solarcyclen vielleicht möglich sein, sich noch ein Weilchen zu gedulden.

Doch sein Spark geduldete sich keineswegs.

Jedes Mal wenn Optimus vor der Tür stand, flackerte es vor Aufregung tief in ihm auf.

Jedes Mal hoffte er, ihn wach vorzufinden.

Jedes Mal konnte er immer noch den zaghaften und schwachen Druck auf seinen Servos spüren, die Wärme, die ihn zu umschließen geschienen hatte als er heute Morgen noch Dinobots Hand gehalten hatte.

Es zauberte ihm für den Rest des Solarcycles ein leicht verträumtes und motiviertes Lächeln zwischen die Gesichtsplatten.
 

Zwei Solarcycles und mehrere Dornröschensprüche Rattraps lang hatte sich Dinobot nun ausgeschlafen.

Nachdem Sentinel nun endlich neu installiert war und ein weiteres Upgrade und eine ordentliche Waffenwartung hinter sich hatte, fand Optimus endlich einmal wieder Zeit, um sich in aller Ruhe seiner eigentlichen Tätigkeit und Berufung als Forscher zu widmen.

Es tat gut.

Und es war ein wunderschönes Gefühl voll Entdeckungseifer durch die atemberaubende Landschaft der prähistorischen Erde zu wandern.

Und trotzdem.

Optimus begann gerade zu erkennen, dass das, was ihn sein Leben lang beflügelt und begeistert hatte nicht mehr ausreichte, um seinen Spark zum Schwingen zu bringen.

Es schien etwas zu fehlen – zu seinem vollkommenen Seelenheil.

Es schien, als bedürfte es seinem Spark nach mehr.

Oder nach etwas ganz anderem.

Bis jetzt hatte er diese Veränderung kaum bemerkt.

Doch es wurde ihm plötzlich so klar, dass sein Leben, Erfüllung und Gleichgewicht nicht mehr länger nur von seiner Arbeit, seiner Berufung, seiner Leidenschaft als Forscher und Entdecker abhängig zu machen war.

Und so kam er nicht umhin in diesen wenigen Momenten für einen kurzen Nanoklik aufzuseufzen und ungeahnt sehnsüchtig nach ihm an seiner Seite zu verlangen.

Genau Jetzt.

Hier.

Vielleicht war Dinobots permanente Anwesenheit bei ihnen der Grund dafür gewesen, warum er die Veränderung nicht bemerkt hatte.

Nein.

Anders.

Er war ganz Gewiss der einzige Grund FÜR diese Veränderung.

Ihm blieb jedoch momentan nichts anderes übrig als sich - obgleich wie erfüllend es momentan sein sollte oder auch nicht – mit seiner Arbeit zumindest von seiner grenzenlosen Ungeduld, die seinen Spark wild gegen die Platten hämmern ließ, abzulenken.
 

Bis in die Nacht hinein lenkte er sich ab.

Seit er das letzte Mal nach Dinobot gesehen hatte waren bereits 3 Cycles verstrichen.

Er saß gerade an seinem Tisch und digitalisierte Tabellen, Kurven, Forschungsergebnisse, als es an der Tür klopfte.

Mit kurzem Blick auf die Uhr bat er herein.

Er machte sich keine großen Gedanken darum, WER schon wieder irgendetwas von ihm wollte. Es musste etwas recht belangloses sein, immerhin klang es ganz und gar nicht nach schlechten Nachrichten oder Alarmzustand.

Umso erstaunter war er darüber plötzlich Dinobot in seiner Tür stehen zu sehen.

Ausgeruht, wohlauf und mit einem bemüht würdigen Gang betrat er seinen Raum.

In all seiner Überraschung ließ er seinen massiven, transmetallischen Körper in die Höhe schnellen und mit ihm beinahe sein gesamtes, auf dem Schreibtisch peinlich genau und symmetrisch angeordnetes, Hab und Gut.

Umso besser, dass im Falle des – im wahrsten Sinne – Falles seiner Pflanze nichts hätte passieren können, denn er hatte sie heute Morgen erst frisch umgetopft, als er mit höchster Zufriedenheit hatte feststellen müssen, dass sie noch ein weiteres Stück gewachsen war und ungeduldig Polle für Polle ausspuckte. Und nun hatte sie genügend Platz, um ihre Setzlinge fleißig keimen lassen zu können.

Sie erschien nun schöner und pink leuchtender denn je.
 

Es freute ihn sehr, ein Lächeln in Dinobots Gesicht zu sehen. Auch wenn es ihm recht zurückhaltend erschien, erachtete er es als durchweg positives Zeichen. Optimus lächelte sanft zurück.

Doch als Dinobots Mundwinkel eiligst wieder nach unten schnellten verkniff er sich sein Lächeln ebenso schnell wieder.

Er war verwirrt.

Sein Spark vollzog derweil tollkühne Loopings und wummerte mit aller Härte gegen seinen gesamten Torsopanzer.

Er wirbelte umher zwischen Ratlosigkeit und Freude und Sorge, denn Dinobot wirkte ziemlich… ernst.

Bei den ersten etwas schwächelnden Klängen seiner knurrenden Stimme wollte Optimus‘ Spark fast auseinander springen.
 

Dinobot hatte etwas zu bereden. Nun ja, so lange in Stasis – da war das zu erwarten gewesen.

Freundlich und gefasst nickend, aber wortlos bot Optimus ihm einen Platz an, der ignorierend abgelehnt wurde.

In aller militärischer Strenge stand Dinobot stramm vor ihm und schien sich keine Blöße geben zu wollen oder er wollte einfach nur kein… privates Gespräch führen.

Auch wenn es nicht anders zu erwarten gewesen wäre, wurde Optimus über diese Aussicht ein wenig enttäuscht.

Wie er so da stand vor seinem Tisch… in dieser predaconschen Art, als hätte er etwas verbrochen, etwas zu beichten, sich zu verantworten – irgendwie missfiel Optimus das ein wenig.

Trotzdem mühte er sich, seinen aufflammenden Spark und seine maximalsche Auffassung eines guten Gespräches zwischen Commander und Crewmitglied unter Kontrolle zu halten, setzte sich wieder und sah erwartungsvoll in all seinem ihm zur Verfügung stehenden Wohlwollen, all seiner Güte an und schenkte ihm ein warmes, ermutigendes Lächeln.

Er blinzelte sanft und wartete. Ohne sich eine Vorstellung davon zu machen, auf was er wartete.

Dinobot straffte sich jedoch nur noch mehr, statt ihm etwas entspannter gegenüberzustehen, wie es Optimus eindeutig lieber gewesen wäre, doch offensichtlich strebte Dinobot wirklich nichts weiter als ein Gespräch mit seinem befehlshabenden Commander an.
 

Kaum zu glauben, dass Dinobot ihm, nachdem er quasi von den Toten wieder auferstanden war, so gegenübertreten wollte. Optimus‘ Spark rutschte wieder artig seinen ihm angestammten Platz zurück und pulsierte etwas niedergeschlagen weiter.

Geduldig und weiterhin sanft blinzelnd hört er sich Dinobots Anliegen an.

„Oh ganz im Gegenteil, Dinobot“, erwiderte er ruhig „Fragen habe ich keine. Ich denke außerdem keineswegs, dass du mir eine Erklärung schuldig bist.“

Ihm kam dann erst, in dem Moment in dem er es ausgesprochen hatte, in den Sinn, dass Dinobot vielleicht auch gar nicht die jüngsten Ereignisse damit hatte ansprechen wollen, sondern vielmehr seinen Verrat, den Optimus eben aufgrund dieser Ereignisse bereits ad acta gelegt hatte – irgendwie zumindest.

„Wenn du allerdings“, fuhr er sanft fort „das Bedürfnis hast, mir etwas zu sagen oder über etwas Bestimmtes zu reden, dann sprich dich ruhig aus.“

Er verlangte nicht, dass man ihm Rede und Antwort stand. Doch er empfand es vielleicht doch als nötig über diese Geschichte zu reden – nur sah er nicht ein, warum er dafür ein Strafgericht inszenieren sollte. So brachte man niemanden zur Einsicht. Und er wollte erst hören, was Dinobot dazu zu sagen hatte.

Er lächelte ihn zufrieden an.

„Sei beruhigt, nichts war vergeblich.“

Darüber zu urteilen, ob es ohne sein Handeln möglich gewesen wäre wollte und konnte Optimus nicht.

Es war aber auf alle Fälle nicht vergeblich gewesen.

„Das Tal befindet sich in stabilem Zustand und von den Predacons haben wir seitdem nichts gehört. Auch auf Kontrollgängen kam es vorerst zu keinen weiteren Zwischenfällen. Du hast… mit allem, was dir zur Verfügung stand und unter höchstem Einsatz das Wohl des Tals, seiner Bewohner und somit auch unseres und die Zukunft gerettet.“ Er machte eine kurze Pause, holte tief Luft und nickte ihm anerkennend und mit professionell distanziert zu.
 

Er musste sich ehrlicherweise eingestehen, dass er nicht ganz genau wusste, was noch sagen sollte. Er konnte nicht wirklich erahnen wie viele und wie intensive Gedanken sich Dinobot über diese Sache machte.

„Unsere größte Sorge war allerdings dein Zustand…“, er pausierte kurz und seufzte ein wenig. Er wollte wirklich nicht zu sehr ins Detail gehen, doch er wollte ihn wissen lassen, dass sie sich Sorgen gemacht hatten, dass sie ihn so sehr als Teil von ihnen sahen, dass er so viel Sorge wert war.

„Du hast uns einen ganz schönen Schrecken eingejagt.“

Mit „wir“ meinte er vor allem sich selbst. Aber so steif und finster wie Dinobot vor ihm stand konnte er einfach nicht aussprechen, was ihm ohnehin schon schwer gefallen wäre.

Er fühlte sich zunehmend verunsichert.

Seine Rolle als Commander fiel ihm schwer.

Hin und hergerissen wurde er von dem Drang seinen Gefühlen, seiner Erleichterung freien Lauf zu lassen und dem Zwang, seine Gefühle hier ausbremsen und aushalten zu müssen.

Sie erschienen ihm plötzlich so unglaublich deplatziert.

Und doch würde er gleich platzen, obgleich er nicht einmal wusste, ob er ihnen überhaupt irgendwie irgendeinen angemessenen Ausdruck verleihen können würde.

Er war noch nie besonders gut in sowas gewesen.

Das machte alles so viel schwieriger.

Doch vielleicht…

Vielleicht war doch ganz gut so… das Gespräch rein professionell abzuhalten.

Vielleicht war die Zeit der großen Gefühle vorbei oder sollte gar nicht erst kommen.

Vielleicht sollte die Eiszeit ihrer privaten Beziehung weiter anhalten.

Vielleicht hatte er sich in der Zeit ohne ihn einfach in irgendetwas hineingesteigert.

Er konnte es nicht sagen.
 

Und das machte ihn traurig.

Code VI

Dinobot (written by -JackFrost-
 

Was versuchte er sich da eigentlich gerade vorzumachen? Jede Glasfaser seines Körpers widersetzte sich der kalten Professionalität, die er Optimus gegenüber an den Tag legte. Wenn er genau darüber nachdachte, war sie kein Ausdruck des Respekts, sondern vielmehr eine Beleidigung für alles, was sich bis dahin leise zwischen ihnen entwickelt hatte.

Wieder hatte er einen Grund, sich zu schämen.

Und hätte er gewusst, wie erpicht Optimus darauf gewesen war, wie ungeduldig, ihn zu sehen, ihn diesmal vor allen anderen zu sehen und mit ihm zu reden, er hätte sich wohl den Helm falsch herum gedreht, um ihn nicht mehr anschauen zu müssen. Wieso bekam er nur einfach nicht den Servo aus dem Heck?!

Er hätte es in der Art und Weise sehen sollen, in der sein Commander von seinem Tisch hochgeschnellt war. Wie all die penibel geordneten Habseligkeiten munter durch die Gegend tanzten und einige kleinere, sich am Rand befindlichen Dinge leise zu Boden fielen. Auch das Lächeln, das Optimus ihm als Antwort auf seinen eigenen, mickrigen Versuches geschenkt hatte. Diese offene Wärme, die von seinem Gesicht, seinen Optics ausging. Selten hatte Dinobot jemanden gesehen, der mit seinem Mund UND den Optics gleichzeitig hatte lächeln können. So zutiefst vertrauenerweckend, offen und ehrlich. Bei den Predacons war ihm so etwas nie begegnet.

Primus, er verglich hier Asteroiden mit Meteoriten!

Doch schnell wurde sein Commander wieder ernst, wahrscheinlich, weil er selber in keiner Weise mehr heiter drein blickte. Leicht verwirrt sah Optimus aus. Beinahe enttäuscht. Doch er behielt die Fassung. Hatte er sich etwas anderes erwartet, von ihrem ersten Zusammenkommen? Nachdem schon vor seinem kleinen Alleingang im Tal eher stille Professionalität zwischen ihnen geherrscht hatte, war Dinobot nicht ganz sicher gewesen, inwiefern das noch angebracht war oder ob er lieber etwas persönlicher auf ihn zugehen sollte. Da er sich allerdings auf letzterem Terrain sehr unsicher fühlte, hatte er sich für den routinierten Umgang entschieden.

Was zutiefst unbefriedigend war.

Beinahe falsch.

Sein Spark dankte ihm diesen neuerlichen Verrat an seinen Gefühlen, indem er wie wild gegen die Sparkkammer hämmerte, als wären sie vor Gericht und er würde gegen ein zum Himmel schreiendes Unrecht Einspruch erheben. Das löste ein solch flaues Gefühl in seinem System aus, dass er es beinahe bereute, nicht die Bequemlichkeit des Stuhles in Anspruch genommen zu haben. Glücklicherweise lenkten Optimus’ Worte ihn von dem nagenden Gefühl in seinen Innereien ab.

Wie samtiges Schmieröl flossen sie durch seine Audiokanäle, drangen durch die empfindlichen Sensoren und extrem feinfühligen Synapsen bis tief in seinen Prozessor ein. Der Inhalt folgte auf etwas weiter verschlungenen Pfaden und ließ ihn verwirrt blinzeln.

Wie kam’s?

Optimus hatte keine Fragen?

Verlangte nach keiner Erklärung?

Etwas bestürzt legte er den Kopf schief und knirschte leise mit den Zähnen. Doch Optimus’ beruhigender Einwand, dass er sich ihm mitteilen konnte, sollte er nur das Bedürfnis dazu verspüren, ließ ihn wieder aufatmen. Wahrscheinlich hatte sein Commander zuerst an das Tal gedacht. Verständlich, dass er nicht sofort den Verrat im Sinn hatte. Vielleicht sah er jenes Ereignis bereits als abgeschlossen, als etwas, auf das keine weiteren Fragen oder Antworten nötig waren.

Doch dem war nicht so.

Nicht für Dinobot.

Zum Glück fuhr Optimus daraufhin fort und ließ ihm Zeit, sich innerlich zu sammeln. Dinobot konnte ein lautes Aufatmen nicht vermeiden, als er hörte, dass er mit seiner Tat erreicht hatte, was er wollte. Er wäre einen Heldentod gestorben, in einem glorreichen Kampf ungleicher Kräfte. Doch sein Spark hatte anders entschieden, aus Gründen, die er selber noch nicht ganz benennen konnte. Es stimmte ihn neugierig, jene Gründe zu erforschen, die fern von allem zu sein schienen, dass er je kennen gelernt hatte. Leise schmunzelte er in sich hinein.

Optimus’ Worte beruhigten ihn ungemein, ebenso die Tatsache, dass sie schon seit seiner Stasis nicht mehr angegriffen worden waren. Dinobot hoffte inständig, dass er ein oder zwei von ihnen zum Quell aller Sparks zurück geschickt hatte. Aber zunächst war er zutiefst davon zufrieden gestellt, dass die Zukunft sich nun frei entfalten konnte. Beinahe zurückhaltend senkte er den Kopf. Doch woher kam nur die plötzliche Zurückhaltung?

Primus, diese dumme Gefühlswelt! Sie ließ ihn kaum noch klar denken! Aber er nickte höflich und bewegte einen Mundwinkel leise nach oben.

„Es… freut mich, das zu hören“, grunzte er in einem zufriedenen Ton.

Doch innerlich schwirrte Dinobots Prozessor von den ganzen merkwürdigen Gedanken, die sich plötzlich darin wieder fanden, dass ihm beinahe schwindelig wurde. Wenn er ihm doch nur endlich alles sagen konnte, was ihm auf der Platine brannte! Primus verdammt!

Doch was Optimus danach zu ihm sagte, ließ ihm den Spark aufgehen. Sie hatten sich Sorgen gemacht. Allesamt. Nicht, dass er es nicht schon in ihren Optics gesehen hatte. Doch es zu hören, nochmals eine Bestätigung zu haben, ließ seinen mit einer ungeahnten Intensität in seiner Sprakkammer brennen, vor Freude.

Wieder senkte er beschämt den Kopf. Ihm fiel auf, wie oft er das tat. Und er erkannte, dass es unehrenhaft war. Mit der langsam aufsteigenden Unsicherheit, beschloss er, dass es vielleicht doch eine gute Idee war, sich hinzusetzen. Zwar hatte er ernste Dinge zu besprechen, doch da es sich um etwas Persönliches handelte, war es eine gute Idee, sich etwas lockerer zu geben. Optimus wusste doch nur zu gut, dass er ein ernster Mech war, er würde es sicherlich begrüßen, wenn er sich ihm nun etwas mehr öffnete. Dinobot räusperte sich.

„Es gibt da in der Tat einiges, das ich gerne mit dir bereden möchte“, knurrte er leise.

Das würde sicher einige Zeit in Anspruch nehmen. Müde griff er nun also doch nach dem Stuhl und setzte sich hin. Optimus sah ihn verwundert an, schien sich aber ebenfalls zu entspannen, was Dinobot als gutes Zeichen auffasste. Er machte eine kurze Pause, um sich zu sammeln. Dabei blieb sein Blick an der pink leuchtenden Blume hängen, die wohl umgetopft worden war. Dieses einst so kleine, zarte Pflänzchen, mit der perfidesten Taktik, sich zu verbreiten, die er je gesehen hatte. Ihr Anblick erinnerte ihn an die vielen Nachmittage, die sie zusammen verbracht hatten, an lauschige Spaziergänge in der Morgendämmerung, lange Gespräche im Halbdunkel und nervige Forschungsreisen, die ihm retrospektiv doch weniger ausgemacht hatten, als er damals zugeben wollte. Lautstark hatte er sich über Optimus’ Freude am Forschen mokiert und seine Schwäche verspottet.

Doch das war lange schon vorbei.

Seit einiger Zeit schon hatte er erkannt, wie stark sein Commander wirklich war, körperlich als auch geistig, was auf Dinobot ziemlich Eindruck machte. Der dunkle Krieger respektierte ihn endlich so wie er war und beschwerte sich nicht länger, dass ER ein besserer Anführer war. Mittlerweile wusste er nur zu gut, wo sein Platz war. Und nun wurde es Zeit, dass er die Karten offen auf den Tisch legte.

Er erklärte ruhig und mit einer leichten Hingabe in der Stimme, einige der Dinge, die ihm sonst so schwer gefallen waren. Mit einer neu gewonnen Stärke im Spark, die ihn selber überraschte und die einen leichten Nachgeschmack von dem Gefühl nach sich zog, dass er in dem brennenden Tal erfahren hatte, als er dieses immense Vertrauen Optimus gegenüber verspürt hatte.

„Es mag merkwürdig klingen“, begann er leise und rang um die nötigen Wörter „aber ich fühle mich endlich wie ein…“

Er pausierte kurz. Das jetzt zu sagen, fühlte sich immer noch komisch an. Es war schwer zu artikulieren für einen ehemaligen Predacon, unmöglich, solange er der kriegerische Stolz ungebrochen in seiner Brust hatte wüten spüren.

„Wie ein vollwertiges Mitglied.“ schloss er endlich „Nicht nur, weil mich alle zu respektieren scheinen. Es ist mehr ein…“

Wieder musste er kurz überlegen. Dann schüttelte er grunzend den Kopf.

„Du wirst mich sicherlich für albern halten, wenn ich das jetzt sage. Aber ich fühle mich auf einer spirituellen Ebene mit euch verbunden.“

Er sah eine Weile auf die Blume. Eigentlich hatte er sich nie als besonders spirituelles Wesen angesehen. Doch die Maximals hatten etwas tief in seinem Kernbewusstsein getroffen und verändert. Dabei hatte er erkannt, dass man sich nicht einfach für eine Seite entschied, nur weil man gegen die andere war. Es brauchte mehr, tiefergehende Gefühle, regelrechte Umwälzungen, um sich wahrlich mit dem maximalschen Idealen verbunden zu fühlen. Zwar hatte es ihn eine Menge an Überwindung gekostet, aber nun konnte er mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, welcher Seite er sich zugehörig fühlte. Und nichts würde diesen Zustand so schnell wieder ändern.

„Ich fühle mich mit den Predacons nicht mehr verbunden“, fügte er knurrend hinzu „Weder mit ihren Idealen, noch mit ihren Methoden.“

Das letzte Wort spuckte er beinahe aus. Nein, nie wieder wollte er mit diesen schmierigen, falschen Bots auch nur in einem Atemzug genannt werden! Beinahe erstaunte es ihn selber, wie gut er seine Gefühle plötzlich formulieren konnte. Es hatte nur einen kleinen Stupser gebraucht, mehr nicht. Also fuhr er fort, solange er noch den nötigen Antrieb hatte.

„Aber ich fühle mich wohl in eurer Mitte. Und ich verspüre kein Verlangen mehr danach, dich von deinem Posten abzulösen.“

Beinahe schwermütig war das Lächeln, das mit diesem letzten Satz über seine Lippen gehuscht war. Optimus sah etwas verwirrt aus, ein wenig überrascht. Primus, vielleicht sollte er doch etwas genauer darlegen, wieso er gerade JENEN Anspruch nicht mehr erhob. So lange hatte er sich damit gerühmt, dass er ein so viel besserer Anführer wäre und nun sollte dieses Verlangen einfach so erloschen sein?

Peinlich berührt grunzte er auf und suchte nach erklärenden Worten.

„Das klingt jetzt nach Speichelleckerei, ich weiß“, versuchte er die folgenden Worte zu rechtfertigen „Doch der Posten ist bereits von dem fähigsten Mech, den ich je gesehen habe, ausgefüllt.“ Er schenkte seinem Commander dabei einen ernsten Blick, um die Seriosität des Gesagten zu unterstreichen. Optimus sollte nicht denken, dass er nun zu den Aftkriechern und Stiefelleckern gehörte.

„Ich habe schon viele Commander kommen und gehen sehen, Optimus Primal“, fügte er leise hinzu „Bei den Predacons und auch schon bei den Maximals. Aber noch nie bin ich jemandem begegnet, der mit so viel Eifer und Leidenschaft dabei war. Auch bei den Maximals gibt es Heuchler und zwielichtige Gestalten, Opportunisten.“

Er musste Rattrap nicht erwähnen. Optimus kannte sicher noch ein paar andere Individuen, die ihrem großmauligen Großkotz einer stinkenden Wasserratte zu vergleichen waren.

„Doch du bist nichts davon“, für den beinahe hingebungsvollen Klang in seiner Stimme hätte er sich sein Schwert um die Lüftung hauen können „Es war selbstlos von dir, zu unserer Rettung zu eilen, als du gerade erst von den Toten wiederauferstanden warst. Nicht viele zeigen solch einen Grad an Edelmut und sind bereit, sich so für ihre Crew zu opfern, wie du. Ich persönlich könnte das nicht.“

Es war nur selten vorgekommen, dass Dinobot seine Fehlbarkeit zugegeben hatte, auch wenn er sie schon oft erkannt hatte. Aber er wollte ehrlich sein. Solch eine Opferbereitschaft wie Optimus würde er nie aufbringen können, das wusste er genau. Und als er sie damals gerettet hatte, während sie halb zerstört und ihrem Ende nahe auf dem Boden gelegen hatten, da hatte Dinobot sein wahres Potential gesehen.

Vielleicht, aber das wagte er nicht anzusprechen, hatte das aber auch an dem Schmerz des Verlustes gelegen, den er gespürt hatte, als Optimus so schlagartig von ihnen gegangen war. Natürlich hatten sie alle gewusst, dass es gefährlich war, mit einer Stasis-Kapsel in diese primusverdammte Transwarp Cell hinein zu fliegen und eine Explosion auszulösen, um sie zu vernichten. Doch dass Megatron ihn so hinterrücks darin gefangen halten würde, hatte keiner von ihnen erwartet. Optimus Primal hatte einen viel ehrenhafteren Tod verdient! Und Dinobot war es verdammt schwer gefallen, sich nicht in seine Trauer zu stürzen. Das erste Mal in seinem Leben hatte er solch einen emotionalen Schmerz gefühlt, dass sein Spark Optimus’ am liebsten auf der Stelle gefolgt wäre. Doch er konnte nicht. Es gab zu viele wichtige Dinge zu tun, so gerne er auch getrauert hätte. Sie waren schwach, angeschlagen, ohne Befehlshaber und hätten sie nicht gehandelt, hätte Megatron sie, gelinde gesagt, platt gemacht.

Nun, fast wäre ihm das auch MIT ihrer Gegenwehr passiert.

Dann war Optimus wiedergekommen… und nie zuvor hatte Dinobot solch ein Glück in sich gespürt. In der Nacht hatte er ihm dabei geholfen, die Reste von Rattraps Invasion zu beseitigen – und war bis zum frühen Morgengrauen geblieben.

Dieser kurze Ausflug seiner Gedanken hatte ihm eine Pause machen lassen, nach der er nicht ganz sicher war, wie es weitergehen sollte. Mit einem unsicheren kurzen Blick zur Pflanze und einem Lächeln meinte er, dass es gut war, ihn wieder zu haben. Niemand hätte diese gähnende Leere füllen können, die er hinterlassen hatte.

„Und… ich habe dich ehrlich vermisst“, sagte er mit einem leichten Rauschen in der Stimme und sein Helm schob sich dabei tief in sein Gesicht. Bei der Matrix, er musste sich nicht für die Worte schämen, die er äußerte! Es war doch das gewesen, was er ihm so dringend hatte sagen wollen. Obwohl natürlich noch nicht alles ausgesprochen war, was seinen Prozessor so schwer beschäftigte. Doch sein Spark dankte ihm seine Ehrlichkeit mit einem heiteren Gefühl, das ihn regelrecht zu beflügeln schien. Vielleicht, wenn Primus ihm wohl gesonnen war, würde er noch ganz andere Dinge ansprechen können. Persönlicheres. Oh ja, Dinobot war das erste Mal seit Ewigkeiten voller Zuversicht. Er musste lediglich daran denken, wie er empfunden hatte, als er sich hatte fallen lassen können. Genau das brauchte er jetzt. Er ließ sich fallen, vertraute ganz auf seinen Commander.

Optimus wäre der letzte Bot im Weltall, der jemandes Gefühle verletzen würde. Wieso nur hatte es so unendlich lange gedauert, bis Dinobot das eingesehen hatte?

Code VII

Optimus Primal
 

In seinen Gedanken seufzte er schwer.

Er wollte nicht, dass sie weiter in diesem gefrorenen Zustand verweilten.

Und er war es leid hin und her überlegen zu müssen.
 

Zu seiner Verwunderung setzte sich Dinobot mit einem zarten Quietschen in den Gelenken nun doch. Das beruhigte ihn ein wenig. So ließ es sich doch viel entspannter reden. Und er sah, dass Dinobot, nun da er wusste, dass für den Moment alles im Reinen war, sich auch ein wenig gelöster zu geben vermochte.

Aufmerksam stützte er sein Kinn auf eine Faust und hörte gefasst zu.

Er verweilte ruhig in dieser Pose und ließ Dinobot in aller Ruhe aussprechen, da er wohl merkte, wie schwer es ihm zu fallen schien. So viel Scham und Unsicherheit hatte er bei ihm noch nie gesehen und es trieb ihn zwischen Verwunderung und tiefem Respekt dafür.

Seine Worte rührten seinen Spark zu kleinen pulsierenden Sprüngen, deren Frequenz immer höher schnellte, bis sein Körper sich anfühlte, als wäre er ganz und gar von der aufgeregten Raserei seines Sparkes erfüllt.

Endlich schien eingetroffen zu sein, wofür Optimus seit einiger Zeit zu Primus gebetet hatte.

Endlich hatte Dinobot erkannt, was in ihm steckte, dass es völlig gleich sein konnte aus welchem Lager eine Protoform kam, aus welchem Motherboard ein Spark online geschickt worden war – wofür der Spark unentwegt schlagen sollte konnte jedem Bot selbst überlassen sein.

Mit Dinobots Bekenntnis, dem Ausdruck seines Zugehörigkeitsgefühls trat so viel Erleichterung in Optimus ein, dass er wirklich nichts dazu sagen konnte. Es war genau das, was er sich erhofft hatte. Es war nur dieses kleine Straucheln gewesen, dieser kleine Test, der nötig gewesen war, um sich über die Zukunft klar zu werden.

Er war nun versichert, dass er sich keine Sorgen mehr um einen erneuten Verrat zu machen brauchte. Und es kam ihm dumm vor, für einen Moment daran gezweifelt zu haben damals.

Dann flogen ihm plötzlich, aus heiterem Himmel diese Laudationen über seine eigene Person, um den Helm.

Er hob seinen Kopf erstaunt von seiner Faust und konnte Dinobot nur noch wild blinkend anstarren. Das kam so überraschend und so unerwartet. Retrospektive Bruchteile ihrer ersten Begegnung rasten durch seinen Prozessor und er fühlte sich für einen Moment in einer unwirklichen Parallelwelt gefangen.

Es schmeichelte ihm.

Und es machte ihn verlegen.

Verhalten lenkte er seinen Blick auf willkürliche Gegenstände neben sich, als Dinobot ihm diesen ernsten Blick entgegen brachte.

Am liebsten hätte er ihn gebeten, aufzuhören. Er hielt sich selbst für niemand besonderes. Er war doch auch nur irgendein Maximal Commander, der einfach nur sein bestes gab. Und er war nicht unfehlbar. Er hatte schon große Fehler begangen. Ja, diese Fehler, die er selber schon begangen hatte nahmen mehr Speicher auf seiner Festplatte ein, als die guten Dinge, die er geleistet hatte. Er sah keinen Grund darin, sich zu rühmen, denn es fiel ihm äußerst schwer, sich seiner guten Taten bewusst zu sein.

Und er hatte auch schon einige Bots erlebt, die überhaupt nichts von Heldentum und Lobgesängen hielten. Bots, die tief in sich drin irgendeine Schranke hatten, eine Schranke, die sie nur das Negative sehen ließ. Vielleicht hatte er zu viele davon kennen gelernt. Vielleicht hatten sie in der Hinsicht sein Denken über so etwas beeinflusst. Vielleicht hatten Aussagen ihrerseits, Aussagen wie „Wenn du danebengreifst, Optimus Primal, dann greifst du gleich ganz tief in die Scheiße“ ihn so dermaßen bescheiden gemacht. Nur so hatten Dinobots Sticheleien und seine andauernde Kritik an seiner Art der Ausführung seiner Commander-Pflichten wohl so nahtlos an ihm vorbeirauschen können.

Er war Kritik in irgendeiner Art und Weise schon gewohnt genug. Sie konnte ihn zum Nachdenken anregen, ihn aber nicht aus der Bahn werfen.

Doch ein Lob, eine so eindeutige Hochpreisung seiner selbst, das stellte seinen Prozessor auf den Kopf.

Verlegen kratzte er sich dezent mit seinem Zeigefinger am Hals.

„Das sind nur meine Pflichten, die ich zu erfüllen versuche“, sagte er trocken. Er wollte nicht so tun, als sei es nicht der Rede wert, er wollte nicht unhöflich sein und er wollte auch nicht sagen „Ach hör auf“ und dabei eigentlich meinen „Mach ruhig weiter“, nein nein.

Alles, was er tat war das, was er als nötig erachtete. Er wollte sich nicht aufspielen.

Er… es…

So war er eben.

Er hatte diese Einstellung, diese Opferbereitschaft einfach schon in die Protoform gelegt bekommen. Er dachte nicht sonderlich darüber nach. Er konnte nicht wissen, dass es für manche nicht so selbstverständlich war wie für ihn. Das machte sie nicht zu geringeren Wesen für ihn. Aber es führte dazu, dass sich oft Missverständnisse aneinander rieben und daher – vermied er es darüber auch nur ein Wort zu verlieren.

Er richtete seinen Blick geradewegs in Dinobots Optics und sah ihn eindringlich an.

Auch wenn solche Dinge nicht für jeden selbstverständlich waren, so glaubte Optimus, dass jeder dazu in der Lage war – wenn er es zuließ.

„Du hättest das auch getan, wenn es dir als nötig erschienen wäre“, sagt er bestimmt und lächelte sanft. „Das hast du auch bereits. Du hättest“, er musste kurz pausieren und Luft holen, denn bei der bloßen Vorstellung lief ihm ein kurzes und kaltes Schaudern unter den Platten entlang, „sterben können. Und hast es sehr wohl in Kauf genommen. Wo also liegt da für dich der Unterschied? Ich sehe keinen…“, sagte er dann sanft und leise und ernst mit einem sehr vertraulichem Lächeln auf den Lippen.

Und plötzlich… ohne Vorwarnung, wo er es schon abgeschrieben hatte, da beendet Dinobot seine Ansprache und trieb dieses zunächst steife und sachliche Gespräch auf eine dermaßen intime Ebene, dass Optimus‘ Spark so zu glühen begann, dass es ihm fast die gesamte Karosserie von der Protoform gesprengt hätte.

Er schluckt hart.

Was sollte er jetzt sagen?

Es konnte nicht so aus ihm herausbrechen, wie sein Spark es wünschte, doch er musste.

Irgendwie!

Dinobots Helm war so tief in dessen Gesicht gesunken, dass seine Optics nur noch schwach zu erkennen waren. Das alleine ließ nicht einen Millinanoklik lang den Gedanken zu, dass irgendetwas von alldem, was er gesagt hatte nur so daher gesagt war, geschweige denn gelogen oder geheuchelt oder vorgetäuscht.

Sein Spark wummerte und er war innerlich so bewegt, dass er nicht mehr sitzen konnte.

Er musste sich kurz sammeln, stand auf und drehte sich weg Richtung Fenster. Sein ganzer Körper glühte so sehr, nicht einmal die Berührung der Glasscheibe mit seiner Handfläche löste irgendein kleinstes Kältegefühl aus.

Still lächelte er und senkte seinen Blick. Die Dunkelheit draußen und die Scheibe reflektierten sein Bild, doch er wollte sich jetzt sicherlich nicht dabei zusehen, wie er zum ersten Mal ins einem Leben so ein intimes Zugeständnis offenkundig machen wollte.

Es war keinesfalls so, dass es für ihn das erste Mal war, eine Art von Romanze zu unterhalten. Doch hatte noch keiner von den Verflossenen es jemals geschafft ihn in diesen Zustand der Ekstase, der Zuneigung und Verwirrung zu versetzen. Dieses stetige Hämmern seines Sparkes, dieses Verlangen nach dem Spark eines anderen, diese Sehnsucht – wie konnte das alles nur so plötzlich über ihn hereingebrochen sein?

Er seufzte tief bewegt.

„Mir geht es nicht anders“, brachte er nur leise hervor. Wie konnte es nur so schwer sein? Er schaffte es jeden Tag freundschaftliche und kameradschaftliche Gefühle von Zusammenhalt und Mitgefühl für andere zu äußern, doch das tiefe Begehren in sich selbst, das fiel ihm so schwer.

„Ich wüsste nicht, … was ich getan hätte, wenn du offline gegangen wärst… Ich – “ und wieder musste er seufzen. Ihm war so, als müsste es schwer sein, als müsste es kompliziert sein, als müsste es ihn so zerreißen, denn nur so konnte man doch wissen, wie ernst es war, oder nicht? Wäre es leicht, dann wäre es nicht echt genug, nicht wahr?

„Ich finde keine Worte, um auszudrücken, was ich fühle… was ich für dich empfinde. Ich habe mich sehr… rastlos gefühlt, als du in Stasis warst und bedrückt. In dem Moment, als ich im Tal angekommen war, da… wurde mir klar, dass ich so etwas noch nie… niemals zuvor für einen anderen empfunden habe. Und ich fürchtete, dass ich es dich niemals wissen lassen können würde und selbst jetzt ist es mir unmöglich es in Worte zu fassen.“

Wozu ihn führen sollte, was er da aussprach, wusste er nicht.

Er wusste einfach nicht, worauf er hinaus wollte. Was er sich davon erhoffte, was er zu erwarten hatte.

Doch er fühlte sich so viel befreiter, so viel leichter, so viel besser.

Sein Spark wirbelte, er tobte und schwang in aufgeregten Frequenzen in seiner Halterung.

In genau diesem Moment, diesem Nanoklik war jeder Zweifel an seinen Gefühlen verflogen und jegliche negative Aspekte, all diese dunklen Gedanken um Verrat und Misstrauen – alles verflogen.
 

Langsam und zögernd blickte er auf und betrachtete Dinobots Spiegelung in der Fensterscheibe.

Kein Zweifel.

Dieser Bot war derjenige, der Optimus‘ ganzen Spark gewonnen hatte.



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Kommentare zu dieser Fanfic (4)

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Von:  Black_Polaris
2016-04-21T21:22:05+00:00 21.04.2016 23:22
ich liebe diese ff, und möchte sogerne mehr davon lesen,
schade das sie schon aufgehört hat, schnief
Von:  Agent_Mantis
2011-02-12T10:01:19+00:00 12.02.2011 11:01
Dinobot ist wieder wach!
*freu*
Wieder sehr schön geschrieben.
Freue mich schon auf das nächste Kapitel!
Von:  Agent_Mantis
2011-02-05T23:53:07+00:00 06.02.2011 00:53
Das Kapitel ist auch super geworden!
Hoffentlich kommt da noch mehr!
Von:  Agent_Mantis
2011-02-04T22:02:55+00:00 04.02.2011 23:02
Ich glaube es nicht!
Noch eine Beast Wars Story! *freu+

Sehr schön geschrieben!
Und ein sehr interessantes Pairing!


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