Licht der Finsternis von Sahva ================================================================================ Kapitel 2: Der König von Laos ----------------------------- Die magische Reise dauerte ungewöhnlich lange, wie Raven für sich feststellte, als ihre Sicht nach dem Zauber wieder klar wurde. Also mussten sie sich weit vom Heimatplaneten der Shino entfernt sein. Wie immer schüttelte sie leicht ihren Kopf, um den benommenen Schleier aus ihrem Blick zu vertreiben. Was sie dann vor sich erblickte ließ sie tief Luft holen. Ein wunderschönes Schloss aus warm schimmerndem Sandstein erhob sich vor ihnen, eingefasst mit kunstvoll gestalteten Parkanlagen und mit weißem Kiesel aufgefüllten Wegen. Viele Menschen flanierten durch den großen Vorhof des Schlosses, in welchem sie angekommen waren und unterhielten sich freundlich mit entgegenkommenden Mitmenschen egal welchen Standes. Es hatte alles den Anschein von einer Mischung aus einer mittelalterlichen und einer Fantasiewelt auf Raven, während sie so unauffällig wie möglich versuchte, sich so gut es ging ein erstes Bild ihrer neuen Umgebung zu machen. „Und, was meinst du?“, fragte ihre Großmutter freundlich und sichtlich neugierig. „Wow... es sieht so... friedlich aus.“, kommentierte Raven das, was sie sah, so leise wie möglich. Larscha lachte leise. „Das ist es auch, glaube mir. Seine königliche Hoheit legt großen Wert auf Gerechtigkeit bei allen Bewohnern.“ „Und das klappt?“, fragte Raven erstaunt, denn sie kannte viele Welten mit diesem hehren Ziel, aber bislang hatte niemand so etwas geschafft. „Wenn sich nicht drastisch etwas geändert hat schon.“, meinte Larscha nachdenklich. „Aber Laos ist auch keine große Welt.“ Nun wusste Raven auch den Namen dieser Welt und trat sich in Gedanken einmal selbst kräftig, dass sie es versäumt hatte, hiernach zu fragen. Als Commander der Föderation durfte ihr eine solche Unaufmerksamkeit eigentlich nicht passieren. „Gibt es etwas, was ich bei meinem Aufenthalt hier beachten muss, Grandma? Irgendwelche besonderen Regeln?“, fragte sie nun doch noch einmal nach, während sie von ihrem Ankunftspunkt aus auf die große Freitreppe zugingen, die anscheinend zum Haupttor des Schlosses führte. „Man kennt hier keine Technik, wie sie auf Alpha benutzt wird, aber das sagte ich dir ja bereits. Das Volk hier ist ähnlich wie die Shino, deswegen sollte es dir nicht schwerfallen, dich hier zurechtzufinden, Sonnenschein. Und sie ehren ihre Frauen sehr, deswegen darfst du dich nicht wundern, wenn die Männer in deinen Augen sicher einige sehr antiquierte Ansichten haben. Der Grund dafür ist der, dass Frauen hier als Lebensspenderinnen hoch angesehen sind und hier hauptsächlich den Kopf der Familie stellen. Sie sind es nicht gewöhnt, dass eine Frau als Kriegerin ausgebildet wird, wie es bei dir der Fall ist.“ Larscha sah ihre Enkelin bittend an. „Könntest du dich während deines Aufenthalts hier ein wenig zurücknehmen, Sonnenschein? Ich weiß, es wird dir sicher sehr schwer fallen, aber einige würden hier sicher in Ohnmacht fallen, wenn sie dich bei Kampfübungen erblicken würden.“ //Also einige Tage kein Training.//, seufzte Raven in Gedanken, nickte aber mit einem Lächeln. „Mache ich, Grandma. Du wirst keinen Grund haben, dich für mich schämen zu müssen.“ Larscha hob eine Hand und streichelte Ravens Wange mit einem traurigen Lächeln. Sie kannte den Grund, wieso ihre Enkelin immer so große Sorge hatte, dass sich ihre Familie ihrer schämte. Schließlich war sie die Erstgeborene und besaß kaum etwas von den unglaublichen magischen Kräften ihrer Mutter, die das einzige Kind der Göttin des Lichts war. Aber Larscha war sich sicher, dass ihre Enkelin allen, die sich noch immer hinter vorgehaltener Hand fragten, ob die junge Frau überhaupt die Tochter ihrer Mutter sein konnte, zeigen würde, dass auch sie zu Außergewöhnlichem berufen war. Denn sie erinnerte sich noch überdeutlich an die Worte der Göttin kurz nach Ravens Geburt, als diese sie begrüßte. Es waren sehr leise Worte gewesen, die das Lichtwesen gesprochen hatte, doch sie sagte, dass sie bereits sehr lange Zeit auf ein Wesen wie sie gewartet hatte und das sie dringend gebraucht wurde. Und sie war überzeugt, dass die Göttin so etwas nur dann sagen würde, wenn es absolut stimmte. „Sonnenschein, du würdest mich nie beschämen. Mach dir deswegen doch nicht immer solche Gedanken. Niemand in deinem Alter ist so umsichtig wie du, Liebes, selbst deine Schwester und auch ihr Zwilling nicht.“ Sie hatten das Innere erreicht, um sie mit traumwandlerischer Sicherheit durch eine mehr als großzügig gestaltete Innenhalle zu führen, die auf viele Aufenthalte in der Vergangenheit schließen zu lassen. Raven ließ nur kurz den Blick durch die Halle schweifen, um nicht allzu neugierig zu erscheinen. Es waren einige Menschen in der Halle, die sich leise lachend unterhielten oder mit offensichtlichem Kennerblick die aufgehängten Gemälde bewunderten, die die hell gestrichenen Wände zierten. Dann erreichten sie auch schon eine große, weit geöffnete Doppeltür, durchschritten sie und betraten einen noch größeren Raum. Nun konnte Raven nicht anders, als sich staunend umzusehen. Der Raum war hoch und weit, kunstvolle Skulpturen und Möbel waren so mit verschiedenen Pflanzen aufgestellt, dass sie wie ruhige Inseln in dem großen Saal wirkten, die durch Pflanzen ein wenig vor den Blicken anderer abgeschirmt waren. Es befanden sich viele unterschiedliche Menschen in diesem Saal, Männer sowie Frauen. Alle waren mit mittelalterlich anmutenden Kleidern bekleidet, sodass Raven froh war, dass sie sich bei ihrer Abreise an dem orientiert hatte, was ihre Großmutter immer favorisierte. Deshalb trug auch sie ein Kostüm mit einem bodenlangen Rock, das aber im Gegensatz zu denen, die die Frauen hier trugen, sehr körperbetont wirkte. Aber da ihre Großmutter etwas Ähnliches trug, machte sie sich deswegen keine weiteren Gedanken. „Na, was meinst du?“, hörte sie schließlich die amüsierte Stimme ihrer Großmutter neben sich. „Unglaublich.“, murmelte Raven leise, während sie weiterhin ihren Blick durch den Saal schweifen ließ. „Wunderschön.“ „Ich weiß.“, lachte Larscha nun deutlich. Auch sie ließ den Blick über den Saal schweifen. „Es hat sich zwar einiges geändert, aber es ist noch genauso prächtig, wie ich es in Erinnerung habe.“ Raven fiel ein älterer Mann auf, der sie anscheinend entdeckt hatte und nun zielstrebig auf sie zukam. Er war edel gekleidet, trug sein grau meliertes Haar relativ kurz und elegant zurück gekämmt, während sein Vollbart sehr gepflegt gestutzt war. Viele der anwesenden Gäste grüßten ihn erfreut, als er an ihnen vorbeikam. Im ersten Moment kam es Raven in den Sinn, dass es sich bei diesem Mann vielleicht um den Herrscher handeln könnte, denn Erscheinung und Ausstrahlung konnten darauf schließen lassen. Doch diesen Gedanken verwarf sie schnell wieder, denn dieser Mann antwortete auf die Grüße der Anwesenden mit einem Lächeln, welches sich vertiefte, als er ihnen näher kam. Und da sie in Erinnerung hatte, dass der König dieses Planeten über keinerlei Gefühlsregung verfügen sollte, verwarf sie ihren ersten Gedanken schnell wieder. Dann entdeckte auch Larscha den sich nun recht schnell nähernden Mann und begann zu strahlen. „Ich sehe wundervolle Gäste im Thronsaal.“, begrüßte sie der Mann freundlich und sichtbar erfreut, Larscha zu sehen. Dann hatte er sie erreicht und nahm Larschas Hände, die sie ihm entgegen gestreckt hatte, entgegen, um auf die Fingerspitzen einen Begrüßungskuss zu hauchen. „Beliniam, es ist so schön, dich wiederzusehen.“, rief Larscha lachend aus und ließ Raven daraus schließen, dass die beiden einmal gut befreundet gewesen sein mussten. Dann drehte sie sich von dem Mann zu Raven um und strahlte auch sie an. „Sahva, Liebes, ich möchte dir einen alten Freund vorstellen. Dieser ungestüme Mann hier...“, sie deutete mit einem Kopfnicken und strahlendem Lachen auf den älteren, aber immer noch recht ansehnlichen Mann, der noch immer Larschas Hände in den seinen hielt, „ist Lord Beliniam Alden, der erste Berater seiner Königlichen Hoheit. Wir sind bereits seit Jugendtagen gut miteinander befreundet.“ Darauf war Raven mittlerweile auch gekommen, doch sie unterließ es, ihre Großmutter schmunzelnd darauf hinzuweisen, wie sie es sicherlich sonst getan hätte, sondern knickste so elegant wie möglich, wie es ihr in ihrem engen Kostüm möglich war und senkte kurz ihren Blick, bevor die den Berater des Königs wieder lächelnd ansah. „Es ist mir eine große Ehre, euch kennenlernen zu dürfen, Lord Alden.“, begrüßte sie ihn höflich. „Sahva? Larscha, meine Liebe, sag mir jetzt nicht, dass diese hübsche junge Frau hier deine älteste Enkelin ist.“, fragte er sichtlich überrascht. Larscha lachte auf. „Bel, mein guter Freund, du weißt doch bereits, dass alle meine Enkel bereits ausgewachsen sind.“ „Schon, aber es ist ein Unterschied, es in Briefen zu lesen, die, wie du weißt, gerne einmal geschönt sein können, und schließlich sich mit eigenen Augen überzeugen zu können.“ Nun ließ er doch Larschas Hände los und half Raven auf. „Prinzessin Sahva, herzlich willkommen auf Laos. Ihre Großmutter hat mir bereits in so vielen Briefen von euch berichtet, dass ihr mir in Gedanken immer wie eine eigene entfernte Verwandte erschienen seid. Und eure Großmutter hat in der Tat nicht übertrieben, als sie euch als sehr hübsch beschrieben hat.“ Ravens Wangen färbten sich leicht vor Verlegenheit, denn sie hatte sich nie als etwas Besonderes angesehen, weder in ihrem Können, noch in ihrem Aussehen. „Euer Lob ehrt mich sehr, Lord Alden.“, murmelte sie deswegen ein wenig schüchtern. „Ihr müsst doch sicher von der langen Reise erschöpft sein. Begleitet mich doch zu den Sesseln.“, schlug er vor. „Ich würde mich gerne noch ein wenig umsehen, wenn ihr es gestattet.“, bat Raven freundlich, denn sie konnte sich vorstellen, dass sich die beiden sicherlich einiges zu besprechen hatten, wo sie nicht mithalten konnte. „Macht das ruhig, Prinzessin.“, meinte Lord Alden freundlich, noch bevor Larscha etwas einwenden konnte. „Solltet ihr Fragen haben, wendet euch ruhig an alle Anwesenden. Zudem könnt ihr uns bei den Sesseln dort drüben finden.“, erklärte er und deutete auf entsprechende Möbel nicht weit von ihnen entfernt. Mit einem leichten Nicken bestätigte Raven, dass sie verstanden hatte und lächelte ihrer Großmutter zu, als Zeichen, dass sie sich keine Sorgen machen brauchte. Diese erwiderte es dann auch und ließ sich dann von ihrem alten Freund fortführen. Als die beiden Älteren fortgegangen waren, sah sich Raven noch einmal im Saal um. Es gab wirklich viel Schönes zu entdecken. Wie in der Vorhalle waren auch hier große und farbenfrohe Gemälde ausgestellt, die hauptsächlich Naturmotive und Landschaften darstellten, wie sie beim näheren Hinsehen bemerkte. Noch während sie zu einem der Gemälde hinüber schlenderte, um es näher betrachten zu können, bemerkte sie zudem, dass auf der anderen Seite des Saals große Balkontüren aufstanden, um sowohl die Wärme des Tages und frische Luft hineinzulassen, als auch dem großen Raum noch mehr Weite geben zu lassen. Um sämtliche Türen waren Vorhänge aus dunkelblauem, leichten Stoff drapiert, die sich in der lauen Luft, die von außerhalb herein wehte, leicht blähten. Sie ließ sich Zeit, um die Gemälde und Statuen, die im Saal dekoriert waren, zu bewundern. Sie waren auch für einen Laien wie sie deutlich sichtbar in unterschiedlichen Techniken und Stilrichtungen angefertigt worden und sprühten vor Lebensfreude und Leuchtkraft. Zudem wurden sie von kunstvoll angefertigten Rahmen gehalten, die Raven irgendwie an altkeltische Formen von Terra erinnerten. An einem besonders schön gefertigten Rahmen aus Silber konnte sie nicht anders, als die verschlungenen Stränge behutsam zu berühren. Wachsame Augen überblickten den Thronsaal, während die Schatten des Balkontürrahmens und der Vorhänge den Körper verbargen. Ein seltsames Gefühl hatte ihn dazu bewogen, den Balkon, auf dem er sich bereits eine Weile aufgehalten hatte, zu verlassen und persönlich nach dem Rechten zu sehen. Jemand Fremdes war im Schloss, doch aufgrund der Aura konnte er nicht einordnen, ob es sich bei dem Fremden um eine Gefahr handelte. Er blickte schnell über die Menge und entdeckte den Eindringling sehr bald. //Eine junge Frau?// Sie stand mit dem Rücken zu ihm und bewunderte anscheinend eines der Gemälde. Als sie ihre Hand hob und ganz behutsam mit den Fingerspitzen wie ehrfurchtsvoll über den Rahmen strich, war er sich für einen Moment sicher, dass es sich bei der jungen Frau um ein Lichtwesen handeln musste. Doch dieser Eindruck verflog so schnell wie er gekommen war. Sie konnte kein Lichtwesen sein, denn diese hatten etwas an sich, dass seinen Augen nicht bekam. Aber sie... Mit einem Mal spürte Raven, wie sie jemand beobachtete. Wie immer, wenn das jemand tat, den sie noch nicht kannte, stellten sich ihr leicht die Nackenhaare auf. Sie ließ ihre Hand sinken und richtete sich richtig auf, dann drehte sie sich schnell in die Richtung um, aus der sie den Blick gespürt hatte. Doch da war nichts, denn direkt ihr gegenüber befand sich nur einer der Durchgänge zum Balkon. Aber irgendetwas war dort. Doch je länger sie auf den Durchgang sah, desto mehr verflog das Gefühl einer Bedrohung und sie entspannte etwas. //Habe ich mir das eingebildet?//, fragte sie sich, als sie immer noch nichts erkennen konnte. Doch das Gefühl des beobachtet werdens hielt an. //Sie hat mich bemerkt?// Der unsichtbare Beobachter konnte sein Erstaunen nicht verbergen, als er sah, wie sich die junge Fremde mit einem Mal leicht versteifte, so als ob sie seinen Blick spüren konnte. Aber das konnte nicht sein, denn das konnten noch nicht einmal die Allermächtigsten. Doch als sie sich schnell in seine Richtung umdrehte und ihren Blick fest auf den Durchgang gerichtet behielt, der ihn verborgen hielt, war er sich ziemlich sicher, dass sie zumindest irgendetwas spüren musste. Denn sie hielt sich wie eine stolze Kriegerin, etwas, was er schon seit unendlich langer Zeit nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte. //Kriegerin... nein...// Sein Blick richtete sich nun intensiver auf die junge Frau, deren Äußeres in seinen Augen Beifall fand. //Sie ist mehr als eine Kriegerin.// Er hob seine Hand und brach damit den Zauber, den die Schatten im Schloss immer um ihn woben. Mit einem Mal konnte Raven sehen, wie sich eine Hand im Schatten der Vorhänge erhob, um diese zur Seite zu heben. Obwohl von Draußen Licht hereinfiel hatte sie das Gefühl, dass ihr noch gesichtsloser Beobachter aus einem dunklen Raum heraustrat, was nach sämtlicher Logik eigentlich nicht möglich sein konnte, denn es befand sich nur ein dünner Schatten im Durchgang zwischen Saal und Balkon. Die Person tat nun einen Schritt vor, während er den Vorhang weiter anhob. Raven spürte, wie ihre Augen groß wurden. Ein relativ junger Mann trat hervor, anscheinend nicht viel älter als sie selbst, gekleidet komplett in Schwarz, wobei sich aber zarte Stickereien auf seiner Jacke absetzten. Er hatte eine sehr helle Haut und, wie Raven es zu ihrer Freude feststellte, lange schwarze Haare. Und er war groß, deswegen wunderte sie sich, dass sie ihn zuvor gar nicht sehen konnte. Er bewegte sich mit einer ihm eigenen Eleganz, fast schon schien es, als würde er schweben oder sich gleitend wie eine riesige Raubkatze auf sie zu bewegen. Sein Blick war weiterhin auf sie gerichtet, fragend, wie es ihr erschien. Er war außergewöhnlich gut aussehend, fast schon ätherisch schön, mit einem ebenmäßigen Gesicht, das wie mit Maß erschaffen geworden zu sein schien. Sie richtete ihren Blick nun fest auf den seinen und straffte noch einmal ihre Körperhaltung. Denn obwohl sie insgeheim wusste, dass ihr von ihm keine Gefahr drohte, wollte sie so stolz wie möglich wirken. Warum wusste sie nicht. Seine Augenfarbe war unglaublich. Raven konnte nicht genau sagen, was für eine Augenfarbe er genau besaß, denn richtig beschreiben ließ sie sich nicht. Im ersten Moment hätte sie schwören können, dass seine Augen eisblau gewesen wären. Doch schon einen Augenblick später erschienen sie ihr wie mit einem Hauch Silber überzogen. Noch während sie sich gegenseitig betrachteten legte er seinen Kopf ein wenig zur Seite. „Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich euch noch nie hier im Schloss gesehen habe, junge Lady.“, äußerte er schließlich. Seine Stimme passte zu ihm. Sie war dunkel und geheimnisvoll und hüllte sie ein wie schwerer, weicher Samt. Obwohl er beileibe nicht laut gesprochen hatte konnte sie jede Nuance seiner Stimme genau hören. Sie senkte ihren Kopf zum Gruß und lächelte ihn freundlich an. „Das ist richtig, ich war auch noch niemals hier.“, stimmte sie ihm zu. Neugierde stand in seinem Blick und obwohl sich nichts an seiner Mimik änderte hatte sie das Gefühl, als würde er leicht lächeln. „Dann begleitet ihr jemanden, Lady...?“ Sie wollte sich schon mit ihrem eigentlichen Rufnamen vorstellen, doch dann erinnerte sie sich, dass ihre Großmutter sie sicher auch hier nur mit ihrem zweiten Vornamen vorstellen würde. „Sahva, mein Name ist Sahva. Und ja, ich begleite meine Großmutter. Sie sitzt dort drüben.“ Mit einer Handbewegung deutete sie auf die Sitzgruppe, auf der Larscha und Lord Alden Platz genommen hatten. Er folgte ihrer Hand mit seinem Blick. „Ah, die Königin der Shino ist also endlich wieder in ihrer alten Heimat angekommen.“, meinte er trocken, aber dennoch meinte Raven ein Schmunzeln in seiner Stimme zu hören. Dann richtete er seine volle Aufmerksamkeit wieder auf Raven. Nun war sein Blick wirklich interessiert und offen, während er sie noch einmal ausgiebig zu mustern schien. Normalerweise war ihr so etwas nicht sehr angenehm, doch bei ihm machte ihr das seltsamerweise nichts aus. Hätte sie es gekonnt, hätte sie sich sicher noch aufrechter hingestellt. Dann reichte er ihr mit einem Mal galant seinen Arm. „Würdet ihr mich zu eurer Großmutter begleiten, Prinzessin?“, fragte er freundlich. „Gerne.“, antwortete sie mit einem strahlenden Lächeln und legte ihre Hand behutsam auf den weichen Stoff seiner Jacke. Der Stoff war aufwendiger, als es zuerst den Anschein gehabt hatte, denn nur ein kleiner Teil der Stickereien war von Ferne aus zu sehen. Der Rest war mit schwarzem Faden gearbeitet worden und offenbarte sich erst bei großer Nähe. Der Mann neben ihr, von dem sie immer noch nicht den Namen erfragt hatte, wie ihr mit einem Mal durch den Kopf schoss, setzte sich mit ihr in Bewegung. Er war in der Tat ein ganzes Stück größer als sie selbst und seltsamerweise fühlte sie sich auf Anhieb beschützt. „Es ist schon lange her, dass ich eine junge Kriegerin begleiten durfte.“, hörte sie mit einem Mal seine Stimme und sie sah ihn verwundert an. Sein Blick war wieder direkt auf sie gerichtet und er schien amüsiert zu funkeln. „Wie kommt ihr darauf, dass ich eine Kriegerin bin?“, fragte sein überrascht. „Alles an euch schreit quasi danach, dass ihr im Kampf geschult seit, Prinzessin. Keine der Frauen hier hätte eine derart stolze Haltung wie ihr und das könnt ihr gerne als Kompliment ansehen. Außerdem...“ Sein Blick schien noch mehr vergnügt zu leuchten. „...hat Lord Alden die Angewohnheit, mich immer in Allem auf dem Laufenden gehalten, vor allem bei Dingen, die Lady Larscha angingen.“ Nun war auch Raven endlich aufgegangen, neben wem sie durch den Saal schritt. Das ihr jetzt endlich auffiel, dass die Anwesenden, an denen sie langsam vorbei gingen, ihren Kopf zum Gruß neigten, ergab den Rest. „Eure königliche Hoheit, verzeiht mir, ich habe euch gar nicht richtig...“, begann sie fast panisch, da sie ihn nicht so begrüßt hatte, wie ihre Großmutter es sicher gerne gesehen hätte, doch bevor sie sich von ihm lösen und korrekt knicksen konnte, legte er seine Hand auf die ihre, die auf seinem Arm ruhte und hielt sie fest. Dabei nahm Raven am Rande wahr, dass seine Hände angenehm kühl waren. „Wenn ich gewollt hätte, dass ihr mich als das erkennt, was ich hier bin, dann hätte ich mich nicht wie ein Geist aus den Schatten lösen sollen, meint ihr nicht auch?“, fragte er freundlich. Erst jetzt fiel Raven auf, dass sich seit ihrem ersten Blickkontakt seine Miene gar nicht verändert hatte. Dennoch hatte sie deutlich das Gefühl, als würde er jetzt Lächeln. „Aber es spricht für euren wachen Geist und Verstand, dass ihr die richtigen Schlüsse geschlossen habt.“ Ein so deutliches Lob hatte sie schon lange nicht mehr bekommen und sie stellte irritiert fest, wie gut ihr das tat. Ein erschrockenes Luftholen vor ihr richtete ihre Aufmerksamkeit von dem sie begleitenden König zu ihrer Großmutter und Lord Alden, die sie nun entdeckt hatten und sich augenblicklich erhoben. „Ihr habt eine beeindruckende und sehr aufmerksame Enkelin, meine liebe Freundin.“, richtete der Schwarzhaarige seine Worte nun direkt an Larscha, die ein wenig blass geworden war. „Mein König.“, hauchte sie verlegen und knickste nun ihrerseits leicht. Er schüttelte ganz leicht seinen Kopf. Dabei meinte Raven wieder einmal so etwas wie Amüsement zu spüren, obwohl man ihm tatsächlich nichts in der Miene anmerkte, wie Raven bei einem heimlichen Beobachten für sich feststellte. „Larscha, ich habe die Position als euer König vor vielen Jahren mit eurer Vermählung verloren. Es freut mich natürlich sehr, dass ihr mich allem Anschein nach nicht vergessen habt, aber…“ Er streckte ihr eine Hand entgegen, auf die Larscha ihre eigene legte. „… ihr seid selbst Königin. Ihr müsst mir keine Referenz erweisen.“ „Ihr werdet immer mein verehrter alter Herrscher bleiben, mein König. Daran werden auch Titel und Jahre nichts ändern.“, antwortete Ravens Großmutter nun mit einem freundlichen Lächeln. Raven stellte sogar fest, dass sich die Wangen ihrer Großmutter sogar ein wenig gerötet hatten. Ob das nun an dem leichten Tadel oder an der Wiedersehensfreude lag vermochte Raven nicht zu sagen. Der König hauchte einen Handkuss zur Begrüßung auf die Hand ihrer Großmutter, dann richtete er sich wieder auf und führte Raven, die noch immer ihre Hand auf seinem Arm hatte, zu einem kleinen Sofa. Es waren nur darauf noch dort zwei Plätze frei. „Ich hoffe, es stört euch nicht, einen so alten Mann wie mich als Platznachbarn neben euch zu haben, Prinzessin.“, fragte er Raven sehr höflich. Raven lächelte sanft. „Es ist mir eine Ehre, neben euch sitzen zu dürfen, eure Königliche Hoheit.“ Er hielt ihr seinen Arm solange entgegen, bis sie sich richtig gesetzt hatte, dann erst nahm auch er Platz. Dabei fiel ihr auf, dass ihm sein langes Haar, welches am Hinterkopf mit einer dezenten silbernen Spange zurückgehalten wurde, fast bis zur Taille reichte. Wieder eine Kleinigkeit, die ihn in ihren Augen noch attraktiver machte. „Wie geht es euch, Larscha?“, fragte er beinahe liebevoll nach. „Ich denke immer noch mit Schrecken daran, was dem Volk der Shino vor einigen Jahren widerfahren ist.“ Er sprach auf die Versklavung des Volkes der Weisen an. So schrecklich es auch gewesen sein mochte, hätte es diese Versklavung nicht gegeben, wäre Ravens Mutter niemals in die Welt der Föderation gekommen. //Dann hätte es mich nicht gegeben.//, fügte Raven schmunzelnd in Gedanken hinzu. Dann geschah etwas Seltsames. Kaum, dass sie diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, drehte sich der König zu ihr um und sah sie überrascht an. An seinem Blick meinte Raven erkennen zu können, dass er ihre Gedanken hatte hören können. Doch bevor sie nachfragen konnte richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf Larscha. Irritiert dachte Raven kurz darüber nach, dann richtete sie sich aber bewusst auf die Unterhaltung der anderen. „Uns geht es gut, mein König. Das elende Kapitel ist ja schon seit vielen Jahren abgeschlossen. Zudem durften wir so viele sehr freundliche Lebewesen kennenlernen, die uns seitdem beschützen. Ich denke, niemand wird es wagen, uns erneut anzugreifen.“, meinte Larscha und sah kurz auf ihre Enkelin. „Sicher nicht.“, stimmte Raven mit einem freundlichen, aber bestimmten Lächeln zu. „Ah, dann seid ihr eine Beschützerin, Prinzessin?“ der König drehte sich wieder zu Raven um und sah sie interessiert an. „So könnte man sagen, euer Hoheit.“ „Ihr seid darüber nicht entsetzt?“, fragte Larscha überrascht nach. Er schüttelte den Kopf. „Warum sollte ich? In vielen Völkern ist es eine Ehre, zu den Kriegern und Beschützern des Landes zu gehören.“ Es schien fast so, als wollte er noch etwas anfügen, doch er schwieg. „Aber es ist doch schon etwas ungewöhnlich, dass sich eine junge Frau entscheidet, zu einer Beschützerin zu werden, oder nicht.“, wandte Lord Alden ein, doch man sah ihm an, dass er mit diesem Gedanken keine Probleme hatte. Oder er hatte einfach bereits genug Zeit gehabt, diesen zu akzeptieren. Wieder sah der König Raven an. „Hier auf Laos mag das durchaus ungewöhnlich zu sein, aber ihr entstammt weder Laos, noch lebt ihr in der Welt der Shino. Ich denke nicht, dass das in eurer Heimat so ungewöhnlich sein wird, oder?“, fragte er mit wirklichem Interesse nach. Raven schüttelte leicht den Kopf. Sie war insgeheim davon ausgegangen, dass der Herrscher dieser Welt auch etwas konservativ war, doch er überraschte sie, seit sie ihn vor kurzem kennengelernt hatte, immer wieder positiv aufs Neue. „Das ist auf Alpha ganz normal. Es steht jedem frei das zu erlernen, was ihm am meisten liegt. Ich habe mich halt entschlossen, den Weg meines Vaters einzuschlagen.“, erklärte sie ruhig. „Und habt ihr es bereut?“, fragte der König weiter. „Bislang noch nicht.“, war ihre ehrliche Antwort mit einem offenen Lächeln. „Das ist die Hauptsache.“, meinte Lord Alden mit einem Lachen. „Denn nur wenn man sich wirklich in einer Sache wohlfühlt kann man seine Aufgaben wirklich erfüllen.“ „Dem kann man nichts weiter hinzufügen.“, stimmte der König zu und betrachtete Raven wieder mit diesen freundlich erscheinenden Blick. Dabei hatte Raven mit einem Mal das Gefühl, als würde ein behutsamer Hauch ihre Gedanken streifen. Es war ein fremdes Gefühl, anders als alles, was sie bislang gespürt hatte. Ein telepatischer Kontakt mit ihrer Mutter war wie ein Bad in der Sonne, ebenso wenn sie mit der Göttin sprach. Bei ihren Geschwistern war es wie ein Eintauchen in eine lustige Welt von Farben, bei ihren Großeltern und Onkeln aus der Welt der Shino war es ein warmes Flüstern, doch diese Berührung war behutsam, fast scheu und vor allem kühl. Es gab nur eine Person in diesem Raum, der sie zutraute, der Verursacher dieser Berührung zu sein. //Ihr seit Telepath?//, fragte sie erstaunt nach und blickte den König ein wenig überrascht an. Sein Blick wurde scharf und das Blau, was bislang in seinen Augen überwogen hatte, schien mehr Silber zu werden. //Ihr konntest das spüren?//, hörte sie mit einem Mal seine dunkle Stimme in ihrem Kopf. Es war behutsam gesendet, das fiel ihr sofort auf, ebenso wie die Tatsache, als würde er irgendwie sanfte Schatten mit senden. //Ich konnte euch vorhin schon spüren.//, bestätigte sie seine Mutmaßung, die er bei seiner ersten Betrachtung bereits geschlossen hatte. Er holte kurz überrascht Luft, was Larscha und Lord Alden natürlich sofort auffiel, da sie die beiden genau beobachtet hatten. „Mein König, ist alles in Ordnung?“, fragte Lord Alden besorgt. „Natürlich.“, antwortete dieser ruhig, und drehte sich von Raven zu den anderen beiden um. //Ihr scheint etwas Besonderes zu sein, Prinzessin.//, hörte sie seine Gedanken und war sich sicher, dass sie trotz seines Fortdrehens seine volle Aufmerksamkeit hatte. //Wieso das?//, fragte sie überrascht und richtete ebenfalls ihre äußere Aufmerksamkeit wieder auf ein scheinbares Gespräch, dass der König mit Lord Alden und ihrer Großmutter begann. //Ihr seit die Einzige, die mich spüren kann.//, war seine Antwort. Es war schon spät am Nachmittag, als Raven ihr Gästezimmer aufsuchen und ihr Gepäck aus der Reisetasche nehmen konnte, die ein umsichtiger Dienstbote auf dem Bett abgestellt hatte. Sie zog sie auf und holte aus ihr einige weitere kleine Boxen heraus. Nachdem sie sich vergewissert hatte, dass sie niemand beobachtete, aktivierte sie die in den Boxen verborgene Technik, sodass diese wieder ihre ursprüngliche Größe annahmen. Dann begann sie damit, die darin aufbewahrte Kleidung – sie hatte beinahe an alle Eventualitäten gedacht – in dem großen Schrank unterzubringen. Dabei ging ihr die Begegnung und das Gespräch mit dem Herrscher dieses Planeten nicht aus dem Sinn. Nicht nur, dass sie sich in seiner Gegenwart zusammenreißen musste, um nicht wie ein Teenager mit schwärmerischen Blick immer zu ihm herüber zu blicken. //Er ist aber auch eine wahre Augenweide. Kein Wunder, dass Grandma immer noch so sehr von ihm schwärmt.//, lachte sie in ihren Gedanken. Auch alles weitere an ihm war sowohl beeindruckend, als auch geheimnisvoll. Schon allein die Tatsache, dass sie immer vermeinte, seine eigentlichen Gefühlsregungen spüren zu können, die er nicht zeigte. So etwas war ihr noch nie untergekommen und sie hatte auch nicht gewusst, dass sie empathisch veranlagt war. Das tat sie mit einem leichten Kopfschütteln ab. Schließlich hatten ihr die Priesterinnen der Sonnengöttin, die ihrer Mutter unterstanden, bereits vor vielen Jahren quasi bescheinigt, dass sie über gar keine magischen Fähigkeiten verfügte. Und laut der Definition der Lehrschriften der Shino war das Erspüren der Gefühle anderer eine wahre Kunstfertigkeit, die nur sehr selten und dann auch nur bei wirklich mächtigen Magiern vorkam. Also ganz sicher nicht bei einem Halbblut wie ihr, die sich zur ‚Schande’ für ihre Eltern, wie es hinter vorgehaltener Hand bei den Priestern getuschelt wurde, mit dem Studium über dunkle Völker und Gebräuchen beschäftigte. Es war nicht so, dass sie die Lehren der Lichtpriester ablehnen würde. Schließlich war sie von klein auf damit aufgewachsen, da ihre Mutter ja die Hohepriesterin war und sie ihre ersten Jahre als Erstgeborene die Erbin ihrer Mutter gewesen war. So hatte sie eine gute Ausbildung in diesem Bereich erhalten. Doch außer ihrer Großmutter – der Göttin, nicht Larscha – hatte niemand bis zu ihrem 20 Lebensjahr erahnt, dass sie dem Ganzen immer kritischer gegenüber stand. Sie konnte sich noch gut an den Tag erinnern, als sie mit 14 ein ernstes Streitgespräch mit einem Priester geführt hatte, weil sie gewagt hatte zu fragen, ob zum besseren Verständnis auch etwas über mögliche dunkle Glaubensrichtungen erörtert werden könnte. Schließlich war es eine der Hauptlehren der Priesterschaft, dass es immer einen Gegenpol geben muss, um das Gleichgewicht der Kräfte sicherzustellen. Dass der Priester sie während ihrer Diskussion nicht geohrfeigt hatte, weil sie, eine Vierzehnjährige, es gewagt hatte, ihm seine eigenen Worte zu widerlegen, was ein wirkliches Wunder und zugleich auch ein absolut traumatisches Erlebnis gewesen. Nur weil die Göttin direkt danach zu ihr gekommen und sie behutsam von dem Schock der Reaktion des Priesters getröstet hatte, war es zu verdanken, dass sie nicht aus Angst ihren Wissensdurst unterdrückt hatte. Denn die Göttin hatte ihr versichert, dass sie keineswegs enttäuscht über ihren Wissensdurst bezüglich der dunklen Völker, wie sie es nannte – der Priester sprach grundsätzlich nur von Monstern und Dämonen – war. Im Gegenteil, sie ermutigte ihre geliebte Enkelin sogar, ihre Forschungen auf diesem Gebiet fortzusetzen. Doch sie wurde auch eindringlich gewarnt. //Sie werden deinen Wunsch nach Verständnis der dunklen Völker niemals nachvollziehen können, Sahva.//, hatte die Göttin damals gesagt, als sie sie behutsam in ihren Armen gewiegt hatte. Dafür hatte die Göttin sogar einen festen Körper angenommen, etwas, dass Raven bislang nur sehr selten bei anderen gesehen hatte. Bei ihr hingegen war das fast schon üblich. //Leider ist der Hass zwischen den lichten und den dunklen Völkern schon zu alt und zu tief in den Herzen verwurzelt, als dass man etwas dagegen tun könnte. Ich werde dir bei deinen Forschungen helfen, Liebes, aber du musst mir versprechen, dass du alles für dich behältst. Ich möchte nicht, dass du deswegen noch mehr leiden musst als soeben durch die harschen Worte des Priesters.// Sie hatte der Göttin dieses Versprechen gegeben und sich bis zum heutigen Tage daran gehalten. Es wussten zwar mittlerweile einige, dass sie ‚von der Dunkelheit fasziniert’ war, wie manche es ausdrückten, denn immerhin war sie bekennender Heavy und Gothic, auch wenn mit dieser Bezeichnung nur diejenigen etwas anfangen konnten, die auf irgendeine Weise mit ihrem Geburtsplaneten Terra vertraut waren. Aber dass sie mittlerweile eine regelrechte Expertin in Sachen dunkler Völker und deren Glaubensrichtungen war, dass wussten nur die Göttin, ihre Eltern und ihre Geschwister. Zuerst hatte sie befürchtet, dass ihre Geschwister, beide immerhin 10 Jahre jünger als sie selbst, etwas gegenüber den Priestern erwähnen würden, doch die Zwillinge hatten dieses Geheimnis wohl gehütet. Serena und Sean gingen sogar noch weiter und ließen sich von ihr sogar in ihr Wissen einbeziehen, Sean dabei sogar noch intensiver als seine Zwillingsschwester, für die Raven vor gut 12 Jahren auf ihr Erbe als Nachfolgerin der Hohepriesterin verzichtet hatte. Je länger sie beim Auspacken ihres Gepäcks darüber nachdachte, wie sie auf die vermeintlich gespürten Gefühle des Königs reagiert hatte, desto sicherer war sie sich, dass sie sich diese nur eingebildet haben konnte. Sie war nur nach außen die souveräne und rationelle Frau, die alle in ihr sahen. Sie selbst wusste es besser. Sie war eine unglaubliche Romantikerin und deshalb schloss sie einfach, dass ihre Phantasie mit ihr durchgegangen war. Wieder einmal. Doch trotz allem kam sie nicht umhin anzuerkennen, dass etwas am König dieses Volkes anders war, als sie es bislang kennengelernt hatte. Und das lag nicht nur an seinem Aussehen, um das ihn viele ihrer Freunde auf Terra mehr als nur beneidet hätten. //Er wäre ein perfekter Gothic…//, schoss es ihr durch den Kopf und sie musste grinsen. Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken und sie drehte sich vom Schrank weg. „Ja bitte?“, fragte die laut und warf noch schnell einen Blick auf ihr Bett. Doch dort waren außer einigen Kleidungsstücken nur noch ihre Reisetasche zu sehen, keinerlei fremde Technik. Die Tür ging auf und Larscha trat mit einem Lächeln ein. „Kann ich mich zu dir gesellen?“, fragte ihre Großmutter freundlich. „Natürlich, das weißt du doch.“, antwortete Raven mit einem sanften Lächeln, dann machte sie sich daran, weiter ihre Kleidung in den Schrank zu hängen. „Normalerweise würde ich ja sagen, dass du das die Bediensteten machen lassen solltest…“, begann Larscha und ging auf das Bett zu, wo sie aus der Reisetasche eine weitere Box herausnahm und betrachtete. „… aber ich denke, dass wäre keine so gute Idee, oder?“ „Nein, sicher nicht.“, antwortete Raven ihr lachend. „Was hast du hier drin?“, fragte Larscha freundlich weiter. „Welche Farbe hat die Box?“, kam als Gegenfrage, während Raven fast im großen Kleiderschrank verschwunden war. „Ein seltsames Blau.“, meinte Larscha stirnrunzelnd, als sie die Box betrachtete. „Lass die zu, Grandma. Da sind die Dinge drin, die hier nichts zu suchen haben.“, erklärte Raven und kam zum Bett zurück, wo sie ihrer Großmutter liebevoll einen Kuss auf die Wange hauchte. „Was hast du denn mitgekommen?“, fragte Larscha irritiert weiter. „Das ist meine Notfallbox. Da sind eBook, Laptop und vor allem mein MP3-Player drin. Und ein paar Dinge, von denen du nicht wissen möchtest, dass ich sie mithabe.“ Sie nahm ihrer Großmutter die Box aus der Hand und stellte sie ungeöffnet neben eine kleine Schmuckschatulle auf das Bett. „Und warum hast du sie mit?“ „Ich bin Offizier der Föderation, Grandma. Gewisse Dinge habe ich immer dabei, selbst wenn ich am friedvollsten Ort der ganzen Galaxie bin. Das ist bei mir einfach in Fleisch und Blut übergegangen.“, erklärte sie freundlich. „Aber was ist, wenn jemand aus Versehen die Box sieht und sie öffnen will? Sie wird sich dann doch Vergrößern.“, fragte Larscha ein wenig sorgenvoll. „Grandma, erstens lasse ich die Box ganz sicher nicht offen herumstehen. Sie kommt in meinem Schrank und da sollte nun wirklich niemand drin herumschnüffeln. Und wenn doch jemand so neugierig sein sollte, die Box ist so konfiguriert, dass nur ich sie öffnen kann. Und du zur Not.“, meinte Raven schmunzelnd und nahm ihre letzten Kleidungsstücke auf, um sie in den Schrank zu hängen. „Was hältst du von ihm, Sonnenschein?“, fragte Larscha mit einem Mal. „Von wen? Lord Alden? Er scheint nett zu sein.“, meinte Raven, aber sie konnte sich fast denken, dass ihre Großmutter nicht von Lord Alden sprach. Larscha kicherte leise. „Nein. Du weißt, von wem ich spreche.“ Raven seufzte leise und kehrte zum Bett zurück, wo sie sich neben ihre Großmutter setzte. „Ich habe noch nie einen so schönen Mann gesehen, Grandma. Alles an ihm erscheint perfekt.“ Larscha lächelte, aber dieses Lächeln erschien ein wenig bedauernd. „Dann kannst du sicher verstehen, warum ich bis heute noch so von ihm eingenommen bin. Als ich noch hier lebte war ich fürchterlich in ihn verliebt. Als er meinem Vater dann zur Verlobung mit deinem Großvater zustimmte war ich fürchterlich enttäuscht und auch wütend, denn ich wäre zu gerne in einer Position wie Beliniam an seiner Seite geblieben. Er muss das geahnt haben. Er ging mir bis zu meiner Verabschiedung mehr oder weniger aus dem Weg.“ Sie streichelte Raven eine Haarsträhne zurück hinters Ohr. „Hast du die Wahl deiner Eltern und deines Herrschers denn bereut?“, fragte Raven erstaunt, denn sie war immer davon ausgegangen, dass ihre Großeltern eine glückliche Ehe führten. „Nein, natürlich nicht. Doch ich war jung und unerfahren, als sie mich fortschickten. Ich hatte mir immer vorgestellt, dass ich die Person sein würde, die seine königliche Hoheit aus seiner Traurigkeit herauslösen würde, deswegen war die Verlobung mit dem König der Shino auch so ein Schock für mich.“ „Weißt du, was komisch ist?“, fragte Raven leise. Sanft sah Larscha ihre Enkelin an. „Was, Sonnenschein?“ „Ich hatte sofort, als ich seine Hoheit das erste Mal angesehen hatte das Gefühl, als könnte ich Gefühle bei ihm spüren, die er nur nicht zeigen kann oder will. Es ist total komisch, so etwas hatte ich noch nie gehabt.“, versuchte sie das zu beschreiben, was ihr zuvor schon so seltsam vorgekommen war. „Ich weiß ja, dass ich über eine große Portion Phantasie verfüge, aber das war schon beinahe unheimlich. Es hatte sein Mienenspiel völlig ausgeblendet. Das kann ich mir doch nur eingebildet haben, oder?“ Überrascht hatte Larscha ihrer Enkelin zugehört. „Und was hast du gespürt, Sonnenschein?“ Raven war zuerst ebenfalls überrascht, dass ihre Großmutter nicht lachte und sie zurechtwies. Aber das hatte diese sowieso noch nie getan. Dann dachte sie über das nach, was sie zu spüren geglaubt hatte. „Freundlichkeit und Neugierde, würde ich sagen. Ich hatte sogar manchmal das Gefühl, dass er eigentlich lächeln würde.“, versuchte sie zu beschreiben. „Sag mir, wenn dieses Gespür von dir ihm Gegenüber bleibt und du noch anderes spürst als das soeben beschriebene. Ich würde mich so sehr freuen, wenn sich zeigen würde, dass doch jemand etwas bei ihm entdecken würde. Vor allem, wenn es einer meiner Nachkömmlinge wäre.“, fügte sie augenzwinkernd hinzu. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)