Die Priesterin von Momotaro ================================================================================ Kapitel 5: one in a million --------------------------- „Wir brauchen eine Waffe.“, raunte die Frau ihr zu. Warm und kuschlig lag sie an Saschas Seite und Sascha musste sich beherrschen, um ihr nicht das Gesicht zuzuwenden... „Waffe?“, wiederholte Sascha stattdessen und sah sich suchend um. Zufällig lagen gerade keine herum. „...Polster vielleicht.“, schlug Sascha vor. Der Beamte trat in den Türrahmen und füllte ihn beinah vollständig aus. „Nana, was glaubt ihr, wo ihr so dringend hinmüsst?“, erkundigte er sich süffisant. „Ah.“, hörte Sascha die Frau leise neben sich murmeln: „Da ist ne Waffe.“ Sie hatte sich abgestoßen, noch bevor Sascha sie hindern konnte. Ihre Benommenheit schien verschwunden zu sein. Auch der Polizist war trotz seines Trainings merklich überfordert von dem unerwarteten Angriff. Seine Hand berührte die Pistole eben erst, als ihn der Fuß der Frau traf und zu Boden schleuderte. Ein weiterer Tritt ließ seinen Kopf zur Seite schnellen und raubte ihm das Bewusstsein. An seiner Stelle zog die Frau die Dienstwaffe, entsicherte sie, spähte vorsichtig auf den Gang hinaus. Sie winkte. „Los!“ Von links näherten sich bereits weitere polternde Stiefelschritte, also rannten sie nach rechts. Sie kamen zu einem Stiegenhaus und huschten durch die Tür. Kein Beamter weit und breit. Die örtlichen Behörden hatten eindeutig nicht damit gerechnet, einen Fluchtversuch vereiteln zu müssen. Kein Wunder, schließlich handelte es sich hier nur um einen Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung. Dem Delikt kam in jenem Moment tätlicher Angriff auf einen Beamten hinzu. Vom Gang hörten sie den Ruf. „Alarm! Polizist verletzt! Die Flüchtigen sind bewaffnet!“ Sascha wollte nach unten rennen, doch zu ihrem grenzenlosen Erstaunen zog die Frau sie hinter sich zu den Stufen hinauf. „Aber wir müssen doch aus dem Gebäude!“, zischte Sascha aufgeregt. „Unten erwarten sie uns.“, meinte die Frau: „Ich hab keine Lust darauf, mit ihnen Schwarzer Mann zu spielen.“ „Oben sitzen wir in der Falle.“, hielt Sascha dagegen. „Oben gibt es sicher Fluggeräte.“, widersprach die Frau. Durch eine selbstöffnende Schiebetür gelangten sie auf das Dach, das tatsächlich ein Landeplatz war. 2 Gleiter standen am Rand, einer besetzt mit einem Piloten, der eben eine Liste durchging. Auf ihn hielt die Frau zu. „Moment!“, rief Sascha: „Der andere wäre frei!“ „Vermutlich verschlossen.“, gab die Frau sachlich zurück. „Das krieg ich hin!“, beeilte sich Sascha zu versichern und bog zum anderen Gefährt ab, während die Frau ihr Ziel beibehielt. Hastig machte sich Sascha an die Schlüsselkonsole. Sie musste die Frau daran hindern, noch weitere Menschen zu verletzten, vielleicht sogar zu töten. Das Bild der Frau, wie sie gegen den Kopf des Polizisten trat, stand ihr noch immer vor Augen. Eigentlich war Sascha keine solche Verbrecherin. Sie war Trickbetrügerin, keine Einbrecherin. Und obwohl ihr Kollegen schon öfters erklärt hatten, wie das mit dem Schlossknacken ging, blieb das Schott dicht. Hinter ihr rief die Frau: „Kommst du?“ Sie stieß eben den leblosen Körper des Piloten aus dem Einstieg. Sascha verdrehte genervt die Augen. Der Staubwedel war bereits in den gekaperten Gleiter gehüpft und sah Sascha ebenso erwartungsvoll an wie die Frau. Keiner der beiden schien Bedenken wegen dem Grad an Brutalität zu haben, den ihre Flucht erforderte. Die Schiebetür zum Dach fuhr erneut auf und ein ganzes Batallion an Polizisten strömte auf die Plattform. Sascha rannte los. „Halt oder wir schießen!“, informierte die Behörde sie höflicherweise, bevor ihr die ersten Kugeln um die Ohren flogen. Die Frau sprang in den Gleiter, erschien einen Augenblick später im Cockpit und begann, scheinbar nach Gutdünken, Knöpfe zu drücken und Hebel zu schieben. Der Gleiter ruckte verwirrt hin und her. Sascha sprang. Eine Kugel fand ihr Ziel. Sie riss ein Loch in Saschas Unterschenkel und zog sie ein Stück mit sich. Trotzdem oder gerade deswegen gelangte Sascha durch die offene Luke und landete hart am metallenen Boden. Die Frau fuhr zu ihr herum. „Oh, ein Glück! Ich brauch dich... Ih.“ Sie hatte die Schussverletzung entdeckt. Mit einem Satz war sie neben Sascha, während, durch das offene Schott sichtbar, die Polizisten sich schnell dem Gleiter näherten. Mit einer Kraft, die absolut nicht zu dem schmächtigen Körper passte, hob die Frau Sascha hoch und trug sie zum Pilotensitz. Dort wies sie auf die Konsole. „Mach mal was, ich übernehm die Polizei.“ Und sie zückte ihre Pistole. Nun schien sie wirklich töten zu wollen. Schnell stellte Sascha die richtigen Einstellungen wieder her und startete. Sie schaffte es, den Gleiter vom Dach zu lenken, bevor sie einen der Beamten fallen sah. Das Bein tat höllisch weh, ein eiskalter Luftzug schien permanent in die Wunde hineinzufahren. Saschas Blickfeld verschwamm zunehmend. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)