Realize the Real Lies von Danyu ([Akame...?]) ================================================================================ Kapitel 1: Kapitel 1 – Drowning ------------------------------- “Drowning is death from suffocation (asphyxia) caused by a liquid entering the lungs and preventing the absorption of oxygen leading to cerebral” Kame wischte sich mit dem Handrücken über dem Mund, aber der bittere Geschmack wollte nicht einfach wieder verschwinden. Erschöpft seufzte er einmal auf und lies das Wasser aus dem Wasserhahn fließen, nahm vorsichtig einen Schluck und verzog das Gesicht. Es war viel zu heiß… Ermattet stellte er es auf kälteres Wasser ein und wartete etwas. Dann spülte er seinen Mund gründlich aus. Er konnte es nicht mehr ertragen. Aber helfen lassen wollte er sich auch nicht, dazu war er viel zu stolz. „Hallo Leute!“, Koki begrüßte die restlichen Mitglieder der Band so als hätten sie sich das letzte Mal vor einem Jahr gesehen wobei vielleicht gerade mal zehn Stunden seit ihrem letzten Zusammentreffen vergangen waren. Sie waren mitten in einem Musikvideodreh. Dieser fing, jedenfalls Jins Meinung nach, immer viel zu früh an und hörte viel zu spät auf, da sollte man sich immer konzentrieren können... Trotzdem, beschweren wollte sich keiner, es machte immerhin auch Spaß diese Videos zu drehen. Endlich erreichte Koki die versammelte Gruppe und lachte sein „eigentlich habe ich schlechte Laune weil ich im Bett bleiben wollte“-Lachen in das Nakamaru etwas verspätet einstimmte. Ueda schloss nur die Augen, diese Idioten konnte er gerade nicht ertragen, besser er tat so als wären sie gar nicht anwesend. Jin und Kame hatten heute scheinbar dieselbe Taktik angenommen. Einfach mal ignorieren. Nur der Sonnenstrahl der Band, der die Worte „Müdigkeit“ und „schlechte Laune“ anscheinend nicht kannte alberte mit den anderen beiden rum. Jin legte seinen Kopf auf die Tischplatte. „Weiß einer von euch wann wir heute fertig werden?“ Kamenashi lachte einmal bitter auf. „Wahrscheinlich wieder viel zu spät. Wir haben gestern nicht alle Szenen gedreht die geplant waren wurde mir gerade gesagt. Nur dass sie heute fertig sein müssen. Mehr Zeit wird uns nicht gegeben.“ Maru nickte. „Ja darauf wurde ich auch schon angesprochen. Sie denken aber auch darüber nach ob sie es nicht mit irgendwelchen computeranimierten Bildern vollstopfen können. Also die Szenen die wir nicht schaffen.“ – „Weil wir leider tot umgefallen sind…“, murmelte Jin zu niemanden bestimmten erntete aber allgemeines Kopfnicken. „Jin, Kame…“ begann Maru noch einmal. Beide blickten ihn an um zu signalisieren, dass sie ihm zuhörten. „Mir wurde außerdem gesagt, dass ihr doch bitte dran denken sollt nicht miteinander zu reden wenn die Kameras laufen…“ Jin stöhnte frustriert auf. Er wusste warum sie diese strengen Auflagen hatten und er wollte es nicht riskieren, dass sie wieder getrennt wurden wegen irgendwelcher haltloser Gerüchte… aber gleichzeitig fragte er sich wie lange sie diese Scharade noch aufrecht erhalten mussten. Wie lange war es jetzt her dass er aus Los Angeles zurückgekommen war? Zwei Jahre, drei Jahre? Wieso wurden aber jedes Mal wenn er und Kazuya sich nur anguckten die Gerüchte wieder so laut? War es zu viel verlangt, dass er etwas mehr Zeit mit seinem besten Freund verbringen konnte? Freizeit hatten sie ja so gut wie sowieso nicht… Aus den Augenwinkeln sah er, dass Kame in etwa genau wie er reagiert hatte, das brachte ihm zum Grinsen. Sie waren sich einfach so ähnlich, selbst wenn sie es nicht beabsichtigten waren ihre Handlungen häufig identisch. Nakamaru warf ihnen einen letzten mitleidigen Blick zu und ging dann aus dem Raum raus. Junno hatte sein Lächeln für einen Augenblick verloren, aber solche Momente dauerten bei ihm nie lange. „Wir müssen los“, meinte er schließlich nur vage in den Raum und folgte Nakamaru. Koki und Ueda saßen noch etwas unmotiviert auf ihren Stühlen, doch der Workaholic hatte sich bereits erhoben und fing an die beiden Richtung Tür zu scheuchen. Jin würde ihnen auch so folgen, das wusste er. Und tatsächlich hörte er wie ein Stuhl zurückgeschoben wurde und leise Fußstapfen deuteten an, dass Akanishi sich hinter ihm befand. Dann merken Koki und Ueda nur noch, dass sie von zwei Personen aus dem Raum vertrieben wurden. Nach einigen Stunden voller Arbeit, Pausen, peinlichen Situationen (Ueda war sich immer noch nicht sicher wer Schuld daran war, dass bei einer Gruppenaufnahme seine Hose plötzlich auf dem Boden lag… zur Vorsicht hatte er einfach mal sowohl Koki als auch Jin eine reingehauen, obwohl beide tief und fest schworen es nicht gewesen zu sein…) und einer Menge Fehler hatte Jin beschlossen, dass es Essenszeit war. Vom Personal traute sich keiner zu widersprechen und bei der Band war eh klar dass ohne etwas im Magen keine weitere Aufnahme würde stattfinden können. Jin suchte noch nach einem Opfer, was sich mit ihm auf den Weg machen konnte um von einem Restaurant etwas abzuholen (wieso hatte eigentlich niemand daran gedacht dass sie essen mussten und es ihnen hingestellt?), als ihm auffiel, dass Kame bereits nach seiner Jacke griff und in Richtung Ausgang marschierte. Jin grinste einmal kurz und beeilte sich dem Jüngeren zu folgen. Kurz vor seinem Wagen hatte er Kazuya eingeholt. „Wieso hast du nicht gewartet?“, fragte er etwas stichelnd. Kazuya lächelte ihm einmal kurz zu antwortete aber nicht direkt sondern schubste ihn erst Richtung Fahrertür. „Weil du ewig brauchst wenn du weißt, dass man wartet.“ – „Nicht wenn es ums Essen geht!“, protestierte der Ältere und erntete ein Lachen, was auch seine Absicht gewesen war. Das nächste was er von Kames Seite bekam freute ihn aber gar nicht, dann plötzlich verabschiedete sich seine Kappe von ihm und fand sich auf dem Kopf seines Kollegen wieder. „Hey!“ Kame grinste nur und stieg ins Auto ein. Jin beeilte sich, sich ebenfalls hinzusetzen. „Krieg ich meine Mütze wieder?“, fragte er während er das Auto startete. Viel Hoffnung machte er sich jedoch nicht und wie er erwartet hatte schüttelte Kame schlicht und ergreifend den Kopf und machte es sich im Sitz bequem. „Ich mag es nicht wenn du Hüte aufhast wenn du fährst“, murmelte er mehr zu sich selber als zu Jin, der seufzte nur und beließ es dabei, das Gespräch hatten sie schon häufiger gehabt und noch nie hatte er sich durchsetzen können. Und wenn er versuchte seine Mütze zu retten würde Kamenashi für eine Woche nicht mehr mit ihm reden, das wollte er auch vermeiden. „Also, was willst du essen?“, fragte Jin schließlich als sein Auto sich im Verkehr einordnete. „Keine Ahnung“, meinte Kame desinteressiert und beobachtete die vorbeifahrenden Autos. „Was wollen die anderen essen?“ – „Hab nicht nachgefragt…“, gestand Jin kleinlaut und sah noch das Augenrollen Kazuyas. „Nehmen wir einfach irgendwas was in der Nähe ist“, meine Kame aber nur und fuhr fort damit aus dem Fenster zu blicken. Jin genoss diesen Moment der Stille ein wenig, bis ihm etwas einfiel. „Hey, Kame?“ – „Hm?“ Er wartete bis Kame sich zu ihm umdrehte ehe er fortfuhr. „Ich wollte wissen ob du heute bei mir pennen möchtest, dann könntest du etwas länger schlafen.“ Er war erstaunt als Kame ihm nicht sofort zustimmte. Kazuya sagte einfach… gar nichts. Jin drehte sich ein wenig zu Kame um, wollte wissen was für einen Gesichtsausdruck er gerade hatte und war überrascht als er kein Lächeln sondern einen nachdenklichen Kazuya sah. Das war das erste Mal, dass er nicht ohne nachzudenken zugesagt hatte. Schließlich schüttelte Kazuya den Kopf. „Nein Jin, das geht heute leider nicht“, flüsterte er leise und betrachtete dann seine Hände die er im Schoß zusammengefaltet hatte. Jin hätte schwören können, dass sie sich verkrampft hatten. Noch bevor er den Mund aufmachen konnte nickte Kazuya ihm zu und suggerierte ihm dass er gefälligst auf die Straße gucken sollte. Jin runzelte die Stirn. Das würde er nicht einfach so stehen lassen. Ein Seitenblick auf den Jüngeren zeigte ihm, dass dieser es auch wusste. Als sie wieder zu den anderen stießen, mit dem duftenden Essen in den Tüten, wurden sie freudig empfangen, bis jeder seine eigene Portion hatte waren Kamenashi und Akanishi im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Jin bemerkte, dass die Kameraleute ihnen wieder gefährliche nahe kamen, sofort distanzierte er sich von der Gruppe, Kazuya gesellte sich beim Essen zu Koki und Maru, beim Dreh sah man das in letzter Zeit so häufig… Jin seufzte. Er wusste genau, dass sie eigentlich alle sechs zusammensitzen wollten. Wieder einmal verfluchte er die Gerüchte. Er wollte Kazuya ausquetschen, was denn los sei… warum er auf einmal nicht zu ihm kommen wollte… sie kannten sich jetzt knapp elf Jahre und noch nie hatte er eine Einladung von Jin ausgeschlagen… Das würde wohl trotzdem bis nach dem Drehende warten müssen… Den Rest des Tages konnte Jin seine Augen nicht mehr von Kamenashi lassen… der mit einer ebensogroßen Entschlossenheit seinem Blick auswich. Gut, an sich nichts Ungewöhnliches. Es passierte schon mal dass einer der beiden schlicht und ergreifend vergaß… dass er nicht zum anderen gucken sollte. Solange dann der Angestarrte nicht reagierte gab es auch keine Standpauke von oben (mehr) aber diesmal lag der Sachverhalt etwas anders. Und Kazuya musste das spüren. Dazu kannte er Jin zu gut. Sogar die anderen merkten anscheinend, dass irgendwas anders war als sonst. In einer unbeobachteten Sekunde hatte Koki diskret nachgefragt ob etwas nicht in Ordnung sei („Hey Jin, haben du und Kame euch gestritten oder was ist los?“). Jin hatte nur ratlos mit den Schultern gezuckt. Wie sollte er so etwas auch jemanden erklären, wenn er selber nicht genau wusste was nicht stimmte? Endlich wurde ihnen gesagt, dass sie die letzten Aufnahmen machen würden, wie immer ein Solopart. Und wie immer wurden sie in der Reihenfolge des Bandnamens aufgerufen. Akanishi betrachtete mit den anderen den Jüngsten unter ihnen. Wie er sich im Takt bewegte, wie er einen dummen Fehler machte und wieder von vorne anfangen durfte (musste). Koki triezte Kame noch etwas, aber nach einem weiteren Versuch war die Aufnahme so perfekt wie eben möglich. Irgendwelchen kleineren Fehler gab es immer mal. Jin stand auf um zum Set zu gehen. Und traute seinen Augen nicht. Kame hatte bereits das Studio verlassen. Er hatte nicht auf ihn gewartet. Kazuya rannte schnell zum Auto, er wusste, sobald Jin fertig war würde er versuchen ihn einzuholen, das durfte nicht passieren. Er konnte Jin nicht gegenübertreten. Nicht wenn er ihn fragen würde. Er bezweifelte, dass er lange lügen konnte… oder dass Jin die Lügen schluckte… Kamenashi öffnete die Tür und startete den Motor, er hatte all seine Sachen im Studio liegen lassen, aber das kümmerte ihn gerade recht wenig. Er musste weg von hier, weg von Jin. Er wollte nicht, dass er davon wusste. Er wollte nicht dass irgendjemand davon wusste. Kame stellte fest, dass er viel zu schnell fuhr, aber das war ihm egal. Weg, weg, weg, weg. Aber es war auch klar, dass er dieser Konfrontation nicht lange würde aus dem Weg gehen können… was sollte er bloß tun? Wütend schlug er mit der Hand aufs Lenkrad. Er hätte besser aufpassen müssen. Er hätte schnell sagen müssen, dass… ja, dass was? Was wäre denn wichtig genug die Einladung des besten Freundes auszuschlagen? Jin stand fassungslos vor dem leeren Parkplatz. Hier hatte Kames Auto gestanden. Er hatte nicht im Umkleideraum gewartet, er war nicht auf den Toiletten gewesen, er hatte mit keinem von den Hintergrundtänzern geredet, er hatte… er war einfach nirgends gewesen. Trotzdem hatte Jin nicht glauben können, dass Kazuya wirklich und wahrhaftig ohne auf ihn zu warten gegangen war. Jetzt machte er sich Sorgen um seinen besten Freund. Warum wollte er ihm aus dem Weg gehen? Das letzte Mal wo so etwas passiert war hatte Kazuya ihm ein Geburtstagsgeschenk in der Stadt suchen wollen… aber momentan gab es keinen Grund dafür ein Geschenk zu kaufen. Jin versuchte sich an andere Momente zu erinnern wo etwas Ähnliches vorgefallen war… aber all diesen Momentan war ein Streit vorausgegangen. Es gab einfach zurzeit nichts, was Kazuyas Verhalten erklären könnte. Frustriert drehte Jin sich um. Er hatte gesehen, dass Kame einige Sachen liegengelassen hatte. Er trat sich mental selbst in den Hintern, aber er konnte einfach nicht anders als die Klamotten zu holen. Im Umkleideraum traf er auf die anderen Mitglieder, Junno und Koki blickten ihn kurz fragend an aber Jin ignorierte sie völlig, nahm seine Mütze ab und pfefferte sie auf seinen Platz. „Jin, ist alles okay?“, fragte Nakamaru nach und Jin schenkte ihm einen vernichtenden Blick. „Weiß einer von euch wo Kame ist? Oder warum er gegangen ist?“ Die Andern blickten sich ratlos an. Schließlich wagte Ueda es etwas zu sagen. „Aber… seine Sachen liegen doch noch hier rum?“ Jin nickte nur und begann sich umzuziehen. Plötzlich lachte Koki los. Die anderen drehten sich zu ihm um. „Was ist?“, wollte Junno wissen. „Ach, ich stell mir nur gerade vor wie Kame in dem Fummel hier“, er deutete an sich herab, er trug immer noch die Anziehsachen vom Dreh, „durch die Stadt schlendert.“ Sogar Jin musste kurz grinsen als er sich das vorstellte, die anderen konnten sich vor Lachen jedoch nicht halten. Es waren wieder mal typische Johnny’s Entertainment Kostüme, sollte heißen: Glitzer, Funkel, Federn, grelle Farben. Niemand mit gesundem Menschenverstand würde sich so nach draußen wagen. Erst recht nicht wenn er versuchte (wie meist alle mehr oder weniger bekannten Personen) nicht aufzufallen. Das wiederrum brachte Jin zu der Frage warum Kazuya sich nicht mal die Zeit genommen hatte um sich umzuziehen? Egal wie er es drehte und wendete… er kam auf keine Lösung dieses Problems… Er zog sich schnell um, lieh sich von Junno eine Tüte (wer kaufte eigentlich vor einem Videodreh Computerspiele?) und legte dort Kames Sachen rein. Das war wirklich mehr als untypisch. „Jin?“, riss ihn Koki aus seinen Gedanken. „Ja?“, er war gerade nicht in der richtigen Stimmung um herumzualbern oder große Reden zu schwingen. „Willst du Kame die Sachen heute noch bringen oder morgen geben?“ – „Wieso fragst du?“ Koki zuckte mit den Schultern. „Als letztes haben wir morgen Aufnahmen die ganz in der Nähe von Marus Haus sind, wir dachten wenn wir fertig sind gehen wir alle da hin, dann kann auch Maru gleich die Sachen mitnehmen und du musst es nicht mit dir rumschleppen.“ Jin blieb kurz stehen. Es war ein verlockendes Angebot, andererseits hatte Koki ihn da gerade auf eine Idee gebracht. Er könnte Kazuya die Sachen auch vorbeibringen. Selbst wenn der Jüngere noch nicht da war… Jin hatte mal einen Schlüssel zu seinem Apartment bekommen, damit er Blumen gießen konnte wenn Kazuya nicht da war. „Ich denke ich bringe ihm die Sachen schon heute vorbei…“ Wie erwartet reagierte niemand auf sein Klopfen. Das konnte zwei Gründe haben. Entweder Kazuya war nicht da (was zwar unwahrscheinlich war, aber man durfte sich ja noch Hoffnungen machen) oder aber er ignorierte Jin geflissentlich, weil er wusste, dass Jin klopfte (diese Möglichkeit machte Jin wütend, Kame konnte sich auf was gefasst machen). Nachdem er einige Zeit gewartet hatte holte er kurzerhand die Schlüssel zu Kames Wohnung raus und steckte sie ins Schloss. Er war schon erstaunt als er die Tür öffnete. Was ihm zuallererst auffiel, war, dass die ganze Wohnung im Dunkeln lag, die andere Sache war die Kälte. Hier war seit heute Morgen nicht mehr geheizt worden. Ein sicheres Zeichen dafür, dass Kazuya tatsächlich nicht im Haus war. Jin tastete sich zum Lichtschalter vor und sorgte für klare Verhältnisse. Und trat erst mal einen Schritt zurück. Okay, spätestens jetzt machte er sich Sorgen. Allerspätestens jetzt. Er erinnerte sich noch lebhaft an all die Streitgespräche die er mit Kazuya wegen seines Lebensstils geführt hatte. Von wegen, dass er zu wenig verantwortungsvoll sei (Kazuyas hatte genug für sie beide wie Jin fand), dass er launig sei (ja, er musste doch einen gesunden Gegenpart zu Kame herstellen?), dass er sich zu wenig von anderen beeinflussen lies (Jin nannte das gesunden Menschenverstand, er musste doch nicht alles tun was Johnny-san ihm sagte?) und last but not least, dass er zu Unordentlich sei (Jin fand es sehr angenehm, dass Kazuya jedes Mal nach so einer Rede beschloss Jins Wohnung aufzuräumen…) deswegen war er umso erstaunter als er feststellte, dass Kazuyas Wohnung dreckiger war als seine je gewesen war (sogar nach einigen ziemlich großen Partys hatte es bei ihm noch nie so ausgesehen…). Und das hier war nur der Flur… Jin runzelte die Stirn. Wann war er das letzte Mal bei Kame gewesen? Wann hatte er ihn zum letzten Mal eingeladen? Es… war schon etwas her. Und wenn Jin gefragt hatte ob er nicht mal zu dem Jüngeren kommen sollte hatte Kazuya letztens immer erwidert, dass er lieber zu Jin gehen wollte. Jin hatte sich nichts dabei gedacht, sie waren meistens bei ihm, das war nichts Ungewöhnliches… aber jetzt fragte er sich ob es nicht besser gewesen wäre wenn er darauf bestanden hätte mal wieder zu Kame zu gehen… Jin kniete nieder um die Sachen, die auf dem Boden verstreut lagen näher in Augenschein zu nehmen. „Du ruinierst dir die Gesundheit!“, fauchte Kame Jin an und riss ihm die Zigarette aus der Hand. „Spinnst du? Wann hast du bitteschön angefangen zu rauchen?“ Kazuya stand wie ein Rachegott persönlich vor Jin, dieser schluckte schwer. Er hatte gedacht, dass es schlimm werden würde wenn seine Eltern herausfanden, dass er rauchte… aber dass Kazuya einen größeren Aufstand veranstalten würde… damit hatte er nicht gerechnet. Trotzdem regte sich der Trotz in ihm. Wer war er denn bitteschön sich so aufzuführen? „Ich habe eben in Amerika angefangen, hast du was dagegen!“, schrie er zurück, wohl wissend, dass damit ein großer Streit heraufbeschworen worden war. Kame trat mittlerweile auf die Zigarette und löschte sie somit. „Mal abgesehen von deiner Gesundheit, die dir scheinbar am Arsch vorbeigeht“, der Seitenhieb hatte gesessen, das musste Jin leider zugeben „was ist mit deiner Stimme? Hast du überhaupt eine Ahnung was für eine Auswirkung dieses Gift auf deine Stimme haben kann?“ Jin zuckte kurz zusammen. Nein daran hatte er nicht gedacht. „Ich dachte, das sei das was dich am meisten interessiert? Und nun wirfst du es weg nur um an so einem Glimmstängel zu ziehen?“ Kazuya war außer sich. Jin hatte nie wieder geraucht, teils weil er die Argumente verstand, teils weil er Kazuya nie wieder so erleben wollte. Und nun sah er Zigaretten auf dem Boden liegen. Geöffnete Packungen, leere, nicht leere lagen verstreut auf dem Parkett. Und einige ungeöffnete Packungen konnte Jin auch ausmachen. Ungläubig hob er ein Päckchen hoch. Marlboro… Jetzt erkannte er auch den Geruch der in der Luft lag. Rauchte Kazuya? Wenn ja seit wann? Und warum? Jin schloss die Augen. Ließ die Packung wieder fallen und stand auf. Das andere schienen nur irgendwelche Anziehsachen zu sein, die nach dem Geruch die sie absonderten eigentlich in die Waschmaschine gehörten und nicht auf den Boden der Wohnung eines peniblen Menschen. Kurz spielte er mit dem Gedanken die Sachen aufzuheben und zum Waschkorb zu bringen… aber er wusste nicht ob das momentan die richtige Reaktion war. Er wusste gar nicht wie er sich verhalten sollte. In Ermangelung einer echten Alternative holte er sein Handy raus und wählte Kazuyas Nummer. Erst als er dessen Handy in Junnos Tasche hörte erinnerte er sich daran warum er hierhergekommen war und dass Kazuya natürlich nicht sein Handy bei sich haben konnte… es war immer entweder in der Jacken- oder Hosentasche… Frustriert raufte Jin sich die Haare. Nun gut. Er würde hier auf Kazuya warten und in der Zwischenzeit konnte er sich genauso gut den restlichen Teil der Wohnung anschauen. Vielleicht hatte Kame ja für irgendwen die Zigaretten gekauft (für wen denn bitte?) und hatte keine Zeit gehabt den Flur aufzuräumen… war zu müde gewesen wenn er von der Arbeit heimkam… Jin hoffte inständig, dass der Rest des Hauses so aussah wie er es gewohnt war. Jin sorgte für Licht im Wohnzimmer und war nur mäßig erstaunt darüber, dass es nicht besser aussah als im Flur. Im Gegenteil… es sah schlimmer aus. Hier lagen eindeutig mehr Sachen auf dem Boden, außerdem hatte Kame den Couchtisch umgestoßen… Jin verstand es nicht. Er blickte sich um. Wieder irgendwelche Anziehsachen… Glasscherben… in ihrer näheren Umgebung sah es aus als wäre im Boden Blut eingetrocknet… ob Kame sich an den Scherben geschnitten hatte? Jin räumte sich einen Platz auf dem Sofa frei (indem er den Berg der… des Mülls einfach auf den Boden schob) und setzte sich. Er brauchte einen Moment um sich zu sammeln. Hatte es irgendeinen Moment gegeben wo Kazuya anfing sich anders zu benehmen? Er konnte sich nicht daran erinnern… eigentlich war ihm nichts im Verhalten seines Freundes aufgefallen… was so betrachtet erbärmlich war. Denn irgendetwas Einschneidendes schien auf jeden Fall geschehen zu sein. Und er, als Kazuyas bester Freund, hätte es merken müssen. Immerhin… hatte Kazuya immer gemerkt wenn mit ihm was nicht in Ordnung war. Und es war bisher noch nie so… schlimm gewesen wie es jetzt für Kazuya zu sein schien… Aber im Moment konnte er nur warten… Kazuya parkte auf einem Parkplatz unweit seiner Wohnung. Er hatte nicht darüber nachgedacht wo er hingehen sollte, aber gerade als er kurz davor war (endlich) zu Hause zu sein packte ihn die Erkenntnis, dass das wohl der Ort war an dem Jin ihn am ehesten suchen würde. Was hieß dass er entweder nicht nach Hause gehen konnte… oder Jin treffen würde. Kame bis sich auf den Daumennagel. Jin würde auf jeden Fall in die Wohnung kommen. Ob er jetzt drin war oder nicht machte da keinen großen Unterschied. Er würde sehen wie weit es bereits gekommen war. Er würde wissen, dass… Kame schüttelte energisch den Kopf. Er schmeckte Blut und leckte seinen Daumen ab. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. Jin würde sich Sorgen machen. Genau das wollte Kame doch eigentlich nicht… aber welche Sorgen würden schlimmer sein…? Hatte er irgendeine Entschuldigung für seine Wohnung, für sein Verhalten? Und wo sollte er hingehen? Hier im Wagen bleiben? Dann würde Jin ihn früher oder später finden. Wenn er auf die Idee käme aus dem Haus zu gehen um ihn zu suchen. Er könnte weiter wegfahren… aber was sollte er dann machen? In diesen Anziehsachen konnte er nirgends hin… er würde überall auffallen. Gut es war bereits sehr spät aber… so lief man nicht rum. Egal wie heruntergekommen er im Privaten war, in der Öffentlichkeit würde man ihn so nicht zu sehen bekommen, nicht wenn er nicht gerade bei einem Konzert war, einen Auftritt hatte. Etwas was dieses Kostüm erklären konnte. Kazuya hörte wie sich ein Wagen näherte. Es war Jins Auto. Er hatte Recht behalten. Jin war hierhergekommen. Trotz allem spürte er eine Art der Befriedigung. Er konnte immer noch Jins Handlungen voraussagen als würde er selber… nein. Das war falsch. Mittlerweile wusste er besser was Jin tun würde als dass er wusste was er selber machen würde. Er lachte kurz auf. Ob Jin das wusste? Ob es ihn interessierte (wahrscheinlich sogar sehr, aber diese Erkenntnis wollte Kazuya nicht zulassen)? Er sah wie sein Freund den Wagen verließ und zur Wohnung ging. Nachdem sich die Tür hinter ihm schloss hatte Kazuya eine Idee. Er glaubte nicht, dass Jin heute noch weit weggehen würde. Er glaubte sicher, dass Kazuya auf dem Weg nach Hause war. Und bald kommen würde. Er würde nicht erwarten, dass Kame zu ihm gehen würde. Vielleicht würde ihm dann auch noch eine Ausrede einfallen… und er könnte seine Sachen wechseln. Es war nichts ungewöhnliches, dass sie sich untereinander Sachen liehen. Ja, das könnte gehen. Erleichtert, dass er wusste was er machen würde drehte er den Schlüssel um und drehte den Wagen. Es war wahrscheinlich das erste Mal, dass es so… still in Jins Wohnung war. Kame wollte nicht den Fernseher anmachen, er wollte auch kein Licht anmachen… aber geduscht hatte er. Er hatte es auch bitter nötig gehabt. Jetzt gammelte er in Jins Sachen auf dem Wohnzimmerboden rum und kraulte einen von Jins Hunden, die ihn freudig begrüßt hatten. Kazuya hatte ihnen erst mal etwas zu essen gegeben, er wünschte er könnte einfach hier bleiben. Den ganzen Tag (Nacht) mit den Tieren rumschmusen, er hatte es vermisst, seit er Ran-chan zu seinen Eltern gegeben hatte. Er hatte… ‚keine Zeit‘ mehr für sie, aber vermissen tat er sie immer noch. Hatte er eigentlich Jin davon erzählt? Den anderen Mitgliedern? Er glaubte nicht… aber daran erinnern konnte er sich auch nicht. Er musste morgen früh raus, wenn er rechtzeitig zum Dreh wollte aber eine gute Ausrede für sein Verhalten war ihm bisher noch nicht eingefallen. Langsam stand er auf und begab sich ins Schlafzimmer, ließ sich auf das Bett fallen. Für einen Moment hatte er ein schlechtes Gewissen. Jin würde bestimmt nicht gut schlafen können… weil er sich Sorgen machte (selbst wenn er es nie zugeben wollte, war er doch jemand der sehr fürsorglich war) und weil… naja, Kame wollte nicht so genau wissen wo Jin schlafen sollte… Das Bett… überhaupt die ganze Wohnung war für sowas nicht (mehr) richtig geeignet. Er schloss die Augen und drückte das Kissen etwas näher an sein Gesicht. Er würde nicht weinen. Er hatte die absurde Hoffnung, dass Jins Präsenz ihn schützen konnte, dass allein der Geruch von ihm ihm helfen konnte… Aber an sich wusste er, dass das nicht ging. Aber er schlief erstaunlich schnell ein… so schnell wie schon seit langem nicht mehr… Jin blickte wütend Richtung Uhr (die erstaunlicherweise ging, mittlerweile hatte er feststellen können, dass nicht nur an einer Stelle Glasscherben lagen… nein, Kame hatte mehrere Möbelstücke scheinbar auseinandergenommen…). Jin kam sich immer mieser vor. Auch wenn es sonst keiner gemerkt hatte… Er hätte merken müssen, dass etwas schief lief. Er hatte (nach kurzen suchen) festgestellt, dass Ran-chan nirgends zu sehen war. Genauso wenig gab es Hundefutter mehr in Kames Küche (na gut, dort fehlte es wie immer an allem) und gerade darauf hatte Kazuya immer geachtet, dass es seinem Hund gut ging. War sie etwa gestorben? Hätte Kame ihm davon nicht erzählt? War das der Grund? Aber den Gedanken verwarf Jin schnell wieder. Kazuya hätte es ihm gesagt wenn es Ran-chan nicht gut ging. Was natürlich nicht die Frage beantwortete wo sie (und ihr Herrchen) waren. Halb vier… wenn er rechtzeitig zum Dreh wollte… müsste er in zwei Stunden los. Jin seufzte. Er musste schlafen, aber er konnte sich nicht dazu durchdringen sich hinzulegen. Was wenn Kame doch noch nach Hause kam? Also saß er stur auf dem Sofa und wartete. Als Jin die Augen wieder öffnete war es sechs Uhr. Erschrocken fuhr er auf und ließ die Tüte in der Kames Klamotten waren fallen. Sein erster Gedanke war, dass Kazuya nicht nach Hause gekommen war, sein zweiter, dass er wissen wollte wo er die Nacht verbracht hatte, sein dritter, dass er überhaupt mit ihm reden musste wenn er ihn sah und sein vierter dass er bereits seit ner halben Stunde auf dem Weg zum Studio hätte sein sollen. Fluchend stolperte er Richtung Haustür, die Tüte ließ er liegen, fiel in dem Chaos eh nicht auf. Nachdem er über irgendetwas gestolpert war und der Länge nach auf dem Boden aufschlug beschloss er, dass er hier aufräumen würde. Wenn er das nächste Mal hierherkam. Und Kazuya würde ihn nicht mehr davon abhalten können mit irgendwelchen scheinheiligen Aussagen. Jin riss die Tür auf, knallte sie hinter sich zu (dachte daran sie wieder abzuschließen) und sprintete zu seinem Auto. Er wusste jetzt schon, dass er Ärger kriegen würde. Er war zu spät. Und er sah nicht wirklich gepflegt aus (er sah eben so aus, wie wenn man eine Nacht sitzend auf einem Sofa verbracht hatte, nicht mehr Zeit hatte die Anziehsachen zu wechseln geschweige denn dem Bad einen Besuch abzustatten und dann auf den Weg zur Arbeit war…). Sollte heißen, dass wenn er (endlich) beim Studio angekommen war würde man ihn zuallererst stylen müssen (mehr als normalerweise), was wieder Zeit kosten würde was dann in der Standpauke nicht unerwähnt bleiben würde. Und das wäre die Zeit gewesen in der er hätte mit Kazuya reden können (falls er da war… was war… wenn ihm etwas zugestoßen war? Wenn er beschlossen hatte nicht zum Dreh zu kommen, wenn…). Immer noch zornig parkte er seinen Wagen und rannte zum Aufenthaltsraum, wo alle auf ihn warteten, einschließlich Kazuya. Er starrte ihn an. Er konnte nicht anders. Er war also doch hier. Wo war er in der Nacht gewesen, wie kam es, dass er andere Sachen anhatte als gestern Abend? Wusste er überhaupt was Jin durchgemacht hatte? Ja. Das wusste er. Jin sah dass Kame ihm nicht in die Augen guckte, er sah das Schuldbewusstsein in seiner ganzen Mimik… Gestik. Er wusste es. Und trotzdem hatte er nicht versucht ihm die Sorgen zu nehmen sondern war einfach hier als wäre nichts geschehen? Alle anderen blickten Jin wütend an. Maru war der erste der wieder sprach „Jin, wo zur Hölle bist du gewesen? Und wie siehst du eigentlich aus?“ – „Ach sei still“, fauchte Akanishi zurück, starrte aber immer noch Kame an. Nakamaru runzelte die Stirn und ging einige Schritte auf Jin zu. Koki hatte sich auch erhoben, man sah ihm an, dass er ebenfalls wütend auf Jin war. „Ich hab verschlafen, tut mir ja auch Leid“, knurrte der Sänger und ging auf Kazuya zu. Dieser zuckte kurz zusammen, schaute endlich auf und brachte Jin vollkommen aus dem Konzept. „Wo warst du gestern Abend, ich dachte wir wollten bei dir schlafen?“ Kame klang vorwurfsvoll, verletzt. Aber Jin sah (wohl als einziger), dass Kazuya sich unwohl fühlte. Aber… diese Unverschämtheit (und das von Kazuya! Das war er gar nicht gewohnt) brachte Jin dazu stehen zu bleiben. Er wusste nicht was er darauf erwidern sollte. Aus dem Augenwinkel sah er, dass die anderen den Kopf schüttelten. Wahrscheinlich hatte Kazuya sich schon bei ihnen… ausgeheult. Schauspielern konnte er ja nur zu gut. Wie Jin mittlerweile auch am eigenen Leib erfahren hatte. Es versetzte ihm einen Stich. Er hatte gedacht, dass er Kazuya immer vertrauen konnte… dass Kazuya ihm immer vertrauen würde. Scheinbar hatte er sich getäuscht. Er hatte geglaubt, dass sie einander immer von ihren Problemen erzählen konnten, dass sie ehrlich zueinander waren. Und so wurde ihm das nun vergolten? Wütend schloss er die Hände zu Fäusten. Wenn Kamenashi meinte, dass das ausreichte um ihn zum Schweigen zu bringen hatte er sich getäuscht. Jetzt war Jin ausreichend wütend um sich nicht so viele Gedanken zu machen. Jetzt konnte er einfach sagen was ihm gerade durch den Kopf schoss. „Wo ich war?“, schrie er los. „Ich will wissen wo du warst! Da macht man sich Sorgen, trägt einem die Sachen hinterher… und und und“ Jin war fassungslos, er wusste gar nicht wie er alles sagen sollte was ihm durch den Kopf ging. Er sah wie Kame die Stirn runzelte und aufstand um mit Jin auf einer Höhe zu sein. Junno sprang allerdings schnell zwischen die beiden. Er konnte es nie ertragen wenn sie sich in die Haare kriegten. Aber nur weil er zwischen ihnen stand hieß es noch lange nicht, dass sie sich nicht anbrüllen konnten. „Woher sollte ich wissen, dass du zu mir gehst?“, wurde Jin auch prompt von Kazuya angefahren. „Ich dachte nach dem Dreh, dass ich schon mal vorgehe, dusche, damit wir uns nicht drum kloppen müssen. Und du bist den ganzen Abend nicht gekommen!“ Die Wut und die Verwirrung in Kazuyas Stimme klangen echt. Zu häufig geschauspielert. „Du sagtest du willst nicht kommen!“, schrie Jin nun, im Gegensatz zu Kazuya war er wirklich wütend. Er wusste nicht was Kame dachte und im Moment war es ihm herzlich egal. „Du meintest du kannst nicht kommen!“, brüllte er weiter. Kame trat einen Schritt auf ihn zu. Junno versuchte panisch Kazuya wieder etwas wegzudrängen. Aber Kame schlug seine Hände weg. Jetzt kamen die anderen Mitglieder etwas näher, für den Fall der Fälle. Sollte einer von den beiden beschließen, dass Worte nicht mehr reichten. Dass sie den Streit nicht schlichten konnten war ihnen klar, deswegen warteten sie erst mal ab. Besser die zwei sprachen sich jetzt ordentlich aus, als dass sie den ganzen Tag würden nicht vernünftig arbeiten können. „Du hattest etwas anderes vor!“ Jins Stimme überschlug sich fast. Er erkannte sie selber nicht. „Ich hatte meine Meinung eben geändert! Ich muss doch sonst auch nie sagen wann ich zu dir komme; und da du gesagt hattest, dass du dich mit mir treffen willst bin ich fest davon ausgegangen, dass du noch kommen würdest!“ Kazuya klang nun nicht mehr wütend, sondern traurig. So als hätte Jin ihm etwas getan. Und nicht umgekehrt. Koki legte Kame einen Arm um die Schulter und Ueda packte Jin, zog ihn etwas weg. Erst jetzt merkte dieser, dass er eine Faust gehoben hatte. Wären die anderen nicht gewesen hätte er zugeschlagen. Andererseits… wären die anderen nicht hier… hätte Kazuya nicht so etwas behauptet. Jin blickte Kazuya stumm nach der mit Koki aus dem Raum ging. Ironischer weise wurde der Jüngere getröstet. Jin blieb mit seiner Verzweiflung alleine. Er fühlte sich verraten. Zum ersten Mal seit langem fiel es ihm nicht schwer sich an die Anweisung „Halte dich von Kamenashi fern“ zu halten. Er wollte nichts sehnlicher als weg von ihm zu kommen. Zur selben Zeit wollte er aber immer noch eine Erklärung haben. Nur war der Zorn immer noch nicht verraucht. Taguchi versuchte sich mit Jin zu unterhalten, doch der blockte schnell ab. Nein, noch konnte er nicht darüber reden. Es war klar, dass die anderen, sollten sie Partei ergreifen, eher auf Kazuyas Seite stehen würden. Es machte also keinen Sinn ihnen zu erklären was ihn beschäftigte. Kame würde seine Sorgen einfach abstreiten, oder behaupten dass er log. Und wie sollte er das Gegenteil beweisen? Sie würden nur glauben, dass er versuchte sein Verhalten irgendwie zu rechtfertigen und ihn, wenn überhaupt, nur mitleidig anschauen. Manchmal hasste er sein Leben. Das war ein solcher Moment. Irgendwann hatte Kazuya es endlich geschafft sich von den anderen loszureißen. Er ging zu den Toiletten und sperrte sich in einer ein, sank auf den Boden. Es tat ihm weh. Er tat ihm weh. Sollte er es ihm doch sagen? Sollte er sich entschuldigen (das sollte er eh tun)? Kame ballte seine Hand zu einer Faust und biss hinein. Erstickte den Schrei somit. Nur er konnte ihn noch hören. Er konnte aber nicht mehr zurück. Er konnte nicht mehr mit Jin im selben Raum sein, die Schuldgefühle erdrückten ihn schlicht und ergreifend. Aber weggehen konnte er auch nicht, zu viele Leute würden ihn sehen… er hatte außerdem keinen Grund um zu gehen. Kazuya hörte wie die Tür geöffnet wurde. „Kame, bist du hier?“ Koki. Kazuya schloss müde die Augen. „Ja, ich bin gleich so weit.“ – „Gut wir warten noch auf dich, wir machen gleich die Gruppenbilder.“ Es schien erst so als würde Koki noch bleiben wollen, noch irgendwas sagen wollen… aber letztendlich ging er doch wieder. Kame ließ seinen Kopf gegen die Tür sinken und blieb noch etwas sitzen. Dann stand er auf und ging aus der Toilette. Den Mann in der Ecke ignorierte er. Die Aufnahmen verliefen recht reibungslos. Da Kame und Akanishi vermieden miteinander zu reden und Jin eh zu schlecht gelaunt war um sich mit irgendwem zu unterhalten… gab es halt nichts was sie hätte stören können. Und da seit 3 Jahren richtige „Gruppenaufnahmen“ eh rar geworden waren gab es auch kein einziges Bild in dem Jin und Kazuya zusammen zu sehen waren. Sonst… hätte es wohl doch wieder gekracht. Und wieder gab es Einzelaufnahmen. Diesmal war Jin nicht wirklich überrascht als er sah wie Kazuya sich davonstahl. Sollte er doch. Noch einmal würde er ihm nicht hinterherrennen. Er selbst brachte seine Aufnahmen auch noch professionell zu ende. Ging zum Umkleideraum und bekam beinah einen Herzinfarkt als er die Tür gegen Kame knallte. Dieser stolperte einige Schritte zurück und hielt sich den Kopf mit schmerzverzerrtem Gesicht. Jin streckte reflexartig die Hand aus, erinnerte sich aber gerade noch rechtzeitig daran, dass sie ja Streit hatten. Sofort ließ er die Hand wieder sinken, ging wortlos an Kazuya vorbei zu seinen Sachen. Er zog sein Shirt über den Kopf konnte aber nicht anders als zu Kame zu linsen, der sich immer noch die schmerzende Stelle rieb. Er hatte wieder seine (Jins) Sachen an und sah so aus als hätte er schon längst gehen können. Als Jin sich fertig umgezogen hatte stand Kazuya immer noch ziemlich ziellos in der Gegend rum. Ein paar Mal hatte Jin gedacht, dass der Jüngere was sagen wollte, aber bis zum Schluss war nix gekommen. Und Akanishi würde ihm dabei nicht helfen. Auch nicht indem er so lange hier warten würde, bis Kazuya die passenden Worte (oder den Mut sie zu sagen?) gefunden hatte. Er nahm sich seine Sachen und verschwand. Die anderen fanden Kazuya immer noch im Umkleideraum als sie alle wiederkamen. Sie waren etwas erstaunt, sagten aber nichts weiter. Wenn es zwischen Jin und Kazuya nicht so lief wie normalerweise benahmen sich beide auf ihre ganz eigene Art und Weise gruselig. Und beide waren zu stolz um ihre Fehler einzusehen. Normalerweise blieb es an den anderen hängen sie wieder zu versöhnen. Oder irgendetwas trat ein was beide veranlasste über ihren Schatten zu springen und den Vorfall des Streits zu vergessen. Das war dann auch immer merkwürdig, weil sie von einem Tag auf den anderen so miteinander redeten als wäre nichts geschehen. Und meist wusste niemand was dazu geführt hatte… dass sie wieder miteinander klarkamen. Jetzt hatte Kazuya also einfach beschlossen die Tür anzustarren. Alle konnten sich denken, wer zuletzt durch diese Tür gegangen war. Doch plötzlich begann Kame zu zittern und ging so weit von der Tür weg, bis er mit seinem Rücken gegen die nächste Wand stieß. Er sank zu Boden und fing leise an zu schluchzen. Perplex drehten sich die anderen zu ihm um. Koki, der wenn Jin und Kame gerade Stress miteinander hatten, mit Kazuya am besten befreundet war ging zu dem Jüngsten und kniete sich neben ihm hin. „Hey, alles klar?“, fragte er vorsichtig nach. Kazuya antwortete ihm nicht sondern vergrub sein Gesicht in den Händen. Koki legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ist es wegen Jin?“ Die anderen starrten sich unbehaglich an. Schließlich beschlossen sie den Raum zu verlassen. Sie wussten, dass Kazuya sich später für diesen Ausbruch hassen würde. Je weniger sie davon mitbekamen desto besser für ihn. Nachdem die Tür sich wieder geschlossen hatte blickte Koki wieder auf den Kleineren. „Kazuya?“ Er hoffte darauf irgendeine Antwort zu bekommen, aber er merkte nur dass Kame die Tränen immer weniger zurückhalten konnte. Schließlich lehnte Koki sich auch an die Wand und legte einen Arm um Kazuyas Schultern. Flüsterte ihm irgendwelche aufmunternden Worte zu, schaffte es aber für lange Zeit nicht, dass Kame sich wieder fing. Als die Tränen schließlich verebbten saßen sie noch eine Weile still nebeneinander bevor Kame aufstand und sie mit der Hand über die verweinten Augen fuhr. Fast demonstrativ vermied er es Koki anzusehen. Dieser seufzte einmal. „Wir wollen zu Yuichi gehen, magst du mitkommen?“ Kame schüttelte den Kopf. „Nein… ich… will schlafen.“ Koki hatte es geahnt. Sie alle wussten, dass Kazuya gerade dann schlafen wollte, wenn er sich nicht wohl fühlte. Also immer dann wenn er sich mit Jin stritt. Hatten sie es bemerkt? Hatte Koki es bemerkt? Kames Herz schlug ihm bis zum Hals als er Richtung Parkplatz wankte, eigentlich konnte er jetzt nicht fahren… er kriegte kaum noch Luft… Er… er sank erneut Richtung Boden und erbrach sich. Fahrig stand er wieder auf. Stieg ins Auto, zog seine Beine an und legte den Kopf drauf. Es war alles so laut. Er wollte schreien. Wollte dass es aufhörte. Aber er konnte sich nur noch auf den Gedanken konzentrieren ob es ihnen aufgefallen war. Nein, nein, nein. Das durfte nicht passiert sein. Es war ihm noch nie passiert wenn er nicht zu Hause, in Sicherheit, war. Er musste hier weg… aber… müde stieg er wieder aus dem Auto raus. Er musste weg bevor die anderen sich auf den Weg nach Hause machten, aber fahren konnte er nicht. Er schluchzte wieder auf und stolperte weg. Einfach nur weg. Zu Hause angekommen legte sich Jins Wut wieder. Seine Enttäuschung war immer noch da… aber ab dem Moment wo er Kame nicht mehr vor Augen hatten war ihm klar geworden, dass er aus nur sehr wenigen Gründen so handeln würde wie er es tat. Er… kannte eigentlich gar keinen, aber Kazuya musste eine Erklärung haben. Er war nicht der Typ… für solche Aktionen. Wahrscheinlich tat es ihm sogar selber Leid. Jin verfluchte sich für sein Temperament, was ihm verboten hatte zu warten bis Kazuya endlich hätte angefangen zu sprechen. Chance vertan. Jin spielte mit dem Gedanken Kazuya anzurufen… aber da stellte sich sein Stolz zwischen ihn und dieses Vorhaben. Nein. Wenn Kame ihm etwas zu sagen hatte sollte er selber anrufen. Nur… wenn er solange nicht mit Jin über seine Probleme hatte reden wollen… warum sollte er jetzt damit anfangen? War es nicht seine Aufgabe Kazuya aus seinem Schneckenhaus zu fischen? Ihm zu helfen? Da er es anscheinend selber nicht konnte? Letztendlich entschloss er sich doch die Nummer zu wählen. Doch Kame ging nicht dran. Jin schmiss sein Handy gegen die Wand. Kame lehnte sich an eine Wand. Er wusste nicht wo er war, er wusste nicht wo er hingegangen war. Er war einfach nur weggerannt, aber… davor konnte er nicht fliehen. Sicher, er konnte versuchen es zu verstecken, vor anderen… aber er konnte es nicht zurücklassen. Wütend schlug er mit der Hand gegen die Wand. Es wurde immer schlimmer. Zuerst hatte er gedacht es würde verschwinden sobald… aber nein. Danach war es geblieben. Es erdrückte ihn. Aber das war das erste Mal, dass es so stark während der Aufnahmen geschehen war. Er fühlte sich so hilflos. Ausgeliefert. Er stolperte noch einige Schritte weiter und es traf ihn völlig unvorbereitet als er es sah. Jetzt wusste er wo er war. Jin. Jin schaltete den Fernseher ein und machte sich daran irgendwelche Brote zu schmieren, die er beim Fernsehen essen konnte. Lief gerade eh nix was ihn interessierte. Als er beim geschätzten zehnten Brot war drehten seine Hunde durch. Liefen freudig im Kreis, rannten zur Tür und wieder zurück, bellten voller Glück… sie reagierten nur auf zwei Personen so. Auf ihn und auf… Kame. Langsam legte er das Brotmesser weg und machte sich auf den Weg zur Tür. Pin sprang an ihm hoch und wedelte freudig mit dem Schwanz, doch Jin schob ihn weg. Er konnte weder Kames Auto noch Kazuya ausmachen nachdem er die Tür geöffnet hatte. Er warf Pin einen vernichtenden Blick zu. „Noch mal falle ich nicht darauf rein mein Lieber.“ Er kraulte ihn sanft hinter den Ohren, hob ihn hoch und schloss die Tür wieder. Er schlenderte zurück in die Küche, aber die drei Hunde spielten immer noch verrückt. Seufzend ignorierte er sie. Vielleicht drehten sie einfach mal durch. Außerdem konnte es gut sein, dass sie Kames Geruch noch von gestern Abend in der Nase hatten. Allein beim Gedanken daran knirschte er mit den Zähnen. Jin schob sich eines der Brote in den Mund, nahm den Teller mit den restlichen und balancierte sie zu seinem Tisch. Gelangweilt blätterte er durch das Zeitungsprogram. Es gab wirklich nichts was ihn interessierte. Dann klingelte es an der Tür. Jin hob überrascht den Kopf und starrte wieder auf seine Hunde. Hatten sie doch recht behalten? Er erhob sich und spähte erst mal durch den Spion. Tatsächlich Kazuya. Jin öffnete die Tür und wie ein Blitz schnellte Pin an ihm vorbei und hüpfte an Kazuya hoch. „Hey Pin…“, murmelte dieser (müde?) und streichelte ihm über den Kopf. Jin trat einen Schritt zur Seite, so dass Kazuya reinkommen konnte. Kame schaute kurz auf, runzelte die Stirn und blieb draußen stehen. Jin seufzte. „Na was ist, komm schon rein.“ Er deute mit einem Schwung in seine Wohnung. Und wäre beinah wütend auf Kazuya losgegangen als dieser den Kopf schüttelte. Jin wollte ihn anfahren was er denn sonst wollte als Kame an ihm vorbeiging und sich die Schuhe auszog. „Tut mir leid, ich bin etwas… erschöpft.“ Das hatte Jin auch schon bemerkt. „Ich hab grad was zu essen gemacht, willst du auch was?“ Er wartete nicht auf die Antwort sondern ging wieder zum Tisch, Kame folgte ihm langsam. Sie setzten sich und Jin wollte den Teller in die Mitte schieben als Kame seine Arme auf den Tisch legte und darauf dann seinen Kopf bettete und die Augen schloss. „Kazuya… ist alles okay?“, fragte Jin langsam nach. Er bekam keine Antwort mehr. Der Angesprochene war eingeschlafen. Jin blickte Kame kurz an. Dann ließ er seinen Teller stehen, hob Kazuya hoch und legte ihn auf das Sofa. Danach holte er eine Decke aus seinem Schlafzimmer, legte sie über Kazuya, machte den Fernseher leiser und gesellte sich wieder zu seinen Broten. „Lass das Ran-chan…“, murmelte Kazuya und wedelte mit der Hand vor dem Gesicht rum. Er hatte versucht ihr das Naseablecken abzugewöhnen, aber von Zeit zu Zeit weckte sie ihn noch so auf. Resigniert öffnete er die Augen und stellte fest, dass gar nicht Ran-chan ihn geweckt hatte. Natürlich nicht. Sie war ja nicht mehr bei ihm. Und er war auch nicht zu Hause… Sondern bei… „Na ausgeschlafen?“ – „Jin?“ Es war stockdunkel. Er hätte nicht gedacht dass Jin noch im Raum sein würde. Kazuya drehte sich um und sah Jin an der Wand lehnen. „Warum schläfst du noch nicht?“, fragte Kame ihn, würde Jin jetzt von ihm wissen wollen was los war? Warum er heute gelogen hatte? Jin kam langsam auf ihn zu und setzte sich zu ihm aufs Sofa. „Ich konnte nicht schlafen. Ich… habe mir zu viele Gedanken gemacht.“ Kazuya nickte. Er hatte es geahnt. „Du willst nicht reden oder?“ Diese Frage überraschte ihn aber dennoch. Kazuya zog die Decke etwas höher, mümmelte sich in ihr ein. Er schüttelte den Kopf. Sie waren allein. Er würde nicht lügen. Er konnte nicht. Jin würde es aus ihm rausbekommen, so oder so… „Ich verstehe…“, murmelte Jin und lehnte sich etwas zurück, strich Kazuya die Haare hinters Ohr. „Du solltest es aber.“ Sein Ton war fordernd. „Es geht dir nicht gut. Schon so lange nicht mehr…“ Kazuya schluckte die Tränen hinunter. Ja, er wusste es doch. Besser als jeder andere. Er hatte gedacht, dass Jin es nicht wusste. Dass er es verborgen hatte. Aber scheinbar… oder er hatte geraten… dass es schon länger abwärts mit ihm ging. Seit Amerika… Damals hatte er geglaubt, dass wenn Jin zurückkommen würde alles wieder besser werden würde. Und es war besser gegangen. Bis Johnnys Entertainment ihnen verkündet hatte, dass Jin und Kazuya sich voneinander fernhalten sollten. Dann war es wieder gekommen. Schlimmer als zuvor. Jin betrachtete nachdenklich das, was er von Kazuyas Gesicht sehen konnte. Es schien so als würde ihn auch etwas schmerzen, als könnte er es nicht ertragen seinen besten Freund leiden zu sehen. „Jin…“, schluchzte Kazuya auf und Akanishi strich Kame beruhigend über den Rücken. Das war das zweite Mal an einem Tag das Kamenashi deswegen weinte. Das zweite Mal… Aber diesmal… diesmal war Jin da. Er würde ihm helfen. Kazuya schluckte seinen Stolz runter. Er wusste, dass er nicht mehr so weitermachen konnte wie bisher. Sein Leben war das reinste Chaos. Er vertraute sich selber nicht. Er hatte weder die Motivation noch die Kraft etwas zu machen. Er hatte Angst. Jin war immer seine Stütze gewesen, und seitdem sie fehlte… brach bei Kazuya alles zusammen. Er hatte nur noch so tun können, als wäre er der Kazuya Kamenashi der immer gut drauf war… der verantwortungsbewusst war. Der keine Sorgen hatte. Während der Arbeitszeit war es ihm gelungen… aber… seine Wohnung war der beste Beweis dafür wie weit es schon fortgeschritten war… Es überraschte ihn etwas, dass Jin immer noch still neben ihm saß. Dass er immer noch nichts gesagt hatte. Aber anscheinend wartete er darauf, dass Kazuya von alleine die Kraft fand es ihm mitzuteilen. Über seinen Schatten zu springen. Kame blickte auf und starrte Jin in die Augen. Jin lächelte ihm zu. „Sag es mir doch einfach Kazu, du weißt, dass ich dir helfen werde.“ – „Jin ich…“ Plötzlich ging das Licht an. Kazuya blickte verwirrt zum Lichtschalter und sah dass Jin dort stand. Sofort fuhr er herum. Dort wo er eben Akanishi gesehen hatte war… niemand. „Mit wem redest du?“, fragte Jin verschlafen. Jin sah wie Kazuya erschrocken herumfuhr. Es sah aus als wäre er bei etwas ertappt worden. Als hätte er etwas Verbotenes getan. Jin runzelte die Stirn. Wartete auf eine Antwort. Kazuya schluckte einmal. „Ich…“, er deutete vage Richtung Boden und Jin konnte den kleinen Schlawiner Pin ausmachen, der wie die Unschuld in Person neben Kame saß und fröhlich von einem zum anderen guckte. „Pin hat mich geweckt“, schloss Kazuya dann auch ermattet. Jin seufzte und scheuchte den Hund fort. Bevor er wieder in sein Schlafzimmer ging drehte er sich noch einmal zu Kazuya um, der deutlich entspannter wirkte, aber immer noch nicht so wie Jin es von ihm gewöhnt war… Morgen würde er mit ihm reden. Mitten in der Nacht würde es wohl nichts bringen. „Wann haben wir morgen nochmal Probe?“, fragte er Kazuya, den wandelnden Terminkalender schließlich. Dieser dachte kurz nach. „Ich glaube morgen ists etwas entspannter… erst gegen elf.“ Also genügend Zeit für ein langes Gespräch. Jin nickte ihm einmal zu. „Schlaf gut Kazu.“ – „Nacht.“ Sobald Jin die Tür geschlossen hatte ließ Kame sich wieder auf das Sofa fallen. Er musste grinsen. Nun sagten ihm schon seine eigenen Gedanken, dass er mit Jin reden sollte. Er wusste… hätte Jin ihn gerade gefragt, er hätte ihm alles gesagt. Dieser „Jin“ hatte so auf ihn gewirkt, dass er sich nicht hätte widersetzten können wenn der echte Jin ihm zum reden animiert hätte. Wie es morgen sein würde… wenn Jin ihn dann tatsächlich fragen würde… dass wusste Kame nicht. Er konnte nie sagen in was für einem Zustand er sich befinden würde… am nächsten Tag, in der nächsten Minute. Aber… seit drei Jahren hatte er es geschafft zu schweigen. Jin Sorgen zu ersparen. Er würde es auch weiter schaffen. Irgendwie… Als Jin aufwachte hörte er wie Kazuya in der Küche rumhantierte. Scheinbar war er schon früher aufgewacht… Naja, kein Wunder. Er war wesentlich weniger Schlaf gewöhnt als Jin und war überhaupt ein Frühaufsteher der nicht im Bett gammeln konnte. Jin drehte sich um und stand auf, gähnte einmal demonstrativ und tapste Richtung Klo. Auf dem Weg begrüßte er Kame, sah aber, dass dieser seinen mp3-Player im Ohr hatte. Und Kazuya stand mit dem Rücken zu ihm. Dann eben später. Er wusste nicht ob es ihn freuen oder besorgen sollte, dass Kazuya leise vor sich hin summte. War das nur geschauspielert? War er wirklich fröhlich? Jin kratzte sich am Kopf und setzte dann seinen Weg fort. Irgendwann würde er es herausfinden. Jin machte sich etwas frisch ehe er wieder Richtung Schlafzimmer zog und neue Anziehsachen rausholte. Er suchte auch gleich für Kazuya neue Klamotten raus. Irgendetwas wo man nicht sofort sah, dass es ihm gehörte. Wie immer wenn er Kame etwas von sich gab. Dieser lugte auch gerade durch die geöffnete Tür rein. Einen der Kopfhörer hatte er jetzt lose runter hängen, so dass er sich mit Jin unterhalten konnte. „Sag mal, hast du keine Eier?“ Jin zuckte mit den Schultern. „Wenn sie nicht im Kühlschrank sind dann eher nicht, nein.“ Kame verzog das Gesicht und ging zurück in die Küche, stellte die Teller auf den Tisch und setzte sich. Griff nach etwas dass er essen wollte und schob es sich in den Mund. Jin blieb etwas stehen. Er wusste nicht wie er anfangen sollte… wie er Kame auf dessen Probleme ansprechen sollte… Als dieser Jin neckisch ansah seufzte er aber nur und setzte sich ebenfalls an den Tisch. „Kazuya…“ – „Jin, wo ist eigentlich mein Handy?“, wurde er unterbrochen gerade dann als er es doch ansprechen wollte. Mist. Diesmal glaubte er nicht, dass Kame es mit Absicht getan hatte. Es war vielmehr so, als würde er gar nicht daran denken… an das was die letzten beiden Tage passiert war. Trotzdem konnte Jin so eine Überleitung schaffen auf das was ihn interessierte… was er wissen wollte. Musste. „Das habe ich bei dir zu Hause gelassen.“ Erst jetzt schien Kame sich zu erinnern. Er hob kurz erschrocken den Kopf und senkte ihn dann wieder. „Ziemlich unordentlich hast dus da…“, bot Jin Kame an selber darüber zu reden. Ohne irgendwelchen zwang. Nebenbei schmierte er sich ein Brot, wie am Abend zuvor. Kame spielte mit seinem Haar herum und fuhr einmal mit der Zunge über die Lippen. Jin kannte diese Bewegungen. Kazuya war nervös. Und wollte es nicht zeigen. „Ich weiß…“, meinte er schließlich und blickte Jin an. „Ich nehme nicht an, dass du mir glauben wirst wenn ich sage dass ich nicht zum Aufräumen kam?“ Jin schüttelte stumm den Kopf. „Und wo ist Ran-chan?“ Das war die einzige mögliche Erklärung die Jin zurzeit hatte. Kazuya blickte überrascht. „Hab ich dir das nicht gesagt?“, fragte er dann. Jin schüttelte nur den Kopf. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet… „Ich hätte schwören…“, begann Kame leise vor sich hinmurmelnd, stockte dann. Seine Augen weiteten sich kurz und er schüttelte den Kopf. „Vergiss es, ich habs dir nicht gesagt. Sorry, mein Fehler.“ Er lächelte einmal (gezwungen?) zu Jin rüber und holte nochmal tief Luft. „Ich habe sie zu meinen Eltern gebracht.“ Jin fiel das Besteck aus der Hand. „Wieso?“, er war geschockt. Aus mehreren Gründen. Kame zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Du hast selbst gesehen wie es bei mir grad aussieht… ich… konnte sie da nicht behalten.“ – „Wieso hast du mich nicht gefragt ob ich sie zu mir nehme?“ Weil du mir dann nicht sagen musstest warum? Weil du deinen Eltern sagen konntest, dass du einfach neben der Arbeit keine Zeit mehr hast? Kazuya blickte überall hin, nur nicht zu Jin. „Ich weiß es nicht. Ich… bin einfach nicht auf diesen Gedanken gekommen…“ Jin antwortete mit Schweigen. Aber auf diese Art und Weise schien er Kazuya nichts mehr entlocken zu können, er fing an wieder munter weiter zu essen. Jin knirschte innerlich mit den Zähnen. „Die Unordnung, Kazu?“, begann er nun etwas drängender nachzufragen. Kamenashi versteifte sich sichtlich. Er schloss die Augen. „Wir müssen los Jin.“ Kazuya stand auf und begann die Sachen in die Spüle und den Kühlschrank zu stellen, je nachdem. Jin guckte auf die Uhr. Eine glatte Lüge. Es war erst neun… Aber er hatte den Wink mit dem Zaunpfahl (oder eher den Schlag) verstanden. Er würde jetzt nicht weiter bohren. Als sie zusammen bei der Probe ankamen wurden ihnen merkwürdige Blicke geschenkt. Ueda schüttelte nur resigniert den Kopf. Die beiden würde er wohl nie verstehen, und wie es aussah die anderen auch nicht. Koki rieb sich die Schläfen. „Okay Leute, ich brauche dringen ein Aspirin. Ich hatte heute Nacht geträumt, dass Kame und Akanishi sich grad nicht leiden mögen… und ich war mir sicher, dass es wirklich passiert war…“ Kame lachte kurz auf und entschuldigte sich bei Koki, wegen… „dem Vorfall“. Jin blickte von einem zum anderen aber sie straften ihn alle mit Ignoranz. „Was war denn?“, fragte er schließlich direkt nach. „Och nichts…“, murmelte Taguchi wenig überzeugend und sorgte dafür dass er sich in Sicherheit vor Jins finsterem Blick brachte. Auch alle anderen zuckten nur mit den Schultern. Jin fand das wieder mal typisch, kaum war man nicht da passierte etwas und hinterher wurde einem nicht mal mitgeteilt was man verpasst hatte. Er warf Kazuya einen Seitenblick zu, der jedoch schnell wegging. Koki legte Jin einen Arm um die Schulter. „Gibs auf Kumpel, das wird er dir sicherlich nicht erzählen.“ Mit einem kameradschaftlichen Klaps folgte Koki dem Jüngsten und zog nebenbei auch noch Junno mit sich mit. Damit war klar, dass dieser „Vorfall“ zu den Sachen gehörte die Kazuya am liebsten ausblenden würde. Oder… wenn das hier ein Film wäre, würde er diese Szenen einfach rausschneiden. Die Wahrscheinlichkeit so etwas aus Kame rauszukitzeln war wirklich… gering. Wie Jin aus Erfahrung wusste. Meistens erbarmte sich Maru seiner. Somit war auch klar, wer hier gleich von Jin belagert werden würde. „Maru“, sagte er dann auch übertrieben fröhlich, als er sich Yuichi näherte. Dieser seufzte schicksalsergeben auf. „Ja? Was willst du?“ – „Nichts! Darf man nicht einfach mal nett mit dir-“ – „Ich hab gefragt was du willst, dich nicht dazu aufgefordert mir eine dramatische Geschichte ins Ohr zu sülzen.“ Jin schnalzte missbilligend mit der Zunge. Gut Nakamaru war es gewohnt von ihm als Informationsträger missbraucht zu werden, und okay, vielleicht hatte er in letzter Zeit wirklich fast nur nett mit ihm geredet und keine Scherze über seine Nase gemacht wenn er was wollte… Trotzdem musste man ihm das nicht so unter die… Nase reiben. „Was war gestern?“ Er merkte selber, dass er besorgt klang. Maru schaute ihn an. „Du hast dich doch mit Kame gestritten gehabt, du weißt wie ihr beiden drauf seid wenn ihr nicht miteinander redet.“ Jin nickte widerstrebend. Ja, das wusste er. „Na also.“ Und nach diesem wirklich sehr aufmunternden Gespräch durften sie jetzt die neuen Tanzschritte üben. Jin hatte ganz vergessen sie sich noch einmal anzugucken über den ganzen Trubel. Das konnte heiter werden. Nur nicht für ihn… Im Endeffekt stellte sich heraus dass nicht nur er miserabel war was die Tanzschritte anging. Um ehrlich zu sein, Kazuya war um Längen schlechter. Nach zwei Stunden, in denen er es kein einziges Mal geschafft hatte mehr als acht Schritte in der richtigen Reihenfolge zu tanzen ließ sich Kazuya frustriert auf den Hosenboden plumpsen. „Okay, ich gebe auf“, verkündete er daraufhin und verschränkte die Arme. Koki fing an zu lachen und wollte Kazuya hoch ziehen. Als er ihn berührte stieß dieser jedoch einen überraschten Schrei aus und riss sich von Koki los, das alles resultierte darin, dass er mit dem Hinterkopf auf den Boden aufschlug und kurz benommen liegenblieb. „Kazuya!“, rief Jin erschrocken und rannte zu seinem Freund, der sich gerade wieder etwas aufrappelte. „Oh, Mist. Warum immer der Kopf?“, maulte Kamenashi etwas beleidigt. Jin lachte etwas unsicher auf und auch die anderen stimmten ein. Koki jedoch starrte Kazuya an. „Was war denn das gerade eben?“, wollte er wissen. „Nichts…“, murrte Kame, „ich war nur in Gedanken ganz woanders als du kamst. Hast du mir einen Schrecken eingejagt…“ Koki nickte unsicher. Als Kazuya wieder zu sich nach Hause kam (er wusste gar nicht mehr wie er Jin abgewimmelt hatte… er war wirklich aufdringlich gewesen…) guckte er sich das Chaos an und versuchte sich vorzustellen wie Jin reagiert hatte als er das gesehen hatte. Wahrscheinlich war er geschockt gewesen… vielleicht auch verzweifelt? Kame wollte schon das T-Shirt was er trug auf einen der Haufen werfen als ihm wieder einfiel dass es Jin gehörte. Er stoppte mitten in der Bewegung und ließ dann das Shirt wieder sinken. Nein… das musste er Jin zurückgeben. Jetzt verfluchte er sich, dass er Jin nicht genauer gefragte hatte wo genau „Ich habs bei dir zu Hause gelassen“ war. Schweren Herzens machte er sich auf die Suche nach dem guten Stück. „Hier“, hörte er eine Stimme. Drehte sich um. Nein. Nein. Nein. Kazuya schloss die Augen. Er wollte es nicht sehen. Er wollte diese… Menschen nicht mehr sehen. Manchmal… da fiel es ihm nicht auf… aber er war sich doch ziemlich sicher, dass jemand der mit so viel Blut befleckt war… der so eindeutig… verletzt war… dass so jemand nicht (mehr) leben konnte. Und es machte es nicht viel besser dass er diese Person kannte… Koki… „Hier ist es doch. Das was du suchst“, meinte „Koki“ fröhlich. Kazuya öffnete die Augen wieder. „Da.“ Er deute auf einen Punkt in der Nähe des Sofas. Kazuya blickte skeptisch. Woher sollte er das wissen? Er konnte doch nur genauso viel wissen… wie Kazuya wusste. Trotzdem behielt „Koki“ recht. Dort war eine Tüte die eindeutig mal Junno gehört hatte. Und in ihr waren Kames Anziehsachen die er, nachdem er sein Handy rausgesucht hatte, achtlos auf den Boden warf. Er setzte sich auf das freie Stückchen Sofa als „Koki“ sich von hinten an ihn anschlich und seinen Hände auf Kazuyas Schultern abstützte. Kame zuckte zusammen. Es… fühlte sich so echt an… nur wegen dem Blut (und der Tatsache dass Koki nicht hier sein konnte weil er ihn nicht rein gelassen hatte… und Koki keinen Schlüssel hatte…) wusste er… dass es nicht wirklich Koki war. Er erschauderte. „Koki“ lachte laut auf und war dann… verschwunden. Kame sackte zusammen. Er wollte es sich nicht eingestehen, aber… er war wohl eindeutig verrückt geworden… Seit Jin nach Los Angeles geschickt worden war hatte er immer wieder irgendwelche Leute gesehen… die einfach zu verschwinden schienen. Und dann hatte es wirklich angefangen. Mindestens einmal die Woche war jemand bei ihm gewesen. Manchmal Leute die er kannte… manchmal nicht einmal mehr das… sie hatten zu ihm geredet, ihn langsam aber sich in den Wahnsinn getrieben… Und dann war „Jin“ gekommen. Obwohl Kazuya gewusst hatte, dass das nur seine Einbildung war, war es doch tröstlich gewesen. Er hatte „Jin“ von all seinen Problemen erzählen können. Hatte sich wieder behütet gefühlt… es gab Zeiten in denen hatte er sich nach diesen Halluzinationen gesehnt… Denn mit dem echten Jin zu reden war eine Seltenheit geworden… der Zeitunterschied… der Zeitplan von KAT-TUN. Es war einfach nicht gegangen. Und wenn er nicht seinen echten Freund haben konnte… dann wenigstens das. Aber nach einiger Zeit hatte er nicht mehr „Jin“ gesehen sondern… andere… Menschen und einfach nur darauf gehofft, dass der echte Jin bald wieder kommen würde. Dass es endlich aufhören würde… sie schrien ihn an, beschuldigten ihn irgendetwas gemacht zu haben… Schuld zu sein an… an allem… Und Jin war wieder gekommen. Aber es hatte nichts gebracht… Und Kazuya… traute sich nicht jemanden davon zu erzählen. Mittlerweile erkannte er es meistens nicht mehr ob das was er sah echt und real oder nur seine Fantasie war. Und mittlerweile… sah er diese Sachen immer häufiger… Er hörte ein Lachen hinter sich und kniete sich hin. Suchte blind nach irgendetwas… holte eine Zigarette aus der Schachtel, zündete sie an und zog einmal kräftig daran, musste husten. „Och, was würde denn der Jin-chan dazu sagen wenn er das sehen könnte!“ – „Er würde sich schämen!“ – „Und deine Eltern, deine Brüder… was würden sie dazu sagen?“ Die Stimmen brachen in grölendes Lachen aus. Kazuya versuchte sie auszublenden. Endlich war es so weit, sie hatten zur Abwechslung mal wieder einen Tag frei. „Als ob du jemals aufräumen würdest“, stichelte Kazuya Jin der lachend in einer Ecke stand. „Tu ich nicht“, gab Jin sofort zu. „Genau deswegen habe ich dir ja gesagt, dass du hier wieder Ordnung reinbringen musst. Ich kenne dich so gar nicht, Kazu-chan.“ Kazu-chan. So hatte Jin ihn schon lange nicht mehr genannt, auch wenn sie ganz unter sich waren ließ er dieses Suffix meistens weg. Sie waren da raus gewachsen. Es fühlte sich trotzdem gut an, wieder mit diesem Namen gerufen zu werden. „Was ist wenn ich keine Lust dazu habe?“, fragte Kame und zog eine Augenbraue hoch. Jin wurde plötzlich ernst. „Sieh mal Kame. Ich habe keine Ahnung warum es hier so aussieht wie es aussieht, aber ich weiß, dass das so nicht geht. Wenn du so weitermachst wirst du dich noch selber an irgendetwas vergiften… keine Ahnung.“ Ein Lächeln stahl sich auf Jins Lippen, er wusste, wenn er etwas erreichen wollte, dann sollte es möglichst unbefangen rüberkommen. Kazuya war zu… ernst. In dieser Angelegenheit, wenn er merkte, dass Jin so viel Wert darauf legte konnte es gut sein, dass er viel zu stur wäre um etwas zu ändern. Manchmal verstand Jin die Gedankengänge seines Freundes nicht, aber er konnte sie doch relativ genau vorhersagen sobald er ungefähr wusste woran er war. „Außerdem hast du so gut wie gar nichts mehr zum Anziehen, ich kann dir nicht immer meine Sachen geben, irgendwann wäre es auffällig.“ Kazuya lächelte ihm zu. „Ich kann nicht Jin…“ Er klang traurig. Jin zuckte mit den Schultern. „Du wirst mich nicht los ehe es nicht etwas sauberer hier ist.“ Großzügig deutete er auf den Müllberg. „Mach schon. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.“ – „So, so. Wer wollte hier stehen bleibe bis ich wieder was tue?“ Jin grinste. „Ich, aber mit schlechtem Gewissen arbeitest du schneller, also mach hinne.“ Lachend erhob sich Kazuya und hob einen Berg von Wäsche auf, brachte sie ins Badezimmer wo seine Waschmaschine stand. Langsam aber sicher beförderte er so alle getragenen Sachen weg, sortierte sie und stopfte sie danach in die Maschine. Jin stand sehr produktiv daneben und zeigte ihm wenn er etwas vergessen hatte. Kazuya war es egal, er war es von seinen Putztagen bei Jin gewohnt, dass der andere nichts tat. Und das hier war nicht einmal seine Wohnung. Warum sollte er also hier mehr tun als bei sich zu Hause? Wobei es schon eine Überraschung gewesen war als Jin heute an der Tür geklingelt hatte. Kazuya hatte jetzt nicht mit dem Besuch gerechnet, er hatte gedacht Jin würde länger brauchen um sich einen „Schlachtplan“ auszudenken mit dem er den Grund für diese Verwahrlosung herausfinden konnte. Aber scheinbar hatte er sich momentan eher in den Kopf gesetzt die sichtbaren Folgen zu beseitigen. Jin bequemte sich erst etwas zu machen als Kazuya den Tisch wieder hinstellen wollte. Das sah dann selbst Mr. Ich-mache-nichts-dafür-sind-andere-da ein, dass Kame, dass unmöglich selber hochheben konnte. „Kazu?“ – „Hm?“ – „Wie zur Hölle hast du es geschafft den umzukippen?“, stöhnte Jin als er erneut versuchte den Tisch anzuheben. Kazuya tat sich nicht besser damit. „Weiß nicht… ich glaube ich habe dagegengetreten und dann gings…“ Jin starrte ihn erstaunt an, scheinbar wollte er etwas sagen. Einen Augenblick lang machte Kazuya sich Sorgen. Er wollte Jin nicht erzählen warum er das getan hatte. Und Jin schien diese Abneigung zu sehen. Zu Kames unendlicher Erleichterung widmete Akanishi seine Aufmerksamkeit dem nunmehr verhassten Möbelstück. „Ich hab ne Idee“, schnaufte er einige Zeit später. „Tritt mal dagegen…“ Kazuya schüttelte lachend den Kopf. „Dann eben nicht…“, murrte Jin und verdoppelte seine Anstrengungen, endlich hatten ihre Mühen Erfolg. Der Tisch stand. „Jetzt könnte ich was zu essen vertragen“, meinte Jin und grinste verschmilzt. Er ging zum Kühlschrank, doch darin befand sich so gut wie nichts… „Kazuya…“, sagte er und sein Tonfall klang missbilligend. Kame zog seinen Kopf ein. Er hatte eine Ahnung was jetzt kommen würde. „Geh einkaufen, und zwar so, dass wir beide davon satt werden.“ – „Du kommst nicht mit?“, fragte Kazuya leicht beleidigt. Für einen Augenblick hatte er vergessen, dass dies nichtmehr die Zeit war wo sie ohne jede Hemmung alles miteinander unternehmen konnten was sie wollten. Jin lächelte ihm zu. „Du weißt doch… Johnny-san will nicht, dass wir in der Öffentlichkeit gesehen werden, mal abgesehen davon solltest du das auch schnell alleine schaffen.“ Kame legte den Kopf etwas schief, sah traurig aus lächelte aber dennoch. „Ich bin gleich wieder da.“ – „Ich weiß.“ Als Kazuya die Wohnungstür wieder aufschloss hörte er wie Jin den Fernseher ausmachte und ihm entgegenkam. „Gib her“, sagte er und nahm Kazuya eine der Tüten ab. Dann drehte er sich um und wollte in die Küche gehen. Er stoppte als er fühlte wie Kazuya sich gegen seinen Rücken fallen ließ. „Ich habe das vermisst Jin“, murmelte er leise, so dass Jin die Worte gerade noch ausmachen konnte. Aber was sollte er machen…? Er konnte nicht einfach die Regeln ändern. So gerne er das auch wollte… Er spürte wie Kame tief Luft holte. „Dieses zusammen abhängen, sich nicht darum scheren was andere denken… Du hast dich verändert Jin, es macht dir was aus was andere denken… Du hast das Selbstvertrauen in dich verloren.“ – „Das sagt der Richtige…“, die Worte waren auch nur geflüstert, aber Kazuya hörte sie trotzdem. Eine Weile sagte er gar nichts, dann besann er sich eines Besseren. „Wir beide wissen, dass du immer derjenige warst der mich mitgezogen hat, all diese Albernheiten hätte ich nicht gemacht wenn…“ – „Ich weiß.“ Jin trat vorsichtig nach vorne, da er es so langsam tat konnte Kazuya sich darauf einstellen und sich wieder auf die eigenen Füße stellen. Der kurze melancholische Moment war damit auch verschwunden. Jin betrat die Küche und Kame folgte ihm, stellte die Einkäufe auf die (mittlerweile) saubere Fläche und fing an die Sachen in die richtigen Regale zu stellen. Das Kochen dauerte nicht lange. Jin alberte herum wie lange nicht mehr. Er brachte Kazuya zum Lachen. Er ließ ihn seine Sorgen vergessen. Ob Jin wusste wie gut ihm das tat? Nachdem sie gegessen hatten setzten sie sich auf das Sofa, schalteten irgendeinen Mist ein und unterhielten sich über alles, die Leute die sie dort sahen, kannten, nicht kannten. Versuchten sich zusammenzureimen wie deren alltägliches Leben wohl aussah. Am Ende schlief Kazuya an Jins Schulter ein. Dieser Tag war wundervoll gewesen… Jin hatte vor zwei Wochen beschlossen shoppen zu gehen. Diesen Plan hatte er jetzt aber beiseitegelegt und starrte hoch zu der Wohnung in der er Kazuya vermutete. Er fühlte sich etwas unwohl, seinen Freund so zu überraschen, aber er wusste nicht wie er sonst Kazuya dazu bringen konnte mit ihm zu reden. Alles was ihm übrig blieb war etwas Unerwartetes zu tun. Er überlegte nur noch eine Sekunde lang, danach ging er die Stufen hoch und wollte gerade anklopfen als er Kame lachen hörte. So wie damals… Als sie noch nicht getrennt worden waren. Dieses Lachen hatte Jin seit drei langen Jahren nicht mehr gehört, so losgelöst von allen Problemen. Kazuya sagte etwas, Jin konnte die Worte nicht ausmachen, aber er konnte das Glück in der Stimme heraushören. Er war verwirrt… er hörte keine andere Person… andererseits… konnte Kazuya ja genauso gut telefonieren. Lächelnd ließ er die Hand wieder sinken. Er wollte jetzt nicht stören, nicht nachdem er Kame so glücklich gehört hatte. Mit wem auch immer er sich unterhielt, Jin wusste, dass diese Person Kazuya wichtig war. Gleichzeitig fühlte er einen Stich der Eifersucht. Wieder etwas was ihm Kame verschwiegen hatte? Einen guten Freund von dem er nichts wusste? Nun setzte er seinen ersten Plan doch in die Tat um, ihm war nicht klar, dass es sich dabei jedoch eher um Frustshoppen handelte als um echtes Einkaufen. Nakamaru beobachtete wie Jin um Kame herumschlich das nächste Mal, dass sie alle wieder gemeinsam in einem Raum saßen, ohne Kameras, ohne Leute die ihnen sagten was sie tun sollten. Nun, „herumschleichen“ war vielleicht das falsche Wort. Aber er beobachtete den Jüngeren ständig, doch jedes Mal wenn Kazuya sich zu Jin umdrehte blickte dieser in eine andere Richtung. Alle merkten, dass Jin schlechte Laune hatte. Wieder einmal. Aber niemand wusste warum. Als Koki leise bei Kame nachfragte zuckte auch der nur mit den Schultern. „Ich weiß nicht“, hatte er gesagt und besorgt die Stirn gerunzelt. Letztens war doch noch alles in Ordnung gewesen? Als Jin ihn besucht hatte. Oder war er wütend darüber, dass Kazuya eingeschlafen war später? Denn als er wieder aufgewacht war, war er alleine gewesen. Zu dem Zeitpunkt hatte er es noch darauf zurückgeführt, dass es schon spät geworden war und Jin etwas schlafen wollte… und ihn eben nicht geweckt hatte. Aus Rücksicht. Was wenn er falsch lag? Wenn er gegangen war weil er eingeschlafen war? Weil er wütend auf ihn geworden war? Aus welchem Grund auch immer. Kame nahm sich vor Jin zu fragen ob es daran lag… Aber… er konnte auch nichts daran ändern, oder? Jeder Tag war für ihn so schwierig zu überstehen… und wenn er so entspannt war wie an dem Abend konnte er nicht anders als einfach all den Schlaf nachholen den er eigentlich brauchte aber nicht bekam, wegen der Arbeit. Wegen… den Dingen die er sah. Die ihn wachhielten. Er versuchte Jin mit Blicken zu bewegen ihm zu sagen was los war, aber der Ältere ignorierte sie völlig. Schließlich kam irgendjemand sie holen, sie würden wieder in irgendeiner dummen Show Auftreten von der Kame sogar den Namen vergessen hatte. Er hoffte, dass er diesmal die ganzen Tanzschritte behalten hatte und vergaß so für einen Moment die Sorgen die er sich wegen Jin machte. Nach Ende der Show fing Kazuya Jin in einem leeren Gang ab. „Willst du mir nicht sagen was los ist? Warum bist du so sauer?“ Jin seufzte tief. Er war kurz davor zu fragen ob er in alphabetischer oder chronologischer Reihenfolge antworten sollte, wusste aber dass das nicht der richtige Moment für solche Späßchen war. Kazuya war zu ihm gekommen um zu reden. Aber Jin wusste wirklich nicht wo er anfangen sollte. Am besten dort wo er sich noch die meisten Chancen ausrechnete eine Antwort zu bekommen. Er sah, dass Kazuya immer noch auf eine Antwort wartete. Das, was er seit letzter Woche wissen wollte würde Kame ihm nicht sagen, dass wusste er. Mittlerweile war er sich ziemlich sicher, dass er selber herausfinden musste was nicht stimmte, dass Kazuya es ihm nicht erzählen würde, egal wie hartnäckig er nachfragte. Also konnte er mit seinem, in Ermangelung eines besseren Wortes, „Besuch“ gestern anfangen. „Ich war gestern bei dir.“ Jin überraschte der Gesichtsausdruck Kames auf diese Worte. Er sah so aus als hätte Jin etwas total Bescheuertes gesagt. „Weiß ich doch.“ Jin zog die Augenbrauen zusammen, Kazuya hatte gemerkt, dass er dagewesen war? „Ich möchte wissen warum du so… unnahbar bist. Gestern war doch noch alles in Ordnung.“ Jin verstand nicht worüber Kazuya sprach. Alles in Ordnung? Sie hatten nicht miteinander gesprochen, woher wollte er also wissen wie es ihm gegangen war? Er wollte gerade eine Bemerkung in diese Richtung loslassen, als Kame ihn zurückhaltend am Arm berührte. Seine Augen waren auf die Stelle gerichtet wo er Jin berührte. „Ich… wollte mich bei dir bedanken für gestern. Das… hat mir geholfen.“ Jin sah ein schüchternes Lächeln auf Kames Lippen. Seine Verwirrung wuchs nur. Jetzt ließ Kazuya seine Hand sinken und schaute Jin in die Augen. Sein Gesichtsausdruck war wieder ernst. „Aber seit du gestern gegangen bist… ich dachte alles sei okay? Und heute benimmst du dich so…“ Kame gestikulierte hilflos um sein „so“ zu demonstrieren. Jin öffnete den Mund. „Wovon sprichst du? Wir haben uns gestern doch nicht gesehen. Ich bin gegangen als ich an der Haustür war…?“ Jin glaubte nicht, dass er je vergessen konnte wie Kazuya in dem Augenblick reagierte. Er war blass geworden, seine Augen hatten sich vor Schreck geweitet und er war einige Schritte zurückgetaumelt. Bevor Jin noch irgendetwas sagen konnte drehte sich Kazuya auf der Stelle um und rannte weg. Jin stand ratlos in dem Flur herum, er konnte sich nicht bewegen. Er konnte nur hilflos Kazuya nachgucken. Hinter sich hörte er die Stimmen seiner Bandkollegen. Total perplex drehte er sich zu ihnen um, wurde in ihrer Mitte aufgenommen. Sie merkten nicht wie verwirrt er war. Kazuya schloss sich bei sich zu Hause ein. Das war das erste Mal, dass er den Schlüssel hinterher im Schloss ließ, um zu verhindern, dass Jin ihm nachkommen konnte. Er konnte es nicht fassen. Jin war nicht hier gewesen. Er… hatte es sich wieder nur eingebildet. Er lachte einmal laut auf. Versuchte sich selbst vom Weinen abzuhalten. Er hatte es nicht gemerkt, bis zum Schluss… Was Jin jetzt wohl dachte? Ob er sich zusammenreimen konnte was los war? Kazuya bezweifelte es. Wie sollte Jin auch auf diese Idee kommen? Kame blickte sich wütend in seiner Wohnung um. War es jetzt soweit, dass er sich durch dieses Einbilden von Jin selber versuchte wieder auf den rechten Weg zu bringen? Oder drehte er jetzt völlig durch? Plötzlich hatte er Panik. Wer sagte denn, dass er gerade mit dem echten Jin gesprochen hatte? Woher sollte er wissen, wann er sich die anderen nur einbildete und wann nicht? Kazuya fing unkontrolliert an zu zittern. So einfach war das. Er konnte die Realität gar nicht mehr von seiner Fantasie unterscheiden, wenn diese nicht vollkommen absurd war… Oder etwas von außen ihm darauf stieß. Wie letztens, als er im Umkleideraum mit einem vom „Personal“ gesprochen hatte nachdem Jin gegangen war. Der sich erkundigen wollte wie die Termine nächste Woche aussahen und ob man noch etwas dazwischen quetschen konnte. Irgendein dummes Fotoshooting. Und dann war die Tür aufgegangen. Mitten durch diesen „Menschen“ hindurch. Der daraufhin verschwand. Und Kazuya hatte es verstanden. In dem Moment. Er wusste nur noch, dass die anderen ihn auf seinen Streit mit Jin angesprochen hatten. Dass sie hoffentlich nicht gemerkt hatten, was ihn so fertig gemacht hatte. Aber… Kazuya suchte sein Handy. Nachdem er es aus einer der Taschen gefischt hatte öffnete er das Telefonbuch und suchte nach einer bestimmten Nummer. Er musste etwas tun… Nakamaru hopste unbehaglich von einem Fuß auf den anderen. Er schluckte seine Gedanken runter (versuchte es zumindest) und starrte auf die Tür die vor ihm stand. Er wusste wer ihn dort erwarten würde. Er wusste nur nicht… was danach passieren würde. Er wusste nicht wie die anderen darauf reagieren würden. So etwas Ähnliches hatte es erst ein Mal gegeben… und damals waren die Reaktionen alles andere als erfreulich gewesen. Nur dass damals Kame die unangenehme Aufgabe das Übermittels übernommen hatte. Dass damals alle den Grund gekannt hatten. Und diesmal? Vielleicht wusste Akanishi ihn… Maru holte noch einmal tief Luft und öffnete die Tür mit einem Schwung, ließ sie hinter sich zuknallen und alle drehten sich zu ihm um. Er blickte sich jedoch erst mal nur im Raum um… war jemand außer den Bandmitgliedern hier? Er war fast enttäuscht als dem nicht der Fall war. So musste er es sofort sagen. Er räusperte sich unbehaglich und die anderen blickten ihn einfach nur an. Sie merkten, dass er etwas Wichtiges sagen wollte. „Johnny-san hat mich gerade zu sich rufen lassen“, fing er vorsichtig an. Die anderen schauten überrascht. Normalerweise war es immer Kamenashi, der zu Johnny gehen musste und alles mit ihm besprach. Außer es war etwas was die ganze Band mit ihm besprechen sollte… aber… das war ja jetzt nicht geschehen? Maru blickte die Wand an als er die nächsten Worte sprach. Sie sprudelten förmlich aus ihm heraus, als würde er sie loswerden müssen. „Kame hatte gestern Abend nach dem Dreh bei ihm angerufen. Er… er sagte, dass er nicht mehr Mitglied bei KAT-TUN sein möchte.“ Maru ballte die Hände zu Fäusten. Schloss die Augen. Hörte wie ein Stuhl umgestoßen wurde, hörte die Schritte die auf ihn zukamen, spürte die Hand die sein Shirt packte, bemerkte den Kontakt mit der Tür als er gegen sie gestoßen wurde und schließlich hörte er wie Jin ihn anbrüllte. „Was soll das heißen?“ Die Verzweiflung, der Unglaube war deutlich aus diesen Worten raus zuhören. Maru schüttelte den Kopf. Öffnete die Augen und sah wie Koki auf sie zukam. Jin etwas von Maru wegzerrte. „Hey, er kann auch nichts für die Nachricht…“, murmelte er leise. Jin blickte fassungslos vom Einen zum Anderen. „Aber… warum sollte er das tun?“ Diese Hilflosigkeit Jins machte den anderen zu schaffen. Vor allem Maru… er hatte gehofft Jin hätte eine Erklärung für Kames merkwürdiges Verhalten… aber er schien genauso vor den Kopf gestoßen zu sein wie alle anderen auch. Eigentlich… schien er noch mehr vor den Kopf gestoßen zu sein. Immerhin, wenn selbst er nicht wusste was hier gerade abging… er hätte es wissen sollen. Man sah ihm an, dass er sich gerade selber hasste. Dafür dass er nicht mehr wusste als alle anderen auch. Dass er nicht gewusst hatte, dass das kommen würde. Dass er es nicht geahnt hatte. Junno gesellte dich neben Jin, aber er wusste nicht was er sagen, was er tun sollte. Die anderen blickten stumm auf den Boden. Schließlich war Jin derjenige der die Stille brach. „Ich glaube nicht, dass wir heute noch was unternehmen werden?“ Er klang resigniert. Maru zuckte hilflos mit den Schultern, schüttelte den Kopf und nickte dann. „Ach keine Ahnung.“ Jin blickte ihn an. „Ich kann heute nichts tun…“ Nach diesen Worten ging er Richtung Tür, Maru trat ihm aus dem Weg. So kraftlos hatten die anderen Jin noch nie gesehen. Er ließ die Tür hinter sich zufallen und schlurfte Richtung Parkplatz. Er hatte nicht einmal mehr die Kraft seine Füße zu heben. Jin ließ sich auf irgendeine Bank sinken die auf dem Weg zum Parkplatz war. Das erklärte warum Kazuya noch nicht gekommen war heute… Jin weinte. Er merkte es nicht einmal ehe der Boden zu verschwimmen begann und die Tropfen den Grund unter ihm benässten. Warum, Kazuya? Kame lag in seinem Bett, hatte die Decke über den Kopf gezogen und wünschte sich weit weg. Wünschte sich die Menschen aus seinem Zimmer weg, aus seiner Wohnung. Er wünschte sie würden ihn in Ruhe lassen, aufhören ihn zu ärgern, anzuschreien. Sein einziger vernünftiger Gedanke war, dass es richtig gewesen war Johnny anzurufen. Wenn das während ihrer Treffen passiert wäre… Es war klar, dass er das nicht hätte ignorieren können. Und die anderen hätten sich zusammenreimen können was los war. Kazuya zitterte am ganzen Körper, er hörte Koki, Ueda und Junno irgendwelchen Blödsinn machen, er hörte irgendwelche Leute denen er flüchtig begegnet war… Sie fluchten, sie schrien, sie lachten, sie weinten, sie starben, sie quälten, sie… Kazuya drückte seinen Kopf in das Kissen und schrie. Versuchte die Stimmen zu übertönen. Es war kein Schrei der etwas aussagte, es war nur ein Ton… ein einziger langer Ton, so laut wie er nur konnte. Er hörte wie sich ihm jemand näherte, selbst über all diesen Lärm, über seinen Schrei konnte er die Fußstapfen hören, merkte wie sich jemand neben ihn setzte und lachte. Kame versuchte sich daran zu erinnern, dass das alles nicht real war, dass es nicht wirklich passierte… dass er in Sicherheit war… Die Person die neben ihm saß war Junno. Er klang traurig, frustriert. „Du hättest nicht gehen sollen Kame.“ Kazuya blieb still. Würde es aufhören wenn er nicht reagierte? Er hörte die anderen Bandmitglieder Junno zustimmen, hörte wie andere ihnen widersprachen. Es war zum Verzweifeln. Schließlich kroch Kamenashi aus der Bettdecke hervor, sah den Leuten die da waren ins Gesicht, nahm den nächstbesten Gegenstand und warf ihm mit voller Kraft in irgendjemanden. „Lasst mich in Ruhe!“ Diesen Vorgang wiederholte er, aber es schien nichts zu bringen. Absolut rein gar nichts. Die meisten lachten ihn aus, nur die Band stand mitleidig um ihn rum. Waren sie wirklich hier? War er im Studio? Kame wusste es nicht mehr. Verzweifelt kämpfte er sich ins Bad, ließ aus der Dusche kaltes Wasser laufen, stellte sich mit vollen Klamotten drunter. Das Lachen hörte nicht auf… sie folgten ihm… er konnte nichts tun… Einer zerrte an seinem Shirt, wollte ihn rausziehen, es war Johnny-san. Kazuya konnte nicht mehr, all die aufgestaute Wut, all der Hass wollten raus. Mit aller Kraft schubste er seinen Chef gegen die Spiegel. Es war ihm egal wie er hierhergekommen war. Es war ihm egal was die Zeitungen sagen würden, wenn sie erfahren hatten, dass eines der Idole auf ihn eingeschlagen hatte. Kazuya schlug ihn immer weiter ins Gesicht. Gegen die Brust. Seine Hand war bereits blutig, er sah Spiegelscherben auf dem Boden aber er ignorierte sie. Johnny sank in die Knie… Kazuya trat immer weiter zu. Er war schuld daran, dass Jin hatte gehen müssen. Er war schuld daran, dass er alleine war. Er war schuld daran dass… Kame merkte wie Maru ihn von Johnny-san wegzog. „Kazuya, du bringst ihn um!“, schrie er ihn panisch an. Jin hielt Kame ebenfalls fest. Jin, Jin, Jin, Jin, Jin. Kame vergrub sein Gesicht in Jins Shirt aber es half nichts. Die Anderen gingen nicht weg. Kazuya schrie wieder frustriert auf. Jin sagte irgendetwas zu ihm aber er konnte die Worte nicht hören, er schrie und schrie und schrie. Er riss sich von Jin los und ging ins Wohnzimmer, Jin folgte ihm, wollte ihn aufhalten, aber Kazuya konnte nicht anders, er wollte denen wehtun, die ihm wehtaten. Ein anderer Gedanke kam ihm. Jin konnte nicht hier sein. Er konnte es nicht. Er hatte ein Treffen. Genauso wie die anderen. Sie konnten alle nicht hier sein. Kazuya drehte sich voller Hass zu ihnen um. Auch sie waren nur seine Einbildung, er schlug nach ihnen, sie wehrten sich nicht. Im Gegensatz zu den anderen wehrten sie sich nicht. Ließen ihn einfach zuschlagen. Als sie regungslos auf dem Boden lagen sank Kazuya ebenfalls nieder. Der Sturm hatte sich etwas gelegt. Er war müde, traurig, frustriert. Ihm fiel noch auf, dass Jin nicht unter denen war, die auf dem Boden lagen, dann schloss er die Augen. Jin stand unschlüssig vor Kames Tür. Auf sein Klopfen hatte niemand reagiert… War Kazuya überhaupt da? Er hatte sich nicht die Mühe gemacht anzurufen. Er wusste nicht, was Kame ihm gesagt hätte und außerdem musste er ihm ins Gesicht schauen, wenn er ihm nach dem Grund fragte. Und versuchte zur Besinnung zu bringen. Kazuya konnte nicht so einfach aus der Band austreten. Nicht wenn er nicht einen guten Grund hatte… so wie er ihn damals gehabt hatte. Als all diese Gerüchte überhandnahmen. Dass sie ein Paar seien. Jin lachte wütend auf. Natürlich war nichts daran gewesen, aber für sie alle war es zu dem Zeitpunkt besser, dass er nach Amerika gegangen war. Sie alle hatten es verstanden. Er hatte dieses Opfer gebracht, damit KAT-TUN weiterbestehen konnte. Sie hatten dieses Opfer gebracht. Und nun wollte Kazuya es einfach… wegwerfen? Nachdem der Jüngere auch auf sein Rufen nicht eingegangen war steckte Jin den Schlüssel in das Schloss, stieß auf Wiederstand. Frustriert seufzte er auf. Drückte fester und hörte wie auf der anderen Seite etwas zu Boden fiel. Als ob Kame ihn so aufhalten konnte. Jin öffnete die Tür und ließ sie langsam wieder zufallen. „Kazuya?“ Keine Antwort. Langsam ging Jin Richtung Wohnzimmer. Dort saß Kazuya auf dem Boden, hatte die Augen geschlossen und atmete schwer. Jin sah, dass seine Hände blutig waren, dass er völlig nass war. Ängstlich ging er einen Schritt zu dem Jüngeren hin. „Kazuya?“, fragte er. Diesmal lauter. Kames Kopf schellte nach oben. Er guckte Jin direkt in die Augen. Jin erschrak. Kazuyas Augen waren voller Hass, Wut und Verzweiflung. Ehe er wusste was geschah war Kazuya aufgesprungen und hatte den Raum innerhalb weniger Augenblickte durchquert. Jin wusste nicht wie ihm geschah als er plötzlich Kazuyas Faust in seinem Gesicht wiederfand. Jin stolperte zurück, hob abwehrend die Hand aber Kazuya war schneller. Er hatte sich noch nie mit Jin geschlagen. Noch nie. Und jetzt tat er es ohne Grund. Jin versuchte Kazuya davon abzuhalten ihn zu verprügeln, aber der Jüngere hatte erstaunliche Kraftreserven. „Verschwinde von hier!“, schrie Kazuya ihn an, kratzte Jin ins Gesicht, zerrte an ihm. „Verschwinde!“ Jin hörte wie Kame erschöpft aufschluchzte. Plötzlich verließ ihn diese… Wut… Kraft und er sank vor Jin auf den Boden. Jin blieb einfach nur versteinert stehen, merkte dass Kazuya sich an sein Shirt klammerte. Er sah das Zittern des Jüngeren konnte sich aber keinen Reim auf dessen Verhalten machen… „Ich will nicht mehr, ich kann nicht mehr…“, murmelte der Kleine, während er immer noch zitterte. Weinte. Jin ließ sich langsam und vorsichtig ebenfalls auf die Knie fallen. Was auch immer hier gerade abging, er fühlte, dass er nichts machen sollte, was Kazuya aus der Fassung brachte. Er wagte nicht etwas zu sagen oder Kazuya anzufassen. Obwohl das immer sein erster Reflex war. Ein aufmunternder Klaps, ein idiotischer Satz hatten meistens eine erstaunliche Wirkung auf die Laune seines Freundes gehabt, meistens konnte er damit alle Probleme wegwischen. Diesmal… würde das wohl nicht helfen. „Dich will ich nicht hierhaben“, schluchzte Kazuya auf und vergrub sein Gesicht wider seiner Worte in Jins Shirt. Jins Herz zog sich zusammen. Also hatte er doch jemanden gefunden der ihm wichtiger war… War auch das der Grund seines Austrittes? „Ich will den echten Jin haben, nicht eine lausige Ausrede.“ Kazuya klammerte sich an diesen Jin. Oh, er wusste, dass es erbärmlich war. Er suchte Schutz vor seiner Fantasy bei irgendeiner Gestalt die er sich selber herbeigewünscht hatte. Die auch nicht da war… Der Jin vor ihm starrte ihn fassungslos an. Es schien so als wüsste er nicht was er darauf sagen sollte. Kazuyas Kopf schmerzte von all den anderen Dingen die um ihn herum geschahen. Er bedeckte seine Ohren, wollte es ausblenden, schloss die Augen… es ging nicht. „Haltet die Klappe! Haltet einfach eure Klappe!“, schrie er wieder. Schluchzte. Er merkte gar nicht, dass er sich selber hin und her wiegte… Die Hand auf seiner Schulter ignorierte er… „Kazuya…“ flüsterte Jin. Kame schubste ihn weg, weg, weg von sich. Die Tränen wollten gar nicht aufhören. Er stieß einen frustrierten Schrei aus als das Lachen um ihn herum wieder lauter wurde. Plötzlich fand er sich in einer Umarmung wieder, wurde festgehalten. Er versuchte sich dagegen zu wehren, schlug nach der Person, schrie sie an, hatte Panik. Er wusste es passierte nicht in Wirklichkeit, aber für ihn war es bereits traurige Realität geworden, die Schmerzen, die Angst… wenn auch niemand sonst es wahrnahm… ihn brachte es langsam aber sicher um… auch wenn es nicht möglich sein sollte… trotzdem… Er wollte nicht sterben. Er kratzte die Person, biss sie, aber sie ließ nicht los. Strich ihm beruhigend durch das Haar. Murmelte irgendwelche Worte, die Kazuya über den ganzen anderen Lärm nicht wahrnahm. Schließlich hatte ihn alle Kraft verlassen und er bleib einfach in dieser Umarmung. Er wagte es nicht nachzugucken wer ihn da festhielt. Er hatte Angst, dass er das nicht wollte… Kazuya atmete schwer, beobachtete wie die Menschen an ihm vorbeigingen, ihn auslachten. Er seufzte. Er hatte nicht mal mehr genügen Energie um sie anzuschreien, wegzuschicken. Bringen tat es eh nichts… aber es war besser gewesen als sich ihnen so auszuliefern… Er spürte wie wer auch immer, was auch immer, ihm sanft über den Rücken strich. Ihm versuchte ein Gefühl von Geborgenheit zu vermitteln… Was natürlich lächerlich war… Kazuya hatte sich schon seit drei Jahren nicht mehr sicher gefühlt… geschweige denn sich selber getraut… Jin blickte betroffen auf den Jüngeren, der völlig schlaff in seinen Armen hing. Jin sah, dass Kazuya die Augen bewegte… und zwar so als würde er Sachen, Dinge… Menschen… beobachten die hin und her liefen. Er fragte sich ob das möglich war… Ob… Kazuya… irgendwelche Dinge sah die nicht da waren… das was er vor kurzem gesagt hatte… deutete darauf hin. Dass Jin bei ihm gewesen sein sollte… dass er den „echten Jin“ bei sich haben wollte, dass irgendetwas ruhig sein sollte… obwohl niemand etwas sagte… tat… Jin schluckte sein Unbehagen hinunter. Er hatte versucht mit seinem Freund zu reden, aber keine Reaktion erhalten. Es war so als existierte er für Kame gar nicht… Also versuchte er ihn einfach mit dieser Umarmung zu beruhigen. Er wusste nicht wirklich ob es geklappt hatte oder ob Kazuya jeden Widerstand einfach aufgegeben hatte… „Kazuya“, versuchte er es erneut, jetzt da der Jüngere aufgehört hatte wild um sich zu schlagen. Er sah, dass Kame die Stirn runzelte aber ihm nicht antwortete, nur die Augen schloss und still in der Position blieb in der er vorher gewesen war. Jin wusste nicht was er machen sollte. Sagen, dass er „der Echte“ war? Würden dass nicht auch die Gestalten behaupten die Kame anscheinend sah? Hörte? Fühlte? Jin fluchte etwas und spürte wie Kazuya zusammenzuckte, sich wieder von ihm wegdrückte. Sofort hörte Jin auf etwas zu sagen, aber Kame war wieder vollkommen panisch. Wehrte sich gegen die Umarmung gegen die Nähe, er fing wieder an zu schluchzen. So hilflos hatte Jin sich noch in seinem ganzen Leben nicht gefühlt. Er wusste einfach nicht wie er helfen sollte, was er sagen, tun konnte um Kazuya zu helfen… Er spürte wie ihm selber die Tränen in die Augen schossen. Und er hatte nichts bemerkt. Nichts… Kame hatte gehört wie sein Name gesagt worden war, aber er wollte nicht antworten. Vielleicht würde dann der Jin-Verschnitt weggehen… Denn die Stimme hatte zu ihm gehört. Aber er wollte nicht, dass dieser Jin ihn hielt. Er wollte zum echten Jin. Zu dem, der sich damals immer so um ihn gesorgt hatte, der ihn mit irgendwelchen Kleinigkeiten aufmuntern konnte. Der mit ihm irgendwelche Albernheiten geplant hatte. Der den anderen Mitgliedern mit ihm Streiche gespielt hatte, der ihn zum Essen gebracht hatte, wenn er selber wieder total appetitlos war, der ihn aufgemuntert hatte wenn es ihm schlechtging, der von ihm aus seinen kurzen traurigen Phasen rausgezogen worden war… So viele gute Erinnerungen… aber das würden sie auch bleiben. Es gab keinen Weg mehr zurück. Die Gerüchte hatten sie ihm verbaut, die fröhliche Zukunft von der er geträumt hatte… Eine der Gestalten hatte sich ihm genähert, es war ihm nicht aufgefallen. Jetzt ließ sie sich auf die Knie fallen. Kazuya zuckte zusammen. Jin. Aber… aber… Er wollte weg. Musste hier weg. Das hielt er nicht aus… Der Jin vor ihm lächelte ihm traurig zu. Kazuya fing wieder an zu weinen, das konnte doch alles nicht wahr sein… Der Jin hob seinen Arm, strich Kazuya einmal durchs Haar und war dann verschwunden. Was nach dem Ausschlussprinzip hieß… dass Kazuya mittlerweile schon so bescheuert, verrückt war, dass er sich zwei Jins auf einmal einbildete… oder dass er in den Armen des echten Jin lag… „Jin?“, flüsterte er leise, blickte zum ersten Mal auf. „Jin?“ Er schluckte die Tränen runter. Er hörte wie erbärmlich sich seine Stimme anhörte. Jin weinte. Bildete sich Kazuya das nur rein? Passierte das echt? „Jin?“, fragte er noch einmal. Er musste es wissen, aber er wusste nicht wie er sich selber davon überzeugen sollte, dass das hier „sein“ Jin war. Akanishi nickte ihm zu als er merkte, dass Kazuya ihn anguckte. „Ja…“ Seien Stimme klang rau und belegt. Traurig. „Bist du es wirklich?“ Kazuya wusste, auch wenn die Antwort ja sein würde könnte er es nicht glauben… aber er wusste nicht was er sonst sagen sollte… Jin lächelte ihm zu. „Wer soll ich sonst sein?“ Kazuya stimmte in das Lächeln ein. „Weiß nicht…“, murmelte er traurig. „Du könntest gar nicht hier sein…“ Da. Er hatte es gesagt. Jins Lächeln war auf einem wie weggewischt. „Glaubst du das denn? Das ich… nicht hier bin…?“ Es klang traurig diese Frage. Kazuya dachte nach. Glaubte er es…? Er wusste es nicht. Er seufzte und lehnte sich bei Jin an. Jin selber schwieg jetzt auch. Es schien als hätte er Angst etwas zu sagen. Etwas Falsches zu sagen. „Was… ist denn nun los Kazuya?“, hörte Kame ihn letztendlich doch fragen. Machte es jetzt noch einen Unterschied ob er es sagte oder nicht? Es war doch alles egal… Aber… er wurde etwas wütend… Hatte Jin es immer noch nicht bemerkt? Der Ältere schien jedoch zu merken was er gerade dachte, da er schnell noch ein paar Worte raus presste. „Ich… ich habe zwar mittlerweile eine Vermutung… aber ich möchte, dass du es mir sagst Kazuya… ich möchte es mir nicht zusammenreimen müssen. Ich möchte sicher sein, dass ich es… endlich… richtig bemerkt habe…“ Kazuya hörte aus den Worten heraus, dass Jin weinte… Und er hasste sich dafür. Das war es was er vermeiden wollte war es das nicht? Dass Jin sich Sorgen machte, traurig war… Andererseits… hatte er sich die letzten Tage wohl schon Sorgen gemacht… Kazuya lächelte. Er hatte wirklich lange durchgehalten… So… lange… Auch er fing wieder an zu weinen. Er konnte Jin jetzt keine Antwort geben. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich total erleichtert. Die Gestalten um sie herum konnte er ausblenden, sie verschwanden nicht, aber er schenkte ihnen keine Aufmerksamkeit mehr… er vergrub sein Gesicht in Jins Oberteil und weinte hemmungslos. Jin blieb nichts anderes übrig als Kazuya festzuhalten. Es dauerte ziemlich lange bis der Jüngere sich erholt hatte von diesem Ausbruch… Als es soweit war hatte er immer noch relativ lange nichts gesagt, Jin fragte sich, ob er jemals eine Antwort erhalten würde. „Ich…“, begann Kazuya schließlich leise… „ich sehe manchmal Sachen… Menschen… die gar nicht da sind…“ Jin hatte es sich gedacht, trotzdem verletzte es ihn es jetzt bestätigt zu haben. Reflexartig verstärkte er den Griff um Kazuya. „Und jetzt gerade?“, wagte er es dann die Frage zu stellen die ihm durch den Kopf schoss. Kazuya schien zu überlegen. Letztendlich drehte er sich in Jins Armen um, blickte sich im Zimmer um. Jins Herz zog sich bei dem Anblick schmerzhaft zusammen. Kazuya runzelte die Stirn schließlich und blickte in eine leere Ecke. Blickte sie einfach nur an, sagte nichts. Jin wusste nicht ob Kazuya dort etwas so oder einfach nur… keine Ahnung was machte. „Du bist alleine hier hergekommen oder?“, fragte Kame ihn schließlich, blickte ihm in die Augen. „Die anderen sind nicht hier?“ – „Die anderen aus der Band? Keine Ahnung wo sie sind… nein, ich bin alleine hierhergekommen…“ Kazuya nickte verstehend. „Ja. Dann sehe ich gerade Dinge die nicht da sind.“ Jin schloss die Augen. „Die anderen aus der Band?“ – „… Ja.“ Jin war die Pause vor der Antwort aufgefallen. Es mochte sein, dass er lange gebraucht hatte um zu merken was los war, aber er kannte Kazuya. „Was noch?“ Er spürte Kazuyas Zögern. „Du musst nicht antworten wenn du nicht magst…“ Kame lehnte sich zurück, legte seinen Kopf gegen Jins Brust. Blieb still. Jin wusste auch nicht mehr was er sagen, fragen sollte… „Jin?“ – „Hm?“ – „Ich habe Johnny-san umgebracht“, meinte Kame in einem sachlichen, nüchternen Tonfall als wäre es etwas Alltägliches worüber er sprach. Jin zuckte zusammen. „Was?“, fragte er geschockt. „Aber… Maru hat doch-“ Kazuyas Lachen unterbrach ihn. „Er liegt da“, meine Kazuya und deute Richtung Badezimmer wo… niemand war. Natürlich nicht. Jin wusste nicht ob er wütend, erleichter oder besorgt sein sollte. „War das jetzt ein schlechter Scherz?“, knurrte er schließlich. Kame seufzte. „Ein wenig…“ Jin ließ Kazuya los und ging in Richtung Badezimmer. Sah den zertrümmerten Spiegel und erinnerte sich an Kames Hände. Drehte sich um und sah, dass Kazuya ihn nicht aus den Augen ließ. „Was ist mit deinen Händen?“, fragte Jin besorgt nach. Er hatte eine Ahnung aber… Er sah wie Kame verwundert auf seine Hände blickte… Hatte er bis gerade nicht einmal bemerkt, dass sie verletzt waren? Jin seufzte auf, durchquerte mit wenigen Schritten das Zimmer und half Kazuya hoch, suchte nach Verbandszeug und versorgte dann die immer noch blutenden Hände. Während dieser Prozedur hatte Jin doch noch eine Frage entwickelt, traute sich aber nicht sie zu stellen, er hatte Angst vor der Antwort. „Lass uns zu dir gehen Jin…“, murmelte Kazuya leise. Jin blickte auf. „Ich will hier nicht bleiben… ich…“ Kazuya brach ab. Jin nickte nur verständnisvoll. Bei Jin angekommen gab es zuallererst etwas zu Essen. Jin hatte das unbestimmte Gefühl, dass Kazuya es den ganzen Tag über vernachlässigt hatte, was so gesehen auch kein Wunder war. Er seufzte. Kame saß an seinem Tisch und spielte mit einem Kartenspiel rum. Lenkte sich selber etwas ab. Im Moment hätte Jin vergessen können was Kame ihm erst vor kurzem gesagt hatte… es schien alles so… normal… „Kazuya…?“ Er sah aus den Augenwinkeln dass Kame den Kopf hob. Ihn fragend ansah. „Wenn… irgendetwas ist… Dann möchte ich dass du mit mir darüber sprichst… Ich meine, wenn ich Probleme habe dann sage ich es dir auch immer“ Kazuya lachte einmal auf, Jin ignorierte es (fast) „oder du findest es sowieso heraus… Ich möchte nicht… dass“, er brach ab. Er konnte es nicht sagen. Aber er war sich sicher dass Kazuya ihn auch so verstanden hatte. Kame lachte immer noch. Jin blickte ihn wütend an. „Ich meine es ernst!“, fauchte er. Kazuya schaffte es für einen kurzen Augenblick betroffen auszusehen. Dann lachte er wieder los. „Na, so lustig war das auch wieder nicht…“, murrte Jin und schmiss die Eier ins Wasser. „Wann hast du mir je von deinen Problemen erzählt?“, fragte Kazuya dann schließlich als er sich wieder beruhigt hatte. Jin dachte angestrengt nach. Nur leider wollte ihm ums Erbrechen nicht einfallen, dass er ihn je in sowas eingeweiht hatte. Er hatte immer gewollt, dass Kazuya sich keine Sorgen… „Ist es das?“, fragte er Kame dann sofort, noch ehe er seinen Gedanken richtig zu Ende gedacht hatte. „Huh?“ – „Ich meine, wolltest du nicht dass ich mir Sorgen mache?“ Kazuya seufzte auf. „Was denn sonst?“ Mittlerweile war er dazu übergegangen Kartenhäuser zu bauen. Jin schloss die Augen. Er würde Kazuya dazu bringen müssen ihm solche Sachen zu erzählen… damit er ihm helfen konnte. Von jetzt an wenigstens. Er wagte es immer noch nicht diese Frage zu stellen. Und er würde sie wohl noch lange Zeit nicht stellen… Jin stellte einige Teller hin, dabei fiel das Kartenhaus in sich zusammen, Kazuya hob einige Karten vom Boden hoch, schien aber nicht weiter wütend zu sein. „Versprichst du mir etwas?“, fragte Jin dann später als er sich auch an den Tisch setzte, dass Essen bereits zwischen ihnen. „Das kann ich nicht“, sagte Kazuya traurig. Jin nickte. Den Rest des Abendessens schwiegen sie. Als sie geendet hatten half Kame beim Aufräumen. „Wie haben sie reagiert?“ – „Wer hat wann wie reagiert?“ Jin war grad nicht ganz auf der Höhe der Ereignisse… Sprach Kame überhaupt mit ihm oder? Er schüttelte wütend den Kopf. Würde er das jetzt immer denken, wenn Kazuya etwas sagte was für ihn scheinbar keinen Sinn ergab? Kame verdrehte genervt die Augen. „Koki, Tatsuya, Junnosuke und Yuichi. Wie haben sie reagiert als sie erfahren haben, dass…“ Kame ließ den Satz ohne Ende. Mehr brauchte er aber auch nicht zu sagen. Natürlich hatte Jin es jetzt kapiert. Er räusperte sich unbehaglich. „Weiß ich nicht so genau…“ Kazuya warf ihm einen Seitenblick zu. „Ich war… mehr damit beschäftigt keine unbeteiligten Personen anzuschreien… was mir nicht wirklich gelungen ist. Dabei fällt mir ein, dass ich mich bei Maru entschuldigen sollte…“ – „Dann tu das.“ Jin blickte Kazuya fassungslos an. „Jetzt?“ – „Wann sonst?“ Jin tapste zur Coach und setzte sich hin, bevor er sein Handy aus der Hosentasche fischte. Er hörte wie Kame im Hintergrund rumhantierte. Er schloss die Augen, sprach sich selber Mut zu und wählte die Nummer. Er beschloss nicht zu sagen, dass Kazuya hier war… oder dass er mit ihm gesprochen hatte. Das Telefongespräch dauerte nicht lange. Maru meinte nur, dass Jin sich keine Sorgen deswegen machen musste, und dass es morgen eine Pressekonferenz geben würde bei der bekannt gegeben werden sollte, dass Kame nicht mehr Mitglied von KAT-TUN war… Bei diesen Worten drehte Jin sich zu Kame um. Er fragte sich wie Kame es geschafft hatte Johnny-san davon zu überzeugen, dass er aus der Band austreten durfte… Hatte er ihm davon erzählt? Unwahrscheinlich… Er verabschiedete sich von Maru, dieser erinnerte ihn daran, dass nach der Pressekonferenz die Arbeit wie gewohnt weitergehen würde und legte dann auch auf. Jin legte den Kopf in den Nacken. Kame kam aus der Küche und setzte sich neben Jin, hob die Fernbedienung auf und schaltete den Fernseher ein. Jin grinste, es hatte ganz den Anschein als wollte Kame alles daransetzen, dass alles so normal wie möglich war. „Morgen muss ich arbeiten“, sagte Jin in die Stille zwischen ihm und Kame. Kazuya drehte sich zu ihm um. „Ich habe es mir schon gedacht“, meinte er dann nur. Jin runzelte die Stirn. „Ich kann ihnen sagen, dass ich krank bin…?“, bot er an aber Kazuya schüttelte den Kopf. „Kommst du denn alleine klar?“, fragte Jin nach, er setzte sich jetzt gerade hin, alle Scherzhaftigkeit war aus seiner Stimme gewichen. Kazuya lächelte ihm zu. „Habe ich bis jetzt ja auch geschafft, oder?“ Flasche Antwort, ganz falsche Antwort. Jin musterte ihn grimmig. „Nein, hast du nicht.“ Kazuyas Lächeln verschwand. Er holte tief Luft. „Es war… ist nicht immer so schlimm wie heute, Jin“, sagte er dann. „Meistens… meistens kann ich mich zusammenreisen. Heute“, er lächelte kläglich, „war einer der Tage wo es sehr schlimm war.“ Jin hielt mit Gewalt die Tränen zurück. Er wusste immer noch nicht was genau Kazuya sah, hörte, fühlte… Er wollte es wissen, wollte wissen wie er ihn davor schützen konnte, aber er ahnte, dass er darauf warten müsste bis Kazuya ihm das von sich aus sagte. Jetzt wäre der Moment gewesen wo er seine Frage hätte stellen können, aber er traute sich immer noch nicht… „Und wie ist es wenn es nicht so schlimm ist?“ Kame schien kurz zu überlegen. „Dann weiß ich meist was echt ist und was nicht… dann kann ich das ignorieren was nicht wirklich da ist… es… ist schwer zu erklären“, schloss er etwas lahm. Jin erwartete nicht, dass Kame weiterredete, wurde jedoch eines besseren belehrt. „Manchmal stehen sie auch nur stumm in einer Ecke rum… dann ist es sehr leicht sie zu ignorieren… und eine Zeitlang habe ich sie nur dann…“ Kame verstummte und biss sich auf die Lippen. Scheinbar hatte er mehr gesagt als er wollte. Hatte indirekt zugegeben, dass dies schon etwas länger passierte. Hatte somit einen Teil von Jins Frage beantwortet die er stellen wollte, wo er aber die Antwort nicht wissen wollte. Einfach weil er sich wohl zu sehr schämen würde, wenn er es wüsste. Kazuya bemerkte sein Unbehagen und legte Jin einen Arm um die Schulter. „Mir geht es gut Jin.“ Jin guckte ihn an. Das war teilweise eine Lüge, aber teilweise entsprach es auch der Wahrheit. „Du wirst mich anrufen wenn es schlimmer wird, oder?“ Kazuya zuckte mit den Schultern. „Ich versuchs.“ Jin stand seufzend auf und ging sich bettfertig machen, er musste morgen früh raus. Als er wieder ins Wohnzimmer ging hatte Kame den Fernseher ausgemacht und hatte sich Schlafsachen aus Jins Garderobe geholt. Jin legte sich ins Bett und wartete. Das Licht war bereits aus. Nach einiger Zeit kam Kazuya ins Schlafzimmer und legte sich auf die andere Betthälfte ohne ein Wort zu sagen. Jin lag noch etwas länger wach bis er hörte wie Kazuyas Atem gleichmäßiger wurde. Er war eingeschlafen. Erst jetzt erlaubte Akanishi sich etwas Ruhe. Am nächsten Morgen achtete Jin darauf keinen unnötigen Lärm zu machen um Kazuya nicht aufzuwecken. Heute… würde ein harter Tag werden. Er musste so tun, als hätte er keine Ahnung warum Kame sich aus der Band zurückgezogen hatte. Er würde niedergeschlagen tun müssen (ein Blick in den Spiegel belehrte ihn dass er diesen Punkt auch ohne Anstrengung schon beherrschte), er würde einen ganzen Tag bestehen müssen ohne zu wissen wie es Kazuya in dem Moment ging… Er würde sich zurückhalten müssen um nicht Kame anzurufen… er… er hoffte darauf, dass dieser Tag schnell vorbei sein würde… Als er zu den anderen Mitgliedern kam sah er, dass sie die Nachricht von Kazuya immer noch nicht richtig verarbeitet hatten. Und Ueda sah richtig wütend aus. Jin fragte sich was passiert war. Kaum war er zu Ueda gekommen erhielt er auch schon die frohe Botschaft. „Sie wollen, dass wir unseren Namen ändern!“, fauchte er, gestikulierte nach oben bei dem Wort „sie“ und sah überhaupt so aus als würde er am liebsten „sie“ zusammenschlagen. Jin blieb verwundert stehen. „Den Namen?“ Wer „sie“ waren dachte er sich bereits… „die von oben“. Koki schnaubte verächtlich. „KAT-TUN, sie wollen dass wir uns was neues zulegen.“ Das schockte Jin dann doch. „Nein!“, rief er aus. Die anderen nickten bekräftigend. „Das haben wir ihm auch gesagt“, schaltete sich Maru ein. „Ich meine… könnt ihr euch das vorstellen?“ Allgemeines Kopfschütteln. „Wann wird denn die endgültige Entscheidung fallen?“, fragte Jin nach. Maru grinste ihm gequält zu. „Du kennst Johnny…-san. Für ihn ist es keine Frage der Zeit mehr, oder ob wir damit einverstanden sind…“ Koki kickte ein Steinchen das auf dem Boden gelegen hatte gegen die Wand. „Nein“, sagte Jin schließlich schlicht und ergreifend. „KAT-TUN ist KAT-TUN. Ich weiß nicht was Kame gerade für ein Problem hat, aber er gehört dazu.“ Jin fühlte sich etwas schuldig bei dieser Aussage. Konnte Kazuya überhaupt irgendwann mal wieder arbeiten? Wollte er es? Zusätzlich dazu hatte er gerade zum ersten Mal gelogen… das lag ihm gar nicht. Junno nickte. „Wir haben es schon gesagt als du… weg warst. Es waren zwar andere Umstände und wenigstens wir wussten was los ist, aber an der Tatsache, dass KAT-TUN eine Band ist, die aus sechs Mitgliedern besteht hat sich nichts geändert.“ Irgendwie war es beruhigend, dass sie diese Tatsache für sich geklärt hatten… Jin wusste, dass es so für sie alle einfacher sein würde die Pressekonferenz zu überstehen. Sie lächelten sich aufmunternd zu. „Los geht’s?“, fragte Maru und sie gingen geschlossen zu den Reportern raus um sich ihren Fragen zu stellen. Kame hatte die Pressekonferenz im Fernsehen mit verfolgt. Es tat ihm leid, den anderen solchen Kummer zu bereiten aber… er war eben zu nichts mehr zu gebrauchen. Gerade jetzt fragte er sich wie genau er es so lange geschafft hatte seine Sinne soweit beieinander zu behalten, dass wirklich niemandem aufgefallen war wie es ihm ging… wirklich ging. Kame blickte zur Uhr, es würde noch lange dauern bis Jin wiederkam. Er stand unentschlossen auf. So war es aber auch schon immer gewesen… immer wenn er Zeit für sich hatte… wusste er nicht was er mit der Zeit anfangen sollte. Er entschloss sich erst mal einen Tee zu machen. Damit hätte er dann vielleicht zehn Minuten des Tages hinter sich gebracht. Es war zum verzweifeln mit ihm. Das wusste er selber. Nach dem Tee beschlich ihn immer noch eine gewisse Unruhe… Er konnte einfach nicht still sitzen bleiben. Ohne lange über irgendwelche Konsequenzen nachzudenken verließ Kame das Haus und machte sich auf den Weg in die Stadt. Von Jin aus waren es zu Fuß vielleicht gerade mal dreißig Minuten. Die Hunde nahm er mit, er konnte schwören, dass sie schon lange keinen ausdauernden Spaziergang mehr gehabt hatten… Er bummelte lustlos durch einige von seinen und Jin Lieblingsgeschäften, hatte aber nichts gefunden was ihm irgendwie zusagte. Immer wieder zog er sich nervös die Kappe tiefer ins Gesicht und rückte die Sonnenbrille zurecht. Er wollte nicht wissen was geschehen würde, wenn ihn jemand erkannte. Aber wie das Leben nun einmal war spürte er, als er eine belebte Gasse entlangging, eine Hand auf seiner Schulter und wurde unsanft herumgerissen. „Kame?“ Koki sank erschöpft auf den Boden nachdem sie endlich von den Pressefritzen freigelassen worden waren. Er fühlte sich ausgelaugt wie schon lange nicht mehr. Ein kurzer Blick auf die anderen zeigte ihm, dass es ihnen nicht viel besser ging. Sie sahen auch so aus als könnten sie sich gleich ins Bett legen und bis zum nächsten Tag durchschlafen. Müde fuhr er sich mit der Hand über die Augen, hörte wie sich jemand neben ihm zu Boden sinken ließ. Ein Seitenblick sagte ihm, dass besagter jemand Junno war. So unglücklich hatte er ihn noch nie gesehen, auch dann nicht als Jin hatte gehen müssen, auch dann nicht als sein Bein gebrochen gewesen war. Das alles waren „Abschiede“ auf Zeit gewesen. Kein „Verrat“, wie die Interviewer es so schön formuliert hatten. Jin blies sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. „Und ihr seid euch sicher, dass wir jetzt noch arbeiten müssen?“, er klang nicht so als würde er das überstehen. Maru legte ihm aufmunternd eine Hand auf die Schulter. „Komm schon Kumpel, das schaffst du“, murmelte er ihm zu, sah aber selber auch so aus als könnte er eine Ladung Aspirin gut vertragen. „Machen wir uns nichts vor…“, fuhr Ueda ihn an. „Ich weiß nicht wie es euch geht, aber ich kann garantiert nichts machen. Wenn ich wüsste was los ist, wenn ich wüsste wann wieder alles normal wird, dann ja. Aber so?“ Er hob hilflos die Arme. Maru blickte ihn wütend an. Ging einige schnelle Schritte auf ihn zu. „Na los, schlag mich doch deswegen!“, fauchte Ueda ihn an. „Leute…“ Die Stimme jagte den anderen einen Schauer über den Rücken. Junno… weinte? Synchron drehten sie sich zu ihm um. „Jetzt… bitte… ich… streitet euch nicht. Wir…“ Junno brach ab. Maru schien wieder alle Kraft verlassen zu haben. „Ganz deiner Meinung“, hörte man Jins mürrische Stimme. Junno lächelte ihm dankbar zu und damit verflüchtigte sich die Spannung im Raum. Koki hatte für einen Moment befürchtet dass es das war. Dass das wirklich das Ende dieser Band war… Er hatte diese Befürchtung schon gehabt als Yuichi ihnen mitgeteilt hatte, dass Kazuya ausgestiegen war; obwohl er der Jüngste war hatte er die Band doch am meisten zusammengehalten. Hatte fast alle organisatorischen Aufgaben übernommen, war der inoffizielle Bandsprecher. Und eben die Person, die all das verkörperte war nun weg… Bevor er diesen Gedanken weiterverfolgen konnte zuckte er überrascht zusammen, sein Handy vibrierte. Hastig kramte er danach, fand es in den Tiefen seiner Hosentasche und hielt es sich ans Ohr. Überrascht runzelte er die Stirn, nickte sich dann anscheinend selber zu und blickte dann auf. „Ja, finde ich auch ungewöhnlich. Aber nein er ist hier, ja, frag ich ihn doch selber… Hmm… Doch, er hat Zeit. Nein, wirklich. Ja, bis dann.“ Die anderen hatten interessiert dem Gespräch gelauscht, nun stand Koki auf und ging zu Jin rüber. „Tomohisa, für dich.“ – „Yamapi?“, echote Jin und nahm überrascht das Handy entgegen. Jin hörte Yamapi kurz zu, dann stand er auf und verließ den Raum. „Also, was ist los?“, fragte Jin nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte. „Ich will wissen warum dein verdammtes Handy aus ist! Seit gestern versuche ich dich zu erreichen, ich muss wohl nicht extra erwähnen, dass es mir nicht gelungen ist?“ Die Stimme von Yamapi überschlug sich fast. Jin dachte nach, sein Handy hatte gar nicht geklingelt die letzten paar Tage… Er holte es raus. „Oh…“ – „Was, oh?“ – „Akku alle…“ Jin hörte das resignierte Seufzen Yamapis. Hätte sich der andere aber auch denken können. „Jedenfalls… eigentlich wollte ich nur wissen wie es dir geht“, Jin öffnete automatisch den Mund um zu sagen, dass es ihm gutging, „aber das ist jetzt ja nicht so wichtig.“ Und schloss ihn empört wieder. Gut dann eben nicht. Er konnte auch schweigen. Sollte der andere… „Jin.“ Die Stimme des anderen klang drängend. „Ich habe gerade Kame getroffen.“ Jin runzelte die Stirn. „Kame?“ Kazuya war doch bei ihm zu Hause oder nicht? Was… wie… war Yamapi bei ihm gewesen? Shit, konnte schon sein. „Pi, weißt du, ich weiß ich…“ – „Jin, halt deine gottverdammte Klappe!“, fiel Yamapi ihm unsanft ins Wort. „Ich war… Nach nem Dreh hatte ich noch Zeit und wollte etwas essen. Und wen seh ich die Straße entlang schlendern? Bingo.“ Kazuya durfte sich auf ein langes und ausdauerndes Gespräch vorbereiten schwor Jin sich in dem Moment. „Also bin ich hin, weil, Gott, natürlich weiß ich von der ganzen Sache…“ Seine Stimme klang entschuldigend. Als könnte er etwas dafür, dass KAT-TUN gerade die größte Krise erlebte die sie je vor sich gehabt hatten… und als ob er was dafür könnte, dass er davon Wind bekommen hatte… „Ist ja auch egal. Jedenfalls wollte ich ihn ansprechen. Er… ich weiß nicht. Jin ich mache mir Sorgen um ihm.“ – „Was zur Hölle ist passiert Pi?“ Jin ahnte worauf das hinauslief. Ihm schoss durch den Kopf wie Kame gestern auf ihn reagiert hatte… als er in seine Wohnung gekommen war… als er gedacht hatte das Jin eigentlich beim Dreh war. Jin biss sich auf die Unterlippe. „Kame ist völlig durchgedreht… ich… ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll… Es war ein Desaster.“ Jin schluckte. „Wo ist Kazuya jetzt?“, fragte er nach. „Ich weiß es nicht… er ist abgehauen…“ Am anderen Ende der Leitung herrschte schweigen. Schließlich… „Jin?“ – „Ja?“ – „Ich denke darüber nach die Polizei anzurufen…“ Jin merkte dass er seine Hände zu Fäusten geballt hatte. Mist. Das konnte doch alles nicht wahr sein! „Yamapi… Ich… willst du ihn anzeigen?“, es klang kläglich. „Nein?“ Nun hörte er die Entrüstung in Yamapis Stimme. „Ich bin doch nicht im Vollsuff und total bescheuert oder?“ Jin atmete erleichtert aus. „Ja, du hast mir immer noch nicht gesagt was er machen wollte? Wovon soll ich denn ausgehen wenn du sagst dass er ausgeflippt ist und du danach sagst dass du die Polizei einschalten willst?“ Seine Erleichterung schlug in Verzweiflung und Wut über. „Er… er hat sich von mir losgerissen… und…“ Yamapis Stimme klang belegt… „Ich weiß nicht ob er realisiert hat dass ich es bin, ich weiß auch nicht wie viele Leute ihn erkannt haben“, etwas Besorgnis wurde in die Belegtheit gemischt, „jedenfalls ließ er erst mal die Hundeleinen, ach hatte ich dir gesagt, dass er mit deinen Hunden unterwegs war?“ –„Yamashita Tomohisa, meine Hunde sind mir gerade gänzlich egal, sagst du mir jetzt was mit Kazuya ist oder nicht?!“ Jin spürte wie Yamapi sich auf seine nächsten Worte vorbereitete. „Er ist auf die Straße gestolpert und wurde von einem Auto ge…rammt? Gestreift? Er lag zunächst auf dem Boden und ich bin zu ihm hingerannt, der Autofahrer übrigens auch… aber Kame hat sich hochgestemmt und ist… dann irgendwie durch die Menschenmasse entwischt…“ – „Ich werde ihn suchen.“ – „Das… Jin. Du darfst nicht…“ Jin schloss die Augen. Yamapi hatte Recht… „Such du ihn… bitte…“, flüsterte er dann. „Ich habe auch meine Arbeit Jin, ich… ich müsste schon längst dort sein…“ – „Ja, dann ist es doch wohl egal ob du noch später oder gar nicht kommst?“, schrie Jin ihn an. „Mal abgesehen davon sind Hunde doch eh im Gebäude verboten oder? Und was habt ihr noch anstehen? Einen Liedtext einüben?“ Er holte tief Luft. Versuchte sich zu sammeln. „Ich kann nicht weg weil wir noch etwas zu Kames plötzlichen Entschluss zu Gehen sagen müssen, in zigtausend Fernsehauftritten. Wenn ich jetzt fehle… du weißt was die Reaktion wäre… Dann wäre es ganz aus. Du kannst ihn suchen! Bitte, tu es für mich.“ Er wusste wie weinerlich er klang. Und er wusste, dass er Recht hatte. Und er wusste, dass Yamapi es endlich auch verstanden hatte. „Ich melde mich wenn ich ihn sehe.“ – „Danke…“ Kazuya stützte sich an der Wand ab. Taumelte ein paar Schritte vorwärts, ignorierte die Schmerzen im Bein, im Kopf, im Rücken, überall… ignorierte das Schreien. Sie würden ihn einholen wenn er sich nicht beeilte. Sie suchten ihn. Wer waren sie? Er wusste es nicht… aber er wusste, dass sie ihn nicht finden durften. Er schmeckte Blut in seinem Mund und stolperte weiter… Fiel hin, stand auf, kroch auf allen vieren vorwärts. Sie durften ihn nicht einholen… Er spürte Hände die ihm aufhalfen, er sah in Jins Gesicht und lächelte ihm zu. Jin zog ihn hoch und half ihm weiter, versteckte ihn, zeigte ihm den Weg… Stützte ihn. Aber warum war er so traurig? Als die anderen aus dem Raum kamen fanden sie Jin heulend am Boden wieder. Sie konnten sich keinen Reim daraus machen… „Jin…?“, versuchte Junno es einmal vorsichtig. „Was wollte Yamapi?“, fragte Koki nach, die anderen guckten Jin gespannt an. Sein Verhalten musste etwas mit dem Anruf zu tun haben, oder nicht? „Ist Tomohisa etwas zugestoßen?“, fragte Maru nach, etwas anderes fiel ihm nicht ein. Jin schüttelte energisch den Kopf. „Kazuya“, brachte er schluchzend heraus. „Kame?“, wiederholten vier verblüffte Stimmen. Sie ließen sich alle auf die Knie sinken. Warteten darauf, dass Akanishi sich genug fasste um ihnen zu sagen was los war… Immerhin… ging sie das alle etwas an. Maru hatte als erster eine Idee. „Weiß Tomohisa den Grund warum Kamenashi aus KAT-TUN austreten wollte?“ Jin schüttelte verzweifelt den Kopf, schluchzte wieder auf, umklammerte das Handy wie eine Rettungsleine. „Lass dir doch nicht alles aus der Nase ziehen!“, fauchte Koki ihn schließlich an. Und Jin erzählte von dem Unfall und Kames merkwürdigem Verhalten. Die Erklärung ließ er unerwähnt. Er brachte es nicht über sich ihnen das auch noch mitzuteilen… Sie waren erst mal für einige Sekunden still… „Ich finde Yamapi hat Recht…“, sagte Maru schließlich leise. Jin sah ihn aus verquollenen Augen an. „Womit?“, krächzte er. „Ich weiß doch, dass…“ – „Polizei“, unterbrach Nakamaru ihn schließlich. „Wir sollten die Polizei verständigen.“ Jin öffnete den Mund, Yuichi hob einen Finger, brachte ihn zum Verstummen. „Lass mich ausreden. Erstens“, zählte er ab, „wissen wir nicht wie es Kame geht. Vergiss nicht, das Auto hat ihn gerammt. Niemand war nah genug um beurteilen zu können wie verwundet er wirklich ist. Kann sein dass in dem Moment so viel Adrenalin durch seinen Körper gepumpt wurde, durch den Schock, dass er selber seine Verletzung nicht registriert hat. Aber das wird irgendwann nachlassen. Unter Umständen wird er sich dann gar nicht mehr bewegen können. Und wer weiß wo und wann das sein wird? Zweitens“, Maru hob noch einen Finger, „je mehr Leute ihn suchen, desto wahrscheinlicher ist es dass er gefunden wird und dass er ärztliche Versorgung erfährt. Oder überhaupt ein Mal durchgeleuchtet wird. Drittens“, es klang so als käme er nun ans Ende seiner Erklärung, „wie wahrscheinlich ist es, einfach mal Kames Charakter betrachtet, dass er vorgestern bei Johnny-san anruft, um kurzzeitig zu sagen, dass er nicht mehr arbeiten kann, nicht mehr arbeiten möchte, um dann gestern schon nicht mal mehr zu erscheinen, sich nicht zu verabschieden oder ähnliches, und heute dann fröhlich durch die Stadt schlendert als ob nichts wäre, als ob es ihm total gut geht? Je eher er gefunden wird desto besser. Ich mache mir nicht nur wegen des Unfalls sorgen. Und warum sollte er vor Yamapi wegrennen sollen?“ Nach dieser ermüdenden Erklärung blickte er abwechselnd in alle Gesichter. Keine Gegenargumente. Nicht mal Jin widersprach. Maru seufzte. „Also ruf Yamapi an und sag ihm, dass er die Polizei rufen soll.“ Jin nickte und wählte auf Kokis Handy die Nummer. „Bleibt nur die Frage“, murmelte er dabei, „was wir machen…“ Keine Antwort. Kazuya lag kraftlos auf dem Boden. Er konnte beim besten Willen nicht mehr weiter. Jin saß neben ihm, sagte nichts. Hatte ihm seine Jacke übergelegt, versuchte ihn so weit wie möglich zu wärmen. Kame hatte das Gefühl dass Jin etwas sagte… er dämmerte vor sich hin… er spürte so gut wie nichts mehr. Ihm war kalt, auch Jins Jacke konnte ihn nicht warm halten. Auch Jin neben ihm nicht. Dafür hatten sie ihn gefunden. Jin versuchte sie von ihm fernzuhalten. Kazuya wollte ihm helfen, aber er konnte es nicht. Sie würden am Ende gewinnen. So wie immer. Mittlerweile wusste er es. Die Erkenntnis war einfach gekommen. Es hatte gereicht zu liegen und zu verstehen. Sie waren nicht da, Jin war nicht da. Und trotzdem… war es für ihn wichtig, dass sie nicht zu ihm kommen konnten. Dass „Jin“ sie von ihm fernhielt. Und er spürte, dass „Jin“ es auch wusste. Kazuya schloss die Augen. Er würde „Jin“ vertrauen müssen. Er selber konnte nicht mehr kämpfen… Es war zum Verzweifeln. Yamapi starrte in das Gesicht des Beamten der erschienen war um den Tatort zu betrachten. Was hatte er gesagt? Bevor sie nach Kamenashi Kazuya suchen konnten mussten sie den Tatbestand aufnehmen? Yamapi ballte die Hände zu Fäusten. Er wusste, wenn Jin hier wäre hätte er ihnen Feuer unterm Hintern gemacht. Aber er selber hatte nicht diese Charakterstärke die Jin auszeichnete. Normalerweise war es ihm gleichgültig… aber jetzt wünschte er sie sich herbei… „Also um das noch einmal zu klären“, begann der Beamte mit gelangweilter Stimme, sprach mit dem Autofahrer, „sie sind hier mit ihren Auto entlanggefahren…“ Nein, dachte Yamapi giftig, er hat es hierhergeschoben, damit es so aussieht als wäre ein Unfall passiert. Ist sein Hobby. Macht er jeden Tag. Er hörte die Stimmen nur noch als Rauschen, wollte dass endlich etwas passierte. Merkte der Kerl noch was? „Warum suchen Sie immer noch nicht?“, mischte er sich dann auch mitten in die Unterhaltung ein. „Weil…“ – „Wollen Sie es verantworten wenn sie Ihrem Vorgesetzten erzählen müssen, dass einer Ihrer Zeugen leider, leider in einem schlechteren Zustand ist als er sein müsste, nur weil Sie sich geweigert haben Verstärkung zu rufen?“ Der Beamte warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Je häufiger Sie mich unterbrechen, desto länger wird das hier dauern und das wollen Sie ja anscheinend nicht, also sollten Sie jetzt still sein, bis ich mich mit Ihnen befassen kann.“ Yamapi kam für einen Moment der irrwitzige Gedanke, dass der Typ Spaß daran hatte seine Beamtenposition auszunutzen. Er war auch versucht so eine Bemerkung loszulassen, aber… dann würde er den Vorgang doch verzögern. Und er wollte nicht wissen wie Jin reagierte wenn er das erfuhr… Das Telefongespräch war doch reichlich wirr gewesen, aber na gut, nachdem ein entnervter Nakamaru das Handy Kokis an sich gerissen hatte, hatte Yamapi kapiert was sie von ihm wollten. Da er am Tatort gewesen war machte es mehr Sinn wenn er die Polizei anrief, und dementsprechend auch dort wartete. Ja, und nun wartete er darauf, dass dieser Typ sich endlich anschickte etwas zu tun… Er drehte sich zu ihm um. „Ich muss Ihre Personalien aufnehmen.“ – „Tomohisa Yamashita, 24 Jahre alt… Sänger.“ Der Polizist warf ihm einen amüsierten Blick zu. „Wohnort?“ Yamapi seufzte und ratterte alle Angaben runter. Nach einer gefühlten Ewigkeit fragte dieser Mann ihn endlich über den Vorgang aus seiner Sicht und wollte dann, oh Wunder, wissen nach wem er suchen sollte und wie besagte Person aussah. Ein Foto würde ihm helfen. Yamapi funkelte ihn wütend an. „Haben sie Internet?“ Von der Frage überrascht nickte der Beamte mechanisch. „Dann geben sie bei Google den verdammten Namen ein und sie bekommen ich weiß nicht wie viele Bilder“, fauchte Yamapi ihn an. Der Beamte gab es über Funk durch. Und es wurde eine Suchmannschaft organisiert. Mittlerweile wurde es langsam dunkel und kühl. Yamapi hatte den Winter noch nie so gehasst wie jetzt. Kazuya streckte sich nach „Jin“ aus, der regungslos neben ihm auf dem Boden lag. Langsam kroch er zu ihm hin, kuschelte sich an ihn dran, wollte doch noch so viel Geborgenheit wie möglich haben… „Es tut mir Leid“, flüsterte „Jin“. Kame schüttelte den Kopf. „Jin“ strich ihm einmal durch die Haare. „Dass ich dich nicht beschützen kann…“ Kazuya weinte, nein, er hatte doch keine Schuld. Es war seine Schuld, dass er so… abhängig davon war, dass man ein wachsames Auge auf ihn hatte, dass man ihn behütete. Wenn er anders wäre dann… er schluckte. „Mir tut es leid…“, flüsterte er. Sie kamen näher. Und „Jin“ verschwand. Kazuya hatte nur noch Luft in der Hand. Er bohrte sie in den Boden wo „Jin“ gelegen hatte, holte eine Handvoll raus. Hielt sie fest, als wäre sie ein guter Ersatz für… den Ersatz… Wie erbärmlich, schoss es ihm durch den Kopf. Er zog seine Beine näher an sich ran. Mit „Jin“ war auch dessen Jacke verschwunden. Jetzt fühlte Kazuya sich noch schutzloser als vorher… Er drückte die Erde gegen seine Brust. Weinte. Und hörte wie sein Name gerufen wurde. Jemand hob ihn sanft hoch. Sie fingen an zu schreien. Merkte er nicht, dass sie da waren? Merkte er nicht, dass sie ihn holen würden? Merkte er nicht, dass sie ihn auch verletzten würden? Aber er blieb bei ihm, murmelte immer wieder seinen Namen, strich ihm die Tränen weg. Er hörte eine andere Stimme. Sie klang hektisch. Sie schrien immer lauter, hatten sie Angst? Dass er ihnen entrinnen konnte? Das war doch nicht möglich… er konnte nicht mehr weg… aber… wenn sie sich davor fürchteten… er schloss die Augen als helles rotes Licht immer näher kam. Es war so laut, das Getöse um ihn herum. Er wurde leicht geschüttelt, vorsichtig, gerade genug, dass er die Augen wieder öffnete. Sie beugten sich über ihn, warteten darauf dass er einschlief… Nein… er musste wach bleiben, sie durften ihn nicht mitnehmen… Er spürte wie mehr Hände nach ihm griffen, er wand sich etwas, wollte es nicht, dass sie ihn mitnahmen, aber sie schrien lauter… also… waren sie es nicht? Er war so verwirrt… der Himmel über ihm begann sich zu bewegen und plötzlich war er weiß, ganz weiß… Er hörte sie nicht mehr… konnte er jetzt schlafen? Er war so müde… Er schloss die Augen, als das Rütteln wiederkam konnte es ihn nicht dazu bewegen bei Bewusstsein zu bleiben. Diesen Kampf hatte er verloren. Schon vor drei Jahren. „Also verstehe ich das richtig…“, murmelte Koki, „wir… gehen wieder zur Arbeit und tun nichts?“ Er klang fassungslos, als würde ihm allein diese Möglichkeit zur Weißglut bringen. „Hast du eine bessere Idee?“, wollte Ueda wissen. „Was können wir denn schon tun?“ – „Ihn suchen?“, schlug Jin hoffnungsvoll vor. Er wusste selber nicht wie sie das anstellen sollten, aber Yuichis gerade gezeigter Realismus hatte ihn gebührend beeindruckt. Vielleicht hatte er eine Idee. Dieser schüttelte den Kopf, Jins Herz zog sich zusammen, dann merkte er, dass Yuichi nachdachte. „Es muss eine Möglichkeit geben…“, flüsterte er auch in dem Moment. Legte sich die Fingerspitzen gegen die Schläfen. „Wenn wir gehen, dann alle… ansonsten…“ er gestikulierte hilflos. Dann sah er Jin streng an. „Das gilt vor allem dir, ich will keinen Alleingang von dir sehen!“ Jin nickte ergeben. In seinem Kopf herrschte Chaos, er glaubte nicht, dass es ihm möglich sein würde jetzt alleine eine Entscheidung zu treffen. „Wieso fragen wir nicht Johnny-san?“, schlug Junno schüchtern vor. „Bitten ihn darum, dass er uns den Rest des Tages freigibt? Ich meine… er ist kein Unmensch, er wird es verstehen… Vielleicht kann er auch etwas bewirken?“ Sie blickten alle Junno an. Maru, der immer noch das Handy in der Hand hielt, wählte die Nummer ihres Chefs. Eine andere Idee hatte er auch nicht… Koki kniete neben ihm nieder, drückte die Lautsprechertaste. Jins Herz schlug ihm bis zum Hals. Es musste einfach klappen. Das Klingeln war nerv tötend. Ueda hatte mittlerweile Jin eine Hand auf die Schulter gelegt, hielt ihn am Boden. Er machte zwar keine Anstalten aufzustehen… aber bei Akanishi konnte man nie wissen. Endlich wurden sie zu Johnny-san durchgestellt. Er wollte wissen was sie wollten. Alle starrten Maru an, dieser hatte sich in Kames Abwesenheit scheinbar den Titel des Vernünftigsten unter ihnen erworben. Also begann er zu erklären. Ihre Sorgen, ihren Wunsch. Ihre Bitte. Wieder wollte Jin wissen wie Kazuya es geschafft hatte Johnny-san diese „Gunst“ abzuluchsen, dass er nicht arbeiten musste. Diese Stille auf Marus Worte… Uedas Hand auf Jins Schulter verkrampfte sich. Sie durften gehen. Sie durften ihn suchen. Und Johnny würde der Polizei Feuer unterm Hintern machen. Yamapi beobachtete voller Befriedigung, wie der Polizist sich seinem Vorgesetzten rechtfertigen durfte. Scheinbar hatte er gerade den Befehl von ganz oben ignoriert (unwissentlich zwar aber…) und die Suche nach Kamenashi Kazuya verzögert. Er entschuldigte sich vielmals. Der neue Beamte drehte sich zu Yamashita um, verneigte sich kurz und erklärte, dass ein gewisser Johnny Kitagawa seine ganze Reputation in diesen Fall gelegt hatte, etwas was die Polizei nicht ignorieren konnte. Yamapi wusste nicht wer diese Idee gehabt hatte, aber sie war Gold wert. Er selber wurde hier nichtmehr gebraucht. Er blickte auf Jins Hunde. Sie mochten Kame. Sehr sogar. Würden sie ihn finden? Auf jeden Fall würde er suchen helfen und sie dabeizuhaben konnte nicht schaden. Sie hatten Zweiergruppen gebildet. Im Nachhinein würde Koki sich fragen wie es passiert war, dass er und Jin in einer Gruppe gelandet waren, die beiden die am wenigsten nachdachten. Vielleicht hatten die anderen erkannt, dass Jin eh nicht mehr gestoppt werden konnte. Und dass er, Koki, es nicht versuchen würde. Maru und Ueda waren zusammen losgezogen und Junno hatte sich Yamapi angeschlossen, den Maru angerufen hatte damit Junno wusste wo er hinmusste. Er und Jin waren zu einigen Orten gerannt die Koki nicht kannte. Er fragte sich warum Jin Kazuya hier suchte. Andererseits… er war sein bester Freund. Wenn einer ahnen konnte wohin Kamenashi verschwunden war, dann er. Plötzlich rief Jin Kazuyas Namen. Koki folgte Jin. So schnell hatte er den anderen erst einmal rennen sehen, damals war Kame von der Bühne gefallen… Koki ahnte schlimmes… „Kazuya!“, rief Jin verzweifelt. Er sah ihn da liegen, so gut wie regungslos, unter irgendeinem Gebüsch, bedeckt mit Schlamm. Jin rannte ihm entgegen, ging neben ihn auf die Knie, sah das Zittern Kames, er musste frieren… Langsam hob er Kame etwas hoch, platzierte seinen Oberkörper auf seinen Beinen, hielt ihn so fest. „Kazuya“, flüstere er und strich ihm die Haare aus dem Gesicht. Jin schluchzte auf. Er wusste sofort, dass Kame ihn nicht sah, ihn vielleicht nicht einmal hörte, spürte… trotzdem… Jin sah dass Kazuya weinte… stumm zwar, aber die Tränen fielen. „Kazuya“, murmelte er wieder. Koki hatte ihn eingeholt. Sobald er Kamenashi sah holte er sein Handy raus, rief nach einem Krankenwagen. „Kazuya, hörst du mich?“, fragte Jin seinen Freund, strich ihm die Tränen aus dem Gesicht. „Siehst du mich? Weißt du das ich da bin?“ Er blendete Koki aus, er war für ihn nicht da… Kazuya… er wirkte so verletzt, so zerbrechlich… so verwirrt. Ängstlich. „Ich bin hier…“, murmelte Jin lehnte sich etwas tiefer, zog Kazuya etwas näher an sich ran, wollte ihn wärmen, wollte dass er mit ihm die Plätze tauschen konnte… „Ich lasse nicht zu dass dir etwas passiert, hörst du? Ich sorge dafür, dass es dir wieder besser gehen wird. Dass du wieder richtig lachen kannst.“ Koki war verstummt. Stand hinter ihm, sagte zunächst nichts. „Jin…“ Akanishi ignorierte ihn. Er schluchzte hemmungslos auf. „Du wirst wieder gesund Kazuya… Du wirst schon sehen ich…“ – „Jin… er… er stirbt“, sagte Koki, gerade laut genug dass Jin ihn nicht ignorieren konnte. „Sei still!“, schrie er, Kazuya schloss langsam die Augen… nein, nein, nein, das durfte nicht passieren! „Kazuya!“ Er wagte es nicht ihn feste zu schütteln, er hatte einen Unfall gehabt… aber das leichte Rucken schien zu reichen… Kazuya öffnete die Augen wieder. „Du darfst nicht schlafen!“, schrie Jin ihm ins Gesicht. Hoffte dass Kame ihn gehört, ihn verstanden hatte. Er war zu unterkühlt… wenn nicht bald etwas passierte… dann… Jin verfluchte seine eigene Dummheit, ließ Kazuya kurz los und zog sich das Shirt über den Kopf, bereitete es über Kazuyas Oberkörper aus. Nur wenige Sekunden später lag auf Kokis Oberteil auf seinem. Kazuya reagierte nicht, hatte aber die Augen geöffnet. Jin hoffte, dass das half… das bisschen Wärme… Koki neben ihn drehte sich zur Seite. „Na endlich“, murmelte er. Auch Jin sah die Lichter, sah wie sie sich in den Gegenständen um ihn herum wiederspiegelten. Er hörte die Sirenen. Koki trat etwas weiter weg, machte den Sanitätern den Platz frei. Die ersten erreichten Jin und Kazuya sie hatten eine Liege dabei, sie hoben Kazuya hoch, während dieser Prozedur wehrte er sich noch etwas. Jin hatte die Hoffnung, dass das ein gutes Zeichen war. Dass Kazuya nicht verloren war. Sie brachten ihn Richtung Krankenwagen, bedeckten ihn auf dem Weg mit einer Decke. Jin rannte ihnen hinterher, auch Koki setzte sich in Bewegung, sie warteten nicht auf die Beiden. Sie waren keine Familienangehörige. Sie durften nicht mit ihm fahren. Das letzte was Jin von Kazuya sah war, wie dieser die Augen schloss. Er schrie noch einmal seinen Namen, dann war die Tür zu und der Krankenwagen fuhr los. Kapitel 2: Kapitel 2 – Moving on -------------------------------- “To leave somewhere for another place; To start dealing with something else” Als Jin und Koki das Krankenhaus erreichten waren alle bis auf Yamapi bereits da. Sie standen oder saßen vor einer Tür über der das Notaufnahme Zeichen blinkte. Das einzige was sie jetzt machen konnten war beten… Nach einer Stunde kamen Kazuyas Eltern, Brüder. Sie hatten erst vor kurzem erfahren was los war… Natürlich hatten sie gewusst, dass Kame sich aus der Band zurückgezogen hatte, es war schwer gewesen es zu übersehen… aber er hatte mit ihnen vorher nicht über diese Entscheidung gesprochen… hatte sie hinterher nicht verständigt… seine Mutter hatte versucht ihn zu erreichen, aber sie hatte ihn nicht erreichen können. Jin hörte ihr zu, verstand die Worte kaum die sie sagte, immer wieder von ihren Schluchzern unterbrochen. Sie wollte wissen wie es Kame jetzt ging… die anderen konnten nur mit vagen Auskünften weiterhelfen. Ihnen war nicht so viel mitgeteilt worden… Das einzige was sie wussten, war, dass Kazuya gefährlich unterkühlt war. Und dass die Verletzungen von dem Unfall doch schlimmer waren als man angenommen hatte (die Ärzte wunderten sich, dass er sich so weit wegschleppen konnte…). Die Tür zum Behandlungszimmer wurde geöffnet, einer der Ärzte trat heraus, blickte in alle Gesichter, runzelte die Stirn. Schließlich trat Kazuyas Vater vor. „Wie geht es meinem Sohn?“ Er klang gefasst… Ganz anders als seine Frau… Jin vermutete dass er wohl eher wie Kames Mutter reden würde. Wenn er würde reden müssen bezweifelte er, dass er etwas herausbringen könnte… Der Arzt nahm die beiden zur Seite, Kazuyas Brüder entschlossen sich zu warten. Wahrscheinlich wollten sie die Nachricht über den Zustand ihres Bruders lieber aus dem Mund ihrer Eltern hören… Jin schluckte seine Verzweiflung runter. Er musste in Kazuyas Stärke vertrauen. Nur… wusste er nicht wie viel von ihr noch übrig war… Er setzte sich hin und wartete einfach darauf, dass ihm irgendjemand sagen würde… was los war… wie viel man noch hoffen konnte… Der Arzt hatte es sich in einem Stuhl bequem gemacht, bedeutete es Kamenashis Eltern es ihm gleichzutun. Nachdem dies geschehen war begann er, nicht ohne vorher einen Blick auf den Zettel zu werfen den er bei sich hatte. „Zuerst einmal… wir hatten Glück dass Kamenashi-san relativ… schnell gefunden wurde. Jede weitere Minute hätte den ärztlichen Eingriff nur erschwert oder… unnötig gemacht.“ Der Arzt legte das Papier zur Seite, blickte den Eltern nunmehr in die Augen. „Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich keine genaue Diagnose darüber stellen wie lange die körperliche Genesung dauern wird. Ich kann Ihnen leider auch keine ungenauen Angaben nennen. Momentan kann ich Ihnen nur sagen was wir bis jetzt über seinen Zustand erfahren haben.“ Oh, diesen Teil seiner Arbeit hasste er. Die Menschen wünschten sich Trost, nur den konnte er nicht immer geben. Er räusperte sich unbehaglich. „Wäre Kamenashi-san am Unfallort geblieben, nun, dann hätten wir jetzt eindeutig weniger Probleme. Wahrscheinlich stand er unter Schock, dass würde sein Verhalten erklären jedoch…“ Er merkte, dass die beiden Menschen vor ihm sich herzlich wenig um seine Erzählung scherte, ihrer Meinung nach sollte er zum Zustand ihres Kindes kommen. Er verstand sie gut aber… „Was genau ist denn nun mit Kazuya?“, fragte der Mann ihn. Drückte die Hand seiner Frau, die den Tränen eindeutig näher schien. „Nun, er leidet unter einem Polytrauma verursacht von Hypovolämie und gleichzeitig dazu, eine Folgeerscheinung davon, dass Kamenashi-san vom Unfallort geflüchtet ist an schwerer Hypothermie.“ Erst nachdem er die ratlosen Blicke gesehen hatte wurde ihm wieder bewusst, dass diese Worte wahrscheinlich nicht jedem etwas sagten… „Mit anderen Worten“, sah er sich genötigt zu erklären, „Er leidet an einem Schock, versursacht durch den Unfall und Blutungen“ – „Uns wurde gesagt, dass er nicht schwer verletzt ist?“, die Stimme der Frau klang leicht hysterisch. „Blutung?“, fragte ihr Mann gleichzeitig. „Innere Blutungen. Deswegen wundert es uns auch, dass Kamenashi-san sich noch so lange bewegen konnte… Möglich ist auch, dass die inneren Verletzungen erst dadurch entstanden sind…“ Er runzelte missbilligend die Stirn, es war klar, dass er Kazuya die Schuld am Grad der Verletzung gab. „Die Lungen sind in Mittleidenschaft gezogen worden, außerdem ist der Blutverlust recht hoch…“ Er räusperte sich wieder. „Das nächste eindeutige Symptom ist eine schwere Unterkühlung. Im Moment tun wir alles um Ihrem Sohn zu helfen aber… Es tut mir Leid, dass ich Ihnen nicht das sagen kann, was Sie sich erhofft hatten.“ Mit diesen Worten stand er auf und bewegte sich zur Tür. Das war eben auch sein Job… Jin hob den Kopf als der Arzt an ihm vorbei wieder in dem Zimmer verschwand in dem Kazuya lag. Wenige Sekunden später folgten ihm Kames Eltern… Sie gingen zu ihren Söhnen und berichteten mit leiser Stimme was der Arzt gesagt hatte. Jin wollte aufstehen und zu ihnen gehen aber… das stand ihm nicht zu… Es dauerte etwas aber schließlich hatte Kames Vater sich zu den Bandmitgliedern umgedreht. Wiederholte auch ihnen was der Arzt gesagt hatte. Jin blickte gen Boden. Sollte er sagen was außerdem noch Kazuyas Zustand verschlechterte? Von seinen… Halluzinationen? Die (wahrscheinlich jedenfalls) nicht ganz unerheblich dazu beigetragen hatten wie Kame auf Yamapi reagiert hatte? Und sein Verhalten danach? Gerade als er den Mut gefunden hatte und es sagen wollte blickte er auf und all sein Mut verließ ihn wieder. Er musste sich nur einmal Kazuyas Familie ansehen um zu wissen, dass sie noch so eine Nachricht nicht verkraften würden. Also schwieg er. Jin zog sich das Kostüm an. Wieder einmal trat KAT-TUN nur zu fünft auf… Diesmal war er jedoch dabei… Er würde alles dafür geben… wenn es anderes wäre. Wenn er an seiner Stelle fehlen konnte. Mittlerweile schrieben die Zeitschriften, dass der „Rücktritt“ Kamenashis ein vorgeschobener Grund gewesen sei. Dass er in Wirklichkeit den Unfall schon vorher gehabt hatte. Akanishi schnaube verächtlich. Eigentlich war es ganz einfach diese Presseleute auf eine falsche Fährte zu locken. Seinen Grund nach Amerika zu fliegen hatten sie bis heute immer noch nicht herausgefunden. Eine erbärmliche Leistung… Er blickte sich zu seinen Kollegen um. Auch sie bereiteten sich auf den Auftritt vor. Zupften die Kleidung ein letztes Mal zurecht. Tja, an Johnnys Countdown gab es keinen Weg dran vorbei. Das erste Mal seit Kazuyas Unglück, dass KAT-TUN öffentlich auftrat… Jin schluckte. Es fühlte sich wie ein Verrat an. Auch wenn Kame schon eher ausgetreten war… Scheinbar ging es den anderen ähnlich. Junno sah so aus als würde er am liebsten einfach wieder nach Hause gehen. Koki hatte sich von den anderen abgeschottet und Maru und Ueda… Jin blickte zur anderen Seite von sich. Sie saßen da und starrten Löcher in die Luft. Eigentlich wäre Jin jetzt bei Kazuya… Jede freie Minute verbrachte er dort… es waren trotz keinen Auftritten nicht sehr viele Momente… aber… er hatte Angst, dass Kazuya dann aufwachen würde wenn er nicht da war… oder seine Eltern… oder Brüder… und sie alle konnten zur Zeit nicht… deswegen… Jin schluckte. Kame war in den vergangenen Tagen nicht aufgewacht, es hatte nicht einmal einen Hinweis darauf gegeben, dass dieser Fall bald eintreten könnte. Also war es egal… nur… Jin seufzte. Sie waren gleich dran. Er musste sich auf seinen Job konzentrieren. So wie alle anderen auch. Noch einmal verdrängte er alle Gedanken die um Kazuya kreisten und trat dann in das Lampenlicht heraus. Sang. Vergaß alles. Es war so still. So warm… so hell. Er konnte die Augen zwar nicht öffnen, aber die Helligkeit nahm er auch so war. Wo war er? Er wusste es nicht… und je länger er darüber nachdachte desto weniger interessierte es ihn… Atmen tat weh, wach sein tat weh… er driftete wieder ab, wollte zurück in die Dunkelheit… Mit einem Handtuch wischte Jin sich den Schweiß vom Gesicht. Er freute sich auf die Dusche gleich. Auf das Essen… und irgendwie auch darauf wieder zu Kame zu kommen. Wahrscheinlich war die Besuchszeit dann eh schon wieder fast rum, aber was tat man nicht alles? Jin pfefferte sein Oberteil irgendwo hin und begann die Hose auszuziehen. Als das getan war wanderte sie wenig elegant zum Shirt. Nur in seiner Unterhose ging Jin zu den Duschen, ergatterte sich eine und drehte das Wasser voll auf. Wusch all den Schweiß weg. Das war das Eklige an den Auftritten. Nachdem der Adrenalin spiegel gesunken war und man feststellte, dass man in einer Pfütze stand. Kazuya hatte diesen Zustand immer gehasst, Jin wusste nicht wie der Jüngere es geschafft hatte, aber grundsätzlich war Kame als erster unter der Dusche gewesen. Und wenn sie mit anderen Bands zusammen auftraten… und Jin sich einmal vor ihm eine Dusche gesichert hatte wurde er jedes einzelne Mal von Kame aus dieser vertrieben und durfte warten bis der Jüngere fertig war. Aber jeder hatte seine Marotten und Jin fand sich damit ab… hatte sich damit abgefunden… Er ignorierte die Tränen standhaft, welche sich wieder in seinen Augen einnisteten. Er wünschte sich diese alte Zeit zurück… Aber auch wenn Kazuya aufwachte hieß das noch lange nicht, dass der Jüngere ihn jemals wieder in so eine Situation bringen würde… Jin hatte Angst davor… wenn Kazuya nicht mehr bei Johnnys Entertainment bleiben würde… wenn er es psychisch nicht schaffen würde… würden sie dann Freunde bleiben können? Würden sie sich sehen können? „Nicht die Hoffnung aufgeben alter Knabe“, flüsterte Jin sich zu, drehte das Wasser ab und begann sich abzutrocknen. Vielleicht waren diese… Halluzinationen ja jetzt plötzlich weg? Jin wollte sich seine normalen Sachen anziehen gehen. Auf dem Weg zum Umkleideraum ging er an Nakamaru vorbei, dieser drehte sich zu Jin um und blieb stehen. „Jin?“ – „Hm?“ Etwas überrascht blickte er den Älteren an. „Was gibt es?“ – „Wir wollen alle gleich essen gehen und fragen ob du mitkommst?“ Jin grinste schief. „Eigentlich wollte ich nur eben was in den Magen stopfen um dann schnell zu Kazuya…“ – „Darum geht es!“, rief Maru aus. Jin erschrak ob dieses Ausbruchs. Wie bitte? „Kazuya, Kazuya, Kazuya! Jin, er wacht nicht davon auf, dass du neben ihm sitzt und dich gehen lässt! Wann hast du das letzte Mal ordentlich gegessen? Geschlafen?“ Jin kannte diese Standpauke. Die hatte normalerweise er immer gehalten… und zwar keinem geringeren als Kame selbst. Aber… es waren doch andere Umstände! Hier ging es nicht um die Arbeit sondern um einen verletzten Freund! Verstand Yuichi es nicht? „Jin, denk bitte einmal nach!“ Maru klang als hätte er in letzter Zeit nur von Aspirintabletten leben können. Und als sei Jin die Ursache dieses Ernährungsstils. „Würde Kazuya sich freuen wenn das erste was er sieht ein Akanishi Jin ist, der abgemagert, ungepflegt und müde aussieht?“ Wahrscheinlich nicht… „Oder würde er sich freuen wenn er einen Jin sieht, der zwar besorgt aber ansonsten vollkommen gesund und glücklich aussieht? Auch wenn er einige Minuten auf ihn warten muss?“ Jin seufzte. Gegen diese Argumente konnte er nichts sagen. „Ich warte auf euch.“ Nakamaru nickte zufrieden. Wer hatte ihm gesagt, dass es unmöglich sein würde Jin umzustimmen? Lustlos stocherte Jin in seinem Essen rum. Er zwang sich selber den Teller aufzuessen und einigermaßen an dem Gespräch der anderen teilzuhaben. Irgendwie war es schon lieb und nett wie sie versuchten ihn aus seinen Gedanken zu reißen, ihn aufzumuntern… nur leider waren sie ein schäbiger Ersatz für das was Kazuya darstellte. Er hielt sich fest, an dem Boden auf dem er lag… aber… er war viel zu weich… Es war zu hell… Er wollte nicht dorthin gehen. Es war zu still… es tat zu sehr weh. Er versuchte sich so hinzulegen, dass die Schmerzen verschwanden, aber sie wurden nur größer. Er stöhnte auf. Wollte jemanden sagen, dass es wehtat, dass ihm jemand helfen sollte… er spürte etwas Kaltes und dann… war der Schmerz weg und er konnte zurück ins Dunkel. Es fühlte sich so viel besser an… Ein Blick auf die Uhr belehrte Jin, dass die Rezeptzionistin Recht hatte, und die Besucherzeit tatsächlich seit fünf Minuten abgelaufen war. Es war zum Verzweifeln. Er entschuldigte sich dafür, dass er zu spät war, verwünschte im Stillen die Regeln und gab sich geschlagen. Die ersten paar Mal hatte er versucht die Pfleger zu erweichen, ihn doch etwas länger bleiben oder etwas später noch zu Kazuya zu lassen. Da er aber jedes Mal gescheitert war machte er sich keine Hoffnung darauf, dass es nun besser laufen würde. Zuhause angekommen hatte er keine Motivation irgendetwas zu machen. Und am nächsten Tag war eh nur ein Bandtreffen angesagt, ansonsten hatte er den ganzen Tag frei. Er wusste schon was er machen würde. Seinen heutigen Besuch nachholen. Und sich Yuichis Rat zu Herzen nehmen. Er würde mehr Acht auf sich geben. Aber das war leichter gesagt als getan, er konnte sich auf nichts konzentrieren, aber um wenigstens etwas Ablenkung zu bekommen beschloss Jin schließlich Yamapi anzurufen, vielleicht hatte er etwas zu erzählen was ihn ablenken konnte… Jin saß traurig neben Kames Bett. Er war seit einer Stunde alleine, die Eltern Kazuyas waren bis eben noch hier gewesen, aber sie mussten länger wieder nach Hause fahren… und frei hatten sie nicht mehr. Ihm selber blieb auch nicht mehr viel Zeit um zu bleiben da die Besuchszeit so gut wie um war. Keine Zeit mehr um dem Atem von seinem Freund zu lauschen, und ansonsten konnte er hier nicht wirklich etwas tun. Gerade hatte er einen Zettel auf den Knien, versuchte verzweifelt einen Text zu einer Melodie zu erfinden, hörte dazu auch entsprechendes Lied über seine Kopfhörer, aber irgendwie bekam er nichts zustande. Er seufzte auf die drei mickrigen Zeilen die er in fünf Stunden fabriziert hatte. Wenigstens würde ihm keiner vorwerfen können, dass er nichts tat, wenn er zu Kazuya kam. Müde schloss er die Augen, lehnte sich etwas zurück und konzentrierte sich auf die Melodie. Letztendlich brachte es aber auch nichts, er lehnte sich wieder nach vorne, faltete den Zettel zusammen und packte ihn in seine Tasche, blickte auf die Uhr. Acht Uhr, Zeit zu gehen. Er warf sich seine Tasche über die Schulter, warf einen letzten Blick auf Kame und blieb mit dem Fuß in der Luft stehen. Kazuyas Augen waren offen. „Kazuya!“, rief Jin aus, ließ die Tasche wieder fallen und beugte sich über seinen Freund, der etwas verwirrt schien, so als wüsste er nicht recht wo er sich befand, und weshalb. „Kazuya, hörst du mich?“, fragte Jin und es schien ihm so als würden sich Kames Augen auf ihn konzentrieren wollen, aber… „Wenn Sie bitte gehen würde, die Besuchszeit ist soeben vorbei“, hörte Jin die nervige, gemeine, hinterhältige, böse, verräterische und… ja, Jin war sich darüber im Klaren, dass er gerade etwas subjektiv dachte, dennoch… Er drehte sich zu der Krankenschwester um. „Bitte, er ist gerade aufgewacht und…“ Jin sah sofort, dass er keine Chance hatte. Die Krankenschwester kannte er bereits… der Drache in Person… „Entweder sie gehen jetzt freiwillig, oder ich sorge dafür, dass sie raus begleitet werden.“ Jin warf Kazuya noch einen Blick zu… „Ich komme morgen wieder“, versprach er und ging durch die Tür. Er wusste nicht welches Gefühl gerade die Übermacht gewann, die Freude, dass Kame wieder zu sich gekommen war oder die Wut darüber, dass er gehen musste. Sobald er das Krankenhaus verlassen hatte wählte er die Nummer von Kazuyas Eltern. Kame versuchte sich zu bewegen, aber er konnte nicht. Es schien so, als wollte ihm sein eigener Körper nicht mehr gehorchen. Außerdem… wo war er? Wieso war er hier? Langsam öffnete er seine Augen, es kostete ihn unglaubliche Anstrengung nur diese… Tätigkeit zu vollbringen. Er blinzelte einmal. Es war… wirklich zu hell… die Decke war zu weiß. Er schloss die Augen wieder, öffnete sie. Die Welt um ihn herum gewann etwas an Schärfe, er konnte wie durch einen Schalldämpfer Geräusche hören… Und dann sah er etwas verschwommen vor seinem Gesicht auftauchen, er konnte die Worte nicht verstehen die gesprochen wurden, aber die Stimme erkannte er… Jin… Er versuchte ihm zu sagen, dass es ihm gutging aber… er konnte seinen Körper einfach nicht dazu bringen das zu tun was er ihm sagte! Die Gestalt (Jin wahrscheinlich) verschwand wieder aus Kazuyas Blickfeld, er hörte ihn noch etwas sagen… und dann… war er weg. Er hatte keinen Grund mehr die Augen aufzuhalten, das letzte was er sah war wie sich einige Menschen um ihn versammelten… aber… das war er ja gewohnt… er wollte trotzdem… lieber seine Ruhe haben… deswegen schlief er wieder ein. Das nächste Mal als Kame erwachte waren seine Eltern bei ihm. Es sah so aus als hätte seine Mutter geweint… Einen kurzen Moment lang verspürte er Schuldgefühle, wusste aber nicht genau weswegen… „Mama?“, krächzte er unter Mühen heraus, sofort nahm sie seine Hand und fing wirklich an zu weinen. „Oh mein Gott… Kazuya, ich“, sie stockte, wischte sich die Tränen weg und lächelte ihm wage zu. Sein Vater stand an ihre Seite, legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Wie geht es dir?“, fragte er ihn. Kazuya dachte nach, er wusste es nicht. Müde, verletzt, traurig, froh, verwirrt… was sollte er antworten? Er öffnete seinen Mund, aber die Worte die er letztlich gewählt hatte blieben aus, er konnte nichts mehr sagen. Müde schloss er die Augen, öffnete sie wieder. „Schon okay Liebling“, flüstere seine Mutter ihm zu und strich ihm über das Haar. Kame nahm all seine Kraft zusammen. „Wo bin ich?“ – „Im Krankenhaus“, antwortete ihm sein Vater, seine Mutter konnte nur schluchzen. Kame runzelte verwirrt die Stirn, er wollte wissen wieso, hatten sie etwa… herausgefunden was mit ihm nicht stimmte? Waren sie deswegen so… nein, momentan waren sie glücklich, aber… warum war er dann hier? Seine Eltern schienen seine Verwirrung zu sehen. Er musste nicht mal nachfragen. „Du… du hattest einen Unfall…“, schluchzte seine Mutter wieder los. „Und… es hat etwas gedauert bis man dich gefunden hat. Der Arzt meinte…“ Ihre Stimme versagte wieder. Nach kurzer Zeit hatte sie sich gefangen. „Der Arzt meinte letztens, dass wenn du nicht in den nächsten paar Tagen aufwachst, dass du… lange…“ Sie wischte sich die Tränen weg, führte den Satz nicht zu Ende. Unfall? Verschwommen erinnerte er sich daran, dass er bei Jin gewesen war… dass er in die Stadt gegangen war… jemand hatte ihn angesprochen… und danach nichts. Er schloss die Augen wieder, hatte Kopfschmerzen bekommen. „Akanishi-kun war bei dir“, sagte sein Vater plötzlich. „Er hat sich Sorgen gemacht, war fast jeden Tag hier.“ – „Er sollte mehr essen“, sagte Kazuyas Mutter missbilligend. Kame lächelte, jemand den man nie zum Essen auffordern musste… sollte mehr essen. Manchmal waren Mütter einfach liebenswert. „Die anderen aus deiner Band waren auch hier… ein paar Mal“, meinte sein Vater jetzt vorsichtig, Kame wusste nicht ob die Vorsicht daher rührte, dass er von den Neuigkeiten erfahren hatte… oder daher dass er befürchtete sich noch etwas über Essensgewohnheiten hören zu müssen. Aber obwohl seine Frau den Mund zu einem Strich zusammengepresst hatte sagte sie nichts. „Sollen… wir ihnen irgendetwas ausrichten?“, fragte er schließlich nach. „Dass es mir Leid tut…“ Jin rannte Richtung Krankenhaus, sein Arbeitstag war heute wieder einmal vollgestopft gewesen und am Ende dieses bescheuerte Interview, das etwa eine Stunde länger gedauert hatte als geplant. Mit anderen Worten: Ihm blieben vielleicht dreißig Minuten bei Kame, wenn er schnell genug war. Und zwar gerade dann, wenn er zwei Tage hintereinander wach gewesen war, und einen der Tage… hatte er Kazuyas Eltern überlassen, er hatte nicht stören wollen. Und davor war er verscheucht worden. Das war doch alles nicht zu fassen? Als er endlich die Tür erreichte war er verwundert. Er hörte mehrere Stimmen. Langsam öffnete er die Tür und stellte fest, dass die ganze Band anwesend war. „Hey Jin!“ Koki winkte ihm zu und bedeute ihm näher zu kommen. “Das hattet ihr also vor?”, fragte Jin lachend. Er hätte es sich denken können. Mit einem Blick auf Kame stellte er fest, dass er wach war. Erleichtert holte er sich einen Stuhl und gesellte sich zu den anderen. „Wie geht es dir?“, frage er Kame schließlich. Dieser… schaute kurz zu ihm hin um dann die Bettdecke zu betrachten. „Weiß nicht… merkwürdig.“ Es klang klagend. „Kein Wunder“, meinte Koki dann, immer noch die gute Laune in Person. „So lange wie du geschlafen hast wundert es mich nicht, dass dein Körper gerade rumzickt.“ Jin warf Koki einen wütenden Blick zu, aber dieser ignorierte seinen Kollegen einfach. „Bei was habe ich euch gerade unterbrochen?“, wollte Jin wissen. „Bei nichts“, antwortete Ueda ihm. „Wir sitzen hier und unterhalten uns.“ – „Ach, stell dir vor, darauf wäre ich auch gekommen…“, seufzte der Brünette auf. Ueda zog eine Schnute. Während der Unterhaltung blickte Jin immer wieder zu Kazuya, der ihnen still zuhörte. Wahrscheinlich war er noch nicht wieder so kräftig, als dass er sich wirklich lange unterhalten konnte. Zwischenzeitlich hatte Jin das Gefühl, dass der Jüngste immer wieder wegnickte, aber… sicher war er sich nicht. Nach einiger Zeit kam der „Drache“ wieder und beförderte Kazuyas Besucher nach draußen. Sie verabschiedeten sich und versprachen bald wiederzukommen. „So… unternehmen wir noch irgendetwas?“, war Junnos Frage an die Allgemeinheit, als sie aus dem Krankenhaus traten. „Wir könnten in eine Bar gehen und abhängen?“, schlug Koki vor, betrachtete seine Fingernägel. „Nächstes Mal frage ich ihn“, sagte Nakamaru plötzlich und ohne Kontext. „Wen fragst du was?“ – „Kame. Warum er gegangen ist. Ob er wiederkommt. Ob er wiederkommen will.“ Jin hatte ein ungutes Gefühl, aber er traute sich nicht einen Einwand hervorzubringen. Zu seiner Überraschung war das aber auch nicht nötig, da Ueda diese Aufgabe übernahm. „Jetzt schon? Willst du nicht warten, bis es ihm etwas besser geht?“ Maru schüttelte den Kopf. „Jetzt schon.“, bestätigte er, „Ansonsten rechne ich mir schlechte Chancen aus überhaupt etwas aus ihm herauszukriegen. Immerhin reden wir hier über Kame, der wenn er möchte, sehr gut lügen kann. Aber wenn er nicht ganz auf der Höhe ist…“ Maru ließ den Satz offen. Ueda und Jin hatten immer noch ihre Zweifel, aber die anderen stimmten Yuichi zu. Also wäre wohl jedes gegenargumentieren sinnlos. Jin hegte die leise Hoffnung, dass dies jedoch der richtige Weg war, um Kazuya zu helfen. Als Jin am nächsten Tag zum Bandtreffen kam fiel ihm auf, dass Yuichi fehlte. „Wo ist den Maru?“, fragte er dann auch sofort nach. Immerhin kam er (wieder einmal) viel zu spät. Dass Nakamaru um die Zeit nicht da sein sollte… wahrscheinlicher war dass die Hölle zufror und alle Seelen entweichen durften und dann… Jin schüttelte den Kopf, mit Metaphern hatte er es nicht so. „Keine Ahnung“, murrte Ueda genervt. Auch Koki und Junno schüttelten den Kopf. „Da warens nur noch vier“, summte Koki und trommelte mit seinen Finger auf der Tischplatte rum. Jin setzte sich zu ihnen. „Hat schon wer versucht ihn anzurufen?“ – „Handy aus.“ Just in dem Augenblick flog die Tür auf und ein wütender Nakamaru stampfte in den Raum. „Ich fasse es einfach nicht!“, rief er aus, warf seine Hände in die Luft und starrte sie böse an. Jin war beeindruckt, so einen Blick hätte er von Maru nicht erwartet. Unwohl rutschte er auf dem Stuhl hin und her. „Was fasst du nicht?“, fragte er dann dennoch. Neugier siegte über Menschenverstand. Mist. Sofort drehte sich Nakamaru zu ihm um. „Kame!“, rief er aus, als würde das irgendetwas erklären. „Ehm?“, machte Jin, scharfsinnig wie immer. „Besuchsverbot!“, fauchte Maru dann und langsam machte es „Klick“ in den Köpfen der Anwesenden. „Wie… Besuchsverbot?“ Jin setzte sich auf und runzelte die Stirn. „Und woher zur Hölle weißt du das?“ Maru blickte ihn mitleidig an. „Ich weiß es, weil ich heute vorm Treffen zu ihm gehen wollte, um ihn zu fragen was er denn in Zukunft machen möchte, ich wusste nicht wann ich sonst Zeit haben würde… Deswegen jedenfalls bin ich hin“, begann Maru aufgewühlt, „Und als ich dann das Krankenhaus betrat kam dieser… dieser…“ Maru suchte verzweifelt nach den richtigen Worten… „Drachen (Jin wusste ziemlich genau wen er meinte…) und sagt mir, dass ‚Kamenashi-san zur Zeit nicht besucht werden darf. Ich entschuldige mich für die Unannehmlichkeiten‘“, ahmte er die Krankenschwester nach. Jin runzelte die Stirn. „Wie… Wieso?“ – „Weiß der Henker“, fauchte Yuichi, der anscheinend beschlossen hatte, dass jeder teilhaben konnte an seiner schlechten Laune. Junno blickte skeptisch. „Und was ist mit seinen Eltern? Brüdern?“ Nakamaru öffnete den Mund, warf die Arme wieder in die Luft und sagte… gar nichts. Schließlich blickte er Jin an. „Weiß nicht, sag dus mir.“ – „Ich?“ Jin hatte das Gefühl, als wäre er in einem Film gesteckt worden, und zwar mitten hinein in die Handlung ohne vorher erfahren zu haben um was es ging, textlos natürlich. Mit dem Unterschied, dass er sich relativ sicher war, dass er von Anfang an bei diesem Gespräch dabei war. Nakamaru verdrehte die Augen. „Ja, du. Du bist sein gottverdammter bester Freund, du hast Kontakt mit seinen Eltern, woher soll ich es also wissen?“ Jin beschloss, dass es das Beste sei Maru nicht noch mehr zu provozieren, deswegen sagte er nur: „Ja schon, aber bis grade eben wusste ich nicht… dass ihn niemand besuchen darf.“ Maru blinzelte und lachte dann einmal peinlich berührt auf. „Stimmt ja, tut mir Leid…“ – „Okay, so interessant das alles auch ist…“, mischte sich Ueda schließlich ein, „und so merkwürdig ich das auch finde… wir werden nicht dafür bezahlt das wir nichts tun…“ Die anderen blickten kurz Ueda an… beschlossen dann dass er Recht hatte und holten ein paar Aufzeichnungen raus. „Und Jin, wie läuft es mit dem Liedtext?“ – „Schlecht…“ Nach dem Treffen wusste Jin nicht, ob er zuerst ins Krankenhaus fahren sollte um sich zu vergewissern dass Maru alles richtig verstanden hatte, oder ob er zuerst mit Kazuyas Eltern telefonieren sollte. Da er aber wieder verdammt unter Zeitdruck stand was die Besuchszeiten anging fuhr er zunächst zu Kazuya, in der Hoffnung… dass Maru sich irrte. Sobald er das Gebäude betrat sah er sie. Den liebevollen Drachen, der anscheinend keine andere Beschäftigung hatte, außer ihn und alle anderen von Kame fernzuhalten. Und wie auf Kommando setzte sie sich in Bewegung sobald sie Jin sah, sie hatte sich sein Gesicht (und das aller anderen Besucher von Kame) eingeprägt. Als sie sich vor ihm aufgebaut hatte (was so gesehen nicht sehr imponierend war, war sie doch einen Kopf kleiner als der Sänger) spulte sie ihre Ansage ab. „Es tut mir wirklich außerordentlich Leid, aber Kamenashi-san kann zurzeit keinen Besuch empfangen.“ – „Oh, das wusste ich nicht, tut mir Leid… Aber… warum nicht?“, mimte Jin den Überraschten. Und hoffte ihr diese Information aus der Nase zu ziehen. „Sind sie ein Familienangehöriger?“ Jin blickte sie verdutzt an. „Ja?“ (Er hatte den leisen Verdacht, dass sie ihn bei einem „Nein“ sofort rausschmeißen würde…) Sie blickte ihn misstrauisch an. „Können Sie das irgendwie beweisen?“ Jin schüttelte den Kopf. „Nicht im Familienregister aufgeführt?“ Jin blickte sie nur mit großen Augen an. „Tja, wenn sie sich nicht ausweisen können wird ihnen der Chefarzt auch nichts sagen. Es könnte ja jemand x-beliebiges auftauchen und behaupten ein Verwandter von wem auch immer zu sein!“ Jin verstand diese Sorge augenblicklich sehr gut… Trotzdem verfluchte er gerade die Sicherheitsmaßnahmen. Der Drache drehte sich wortlos um (sie hätte ihm wenigstens einen guten Abend wünschen können!) und positionierte sich wieder in der Tür. Jin jedoch drehte sich um und wählte die Nummer zu Kazuyas Eltern. Vielleicht konnten sie ihm etwas mehr sagen. Nur leider ging bei ihnen niemand ans Telefon dran. Spätestens jetzt war er wieder besorgt. Hatte sich Kames Zustand plötzlich wieder verschlechtert? Hatte er gesagt dass er keinen Besuch haben will? Wenn ja, aus welchem Grund? Um die Tatsache zu verstecken, dass er halluzinierte? Oder fühlte er sich nur nicht wohl genug um einen Haufen Besucher zu ertragen? Oder hatte er die Frage erwartet warum er KAT-TUN verlassen hatte? Oder… oder… oder? Letztendlich beschloss Jin einfach eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen, wenn er Glück hatte würden Kazuyas Eltern bis morgen zurückrufen. Jin tastete nach seinem Handy, es war eigentlich viel zu früh um aufzustehen, aber irgendjemand rief ihn an, er hatte zunächst versucht das Klingeln zu ignorieren, jedoch sehr bald festgestellt, dass derjenige der anrief sehr hartnäckig war. Endlich hatte er das Stück in der Hand und nahm ab. „Hallo?“, gähnte er in den Hörer. „Akanishi-kun, es tut mir Leid, dass ich so spät, oder eher so früh, störe“, vernahm er die Stimme von Kazuyas Vater. Sofort war er hellwach und setzte sich auf. „Nein, ist okay. Ich… hatte versucht anzurufen“, antwortete Jin sofort. „Ich wollte wissen ob Sie eine Ahnung haben warum ich… Kame nicht besuchen darf?“ Am anderen Ende der Leitung herrschte Stille. Jin hatte die Befürchtung, dass Kames Vater den Hörer beiseitegelegt hatte, doch endlich bekam er eine Antwort. „Soweit ich weiß hat Kazuya das mit seinem Arzt besprochen. Er… meinte, dass er es im Moment nicht ertragen könne, dass so viele Menschen um ihn herum wuseln. Du kennst ihn, er braucht etwas Platz für sich selber“, fügte Kamenashi-san fast entschuldigend hinzu. „Er möchte auch nicht, dass sie Leute sehen wie… kraftlos er jetzt ist.“ Jin knirschte mit den Zähnen. Schienen ihm zwar logische aber doch hervorgeschobene Gründe zu sein. „Um ehrlich zu sein weiß ich das alles jedoch auch nur vom Arzt.“ Okay, der Schlag hatte gesessen. „Also… dürfen Sie auch nicht zu Kazuya gehen?“ – „Er will niemanden sehen. Sollte sich was daran ändern werde ich dich informieren. Entschuldige noch einmal die Störung, gute Nacht.“ Jin blieb eine Antwort schuldig. Kame zog sich sein Shirt wieder über. Nach einer Woche war das jetzt die letzte Untersuchung gewesen. Jetzt durfte (musste) er das Krankenhaus verlassen, jetzt würde er sich wieder allen Fragen, Anschuldigungen, stellen müssen, er würde sehen wie besorgt alle wegen ihm gewesen waren… Er packte die Sachen zusammen die seine Eltern ihm am ersten Tag gebracht hatten und verließ das Gebäude, rief sich ein Taxi. Er fragte sich ob schon irgendjemand wusste, dass er entlassen worden war. Möglicherweise seine Eltern, möglicherweise wusste es auch keiner. Oder alle. Zuhause angekommen suchte Kame zuallererst sein Ladekabel für sein Handy. Ob er wollte oder nicht, er musste seine Eltern anrufen. Versuchen sich zu erklären… Mental bereitete er sich auf das Gespräch vor. Er wusste, dass er ihnen nicht die Wahrheit würde sagen können. Er musste es irgendwie glaubhaft rüberbringen, dass es ihm physisch nicht gut gegangen war. Aber er war nicht umsonst auch ein Schauspieler. Und übers Telefon konnte man sehr leicht lügen… Nachdem das getan war und er irgendwie um einen obligatorischen Krankenbesuch herumgekommen war überlegte er sich was er eigentlich machen sollte. Auch im Krankenhaus hatte er diese Menschen gesehen… alle… es war ein Wunder, dass sie ihn hatten gehen lassen, dass sie nichts bemerkt hatten… Er seufzte und beschloss etwas Gutes für sich selber zu tun. Sein Magen knurrte schon seit einer Weile und es war lange her, seit er das letzte Mal gekocht hatte. Doch dafür würde er zuerst einkaufen müssen. Langsam, ihm tat immer noch jeder Knochen im Leibe weh, stand er auf und verließ seine Wohnung wieder. Jin lungerte lustlos in einem der Läden rum und betrachtete nachdenklich die verschiedenen Olivensorten die es zu kaufen gab. Er hob eines der Gläser hoch, schaute es sich an und legte es wieder hin, nahm sich ein anderes Glas und wiederholte die Prozedur. Einige der Ladenangestellten schauten misstrauisch in seine Richtung. Ihm war bewusst, dass er seit einer geschlagenen halben Stunde versuchte sich für eine der angebotenen Marken zu entscheiden aber… je eher er hier rauskam, desto eher würde er an Kame denken, desto eher würde er sich Sorgen machen, desto eher würde er anderen mit seiner Sorge auf die Nerven gehen, desto eher würde er sich streiten. Also machte er alles, was er tat… aufreizend langsam. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte just in dem Augenblick einer der Verkäufer. Jin zuckte kurz zusammen, er hatte ihn gar nicht kommen gehört. „Eh… ja… ich meine, nein… ich meine…“ Er nahm achtlos eines der Gläser. „Vielen Dank ich habe mich soeben entschieden.“ Er lächelte dem Verkäufer freundlich zu und begab sich zum nächsten Regal. Und sah aus den Augenwinkeln heraus, dass Kame das Geschäft betrat. Jin konnte gerade noch das Olivenglass retten, welches ihm bei diesem Anblick aus der Hand gerutscht war. Seit wann war er aus dem Krankenhaus raus? Und… wieso hatte er sich noch nicht bei ihm gemeldet? Als Kazuya näher kam konnte Jin erkennen, dass er die Lippen bewegte und lachte. Der Magen von Jin zog sich schmerzhaft zusammen. Er konnte weder ein Handy, noch eine Freisprechanlage von einem Handy, noch Kopfhörer sehen. Es war also unwahrscheinlich, dass er gerade telefonierte oder leise ein Lied mitsang. Also alle möglichen Fälle ausschließend blieb nur… dass Kazuya gerade der festen Überzeugung war, dass jemand ihn begleitete. Und er sich mit diesem Jemanden unterhielt. Jin pfiff auf die Verkäufer und die Wahrscheinlichkeit, dass er sich nun erst recht verdächtig machen würde, aber er holte seine Sonnenbrille aus der Tasche, setzte sie auf und zog sich die Kapuze über den Kopf, stellte das Olivenglas wieder an seinen ursprünglichen Platz und machte so einen Bogen um Kame, dass er nach einiger Zeit hinter ihm stand und das „Gespräch“ mithören konnte. Zuallererst bemerkte er, dass Kame trotz allem relativ fröhlich aussah, er lächelte, sagte aber im Moment nichts. Ob die andere Person sprach? Plötzlich lachte Kame leise auf, versteckte das Lachen hinter seine Hand und schaute in eine andere Richtung als zuvor. Kurz darauf drehte er den Kopf wieder zurück. „Du bist einfach nur dämlich“, lachte er und machte eine Bewegung, als würde er jemanden etwas von sich wegschubsen. Jin runzelte die Stirn. Und verfluchte diese Situation. Was sollte er tun? Zu Kame gehen und ihm sagen, dass er gerade halluzinierte? Ihn aus dem Laden zerren? Die Verkäufer ablenken, dass sie nicht erkannten wer hier gerade… das Einzige was ihn beruhigte war die Tatsache, dass die Angestellten ihn scheinbar nicht gekannt hatten, also war es möglich, dass sie auch Kazuya nicht erkennen würden. Dieser hatte sich einige Schritte entfernt und begutachtete das Gemüse, hob eine Paprika hoch und hielt sie so, als ob zwei Personen sie angucken wollten. Nach einiger Zeit legte er sie in den Korb den er mitführte. Jin beeilte sich, dass er den Anschluss nicht verpasste. Und musste beinah lachen als Kazuya zielstrebig zu „seinen“ Oliven ging. Er konnte es sich nicht verkneifen und blickte zu einem der Angestellten, der eindeutig genervt diese ganze Scharade beobachtete. War ja auch egal. Als er wieder nah genug war um etwas zu hören war Kame mitten in einem Satz und führte ihn zu Ende, scherzte wegen irgendetwas. Jin glaubte mittlerweile zu wissen, wen er da bei sich glaubte… Irgendwie merkwürdig wie gut man einen Menschen kennen konnte… „Welche möchtest du Jin?“ Und seine Vermutung bestätigte sich. Er zögerte noch einen Augenblick, dann streckte er seine Hand aus, zog Kame etwas zurück und holte sich (wieder einmal blind) ein Olivenglas. „Das hier.“ Kame war kreidebleich geworden. Jin blickte ihn traurig an, legte aber die Oliven in den Korb als wäre nichts weiter passiert, zog Kazuya weiter, der apathisch nebenher stolperte. „Was brauchen wir noch?“, fragte Jin, versuchte die Atmosphäre normal zu gestalten, aber Kazuya antwortete nicht. In Jins Kopf rumorte es. Er würde diesen Einkauf irgendwie so zu Ende bringen, dass die Leute um sie herum nichts merkten, dass niemand sah was mit Kame los war. Aber danach… danach würde er sich mit Kame unterhalten müssen. So konnte, so durfte es nicht weitergehen. Kame brauchte Hilfe. Professionelle Hilfe. Er wusste immer noch nicht wie lange Kazuya schon dieses… Problem hatte. Aber es war klar, dass es nicht von alleine verschwinden würde. Und was sollte er schon ausrichten können? Er war vielleicht sein bester Freund, aber kein Arzt, kein Psychologe. Verdammt, er wusste noch nicht einmal was die Ursache sein konnte für so eine… Krankheit. Geistesabwesend packte Jin einige Gewürze ein und zerrte Kame weiter, dieser schien immer noch nicht zu sich gekommen zu sein. Okay, musste ein Schock gewesen sein… aber… was hätte er sonst tun sollen? „Kazuya“, flüsterte er ihm zu und schüttelte ihn kurz. „Kame!“ Kamenashi blinzelte, starrte Jin an. Jin war sich nicht sicher ob er ihm zuhörte oder einfach nur… ach verflixt. „Kame! Sag etwas!“, forderte er, schüttelte den Jüngeren noch einmal. Keine Reaktion. „Kazuya!“ – „W…was?“ Endlich. Jins seufzte. „Ich komme mit zu dir. Wir müssen uns unterhalten.“ Kame schaute ihn nur an. Und Jin deutete es einfach als „ja“. „Na dann lass uns mal zu Ende einkaufen.“ Jin öffnete die Tür zu Kazuyas Wohnung schob den Jüngeren mit sanfter Gewalt in diese und ging dann selber rein. Knallte die Tür hinter sich zu. Kame schien langsam wieder zu sich zu kommen, setzte sich zum ersten Mal seit Jin ihn angesprochen hatte von selber in Bewegung und marschierte in das Wohnzimmer. Stellte den Einkaufskorb auf dem Tisch ab und ließ sich auf einen Stuhl plumpsen. Seufzte auf. „Kazuya, alles in Ordnung mit dir?“ – „Alles in Ordnung? Ob alles in Ordnung ist?!“ Kames Stimme überschlug sich, Jin zuckte zusammen. „Verdammt nochmal nein, natürlich ist es nicht in Ordnung! Was denkst du denn? Hast du überhaupt eine Ahnung wie das ist?“ Kame sprang auf, Jin sah die Tränen in seinen Augen. Er konnte nix sagen. Damit… hatte er jetzt nicht gerechnet. „Weißt du etwa wie das ist, wenn du dir nie sicher sein kannst, ob das was du siehst wirklich passiert? Weißt du wie es ist, wenn du irgendjemanden vor dir siehst, der dir wichtig ist, den du magst… aber diese Person blutüberströmt ist und dir sagt, dass du daran schuld bist? Kannst du dir auch nur im Geringsten vorstellen, wie es ist, wenn du dich mit deinem besten Freund unterhältst und nicht einmal weißt ob er wirklich vor dir steht? Wenn du ihm etwas Wichtiges sagst, und du am nächsten Scheißtag feststellst, dass er es gar nicht weiß? Dass du wieder einmal nur mit dir selber geredet hast? Weißt du wie das ist nicht schlafen zu können, weil alle möglichen Leute dich anschreien, dich anbetteln irgendetwas zu tun?“ Kame schnappte nach Luft, Jin ging etwas zurück. Er hatte fast die Hoffnung, dass Kame sich etwas beruhigte, dieser schrie jedoch wieder los, die Stimme so hoch wie Jin sie noch nie gehört hatte. „Nein! Du hast doch gar keinen Schimmer wie es mir geht! Du weißt nicht wie das ist, wenn man seit drei beschissenen Jahren nicht mehr weiß was echt ist und was nicht, du weißt nicht wie es ist endlich den Mut zusammenzunehmen und jemanden um Hilfe zu bitten, wenn du genau weißt, dass du das niemals wieder schaffen wirst und dann erfährst, dass die Person die du im Hilfe gebeten hast nichts weiß, weil sie nicht da war!“ Jin zuckte zusammen. „Nein, das…“ – „Du willst wissen ob alles in Ordnung ist? Ich sag dir was: Ich halte es nicht mehr aus! Ich will nicht mehr, ich kann verdammt nochmal nicht mehr! Was meinst du warum ich Johnny-san um eine Pause gebeten hab? Weil es mir so gut geht? Jin, ich wusste nicht mehr was wir getan haben, ich wusste nichtmehr welche der Termine die mir mitgeteilt worden waren wirklich existierten. Ich hab keinen blassen Schimmer, wer am Set wirklich existiert und wer nicht. Ich…“ Kame verstummte plötzlich. „Vergiss es. Ist nicht so wichtig.“ – „Nicht so wichtig?“, wiederholte Jin lahm… „Kame, das glaubst du doch nicht ernsthaft…?“ Kame blickte ihm wie ein trotziges Kind in die Augen. „Warum denn nicht? Ich meine“, er lachte bitter auf, „wenn es ernst gewesen wäre, hätte es doch irgendwem auffallen müssen?“ Jin blickte betreten zu Boden… „Kame… es… ich weiß nicht… was ich sagen soll…“ – „Nichts.“ Jins Kopf schellte in die Höhe. Kame wirkte müde, ausgelaugt. „Du kannst nichts sagen Jin. Es… fuck, sieh mich doch an. Was willst du mir denn sagen? Was kannst du mir denn sagen?“ Jin blieb stumm… Sah Kame eine Weile an, sagte aber nichts. Kazuya seufzte auf und fing an die Einkäufe auszupacken. Es sah so aus, als brauchte er eine Beschäftigung. „Kame…“ Kazuya zeigte keine Reaktion. Jin wusste, dass er ihn enttäuscht hatte. Er wusste, dass Kame etwas erwartet hatte, und dass er die Erwartung nicht erfüllt hatte. „Kazuya, guck mich bitte an wenn ich mit dir spreche.“ – „Ich wüsste nicht weswegen.“ Jin ballte die Hände zu Fäusten und stellte sich neben Kame, drehte ihn so, dass er ihn angucken musste. „Ich will dir helfen.“ – „Und wie?“ Der Zweifel stand in Kazuyas Gesicht geschrieben. Jin schluckte. Er dachte sich schon, dass Kazuya auf den Vorschlag nicht mit Begeisterung reagieren würde… aber… er musste ihn überzeugen. „Du musst zu einem Arzt Kazuya.“ Kame riss sich von ihm los. „Nein.“ – „Doch!“, fauchte Jin. „Das kannst du nicht verlangen Jin. Ich… KAT-TUN…“ Jin schloss müde die Augen. „Du hast einfach keine Alternative Kame. Du hast selber gesagt, dass du mit der ganzen Situation nicht mehr klarkommst. Und egal was ich tue… ich… ich bin… ich weiß doch gar nicht was man in so einem Fall tun kann…“ Jin spürte wie Kame ihn am Arm berührte. Er öffnete die Augen. „Ich sehe diese Sachen seit du nach Amerika gegangen bist“, sagte Kazuya schlicht. Nachdenklich betrachtete Kazuya das Gesicht, die Reaktion Jins auf seine Worte. Er konnte es nicht genau einordnen, aber Jin war eindeutig überrascht, wusste anscheinend nicht genau was das zu bedeuten hatte. „Seit… Amerika?“, fragte Jin ihn. Kazuya nickte. Ließ seine Hand sinken. Jin holte tief Luft. „Das ändert absolut nichts an der Tatsache, dass du zu einem Arzt gehen solltest.“ Kazuya wurde wütend. Eigentlich grundlos aber… „Ich kann doch nicht zu einem… Seelenklempner!“, fauchte Kazuya Jin an, der unglaublich ruhig zu bleiben schien. Kame kannte diese Seite an Jin nicht… „Du hast keine andere Möglichkeit“, wiederholte Jin sich. „Und was ist mit KAT-TUN? Mit unserem Ruf? Mit Johnnys-“ – „Scheiß drauf!“, unterbrach Jin resolut. „Das ist eh im Arsch wenn du wegen diesem Mist aufhören musst. Und es ist sowieso total zweitrangig im Vergleich zu deiner Gesundheit! Krieg das endlich in deinen Dickschädel. Die. Arbeit. Ist. Nicht. Das. Wichtigste.“ Jin betonte jedes einzelne Wort und schlug mit dabei seinem Zeigefingen gegen Kazuyas Stirn. Dieser schloss die Augen. „Du verstehst das nicht“, murmelte er schließlich. Er wusste nicht genau, was er von Jin gewollt hatte… aber das war es auf jeden Fall nicht. „Kazuya, du hast genau zwei Möglichkeiten“, sagte Jin, betont ruhig. Kame mochte das nicht. Er konnte Jin nicht einschätzen. Er drehte sich weg und wollte weiter Sachen einräumen. Er wollte das nicht hören… Jin stampfte hinter ihm her. „Entweder du gehst freiwillig zu einem Arzt oder ich schleif dich da hin.“ Kazuya drehte sich daraufhin doch wieder zu dem Älteren um. „Das wagst du nicht“, flüsterte er ungläubig. Jin hob eine Augenbraue. „Ach ja, was macht dich da so sicher?“ Kazuya blickte ihm in die Augen. „Das wirst du mir nicht antun…“ – „Dir antun?“ Jin zerzauste sich verzweifelt das Haar. „Ich tue dir nicht an. Ich versuche dir zu helfen… du…“ – „Indem du etwas von mir verlangst, das unmöglich ist?“ Kazuya ging einige Schritte von Jin weg. „Verschwinde von hier…“ Der Satz war kaum hörbar. Aber Jin war nicht taub. Und er hatte es halb geahnt. „Ich lasse dich jetzt nicht alleine“, sagte er, er klang müde, traurig. „Wer weiß was du machst wenn ich weg bin? Abhauen? Ganz…“ Er biss sich auf die Unterlippe, aber Kazuya wusste was er hatte sagen wollen. „Ganz durchdrehen? So siehst du das also?“ Jin schüttelte den Kopf. „Du weißt wie ich das meine… es… Kame. Es ist nicht normal. Das weißt du doch selber… und…“ Irgendwo hatte er seine Argumentation verloren. „Jin, geh.“ – „Ich denke gar nicht dran.“ Jin konnte stur wie ein Esel sein. „Geh oder ich schmeiß dich raus!“ Kazuya kreischte schon fast. Jin schüttelte bedauernd den Kopf. „Kame, du weißt, dass ich stärker bin als du, und ich werde nicht gehen. Und“, fügte er hinzu als Kazuya sich wortlos umdrehte, „ich lasse dich auch nicht gehen.“ Jin sah wie Kazuya erstarrte. Er wusste, dass Kame stinksauer auf ihn war. Vielleicht auch enttäuscht, verletzt. Aber er tat das Richtige. Er war sich sicher, dass er das Richtige tat, dass es keine andere Möglichkeit mehr für Kazuya gab. „Kame du musst verstehen, dass…“ Kazuya ging an ihm vorbei. Verschwand im Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich. Jin blickte diese schweigend an und setzte sich dann auf einen Stuhl, fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Er blickte sich im Raum um und sein Blick blieb am Laptop heften. Okay, er hatte zwar den Plan gefasst Kazuya zu einem Arzt zu bringen, aber… um ehrlich zu sein wusste er nicht zu welchem Arzt er ihn bringen sollte. Also… zu einem Psychiater war schon mal klar nur… und… brauchte er nicht einen Termin? Kurz entschlossen holte er sich den Laptop und fing an zu recherchieren. Es wurde dunkel und dann ging irgendwann die Sonne wieder auf. Kazuya war kein einziges Mal aus seinem Zimmer gekommen, er hatte auch keinen Laut von sich gegeben, aber das hatte Jin insofern geholfen, dass er sich auf seine Suche hatte konzentrieren können. Letztendlich hatte er einige Adressen und Telefonnummern notiert und beschloss diese alle einmal durchzugehen. Er wollte erfahren, was man gegen diese Erscheinungen tun konnte, wann man einen Termin mit einem der Ärzte bekommen konnte, ob es eine Möglichkeit gab, dass Kazuya wieder… gesund werden würde… Und wer von all diesen Ärzten der beste war. Matt wählte er die erste der Nummern und hatte ein Blatt zur Hand um sich ja alles Wichtige zu notieren. Wozu es gar nicht erst kam. Kein einziger Therapeut ging ans verdammte Telefon. Jin stöhnte entnervt auf. Setzte sich wieder an den Laptop und hoffte irgendeinen Hinweis zu bekommen was er denn bitte machen sollte… Irgendwann ging die Schlafzimmertür auf und Kazuya betrat den Raum, ignorierte Jin geflissentlich, nahm sich was zu essen und ging zurück ins Schlafzimmer. Schließlich stand Jin auf und bewegte sich in dieselbe Richtung. „Kame?“, fragte er und klopfte gegen die Tür. Keine Antwort. „Kazuya, bitte, ich will mit dir reden.“ Hätte man ihm vor einem Monat gesagt, dass er so mit Kame reden würde hätte er gelacht und der Person mitgeteilt, dass sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte. Er seufzte. Wer hätte gedacht, dass er irgendwann mal dieses, für einen kitschigen Film typische, ‚ich rede mit der Tür weil die Person dahinter zu stur ist um mir zu antworten‘ tun würde? „Kame, ich weiß dass du sauer auf mich bist, für das was ich gerade mache. Aber das ist der beste, der einzige Weg um dir zu helfen. Jetzt schmeiß dir nicht selber Steine in den Weg, komm aus diesem Schneckenhaus raus und hilf mir dir zu helfen.“ Und man sollte ihm noch einmal nachsagen stur zu sein. Er würde diese Person an Kazuya weiterleiten. Um die wahre Bedeutung des Wortes „stur“ zu erfahren. Er lehnte seinen Kopf gegen die Tür. „Was soll ich deiner Meinung denn sonst tun? Was kann man deiner Meinung denn sonst tun? Schweigen? Du siehst doch bestimmt selber, dass das nichts geholfen hat… Im Gegenteil, du meintest, dass…“ Jin verstummte. Sammelte sich einen Augenblick. „Mache mir irgendeinen vernünftigen Vorschlag wie man dieses Problem lösen kann und ich werde dir dabei helfen. Wenn nicht werde ich eben alleine dafür sorgen, dass du das machst was dir gut tun wird.“ Endlich hörte er wie sich etwas hinter der Tür tat. Und hörte wie etwas an ihr zerbrach. Wahrscheinlich der Teller… „Verpiss dich.“ – „Kazu“, Jin hörte wie erschöpft und ausgelaugt er selber klang, „wir beide wissen, dass du es alleine nicht schaffen kannst.“ Letztendlich öffnete Kame die Tür doch. „Ich will nur ins Bad, Idiot“, fauchte er bevor Jin irgendetwas sagen konnte, aber beide wussten dass es eine Lüge war. Jin lächelte etwas als Kame im Wohnzimmer blieb und beleidigt auf dem Sofa Platz nahm. „Kame, schenkst du mir für eine Sekunde deine Aufmerksamkeit?“ – „Nein.“ Jin grinste. „Danke.“ Letztendlich hatte Jin Kazuya überredet zu einem Arzt zu gehen um eine Überweisung für eine Therapie zu bekommen. Leider konnte er nicht mit ihm zu diesem Arztbesuch gehen (um sich zu Überzeugen, dass Kame auch wirklich dahinging…) da AT-TUN ein Treffen hatte. Wieder mal. Manchmal hing ihm sein Job bis zum Hals heraus. Jin blätterte lustlos durch die Zettel, die ihnen Johnny-san gegeben hatte. Die Termine für diesen Monat. Es schien so, als wäre er zu dem Entschluss gekommen, dass sie ihre Arbeit wieder richtig aufnehmen mussten. Koki jedoch warf den Zettel nach einiger Zeit wütend von sich. „Jin?“ – „Hm?“ Akanishi blickte auf, sah Tanaka ins Gesicht. „Was ist Koki?“ – „Ich will wissen, ob du was wegen Kazuya gehört hast?“ Sofort hoben auch die anderen die Köpfe und starrten ihn an. „Ja, nein, doch…“, murmelte Jin verwirrt und Ueda musste kichern. „Was denn nun?“, fragte er immer noch amüsiert. „Seine Eltern haben bei mir angerufen“, fing Jin an. Sofort war Nakamaru hellhörig geworden. „Und? Dürfen sie ihn besuchen?“ Jin schüttelte den Kopf. „Sie durften es nicht. Kame ist mittlerweile aus dem Krankenhaus raus.“ Er zögerte, beschloss dann jedoch, dass er nicht mehr lügen konnte. „Ich bin ihm zufällig beim Einkaufen in die Arme gerannt.“ – „Und wie geht’s ihm?“, fragte Junno besorgt. „Hoffentlich gut, ich meine… als wir da waren… da sah er so… kraftlos aus…“ Jin grinste leicht säuerlich. „Naja, gut wurde ich nicht sagen… um ehrlich zu sein geht’s ihm beschissen. Aber nicht wegen dem Unfall“, fügte er hastig hinzu als er sah, dass die anderen empört den Mund öffneten und ihn anscheinend fragen wollten wieso er dann aus dem Krankenhaus entlassen worden war. „Sondern weswegen?“, fragte Yuichi dann auch gleich nach. Mist. Kame hatte recht. Er war ein Idiot. Er hätte es wissen sollen, dass sie ihn fragen würden. Er verzog das Gesicht. „Sorry Leute, aber er wollte nicht darüber reden.“ Das war nicht gelogen. „Du weißt es trotzdem“, sagte Koki scharfsinnig. Manchmal war es zum Verrücktwerden wie gut sie sich untereinander kannten. Jin blickte ihm in die Augen. „Ändert nichts an der Tatsache, dass er es euch nicht sagen würde, außerdem… ist das eine Sache die vor allen Dingen ihn betrifft.“ Naja, jetzt wars eh egal. „Ist im übrigen auch der Grund warum er aus der Band ausgetreten ist“, meinte Jin dann nüchtern. „Mit anderen Worten geht es uns also doch was an“, stellte Ueda kühl fest. Jin seufzte. Mist, mist, mist. „Lasst… lasst ihm etwas Zeit. Vielleicht wird er es auch dann sagen…“ – „Wird er wieder zurückkommen?“, fragte dann auch Junno nach. Jin starrte auf den Tisch als er ihnen antwortete. „Ich weiß nicht ob er es kann…“ Die anderen runzelten die Stirn. „Was…“, begann Maru doch Jin unterbrach ihn mit einer Geste. „Mehr werde ich euch im Moment nicht sagen, okay?“, er klang leicht gereizt. Dann klingelte sein Handy. Kame. Schnell stand er auf und verließ den Raum. Die anderen blickten ihm verdutzt hinterher. „Kazuya?“, sagte er atemlos in das Telefon. „Ich… wollte dir nur sagen, dass ich die Überweisung bekommen habe.“ Jin hörte Kame an, dass er wieder einmal völlig fertig war. Wahrscheinlich hatte es ihn eine Unmenge an Energie gekostet irgendeinem Fremden so etwas mitzuteilen… „Wie geht es dir?“, wollte Jin wissen. „Und wann hast du einen Termin?“, fragte er noch schnell hinterher. „Es… geht… ich weiß nicht genau. Und der Termin ist in einer Woche… also… der Arzt sagte…“ Jin schloss die Augen und wartete ungeduldig darauf, dass Kazuya den Satz beendete. Wollte ihn jedoch nicht drängen. „Naja, die Behandlung wird zuerst stationär erfolgen“, sprudelte Kame dann los, er sprach so schnell, dass Jin Probleme hatte die einzelnen Worte zu verstehen. „Jin, ich weiß nicht was du den anderen alles erzählen willst… erzählen wirst… oder bereits erzählt hast. Aber behalte das um Gottes Willen für dich ja? Ich…“ – „Du willst nicht, dass sich jemand Sorgen macht?“, schlug Jin vor. „Nein. Das ist es nicht. Ach ich weiß auch nicht“, seufzte Kame in den Hörer. „Ich will nicht dass irgendwer davon weiß…“ Jin spielte mit der Kette herum, die er um den Hals trug. „Soll ich diese Woche bei dir bleiben?“ Kazuya antwortete ihm zunächst nicht, langsam aber sicher gewöhnte Jin sich an den wortkargen Kame. Er wusste nicht ob ihm dieser Umstand gefallen sollte. „Wenn du magst“, sagte er dann und legte auf. Jin kam sich wieder wie ein Idiot vor. „Wer war das?“ War natürlich die erste Frage als Jin den Raum wieder betrat. „Was fragst du ihn noch?“, wollte Ueda dann von Koki wissen. „Schau dir sein Gesicht an und sag mir, dass es nicht Kame war.“ Koki blickte tatsächlich daraufhin Jin in die Augen, drehte sich zu Tatsuya um. „Kann ich nicht.“ – „Eben.“ Uedas Grinsen war unverschämter weise sehr frech. Jin ließ sich wieder auf seinen Stuhl plumpsen. „Was wollte Kazuya?“, fragte Maru nach. „Nichts.“ Kame starrte auf die Bescheinigung. Jetzt hatte er es anscheinend schwarz auf weiß. Einweisung in die Klapsmühle. Wütend zerknüllte er das Papier und schmiss es gegen die Wand, stand dann auf, holte es wieder legte es auf den Tisch und strich es wieder glatt. Man konnte dem Papier ansehen, dass es diese Prozedur bereits häufiger hinter sich hatte. Kazuya unterdrückte den Drang das Papier wieder in eine Kugel zu verwandeln, stattdessen stand er auf und ging ins Schlafzimmer, ließ sich auf sein Bett fallen. Er schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete war „Jin“ bei ihm. Kazuya lächelte ihm zu. „Auch wieder da?“, fragte er „Jin“. Der lächelte ihm zu. Legte sich neben ihn. „Ja, da bin ich wieder.“ Jin wusste nicht, dass Kazuya ihn von „Jin“ mittlerweile sehr gut unterscheiden konnte. Vor allem auch deswegen, weil es die einzige… eingebildete Gestalt war, die nicht mehr versuchte sich so zu verhalten, als wäre sie ein echter Mensch… Kazuya wusste nicht weswegen diese Veränderung eingetreten war, aber… eigentlich gefiel sie ihm. Mit „Jin“ konnte er wirklich über all seine Probleme reden. Okay, vielleicht auch deswegen weil „Jin“ Teil dieses Problems war und deswegen gar nicht die Möglichkeit hatte irgendetwas zu unternehmen, aber das sei mal dahingestellt. Kame wusste, dass er beim Einkaufen unglaublich leichtsinnig gewesen war. Er hatte es einfach verdrängt, dass außer ihm niemand den anderen sehen konnte… und er hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Jin in dem Laden sein würde. Selbstgemachtes Leid? „Bist du froh darüber?“, fragte „Jin“ nachdem sie eine Weile schweigen dagelegen hatten. „Worüber?“ – „Dass all diese Dinge wohl bald aufhören werden? Wenn alles glatt läuft“, setzte „Jin“ rasch hinzu. Kame stützte sich auf seine Ellbogen, blickte dem anderen ins Gesicht. „Das weißt du…“ – „Ich will es aber aus deinem Mund hören“, belehrten ihn die eigenen Gedanken. „Du musst es mir nicht sagen, damit ich es weiß. Du musst es sagen, um dich selber zu überzeugen. Denn wenn du nicht willst, dass alles… Unnormale verschwindet… Dann weiß ich nicht ob dir die Ärzte so gut helfen können.“ – „Du möchtest also gerne… verschwinden?“ „Jin“ seufzte daraufhin auf. Blickte Kame in die Augen. „Ich will, dass es dir gut geht.“ Kazuya biss sich auf die Unterlippe. Das wusste er. „Jin“ war der einzige… von all seinen Wahnvorstellungen, der wollte dass es ihm gut ging. Der ihn beschützte. Der ihn stützte. Der das tat, was sich Kazuya von dem echten Jin erhoffte. Aber… gerade das machte seine Entscheidung so schwer… so verdammt schwer… „Ich will nicht, dass du gehst…“, flüsterte er schließlich kaum hörbar. „Ich brauche dich.“ Seine Stimme klang verzweifelt. „Jin“ stützte sich auch auf seine Ellbogen, war jetzt auf Augenhöhe. „Ich liebe dich…“ „Jin“ lächelte ihm zu. „Nein, das tust du nicht“, sagte er nachsichtig, strich Kazuya die Haare aus dem Gesicht, beugte sich vor und küsste ihn leicht auf die Lippen. Kame hatte die Augen geschlossen, als er sie wieder öffnete war „Jin“ weg. Kazuya schluchzte auf, drückte sein Gesicht gegen die Kissen und hasste sich. Als Jin die Wohnungstür zu Kames Apartment öffnete hatte er zunächst die Befürchtung gehabt, dass Kazuya nicht da war. Dass er abgehauen war. Nach einer hastigen Suche fand er ihn im Schlafzimmer vor, wo er anscheinend eingeschlafen war, er stellte fest, das Kame sogar noch seine Schuhe anhatte. Jin drehte sich um, ging ins Wohnzimmer und sah den… mitgenommenen Zettel auf dem Tisch. Hob ihn hoch und las ihn sich durch. Tatsächlich eine Überweisung in eine Psychiatrie… Jin blickte auf und sah Richtung Schlafzimmer. Eigentlich sollte er sich ja freuen… er sollte zufrieden sein. Kame würde Hilfe bekommen. Es würde ihm besser gehen. Er hatte ihn überzeugen können, zum Arzt zu gehen… Aber gleichzeitig hatte er auch Angst. Was würde dann geschehen? Wie lange würde diese Behandlung dauern? Würde… sie überhaupt anschlagen? Es wäre so viel einfacher… wenn er wüsste was von nun an passieren würde. Wenn es diese Ungewissheit nicht gäbe. Diese „wenns“ und „abers“. Am besten… wäre es eigentlich wenn es diese ganze Situation nicht geben würde. Da war es ja wieder… ein wenn. Jin hörte mit der Tagträumerei auf und stellte fest das Kazuya im Türrahmen stand. Jin zuckte vor Schreck zusammen und ließ den Zettel fallen. „Wie lange stehst du schon da?“ Kazuya grinste ihm zu. „Lange genug um dich schon drei Mal etwas gefragt zu haben“, erwiderte er und lehnte sich an den Rahmen. Okay… das war jetzt… peinlich. „Was… hast du gefragt?“, wollte Jin dann kleinlaut wissen. Kame grinste ihm nur noch unverschämter zu. Er genoss dieses Spielchen sichtlich. Betrachtete gelangweilt seine Fingernägel. „War anscheinend nicht besonders interessant…“ Trotz dieser Worte grinste er immer noch. Jin hätte aufschreien können. Diese Art an Kazuya brachte ihn in regelmäßigen Abständen zur Weißglut. Aber was ihn noch mehr ankotzte waren die verdammten Stimmungsschwankungen die der Jüngere zu haben schien. Er konnte es ja verstehen… zu einem gewissen Grad, dass es Kazuya nicht gerade blendend ging… dass er nicht immer gute Laune haben konnte. Aber… Das ging seit drei Jahren so oder nicht? Und davor… bevor Jin von diesem ganzen Schlamassel erfahren hatte, hatte Kame diese Schwankungen nicht gehabt. Oder war er nur ein so guter Schauspieler? Oder schauspielerte er jetzt? Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte er in Kame wie in einem offenen Buch lesen können. Diese Zeit war nun scheinbar vorbei. „Traurig?“, riss ihn nun Kazuyas Stimme wieder aus seinen Gedanken. Tja, augenscheinlich galt das nicht für den Jüngeren. „Wie kommt es, dass du immer weißt was in mir vorgeht?“, platzte Jin dann raus, überraschte Kazuya scheinbar. „Huh?“ Dann musste Kame lachen. Jin kam sich oberdämlich vor. War ja auch eine bescheuerte Frage gewesen. Irgendwo. Und irgendwo eben auch nicht. Er wartete (un)geduldig bis Kame sich wieder einigermaßen eingekriegt hatte. „Wie kommst du darauf?“, fragte er immer noch lachend. „Ja, wüsste ich auch gerne…“, murrte Jin, spielte den beleidigten. Kame öffnete gerade den Mund um etwas zu sagen, doch Jin fuhr ihm in die Parade. „Ja, ja ich weiß ich soll nicht so tun als ob ich schmollen würde, du glaubst mir eh nicht.“ Jin wartete nicht mal auf eine Erwiderung Kames, das würde doch nur dazu führen, dass seine Frage nie beantwortet werden würde. „Wie ich drauf komme? Irgendwann mal hab ich das ja auch gekonnt, also… immer zu wissen was grad in dir abging. Aber ich glaube im Moment, dass ich ziemlich erbärmlich darin abschneide mich in dich hineinzuversetzen“, plapperte Jin drauflos, bevor er nachdenken konnte, sonst würde ihm das alles wohl viel zu peinlich sein, „Aber du… du kannst es immer noch. Du schaust mich an und weißt was los ist. Okay, manchmal, wenn ich mich mit meiner Blödheit selber überrasche, dann passiert es, dass du es auch bist. Oder wenn du an was ganz anderes denkst und nicht auf mich achtest. Aber im Normalfall weißt du… was ich denke. Okay, okay, ich gebs zu… wenn… also… es gibt natürlich immer noch sehr viele Momente wo ich es auch kann… aber im Ganzen und Allgemeinen…“ Jin verstummte und spürte wie er leicht rot anlief. Sein Hirn meldete sich wieder zu Wort. Und sagte ihm, dass das gerade eben… verdammt blöd geklungen hatte. Zu seiner Überraschung dachte Kame scheinbar tatsächlich über die Frage nach. „Kann daran liegen, dass es bei mir mehr Zeiten gibt wo ich mich selber überrasche?“ Jin blickte Kame verdutzt an. Dieser zuckte jedoch nur mit den Schultern. „So und jetzt zu meiner Frage.“ Kazuya grinste wieder ziemlich… fies. Jin schluckte. Was kam jetzt? Das Grinsen wurde zu einem Lächeln. „Wie war dein Tag?“ Jin hatte nicht übel Lust dem Jüngeren eine zu braten. Andererseits, warum nicht? Er trat zu Kazuya und haute ihn einmal auf den Kopf. „Ganz okay.“ Kame blickte in die Tasche die halb gefüllt war mit Anziehsachen… Er wusste nicht genau was er sonst noch einpacken sollte. Was brauchte man wenn man in die Geschlossene ging? Durfte man überhaupt etwas mitnehmen? Ihm schossen alle möglichen (und unmöglichen) Geschichten, Filme, Bücher durch den Kopf die etwas mit Psychiatrien zu tun hatten und wie die „Patienten“ dort behandelt wurden. Genau das brauchte er jetzt… Angst. Super. Er hätte weniger Horrorgeschichten kennen sollen. Kame holte noch einige Hemden und stopfte sie in die Tasche rein. Besser zu viel als zu wenig oder? Danach kontrollierte er ob seine Wohnung in Ordnung war, trödelte mit Absicht etwas… aber letztendlich musste er gehen. Das Taxi wartete. Er wünschte sich, dass Jin hier wäre um ihm in den Arsch zu treten, sich endlich in Bewegung zu setzen… ihm Mut zu machen. Aber Jin hatte wieder seinen vollen Terminplan… er konnte nicht hier sein. Und auch „Jin“ blieb verschwunden. Dafür hörte er wieder „sie“. Und gab Fersengeld. Der Fahrer starrte ihn etwas merkwürdig an als Kame atemlos ins Auto stieg. „Zeit vergessen“, jappste Kame und hoffte, dass der Andere es dabei belassen würde. Und tatsächlich zuckte der Taxifahrer nur mit den Schultern, fragte noch einmal nach wo Kame hinwollte. Dieser nannte die Adresse und lehnte sich zurück. Hoffentlich wollte der Kerl sich nicht mit ihm unterhalten… aber nach nur wenigen Metern spulte der Taxifahrer den ganzen Smalltalk runter den er kannte. Kame schaltete auf Durchzug. Er wollte nicht den netten Typen mehr spielen, er wollte seine Ruhe. Müde schloss er die Augen und lehnte seinen Kopf gegen die kühlende Autoscheibe. Nach einiger Zeit hörte der Mann auf zu reden, fuhr einfach nur. Gott sei Dank… Bei der Psychiatrie stieg Kame aus, bezahlte das Taxi sah, ihm nach als es wegfuhr, holte tief Luft und drehte sich letztendlich zum Gebäude um. Okay, was auch immer er gelernt hatte zum Ruhigwerden, zum… schnell ging Kame durch die Tür, ansonsten würde er es sich wohl noch anders überlegen… Es sah… anders aus als er es erwartet hatte… aber eigentlich machte es Sinn, dass sich dieses Haus nicht allzu sehr von einem Krankenhaus unterschied. Wenn man mal darüber nachdachte… Das nächste große (emotionale) Hindernis. Wo genau sollte er hingehen? Unsicher näherte er sich der Information. Die Frau hinter der Theke blickte lächelnd zu ihm auf. „Ja? Wie kann ich Ihnen helfen?“ Kame sah, dass sie ihn kannte. Er wusste es sofort. Mist. „Ich… habe hier einen Termin…“, murmelte er und fischte nach der Überweisung, hielt sie ihr hin. Er sah wie sie ungläubig den Zettel ansah, dann wie sie den Namen, seinen Namen, fixierte und wieder aufblickte. Kame leckte sich einmal über die Lippe und biss dann drauf. Er fühlte sich verdammt unbehaglich. Letztendlich zeigte die Frau in eine Richtung, sagte, dass er bitte dort Platz nehmen sollte, der Arzt würde gleich kommen. Schnell ging er von ihr weg in besagten Raum, setzte sich und stützte den Kopf in seinen Händen. Das fing ja gut an. Eigentlich blieb nur die Frage wann die Journalisten davon Wind bekommen würden… Nach der typischen Wartezeit ging die Tür zu dem Raum auf und ein Mann in Weiß kam rein. „Guten Tag“, sagte er mechanisch, Kame stand auf, verbeugte sich etwas. „Guten Tag“, murmelte er leise. Bereute es auf Jin gehört zu haben, was wusste der schon? Auf jeden Fall weiß er genug um die richtige Entscheidung zu treffen. „Wenn Sie mir bitte folgen würden?“, fragte der Arzt nach, drehte sich um. Kamenashi beeilte sich um nicht den Anschluss zu verlieren. „Sie heißen Kamenashi Kazuya?“, fragte der Mann mit einem Lächeln. Kame nickte. „Also gut Kamenashi-san, ich bin Asou Yuu.“ Kame nickte wieder nur. Der Fremde lächelte ihm aufmunternd zu. „Es ist normal, dass Sie am Anfang nervös sind.“ Zuerst wollte Kame wiedersprechen, besann sich dann aber. Hatte doch keinen Zweck es abzustreiten. Er war nervös. „So, da wären wir ja“, sagte Asou-sensei und öffnete eine Tür. „Sie haben das besondere Privileg eines Einzelzimmers, also, hier werden Sie erst mal bleiben, bis wir sehen, dass Sie nicht mehr stationär behandelt werden müssen.“ Wann auch immer das sein würde. Kame stellte seine Tasche ab, drehte sich wieder zu dem Mann um. „Ich werde Ihr behandelnder Arzt sein, wenn Sie also etwas wollen dann verlangen Sie einfach nach mir.“ Kame nickte. Zwang sich zu einem Lächeln und dazu dass seine Stimmbänder endlich wieder aktiv wurden. „Dankeschön.“ – „Gut, ich werde in etwa zwei Stunden wieder zu Ihnen kommen, solange können Sie es sich hier etwas bequem machen. Es wäre gut, wenn Sie trotzdem in Ihrem Zimmer bleiben würden im Moment… Später wird Sie jemand durch das Gebäude führen, Ihnen die Gemeinschaftsräume zeigen. Bis das passiert ist…“ Bedauerndes Lächeln. „Ich verstehe.“ War alles, was Kame dazu sagen konnte. „Dann bis nachher.“ Und die Tür fiel ins Schloss. Halb erwartete Kazuya, dass er hören würde wie sie abgeschlossen wurde. Es passierte nicht. Trotzdem fühlte er sich eingesperrt. Kame lag auf seinem Bett als es an der Tür klopfte, ohne, dass er darauf wartete hereingebeten zu werden betrat Asou den Raum. Kame setzte sich auf, stand schnell auf. Der Mann lächelte ihm wieder zu. Wahrscheinlich war das sein Job. Kame biss sich auf die Lippen. Er traute dem Mann nicht, er konnte Schauspielerei erkennen. Und dieser Arzt schauspielerte nur. Seit er hier war hatte er wohl noch nichts getan oder gesagt was nicht zu seinem Repertoire für Geisteskranke gehörte. Verständnisvoll sein. Nett sein. So tun als wäre alles normal und in Ordnung. Aber das ist es nicht… „Entschuldigen Sie bitte diese Wartezeit, ich denke wir können uns für ein erstes Gespräch zusammensetzen, meinen Sie nicht auch?“ Kame hatte das Gefühl als hätte er irgendwann heute seine Zunge verschluckt. Wieder nickte er nur. „Dann folgen Sie mir bitte.“ Asou verließ den Raum erneut und setzte sich in Bewegung, vertraute darauf, dass Kame schnell genug hinterher kommen würde. „Ich führe Sie jetzt erst mal zu meinem Behandlungsraum.“ Wieder ein Lächeln, als wolle er sich für seine Wortwahl entschuldigen, als wäre es eine schlechte Bezeichnung. Kame blickte ihn aus den Augenwinkeln an. „Dann können wir uns zunächst mal etwas näher kennenlernen.“ Als ob er sich nichts Sehnlicheres vorstellen. Einen Moment war Kazuya genötigt ihn zu fragen ob er nicht bei Johnnys Entertainment anfangen wolle, verkniff sich den Kommentar aber. Nach wenigen Minuten standen sie vor einer Tür durch die Asou hindurchging, Kame im Schlepptau. „Setzen Sie sich doch“, forderte Asou ihn auf und Kame war fast erleichtert als er sowas wie Langeweile in der Stimme hörte. Folgte der Aufforderung. Auch Asou holte sich einen Stuhl, saß Kame gegenüber. „Na dann erzählen sie mal“, forderte er Kame auf. Dieser biss sich wieder auf die Unterlippe. „Und was wollen Sie überhaupt hören?“ – „Weshalb Sie hier sind“, sagte der Arzt galant. „Steht auf der Überweisung“, murrte Kame. Er würde es nicht sagen. Zweimal innerhalb kürzester Zeit war schon nah an der Grenze, ein drittes Mal würde er es nicht über sich bringen. Mal abgesehen davon sollte der Mann es doch bereits wissen, oder? „Nun, natürlich steht hier, dass Sie sowohl an akustischen und optischen als auch taktilen Halluzinationen leiden“, sagte der Arzt, ratterte runter was auf dem Zettel stand. Kame schluckte. Das so zu hören war… hart. „Und was wollen Sie dann von mir wissen?“ Der Arzt blickte amüsiert auf. „Ich möchte, dass Sie mir mehr darüber erzählen.“ Kame schwieg. Eine ganze Weile. Asou brach schließlich das Schweigen. „Hilft es Ihnen vielleicht wenn wir uns duzen?“ Kame blickte erstaunt auf. „Ich denke nicht… dass das einen Unterschied macht“, meinte er vorsichtig. „Ich bevorzuge jedoch Sie weiterhin zu siezen, danke.“ – „Nun, manchmal hilft es“, sagte der Arzt lehnte sich zurück. „Aber anscheinend sind Sie momentan noch nicht so weit mir… Details über ihre Krankheit zu erzählen.“ Was erwartete er denn? Dass… dass es einfach war… sowas… zuzugeben? Kame kaute etwas auf der Lippe rum, merkte dass Asou ihn anstarrte und ließ es sofort wieder. Asou grinste. „Stressbedingte Angewohnheit?“ Kame zuckte mit den Schultern. „Weiß nicht, glaube nicht“, murmelte er. Asou blätterte durch die Unterlagen die vor ihm lagen. „Hier steht dass Sie Sänger sind?“ Kame nickte. „Ja.“ – „Und wie ist der Job so?“ Asou blickte auf, sah Kames skeptischen Blick. „Nun, über irgendetwas muss man doch reden, oder?“ Kame zuckte wieder mit den Schultern. „Was genau wollen Sie eigentlich… machen?“, fragte er schließlich, ignorierte die Frage des Arztes nach seiner Arbeit. Ging ihn einen Scheißdreck an. „Was ich machen will?“ Kame nickte. „Wegen… beziehungsweise mit Ihnen? Wir ich mir die Therapie vorstelle?“ – „Deswegen bin ich doch hier oder nicht?“ Der Arzt nickte schließlich langsam. „Ja, deswegen sind Sie hier.“ Er schwieg etwas, blickte noch einmal in seine Unterlagen. „Ich will ehrlich sein, es ist schwierig Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt einen genauen Plan vorzulegen. Ich weiß noch zu wenig über Ihre Krankheit, beziehungsweise über den Schweregrad.“ Er blickte nun Kame fest in die Augen, die Freundlichkeit war weg. Die Schauspielerei war weg. Kame holte erleichtert Luft. „Das heißt im Klartext?“ – „Das heißt, dass ich mehr von Ihnen erfahren muss, über das was passiert ist, was Sie genau belastet um zu wissen wie ich die Behandlung ansetzten muss. Ich muss wissen wie häufig Sie halluzinieren, wie stark diese Halluzinationen sind. Ich muss herausfinden wie und wann es angefangen hat, das könnte einen Hinweis auf den Grund für das Problem geben. Um das zu erreichen müssen Sie anfangen mir zu vertrauen, mir mehr von sich erzählen. Vielleicht hilft es Ihnen zu wissen, dass es einigen Patienten hilft über das Erlebte zu sprechen, manchmal mindert allein das Hinzuziehen einer unbeteiligten Person den Schweregrad der Erkrankung. Können Sie mir soweit folgen?“ Kame nickte stumm. „Wenn das alles geklärt ist können wir anfangen Ihnen lindernde Medikamente zu verschreiben, die die Symptome bekämpfen, zunächst werden wir dies noch stationär machen, wenn man aber absehen kann, dass die Symptome ausbleiben, dann können wir Sie entlassen. Sie werden danach möglicherweise noch jahrelang bestimmte Medikamente nehmen müssen um einen Rückfall zu verhindern, allerdings ist das schon eine ziemlich vorausschreitende Prognose. Ich kann Ihnen noch nichts versprechen.“ Kame legte den Kopf schief. „Wieso warten Sie so lange mit den Medikamenten?“ Der Arzt lächelte ein Mal. „Die Medikamente die wir einsetzen haben eine hohe Spezifität und ihre Dosierung beeinflusst den Wirkungsgrad dramatisch. Zu viel oder zu wenig des Medikaments kann einen schlechten Einfluss auf die Behandlung haben. Aber um zu wissen, wie hoch die Dosierung tatsächlich angesetzt werden muss, müssen wir vorher wissen wie stark die Symptome sind.“ Kame nickte wieder. Machte Sinn. Er fuhr sich mit der Hand über die Augen. Der Arzt wartete eine Weile. „Ich kann verstehen, dass Sie sich nicht sehr wohl fühlen mir viel von sich zu verraten“, sagte er schließlich, „Sie sind in einer vollkommen ungewohnten Situation, da geht es Ihnen nicht viel anders als vielen anderen Patienten die ich schon hatte. Hemmungen und Scham sind vollkommen natürliche Reaktionen. Sie würden sich wundern, wie viele Menschen ähnliche Probleme wie Sie haben. Aber…“, der Arzt lächelte Kame aufmunternd zu. „Wir wollen es erst mal langsam angehen, meinen Sie nicht? Also, erzählen Sie mir irgendetwas, wo Sie keine Probleme haben darüber zu reden.“ Kame blickte ihn unsicher an und begann dann vorsichtig ein Gespräch. Möglicherweise konnte der Typ ihm doch helfen. Kame betrat wieder „sein“ Zimmer nach diesem Gespräch. Er fühlte sich ausgelaugt, auch wenn er noch… gar nicht über sein echtes Problem geredet hatte. Obwohl noch absolut rein gar nichts getan worden war. Er ließ sich rücklings auf sein Bett fallen und blickte auf die Armbanduhr an seinem Gelenk. Er hatte noch gute vier Stunden Zeit ehe ihn jemand herumführte. Eigentlich ideal um sich mal so richtig auszuschlafen (er hatte das Gefühl, dass wirklich jeder der nicht bei Johnny Entertainment war vier Stunden Schlaf nicht als „richtig ausschlafen“ bezeichnen würde aber… was sollte er machen?). Gerade als er die Augen schloss spürte er, dass „sie“ wieder im Raum waren. Er wusste einfach, dass „sie“ da waren. Erschrocken setzte er sich auf und riss die Augen weit auf. Und wirklich, wieder einmal waren diese „Menschen“ da, die ihr Hobby daran hatten ihn zu verletzten… zu quälen… Kame rutschte bis zur Wand und krallte sich an sein Kissen, er wusste, dass diese Reaktion kindisch war, dass diese… Dinger ihm eigentlich nichts anhaben konnten. Eigentlich. Irgendetwas streifte seine Schulter und er zuckte zusammen, hörte wieder das hämische Lachen. Er schloss die Augen und vergrub sein Gesicht im Kissen. Kindisch, kindisch, kindisch. Als würde das Monster unter dem Bett einen nicht fressen nur weil man es nicht ansah. Weglaufen wäre intelligenter. Er wusste, dass „sie“ näher kamen. Er wusste was „sie“ wollten. Sie triezten ihn, berührten ihn leicht, gerade so, dass er wusste, dass „sie“ noch da waren. Er hörte „sie“ kichern, lachen, flüstern, wispern. Er hörte wie die Tür aufging und er hörte jemanden seinen Namen sagen. Einbildung? Realität? Kame wusste es nicht. Er blieb still, versuchte sich noch mehr einzukugeln. „Sie“ gingen etwas weiter weg. Er hörte Schritte, jemand packte ihn zuerst sanft an der Schulter und schüttelte ihn dann. Er reagierte nicht. Dann kamen „sie“ wieder auf ihn zu, schlugen ihn, zerrten an ihm. Kame schrie. Das Schütteln wurde fester, er versuchte sich aus dem griff zu befreien, jemand rief etwas über das Toben, doch Kame konnte nicht ausmachen ob dieser Ruf ihm galt oder wem anders. Hastige Schritte und dann ein leichter Schmerz im Arm. Das nächste was er mitbekam war, dass es stiller wurde und er schließlich einschlief. Jin saß relativ lustlos in einer Bar. Umgeben von Schauspielern und Schauspielerinnen. Zur Feier des Tages. Was genau gefeiert wurde war ihm schleierhaft (es war ihm zu Beginn gesagt worden, aber er hatte es nach gefühlten fünf Minuten wieder vergessen…). Er nahm einen Schluck aus seinem Alkohol-Mix-Getränk und fragte sich wie lange er noch bleiben musste damit es nicht unhöflich aussah wenn er sich verdünnisierte. Es waren erst zwei Stunden rum seit er hier saß und… trank. Und nichts anderes tat. Plötzlich setzte sich jemand neben ihn. Weiblich. Gutaussehen. Anziehend lächelnd. „Akanishi-san?“ Jin nickte ihr einmal zu. Sie lächelte etwas mehr. Legte ihre Hand auf seine. „Wollen wir tanzen?“, fragte sie und stand schon halb auf, zog Jin mit sich. Dieser folgte ihr stumpf. Hatte er an sich nichts gegen. So verflog die Zeit schneller und… schlecht sah sie ja nicht aus. Vielleicht konnte sie ihn ja von seinen anderen Problemen etwas ablenken? Auf der Tanzfläche angekommen legte die Frau ihre Hände auf Jins Schultern, automatisch wanderten seine zu ihren Hüften und sie fingen an langsam zu tanzen. Der Rhythmus war momentan auch nicht allzu schnell, Jin war dankbar. Das plötzliche Aufstehen und der Alkohol zusammen hatten doch dafür gesorgt dass die Welt sich momentan etwas… drehte… „Mir wurde immer gesagt, dass Sie Spaß am feiern haben?“, begann die Unbekannte eine Unterhaltung. Jin runzelte die Stirn. „Ja, schon, wer nicht?“ Melodisches Lachen. „Es schien aber so als würde es momentan nicht so… lustig sein?“ Akanishi entschloss sich zu schweigen, die Frau zuckte mit den Schultern. „Maiko“, sagte sie schließlich. „Huh?“ – „So heiße ich. Maiko.“ Sie lächelte ihm zu, das Lied war zu Ende. Sie ließ seine Schultern los. Er hielt sie noch einen Moment fest, war zu beschwipst um zu realisieren, dass das Lied vorbei war. Sie kicherte kurz. Das nächste Lied setzte an und sie platzierte ihre Hände wieder auf Jin. Dieser schlug sich mental gegen die Stirn. Sie hatte nicht mehr tanzen gewollt. Und er hatte es nicht mitbekommen. Wie dämlich sah das denn aus? Aber die Frau, Maiko?, grinste nur kokett. „Wie kommt es, dass jemand wie du noch Single ist?“, fragte sie aus dem Blauen heraus. Jin zuckte zusammen. „Wer sagt, dass wir schon beim Du sind?“, ignorierte er die Frage gekonnt. Wieder nur ein Lachen. „Ich sage das.“ Okay, Selbstbewusst war sie, sie sah gut aus, sie war direkt. Alles Eigenschaften die Jin zusagten. „Wer sagt, dass ich Single bin?“, fragte er mit einem Grinsen. Sie zuckte mit den Schultern. „Du meinst ernsthaft, dass die Presse nicht Wind davon bekommen würde wenn du eine Freundin hättest?“ Jin beugte sich etwas zu ihr runter. „Können wir ja ausprobieren“, murmelte er leise und legte seine Lippen auf ihre. Er war sehr froh, als sie seinen Kuss erwiderte. Maiko zog Jin etwas näher zu sich und löste sich dann von ihm. „Du hattest also doch nicht gelogen“, meinte sie munter. „Kein Single.“ Jin grinste frech. „Und gleich ist der Abend viel schöner“, antwortete er ihr, schmiegte sich näher an sie, hielt seinen Kopf so, dass er genau in ihr Ohr sprechen konnte. „Trotzdem würde ich gerne mehr über dich erfahren ehe das hier… ernster wird.“ – „Wir können ja zu dir gehen“, schlug sie vor, lud sich selber ein. Jin nickte. Nahm ihre Hand in seine und führte sie aus dem Club, hatte schon das Handy in der Hand um ein Taxi zu rufen. „Wen rufst du an?“ Sie hatte ihn also beobachtet. „Ein Taxiunternehmen, oder sehe ich so aus als könnte ich noch fahren?“ Maiko schüttelte den Kopf. „Nein, aber ich habe noch nichts getrunken.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen, die sich nicht in seiner befand. Jin verstaute das Handy wieder in der Jeanstasche und kramte nach seinem Schlüssel, führte sie zu seinem Wagen und setzte sich dann auf den Beifahrersitz. Maiko saß neben ihn und wartete darauf, dass er ihr den Weg erklärte, was Jin auch mit dem größten Vergnügen tat. Seit langem wieder einmal hatte er Spaß. Als Kame aufwachte fühlte er sich matt und ausgelaugt, so als würde er nicht gerade erst aufwachen sondern als müsste er gleich ins Bett gehen. Er streckte sich und versuchte sich an die gestrigen Ereignisse zu erinnern. Er zuckte zusammen als die Tür aufging und Der Arzt reinkam. „Ah, Kamenashi-san, wie ich sehe sind Sie aufgewacht“, begrüßte er ihn höflich, freundlich. Aber Kame hörte einen besorgten Unterton heraus. „Wissen Sie noch was nach unserer Unterhaltung passiert ist?“, fragte Asou-sensei ihn dann direkt. Kame biss sich auf die Unterlippe. Nickte, schüttelte dann aber genauso schnell wieder den Kopf. Asou lächelte gequält. „Die Sache ist die…“ begann er, stockte kurz und holte Luft. „Wir mussten Sie mit einem Medikament beruhigen. Sie waren nicht ansprechbar. Es schien als… hätten Sie vor etwas angst.“ Kame nickte. Daran… erinnerte er sich. Er wusste nur nicht… ob der Arzt da gewesen war… Möglich wäre es aber… „Nun, etwas Gutes hat es ja“, sagte Asou dann ohne weitere Vorwarnung und klatsche in die Hände. Kame guckte den Mann an. „Aha?“ Intelligent wie immer. Der Arzt lächelte ihm zu. „Aber ja, ich habe jetzt… wenigstens etwas mehr Ahnung wie… ernst Ihr Problem ist. Am Anfang ging ich… von leichten Symptomen aus, aber das darf man jetzt wohl getrost zur Seite schieben.“ Kame schluckte die Scham runter. Jetzt wars eh zu spät. Und… wie sollte ihm geholfen werden wenn er nicht darüber sprach? Also… wenn nicht jetzt wann dann? Und er erklärte Asou was genau ihn… belästigte. Es gab nur einige Sachen die er ausließ. Was Zeitgleich fiel mit dem ersten Auftauchen von diesen Halluzinationen… „Jin“… Asou hörte ihm zu. Es war schwer über all das zu reden. Kame stockte häufig, brauchte häufig Zeit um sich wieder zu sammeln, aber der andere Mann drängte ihn kein einziges Mal. Das half Kazuya dann doch mehr als er erwartet hatte. Keine dummen Nachfragen, kein Druck… Der Andere nickte am Ende der Erzählung und atmete einmal laut aus. Saß trotzdem erst mal nur still im Raum und dachte scheinbar nach. Kame schloss nun völlig ausgelaugt die Augen. „Gut“, sagte Asou-sensei nach einiger Zeit. „Ich werde… ich denke wir müssen und noch etwas unterhalten, aber nicht jetzt. Ich bringe Sie erst mal in die Kantine und führe Sie, endlich, hier herum. Danach können Sie sich ein wenig ausruhen und dann… sehen wir weiter. Ich werde dann morgen wieder zu Ihnen kommen.“ Asou erhob sich, wartete bis Kame es ihm gleich tat. Als Kazuya stand ging Asou aus dem Zimmer, Kame war dankbar, dass er nicht mit ihm versuchte zu tratschen, er war viel zu müde. Kazuya merkte sich die wichtigsten Räume die ihm gezeigt wurden und begab sich dann in die Kantine. Er musste unbedingt etwas essen… Er betrachtete das Gemisch auf seinem Tablett und überlegte was davon jetzt der Salat und was der Fisch sein sollte. Nach einem inneren Kampf überwand er sich… das… Zeug… in seinen Mund zu löffeln. Dann sorgte er dafür, dass er es nicht wieder ausspuckte. Eklig. Aber er brauchte etwas in seinem Magen, also würgte er alles hinunter, begab sich wieder in sein Zimmer und plumpste auf sein Bett. Bevor er einschlief merkte er noch wie „Jin“ ihm beruhigend über das Haar strich und etwas murmelte. Dann döste er wieder ein. Jin indessen hatte einen Arm um Maiko gelegt und schwieg glücklich. Die Frau war… interessant. Auf eine angenehme Art und Weise. Doch, er konnte sich gut vorstellen eine Beziehung mit ihr anzufangen. Sie schien seine Art und Weise zu akzeptieren. Sein clubben, seine Arbeit, die Tatsache dass er kaum Zeit hatte, dass die Arbeit vor einer Freundin stand, dass seine Freunde auch noch viel Zeit fressen würden. Einen Moment hatte er ein schlechtes Gewissen. Er hatte Kame anrufen wollen aber… über die Ereignisse des Tages hatte er das einfach… vergessen. Vorsichtig um Maiko nicht zu wecken stand er auf und ging aus dem Raum, wählte Kames Nummer und hielt sich das Telefon ans Ohr. Okay, das schlechte Gewissen hätte er sich sparen können. Mailbox. Er hinterließ Kazuya eine Nachricht, wie es ihm ging… ob er… schon wusste wann er entlassen wurde… dass er sich melden sollte. Einen Augenblick dachte er darüber nach Kame auch von Maiko zu erzählen, aber diesen Gedanken schob er schnell von sich. Nein, dazu bliebe später noch genügend Zeit. Falls das überhaupt eine Zukunft haben sollte. Und er wollte Kame jetzt nicht mit irgendetwas belästigen was ihn ablenken könnte. Er beendete seinen Anruf und ging zurück ins Wohnzimmer, stellte fest dass Maiko doch aufgewacht war. Sie lächelte ihm wage zu. „Darf ich dien Bad benutzen?“ – „Fühl dich wie zu Hause“, bot Jin an. „Ich muss gleich los zur Arbeit“, rief er ihr hinterher. „Ich werde mich beeilen.“ Er hörte die Dusche und beschloss sich schnell umzuziehen. Und tatsächlich, nach nur kurzer Zeit war das Bad wieder frei. „Soll ich dich irgendwo absetzen?“, fragte Jin als er seine Haustür abschloss. Er spürte wie Maiko ihn sanft auf die Wange küsste. „Nein, ich nehme den Bus.“ Sagte es und ging. Jin blickte ihr kurz hinterher. Doch, er hatte Glück gehabt gestern. So etwas geschah nicht jeden Tag. Fröhlich ging er zu seinem Wagen und fuhr zu dem Studio wo sich AT-TUN heute treffen sollte. Im Aufenthaltsraum lief der Fernseher relativ laut. Kazuya betrachtete die Personen, die sich mit ihm hier befanden. Irgendwie hatte er immer noch eine Abneigung gegen diese… Irren. Auch wenn er einer von ihnen war. Man konnte nie wissen. Er seufzte und angelte sich eine der Zeitschriften von den Tischen, blätterte sie lustlos durch. Nichts Interessantes. Aus den Augenwinkeln merkte er wie sich eine Person ihm näherte. Er blickte den Neuankömmling an und bemerkte mit einer Mischung aus… Neugier und Abneigung dass der Mann sabberte. Lecker. Kame ging einen Schritt zurück und erst dann schien der Andere ihn zu bemerken. „Mama?“, fragte er. Kame schüttelte stumm den Kopf, klammerte sich an seine Zeitschrift. Der (übrigens viel ältere) Mann schien traurig zu sein. Kame wollte sich selber in den Hintern treten als er aus Mitleid wieder näher zu ihm ging. „Dir gehen gut?“, wurde er dann auch prompt gefragt. Kame nickte, immer noch unsicher wie er sich verhalten sollte. „Das gut“, meinte der Mann und grinste (leicht) dümmlich. Schließlich sagte Kame doch etwas. „Und… wie heißt du?“ Der Mann sah ihn erst verständnislos an, lachte dann aber froh. „Koki.“ Kame musste sich sehr zusammenreisen um nicht zu lachen als er das hörte, da ihm spontan jemand anderes dieses Namens einfiel. Er würde Tanaka nie wieder mit denselben Augen sehen… Trotzdem konnte er sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Du magst Namen?“ Kame nickte lebhaft. „Ja, toller Name.“ – „Und du?“ Der Mann schien auf einmal viel fröhlicher zu sein. Irgendwie… war das ein gutes Gefühl. Kame lächelte ihm zu. „Kame. Ich heiße Kame.“ Koki klatschte vor Begeisterung. Vielleicht… waren diese „Irren“ doch nicht so schlimm wie Kame zuerst befürchtet hatte. Okay, etwas makaber war diese Situation doch aber… der Mann schien nett zu sein. „Ich haben Hunger.“ – „Dann lass uns etwas essen gehen.“ Nach dem Essen fand sich Kame wieder in dem Sprechraum von Asou-sensei wieder. Die Unterhaltung war bereits vorbei, Kame hatte auch erwähnt, dass er zwischenzeitlich immer wieder… Dinge gesehen hatten, die eigentlich nicht hätten da sein können. Der Arzt seufzte. „Sie erinnern sich daran, dass ich sagte, dass es einige Zeit dauern könnte bis Sie Medikamente bekommen?“ Kazuya nickte unsicher. „Ich nehme es zurück.“ Kame starrte den Mann an. „Die Symptome die Sie haben sind… ungewöhnlich stark ausgeprägt. Ich denke wir müssen sofort versuchen sie einzudämmen. Das Problem ist, dass ich immer noch unsicher bin in welchem Ausmaß ich Ihnen die Medikamente verschreiben muss. Wir werden Sie also unter ständiger Beobachtung halten müssen… Außerdem gibt es einige Nebenwirkungen die eher nicht erwünscht sind…“, murmelte der Arzt vor sich her. „Ich werde gleich einen Plan erstellen wie wir in Ihrem Fall vorgehen sollten… Sobald das getan ist werde ich Sie davon in Kenntnis setzten. In der Zwischenzeit sollten wir immer noch einmal am Tag miteinander reden, damit ich diesen ersten Plan besser… skizzieren kann. Ihn etwas besser auf Ihre Bedürfnisse einstellen kann. Das wird alles in allem vielleicht drei Tage dauern.“ Kame nickte. Es geschah tatsächlich etwas. Er stand auf und begab sich in das kleine Zimmer, holte sein Handy heraus und machte es an, sah einen entgangenen Anruf. Jin… Kazuya zögerte kurz rief dann aber die Mailbox ab, lächelte als er Jins Stimme hörte. Die Sorge in ihr machte ihn traurig… aber es schien als sei Jin alles in allem in guter Stimmung gewesen als er ihn angerufen hatte. Das freute den Jüngeren. Er blickte auf seine Uhr. Jin müsste eigentlich von der Arbeit zurückkommen gerade. Sollte er ihn anrufen? Es war schon spät aber andererseits… wann sonst? Also tippe Kame die Nummer ein und wartete darauf, dass der Ältere dranging. Als Jin sein Handy klingeln hörte löste er sich sanft aus dem Kuss mit Maiko und langte nach dem Mobiltelefon. Der Name der auf dem Display stand ließ sein Herz einen Tick schneller schlagen. „Kame?“, fragte er atemlos. Er blickte kurz seine Freundin an die schulterzuckend aufstand und den Raum verließ. „Hast du wen anders erwartet?“ – „Nein“, meinte Jin lachend. „Sag an, wie geht es dir?“ Jin bildete sich einen Augenblick ein, dass er Kames Schulterzucken hören konnte. Was total unsinnig war, trotzdem wusste er, dass der Jüngere genau das getan hatte. „Es… geht.“ Jin wartete auf mehr. „Es ist… anders als ich es mir vorgestellt hatte. Ach Jin, ich weiß nicht“, fing der Jüngere dann das Jammern an und Jin merkte, dass Kazuya viel loswerden wollte aber… „Kazuya“, unterbrach er seinen Freund leise. „Hm?“ – „Also, versteh mich nicht falsch aber kann ich dich in zwei Stunden zurückrufen, dann können wir länger reden grad ist… es ist grad etwas schlecht…“ Stille am anderen Ende der Leitung. „Klar, was ist denn so dringendes los?“ Jin biss sich auf die Unterlippe. „Nur… etwas was ich für die Band erledigen muss, hab grad nen guten Lauf und du weißt wie das mit den Liedtexten ist.“ Er fühlte sich so mies. Erbärmlich. Warum sagte er Kame nicht einfach was… er grade tat? Er hörte den Jüngeren lachen. „Bleib mir weg mit denen. Aber ja, wenn man mal eine Idee hat dann besser sofort aufschreiben sonst ist sie weg. Bis später Jin.“ – „Bis gleich…“ Jin legte auf und in dem Moment öffnete sich wieder die Tür und Maiko betrat mit zwei Bierflaschen in der Hand das Zimmer. Jin grinste ihr zu und drängte jeden Gedanken an Kazuya zur Seite. Jetzt wollte er sich keine Sorgen machen. Er streckte beide Arme nach der Frau aus. „Komm her, ich will dich festhalten.“ Sie lachte stellte dich Flaschen ab und ließ sich von Jin in eine Umarmung hineinziehen. Sie roch gut… aber ungewohnt. Es war selten, dass Jin so lange dasselbe Frauenparfüm in der Nase hatte. Er seufzte leise, ließ sie los und langte zu einer der Flaschen. „Prost.“ Maiko hob die andere Flasche hoch und nahm einen Schluck. „ich werde nie verstehen warum Männer dieses Zeug lieben“, murmelte sie dann und stellte die Flasche wieder ab, stand auf und kam mit einem Wein und einem Glass wieder. Jin runzelte die Stirn. „Und das da soll besser sein?“, fragte er ungläubig. „Ja.“ Das nächste was sie mitbekam war, dass Jin sich wieder über sie beugte und mit der Zunge über ihre Lippen strich. Kame starrte sein Handy halb belustigt, halb enttäuscht an. Er wusste nicht genau warum aber er hätte losheulen können. „Bringt nichts wenn du das Handy gegen die Wand schmeißt.“ Kame setzte sich auf und sah „Jin“ neben ihm auf seinem Bett hocken. „Das Einzige was daraus resultieren kann ist, dass er dich später nicht wird anrufen können“, merkte er noch an. Kame sah traurig diesen „Jin“ an sagte aber nichts. „Jin“ setzte sich so hin, dass er hinter Kame saß und den Jüngeren umarmen konnte. Kame lehnte seinen Rücken bei „Jin“ an, blieb aber weiterhin stumm. „Magst du nicht reden?“ Kazuya schüttelte den Kopf. Schloss die Augen und ließ sich von „Jin“ beruhigen. Schließlich rutschte er von „Jin“ weg und drehte sich um, sah den anderen ins Gesicht. „Meinst du, dass ich das schaffen kann?“, fragte Kame ihn. Sich. Ach egal. „Jin“ zuckte mit den Schultern. „Das weißt du am besten. Und wenn du es willst… dann ja.“ Kame starrte die Bettdecke an. „Wenn ich es schaffe… dann… bist du auch… weg…“ Er hasste diesen Gedanken. An wen sollte er sich dann klammern wenn ihm sogar diese Stütze genommen wurde? An Jin? Er hatte sich zu sehr geändert… die Arbeit hatte sie immer mehr auseinandergerissen. Egal wie sehr Kame schauspielerte, dass ihm diese Trennung nichts ausmachte… Innerlich zerstörte sie ihn. Wie man mittlerweile auch allzu gut sehen konnte. Die Anderen? Mit ihnen hatte er niemals so ein Band gehabt wie zu dem anderen Teil von „Akakame“. Kame seufzte auf. „Jin“ war still geblieben und als der Jüngere aufblickte merkte er, dass der Andere schon längst weg war. Tja. Fluchtartig verließ Kame den Raum wieder als er merkte, dass die „Anderen“ kamen. Im Flur rannte er Koki beinah um den Haufen, der ihn allen Ernstes fragte ob Kame nicht mit ihm und seinen Puppen spielen wollte. Kazuya blickte den Älteren zuerst nur erstaunt an und realisierte dann, dass dieser Mensch… ein „Kind“ war. Kazuya lächelte ihm zu. „Klar, warum nicht?“ Das Lachen Kokis sorgte dafür, dass Kames eigene dunkle Gedanken vertrieben wurden. Er liebte Kinder. Und… Koki war eins. Häufig genug hatte er seine Nichte Babysitten dürfen um sich in dieser Situation jetzt nicht ganz so dämlich vorzukommen. Wobei es schon einen Unterschied gab ob man mit einem kleinen Mädchen oder einem erwachsenen Mann Puppen spielte… Aber die gute Laune des Anderen machte diese Zweifel wett. Kame hatte die Befürchtung, dass nicht so viele Menschen Zeit darin investierten mit den geistig zurückgeblieben zu spielen. Also konnte er es tun. Wenigstens ein bisschen. Bis zum Anruf Jins… In seinem Auto starrte Jin das kleine Handy an was tatsächlich gewagt hatte den Geist aufzugeben. Akku alle. Mist. Der Weg nach Hause dauerte bestimmt bei diesem Verkehr vierzig Minuten und… das wären vierzig Minuten mehr die er nicht mit Kazuya sprach… was dann im Endeffekt heißen würde, dass aus seinen versprochenen zwei Stunden drei werden würden. Aber weder fluchen noch jammern halfen jetzt, er schmiss sein Handy auf den Beifahrersitzt und machte sich auf den Weg. Im Rückspiegel fielen ihm die Male auf, welche Maiko auf seiner Haut hinterlassen hatte. Da würde er sich auch was einfallen lassen müssen. Rollkragenpulli, Schal, irgendwas. Mist. Aber gut war es gewesen. Er lächelte beim Gedanken daran. War schon etwas länger her, seit er das letzte Mal mit jemanden geschlafen hatte. Da nahm er auch gerne in Kauf, dass Kazuya leider würde warten müssen. Trotzdem trommelte Jin ungeduldig mit seinen Fingern auf dem Lenkrad rum als er darauf wartete, dass die bescheuerte Ampel endlich auf grün umsprang. Aus den eingeplanten vierzig Minuten waren aufgrund eines Staus letztendlich sechzig Minuten geworden. Jin rannte in sein Apartment und fand ziemlich schnell das Ladegerät, schloss sein Handy ans Stromnetzwerk an, wartete einige Sekunden, machte es an, sah dass Kame drei Mal versucht hatte ihn zu erreichen, fluchte und wählte die Rückruftaste. Er hörte das Tuten, wartete, hörte wie der Anruf angenommen wurde und sprudelte los. „Es tut mir wahnsinnig Leid Kame-chan, ich hab voll die Zeit verpeilt, dann hatte mein Handy einen Aussetzer und ich weiß auch nicht was alles passiert ist und überhaupt geht hier grad alles drunter und drüber und… kannst du mir verzeihen?“ Stille. Jin drückte die Daumen, dass Kame nicht schmollte. Mist, mist, mist. „Kame-chan?“, fragte er dann vorsichtig nach. Und ließ das Telefon beinah fallen als eine fremde Stimme antwortete. „Kame-chan?“ – „Ehm“, murmelte Jin. „Sorry, falsch verbunden?“ Er wollte grad auflagen als er eine Art… Singsang hörte. „Kame-chan, Kame-chan, Kame-chan“ Jin riss die Augen weit auf. Okay… das war… abgefahren. Und dann hörte er Kames Stimme, sie war leiser als die desjenigen der dieses… Lied… sang… aber immer noch deutlich zu hören. „Was ist denn?“ Jin hörte das unterdrückte Lachen aus der Stimme heraus, dann klapperte es etwas, er hörte Kame noch ein „Lässt du bitte los?“, sagen, dann ein „Danke“, dann hörte er wie der Singsang leiser wurde, ein kurzes Prusten seitens Kazuyas und ein „Hallo?“ das an ihn gerichtet war. Jin saß erst mal nur stumm da. Schließlich würgte er ein „Hallo“ heraus. „Jin?“ – „Ja?“ Jin beschloss… dass der Andere zunächst einmal erklären sollte was das gerade war. Er war immer noch im Schock. Aber seitens Kazuyas kam nichts. Nach kurzer Zeit fiel bei Jin der Groschen. Kame hatte seine Entschuldigung nicht gehört. Aber… ihm war deutlich der Wind aus den Segeln genommen worden. Egal. Also noch einmal. „Du, es tut mir leid, ich weiß ich wollte dich schon vor ner Stunde anrufen“, murmelte er deutlich langsamer als grad eben, „aber… ach, ich hab die Zeit vergessen und… dann hab ich mein Handy nicht gefunden, dann war es alle und… ach egal. Jedenfalls wollte ich sagen, dass es mir leid tut“, murrte er kleinlaut. „Ist okay.“ Etwas verschnupft klang Kame schon noch. Naja. Würde alles wieder werden. „Kame?“ – „Mhm?“ Jin schluckte. „Was war das grad eben?“, fragte er dann vorsichtig. „Wie das…? Ach so… das. Na, das war Koki.“ – „KOKI?“ Ein als Husten schlecht getarnter Lacher war Kames Reaktion. „Reg dich ab, so heißt hier einer. Er ist ganz… knuffig. Wie ein Kleinkind.“ – „Kleinkind?“, fragte Jin matt. Koki. Aha. „Und was macht er mit deinem Handy?“ – „Spielen.“ Kame klang so als hätte Jin ihn etwas total Blödes und vollkommen Klares gefragt. Ja… okay. Gut. „Sind da alle so?“, fragte Jin nach, hoffte, dass Kame nicht nur… solche Leute um sich hatte. „Nein, ein paar Massenmörder und Vergewaltiger laufen hier auch rum“, meinte Kazuya trocken und Jin jappste nach Luft. „Glaubst du mir eigentlich alles was ich dir sage?“, fragte Kame dann merklich interessiert. „Kamenashi!“ Jin lehnte sich an die Wand. „Sowas. Ist. Nicht. Witzig.“, knurrte er dann. „Ich weiß.“ – „Es tut mir Leid, okay?“ Verächtliches Schnauben. „Seit wann brauchst du eine Stunde um dein gottverdammtes Handy zu suchen? Du bist doch regelrecht abhängig von dem Ding, ich kaufe dir nicht ab, dass du es verlegt haben willst.“ Jin schluckte. „Okay, das war gelogen“, gab er schließlich zu. „Na bitte.“ Okay, Kame war sauer. Stinksauer. „Ich… war bei nem Kumpel, wir haben getrunken und ja… ich hab die Zeit vergessen…“ – „Dann war das mit dem Liedtext auch gelogen?“ Jin zuckte zusammen. Verdammt. „Nein. Mensch, ich hab dran geschrieben, er ruft mittendrin an ob ich nicht zu ihm kommen kann und da-“ – „Also die Arbeit unterbrechen um zu feiern kannst du, aber wenn ich mit dir reden will geht es nicht weil du dann die Muse verlierst?“, Kazuya schrie ihn regelrecht an. Jin beschloss darauf nicht einzugehen. „Es tut mir Leid“, bot er Kame noch einmal an. Und hörte das Piepen wenn die Leitung unterbrochen wurde als Antwort. Jin blickte das Handy an, schloss die Augen, machte sich Gedanken über seine eigene Blödheit und wählte Kames Nummer erneut in der festen Absicht ihm die Wahrheit zu sagen. Als er nur die Mailbox hörte warf er das Handy von sich. Kame blickte auf das abgeschaltete Handy. Er hörte hinter sich die tapsigen Schritte Kokis, hatte aber gerade keinen Nerv mit irgendjemanden irgendetwas zu tun. Also beschleunigte er seine Schritte und fand sich in seinem eigenen Zimmer wieder. Wütend trat er einmal gegen das Bett, welches es wagte sich ihm in den Weg zu stellen wenn er stinksauer war. Jin hatte ihn angelogen. Eiskalt. Er wusste es. Er wusste, dass Jin bis zum Schluss nicht die Wahrheit gesagt hatte. Er hätte schreien können. Wie war das gewesen? Jin wollte ihm immer von allen Problemen erzählen? Lügner, Lügner, Lügner! Was für einen Grund hätte er sonst noch gehabt um ihn anzulügen? Gar keinen! Kame blickte wieder sein Handy an. Schaltete es an. Und bekam den Schreck seines Lebens als Kokis Name auf dem Display angezeigt wurde und das Teil zu vibrieren begann. Einen unglaublich kurzen aber dämlichen Moment lang wunderte sich Kame woher Koki seine Nummer haben sollte und ob er überhaupt ein Handy hatte… bis ihm wieder die andere Person namens Koki in den Sinn kam. Er schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und nahm ab. Ein Jubelschrei war die Antwort darauf. „Ja! Du bist drangegangen!“ Kokis Stimme überschlug sich vor Freude, in Kame zog sich alles zusammen. Seine Freunde… er hatte sie wieder nur angelogen, ignoriert. Aber besser so… als die (un)nötigen Sorgen… „Ja, wieso auch nicht?“, fragte Kame dann leise nach. Er hörte ein vielstimmiges Schnauben und dann wirres Durcheinander. „Stopp, stopp, stopp“, rief er in den Hörer und es wurde tatsächlich still. „Wer ist denn noch da?“, fragte Kazuya nach. „Na wer wohl, die ganze Mannschaft“, zirpte Koki, immer noch total fröhlich. Ein gerufenes „Minus Jin“ begleitete seine Worte. Kazuya hörte ein Knuffen und wie Koki empört aufschrie. „Kame?“ Junno hatte anscheinend das Telefon für sich beanschlagt. Kazuya lächelte aber gleichzeitig füllten sich seine Augen mit Tränen. Sie waren alle so lieb… und er vergolt es ihnen auf diese Art und Weise… nichts sagen… aus der Band austreten… ohne einen Grund zu sagen… ohne gar nichts. Und trotzdem… „Ja?“, fragte er und schniefte einmal. „Weinst du etwa?“ – „Mann, stell das Telefon auf die Freisprechanlange!“, knurrte Tatsuya. „Kame, kannst du uns hören?“ – „Japp.“ Lachen am anderen Ende. „Sorry wenn wir stören…“, begann Koki nun, wurde aber von Maru unterbrochen. „Wir machen uns Sorgen, du hast dich nicht bei uns gemeldet seit… seit ner Ewigkeit.“ – „Es tut mir leid.“ Kame legte seinen Arm auf seine Augen. „Wie geht es dir?“ Junno. „Gut“, sagte Kazuya automatisch, biss sich auf die Unterlippe. „Nein, eigentlich nicht. Aber besser.“ Auf diese Worte folgte kurzes Schweigen, dann fingen alle vier an durcheinanderzureden. „Ich kann euch nicht verstehen“, brüllte Kame in der Hoffnung, dass sie darauf achteten. Letztendlich plapperte nur noch Koki, Kame hörte erneut einen Schlag und ein „Au“. Er musste Lachen. „Wie geht es euch?“ – „Beschissen.“ Alle vier waren sich einig. Kame setzte sich auf, runzelte besorgt die Stirn. „Wieso, was ist los?“ – „Ja, du!“, sagte Maru empört. „Genau“, murrte Ueda auf. „Erinner dich daran wie wir drauf waren als Jin weg war. Und jetzt stell dir vor du wüsstest nicht weshalb und wieso und für wie lange und überhaupt. Was hast du dir dabei gedacht?“ Kame hörte wie die anderen Tatsuya zustimmten. „Ich habe einen Grund“, murmelte er dann. „Behauptet auch keiner, dass du keinen hast oder?“, meldete sich wieder Taguchi zu Wort. „Wir wissen nur nicht welchen“, ergänzte Koki dann. Stille, sie wollten, dass er es ihnen sagte… Er konnte das aber nicht… „Leute… ich… danke… aber…“, Kazuya holte tief Luft. „Ich erzähle es auch, sobald… der Grund… weg ist, okay?“ Er hörte die Proteste, ignorierte sie aber gekonnt. Letztendlich, nach einiger Zeit beruhigten sich die vier wieder. „Und du willst es uns echt nicht sagen?“, versuchte Maru es noch einmal. Kame seufzte. „Irgendwann. Aber nicht jetzt…“ Er sah förmlich vor sich, wie die vier einander anstarrten und stumm eine Antwort suchten. „Okay“, sagte dann Junno. „Versprochen?“ – „Versprochen.“ Mittlerweile weinte Kame relativ hemmungslos, das einzige was er noch unterdrückte war das Schluchzen, damit die anderen es nicht mitbekamen wie sehr ihn dieser Anruf rührte. „Kazuya?“, fragte Koki letztendlich. „Ja?“ – „Du kommst doch wieder zu uns zurück, oder?“ Kame schloss die Augen. Vor dieser Frage hatte er sich selber immer gedrückt, weil er die Antwort nicht kannte. Ja, er wollte es. Aber… ob er dazu in der Lage sein würde…? Er schwieg. „Kame-chan?“, fragte dann Maru auch nach. „Ich versuche es…“, murmelte Kazuya fast nicht hörbar. „Ich weiß nur nicht… ob ich das packe…“ Das ließ die vier einen Augenblick verstummen, aber nach diesem Augenblick fingen sie das große Zetern wieder an, diesmal sagten alle mehr oder weniger dasselbe, so dass es nicht schwer war die einzelnen Worte rauszupicken. Von wegen, er sei Kazuya Kamenashi. Dass er alles schaffen konnte wenn er nur wollte, dass sie da waren um ihn zu helfen, zu unterstützen, dass was auch immer ihn gerade davon abhielt zu arbeiten aus dem Weg geräumt werden würde, von ihnen allen zusammen, und Jin natürlich, der zwar grad nicht da war aber ihnen bestimmt zustimmen würde. Oder noch zigtausend andere Argumente hätte. Kame lachte ob dieser Beteuerungen auf. „Leute, ihr wisst schon, dass ihr einmalig seid?“, fragte er dann nach. „Klar“, sagte Koki voller Selbstbewusstsein. Wieder war es kurz still, aber diese Stille war angenehm… „Versprich uns dich ab und zu zu melden okay? Komm vorbei, ruf an, keine Ahnung was… Schalt dein Handy nicht aus“, sagte Yuichi dann zu ihm. „Das ist etwas was ich gerne verspreche“, flüsterte Kame und auch auf die Gefahr hin kitschig oder wie ein Mädchen zu klingen fügte er hinzu: „Ich habe euch alle vermisst.“ Aber Koki behielt seine Sticheleien für sich. Die vier wünschten Kame noch einen schönen Tag und legten auf. Kame ließ sich wieder aufs Bett fallen und wusste nicht ob er lachen oder weinen sollte. Er entschied sich dann für eine Mischung aus beidem. Als Jin in den Umkleideraum kam begrüßten ihn vier aufgedrehte, fröhliche und gleichzeitig etwas traurige Bandkollegen, Freunde. Jin wurde von Koki herzlich umarmt, und spätestens da wusste er, dass er träumen musste. „Was ist mit euch los?“, fragte er trotzdem und zwickte sich selbst in den Unterarm. Okay, Schmerzempfinden war da… scheinbar doch kein Traum… „Wir haben grad mit Kame gesprochen“, informierte Junno ihn dann. Jin blickte die anderen an. „Echt?“ Er dachte an das Desaster von gestern… Ob Kame sich deswegen bei ihnen gemeldet hatte? „Ja“, meinte Koki dann und legte Jin einen Arm um die Schulter, „Wir haben spontan, nach nur zwei Stunden, beschlossen ihn anzurufen.“ Sie erwarteten wohl von ihm, dass er fragte was Kames gesagt hatte aber… „Und wann war das?“ – „Gestern.“ Jin biss sich auf die Unterlippe. „Ja, ich meinte um wie viel Uhr!“, fauchte er dann. Die Anderen blickten ihn erstaunt an. „Gegen Abend… So neunzehn, zwanzig Uhr?“ Also nach seinem katastrophalen Gespräch. „War er sauer?“ – „Jin, was hast du angestellt?“ Todesblick von Jin. „Ich frage es noch einmal, war er sauer?“ Jin hasste dieses Blicke austauschen. Allerdings wusste er schon bevor sie etwas sagten die Antwort, wenigstens etwas. „Schien eigentlich nicht so.“ Maru blickte Jin fragend an. „Jin, wieso willst du das wissen?“ – „Weil ich kurz davor mit ihm telefoniert hab“, gab Jin schließlich zu. „Und am Ende hat er mich abgewürgt und war sauer.“ Er sah wie Maru eine Augenbraue hob aber nichts sagte. Anscheinend war das wieder mal so ein Streit zwischen den beiden, von denen man erstens nicht wusste wie sie entstanden waren und die sich zweitens von alleine lösten. „Jin, wir gehen nachher alle weg, essen oder so, magste mitkommen?“ Koki liebte es solche Treffen zu organisieren, aber noch mehr liebte er es wenn wirklich alle mitmachten. Jin jedoch schüttelte den Kopf. „Nein, ich hab schon ne Verabredung.“ Die anderen drehten sich unisono zu ihm um. Starrten ihn an. „Mit wem?“ Jin grinste leicht. „Mit… Maiko, sie ist klasse, ich muss sie euch mal vorstellen, aber nicht jetzt“, setzte er rasch nach als er sah wie Koki seine Einladung erweitern wollte. Nun, er hatte sich mit diesen Worten trotzdem den Spott des Tages gesichert. Aber es machte ihm erstaunlich wenig aus von den anderen damit aufgezogen zu werden. Kame blickte auf seine Hand auf der drei kleine, unschuldige und unscheinbare Pillen lagen. Er schluckte einmal. Versuchte seine Zweifel und Angst gleich mit der Spucke los zu werden. Er war nicht wirklich überrascht, als es ihm nicht gelingen wollte… Er blickte noch einmal kurz Richtung Arzt, ehe er die Hand hob und die drei Pillen mit einem Schluck Wasser runterspülte. Asou-sensei hatte beschlossen, dass Kame von nun an mindestens dreimal täglich mit ihm sprechen sollte. Sagen sollte ob er noch Halluzinationen hatte, wenn ja wie stark. Und außerdem… welche Nebenwirkungen einsetzten. Sollten sie schnell die richtige Dosierung finden… dann würde Kame innerhalb von ungefähr zwei Wochen die Klinik verlassen können… Kazuya blieb noch etwas sitzen und stand dann auf. Der Arzt hatte gesagt, dass die Wirkung in etwa einer zehn Minuten einsetzen sollte. Und das tat sie auch… Kazuya konnte trotzdem relativ wenig dazu sagen, ob seine Halluzinationen weg waren, er war mehr damit beschäftigt nicht einzuschlafen. Er war müde, alles drehte sich und er war alles in allem eher matt. Das letzte Mal als er sowas erlebt hatte, hatte er mit nahezu vierzig Grad Fieber im Bett gelegen… Er stütze seinen Kopf mit der Hand ab und zwang sich nicht einzuschlafen. Nach einiger Zeit gesellte sich Koki zu ihm, der scheinbar wirklich niemand anderen hier in der Klinik hatte der mit ihm zu tun haben wollte. „Du okay?“, wurde Kame dann auch gefragt. Er schloss die Augen kurz, öffnete sie wieder und sah in das besorgte Gesicht des Mannes. Versuchte zu lächeln. „Müde“, sagte er kaum hörbar. Koki nickte verstehend. „Du Pillen bekommen?“ Kame nickte nur. Koki legte ihm daraufhin eine Hand auf die Schulter setzte sich neben den Jüngeren und beschäftigte sich mit irgendetwas anderem. Aber er verließ Kame für keine Sekunde. Nachdem es Kazuya langsam spanisch vorkam (was bei seiner derzeitigen Hirnaktivität etwas dauerte) fragte er nach ob Koki nicht lieber woanders etwas anderes tun wollte. Der Andere schüttelte den Kopf. „Du Freund. Ich auf dich aufpassen.“ Kame lächelte ihm kurz zu ehe er wieder seine volle Aufmerksamkeit der „Beschäftigung“ Nicht-Einschlafen widmete… Nachdem noch etwas mehr Zeit verstrichen war merkte Kame, dass Koki wohl schon seit geraumer Zeit versuchte ihn zum Aufstehen zu bewegen. „Sorry, was ist los?“, murmelte Kame dann. „Wir essen“, sagte Koki auf eine Art und Weise die deutlich machte, dass ein „Nein“ nicht akzeptiert wurde. Kazuya rappelte sich auf, ließ sich von Koki stützen und wurde zur Kantine begleitet, in einen Stuhl rein komplementiert und dann, um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, brachte Koki ihm etwas zu Essen mit. Kurz schoss ihm eine ähnliche Situation durch den Kopf, die er vor einigen Jahren erlebt hatte… aber zurzeit tat jeder Gedanke an Jin nur weh… deswegen schob er die Erinnerung daran zur Seite und begann mit dem Essen. Besagter Jin traf sich in diesem Moment wieder einmal mit seiner neuen Freundin. Seit dem letzten Telefongespräch mit Kazuya waren nun drei Tage vergangen, aber er hatte nicht versucht den Jüngeren anzurufen, zu erreichen. Natürlich machte er sich Sorgen um Kazuya… aber… wenn etwas Wichtiges passieren würde, würde der Andere sich von alleine melden, da war sich Jin sicher. Und so konnte ein Anruf nur seine Laune drücken, die sich seit der Party stetig verbessert hatte. Manchmal musste man einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Er ignorierte sein (immer schlechter werdendes) Gewissen also und knöpfte langsam die Bluse auf die Maiko heute anhatte. Als Kame in seinem Bett lag raste sein Herz. Er wusste nicht einmal weswegen. Er drehte sich wieder auf den Rücken. Ihm war heiß, schwindelig und sein Herz machte ihn wahnsinnig. Er schloss die Augen. Toll, den ganzen Tag war er müde gewesen und jetzt wo er schlafen wollte konnte er nicht. Typisch. Seufzend setzte er sich auf, tastete nach der Lampe neben seinem Bett und schaltete sie ein. Danach versuchte er ein Buch zu lesen, konnte sich aber nicht auf das Geschriebene konzentrieren. Letztendlich gab er seine Bemühungen auf und griff nach dem Handy. Es war „erst“ ein Uhr morgens. Wie er die Arbeit kannte war noch keiner seiner Freunde am Schlafen. Nach kurzem Überlegen wählte er eine vertraute Nummer und wartete darauf, dass Abgenommen wurde. „Kame?“, hörte er auch kurz darauf eine vertraute Stimme. „Hey.“ – „Na, ich fass es nicht, du meldest dich ja tatsächlich!“, frohlockte Koki und Kame kicherte verhalten. „Ja, es geschehen noch Zeichen und Wunder. Wie geht es dir?“, fragte Kame nach. „Mir? Bis auf eine einzige Tatsache ganz gut. Und was machst du so?“ Kazuya dachte einen Augenblick nach. „Ich versuche einzuschlafen“, bot er Koki dann an. „Jetzt? Um diese Uhrzeit? Wann musst du aus den Federn?“ – „So… gegen acht, zehn… je nachdem.“ Koki stöhnte empört auf. „Vielleicht sollte ich Johnny-san auch um eine Auszeit bitten“, murmelte er leise vor sich her. „Was mich zu der Frage bringt, wie hast du Johnny dazu gebracht, dass er es dir erlaubt hat? Also… so kurzfristig eine Pause einzulegen?“ Kame biss sich auf die Unterlippe. „Du schwörst, dass du es niemanden sagst?“, fragte er dann nach. Dann senkte er geheimnisvoll die Stimme. „Das ist ein Geheimnis Koki… eine besondere Begabung ist vorausgesetzt damit man das von ihm bekommt was man will… Wenn jetzt jeder davon Wind bekommt… dann…“ Kame legte stilvoll eine Pause ein. „Nur dir will ich diese Technik verraten.“ Na, jetzt war er aber gespannt. Und er konnte förmlich Kokis Spannung… riechen. Hören wohl eher. „Ja? Mensch, Kame spucks aus!“ – „Ich hab ihm gesagt entweder ich leg ne Pause ein oder er hat mein Kündigungsschreiben nächste Woche auf dem Tisch“, sagte Kame wieder mit normaler Stimme. Er wusste, wenn Koki neben ihm gestanden hätte, hätte er zuallererst einen Schlag gegen den Kopf bekommen, dann den Todesblick, der dann aber einem besorgten Blick gewichen wäre. Er hörte wie Koki geräuschvoll die Luft aus den Backen blies. „Okay, das war fies Kame“, meinte er letztendlich lachend. „Und er ist ernsthaft darauf eingegangen?“ – „Naja, zunächst nicht, aber als ich dann nach dem Formular gefragt hab… sagen wir mal da fing er an mir zu glauben…“ Koki blieb still. „Dann… meintest du das wirklich ernst?“ Kazuya hörte die Sorge. Die Anspannung. „Sagen wir… zu dem Zeitpunkt gings mir wirklich dreckig… Da… naja… jedenfalls wäre Kündigung im Moment keine Option mehr.“ Hoffentlich, jedenfalls. Ein nervöses Lachen seitens Kokis. „Okay, freut mich zu hören. Kame, willst du nicht… rüberkommen?“ – „Kann ich nicht…“, flüsterte Kazuya, betete, dass Koki nicht nach dem Grund fragte. Dieser schien das Missfallen an dem Thema zu spüren und ging nicht näher darauf ein. „Koki?“, fragte Kame nach einigen Minuten gemeinsamen Schweigens. „Ja?“ – „Grüß die Anderen von mir.“ Langsam… wurde er doch müde. „Auch Jin?“ – „Huh?“ Kame war scheinbar nicht mehr auf der Höhe der Ereignisse, warum nicht Jin? „Naja, er meinte ihr habt euch gestritten…“, begann Koki dann kleinlaut. Ah so. Ja. Kame hatte doch glatt vergessen weswegen er sich entschieden hatte den Rapper der Gruppe und nicht den Leadsänger anzurufen. Peinlich. „Ähm“, begann er dann intelligent. Koki lachte. „Ach weißt du was? Ist mir grad egal, ja grüß auch Bakanishi von mir.“ Nun konnte Koki sich gar nicht mehr halten. „Auch unter diesem Namen, oder…?“ – „Ich bestehe auf diesem Namen, ansonsten kriegt er keine Grüße“, sagte dann Kame nüchtern und kategorisch, stimmte aber in Kokis Lachen ein. „Na dann, schlaf gut Kame-chan.“ – „Maaaaan, lasst das ‚-chan‘ doch endlich stecken“, nörgelte Kame und verabschiedete sich dann von Koki, legte auf und konnte endlich einschlafen. Koki, begleitet von Maru, betrat den Bandraum und betrachtete die Anwesenden. Er fing an zu grinsen wie ein Honigkuchenpferd als er feststellte, dass wirklich alle da waren. Und sich irgendwie die Zeit vertrieben bis die Probe losging. „Hey Leute!“, rief er fröhlich, bekam alle Aufmerksamkeit, nur Jin fand sein Handy interessanter als den Rapper. Kurz entschlossen ging Koki zu seinem Kumpel, nahm ihm den Gegenstand aus der Hand, säuselte ein „‘Tschuldigung, er wird gleich zurückrufen“ in das Telefon, ignorierte Jins empörten Aufschrei, legte auf und rettete sich hinter Ueda. „Was sollte das?“, fauchte Akanishi ihn ungehalten an, war fuchsteufelswild. „Ich hab telefoniert!“ – „Stell dir vor, ist mit aufgefallen“, belehrte Koki den wütenden Jin. Duckte sich trotzdem etwas mehr. „Aber ich muss dir was sagen!“ – „Das hätte warten können Tanaka!“, brüllte Jin ihn an, umrundete Tatsuya was Koki veranlasste in die andere Richtung um Ueda rumzutanzen, nun befand er sich vor Ueda und Jin hinter demselben. „Ja, aber…“, protestierte der Rapper schwach. Junno und Maru indes beobachteten das Schauspiel interessiert. „Was kann denn so wichtig sein, dass du mir mein Telefonat mit Maiko versaust?“ Aha. Da lag der Hase also im Pfeffer begraben. Es ging um seine Freundin. Koki runzelte die Stirn. Irgendwie überraschte es ihn doch, dass Jin immer noch mit diesem Mädel zu tun hatte. Alle anderen Beziehungen die der Sänger bis zu diesem Punkt gehabt hatte… waren schneller in die Brüche gegangen. Und meist war es nicht mal Jins schuld gewesen, also… freute Koki diese Nachricht, dass dieses Mädel scheinbar… verständnisvoller war als der Rest der potentiellen Frauen mit denen Jin rumgemacht hatte. Trotzdem… „Man ey, dann ruf sie gleich zurück“, maulte Koki dann nur. „Gleich ist sie in der Arbeit.“ Oh-oh. „Dann eben später!“ Jin schickte ihm den Todesblick, per Eilbrief, Koki war froh, dass Ueda zwischen ihnen stand. Oh ja, das war er. Allerdings… schien Ueda diese Position nicht so sehr wie dem Rapper zu gefallen… Anscheinend debattierte er gerade mit sich selber, ob er Koki weiterhin vor Akanishi schützen sollte… oder sich selber rettete. Das Blöde war nur; Koki wäre an seiner Stelle gegangen und Tatsuya wusste das, hatten diesen Punkt auch in seiner Debatte einfließen lassen. Letztendlich zog der Ältere sich zurück, lehnte sich neben Maru an die Wand und genoss die Vorstellung die ihm geboten wurde aus der Ferne. Koki schluckte, nun war nichts mehr da was ihn von Jin trennte. „Später? Später?!“ Jin sah aus als würde er Tanaka mit bloßen Händen strangulieren wollen. Koki hob beschwichtigend die Hände. „Okay, es tut mir leid, es tut mir leid!“, sagte er schnell und trat einige Schritte zurück, dicht gefolgt von Jin. „Es ist nur… Grüße von Kame!“, platze er dann raus, und zu seinem großen Glück erstarrte Jin in seiner Bewegung. „Von Kazuya?“ Plötzlich klang die Stimme nicht mehr wütend. Fragend, besorgt, ungläubig, ja, aber nicht wütend. Koki ließ die Hände sinken und seufzte erleichtert. „Ja, er hat mich gestern, eh, heute, angerufen und sagte ich soll euch alle von ihm grüßen.“ Koki ging nun seinerseits auf Jin zu stupste ihn sanft gegen die Brust. „Auch den Bakanishi hier.“ Jin sah wieder sauer aus. „Bakanishi?“ – „Kames Worte, nicht meine!“, erklärte Koki rasch, sprang aber vorsichtshalber doch einen halben Meter zurück. Dann sah er ein Lächeln auf Jins Gesicht und der Leadsänger ging ohne ein weiteres Wort zu sagen zu seinem Platz und summte noch dabei ein Liedchen. Koki schüttelte nur den Kopf, das sollte noch einer verstehen. „Und deine Freundin?“ – „Ist jetzt eh schon zu spät.“ Trotzdem legte Koki Jins Handy vorsichtshalber neben seinen Besitzer. Jin beachtete ihn nicht mal. Nach drei weiteren recht merkwürdigen Tagen hatte Asou-sensei mehr oder weniger herausgefunden welche Dosierung Kame am besten half und gleichzeitig so wenige Nebenwirkungen wie möglich hatte. Mit der Mattigkeit die die Pillen bewirkten hatte Kame sich recht schnell abgefunden gelegentliche Schwindelanfälle ließen sich auch nicht vermeiden… aber… er sah nur noch sehr selten Dinge, die nicht da sein sollten. Asou-sensei hatte Kazuya erklärt, dass die Symptome bei einer richtigen Dosierung der Medikamente recht schnell verschwanden, meist schon nach einer Woche. Danach… nahm man die Medizin nur noch, um einen Rückfall zu verhindern. Sollte Kazuya eine Woche lang keine Halluzinationen mehr haben, würden sie ihn nicht mehr in der Klink behalten. Er würde nur noch jede Woche zu einem Gespräch kommen müssen, sich die Medikamente für eine neue Woche holen müssen. Kazuya rieb sich die Augen. Er konnte beim besten Willen nicht sagen, ob das etwas Gutes oder Schlechtes war… Einerseits freute er sich natürlich, dass er nach drei Jahren endlich und wahrhaftig wieder Ruhe haben sollte. Dass er wieder „normal“ sein würde. Dass er nicht mehr diese schrecklichen Menschen sehen und hören musste… Aber… das hieß gleichzeitig eben auch, dass er „Jin“ verlieren würde… und… die Tatsache, dass er so schnell aus der Klinik entlassen wurde… zwang ihn eher als erwartet sich mit seiner Zukunft auseinanderzusetzen. Letztendlich konnte er nicht wie eine Pflanze von der Sonne leben, Photosynthese betreiben können wäre eine Alternative… Kame seufzte. Nein. Er musste arbeiten (mal gekonnt die Tatsache ignoriert, dass er ein Workaholic war und unter Umständen auch noch Entzugserscheinung wegen zu wenig Arbeit haben würde…) allein schon deswegen um sich zu ernähren, Miete zu bezahlen. Aber… er fühlte sich nicht bereit wieder sein normales Umfeld um sich zu haben. Den ganzen Stress, mit den Managern, Auftritten, Serien, Singles, Alben, Konzerte, Showauftritte, Werbeverträge… Und natürlich die ganzen Menschen… Johnny… KAT-TUN, die anderen Bands… Er fühlte sich noch nicht stark genug um das durchzustehen. „Aber habe ich denn eine Wahl?“, murmelte er sich selber zu, seufzte. Eigentlich nicht. Schon bald würde er seinen Boss anrufen müssen, sich mit ihm treffen müssen. Ihm sagen, dass er sich von seinem „Stress“ erholt hatte. Plötzlich hatte er den Wunsch mit Jin zu reden, sich von ihm Bestätigung für diese Entscheidung zu holen. Bevor er es sich anders überlegen konnte wählte er Jins Nummer. Aber es war besetzt… Kame seufzte und legte auf. Er würde es später noch einmal versuchen. Wieder eine gepackte Tasche, Kazuya wusste nicht wie er sich fühlen sollte… seine Hand zerquetschte ein kleines Päckchen… er… wollte sich noch von Koki verabschieden… der Mann war ihm in den vergangenen zwei Wochen wirklich ans Herz gewachsen… er würde wohl jedes Mal wenn er hier war dem anderen einen Besuch abstatten, das hatte er verdient. Kame schüttelte den Kopf, es half nix jetzt darüber nachzudenken. Er seufzte… aber immer noch besser als über einen Gewissen Akanishi Jin, den er in den ganzen zwei Wochen nur zwei Mal hatte erreichen können… einmal ihr Streit… und… einmal… es war merkwürdig gewesen. Jin hatte ihn wieder nur abgewimmelt, mit irgendeiner fadenscheinigen Ausrede. Kazuya konnte sich keinen Reim auf Jins Verhalten machen… er würde ihn wohl vor sich sehen müssen, um mehr zu erfahren… Jin wusste nicht einmal, dass er heute aus der Klinik entlassen wurde. Er strich sich mit der Hand über die Augen weil er müde war, ganz sicher nicht um Tränen wegzuwischen. Nein… Kazuya griff nach der Tasche, drehte sich um und sah Koki im Türrahmen stehen. Der Ältere sah traurig aus… so wie Kame sich gerade fühlte… „Du gehen?“ Kame schluckte seine Traurigkeit runter. „Ja, aber ich komme jede Woche wieder, dann sehen wir uns, ja?“ Koki indes versuchte nicht einmal fröhlich auszusehen und weinte ungehemmt. „Ich dich vermissen werd.“ Kames Herz zog sich schmerzlich zusammen, er dachte nicht nach sondern umarmte den Anderen einfach, hoffte, dass Koki diese Geste richtig deuten würde. „Ich dich auch.“ Koki drückte ihn näher an sich. „Wir Freunde bleiben, ja?“ Kame grinste ihm zu. „Klar. Danke…“ Langsam löste er sich von dem großen Kind, hob seine Tasche wieder hoch und machte sich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen versuchte er Jin zum gefühlten millionsten Mal anzurufen, diesmal war das Handy ausgeschaltet. Super. Da Kazuya aber das Bedürfnis nach Gesellschaft hatte… „Maru?“ – „Kame? Hey, ich glaubs ja nicht, was ist los, hast du mich vermisst?“ Kame runzelte die Stirn. „Dir ist schon klar, dass du wie Koki klingst?“ Maru lachte. „Sorry. Aber wir haben doch erst gestern geredet, von daher…“ Kame rollte mit den Augen. „Wenn du willst kann ich auch auflegen.“ Seine Laune verschlechterte sich zunehmend. „Nein, nein, nein! Ich wollte nur sagen, dass das… also ich hatte nicht erwartet, dass du sich so schnell wieder melden würdest!“, beeilte sich Yuichi zu versichern. „Na gut, dann will ich dir mal glauben“, murrte Kame immer noch verstimmt. „Schlechte Laune?“ – „Ja. Wollen wir uns treffen?“ Die Worte waren schneller gesagt als sie gedacht waren. Der Jubelschrei wahrscheinlich auch. „Oh mein Gott, ja!“ Und die Laune wurde wieder etwas besser. „Kannst du die anderen einladen? Ich… muss mich dringendst umziehen“, gestand Kame und blickte dabei an sich runter. Mit diesen schlabbrigen Klamotten würde er nicht zu einem Treffen mit seinen Bandmitgliedern gehen. Vor allem nicht wenn er sie zuletzt… im Krankenhaus gesehen hatte… was gut und gern zwei Monate her war. „Ja. Ja, mach ich!“ Der Enthusiasmus war ansteckend. Kame kicherte. „Bei dir?“, fragte er Nakamaru dann. Selbsteinladungen waren toll… „Ja, kein Problem, ich bestell uns irgendwas zu futtern und… ja, also, ich ruf die anderen an und wir treffen uns dann. Verdammt, ihr kommt sofort wenn ihr Zeit habt, bis gleich!“ Sprachs und legte auf. Kame ging zu seinem Kleiderschrank und wühlte darin herum bis er etwas fand, was man anziehen konnte. Seufzend beschloss er auch noch seine Tasche auszuräumen, er hatte keine Lust, aber das würde mit der Zeit eher schlechter als besser werden, von daher… Danach suchte er seinen Führerschein und die Autoschlüssel, steckte die Pillen die er heute noch nehmen müsste in eine Hosentasche und programmierte sich eine Memo auf dem Handy. Dann verließ er seine Wohnung wieder setzte sich ins Auto und fuhr zu Marus Haus. Er hatte es gerade geschafft die Klingel zu drücken, als die Tür aufflog und er sich in den Armen des Bandältesten wiederfand. „Kame-chan“, rief dieser während er Kames Rippen brach. Danach hielt er Kame an den Armen fest, hielt ihn etwas von sich und musterte ihn von oben bis unten und zurück. „Du siehst mager aus“, meinte er in einem belehrenden Tonfall. „Ich seh immer mager aus“, bemerkte Kame lächelnd und schubste Maru mit sanfter Gewalt in sein Haus zurück. Schloss die Tür hinter den beiden. „Wo sind die anderen?“, fragte er während er sich die Schuhe auszog. „Sie müssen noch etwas zu Ende drehen, kommen dann aber sofort. Junno macht einen kurzen Zwischenstopp bei einem Chinesen und bringt was zu essen mit“, informierte Maru den Jüngeren. Dann ging er in die Küche, holte schon mal das Besteck raus und legte es im Wohnzimmer auf den Tisch. „Komm mal eben mit Stühle schleppen“, forderte er dann Kazuya auf und ging wieder in die Küche. Kame folgte ihm. Als sie fertig waren setzten sie sich hin und schwiegen sich an. Kame… fühlte sich noch unwohl, schuldig… Maru jedoch wollte den Jüngeren einfach nicht drängen etwas zu erzählen… außerdem blieb hinterher wenn alle anderen da waren immer noch genügend Zeit um Kazuya auszuhorchen… Der Vorteil dann würde sein, dass Kame alles nur ein einziges Mal erzählen musste. Dann gab es ein Sturmklingeln und Maru ließ Koki und Ueda rein, die sich fröhlich zankend ins Wohnzimmer begaben. Koki umarmte Kazuya sobald er ihn sah, das ganze erinnerte doch stark an Marus Begrüßung vor wenigen Minuten. Ueda grinste erst nur und patte dann Kazuya auf die Schulter. „Schön dich mal wieder zu sehen. Ich… wir haben dich vermisst“, murmelte er leise, doch nicht leise genug. „Hah! Tat-chan, das hab ich gehört!“, triumphierte Koki und setzte sich auf einen der Stühle. „Okay, wo ist das Futter?“ – „Auf dem Weg. Junno bringts mit.“ Koki nickte. „Der soll sich beeilen, ich verhunger“, maulte der Rapper und beobachtete wie Ueda sich mit hochrotem Kopf hinsetzte. Sprang dann aber gleich auf als die Türklingel zum dritten Mal an diesem Abend schellte. „Essen!“, rief er freudig aus und lief zur Eingangstür. Ueda konnte nur den Kopf schütteln. Dann blickte er Kazuya vorwurfsvoll an. „Du weißt schon, dass es deine Schuld ist, dass Koki so… aufgedreht ist?“ Kame runzelte die Stirn. „Ich dachte der ist immer so?“ – „Ja, schon, aber… es ist schlimmer geworden. Freut sich einen Keks“, murmelte der Ältere und betrachtete dann seine Fingernägel. Junno kam dann ins Wohnzimmer, bepackt mit diversen Tüten, legte sie auf den Tisch und lächelte dann Kazuya mit seinem riesigen Lächeln an. „Schön dich wieder mal live und in Farbe zu sehen“, begrüßte er den Kleineren. „Freut mich auch euch alle mal wieder zu sehen“, lachte Kame. „Okay, fangen wirs essen an!“, bestimmte Koki und öffnete die Tüten. „Junno, du bist einmalig, klasse, wunderbar, fantastisch“ – „Ich hab das Essen nicht gekocht Koki und der Chinese ist bei mir gleich um die Ecke“, würgte Taguchi den Rapper ab. Kazuya hob verwundert eine Augenbraue sagte aber nichts. Legte auf seinen Teller ein paar der Gerichte ab und langte dann auch zu. „Dann bringt mich mal auf den neusten Stand, was macht ihr zur Zeit?“, forderte er die anderen auf, die dieser Bitte nur allzu gern Folge leisteten. Maru fing mit der Erklärung an, dass Johnny immer noch wollte, dass KAT-TUN sich einen neuen Namen zulegte. Da wurde er aber auch schon von Ueda unterbrochen. „Du kommst doch zurück zu uns?“ Kame wollte zu einer Antwort ansetzten als sein Handy anfing zu klingeln. „Sorry“, murmelte er fischte es aus der Tasche, sah die Memo und seufzte. Einen Augenblick dachte er darüber nach, ob er so tun sollte als müsste er ein wichtiges Telefongespräch führen, oder das er so tat als müsste er aufs Klo, oder sich überhaupt verabschiedete… aber er war dieses ewige Lügen leid. Also teilte er seinem Handy nur mit, dass er die Memo gelesen hatte und holte das Päckchen mit den Tabletten raus, zählte drei ab. Er war sich der Blicke seiner Freunde sehr wohl bewusst. „Kame?“, fragte Maru auch dann leicht ängstlich nach, ehe Kazuya die Medizin schlucken konnte. „Ja?“ – „Was… also… wieso?“ Kame blickte auf und sah in die erschrockenen Gesichter seiner Freunde, er lächelte ihnen zu. „Medikamente“, meinte er dann achselzuckend. „Ich… bin etwas krank…“ – „Wie krank ist ‚etwas krank‘?“, fragten Tanaka und Ueda scharfsinnig nach. Kame schluckte die Pillen runter und trank etwas Wasser hinterher. „Es…“; begann er, biss sich dann auf die Lippe. „Naja, es ist nichts Ansteckendes“, sagte er dann. „Wow, das beruhigt mich jetzt.“ Uedas sarkastische, zynische, besorgte Stimme schreckte Kazuya auf. „Weißt du, Krebs ist auch nicht ansteckend.“ Nun blickte Kame die anderen geschockt an. „Meine Güte, nein, ich hab kein Krebs“, sagte er und fragte sich wie Tatsuya nun auf die Idee gekommen war. „Okay, jetzt bin ich tatsächlich etwas beruhigt“, meinte dieser dann aber immer noch angespannt. „Also, was ist es dann?“ Kame fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Sagte aber immer noch nichts. „Ist das auch der Grund warum du plötzlich… weg warst?“, fragte Junno vorsichtig nach, Kazuya blickte ihm in die Augen und nickte langsam. „Ja… es…“ er holte tief Luft. „Sorry“, meinte er dann mit schiefem Grinsen. „Es ist nur… Ich komm nicht so gut damit klar darüber zu reden…“, sagte er dann ausweichend. Seine Freunde tauschten besorgte Blicke. „Kame, wenn du uns jetzt nicht sagst was los ist schicken wir dich ins Krankenhaus. Dir ist schon klar, dass wir jetzt… dass wir jetzt total besorgt sind?“, erkundigte sich Maru nach dem stummen Meinungsaustausch. Kame blickte unglücklich auf. „Da komm ich grad her, heute frisch entlassen, beziehungsweise“, beeilte er sich zu sagen, als die Anderen ungläubig die Augen aufrissen und so aussahen als wollten sie ihn in Grund und Boden schreien dafür, dass er nie auf sich Acht gab, „beziehungsweise ich komme gerade aus der Psychiatrie.“ Das letzte Wort konnte man nicht einmal mehr als Flüstern bezeichnen. Kazuya blickte beschämt zu Boden, seine Hände zitterten. Was würden sie darauf sagen? Würden sie ihn verstehen? Angst vor ihm haben? Er wagte es nicht aufzublicken, wenn er hochsehen würde, könnte er ihre Blicke sehen und dann wüsste er was sie dachten. Mehr oder weniger. Aber… „Psychiatrie?“, fragte Koki letztendlich nach. Kame nickte stumm. Starrte immer noch auf seine Hände. „… Und… warum warst du da?“ Kame schloss die Augen, holte tief Luft. „Weil… ich krank bin… psychisch krank… es… Naja. Man kann sagen ich bin verrückt.“ – „Bist du nicht“, fauchte Maru ihn dann an. „Ich meine… wir kennen uns jetzt wie lange? Ach egal, man würde es doch merken wenn du nicht mehr alle Tassen im Schrank hast!“ Kame schluckte noch einmal, versuchte seine Kehle von dem dicken, fetten Klos zu befreien der sich dort festgesetzt hatte. „Kame, guck uns an, ja?“, bat dann Ueda sanft. Kazuya wusste warum… sie wollten wissen ob er log oder… aber das war auch egal, er hob seinen Kopf wieder, blickte aber an den anderen vorbei und fixierte irgendein Stück Wand. „Nun, scheinbar kann man auch… kann man sowas auch mal nicht merken“, murmelte er dann. „Was… genau also-“ Maru blickte hilflos zu den Anderen, Junno kam ihm zu Hilfe. „Was genau meinst du denn mit ‚verrückt‘? Da… du bist doch…?“ Kame holte noch ein letztes Mal tief Luft. Erinnerte sich daran, dass das hier seine besten Freunde waren und sammelte allen Mut den er noch finden konnte. „Ich meine das… im Sinne von Halluzinationen.“ Er sah, dass Koki ihn unterbrechen wollte und hob eine Hand. „Lasst mich das jetzt sagen ja? Ich glaube nicht, dass ich es noch einmal über mich bringen werde das irgendwem zu erzählen, und ich glaube auch nicht, dass ich den Faden wiederfinden werden, wenn mich einer von euch unterbricht okay?“ Er ließ die Hand wieder sinken. „Es ist schon… seit einiger Zeit so, dass ich manchmal… Menschen sehe die eigentlich… gar nicht da sind… eine Zeit lang habe ich gewusst… was echt war und was nicht… aber… das letztens ist mir das nicht mehr gelungen… Es war alles irgendwie zu viel… ich hatte mich nicht getraut… es irgendjemanden zu sagen… ich habe mich nicht getraut mir einzugestehen, dass ich Hilfe brauche… es…“, Kame schüttelte den Kopf energisch. Blickte die vier dann direkt an. „Es tut mir leid euch so lange angelogen zu haben. Ich werde nicht genauer sagen, was da los war, ich… weiß auch nicht genau weshalb das plötzlich… anfing… deswegen werde ich euch auch dazu nicht sagen. Ich weiß aber, dass es durch die Medikamente besser geworden ist. Ich werde sie wohl noch… ziemlich lange nehmen müssen, aber ansonsten geht es mir soweit ganz gut, von diversen unerwünschten Nebenwirkungen mal abgesehen.“ Die Stille, die seinen Worten folgte ängstige Kame. Er blickte wieder zu Boden. Er hatte den Unglauben in den Gesichtern der Anderen gesehen, oder wollten sie es einfach nur nicht glauben? Er wusste es nicht. „Nur… damit wir uns richtig verstehen“, meinte Koki dann, „das… meinst du ernst oder? Du… willst uns hier nicht verarschen?“ es klang fast als wollte der Rapper genau das hören. Ein April, April… Kazuya schüttelte den Kopf. „Ich meine es ernst… ja… Ich wünschte das wäre ein schlechter Scherz von mir…“ – „Aber… dir geht es doch jetzt gut?“, fragte Ueda nach, die besorgte Glucke die es nur nicht zeigen wollte. Kame blickte wieder auf, wusste, dass es egal war. Dass sie ihn so akzeptierten wie er war. Nein, er würde jetzt nicht sentimental werden und heulen. Er nickte und versuchte das Wasser was sich in seinen Augen bildete wegzuzwinkern. „Danke“, flüstere er dann. „Wofür?“ Vierstimmiger Chor. „Genau dafür“, erwiderte Kame lachend. Die Anderen lächelten ihm zu. „Ich komme nicht umhin zu bemerken, dass du dich vor einer Antwort gedrückt hast“, wies Koki Kame dann auf den Anfang des Gesprächs hin. „Ich fürchte ich weiß die Frage nicht mehr?“ – „Ob du wieder Teil von KAT-TUN wirst…“ Kazuya sah die Anspannung der Anderen, sie wollten, dass er wieder kam, aber… sie würden ein ‚Nein‘ auch verstehen. Jetzt… da sie den Grund wussten und verstanden… „Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht… Ich wüsste nicht was ich sonst tun soll aber…“ Kame zuckte mit den Schultern. „Vielleicht lässt du es einfach langsam angehen?“, schlug Taguchi dann vor. „Du nimmst nicht so viele Jobangebote an, ich denke wir können es irgendwie durchboxen, dass du momentan nur Tätigkeiten machen müsstest, die direkt mit KAT-TUN zu tun haben…“ Kazuya nickte langsam. „Mal schaun… ich werde die Woche eine Entscheidung treffen und ihr seid die ersten die davon erfahren“, versprach er, blickte verstohlen auf die Uhr um dann Yuichi direkt anzugucken. „Sag mal, hast du Jin nicht erreicht?“ Maru runzelte die Stirn. „Doch, er meinte er würde dich anrufen?“ Kame holte erneut sein Handy raus. Keine Nachrichten. Keine verpassten Anrufe. Keine Nachricht auf der Mailbox. Er schüttelte den Kopf. „Hat er aber nicht… Wieso ist was los?“ Maru blickte überrascht zu Koki. Dieser zuckte mit den Schultern. „Du hast mit ihm geredet, nicht ich“, forderte er Yuichi auf. Kames Herz schlug plötzlich schneller, er war sich nicht sicher, ob er wissen wollte was jetzt kam. Er hatte so ein schlechtes Gefühl… Maru blickte ihn traurig an. „Jin sagte er könne heute nicht kommen.“ Kazuya nickte fahrig. Okay, es tat zwar weh… aber… man konnte nichts daran ändern… er kannte Jins Arbeit… es war auch seine gewesen… Es fühlte sich an als würde sein Herz sich zusammenkrampfen. „Muss er… noch irgendwelche Dreharbeiten beenden?“, fragte Kazuya dann kleinlaut nach. Er hatte gehofft Jin zu sehen, nach all der Zeit endlich wiederzusehen… und jetzt… Nun starrten die vier ihn an als würden sie ihren Ohren nicht trauen wollen. Kame fühlte sich immer unbehaglicher. „Was?“ „Kame… weißt du nicht, dass Jin eine Freundin hat?“ Kapitel 3: Kapitel 3 – Breakdown -------------------------------- 1 “the act of disrupting an established order so it fails to continue” 2 “a mental or physical breakdown” „Weißt du nicht, dass Jin eine Freundin hat?“ Dieser Satz hallte in Kazuyas Kopf nach als hätte er dort ein Echo hinterlassen. Das… konnte doch nicht sein? Jin… hätte ihm davon erzählt, oder nicht? Kame ballte seine Hände zu Fäusten. Es gab keinen Grund warum Jin ihm so etwas hätte verschweigen wollen… keinen… „Ihr lügt doch“, flüsterte Kame dann, auch wenn er in ihren Gesichtern ablesen konnte, dass sie die Wahrheit sagten. Jin… hatte… Kazuya konnte grade nicht klar denken… Die Anderen sagten nichts, konnten sich nicht erklären warum Kazuya nichts davon wusste. Immerhin war er Jins bester Freund oder? Hatte Jin ihn wegen… irgendeiner dummen Pute also die letzten zwei Wochen so gut wie ignoriert, angelogen? Wegen irgendeiner blöden Kuh war er jetzt nicht hier hergekommen? Wo sie sich hätten sehen können? Er hatte seine Freundin über Kazuya gestellt? Und nicht einmal den Mut aufgebracht ihm davon zu erzählen? Und… nein, in diese Richtung durfte er nicht denken… nein, nein, nein, nein… Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, blickte in Kokis Augen. „Du weißt echt nichts davon?“ – „Seit wann?“ War Kames Gegenfrage. Koki zuckte mit den Schultern. „Lass mich nachdenken… so circa vor zwei Wochen oder nicht?“ Kame hatte das Gefühl als ob er sich übergeben müsste… „Er hat mir nichts gesagt…“, murmelte er. „Wir haben aber auch nur zwei Mal in der Zeit miteinander gesprochen…“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Ueda blickte Kame besorgt an. Er konnte sehen wie verletzt der Jüngere war, davon, dass Jin ihm das nicht gesagt hatte. Und von der Tatsache, dass sie so selten telefoniert hatten. Er tauschte einen Blick mit Junno, der dasselbe aus Kames Mimik herauslesen konnte. Aber schließlich stellte Maru die entscheidende Frage. „Kazuya… Er… hat angedeutet, dass er weiß… warum du… also… das mit der Psychiatrie…?“, stammelte er hilflos. Sie konnten sehen wie Kame versuchte die Tränen aus den Augen zu wischen, es gelang ihm nicht. „Ja. Weiß er… er… hat mich letztendlich überredet zu einem Arzt zu gehen…“ Er schluchzte kurz auf. Gewann dann wieder seine Fassung zurück. Versuchte so zu tun, als wäre es ihm egal. „Freut mich für ihn.“ Seine Stimme klang bitter und nicht sehr überzeugend. Die anderen waren wütend. „Also… wusste er, dass es dir beschissen geht und hat nicht einmal versucht… Kontakt mit dir zu halten? Verdammt, wir haben mehr mit dir geredet!“ Kame schüttelte den Kopf. „Lasst das Thema. Er… Jin… wird wohl wichtigeres zu tun gehabt haben…“ Junno schnaube ungläubig. „Mach uns nichts vor. Und egal wie toll es für Jin ist, dass er endlich eine Beziehung hat die vielversprechend ist, du bist sein bester Freund, da ist ein wenig Interesse nicht zu viel verlangt. Vor allen Dingen nicht wenn…“ Er ließ den Rest des Satzes ungesagt. Kame schüttelte nur wieder den Kopf. Er war verletzt. Aber er wollte nicht darüber nachdenken… wenn er das tat… würde es noch mehr wehtun. Er fühlte sich verraten. Von seinem besten Freund. Und er fühlte sich schlecht, weil er sich so fühlte. Jin hatte es sicher nicht absichtlich verschwiegen. Vielleicht hatte er es vergessen? Oder er hatte gedacht, dass Kame davon wusste? Und… nein, er musste an was anderes denken, über was anderes sprechen… Koki setzte an um Junno zuzustimmen aber Kame fuhr ihm über den Mund. „Erzählt mir mehr von den Projekten die wir zurzeit haben.“ T-TUN blickte Kame stumm an, sie hatten die Formulierung verstanden ‚wir‘. Etwas verunsichert fingen sie an ihn auf den neusten Stand der Dinge zu bringen. Kame seufzte schicksalsergeben. Der beste Weg um nicht zu denken, war sich in Arbeit zu ertränken… Es war schon lange nach Mitternacht als Jin die Tür zu seiner Wohnung hinter sich schloss und duschen ging. Während er sich die Haare wusch fiel ihm ein was er vergessen hatte zu tun: Kazuya anrufen. Ihm absagen. Er schluckte und stellte sich vor wie das Gespräch jetzt ablaufen würde… nachdem Kame… nun ja, wusste, dass er ihn hatte anrufen wollen, es aber nicht getan hatte. Eigentlich hatte er keine Lust auf dieses Gespräch, war es aber seinem Freund schuldig, wenigstens eine Entschuldigung sollte Kazuya bekommen. Also trocknete Akanishi sich schnell ab und grabschte nach seinem Telefon, wählte Kazuyas Nummer. Hörte die Bandansage die zeigte, dass das Handy abgeschaltet war, er konnte sie schon auswendig mitsprechen… bis dann ein völlig neuer Satz kam. „Akanishi, versuch gar nicht erst eine Nachricht zu hinterlassen, ich werde sie eh nicht abrufen.“ Jin starrte fassungslos sein Handy an. Das… konnte doch nur ein schlechter Scherz seitens Kames sein? War er vielleicht doch drangegangen und tat nur so als ob er… nein, denn dann wäre vorher ein Piepen zu hören gewesen. Das hier musste also folgerichtig die eingespeicherte Nachricht sein, die wirklich jeder hörte… der nun versuchte Kazuya anzurufen. Warum? Das konnte der Jüngere doch nicht etwa ernst meinen? Er hörte das Piepen was ihn aufforderte zu sprechen. Konnte aber erst mal nichts sagen. War wie versteinert. Nach einigen Momenten hatte er sich wieder gefangen. Murmelte eine Entschuldigung für sein Verhalten in den Hörer und legte auf. Ging ins Schlafzimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Als er nach zwei Stunden dummen Rumliegens immer noch nicht an Schlaf denken konnte versuchte er erneut Kazuya anzurufen. Das Handy war immer noch abgestellt. Und dann kam Jin eine Idee für die er sich selber loben musste. Der Festnetzanschluss! Jin setzte sich kerzengerade hin und wählte die andere Nummer. Und musste feststellen, dass Kame anscheinend das Telefonkabel von Anschluss entfernt hatte. Der Teufel sollte ihn holen. Was hatte er denn falsch gemacht? Okay, er war nicht zu dieser spontanen Feier gekommen und hatte vergessen sich bei Kame abzumelden. Maru jedoch hatte davon gewusst. Er hatte eben schon mit Maiko eine Verabredung gehabt, das… hatte er nicht absagen wollen. Das würde Kazuya aber verstehen müssen. Immerhin war sie… immerhin liebte er sie. Und… Kazuya würde es verstehen, dass er Zeit mit ihr verbringen wollte. Wenigstens das bisschen Freizeit was er hatte… Einen Moment dachte Jin darüber nach zu Kame zu fahren… doch dazu war er zu müde… und er musste im Gegensatz zum Jüngeren morgen hart arbeiten. Jin betrat den Raum, der KAT-Tun zur Verfügung gestellt worden war um die nächste Tour zu planen. Und blieb geschockt im Türrahmen stehen. Da stand er. Kazuya. Mit dem Rücken zu ihm, lachte über etwas was wohl Koki oder Taguchi gesagt hatte. Strich sich mit einer Hand durch die Haare. Jin wurde in den Raum geschubst, er hörte wie Maru etwas murmelte von wegen „Tagträumen“ „Weg versperren“ und „Idiot“, aber im Zusammenhang ergab das für ihn gerade keinen Sinn. Kame war da. Bei KAT-TUN. So… als wäre nichts geschehen, die letzten zwei Monate einfach… weggewischt. Jin stolperte ungelenkt in Richtung Kame. Und stoppe mitten in der Bewegung als der Jüngere sich plötzlich umdrehte. Ihn stumm ansah. Jin konnte nicht sehen was Kame dachte. Sein Gesicht war unbeweglich, eine perfekte Maske, die Augen durch eine Sonnenbrille verdeckt. Jin streckte seine Hand zu Kame aus, als könnte er ihn über diese noch gut zehn Meter, berühren. Kame sagte nichts. Genauso unerwartet wie er sich zu Jin gedreht hatte zeigte er ihm jetzt den Rücken, führte das Gespräch mit Koki fort. Jin fühlte sich ausgeschlossen. Aber irgendein Teil seines Gehirns sagte ihm… dass er diese Behandlung verdient hatte… Er setzte sich an seinen Platz, in der Hoffnung, dass Kazuya mit ihm sprechen würde, dass er diese… Entfernung zwischen ihnen überbrücken würde. Aber Kazuya sprach nicht mit ihm. Kein einziges unnötiges Wort. Er musste Yuichi fragen, was Kame hier tat. Warum er hier war. Sie waren gerade allein auf dem Gang, als er Maru ansprach. Dieser starrte ihn einen Moment ungläubig an, seufzte dann, murrte wieder etwas (Jin konnte die Wörter „kindisch“ und „mühsam“ heraushören) und setzte dann zu einer Antwort an. „Er hat mit Johnny-san gesprochen. Er ist wieder dabei. Hat heute seinen ersten Arbeitstag, also…“ An dieser Stelle zuckte Nakamaru mit den Schultern. „Ich hoffe ihr begrabt euren wie auch immer geratenen Streit bald Jin. Er… er braucht dich. Und das weißt du.“ So. Mehr würde er dem Trottel vor sich nicht sagen. Er war sich relativ sicher, dass Jin über den Tag verteilt von allen was zu dem Thema gesagt bekommen würde. Und er sollte recht behalten. Zuerst schnappte sich Junno den mürrischen Sänger, zerrte ihn in eine Ecke und zischte ihm zu, dass er gefälligst dieses „bescheuerte Spielchen“ sein lassen sollte und dass er mit Kame reden musste. Dass der Jüngere bestimmt mit ihm reden wollte, aber aufgrund von Jins (hinterhältigem/gemeinen/verlogenen) Verhalten sich nicht traute den Anderen anzusprechen. Da verstand Akanishi langsam, dass er mit seinen Aktionen in den letzten zwei Wochen Kame richtig… verletzt hatte. Wenn Taguchi ihm schon sowas an den Kopf warf… Als nächstes kralle sich Ueda Jin. Jin war etwas überrascht als der Kleinere ihm auf die Schulter klopfte und in eine unbelebte Ecke deutete, Jin sagte, dass sie reden mussten. Unter vier Augen. Er fing seine „Rede“ etwas ungelenkt an. Dass es ihn ja eigentlich nichts anging, was zwischen ihm und Kame geschah… dann kam er richtig in Fahrt und verkündete, dass er ihm aber den Schädel einschlagen würde wenn er sich weiterhin wie ein Idiot benehmen sollte. Jin starrte Ueda verwundert nach. Und als Koki sah, dass Jin alleine in einer Ecke stand, weitab von neugierigen Ohren, gesellte er sich zu ihm, legte ihm einen Arm um die Schulter, sah aber ansonsten alles andere als freundlich aus. Sagte endlich die Worte die Jin brauchte. Denn sein Hirn hatte diese einfache Tatsache ausgeblendet. Hatte es nicht erkannt. „Du weißt schon, dass wir uns alle tierisch für dich und deine… Maiko-chan freuen oder?“, begann der Rapper leise. „Wir sind wirklich froh… dass es endlich nach etwas Festem ausschaut… aber… Jin… siehst du denn nicht was um dich herum geschieht?“ Jin runzelte verwundert die Stirn, verstand noch immer nicht worauf der Rapper hinauswollte. „Von uns allen… warst du der Einzige der wusste was mit Kame los war. Und in so einem Moment… beschließt du, dass irgendein Mädchen was du gerade erst kennengelernt hast wichtiger ist, als der Freund der schon seit Jahren… der schon seit Jahren dein bester Freund ist? Nichts gegen sie, aber du hast dich wie das letzte Arschloch benommen. Und übrigens“, sagte Koki als er sich bereits entfernte, „Kame weiß jetzt warum du ihn in den letzten zwei Wochen ignoriert hast.“ Und Jin erkannte erst jetzt das volle Ausmaß seiner Dämlichkeit. Kazuya hatte sich auf das Dach des Gebäudes verzogen. Hier war es meistens ruhig. Er wusste ehrlich gesagt nicht, warum kaum jemand hier rauf kam… aber er begrüßte diese Tatsache. Er lehnte sich am Geländer an, schaute nach unten. Ihm war etwas schwindelig… aber an dieses Gefühl würde er sich gewöhnen müssen… genauso wie an plötzliche Müdigkeitsanfälle. Er hatte Johnny-san schonend beigebracht, dass er eine Zeit lang Medikamente würde nehmen müssen, die ihn bei der Arbeit behindern würden. Aber sein Chef hatte diese Tatsache zur Seite gefegt. Gemeint, dass Kazuya merken würde wenn es zu viel werden würde. Dass er sich dann zurückziehen solle. Dass er ihm weniger Projekte geben würde an denen er arbeiten müsste. Nun… es schien ihm sehr wichtig, dass er überhaupt wieder arbeitete. Er seufzte und schloss für einen Moment die Augen. In dem Moment hörte er wie die Tür zum Dach geöffnet wurde. Er hörte diese Schritte und wusste intuitiv, dass Jin gekommen war. Er war sich sicher. Aber er drehte sich nicht um. Sollte der Mistkerl was zu sagen haben würde er anfangen müssen. Würde er sich erklären müssen. Aber Jin stand einfach wortlos hinter ihm. Kazuyas Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Allein mit seiner Willenskraft wollte er Jin dazu zwingen etwas zu sagen. Er hielt die Augen geschlossen, spürte aber wie der Ältere neben ihn trat und ebenfalls die Arme auf das Geländer legte. Er sagte immer noch nichts. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte Kazuya wie Jin laut einatmete, er spürte die plötzliche Spannung in Jins Körper. Er wusste, dass der Ältere jetzt reden wollte… Diesen Moment hatte er zwar herbeigesehnt… aber nun, da er so kurz bevorstand hatte er Angst vor dem was er zu hören bekommen würde. Er schirmte sich von allen Gefühlen ab, die er für Jin empfand… wusste… dass egal was der Andere sagen würde es ihn verletzten würde. Auf die eine oder andere Art und Weise. Besser nicht darüber nachdenken. Nichts an sich heranlassen… Nicht an sich selber denken… Es dauerte seine Zeit bis er merkte, dass Jin schon angefangen hatte zu reden. Schnell unterbrach Kazuya ihn. „W-was? Entschuldige, ich habe dir gerade nicht zugehört.“ Er merkte förmlich mit seinem eigenen Körper wie er Jin den Wind aus den Segeln genommen hatte. Aber noch einmal würde er sich nicht dafür entschuldigen, der Andere hatte so viel mehr gutzumachen… „Ist… okay“, murmelte Akanishi dann langsam. Er sammelte sich wieder einen Moment, Kazuya sah ihn jetzt an, blickte von unten zu ihm hinauf. „Ich… hatte eigentlich nur gesagt, dass ich ein Vollidiot, unsensibler Trottel und ein Versager bin. Nur in… mit etwas mehr Worten.“ Kame nickte. „Kann ich nicht widersprechen.“ Kame blickte wieder über die Dächer. „Kazuya… es tut mir Leid… ich… hätte dich nicht so behandeln sollen.“ Kame nickte wieder zur Bekräftigung. „Finde ich auch.“ Jin schluckte. Er hasste es… so sehr sich zu entschuldigen. Aber er würde das hier durchziehen. Würde Kazuya beweisen, dass er… wirklich nur aus Idiotie den anderen ignoriert hatte. Nicht aus bösen Willen… „Ich… du weißt wie kein Zweiter wie bescheuert ich sein kann, nicht wahr?“ Kazuya bewegte sich nicht, sagte nichts. Trotzdem sprach Jin weiter. „Naja… ich dachte… ich weiß nicht, ich hatte Angst mit dir zu reden… ich war so unsicher… und… naja… dann hab ich… Maiko kennengelernt.“ Kame schloss die Augen. Das war der Punkt… nicht denken, einfach zuhören… „Sie… hat etwas an sich… ich kann es nicht genau beschreiben… In ihrer Gegenwart scheint alles andere zu verblassen… nicht mehr… so wichtig zu werden. Sie gibt… gab mir das Gefühl, dass alles wieder irgendwie wieder okay sein wird… Sie gab mir das Gefühl, dass du mich nicht brauchst.“ Ist es nicht eigentlich umgekehrt? Kame wollte im Moment nichts lieber als diese Worte aus sich rauszuschreien. So wie Jin sprach… das war es… was… sie… diese Frau… Er vergrub sein Gesicht in seinen Armen. Jin schien von dem Gefühlschaos neben sich nichts mitzubekommen (was auch eine Leistung war… wie Kazuya zugeben musste). Er schien in einer anderen Welt zu sein, er klang so fröhlich, so glücklich… so erfüllt. „Weißt du Kazuya… ich kenne sie noch nicht so lange… blöderweise habe ich sie im ungünstigsten Zeitpunkt kennengelernt.“ Kame gab ihm Recht. Voll und ganz. „Aber… wenn ich bei ihr bin fühle ich mich richtig gut. Sie gibt mir das Gefühl geliebt zu werden. Sie ist… nicht anhänglich wie die ganzen anderen Tussen mit denen ich bisher geflirtet habe. Sie ist…“ Kame fragte sich ob es auffallen würde wenn er jetzt seine Ohren auf Durchzug stellen würde. Er wollte das nicht hören… Andererseits hatte er keine andere Wahl… es bleib dabei… Jin war… sein… bester… Freund… Er sollte es sich anhören… um sich später mit ihm freuen zu können… Jins Lobrede ging noch etwas weiter… Kazuya wusste warum er nicht mit ihm geredet hatte… er war… zu sehr eingenommen von dieser albernen, blöden, doofen… Kame stoppte seine Gedankengänge. So klang kein Freund der sich freute. Er biss sich auf die Unterlippe. „Ist schon okay“, murmelte er heißer. „Sie scheint unglaublich…“ Beschissen, egoistisch, dämlich, eingebildet, beschränkt… „toll zu sein.“ Jin strahlte, aber die Wolke namens schlechtes Gewissen bereitete sich dann auf seinem Gesicht aus. „Es… tut mir-“ Kame hob eine Hand, lächelte automatisch. „Lern aus deinen Fehlern“, wies er den Älteren an. „Tu das nicht noch einmal.“ Jin nickte eifrig. Sie standen eine Weile still nebeneinander. Kazuya seufzte. Er musste diese zwei dämlichen Fragen stellen. Egal wie das rüberkam. Egal wie schwach es sich anhören würde. Egal wie viel seine Stimme von seinen Gefühlen verraten würde. „Liebst du sie?“ Jin sah Kame verwundert an. „Nach was klang das eben denn sonst für dich?“ Kazuya schüttelte kläglich den Kopf. „Nur weil ich jemanden… toll finde… heißt das nicht…“ Er beendete den Satz letztendlich nicht. Jin blickte ihn eine Weile nur stumm an. „Ja, ich liebe sie.“ Ernsthaft. Er klang so ernsthaft. Kazuya lächelte. Hoffte dass Jin nicht in ihn hineinsehen konnte. „Das freut mich…“ „Jin?“ – „Hm?“ Kame blickte zu Boden. „Wirst du… mich einfach so zurücklassen?“ Tatsächlich starrte Jin Kazuya entgeistert an. „Wie kommst du auf so einen Schwachsinn? Und ich dachte von uns beiden sei ich der größere Trottel?“ Kame lächelte, diesmal meinte er es ehrlich. „Tut mir leid.“ Jin zerzauste ihm liebevoll die Haare. „Mag sein, dass ich mich wie der größte Mistkerl der Welt benommen hab, aber mein Kazu-chan ist und bleibt mein bester Freund.“ Dann zog er den Jüngeren in eine kurze Umarmung, ließ ihn aber genauso schnell wieder los und zupfte an Kames Kleindung herum, so dass sie nicht mehr verrutscht aussah. Dann grinste er schief. „Freunde?“ – „Freunde!“ Zusammen gingen sie wieder nach unten und als T-TUN das sah gratulierten sie sich gegenseitig. Es war ziemlich klar, dass die beiden nicht miteinander reden würden… wenn sie Jin nicht „dezent“ auf seine Fehler hingewiesen hätten. Als Jin in ihre Richtung blickte hob er dankend die Hand, und zeigte dann mit dem Daumen nach oben. Koki antwortete überschwänglich mit einem Victory-Zeichen. Maru ließ seine Hand auf Kokis Hinterkopf niedersausen. Sie sahen den beiden nach, als sie schwatzend und lachend aus dem Raum gingen. Der Tag war relativ schnell vorbeigegangen fand Jin. Jedenfalls nachdem er sich wieder mit Kazuya vertragen hatte. Es war… viel schöner zu arbeiten wenn der Kleine dabei war. Er rieb sich die Schläfen, hoffte, dass er morgen noch wissen würde welche Lieder sie in welcher Stadt singen würden. Ansonsten dürfte er die Liste doch noch auswendig lernen. Er tappste Richtung Besprechungsraum, musste noch einige Sachen einpacken ehe er zu Maiko fahren konnte. „Ich will dich sehen“ waren die Worte ihrer Kurznachricht gewesen. Und Jin hatte gegrinst wie ein Honigkuchenpferd. Er öffnete die Tür und seufzte schicksalsergeben, als er sah wer noch im Zimmer war. Am Schlafen. Langsam ging er zu Kazuya. Der Tag war zu lang gewesen. Zu viel auf einmal… man hätte ihm schon früher freigeben sollen (aber irgendwie bezweifelte Jin, dass Kame gegangen wäre wenn er genau wusste, dass alle anderen in der Zeit arbeiten würden…). Einen Moment überlegte Jin ob er Kazuya aufwecken sollte… aber zuerst packte er die Mappe ein in der die Tourdaten standen. Einen Moment zögerte er noch, aber er entschied sich dagegen Kame zu wecken. Kazuya wachte auf. Einen Augenblick lang wusste er nicht wo er sich befand. Plötzlich schnellte er hoch. Er war sich ziemlich sicher nicht zu Hause eingeschlafen zu sein. Er ließ seinen Blick durchs Zimmer schweifen und sah dann einen Zettel auf seinem Nachtisch. Hey Schlafmütze, Wieso stand dein Auto vor der Tür? Wie bist du zur Arbeit gekommen? Naja, egal. Ich hol dich später ab. Wir sehen uns dann. Jin P.S.: Die Leere deines Kühlschranks regt mich auf, hab dir was zu essen reingelegt. Kazuya lächelte und drückte den Zettel an seine Brust. Ein Blick zur Uhr sagte ihm, dass er noch Zeit hatte. Ein paar Stunden. Also legte er sich wieder hin und schlief weiter. Er fragte sich wie es möglich war gleichzeitig so fröhlich und so traurig zu sein… Jin klingelte an Kazuyas Tür, wartete etwas ab, hörte Schritte die sich der Tür näherten, sah wie sie sich öffnete und schaute in Kames Gesicht. „Hi“, grüßte Jin ihn. „Dachte mir, dass ich dich mitnehme?“ Kame öffnete die Tür etwas weiter. „Komm erst mal rein. Hab noch nicht zu Ende gegessen.“ Jin betrat die Wohnung, zog seine Schuhe aus und folgte Kame Richtung Küche. Setzte sich an den Tisch und schaute Kame beim Essen zu. „Also, wie bist du gestern zur Arbeit gekommen?“, begann er dann ein Gespräch. „Koki hat mich abgeholt, musste ihm heute wegen dir übrigens ziemlich kurzfristig absagen.“ – „Warum fährst du nicht selber?“ Er sah wie Kame den letzten Bissen Brot verschl- aufaß ehe er ihm antwortete. „Darf ich nicht.“ Jin runzelte die Stirn. „Aha?“ – „Naja“, Kame grinste verlegen, „okay, einmal habe ich es bisher schon getan aber… Die Medikamente die ich nehme… sagen wir einfach mal es ist nicht gut wenn man am Steuer einen Schwächeanfall hat…“ Jin strich sich unsicher durchs Haar. Der Drang sich wieder zu entschuldigen wurde übermächtig, aber er wusste genau, dass Kazuya weitere Entschuldigungen nur nerven würden. Also hielt er den Mund. Als Kazuya aufgegessen hatte gingen sie nach draußen und in den Wagen. Fuhren zur Arbeit. Eine ungemütliche Stille hatte sich im Auto ausgebreitet und Jin traute sich nicht diese zu brechen. Er hatte das unbestimmte Gefühl… das Kame traurig war. Aber er wusste nicht weswegen… und deswegen… sagte er besser nichts. „Warum hast du mich gestern nicht einfach geweckt?“ Kazuya blickte aus dem Fenster als er das fragte. Jin blickte seinen Freund kurz an. „Weil du müde warst?“ Kame verdrehte die Augen. „Meine Güte, Jin!“ – „Was denn?“ – „Du bist so ein Idiot!“ Jin lachte plötzlich los. „Ja ich weiß.“ Jin blickte mit glänzenden Augen in… nicht ganz so begeisterte Gesichter. Kame hielt einen der Zettel, die Akanishi ausgeteilt hatte mit spitzen Fingern von sich. Musterte das Bild. Kniff die Augen etwas zusammen. Blickte Jin in das Gesicht und legte den Zettel angewidert zur Seite. „Das werde ich nicht tragen“, verkündete er dann. Jin musste das Gehörte noch verarbeiten, man sah wie bestürzt er war. „Warum nicht?“, verlangte er dann zu wissen und wurde von fünf Leuten ungläubig angestarrt. „Jin…“, versuchte Maru ihn dann vorsichtig in die Realität zu holen. „Wir tragen pinke, glitzernde, funkelnde Sachen. Wenn es sein muss strippen wir auf der Bühne. Wir tragen lächerliche Federn an der Kleidung… aber… DAS HIER“, er deute auf die Skizze, „vereint alles… peinliche… bescheuerte… auf einmal. Und es kostet genug Überwindung… Klamotten anzuziehen die nur… eine Todsünde darstellen… und nicht alle möglichen miteinander vereinigen…“ Jin schaute von einem zum anderen. „Dann… mögt ihr es nicht?“ Kopfschütteln. Kame drehte sich zu Koki um. „Bitte sag mir, dass du eine bessere Idee hast“, flehte er den Rapper an. Alle wussten, dass Koki leidenschaftlich gern nähte und für die Auftritte meist seine Accessoires selber machte. Koki nickte Kazuya beruhigend zu und holte selber eine Mappe raus. Mit mehreren Ideen und Vorschlägen. Jin schmollte noch etwas, stellte dann aber fest, dass seine Meinung ignoriert wurde und beschloss nun ebenfalls konstruktive Kritik vorzubringen. Aus den Augenwinkeln sah er wie Kame aufstand und den Raum verließ. Einen Moment dachte er darüber nach dem anderen zu folgen… doch dann wollte Koki seine Meinung zu einem der Kostüme hören und Jin konzentrierte sich auf die Bilder die vor ihm lagen. Sie gingen gerade durch welche Sachen sie bei welchem Lied anziehen würden, als Kazuya sich wieder in den Raum schlich und auf seinen Platz setzte. Jin runzelte dir Stirn. „Wo warst du?“, fragte er besorgt. „Klo?“ – „Ah…“ Jin war das etwas… peinlich… Aber… er hatte sich nicht helfen können, er hatte gedacht… dass Kame… ihm wieder was verschwiegen hatte… Aber da dies eindeutig nicht der Fall war… kam er sich nun oberdämlich vor… Wie lange würde es dauern, bis er nicht bei jeder Handlung von Kazuya die er sich nicht sofort erklären konnte annehmen würde… dass der Jüngere halluzinierte? Nach ein paar Stunden stand in etwa fest wie ihre Tourkleidung aussehen würde. Jin und Koki wunderten sich über die Kaltblütigkeit Kames, die bewirkt hatte, dass Koki nun nicht nur für sich selber die Anziehsachen modifizieren musste sondern auch für den jüngeren Leadsänger… Allen war es ein Rätsel wie Kame ihn dazu gebracht hatte… normalerweise zog sein Hündchenblick nämlich beim Rapper nicht… Jin verabschiedete sich vom Rest der Band, mittlerweile fragte keiner mehr nach wohin er gehen würde… es war ihnen klar. Jin bemerkte, dass Kame gerade seht beschäftigt damit war… an seinem Armband herumzuspielen. Ein Zeichen der Nervosität? Aber er konnte den Anderen jetzt nicht mehr danach fragen, Maiko wartete vor dem Gebäude auf ihn. Was er nicht sah als er sich von den Anderen wegdrehte war, wie Kame T-TUN etwas fragte. Jin legte einen Arm um Maiko, führte sie in ihr Schlafzimmer. Sie grinste ihm verführerisch zu, löste sich aus seinem Griff und ging Richtung Bett, kniete auf ihm nieder und fing an ihre Bluse zu öffnen. Langsam. Einen Knopf nach dem Anderen. Jin setzte sich vor sie sah auf ihre Finger, wie sie jedes Mal kurz zögerten. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, er legte eine Hand auf ihre Brust, schubste sie sanft so dass sie nun auf dem Bett lag. Rasch öffnete er das Hemd ganz, strich es ihr von der Schulter, stellte mit einem Grinsen fest, dass sie keinen BH trug. Er lehnte sich über sie, küsste sie auf die Lippen, erst sanft… dann öffnete er sie gewaltsam mit seiner Lippe, streichelte mit einer Hand ihren Busen, mit der anderen öffnete er fahrig seinen Gürtel. Das war es worauf er den ganzen Tag gewartet hatte. Sie lag nackt in seinen Armen, zog ihn etwas näher an sich heran, küsste ihn. „Jin?“ – „Hm?“, fragte er schläfrig. „Ich hätte Lust feiern zu gehen. In den Club wo wir uns kennengelernt haben.“ Jin öffnete seine Augen einen Spaltbreit. „Jetzt?“, fragte er leicht irritiert. Maiko lachte. Küsste ihn noch einmal. „Bitte?“ – „Aber ich bin müde“, maulte Jin setzte sich trotzdem auf, suchte nach seiner Unterhose. Spürte ihre Arme als sie ihn umarmte. „Danke.“ Jin seufzte schicksalsergeben. Weiber. Eine wie die andere… Er zog sich an, hörte wie Maiko dasselbe tat. „Nehmen wir dein Auto oder meins?“, fragte er während er sich das Shirt überzog. „Du fährst“, wies sie Jin an. „Ich möchte heute etwas trinken.“ – „Alles klar Süße“, grinste er und hauchte ihr noch einen Kuss in den Nacken. Kramte nach seinen Autoschlüsseln, machte den Wagen schon mal startbereit. Als sie aus dem Haus trat verschlug es ihm die Sprache. Sie setzte sich neben ihn. „Na, für wen hast du dich denn so fein gemacht?“ Sie strahlte. „Das Kleid hab ich gekauft, weil ich dachte, dass es dir gefallen würde. Ich brauchte nur eine Gelegenheit es anzuziehen“, schnurrte sie und blickte zu Jin auf. Dieser war gleich versöhnt. Okay, dafür lohnte es sich noch einmal aus dem Haus zu gehen. Er startete den Motor und fuhr los. Er parkte in der Nähe des Clubs, folgte Maiko in das Gebäude, wurde von ihr auf die Tanzfläche gezerrt. Sie tanzten zu einigen Liedern. Sie passte so perfekt zu ihm. Und plötzlich hörte er auf sich zu bewegen. Er… musste einfach in diese eine Ecke starren. Er wusste selber nicht genau weswegen. Maiko blickte ihn fragend an, biss sich auf die Unterlippe und versuchte ihn wieder zum Tanzen zu animieren. Dort saßen sie. KAT-TUN (minus A). Und… Kame… knutschte… mit… irgendjemanden… rum… Jin stand nur verdattert da. Er… irgendwie… hatte er sich nie vorstellen können, dass Kazuya… sein Kazu-chan… Er schüttelte den Kopf. Das waren hirnrissige Gedanken. Natürlich. Kame war kein Baby, kein Kind mehr. Er war Erwachsen. Natürlich… hatte er auch… Jin beobachtete wie die restlichen Bandmitglieder versuchten Kame von der anderen Person zu lösen, energisch auf ihn einredeten. Er konnte nicht hören was sie sagten, sah aber wie Kazuya genervt Kokis Hand von sich schlug. Jin runzelte die Stirn. Maiko zerrte an seinem Arm, aber er beachtete sie nicht. Was war da los? Er sah wie Kame wütend den anderen irgendetwas sagte. Akanishi wünschte sich hören zu können worum es ging. Es war doch… normal? Oder nicht? Nur weil… er seinen besten Freund… so etwas nicht… nur weil er niemals in Betracht gezogen hätte… Jin holte tief Luft. Okay, man ging bei Kame nicht davon aus, dass er irgendwann mal eine Beziehung haben würde. Er kam einfach immer so… unschuldig rüber… so als… könnte er nicht… aber… das hieß ja noch lange nicht, dass wenn dies nicht der Fall war… man es ihm verbieten durfte, oder? Nur weil er eben doch… Und die Tatsache, dass das hier ein Club war sprach doch auch eigentlich nicht dagegen? Immerhin… hatte auch niemand bisher versucht ihn von den Frauen fernzuhalten (und irgendwie bezweifelte Jin, dass es in Kames Vertrag mit Johnnys Entertainment irgendeine Klausel gab die nur ihm persönlich das verbat). Maiko plapperte nun irgendetwas in seiner Nähe, aber seine Ohren waren auf Durchzug. Was war da los? Kazuya war aufgesprungen. Jin sah, dass der Jüngere leicht wankte. Angetrunken war. Das… wäre eine mögliche Erklärung. Vielleicht… wollten ihre Freunde verhindern… dass Kazuya in betrunken Zustand zu weit ging? Jin sah wie Nakamaru Kame wieder runter zerrte, hastig über die Menge hinwegsah, nervös war. Nein. Das konnte es auch nicht sein… Auch wenn er… angeheitert war… warum sollte Maru sich so… verhalten…? Langsam bewegte sich Jin in Richtung Tisch. Maiko hatte er im Moment vollkommen ausgeblendet. Er merkte nicht, dass sie nicht mehr an ihm dranhing wie eine Klettpflanze. Dass sie es aufgegeben hatte. Enttäuscht war. Er hatte nur Augen… für die Band. Und wen auch immer. Er bahnte sich einen Weg durch die tanzende Menge. Und glaubte das sein Herz aussetzten würde als „wer-auch-immer“ sich so hinsetzte, dass Jin das Gesicht erkennen konnte. Es war ein Mann. Er blieb wie versteinert stehen. Schnappte nach Luft. Jetzt verstand er das Verhalten der Anderen… Er wollte zu ihnen… Kame zur Vernunft bringen… das… das… konnte doch nicht? Kazuya? Jin schloss die Augen, hoffte, dass wenn er sie öffnete der Typ weg war, dass er nur… übermüdet war. Oder dass da nur sechs Leute sitzen würden die er gar nicht kannte, die seinen Freunden aber unglaublich ähnlich sahen. Oder noch besser, dass er aufwachte und neben Maiko lag. Aber als er die Augen öffnete hatte sich an dem Bild was sich ihm bot nichts geändert. Mit der Ausnahme das Kame nun schmollend in einer Ecke saß, irgendetwas fauchte. Dann beugte sich dieser… Typ… über Kame und wurde unsanft von Ueda zurückgezerrt. Tatsuya stand auf, hatte die Hand immer noch im Hemd von diesem… Kerl… und schubste ihn aus der Sitzecke. Kame schien nicht zu protestieren? Jin verstand es nicht… Was… war da bloß los? Aber er konnte seine Beine nicht dazu bewegen ihn einen Schritt weiter zu tragen. Er sah wie es ein gemeinschaftliches Seufzen in der Runde gab… wie der Typ sich aufrappelte und davonging, ohne die Anderen… ohne Kazuya noch eines Blickes zu würdigen. Dieser saß merklich angepisst immer noch in seiner Ecke und leerte ein Getränk in einem Zug. Jin spürte wieder Maikos sanfte Hände an seinem Körper. Diesmal drehte er sich um, ließ sich von ihr wegführen… das war… zu viel gewesen… Er wollte nicht mehr hier sein. Er fragte Maiko ob sie gehen könnten. Sie schlug Jin vor, dass dieser schon nach Hause fahren sollte. Sie würde sich später ein Taxi rufen. Er sah, dass sie ungehalten war… aber er nickte nur und verließ das Gebäude. Am nächsten Tag… wagte er nicht die Anderen auf den vergangenen Abend anzusprechen… In der Mittagspause saß er neben Junno, der müde, angeschlagen und… etwas… verwirrt wirkte. Jin konnte sich in etwa zusammenreimen wieso dies der Fall war aber… er sagte nichts. Taguchi seufzte einmal, blickte auf sein Mittagessen, blickte zu Kame und sah dann Jin an. Öffnete den Mund. Schloss ihn wieder. Blickte wieder auf sein Essen. Akanishi versuchte die aufkommende Frage zu ignorieren… aber die Neugier siegte über den Verstand. Im Augenblick hoffte er, dass der gestrige Abend doch nur ein abgefahrener Traum gewesen war. Vielleicht hatte Junno ja ganz andere Probleme? „Was?“, fragte Jin nach. Junno seufzte. „Ach ich weiß auch nicht…“, kam die Antwort. Er blickte noch einmal zu Kazuya… der… eindeutig verkatert war. „Seine Alkoholgrenze ist echt nicht sehr hoch oder?“, erkundigte sich Junno dann, nickte in Kames Richtung. Jin schüttelte den Kopf. Erinnerte sich an mehrere… mehr… oder… weniger lustige Begebenheiten in denen Kame etwas über den Durst getrunken hatte. „Meinst du er steht auf Männer?“, sprudelte es schließlich aus Junno heraus. Jin zuckte wegen der Direktheit der Frage zusammen. Wenn er gestern nicht die Szene gesehen hätte… hätte er sofort und automatisch gelacht und mit Nein geantwortet. Jetzt… „Meinst du Kazuya?“, fragte er dann nach. Junno nickte. „Weißt du…“, begann der Größere dann, „Ich weiß auf welche Art Frauen du stehst… Koki… Ueda… verdammt, ich weiß sogar welche Art Frauen Maru mag… Aber… Kame?“ Junno schüttelte vehement den Kopf. „Er redet als Einziger nie darüber. Nie! Aber… du bist sein bester Freund, du musst doch wissen… was Kame gefällt!“ Jin schluckte. „Wir… haben da nie drüber geredet“, gab er dann zu. Junno schüttelte wieder den Kopf. „Was ist… wenn er nie darüber geredet hat… wenn er nie darüber redet weil er…?“ Jin hatte die leise Ahnung, dass Junno auch die Bilder vom Club durch den Kopf schossen. Jin zuckte mit den Schultern. Er hatte ehrlich keine Ahnung… Kazuya drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich das kalte Wasser ins Gesicht. Er versuchte die Erinnerungsfetzten des gestrigen Abends einzusortieren. Es war… wie ein Puzzle. Er wusste nicht genau was wann passiert war… es gab Augenblicke… da wusste er nicht einmal ob sie passiert waren… Er stöhnte frustriert auf. Welcher Teufel hatte ihn da auch geritten? Er hörte wie die Tür aufging, Maru und Koki betraten den Raum, hörten auf zu sprechen als sie Kame erblickten. Dieser trocknete sich das Gesicht ab, hoffte, dass die Anderen nicht sahen wie rot er war und ergriff die Flucht. War ihm das peinlich… Er ging zurück in den Aufenthaltsraum, sah wie Junno und Jin miteinander sprachen. In seine Richtung blickten. Er ließ den Kopf hängen. Egal wie häufig er sich versprach nicht zu viel zu trinken… es gab Momente da setzte sein Hirn einfach aus. Und das war das Ergebnis… Er wusste noch nicht einmal wie dieser… Typ… Kerl… hieß… Hatte er ihn überhaupt gefragt? Langsam bezweifelte er es… Kazuya schloss die Augen, versuchte die Kopfschmerzen, den Schwindelanfall zu ignorieren… Im Augenblick… lehnte er nicht an der Wand… sondern stützte sich bei ihr ab… er hatte das Gefühl, dass wenn die Wand nicht wäre… er fallen würde. Tief. Kazuya atmete tief ein und wieder aus. Langsam. Bewusst. Nach kurzer Zeit hörte die Welt auf sich zu drehen und er setzte sich hin. Wünschte sich Wasser und eine Kopfschmerztablette herbei. Sie wurden von ihren Manager gerufen, sollten schon mal die erste Performance besprechen… Und… Fernsehauftritte planen. Er stand auf, wartete einen Moment bis er das Gefühl hatte wieder geradeauslaufen zu können. Dann erst ging er zu dem Tisch wo die anderen Bandmitglieder bereits saßen. Nach kurzer Zeit wurden sie allein gelassen. Kame war sich der Blicke aller bewusst. Wütend erwiderte er sie. „Mein Gott, tut mir leid, ich war besoffen!“, schrie er sie an und stürmte mit hochrotem Kopf aus dem Zimmer. So konnte er gerade nicht arbeiten. Als Kame die Tür hinter sich zuknallte drehten sich vier Köpfe zu Jin. Dieser hob abwehrend die Hand. Log. „Sorry, aber… ich steh grad voll auf dem Schlauch?“ Er glaubte nicht, dass er die Kraft hatte Kame darauf anzusprechen… Daraufhin drehten sich drei Köpfe zu Koki hin. Dieser versuchte die Verantwortung von sich zu schieben, stand dann aber auf. „Das werde ich euch sowas von heimzahlen…“, fauchte er und machte sich auf die Suche nach dem Bandjüngsten. Als Koki auch den Raum verlassen hatte starrten alle unbehaglich auf den Tisch. Schließlich räusperte sich Nakamaru. „Jin… du… solltest wissen… was los ist…“ Jin zuckte zusammen. Jetzt… würde er… wohl erfahren… was gestern wirklich geschehen war. Nicht nur vermuten müssen, was seine Freunde… da getrieben hatten. „Schieß los?“, forderte Jin ihn auf, nicht wirklich… neugierig. „Wir… sind gestern noch weggegangen, Kame meinte, dass er sich etwas ablenken wollte. Dass er einmal abschalten wolle. Und hat gefragt ob wir mitkommen. Du kennst uns, da sagt keiner nein, vor allem da wir momentan echt wenig zu tun haben. Also viel Freizeit… Wir sind in einen Club gegangen, haben was zu trinken bestellt… Du… kennst Kazuya am besten wenn es ums Trinken geht…“, näherte sich der Ältere langsam dem… interessanten Thema. Jin nickte. Wenn Kame zu viel getrunken hatte wurde immer er gerufen. Immer. Und er durfte den Jüngeren immer… mit so wenig Aufsehen wie möglich nach Hause bringen… Was nicht immer einfach war… das ganze Problem daran war… dass Kazuya sehr schnell… zu viel getrunken hatte, weil er einfach absolut rein gar nichts vertrug. Jin seufzte. Nickte. Das war genug Aufforderung damit Maru den Faden wieder aufnahm. „Nun… wir sind etwas tanzen gegangen alle. Und als wir wieder kamen… Saß neben Kame irgend so ein Mann, wie war noch gleich sein Name?“, wandte er sich an Taguchi und Tatsuya. Beide zuckten mit den Schultern. „Hat er nicht gesagt“, erwiderte Ueda. Maru nickte. „Ist ja auch egal. Zuerst saß er nur da… hat Kame ab und zu einen Drink spendiert… hat mit uns geredet… und dann… als Kame eindeutig betrunken war… Hat der… Kerl angefangen Kame… zu…“ Maru stockte. Biss sich auf die Lippen. Jin hatte die Augen auf die wirklich sehr interessante Tischoberfläche gerichtet. Er hatte noch nie gesehen, dass dort wohl mal Kaffee ausgelaufen war. Er wartete. Hörte wie Maru tief Luft holte. „Er hat ihn geküsst“, sprach er es schließlich aus. Jins Herz zog sich zusammen. Also… hatte Kame das gar nicht gewollt? War er deswegen so… wütend gewesen? Es herrschte Schweigen. Maru schien nicht weiterreden zu wollen. Blickte die anderen beiden an, in der Hoffnung, dass sich einer von ihnen opfern würde. Ueda schloss die Augen, blickte zu Jin, der immer noch keinen von ihnen ansehen wollte. „Kame… hat… nun… sagen wir einfach er hat nicht versucht den Typen zu stoppen…“, murmelte er leise. „Ist auch egal. Wir wollten Kame daran erinnern… wie das… aussieht. Er hat nicht zugehört… hat…“ Ueda holte tief Luft. „Nicht das ich was dagegen hätte!“, versicherte er dann. „Okay… vielleicht doch ein wenig… Aber… wir waren in der Öffentlichkeit verdammt nochmal!“, beendete er seine etwas verwirrende Rede. Jin nickte. Er wusste selber nicht… wie er dazu stehen würde wenn Kame… er wollte den Gedanken nicht zu Ende denken. Er wollte diese Möglichkeit verdrängen. Sicher… gerade bei ihnen… bei Johnnys Entertainment gab es Unmengen an Gerüchten darüber… es wurde viel darüber gescherzt… aber davon entsprach doch nichts der Wahrheit! Alle waren… normal… und nicht… irgendwie… „Vielleicht war es der Alkohol“, mutmaßte Jin unsicher, merkte, dass auch die Anderen diese Möglichkeit bevorzugen würden. „Und dann?“, fragte Jin nach, wusste ja eigentlich was jetzt kommen würde… „Tatsuya hat den Typen von Kame weggezerrt… der ist dann… weggegangen“, führte Junno diese ‚Geschichte‘ zu einem Abschluss. Jin biss sich auf die Unterlippe. Dachte, dass somit eigentlich alles geklärt wäre. „Naja“, fuhr Junno dann leicht nervös fort, „danach hat Kame den Vogel endgültig abgeschossen… ich habe ihn noch nie… so erlebt. Er trinkt ja normalerweise nicht um sich zu besaufen aber… Und dann hat er nur noch merkwürdiges Zeugs gequatscht.“ Jin horchte auf. „Was denn?“ – „Keine Ahnung… wir waren mehr damit beschäftigt ihn irgendwie in sein Bett zu bringen, das war eine Aktion sag ich dir…“ Nach kurzem Suchen fand Koki den Jüngeren in irgendeinem verlassenen Raum wo er mit seinem Handy herumspielte. Als er hörte wie Koki reinkam hob er den Kopf. „Hey.“ Kame drehte sich wieder von ihm weg. Koki seufzte, setzte sich neben Kame auf den Boden. „Alles klar?“Ungläubiges Schnauben. „Ich schwöre, ich werde nie wieder trinken“, murmelte Kazuya neben ihm und Koki fing an unkontrolliert zu kichern. Der Tonfall als Kame das gesagt hatte war einmalig. „Was ist denn daran so witzig?“, maulte der Jüngere sofort los. Koki schüttelte den Kopf. „Nix. Warum bist du grad… so raus gestürmt?“ Kame zog die Augenbrauen zusammen, guckte Koki mitleidig an, seufzte. „Hast du die Anderen eigentlich heute schon angesehen? Hast du gesehen wie sie mich ansehen?“ Die Stimme Kames war einige Oktaven höher gerutscht. „Ich meine… okay, ich habe Mist gebaut. Aber… Gott, ich bin doch nicht schwul!“ – „Autsch!“, entfuhr es dem Rapper und er hielt sich die Ohren zu. „Kame… du hast grad eine Tonhöhe erreicht die Fledermäuse, Delfine und Hundepfeifen haben, beruhig dich bitte ein wenig.“ Der Jüngere schnappte hörbar nach Luft. Zog die Beine enger an den Körper. „Sorry“, nuschelte er dann. Koki hörte mit Erleichterung, dass dies schon eher die normale Tonlage seines Freundes war. Eine Weile saßen sie schweigen da. „Der Tod aller Fangirls“, kommentierte Koki dann trocken, während er Kame aus den Augenwinkeln betrachtete. „Was willst du?“ – „Ich musste nur grad an die ganzen Gerüchte denken. Von wegen dass… jeder von uns homosexuell ist. Und nun stellt sich heraus, dass du es gar nicht bist, was für eine Enttäuschung.“ Kames Schlag traf ihn hart am Arm. „Okay, okay, blöder Witz, es tut mir leid“, beeilte sich Koki zu versichern, lehnte sich gegen die Wand. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass die Anderen davon ausgehen dass du… auf Männer stehst?“, wollte Koki dann ernsthaft wissen. Kame rollte mit den Augen. „So wie sie mich anschauen, doch, genau das glauben sie.“ Er klang unglücklich. „Ich will sie doch nicht auffressen!“, meinte er dann empört und warf die Arme in die Luft. „Selbst wenn du schwul sein solltest.“ – „KOKI!“ Der Rapper lachte. „Mann, du bist echt keine Hilfe, weißt du das?“ Tanaka schüttelte den Kopf. „Ich habs geahnt, jetzt weiß ich es“, verkündete er und erntete noch einen Schlag gegen den Arm. „Warum hast du ihn denn dann geküsst?“ Einen Augenblick lang befürchtete Koki, dass Kame ihn nun wieder sitzen lassen würde, spürte die Anspannung im Körper des anderen… die plötzlich zu verpuffen schien. „Weiß ich nicht. Neugier vielleicht? Vielleicht wollte ich mich auch einfach nur ablenken… oder… ist ja auch egal. Kann man nicht mehr ändern.“ – „Und wie wars?“, fragte Koki interessiert. „Nass, eklig und er hat gestunken“, meinte Kame nüchtern und etwas… angeekelt. Ob wegen der Erinnerung an den Kuss oder wegen seinem eigenen Verhalten zu dem Zeitpunkt konnte Koki nicht sagen. „Nichts, was ich noch einmal erleben möchte“, schloss er schließlich. „Na, dann ist doch alles wunderbar. Mach es einfach nie wieder und jetzt komm zurück, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen als du sagtest, dass mans nicht ungeschehen machen kann“, erwiderte Koki und stand auf. „Das werden die anderen schon recht bald vergessen, glaub mir.“ – „Es gibt Sachen die vergisst man nicht so leicht“, murrte Kazuya nur und stemmte sich auch auf die Beine, massierte sich dann die Schläfen. „Koki, du hast nicht zufällig eine Kopfschmerztablette dabei?“, fragte er den Rapper dann kläglich. Koki musterte den Jüngeren von oben bis unten. „Du wirst lachen, aber ja ich hab eine. Heute Morgen eingepackt weil ich dachte, einer meiner Bekannten könnte sie gut gebrauchen. Sie ist in meiner Tasche, komm mit, dann gebe ich sie dir.“ Kame lächelte ihn dankbar an und folgte dem Älteren. Er hatte ein schlechtes Gewissen, er hasste es zu lügen. Jin blickte sofort zu Tür als diese aufging. Koki betrat den Raum, Kame im Schlepptau. Der Jüngere ließ sich auf seinen Platz fallen, den Kopf auf die Hände gestützt. Koki indes ging zu seiner Tasche, wühlte darin herum, stand schließlich auf und legte vor Kame etwas auf den Tisch. „Da.“ – „Danke.“ Jin betrachtete das ganze nachdenklich. „Was ist das?“, fragte er und deutete auf die weiße Pille vor Kame. „Ein Aspirin“, informierte Koki ihn. Kame schluckte die Tablette runter. Guckte den Tisch an. „Sorry wegen eben“, murmelte er dann zu niemand bestimmten. Alle winkten ab. „Schon okay.“ Maru seufzte, „Wo waren wir stehen geblieben?“ – „Auftritt. Erster Tag“, rief ihnen Ueda ins Gedächtnis zurück. Etwas peinlich berührt fingen sie an wieder alles zu besprechen. Koki achtete nun etwas mehr auf das Verhalten der Anderen… die tatsächlich anders waren als sonst. Er würde sie später mal zur Seite nehmen und zur Vernunft bringen. „Kame?“, fragte Junno nachdem sie (endlich) einen ungefähren Plan hatten was sie bei den ersten Aufritten machen wollten. „Hm?“ – „Sollen wir dich bei den Fernsehauftritten schon mit einplanen oder?“ Kame schüttelte stumm den Kopf. „Nein, das kann bis nach der Tour warten.“ Die Anderen nickten. „Willst du dann vielleicht schon nach Hause? Wir reden jetzt über den Auftritt bei Music Station“, erklärte Koki schnell. Kame blickte den Rapper kurz an, nickte dann und stand auf. „Na dann gutes gelingen, bis morgen.“ Er hob eine Hand, winkte kurz und verließ den Raum. Man hörte noch wie er den Gang langlief aber als die Geräusche seiner Schritte verstummten drehte sich Koki zu dem verbliebenen Rest der Band um. „Was zur Hölle ist eigentlich euer Problem?“, fauchte er sie ohne Überleitung an. Sie alle zuckten zusammen, wussten augenblicklich worum es Koki ging. „Was meinst du?“, fragte Maru trotzdem. „Kame!“, rief Koki aus. „Warum… benehmt ihr euch so komisch? Geht jeder Bewegung aus dem Weg? Wagt es nicht ihn anzugucken?“, fauchte der Rapper erbost. „Man könnte meinen diese ganze Kuss-Scheiße hat euch mehr aus den Latschen geworfen als sein Geständnis, dass er psychisch… labil ist. Und ich finde zweites wesentlich besorgniserregender!“ Mittlerweile zitterte Koki vor Wut… und der Tatsache, dass er versuchte nicht allzu laut zu schreien. „Wen kümmert es schon ob er einmal einen Mann geküsst hat? Niemanden! Und selbst wenn er schwul sein sollte, das ändert doch nichts!“ Koki nahm Jin ins Visier der einige Zentimeter zu schrumpfen schien. „Ich meine, nur weil der da ständig irgendeine neue Flamme hast und mit ihr rummachst schließen wir ihn auch nicht aus, oder?“ Jin schluckte und räusperte sich. „Dir fällt schon der Unterschied auf zwischen mehreren… Romanzen und…?“ Koki blickte Jin an. „Ich bin enttäuscht von dir. Von euch anderen auch“, warf er rasch ein, „aber von dir ganz besonders.“ – „Da hast eben… ne lockerere Sichtweise als wir…“, meinte Maru dann leise. Koki ließ den Kopf auf den Tisch fallen. „Ihr macht mich fertig…“, verkündete er dann. „Mal abgesehen davon. Kame. Steht. Nicht. Auf. Männer. Punkt.“ Die anderen blieben skeptisch. „Bist du dir sicher?“, fragte Ueda vorsichtig nach. „Jedenfalls hat er das gesagt. Und selbst wenn, was kümmerts euch? Solange er mit keinem von euch ins Bett will ist doch alles wunderbar. Oder läuft ihr vor jedem weiblichen Wesen weg nur weil sie Männer mag? Wohl kaum.“ – „Könnte daran liegen, dass wir auf weibliche Wesen stehen“, merkte Junno an. „Und wenn besagte weibliche Wesen grottenhässlich sind und merklich nichts von dir wollen? Dann gehst du ihnen trotzdem nicht aus dem Weg oder?“ Kopfschütteln. „Und ihr meint nicht ernsthaft, dass Kame was von einem von euch will, oder?“ Kopfschütteln. „Wo genau liegt dann euer Problem?“ Schweigen. „Denkt mal drüber nach“, murrte Koki, setzte sich wieder gerade hin und schlug die Hände zusammen. „Und jetzt lasst uns über den Auftritt sprechen!“ Kame ließ sich auf sein Bett fallen und fragte sich zum tausendsten Mal wie blöd man eigentlich sein konnte. Und warum er, gerade er, so eine niedrige Alkoholtoleranz hatte. Aber wenn es schon passieren musste, warum dann ausgerechnet vor den Anderen? Warum nicht… wenn er allein war… obwohl das womöglich ein noch schlimmeres Resultat hervorgerufen hätte… er konnte froh sein, dass außer ihnen scheinbar niemand bemerkt hatte… was für einen Mist er da angestellt hatte… Er seufzte und legte sich auf den Rücken, ehe er sich versah hatte der Schlaf ihn gepackt. Als er wieder aufwachte hörte er wie an seiner Tür geklingelt wurde. Wahrscheinlich hatte ihn dieses Geräusch geweckt… Er stand vorsichtig auf, merkte dass die Müdigkeit noch in jedem Knochen steckte, streckte sich und ging zur Eingangstür. Auf dem Weg stellte er fest, dass es ein Uhr morgens war. Erschöpft rieb er sich den Schlaf aus den Augen, überlegte eine Sekunde lang ob er sich etwas überziehen sollte (er hatte nur seine Boxershorts an) aber als die Klingel wieder betätigt wurde beschloss er es bleiben zu lassen. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit, linste nach draußen. Und knallte die Tür zu. Von der anderen Seite hörte er ein gedämpftes „Autsch“. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Was machte er hier? Kame schluckte. Wirkten die Medikamente nicht mehr? Das konnte doch nicht sein? Völlig unmöglich! „Kame! Was zur Hölle sollte das?“, hörte er Jins verletzte Stimme von der Tür her. Nein… das war… auf jeden Fall… der echte Jin, oder? War Jin wirklich hier hergekommen? Um diese Uhrzeit? Eine innere Stimmte fragte ihn wieso denn nicht, immerhin war Jin auch früher mal eben so rein geschneit wenn jeder normale Mensch schlafen würde aber… „Kame, wenn du nicht sofort diese bescheuerte Tür ganz öffnest dann lass ich die Höflichkeit, Höflichkeit sein und lade mich selber ein“, maulte der Ältere ungehalten und Kazuya hörte wie mit ein paar Schlüsseln rumhantiert wurde. Besann sich, dass er vielleicht mal antworten sollte. „Ich hab so gut wie nix an!“ Okay. Das war… blöd… ausgedrückt. Er hörte Jin lachen. „Und seit wann interessiert uns sowas? Wie häufig hab ich dich schon nackt gesehen? Wie häufig hast du mich schon nackt gesehen?“ Jin sagte das recht laut. Kame wusste, dass seine Nachbarn um die Uhrzeit noch nicht schliefen. Er wollte nicht wissen was sie da jetzt hineininterpretieren würden falls sie das gehört haben sollten. Schnell riss er die Tür auf, zog Jin rein, knallte die Tür zu und lehnte sich dagegen. „Spinnst du das so rumzuschreien?“, zischte er Jin an, der immer noch lachte. Etwas verlegen in seiner Hand drehte. „Was ist das?“, fragte Kame und deutete auf das… Teil. Jin hörte auf es hin und her zu drehen, starrte es einen Augenblick an und… war dann die Idiotie in Person. Er versuchte es tatsächlich hinter seinem Rücken zu verstecken. Kame versuchte sein Herzklopfen zu ignorieren, grinste. „Weißt du, etwas zu verstecken auf das ich dich gerade aufmerksam gemacht habe ist… etwas selten dämlich“, neckte er den Älteren. Dieser lief knallrot an. „Aber es ist peinlich“, protestierte er. Nun musste Kame loslachen. „Ach, sowas wie grad eben rumzubrüllen ist okay, aber mir zeigen was du in der Hand hältst ist „peinlich“?“ Er bete zu allen Göttern, dass das kein Geschenk für dieses Mädel sein würde. Jin biss sich auf die Unterlippe. Wehe er wollte wissen ob er das einem Mädchen schenken konnte, wehe. Das wäre so typisch… Bakanishi. Um diese Uhrzeit vorbeizuschauen und dann sowas wissen zu wollen… Kame seufzte. „Also?“ Jin kaute mittlerweile seine Lippe in Stücke. Kame runzelte die Stirn. Stupste den Älteren gegen die Brust. „Du wirst ärger kriegen, wenn du dir die Lippe aufbeißt“, wies er den Älteren zurecht. Daraufhin stutzte Jin und… befreite seine Unterlippe. „Hups.“ Er grinste verlegen. „Lass uns ins Wohnzimmer gehen, ja?“, bat Jin dann und ging rückwärts zu besagten Raum, Kame folgte ihm misstrauisch. Jin setzte sich hin, achtete darauf, dass Kazuya keinen weiteren Blick auf dieses… Teil erhaschen konnte. Vielleicht wollte er auch gar keinen Rat, vielleicht war er gerade auf dem Weg zu seiner Freundin und… ja… Kame rieb sich die Stirn. Aber… er konnte die eindeutig perversen Bilder nicht mehr aus seinem Gehirn verbannen. Er war wütend auf sich selbst, auf seine zu lebhafte Fantasie… „Hast du was zu trinken da?“, fragte Jin nach, starrte auf seinen Schoß. Kame stand wortlos auf. Ging in die Küche. „Was willst du denn?“ – „Was hast du?“ Kame öffnete den Kühlschrank. „Wasser, Cola, Apfelsaft, Bier“, zählte er auf. Wusste jetzt schon was Jin sagen würde. „Bier.“ Noch bevor Jin geendet hatte, hatte Kame seinen Entschluss nie wieder etwas Alkoholisches zu trinken über Bord geworfen und sich zwei Bierflaschen geschnappt, trug sie ins Wohnzimmer und stellte sie auf den Tisch. Setzte sich hin. Jin nahm die Bierflasche und trank einen großen Schluck. „Also, was bringt dich hier her?“, fragte Kazuya nach und trank auch etwas. „Also, ich… nun“, druckste Jin herum. „Ach was solls!“ Er klang ärgerlich, packte das gut verstaute Teil und warf es Kame in den Schoß. „Das ist für dich“, murmelte er und lief knallrot an. Kame erging es nicht besser… wenn Jin… sich so benahm…? Sein Herz schlug noch einen Tick schneller. Er verbannte alle Hoffnungen, Wünsche, Tagträume und hob das Päckchen hoch. „Was ist das?“, fragte er misstrauisch (und vielleicht ein klitzekleines bisschen hoffnungsvoll). Jin zerquetschte seine Finger. „Machs auf dann weißt du es?“, schlug er leise vor. Kame blickte noch einen Moment auf Jin, dann auf das Päckchen. Er runzelte die Stirn. Er konnte hier sitzen und vor Spannung vergehen, er konnte Jin löchern was das sollte, er konnte… das Päckchen wirklich einfach nur öffnen. Er entschied sich für Option drei, behielt im Hinterkopf, dass er Jin danach immer noch ausfragen konnte. Es war ein Karton, schlicht verpackt in rotes Geschenkpapier. Kame schälte das Papier ab („Zerreiß es doch einfach!“) und öffnete den Karton. Blickte rein. Und lachte los. Jin stöhnte auf und vergrub das Gesicht in seinen Händen. „Siehst du, ich sagte es ist peinlich!“, verkündete er noch. Kame gluckste immer noch und holte den kleinen Teddybär raus der ein selbstgebasteltes Schild um den Hals trug auf dem „Sorry“, stand. Unterschrieben mit Bakanishi. Kame knuffte den Teddy einmal stand dann auf und umarmte seinen Freund. „Danke“, flüstere er ihm in Ohr, ließ ihn los. „Darf ich fragen womit ich das verdient hab?“ Jin saß immer noch etwas bedröppelt da. „Weil ich ein Idiot bin?“, schlug er vor, sah Kame immer noch nicht in die Augen. Kazuya ging vor Jin in die Hocke, stütze seine Ellbogen auf Jins Beinen ab. „Dieser Logik nach erwarte ich jetzt mindestens einmal die Woche so einen Teddy“, verkündete er. Jin grinste. „Okay, okay, ertappt. Nicht nur deswegen.“ Kame grinste. „Also?“ Jin blickte runter. „Weil ich mich heute… nachdem mir die Anderen erzählt haben was gestern Abend passiert ist wie ein Wichser dir gegenüber benommen hab?“, gab er letztendlich zu. Wurde wieder knallrot. Kame blickte runter, er wusste, dass auch sein Gesicht glühte. „Ich war besoffen“, gab er zu bedenken. Jin nickte. „Ja, aber… ändert nichts an der Tatsache… dass ich dich mit dem Arsch nicht angeguckt hab…“ Kame prustete los. „Okay, spätestens dann wäre ich wieder in die Psychiatrie gegangen wenn dein Arsch plötzlich Augen hätte.“ Auch Jin kicherte. „Magst du den Bären wenigstens?“, fragte er dann kleinlaut. „Spinnst du?“, entfuhr es Kame. „Der ist… superknuffig.“ Nun war es Jin der loslachte. „Okay, du klingst grad verdammt wie ein Mädchen, Kazu-chan.“ Kame seufzte. „Ist aber die Wahrheit.“ Plötzlich stand Jin auf, Kame kippte seiner Stütze beraubt nach hinten. „Oh, fuck, sorry!“ – „Das macht einen neuen Bären…“, murrte Kame und ließ sich von Jin aufhelfen. „Also… eigentlich wars das…“, meinte Jin dann, blickte gen Boden. „Ich fahr dann mal wieder…“ Kame nickte, begleitete ihn zur Tür. „Danke.“ Jin hob die Hand zum Gruß und verschwand wieder. Kame hatte sich gerade umgedreht als gegen die Tür geklopft wurde. Seufzend öffnete er sie wieder. „Was vergessen?“ Jin schüttelte den Kopf. „Macht’s dir was aus wenn ich auf der Coach penne?“ Kame lachte, öffnete die Tür weiter und ließ Jin reinkommen. „Nein. Und ich hau mich auch wieder aufs Ohr, gute Nacht.“ Jin folgte ihm noch ins Schlafzimmer, holte sich eine Decke aus dem Schrank, klaute sich ein Kissen und ging ins Wohnzimmer. Nach kurzer Zeit hörte Kazuya wie Jin eingeschlafen war, er selber stand auf, ging leise ins Wohnzimmer, packte den Bären, ging zurück ins Bett, befreite das Kuscheltier von dem Schild und legte es zu sich. Am nächsten Morgen als Jin aufwachte stellte er fest, dass sein Gastgeber noch tief und fest schlief. Diesen Tag würde er sich im Kalender rot anstreichen müssen. Er war vor Kame aufgewacht. Wunder existierten eben doch noch. Er stand auf, ging ins Schlafzimmer. Betrachtete Kame eine Zeitlang. Es war unfair… dass er wieder so hart arbeitete… aber… eine innere Stimme sagte ihm, dass Kame diese Entscheidung selbst gefällt hatte. Jin setzte sich aufs Bett. Er wollte Kazuya noch etwas schlafen lassen, aber das hieße, dass sie gleich würden hetzten müssen. Er strich Kame eine Strähne aus dem Gesicht und fuhr mit dem Handrücken über Kames Wange. Dieser schlug daraufhin die Augen auf. „Wir müssen uns fertig machen“, begrüßte Jin ihn lächelnd. Kame gähnte. „Auch dir einen wunderschönen guten Morgen“, murrte er, setzte sich auf. Jin entdeckte seinen Teddy in Kames Bett. Grinste, sagte aber kein Wort. Der Kleinere war manchmal einfach nur goldig. „Ich mache dann mal Frühstück“, verkündete Jin und verschwand Richtung Küche. Hörte Kame irgendetwas murmeln als dieser sich aus der Bettdecke schälte. „Ich hab dir Klamotten aufs Bett gelegt“, rief Kame Jin zu. „Danke.“ Kurz darauf erschien der Jüngere komplett angezogen in der Küche. Er öffnete einen Schrank, nahm ein paar Pillen raus und schluckte sie mit etwas Wasser runter. Jin beobachtete das misstrauisch. Er hatte etwas gegen Tabletten, aber dagegen konnte man wohl nichts machen. Kame brauchte sie… leider… bei dem Anblick hatte sich sein Herz etwas verkrampft. Sie aßen schweigend. Als sie abspülten brach Kazuya das Schweigen endlich. „Und… wisst ihr schon was ihr morgen machen wollt?“ Jin stöhnte auf. „Ohne dich sind Planungen scheiße“, verkündete er erst mal und schmiss das Handtuch neben die Spüle. „Aber ja, wissen wir.“ Kame schüttelte den Kopf. „Kinder, einer wie der andere…“ – „Und das sagt ausgerechnet der Jüngste“, murrte Jin ungehalten, Kame lachte. Dann blickte Jin Kazuya an, biss sich auf die Unterlippe. „In ein paar Monaten geht die Tour los, meinst du dass du das packst?“ Kame antwortete eine Weile nicht. Schließlich seufzte er. „Ich denke schon, ist ja nicht so als sei… ich ernsthaft krank. Außerdem… hab ich doch schon drei Konzerttouren mit… erheblich größeren Problemen gemeistert oder nicht?“ Jin schluckte. „Schon“, gab er widerstrebend zu. „Also?“ – „Ja, aber…“, stammelte Jin hilflos und leckte sich über die Unterlippe. „Ja, aber wir müssen los.“ – „Jin! Mieser Übergang, ganz mies!“, lachte Kame und boxte den Älteren spielerisch in den Arm. „Darf man sich nicht einmal mehr Sorgen machen?“, fauchte Jin und rieb sich den Arm. Beide wussten, dass er das nicht ernst meine. „Ich zieh mich eben an“, maulte er dann und verzog sich ins Schlafzimmer. Kame blickte ihm nach. Und rief sich etwas ins Gedächtnis, was er schon wieder so gut wie vergessen hatte. Jin hatte eine Freundin. Für ihn… gab es da keinen Platz mehr… Er legte sich eine Hand auf die Brust, spürte sein verräterisches Herz schlagen. Warum konnte man nicht entscheiden was man für jemanden empfand? Das würde alles… leichter machen. Man könnte logische Entscheidungen treffen, sagen… dieses Mädchen ist nett, hilfsbereit, verständnisvoll und, vor allen Dingen, weiblich, in die möchte ich mich verlieben. Aber nein, so einfach war das alles ja nicht. Er musste sich in einen Idioten, Mädchenschwarm und obendrein noch einen Mann verlieben. In seinen besten Freund. Es war zum Heulen… Jin trat wieder aus dem Schlafzimmer, sah Kazuya an. Merkte, dass dieser… „Kazu-chan? Warum weinst du?“ Kames Kopf schellte hoch, er fuhr sich fahrig mit dem Ärmel über die Augen. „Es ist nichts… ich… sorry, wird gleich wieder…“, schniefte er. Jin ging näher und zog den Jüngeren in eine Umarmung, strich ihm beruhigend über den Rücken. Spürte die Schluchzer die durch Kames ganzen Körper fuhren, merkte wie der Andere sich an ihn klammerte als wäre er ein Rettungsseil… „Was ist denn los? Mir kannst du doch alles sagen?“, versuchte er Kazuya zum Reden zu bringen, der schüttelte nur den Kopf. Also blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten bis sich der Sturm gelegt hatte. Nach einer Gefühlten Ewigkeit verebbte das Schluchzen und Kame wischte sich die Tränen weg. „Danke“, murmelte er und trat etwas von Jin weg. Dieser guckte besorgt seinen Freund an. Es sah nicht so aus als ob es ihm besser ginge. Im Gegenteil. „Kazuya, was ist los?“ Kame lächelte gequält. Es sah aus als würde er gleich wieder weinen. „Das kann ich dir nicht sagen Jin. Das kann ich niemanden sagen…“, flüsterte er leise. „Wir sollten jetzt besser losgehen…“ Jin nickte. Er würde herausfinden was den Anderen bedrückte. Er würde nicht zulassen, dass sein bester Freund wieder würde leiden müssen… weil einerseits Kazuya zu… stolz, zu blöd, zu engstirnig war um sich helfen zu lassen… und weil andererseits er zu bescheuert war um zu erkennen, dass etwas nicht stimmte. Nun wusste er es. Und er würde dafür sorgen, dass es Kame wieder besser ging. Während der Autofahrt klingelte Jins Handy, dieser war jedoch mit Fahren beschäftigt, so dass er nicht drangehen konnte. Er warf einen Seitenblick auf Kame, der bereits nach dem Telefon kramte. Es letztendlich in der Hand hielt. Auf seine Unterlippe biss. Jin konzentrierte sich auf die Straße. „Wer ist es?“ – „Maiko.“ Es konnte sein, dass Jin sich den Unwillen in Kames Stimme einbildete, es konnte aber auch sein, dass Kame tatsächlich… sauer war. Auf seine Freundin. Jin seufzte. Wann würde er endlich ein Mädchen abschleppen die Kame ins Herz schloss? Jedes Mal war es dasselbe Spielchen. „Ich verspreche dir Kazuya, du wirst sie mögen, wenn du sie kennenlernst, gib ihr wenigstens ne Chance. Und jetzt sei ein Engel, geh ran und sag ihr, dass ich sie zurückrufen werde sobald wir angekommen sind.“ Er hörte Kame neben sich seufzen, sah wie er den Anruf annahm. Und wie Kame die Stirn runzelte. „Warte mal“, sagte er in den Hörer. „Ich bin nicht dein Baby“, meinte er emotionslos und Jin schluckte. Fuck. Fing blöd an, das Bekanntmachen. Kurzes Schweigen seitens Kamenashis. Dann ein Seufzen. „Würde er liebend gern, glaub mir, aber er fährt gerade und keinen Unfall zu verursachen ist zurzeit wichtiger. Er ruft dich zurück sobald wir bei der Arbeit sind.“ Stille. „Nichts zu danken, tschüss.“ „Und, was hältst du von ihr?“ – „Sie ist nett“, sagte Kame, klang aber leicht verschnupft. Jin seufzte. Er wusste, dass Kame versuchte sich mit ihm, für ihn zu freuen. Aber wie immer scheiterte er erbärmlich. Er mochte Maiko nicht. Punkt, aus, ende. Es würde Jin etwas Arbeit kosten ehe Kame sie akzeptierte. Aber im Moment wollte er sich nichts anmerken lassen. Er hasste es. Es tat weh, dass sein bester Freund… Probleme mit jedem verdammten Mädchen hatte was er ihm vorstellte. Dabei war er nicht einmal mit ihm verwandt! Nichts… anmerken… lassen… „Sag ich doch!“, meinte Jin gespielt fröhlich, wusste sofort dass auch Kame ihn durchschaut hatte. „Tut mir ja leid“, erwiderte der Jüngere. „Komm schon Kame, gib dir einen Ruck!“, forderte Jin ihn ernst auf. „Einen Ruck?“, fragte Kazuya, starrte in Jins Gesicht. „Ja, lass uns mal zusammen essen gehen. Nur wir drei. Du, Maiko und ich. Lern sie wenigstens mal kennen!“ – „Hab ich gerade“, sagte Kame mürrisch und zog eine Schnute. Jin seufzte genervt. „Nein hast du nicht.“ – „Doch hab ich!“ Kame klang wie ein Kleinkind das seinen Willen nicht durchsetzen konnte. „Kame!“, fuhr Jin seinen Freund an. „Bitte, tus mir zuliebe ja?“, flehte er fast. Er wollte, dass die beiden Freunde wurden… dass sie gut miteinander klar kämen. Und wenn das nicht ging wollte er, dass Kame wenigstens nicht mehr so aussah als wollte er Maiko irgendwann etwas Gift in einen Drink schütten. Den er ihr dann freundlich lächelnd reichen würde. Jin erschauderte. Kame blickte wieder aus dem Fenster. „Wann?“ – „Kame, du bist ein Schatz!“ Der Angesprochene rollte mit den Augen. „Ich fragte wann?“ Jin strahlte wie ein Honigkuchenpferd. „Wann hast du Zeit?“ – „Du kennst meinen Terminkalender genau so gut wie ich Jin, also sag mir einfach wann es dir… ihr… euch passt“, presste Kame durch zusammengebissene Zähne durch. Jin grinste. „Übermorgen?“ – „Also Freitag?“ Jin nickte. Kame seufzte. Als sie alle wieder einmal zusammensaßen entschuldigte Jin sich für einen kurzen Moment. Er hatte zwar Kames Zustimmung… aber ein Treffen mit Maiko… sollte auch von ihr abgesegnet werden. Abgesehen davon hatte er versprochen sie anzurufen. Also fischte er sein Telefon raus und wählte ihre Nummer. „Hallo Maiko“, begrüßte er sie. „Hi.“ Sie klang etwas… wütend. „Was war das gerade eben?“ Ja, eindeutig ungehalten. „Mein bester Freund hat dir nur gesagt… dass ich nicht drangehen kann…“, murmelte Jin in den Hörer. „Aha.“ Stille. Jin biss sich auf die Unterlippe. „Ich mag Kamenashi-san nicht.“ Okay… das kam… unerwartet… Normalerweise brannten alle seiner Freundinnen darauf Kame vorgestellt zu werden. Und erlebten dann ihr blaues Wunder. Weil dieser… immer genau dann seine Manieren zu Hause vergaß wenn Jin wollte, dass er sich mit den Frauen gut verstand. Dann wenn eine Beziehung eh schon Anzeichen hatte in die Brüche zu gehen war Kame wie immer die Liebenswürdigkeit in Person. Sollte ihn einer verstehen. Jin tat es nicht. Aber… das war das erste Mal, dass die Abneigung von beiden Seiten kam. Jin stöhnte auf. „Warum nicht?“ Maiko schnaubte verächtlich. „Er ist ein Lügner, er ist unfreundlich, er… Gott, wie kann so ein Mistkerl wie er dein Freund sein? Dein bester Freund?“ Jin verschlug es die Sprache. „Sag mal, hast du sie noch alle? Du kennst ihn ja nicht einmal!“, fauchte er in den Hörer. Das ging eindeutig zu weit. „Na und! Er ist mir eben unsympathisch!“ Sie hatte aufgelegt. Und Jin hatte das unbestimmte Gefühl… dass er gerade etwas Gift und ein Glas Wein gebrauchen könnte. Er war stinksauer. Wenn Kazuya was gegen seine Frauen sagte, gut. Er hielt sich wenigstens mit allem zurück bis er sie getroffen hatte. Davor war er nur… mies gelaunt. Aus welchen Gründen auch immer. Aber wenn nun seine Freundin anfing an Kame herumzumeckern! Nein, das war eindeutig ein Tabu. Wütend ging er zu den Anderen zurück, knallte die Tür hinter sich zu, so dass alle ihn anstarrten. „Alles okay?“, erkundigte sich Junno besorgt. „Alles bestens.“ Er war sauer, oh ja. Aber davon würde er Kame erst mal nichts sagen. Er musste noch einmal mit Maiko reden. Ihr erklären wie bescheuert ihr Verhalten war. Und dann… irgendwie dieses Treffen organisieren. Wer wusste schon was dabei passieren würde? Möglicherweise würden sich Maiko und Kame plötzlich verstehen? Er rieb sich die Stirn, und sah, dass Kazuya besorgt war. Auch das noch. „Echt alles okay“, winkte er ab. Freitag. All seine Hoffnungen lagen auf diesem Tag. Jin klingelte Sturm. Es war ihm egal, dass kein normaler Mensch innerhalb von wenigen Sekunden die Eingangstür öffnen konnte (außer er stand aus welchem Grund auch immer gerade vor ihr…) aber sie sollte ruhig merken, dass er fuchsteufelswild war. Maiko riss die Tür auf. „Was zur Hölle ist in dich gefahren?“, fragte sie barsch nach. Jin schnaubte. „Selbe Frage.“ Maiko ließ ihn eintreten, versperrte ihm dann aber den Weg. „Warum bist du so sauer?“ – „Warum beleidigst du meinen besten Freund grundlos?“, fauchte Jin sie an. Musste sich arg zusammenreißen um ihr keine Ohrfeige zu verpassen. Dieses Weib regte ihn gerade dermaßen auf! „Grundlos?“, kreischte sie auch sofort auf. „Ich habe dir nur seine schlechten Charaktereigenschaften vor die Augen geführt, wenn das mal kein Grund ist! Abgesehen davon ist es die Wahrheit!“ – „Und das weißt du? Woher bitteschön? Aus dem Fernsehen? Aber da gibt es keinen Anhaltspunkt um das zu bestätigen was du über Kazuya gesagt hat, nicht einen einzigen verdammte Scheiße!“, brüllte Jin sie an, zwang sich mit aller Kraft sie nicht gegen die nächste Wand zu schubsen. „Und selbst wenn er doch mal einen Ausraster hatte an den ich mich gerade nicht erinnern kann oder den ich nicht mitbekommen habe, oder wenn dir sonst irgendetwas an ihm nicht passt…. Mein Gott, wir reden gerade übers Fernsehen! Wir haben gottverdammte Skripte! Da steht zu gut achtzig Prozent drin was wir sagen, tun sollen, wie wir uns verhalten sollen! Also kannst du ihn nicht beurteilen, jedenfalls nicht von dem was du über ich zu wissen glaubst!“ Wenn sie jetzt nicht ja und amen sagte dann war Schluss. Das schwor er sich. Maiko zitterte. Ob vor Wut, Enttäuschung oder sonst irgendeinem Gefühl konnte er nicht sagen. Vielleicht war ihr auch einfach nur kalt. Schließlich machte sie die Mund auf. „Okay… vielleicht war ich etwas… subjektiv“, gab sie zu. „Vielleicht habe ich nicht genug darüber nachgedacht. Aber… ach ich weiß nicht… es tut mir leid“, schloss sie, Tränen in den Augen. Jin unterdrückte ein Augenrollen. Das war… so klischeehaft. Sie kam auf Jin zu, hielt sich an seinem Shirt fest. „Baby, es tut mir leid, okay?“ ihre Stimme zitterte leicht. „Du bist so… anders… in letzter Zeit…“ Jin biss sich auf die Lippen, wollte nicht sagen, dass sie sich erst seit drei Wochen kannten… nicht solange es gerade danach ausschaute, dass sie zur Vernunft kam. Aber eigentlich… konnte sie nicht beurteilen ob er anders war. Jin seufzte. „Schon okay…“ Er war so müde… das war zu viel Stress für ihn. Kame… einmal seine Krankheit, dann diese Befürchtung… danach seine Angeborenen Abneigung gegen alles was Jin zu nahe kam und nun um dem ganzen die Krone aufzusetzen noch diese Frau. Es war zum Haare raufen. „Baby, kannst du mir verzeihen?“ Er hasste diesen Kosenamen. Hasste, hasste, hasste ihn. Schloss die Augen. „Klar, tut mir leid, dass ich dich so angefahren haben“, schaffte er es zu sagen, legte seine Arme um sie. Und jetzt… kam noch ein unangenehmer Teil dieses Abends… „Maiko, magst du mir einen Gefallen tun?“ – „Welchen?“ Jin schluckte. „Könntest du es bitte in Erwägung ziehen sich einmal mit Kame zu treffen?“ Seine Freundin blickte ihn stirnrunzelnd an. „Wieso?“, fragte sie mit gereiztem Unterton. Er hatte es befürchtet. Seufzte. „Damit du über deine Abneigung ihm gegenüber kommst“, schlug er hoffnungsvoll vor. Sie schloss die Augen. „Ich will ihn nicht treffen.“ – „Bitte, mir zuliebe.“ Nun schaute sie ihn an, befreite sich aus seiner Umarmung. „Bist du taub? Ich. Will. Ihn. Nicht. Treffen!“ Jin zuckte zusammen. „Er ist mein bester Freund! Was würde es dir schaden ihn wenigstens kennenzulernen? Festzustellen dass all deine Vorurteile haltlos sind?“ Außer Kame benahm sich wieder wie ein Idiot, das war nicht auszuschließen. Eigentlich war die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kazuya danebenbenahm sehr hoch. Mist. „Ich will und werde ihn aber nicht treffen. Okay, ich weiß, dass es gemein klingt… aber… er ist und bleibt mir unsympathisch, egal, was du über ihn sagst.“ Jin ging einen Schritt zurück. „Was würde es dir schaden?“ – „Wahrscheinlich nichts“, gab sie zu. „Aber ich möchte ihn schlicht und ergreifend nicht kennenlernen. Wieso sollte ich auch? Ist er neuerdings dein Bruder? Dein Vater? Muss ich mit ihm klarkommen? Willst du mich nicht lieber deiner Familie vorstellen? Macht man das nicht normalerweise?“ Jin schnappte nach Luft. „Normalerweise? Nein, ich denke im Ganzen und Allgemeinen lernen sich zuerst die Freunde auf irgendwelchen Partys gegenseitig kennen, wenn man dann nach einiger Zeit feststellt, dass man zusammenpasst… das die Beziehung eine Zukunft hat… ja, dann stellt man sie den Eltern, der Familie vor“, murmelte Jin. „Aber das ist doch im Moment vollkommen egal!“, rief er aus. „Ach ja?“ Sie klang als würde sie weinen wollen. „ich dachte wir haben eine Zukunft… Ich war mir sicher…“ – „Nach drei Wochen?“, spottete Jin. „Ich will dich nicht enttäuschen, aber über so etwas… denke ich zu einem Zeitpunkt wie jetzt gar nicht nach. Wenn wir ein paar Monate, Jahre zusammenwären, dann ja. Aber jetzt? Nie im Leben.“ Tatsächlich fing sie jetzt an zu weinen. Frauen. „Es… es war… es ist doch alles so perfekt…“, schluchzte sie, „und dann…“ Plötzlich mischte sich Wut in ihre Stimme. Jin schreckte zurück. „Taucht dein Freund auf und alles geht kaputt! Gibs zu, er ist dir wichtiger als ich es bin!“, kreischte sie Jin an. War fassungslos. Jin aber nicht weniger. Noch nie… hatte ihn jemand vor so eine hirnrissige… Wahl gestellt. Natürlich war sie ihm wichtig. Aber… er kannte Kazuya bereits sein halbes Leben lang. Was erwartete sie? Kame war ein großer Teil seines Lebens… dachte sie er sei ihr egal? Dass wenn eine Freundin auftaucht dieses… Band zwischen ihm und Kame einfach so brechen, zerreißen würde? „Sag es mir!“, forderte sie Jin auf. Bebte unkontrolliert. „Wenn du wählen müsstest wer dir wichtiger ist, ich oder er?“ Jin schloss einen Moment die Augen. Das war eigentlich gar keine Auswahl. Das musste sie doch wissen? „Wenn du nur einen von uns in deinem Leben haben könntest, wer wäre das?“ Kazuya würde so etwas niemals sagen. Er würde seine Freundinnen vielleicht nicht mögen, unter Umständen sie sogar hassen… aber er würde ihm niemals zu so etwas zwingen. Nie. Jin lächelte, Maiko hörte auf zu zittern. Starrte ihn erwartungsvoll an. „Was soll das für eine Frage sein?“, flüsterte Jin. „Darauf gibt es doch nur eine Antwort.“ Er lächelte. „Oh Jin, ich…“ – „Kazuya.“ Sie blieb stehen. Ihre Augen weiteten sich und ihr Atem ging schneller. „Was?“, hauchte sie fassungslos. „Kazuya“, wiederholte Jin. „Wenn ich wählen muss… dann würde ich mich für ihn entscheiden… immer und immer wieder. Weißt du wie lange ich ihn schon kenne? Weißt du wie viel wir zusammen durchgemacht haben, erlebt haben? Wie wir uns gegenseitig angestachelt haben immer besser zu werden? Mehr aus uns zu machen?“ Jin lachte. „Nein, das weißt du nicht. Dazu kennst du mich nicht gut genug. Nicht lange genug. Wenn du es tun würdest, hättest du dir diesen Schmerz erspart. Du hättest gewusst wie meine Antwort ausfallen würde.“ Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Es tut mir leid“, er meinte es aufrichtig, ehrlich. „Aber man Kazuya aus meinem Leben nicht einfach so entfernen, er ist ein Teil davon. Wenn er nicht wäre“, Jin biss sich auf die Unterlippe, „wäre ich jetzt ganz anders. Allein deswegen schon…“ Maiko ließ die Arme schlaff hängen, schloss die Augen. „Gott, weißt du wie du dich anhörst?“, flüsterte sie. „Ich wünschte du würdest so über mich reden. Und ich bin deine Freundin…“ Ihre Worte waren fast unhörbar. „Wie gesagt, es tut mir leid. Ich will dich nicht anlügen. Vor allem nicht bei so etwas ernstem.“ Maiko holte tief Luft. Würde sie jetzt Schluss machen? Es war anzunehmen. Aber… er war nicht so traurig wie er es hätte sein sollen, wie er gedacht hatte, dass er es sein würde… „Ich habe noch eine Frage…“, schluchzte sie dann. „Wieder so ein Mist?“, fragte Jin resigniert. Als sie nickte rollte er mit den Augen. „Ich habe dir doch schon gesagt, dass…“ – „Wenn du zwischen ihm und deinen Kind wählen müsstest…“ Fast hätte er ihre Worte nicht verstanden. Und selbst dann… sie wollten nicht zu seinem Hirn sacken… „Nein…“, hauchte er. Sie sah auf. Die Tränen rollten über ihre Wagen. „Doch Jin. Ich bin schwanger…“ Ihm blieb die Luft weg. Alles schien sich um ihn zu drehen. Nein, nein, nein, nein. Das konnte doch nicht wahr sein? Er lehnte sich gegen die Wand, rutschte an ihr runter. „Seit… wann?“, krächzte er. Maiko schloss die Augen. Atmete durch. „Ich weiß es seit einer Woche“, murmelte sie mit leiser Stimme. „Ich wollte es dir sagen… habe aber nie den passenden Zeitpunkt gefunden…“ Jins Gehirn verweigerte ihm die Arbeit. War es nicht das, was er sich immer gewünscht hatte? Eine Familie? Er hatte es jedem gesagt… Kazuya war so weit gegangen, dass er meinte wenn Jin noch einmal dieses Thema anschneiden würde, würde er eine Woche nicht mehr mit ihm reden, so sehr hing es ihm zu den Ohren raus. Und jetzt? Wo sich dieser Wunsch erfüllte… hatte er das Gefühl in ein bodenloses Loch zu stürzen. So hatte er es sich nicht vorgestellt… Er hatte gedacht… dass er eine Freundin finden würde… eine Freundin die von allen akzeptiert wurde… von seinen Eltern, seinen Freunden, von Kazuya. Dass sie sich lange kennen würden. Eventuell zusammenziehen würden… dass sie einige Jahre warten würden… dass die Entscheidung für ein Kind bewusst fallen würde… Er atmete ein. Schloss die Augen. „Bist du dir zu hundert Prozent sicher… dass du ein Kind erwartest?“, fragte er mit belegter Stimme. Hörte Maikos Weinen. „Ja… ich war beim Frauenarzt… er hat es mir bestätigt…“ Er hörte wie sie schniefte. „Wenn du willst zeige ich dir das Testergebnis“, murmelte sie. Jin nickte. Ja… das musst er sehen, sonst würde er ihr nicht glauben. Konnte es nicht ein Trick von ihr sein? Möglich… aber… wozu? Er hörte wie sie aufstand, benommen tat er das Gleiche, folgte ihr ins Schlafzimmer. Setzte sich auf ihr Bett. Sie musste nicht lange suchen, fand den gewünschten Zettel und reichte ihn Jin. Da stand es… schwarz auf weiß. Es musste kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten geschehen sein… Jin schluckte. Wie dämlich konnte man sein? Warum hatte er keine Kondome benutzt? Warum war er davon ausgegangen, dass sie die Pille nahm? „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dir keine Pillen verschrieben hast?“, fragte er mit schwacher Stimme. Maiko setzte sich neben ihn. „Ich… hätte… ich weiß ja was passieren kann wenn man Sex hat“, lachte sie kläglich. „Aber ich denke ich habe nicht daran gedacht…“ Sie schüttelte den Kopf. „Als ich es erfahren habe… ich war glücklich…“ Sie klagte ihn an, das wusste er… aber… was konnte er dafür? „Außerdem“, schluchzte sie auf, „hättest du auch verhüten können…“ Sie hatte ja Recht… „Ich denke ich habe wie du… die Konsequenzen unterschätzt…“ Er biss sich auf die Lippen. Starrte das Blatt Papier an. Eine Weile hörte man nur Maikos Schluchzen im Raum. Schließlich traute Jin es zu sagen. „Treib ab…“ – „Was?!“, kreischt sie ungläubig. „Ein… ein Kind… ein ungeborenes Kind soll wegen unserer Dummheit sterben?“ Jin schüttelte den Kopf. Ja. Nein. Nein. Natürlich nicht, aber… „Ich bin nicht bereit für ein Kind“ Mit dir. Mit niemanden. Nein… einen so… endgültigen Einschnitt in sein Leben… dazu war er noch nicht bereit. „Ach, und meinst du mir geht es besser?“ Wahrscheinlich nicht… Sie hatte Arbeit… Zukunft… Sie hatte nicht mit dem Kind gerechnet… Genauso wenig wie er… Wahrscheinlich befand sie sich sogar in einer schlimmeren Situation. Immerhin… er war nicht schwanger. Egal was er tat… sie könnte das Baby… ihr Kind… sein Kind nicht einfach abschieben… Und nach den Worten die er ihr gerade eben gesagt hatte, was er über sie und Kame gesagt hatte… Nein, er beneidete sie nicht… Sie würde… Jin raufte sich seine Haare. „Und was sollen wir deiner Meinung nach sonst tun?“, fragte er verzweifelt nach. „Ich weiß es nicht… ich… ich hatte gehofft…“ Sie brachte den Satz nicht zu Ende, hatte sich nun endgültig in Tränen aufgelöst, legte sich aufs Bett und weinte. Jin hatte weder die Kraft noch die Motivation um sie zu trösten. Er konnte nur warten… warten und warten… und seinen eigenen Tränen den Durchgang an die Oberfläche verbieten… Es dauerte lange… bis sich Maiko gefangen hatte. Sie drehte sich auf den Rücken, Jin starrte in ihre roten Augen. „Ich werde das Kind nicht töten.“ Jin nickte. Im Endeffekt war das hier ihre Entscheidung. „Ich werde nicht töten… ich würde mein Leben lang Schuldgefühle haben… mir vorstellen was aus dem armen Ding geworden wäre… wenn ich es nicht…“ Sie brach ab, konnte diesen Gedanken nicht zu Ende führen. Jin holte tief Luft. „Ist gut.“ – „Ich brauche deine Zustimmung nicht“, wies sie ihn zurecht. Er sagte nichts. Was gab es schon zu sagen. Maiko setzte sich auf. „Was wirst du tun?“, fragte sie Jin. Dieser… dachte nach. „Ich weiß es noch nicht“, murmelte er. „Dann denk nach.“ Mit diesen Worten stand sie auf und ging weg. Jin hörte wie sie aus dem Haus ging und die Tür hinter sich zuzog. Er überlegte auch zu gehen aber… das war nicht fair… Wenn sie wiederkam würde er eine Antwort haben… eine, die er nicht zurücknehmen würde. Erst als die Sonne wieder aufging hörte Jin wie die Tür geöffnet wurde, er wartete darauf, dass Maiko ins Schlafzimmer kam… er hatte nicht die Kraft sie schon früher zu sehen… Er wusste nicht… wie sie auf seinen Entscheidung reagieren würde… ob sie sie verstehen, akzeptieren würde… Als sie das Zimmer betrat würdigte sie ihn keines Blickes, ging zum Kleiderschrank, holte ein paar Anziehsachen heraus und duschte erst einmal ausgiebig. Jin war es nur recht. Er hatte nichts dagegen dieses Gespräch so lange wie möglich aufzuschieben… Gar nichts. Er hatte reichlich Zeit zum Nachdenken gehabt… viel zu viel… aber erst jetzt war ihm etwas klar geworden… erst jetzt war ihm auch die Antwort auf Kazuyas Frage klar geworden… oder den Grund warum der Jüngere sie gestellt hatte. „Liebst du sie?“ Die Antwort war denkbar einfach. Und doch hatte sie Jin erschreckt. Nein. Er war in sie vernarrt gewesen. Hatte sie bewundert. Nur weil ich jemanden toll finde heißt es noch lange nicht, dass ich diese Person liebe. Wie recht Kame doch hatte. Jetzt war es zu spät um das zu erkennen. Er wünschte ihm wäre es früher klar geworden. Jetzt… war es zu spät… es gab kein Zurück mehr. Warum mussten seine Fehler immer so einschneidende Folgen haben? Solche großen Konsequenzen? Seine Nähe zu Kame hatte dazu geführt, dass sie sich im Fernsehen unnahbar verhalten mussten, hatte dazu geführt, dass sie getrennt wurden. Er hatte das als Anlass genommen sich einen Traum zu erfüllen. Amerika. Und die Folge davon? Mittlerweile war er sich sicher, dass das zumindest teilweise dazu geführt hatte, dass Kazuya krank war… psychisch krank war… Außerdem… hatte es für eine Zeitlang für mehr Distanz zwischen ihm und seinem besten Freund gesorgt als nötig war. Und… die Zeit in Los Angeles war nicht schön gewesen… Überhaupt nicht… Und nun das… Unverhüteter Sex kann Kinder zur Folge haben… Schön, dass ihm das auch bewusst wurde. Man konnte doch etwas in der Schule lernen. Jetzt wäre es nichts schlecht, wenn er dieses Wissen vorher eingesetzt hätte… Er hörte wie Maiko sich die Haare föhnte, dann ihre Schritte zum Schlafzimmer. Zu ihm. Sie stand im Türrahmen. „Und?“ Ein einfaches Wort. Jin schluckte. „Ich will das Kind nicht nur mit Sozialhilfe unterstützen“, murmelte er. „Es war unser Fehler, es sollte nicht darunter leiden… Es soll nicht ohne Vater aufwachsen müssen…“ Jin schluckte. Er war sich der Tragweite seiner Worte bewusst. Aber es waren seine Fehler… er musste dafür Sorge tragen… dass niemand darunter litt… Niemand unschuldiges. „Versteh mich nicht falsch“, flüsterte er. „Ich tue das nicht für dich.“ Maiko nickte nur. „Das habe ich nicht erwartet… jedenfalls… nicht mehr…“ Sie seufzte. „Unser Gespräch vorher hat mir die Augen geöffnet, dass du dies nicht aus Liebe zu mir machen würdest… dich dafür entscheiden würdest… aber ich hätte auch gedacht… dass du das Kind im Stich lässt.“ Jin grinste verletzt. „Komme ich ehrlich so… mies rüber?“ Maiko lächelte nicht einmal. „Also… ziehen wir zusammen“, stellte sie sachlich und nüchtern fest. Jin nickte, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich habe für mich entschieden… aber ich weiß nicht… ob du es auch willst.“ Er hörte sie seufzen. „Ich denke… dass wir es ihm schuldig sind…“ Jin nickte. „Und ich will dass du jetzt gehst… Ich bin es leid dich zu sehen. Ich brauche meine Ruhe. Über die Zukunft… reden wir ein anderes Mal…“ Jin nickte und stand auf. Als er an der Tür war rief sie noch einmal seinen Namen. „Ja?“ Er drehte sich um. Wartete. „Wir sollten es unseren Eltern sagen… Bald…“ Jin nickte. „Ja… das sollten wir…“ „Okay, es ist nicht ungewöhnlich, dass er zu spät kommt“, maulte Koki zum tausendsten Mal los, „aber… gleich drei Stunden? Und er ist immer noch nicht da!“ Maru starrte an die Wand. „Ich sage wir sollten ohne ihn anfangen…“ – „Ohne Jin?“, Ueda blickte skeptisch in Nakamarus Richtung. „Der bringt uns um wenn wir was ohne ihn entscheiden.“ – „Vielleicht“, stimmt Maru ihm zu. „Aber was sollen wir sonst tun? Er meldet sich doch nicht einmal! Geht nicht ans Telefon, gar nichts!“ Kame war der Einzige, der sich an der Diskussion, die sich schon seit Stunden im Kreis drehte, nicht beteiligte. Er starrte die ganze Zeit nur auf sein Handy, in der Hoffnung, dass Jin ein Lebenszeichen von sich geben würde… aber bisher… nicht eine einzige Meldung… Das passte nicht zu ihm… überhaupt nicht… ob etwas passiert war? Kazuya spielte mit dem Gedanken bei Jins Eltern anzurufen unterließ es aber. Koki blickte zu dem Jüngsten. Wartete wie alle anderen auch, dass Jin sich bei ihm meldete. Und tatsächlich Kazuyas Handy spielte das Lied ab, welches für KAT-TUN Mitglieder einprogrammiert war. Kazuya sprang beinah aus seinem Stuhl, nahm hastig ab. „Jin?“ – „Kazuya… ich brauch dich… komm zu mir“, hörte er Jin murmeln. Er klang… gebrochen. Kazuyas Herz setzte für einen Schlag aus, dann war die Leitung tot. Kame zitterte am ganzen Körper. So hatte Jin noch nie geklungen. So hilflos… ausgeliefert. Er drehte sich zu Koki um. „Fahr mich zu Jin.“ Koki runzelte die Stirn. „Aber…? Was sagte er?“ – „Fahr mich zu ihm!“, fauchte Kame ihn an, Koki wich zurück. „Entweder das oder ich nehme mir ein Taxi, und das Treffen heute fällt aus!“, beschloss der Jüngste. „Oder ihr haltet es ohne Jin und mich ab, ist mir egal. Aber du fährst mich jetzt auf der Stelle zu ihm nach Hause!“ – „Ist ja gut!“, erwiderte Koki überrascht. „Ich fahr dich ja, reg dich ab!“ Kame holte tief Luft. Er hatte Angst… Kazuya hatte Koki zurückgeschickt als er aus dem Wagen gestiegen war. Aber vorher hatte er dem Rapper versprechen müssen sich zu melden, sobald er konnte. Kame hatte einfach nur genickt. Jetzt stand er vor Jins Tür und traute sich nicht zu klopfen oder zu klingeln… letztendlich holte er mit zitternden Fingern den Schlüssel zu Jins Apartment raus, öffnete sich selber die Tür. Wurde schwanzwedelnd von seinen Hunden begrüßt, er schob die beiseite, würdigte sie keines Blickes. Schloss die Tür. „Jin?“ Er erhielt keine Antwort. „Jin?“, fragte er noch einmal, diesmal lauter. Und Jin kam… Er sah müde aus, verletzt… Kame streckte die Atem zu ihm hin. „Was ist los Jin, du…“ Ohne eine Antwort zu erhalten fand er sich in einer Umarmung wieder. Jin weinte. Jin. Weinte. Er murmelte immer wieder Kazuyas Namen. Kame fühlte sich hilflos. Was… passierte hier? Jin weinte nie… nicht der starke… mutige… Jin… „Was ist passiert? Jin, ist alles in Ordnung?“ – „Später…“, murmelte der Ältere, ließ sich langsam gen Boden sinken, zog Kame mit sich. Vergrub sein Gesicht in Kazuyas Hemd, ließ sich von seinem Freund beruhigen. Durch die Haare streichen, hörte ihn flüstern, dass alles wieder gut werden würde… aber das würde es nicht… und sobald er konnte… würde er es Kazuya sagen… Sobald… er konnte. Jin beruhigte sich langsam wieder. Er klammerte sich immer noch an Kazuya in der irrationalen Hoffnung, dass er ihm aus diesem Schlamassel helfen konnte. Das konnte niemand… „Jin… Alles… okay?“, hörte er Kame vorsichtig fragen, hörte die Sorge, Angst, vielleicht sogar Panik aus diesen drei Worten raus. Was sollte er sagen? Ja? Nein… das war es nicht, nichts war okay… Ein letztes Mal schluchzte er auf, vergrub sein Gesicht mehr in Kazuyas Shirt. „Nein“, flüsterte er leise. Kame strich ihm sanft über den Rücken. „Was ist los? Jin… so… kenne ich dich gar nicht…?“ Jin sagte nicht. Konzentrierte sich darauf zu atmen. Kame wartete ruhig, aber Jin konnte die Ungeduld spüren… er biss sich auf die Lippen. „Sie ist schwanger…“, murmelte er. Er wusste sofort dass Kame ihn gehört und verstanden hatte. Seine Hände die immer noch auf Jins Rücken lagen verkrampften sich, aber ansonsten reagierte er nicht. Wartete. Aber Jin konnte nicht mehr sagen, er flehte, dass Kazuya ihn zum Reden bringen würde… ohne einen Anstoß… einen Schubs… würde er nichts mehr von sich geben können, das wusste er mit Sicherheit. „Ich dachte… du willst eine Familie?“ Jin nickte. „Aber… nicht so… nicht… jetzt…“, antwortete er kläglich. Er spürte wie Kazuya nickte. Ihn fester hielt. Nach den richtigen Worten suchte. Aber die gab es nicht… was sollte er ihm sagen? Scheiße das alles? Nein… Jin unterdrückte die Tränen, die sich wieder in seinen Augen sammeln wollten. Letztendlich… war es auch egal was Kazuya sagte, er war da… er war immer für ihn da… „Was… habt ihr jetzt vor?“, fragte Kame letztendlich, brach das Schweigen. Jin schüttelte den Kopf. „Das Kind…“, murmelte er nur, wusste, dass seine Worte keinen Sinn ergaben. Aber… er wusste nicht was er sagen sollte. Kazuya seufzte. Jin löste sich aus der Umarmung und setzte sich hin, sah Kame in die Augen. „Was soll ich denn tun?“ Er wollte eine Bestätigung. Wollte von Kame wissen, dass seine Wahl die Richtige gewesen war. Kazuya schloss die Augen. „Ich weiß es nicht Jin… Ich… Es betrifft dich, du musst dich für etwas entscheiden, nicht ich…“ Jin schluckte. Er hatte ja Recht… „Das habe ich schon getan… sag mir, dass ich richtig gehandelt hab… bitte…“ Kame lächelte gequält. „Jin… woher soll ich das wissen?“ Jin blickte gen Boden. „Sag mir was los ist“, bat Kame. „Von Anfang an…“ Jin holte tief Luft, er wollte es ihm ja sagen, so war es nicht aber… „Lass uns was trinken“, sagte er dann, stand auf und ging ins Wohnzimmer Kame die ganze Zeit hinter ihm. „Ich weiß nicht ob das…“, begann er aber Jin bedeutete ihm zu schweigen. „Ich muss mich betrinken, sonst…“ Ja, sonst was…? Er hörte Kame seufzen. Schon wieder. Er tat das häufig wegen ihm, nicht? Jin kam mit irgendetwas undefinierbaren zurück zur Coach, trank sein Glas in einem Schluck leer. „Jin… du solltest nicht“, versuchte es Kame erneut. „Ach, lass mich…“, murrte der Ältere, trank sich Mut zu. Er sah noch wie Kame vorsichtig an seinem Getränk nippte und dann begann er zu erzählen. Geschätzte zehn leere Gläser später hatte Jin nichts mehr zu sagen. Irgendwann in seiner Erzählung hatte er wieder angefangen zu weinen, daraufhin hatte Kazuya erst einmal das Glas aus seiner Hand befreit und ihn wieder umarmt, nichts gesagt, einfach nur zugehört… er war einfach nur da… verstand ihn… Jetzt saß er mit seinem Kopf in den Händen aufgestützt da und schwieg. Jin fühlte sich ausgelaugt, das hatte ihn seine letzten Kraftreserven gekostet. Er wartete darauf, dass Kazuya etwas sagte, irgendwas… „Und du denkst… dass das die richtige Entscheidung ist?“, fragte Kame nach, leise, vorsichtig. Jin schluckte. Er hatte eine Bestätigung für sein Handeln gewollt, keine weiteren Bedenken… davon hatte er sowieso genug. „Ich weiß es nicht… Sag du es mir“, bat er erneut. Kazuya strich sich die Haare zurück. Setzte sich gerade hin. Blickte Jin nicht an. „Ich frage mich nur… ob du und Maiko-san zusammen leben könnt… wollt… wenn im Moment…“ Er beendete den Satz nicht. „Weswegen habt ihr euch eigentlich gestritten? War es etwas Ernstes… oder etwas was man aus der Welt schaffen kann?“ Jin schüttelte den Kopf. „Das hängt von ihr ab… aber ich denke… wir werden es irgendwie packen…“ Kazuya nickte. Er sah unglaublich müde aus, genauso wie Jin sich gerade fühlte… „Wenn ihr meint, dass… es möglich ist… dann ist das denke ich die beste Wahl die ihr treffen konntet…“, sagte er letztendlich… es hatte einige Zeit gedauert, bis er diese Antwort… raus gewürgt hatte. „Jedenfalls… für das Kind…“, setzte er hinzu. Schwieg wieder. „Jin?“ Jin blickte auf. „Ja?“ – „Versprich mir, dass du dir über das was ich jetzt sage Gedanken machen wirst, ja?“ Jin setzte zu einer Antwort an, doch Kame sprach bereits wieder. „Ich denke… es ist besser mit nur einem Elternteil aufzuwachsen, als mit Eltern, die sich gegenseitig hassen und nicht miteinander reden… nichts teilen… Ich glaube… Jin, wenn du merkst, dass das der Fall sein sollte…“ Jin nickte. Zwang sich zu einem Lächeln, welches Kazuya nicht sehen konnte, da er den Boden mit Blicken löcherte. „Keine Sorge Kazu, wir sorgen schon dafür, dass alles gut geht“, versprach er. Er sah nicht, dass Kazuya weinte. Jin stand auf um eine Flasche Wodka zu holen, die Zeit nutzte Kazuya um die Tränen wegzuwischen. Schweigend leerten sie etwa die Hälfte der Flasche. „Kazuya… bleibst du heute hier?“ Er sah wie Kame sich auf die Unterlippe biss. „Nein Jin…“ – „Aber…!“ Kame stand auf. Guckte Jin in die Augen. „Es tut mir Leid Jin, aber das kann ich nicht. Das schaff ich nicht. Ich… ich komme morgen wieder vorbei ja? Und ich werde den anderen sagen, dass du den Tag morgen frei nimmst… aber bitte… ich will… ich muss nach Hause…“ Dieser starrte Kame geschockt an. „Aber, wieso…? Ist etwas?“ Kame lächelte. „Jin, verglichen mit deinem Problem habe ich sowieso keine, nein, alles okay. Mach dir keine Sorgen ja? Ich… schaue morgen mal nach dir. Trink nicht mehr so viel… Ich… ruf mir ein Taxi…“ Jin starrte fassungslos Kame nach, rannte ihm in den Flur nach. „Ich brauche dich“, flehte er, packte Kame am Handgelenk und zog den Jüngeren in eine Umarmung. „Bitte… lass mich nicht allein…“ Wieder musste er losheulen. Er hatte… so darauf gewettet… vertraut… dass… Er spürte wie Kame sich anspannte. „Jin… so leid es mir tut aber… ich kann einfach nicht bleiben… versuch es zu verstehen…“ Jin schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht verstehen… Warum… siehst du nicht, dass ich dich brauche?“ Er zog Kame noch näher, wollte so verhindern dass der Andere ging… wollte, dass er bei ihm blieb… Aber irgendwie gelang es Kame sich zu befreien. „Irgendwann werde ich es dir erklären… aber… das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt… Bis morgen Jin, pass auf dich auf…“ Und mit diesen Worten ließ Kame ihn stehen. Kazuya rannte noch um die Straßenecke bevor er sein Handy nahm und ein Taxiunternehmen anrief, sie sagten ihm, dass er wohl gute zwanzig Minuten warten müsste, also beschloss er gleich jetzt Maru anzurufen. Er wählte die Nummer des Älteren und wartete. Erstaunlich schnell hörte er Marus Stimme. „Kame? Alles klar bei euch? Was ist los?“ Kazuya schluckte. „Ich… das ist eine Sache die nur Jin etwas angeht…“, begann er langsam, suchte nach den richtigen Worten. „Ihm… ihm geht es zurzeit nicht so gut… morgen bleibt er zu Hause… und… naja… das wars eigentlich“, schloss er dann nichtssagend. Er hörte förmlich das Stirnrunzeln durch die Leitung. „Sorry Leute… ich kann euch wirklich nicht sagen was los ist, okay?“ – „Ist schon gut… aber du kommst morgen, oder?“ Kame nickte und erinnerte sich daran, dass Maru das wahrscheinlich eher nicht sehen konnte. „Ja… aber… übermorgen… kann ich nicht, da hab ich… einen Termin beim Arzt…“ – „Ist gut, merk ich mir. Dann… bis morgen. Grüß Jin von uns. Oder meinst du wir können anrufen?“ Kame lachte einmal bitter auf. „Ich bin gerade nicht mehr bei ihm… und anrufen… ich würde davon abraten…“ – „Kame, ist mir dir denn alles okay?“ Nein war es nicht. Nein, nein und nochmal nein. Aber das konnte er niemanden sagen… niemanden… außer… „Jin“… Er blickte auf die Uhr… eigentlich… war es jetzt Zeit die Medikamente zu nehmen. Kazuya holte das Päckchen raus, starrte es an, hörte wie Maru irgendetwas sagte, ignorierte ihn. Er blickte auf die Straße, hob das Päckchen und warf es schwungvoll in einen nahen Gully. Er war es satt. So satt. Er ließ das Handy sinken, mit dem immer noch plappernden, besorgten Maru. Schmiss das Handy dem Päckchen hinterher, sah wie es auf der Straße zerschellte. Dann sank er auf den Hosenboden und weinte. Das… konnte doch alles nicht wahr sein… Wieso traf es immer ihn… wieso konnte er nicht ein einziges Mal in seinem bescheuerten Leben das kriegen was er wirklich wollte? Warum… musste immer alles so… scheiße laufen? Natürlich… Jin hatte es jetzt schwerer aber… war es wirklich zu viel verlangt was er wollte? Er hörte wie sich ein Auto näherte, blickte auf. Das Taxi. Es fuhr genau über die kläglichen Überreste seines Telefons, hielt vor ihm an. „Haben Sie das Taxi bestellt?“ Kame nickte stand auf, versuchte den Dreck von seiner Hose zu klopfen, gab es auf, setzte sich ins Taxi und weinte einfach weiter. Es war ihm egal wer ihn so sah. Im Moment war ihm so gut wie alles egal… Er nannte seine Adresse und schniefte noch einmal, aber die Tränen fanden gar kein Ende. Der Taxifahrer blickte besorgt zu Kame. Es war schwer zu erkennen ob er sich um die Sauberkeit in seinem Wagen sorgen machte oder um das heulende Bündel was er aufgelesen hatte. Letztendlich rang er sich einen Satz ab. „Brauchen Sie ein Taschentuch?“ Kame schüttelte den Kopf. Hätte er ihm einen Jahresvorrat angeboten… dann hätte es vielleicht was gebracht… aber so? Maru starrte verwundert und bestürzt auf sein Mobiltelefon. Das klang gerade sehr… un-Kamenashihaft. Er schaute Koki an, erhoffte sich einen Rat. Den er auch prompt bekam. „Ruf Jin an.“ – „Aber, du hast gehört was Kame gesagt hat…“, protestierte Maru schwach. „Ich hab vor allen Dingen gehört was er nicht gesagt hat, und das Knacken am Ende der Unterhaltung klang auch nicht gesund“, erwiderte Koki gereizt. Maru nickte. „Und bei wem war er gerade?“ – „Jin…“, antwortete Yuichi vorsichtig. „Richtig, wer kann uns also sagen was gerade da abgeht?“ – „Jin“, wiederholte Maru sich. Biss sich auf die Lippe. „Aber…“, begann er schwach. „Wenn du es nicht tust werde ich ihn anrufen“, meinte Tanaka gereizt, aber zu dem Zeitpunkt hatte Maru schon die Nummer gewählt. Sie saßen in Marus Wohnzimmer und hatten einen Film geschaut als Kames Anruf eingetrudelt kam. Und nun… war der Film vergessen. „Freisprechanlage“, wisperte der Rapper seinem Freund zu, der nur nickte und betreffende Taste drückte. Es dauerte eine Weile bis ein merklich beschwipster Jin den Hörer abnahm. „Kame?“, lallte er. Maru starrte den Hörer an. „Nein, eigentlich nicht.“ – „Perfekter Übergang…“, nuschelte Koki neben ihm. Maru bedeutete ihm zu schweigen. „Ich bins, Yuichi. Aber… du hast gerade den Nagel auf den Kopf getroffen… weißt du was mit Kame los ist?“ Schweigen. Die beiden konnten förmlich sehen welch weiten Weg die Schallwellen noch vor sich hatten ehe sie in Jins Gehirn zu Wörtern wurden. Als endlich ein Licht bei ihrem Leadsänger aufging verschwand der Eindruck, dass Jin in zu viele Gläser geschaut hatte (jedenfalls fast). „Wieso? Was ist mit ihm?“, fragte er besorgt. Maru schaute Koki an, der nur mit den Schultern zuckte und dann auffordernd nickte. Maru gab die „Unterhaltung“ mit Kame von vor wenigen Sekunden wieder. „… und dann… naja, hat er gar nichts mehr gesagt, egal was ich ihn gefragt hab, egal was ich gesagt hab… er… ich glaube nicht, dass er mir zugehört hat… und dann… hörte man so ein… Krachen und dann war die Leitung tot“, erklärte Maru schnell. Er hoffte, dass Jin alles verstanden hatte. Dieser schwieg eine Weile. „Mist!“, fluchte er dann nur. „Maru?“ – „Ja?“ Angesprochener war hellwach. „Tu mir einen Gefallen, fahr zu Kame ja? Ich gucke ob er noch hier in der Gegend ist, er wollte sich ein Taxi rufen… Vielleicht erwische ich ihn noch“, meinte Jin gehetzt, man hörte wie etwas umgestoßen wurde und einen beachtlichen Fluch Jins. „Jin?“ – „Was denn?“ Die Gereiztheit hatte einen Höhepunkt erreicht. „Koki ist auch da, er fährt sofort zu Kame, ich hol dich ab, was hältst du davon?“ – „Bis gleich.“ Dann war er weg und die beiden Freunde sprangen auf und zogen sich ihre Jacken an, rannten zu den Autos. Jin schmiss die Tür hinter sich ins Schloss, hatte nicht einmal mehr die Muse sie richtig abzuschließen, rannte die Treppe runter und blickte dann die Straße auf und ab. Keine Spur von seinem Freund. Wenn er sich von einem Taxi abholen ließ dann… Jin rannte dorthin wo Kame sich immer die Autos hinbestellte und schollt sich einen Idioten, Dummkopf und Versager. Er wusste doch… dass irgendetwas mit Kame wieder nicht stimmte. Dieser plötzliche Weinanfall, scheinbar ohne Grund… Dann gerade eben… er war eindeutig… fertig gewesen. Aber er, Akanishi Jin, größter Trottel der Welt, hatte es natürlich wieder mal nicht mitbekommen, weil sich seiner Meinung nach das ganze Universum nur um ihn drehte. Er stolperte über den wahrscheinlich einzigen Stein auf dieser verdammten Straße und schlug der Länge nach hin. Einen Moment drehte sich alles um ihn (irgendwie symbolisch…) aber dann sprang er wieder auf die Beine und rannte zu der einen bestimmten Stelle. Es waren erst… ungefähr zwanzig Minuten her, seit Kame sich auf den Weg gemacht hatte. Er konnte es noch schaffen! (Falls Kazuya zu genau demselben Platz wie immer gegangen war, falls das Taxiunternehmen noch nicht angekommen war, falls, falls, falls…) Jin rannte um die Ecke. Und blieb wie angewurzelt stehen. Nichts. Kame war nicht da… er war nicht am Ende dieser beschissenen Straße wo er sonst immer wartete um abgeholt zu werden. Frustriert schrie Jin auf. Drehte sich wieder um, wollte zu seinem Apartment zurückschlurfen, als er ein Auto hörte. Verdutzt drehte er sich um, starrte noch einmal die Straße runter. Und sah eine Gestalt auf dem Bürgersteig kauern die sich vor und zurück wiegte. Vor und zurück. Sie saß. Deswegen hatte er sie nicht gesehen. Langsam näherte er sich der Gestalt, konnte vage Umrisse erkennen. Sein Magen krampfte sich zusammen. Kazuya. Ohne jeden Zweifel. Er beschleunigte seine Schritte, die Luft brannte förmlich in seiner Lunge, drohte sie zu sprengen. Er füllte sie noch einmal, rannte so schnell er konnte. Das Taxi hielt an der Kreuzung. Kame stand auf, schien sein Gleichgewicht verloren zu haben, stiegt ein. „Kazuya!“, schrie Jin. Doch es war zu spät. Er konnte dem Taxi nur noch nachschauen. Er ließ sich auf die Knie sinken und schlug mit der Faust gegen den Boden. So knapp… verpasst… Er stand auf, achtete nicht auf das Brennen in seiner Brust und machte sich auf den Weg zu seiner Wohnung, setzte sich darunter an die Straße und wartete auf Maru, hoffte, betete, dass Koki mehr Glück haben würde. Kazuya öffnete erschöpft die Tür zu seiner Wohnung. Er weinte immer noch. War das zu fassen? Er ging in die Küche, suchte nach den Medikamenten, die ihm sein Arzt verschrieben hatte und spülte sie die Toilette runter. Das wars. Er gabs auf. Dann war er eben ein hoffnungsloser Fall. Dann war er eben krank. Was interessierte ihn das schon? Dann sah er eben Menschen die ihn langsam aber sicher umbringen würden. Wenn das seine einzige Hoffnung war… „Jin“ wiederzusehen. Er setzte sich auf den Fußboden, schnappte sich ein Handtuch und legte es sich aufs Gesicht. Trocknete es somit ab und ließ die neuen Tränen gleich in den Stoff fließen. Zog die Beine an. Bis zum heutigen Tag hatte er nicht einmal gewusst, dass er so viel weinen konnte… Und er hatte nicht gewusst, dass das Herz so wehtun konnte… jeder Schmerz den er vorher erlebt hatte schien wie ein nichts deswegen… unbedeutend… Er schluchzte laut auf. Es hatte alles keinen Sinn. Er wollte Jin halten. Ihn umarmen. Küssen. Ihm sagen, dass er ihn liebte. Er wollte, er wollte, er wollte. Kazuya schrie seine ganze Verzweiflung, Wut, seinen Frust und die Trauer raus. Natürlich tat es ihm für Jin leid, dass dieser nun seine ganze Lebensplanung in die Tonne kloppen konnte, dass er ein Kind mit einer Frau haben würde, bei der er gerade festgestellt hatte dass er sie nicht liebte, nicht lieben konnte. Natürlich, aber… war es zu viel verlangt, dass Jin auch ein wenig an ihn denken würde? Merkte dieser Volltrottel nicht wie weh ihm das tat? War er wirklich so blind? Kazuya schmiss das Handtuch gegen die Wand, rollte sich auf dem Boden wie eine Katze zusammen, weinte stumm weiter, biss sich ins Handgelenk. Er konnte einfach nicht mehr. Dieser Schmerz aß ihn von innen heraus auf… er wollte es vergessen… er wollte schlafen… Er wollte gehalten werden, geliebt werden. Aber das, dachte er bitter, würde sich wohl nie erfüllen. Jedenfalls nicht von der Person von der er es wollte… Er schloss die Augen. Hoffte, dass sich der ganze Tag als ein beschissener Traum herausstellte. Langsam fiel er in einen Dämmerzustand über, er schlief nicht richtig, war aber auch nicht wirklich wach. Wenn er einfach so bleiben könnte… dann wäre er zwar nicht glücklich… aber erleichtert… Koki stand seit gut fünf Minuten vor der Haustür des Bandjüngsten und klingelte ohne Unterbrechung. Nur… es tat sich absolut rein gar nichts. Er holte sein Telefon heraus, versuchte Kazuya auf sein Handy anzurufen, bekam nur von der netten Computerstimme gesagt, dass dieser Anschluss zur Zeit nicht erreichbar sei, er könne aber… in dem Moment legte er auf, versuchte es mit dem Hausanschluss. Ohne Erfolg. Er hörte es zwar hinter der Tür klingeln, aber kein Lebenszeichen von Kazuya. Möglicherweise war er gar nicht zu Hause? Möglicherweise war er woanders hingegangen? Möglicherweise ignorierte er auch nur jedes Geräusch. Oder er war am Schlafen. Oder… oder… oder… diese vielen Möglichkeiten machten einen fertig! Koki blickte auf seinen Display. Es war schon relativ spät… aber… ob Kazuya wirklich schon am Schlafen war? Er bezweifelte es. Aber eine Lagebesprechung wäre nicht schlecht. Also wählte er Jins Nummer. Dieser ging auch sofort ran. „Und?“, wurde Koki begrüßt. Jin klang etwas… atemlos. „Er… öffnet die Tür nicht und geht nicht ans Telefon, vielleicht ist er nicht da“, murmelte Koki in den Hörer. „Oder er macht nicht auf und ignoriert‘s Telefon. Oder er schläft, oder…“, fasste Jin Kokis Gedanken noch einmal in Worte. „Oder so… ja“, stimmte Koki zu. „Fakt ist, wir kommen nicht ins Haus. Also…?“ Jin war Kazuyas bester Freund, er musste eine Idee haben was sie tun konnten. Musste einfach! Dieses verdammte schlechte Gefühl seit dem Telefonat… es wollte nicht verschwinden. „Ich hab die Schlüssel“, knurrte Jin ins Telefon. „Wir gehen da rein, schaun ob er da ist, und wenn nicht überlegen wir uns was Neues.“ Das war… erstaunlich (und erfreulich) einfach. Simpel. „Wir sind in ungefähr zehn Minuten da, bleib bei der Tür“, wies Jin Koki an und legte ohne ein weiteres Wort auf. Koki drehte sich zu der Treppe, die von Jin… erstürmt wurde, hinter ihm der schnaufende Nakamaru, der sich eine Seite mit schmerzverzerrten Gesicht hielt. Jin hatte bereits die Schlüssel zu Kazuyas Wohnung in der Hand, stopfte sie rigoros ins Schloss und drehte sie schnell um, drückte die Tür auf und stolperte ins Innere der Wohnung. Er sah, dass das Licht überall aus war. Dann… war er vielleicht doch nicht hier? Aber zuerst musste er sich vergewissern, das hieß noch gar nichts. Koki und Maru standen verlegen im Flur rum, Jin jedoch ging schleunig ins Wohnzimmer, sah, dass Kame nirgends war. Er bemerkte, dass irgendetwas anders war als sonst, konnte aber nicht genau sagen was… Jin hörte wie Koki und Maru sich leise unterhielten. Warum flüsterten sie verdammt nochmal? So ein Verhalten erinnerte ihn an eine Beerdigungsfeier oder, oder einen Besuch im Krankenhaus! Nicht den Besuch bei einem guten Freund! Jin schaltete das Licht an, warf einen Blick ins Schlafzimmer. Nichts. Nichts. Nichts. Wütend schlug er mit der Faust gegen die Wand. Hörte er erschrockenes „Jin!“ seitens Maru beachtete es aber nicht weiter. Blieb nur noch das Bad, Jin wollte durch den Türrahmen gehen, blieb aber mit dem Fuß an etwas hängen und wäre beinah zum zweiten Mal an diesem Abend voll auf die Fresse geknallt. Gerade noch rechtzeitig hatte er sich an der Wand abstützen können. Er blickte wütend gen Boden, wollte das Teil wegtreten was ihm beinah den Hals gebrochen hatte und keuchte erschrocken auf. „Kazuya!“ Schnell kniete er sich auf den Boden, hörte Maru und Koki Richtung Badezimmer rennen weil sie seinen Ruf gehört hatten. Maru machte das Licht an und Jin musterte besorgt die regungslose Gestalt am Boden. „Kazuya?“, fragte er nach, drehte Kame vorsichtig auf den Rücken. Er hatte die Augen geschlossen und sein Atem ging nur stoßweise, wurde immer wieder von Schluchzern unterbrochen. Er weinte… schien aber nicht zu bemerken, dass seine drei Freunde da waren… Schien überhaupt nichts mitzubekommen. „Was ist mit ihm?“, fragte Maru besorgt. Jin schüttelte den Kopf. „Weiß ich nicht… Kazuya, hörst du mich?“ Keine Antwort. „Soll ich einen Arzt rufen?“, schlug Koki hilfsbereit vor. Schweigen. „Keine Ahnung…“, antwortete Maru letztendlich nach einer gefühlten Ewigkeit. Schluckte den Kloß in seinem Hals runter. Oder versuchte es zumindest. Kazuya hustete auf, er hatte eindeutig Probleme Luft zu bekommen. Jin runzelte die Stirn. „Seitenlage“, keuchte Koki dann erschrocken auf. Jin und Maru starrten ihn nur verständnislos an. Aber ohne etwas zu erklären kniete nun Koki nieder und legte Kazuya auf die Seite. „Was zu Hölle…?“, setzte Jin an, aber Koki hob eine Hand. „Wenn eine Person bewusstlos ist… oder nicht ansprechbar… dann sollte man sie niemals, ich wiederhole, niemals auf den Rücken legen. Kann sein, dass sie an der eigenen Zunge erstickt.“ Jin lief ein Schauer über den Rücken. „Aber ist er denn überhaupt… bewusstlos?“ Koki kratze sich am Kopf. „Keine Ahnung… Arzt?“ Nun gab es nur eindeutiges Nicken und Maru ging um den Notarzt anzurufen. „Und ich denke wir beide tragen den Kleinen ins Bett, ist bestimmt gemütlicher als auf den Fließen zu liegen…“, schlug Koki vor, wollte Kazuya an den Beinen anheben doch Jin hatte ihn bereits hochgehoben. Also ging der Rapper aus dem Weg und Jin trug seinen Freund in dessen Schlafzimmer, legte ihn auf das Bett ab. „Der Arzt meinte in gut zehn Minuten sind sie da, wir sollen dafür sorgen, dass er nicht auf dem kalten Fußboden liegt und ein Auge auf Atmung und Herzschlag haben, wenn etwas unnormal ist dann erste Hilfe leisten“, sagte Maru während er das Schlafzimmer betrat. Jin nickte und kniete sich nebens Bett, betrachtete Kazuya, dem immer noch Tränen über die Wangen liefen. Jin strich sie weg. Aber sofort bildeten sich neue Rinnsale und nach einigen weiteren Versuchen ließ er es einfach bleiben. Es tat unheimlich weh… Kame so gebrochen zu sehen. Weswegen eigentlich? Wer hatte ihm das angetan? Koki blickte zuerst Kame dann Jin an. „Okay, spucks aus, was hast du angestellt?“ – „Ich?“, fuhr Jin empört hoch. „Nichts! Wenn ich erfahre wer schuld daran ist dann… dann reiße ich ihm eigenhändig alle Gedärme raus!“, knurrte er wütend. Koki warf Jin einen Blick zu. „Und wer sollte deiner Meinung das zu verantworten haben?“ – „Weiß ich noch nicht… aber… Kame ist schon seit einigen Tagen… traurig… und… wenn ich weiß… warum… ich schwöre ich mache die Person fertig… das hat er nicht verdient!“ Koki und Maru wechselten einen wissenden Blick. Blickten dann den Sänger an. „Also… soweit ich mich erinner hattest du bisher immer den größten Einfluss… auf Kamenashis Stimmung… also… und gerade eben war er bei dir… also…?“, versuchte Yuichi den Anderen vorsichtig auf die Tatsachen zu lenken. Und Jin verschlug es die Sprache. Möglicherweise… hatten sie Recht? Er ließ den Kopf hängen. „Wenn das stimmt bin ich ein noch miserablerer Freund als ich dachte“, schniefte er. „Dann habe ich nicht einmal bemerkt mit was ich Kazuya verletzt habe… noch schlimmer… denn… dann wüsste ich es immer noch nicht…“ Koki legte Jin beruhigend einen Arm auf die Schulter. „Mach dir nicht so viele Gedanken“, meinte er leise. „Vielleicht liegen Yuichi und ich auch falsch… und wenn nicht… Kame kann dir nicht böse sein. Und das weißt du. Ihr werdet euch wieder verstehen. Und du wirst herausfinden was du falsch gemacht hast.“ Gut, ganz so aufmunternd wie sie sein sollte klang die Rede am Ende nicht. Aber… sie erreichte den Anderen. Urplötzlich drehte Maru sich um und ging aus dem Raum, die beiden zurückgebliebenen blickten ihm verdutzt hinterher. „Ich werde mich mal draußen hinstellen, damit der Arzt sofort weiß wo er hin muss“, erklärte Maru schnell während er sich im Flur die Jacke wieder überstreifte. Jin blickte Kazuya wieder an, und zuckte zusammen als dieser plötzlich die Augen öffnete und zurückschreckte. „Jin?!“ Er klang ungläubig und zugleich hoffnungsvoll. Jin nickte ihm zu. „Koki und Maru sind auch hier.“ Er deute auf den Rapper der mittlerweile auch aufgestanden war. „Na du? Weißt du eigentlich wie viele Sorgen wir uns deinetwegen gemacht haben?“ Kazuya schüttelte stumm den Kopf, wischte die Tränen (ebenso erfolglos wie Jin einige Minuten früher) weg. „Was macht ihr hier… wie… wie seid ihr reingekommen?“ Jin hob seinen Schlüsselbund. „Maru hatte angerufen… er meinte… du seist komisch gewesen… kann ich ihm nur beipflichten übrigens… und da haben wir beschlossen dich zu suchen…“ Kazuya nickte. Plötzlich klingelte es an der Tür und Koki ging sie schnell mit einem „Der Arzt!“ öffnen. Kazuya runzelte fragend die Stirn. Jin setzte sich neben ihn. „Wir haben einen Notarzt angerufen… als wir dich scheinbar… bewusstlos im Bad gefunden haben…“, erklärte er leise. Kazuya nickte. Er sah so verletzlich aus. Sie hörten drei Stimmen im Flur und blickten auf als Maru und Koki mit einem fremden Mann im Schlepptau wieder das Schlafzimmer betraten. „Also, wen soll ich einmal gründlich durchchecken?“, fragte er freundlich nach. Alle zeigten Richtung Kazuya, der sich tiefer in sein Bett kuscheln wollte. „Würden Sie dann bitte draußen warten?“, wandte der Arzt sich an die drei Freunde, welche sich auch sogleich erhoben und im Wohnzimmer verschwanden. Sie setzten sich auf die Coach und warteten ungeduldig. Jin versuchte herauszufinden, was ihm nicht passte… er warf einen Blick durch die Tür in die Küche und sah, dass einer der Schränke offen stand. Seufzend stand Jin auf um besagten Schrank zu schließen, gerade als er seine Hand an der Tür hatte stutzte er und öffnete den Schrank wieder ganz. Hier bewahrte Kame seine Medikamente auf. Ein ungutes Gefühl beschlich Jin und er holte sich einen Stuhl, stellte sich drauf um besser den Inhalt untersuchen zu können. Nach fieberhafter Suche stand es fest. Sie waren weg. Entweder hatte Kame sie umgelegt… aufgebraucht oder… nein… das konnte sich Jin nicht vorstellen, warum sollte er die Medikamente wegschmeißen? „Alles okay Jin?“, hörte er Koki von hinten sagen. „Sie sind weg…“, murmelte Jin, nicht realisierend, dass der Rapper so gar keine Ahnung hatte wovon sein Freund da schwafelte. „Huh?“ – „Die Medizin, die Kazuya verschrieben bekommen hat ist weg…“ Jetzt öffnete Jin schnell die anderen Schränke. „Ist nicht dein ernst?“, erkundigte sich nun Maru. „Doch!“ Nun ergriff Panik besitzt von Jin, er war kurz davor die ganze Küche auf den Kopf zu stellen, als er von Maru zurückgezogen wurde. „Beruhige dich!“, brachte ihn der Ältere zur Vernunft. „Warte erst mal ab. Frag Kame! Das ist… in ein paar Minuten erledigt! Kein Grund zur Panik, abgesehen davon… meinte er nicht, dass er morgen eh einen Termin bei seinem Arzt habe?“ Jin stand stumm da. „Weiß ich nicht“, gab er dann zu. Koki seufzte. „Doch, hatte er uns am Telefon noch gesagt also… keine Panik, okay?“ Jin nickte. Koki runzelte die Stirn. „Mal abgesehen davon… du siehst scheiße aus. Alles okay?“ Jin lächelte gequält. „Alles in Butter“, log er dann, sah, dass er Koki und Maru nicht überzeugt hatte. Letztendlich seufzte er. „Ach, was solls… früher oder später muss ich es euch eh sagen…“ Er legte eine Pause ein. „Ich werde Vater…“ – „Was? Nein? Ehrlich? Herzlichen Glückwunsch!“, freute sich Koki und wurde von Maru in den Bauch geboxt. „Du siehst… nicht wirklich fröhlich aus?“, fragte er vorsichtig nach. Jin schluckte. „Naja… ich… denke nicht… dass ich für ein Kind… bereit bin. Außerdem… sah es fünf Minuten bevor Maiko mir sagte, dass sie schwanger ist… so aus als ob… Schluss wäre…“, murmelte er. „Oh… okay… das ist nicht so gut…“, stellte Koki dann fest. Blickte zum Boden. „Irgendwas… was man für dich tun kann?“, fragte Maru vorsichtig nach, Jin schüttelte den Kopf. „Nein, ist schon… ich muss mich nur an den Gedanken gewöhnen…“ In dem Moment ging die Schlafzimmertür auf und der Arzt trat heraus. „Und?“, wurde er gleich von drei Stimmen bedrängt. „Nun, es scheint jedenfalls keinen physischen Grund zu haben warum Kamenashi-san zusammengebrochen ist. Er hat mir jedoch gesagt, dass er Medikamente einnimmt, die den Blutdruck plötzlich senken können, was dann schon mal einen Kreislaufkollaps bewirken kann. Das wäre eine mögliche Erklärung.“ Der Arzt ließ seine Worte wirken. „Eine andere Möglichkeit ist Stress. Es gibt so gut wie nichts was nicht von Stress ausgelöst werden kann.“ Maru blickte skeptisch. „Er ist Stress gewohnt… und so etwas ist noch nie eingetreten.“ Der Mann lächelte freundlich. „Es gibt mehrere Stressfaktoren. Vielleicht kann Kamenashi-san einige davon sehr gut vertragen, andere jedoch weniger gut.“ Die drei blickten sich an. „Aha“, meinte dann Koki und fasste so die nicht vorhandenen Gedanken zusammen. Der Mann lächelte immer noch. „Ein paar Beispiele für Stressfaktoren?“ Sie nickten. „Nun, zuerst einmal, und das ist denke ich allen vollkommen klar, kann die Arbeit ein Stressfaktor sein, Zeitmangel, Tod eines Bekannten und so weiter und so fort. Etwas weniger bekannte Stressfaktoren wären Perfektionismus, die Anforderung an sich selbst ständig alles perfekt zu lösen oder als Beispiel ganz anderer Art, Unterforderung. Es gibt so viele Möglichkeiten… und wenn Kamenashi-san jetzt etwas neu belastet… kann es schon sein, dass er unter dem Stress zusammenbricht. Aber wie gesagt, das ist nur eine Theorie.“ Jin blickte zur Tür. Also… Medikamente oder Stress? „Was ist jetzt mit Kame?“, fragte er den Arzt. „Ich habe ihm ein Schlafmittel verabreicht, das wohl einige Stunden wirken wird. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden.“ Er verbeugte sich höflich und Maru begleitet den Mann noch zur Eingangstür. „Und was meint ihr?“, fragte er als er wieder zurückkam. Jin und Koki zuckten mit den Schultern. „Kann beides sein“, murmelte Koki letztendlich. Jin nickte zustimmend. „Also dann…“, begann Maru unbehaglich. Jin blickte die Wand an. „Willst du… noch reden… rüber zu mir kommen?“ Jin schüttelte den Kopf. „Nein ich denke… ich bleibe bei Kame…“, meinte er dann, Augen immer noch auf die Tür gerichtet. „Woher wusste ich das nur?“, murmelte Koki und gähnte. „Also, ich erwarte dann, dass ich keinen von euch beiden morgen sehe, okay? Wenns nötig ist fessel den da ans Bett.“ Bei ‚den da‘ deutete Koki auf die geschlossene Tür. Jin kicherte. „Ich werds mir merken.“ – „Na dann ist ja alles in Butter“, erwiderte Maru und zog Koki mit sich. „Bis bald!“ Kazuya öffnete die Augen. Stellte fest, dass sein Bett unglaublich stark zur anderen Seite geneigt war, drehte sich um und sah in Jins Augen. Mist. „Na aufgewacht?“ Kazuya setzte sich auf. „Geh“, bat er leise. Sah wie Jin die Stirn runzelte. „Kame, was…?“ – „Geh!“ Dieses Mal schrie er das eine Wort so laut er konnte. Er wollte Jin jetzt nicht sehen! Er wollte nicht schon wieder weinen. Seine Augen taten ihm immer noch weh vom gestrigen Abend. Alles tat ihm weh, sein Körper… sein Herz… Alles. Er konnte und wollte Jin jetzt nicht um sich haben. Nicht wenn… dieser… „Kazuya, alles in Ordnung?“ Kame blickte gerade noch rechtzeitig in Jins Richtung um den nach ihm ausgestreckten Arm zu sehen, schnell sprang er vom Bett, lehnte sich gegen die Wand. „Jin ich… bitte… lass mich in Ruhe… geh jetzt…“ Er sah, dass er den anderen mit diesen Worten verletzte. Unglaublich verletzte. Jin nickte dennoch. „Aber… beantworte mir bitte vorher eine Frage…“ Kazuya sagte nichts. „Was ist mit den Tabletten geschehen, die du in der Küche hattest?“ Kazuya seufzte. „In einem Anfall von geistiger Umnachtung habe ich sie weggeschmissen, zufrieden?“ – „Nein!“, schrie Jin los stand nun auch auf. „Verdammt, was hast du dir dabei gedacht?“ Kazuya blickte direkt in Jins Augen. „Glaub mir, das willst du nicht wissen. Du willst es nicht.“ – „Würde ich dann fragen, wenn ich es nicht wollte?!“ Aber Kazuya sagte nichts mehr. „Kazuya!“ – „Lass mich bitte in Ruhe…“ Jin schaute Kame an, sah wie… müde… fertig er war. „Ist alles okay?“ – „Was verstehst du nicht? Ist „Geh“ oder „Lass mich in Ruhe“ wirklich so… kompliziert? Jin, ich möchte, dass du auf der Stelle meine Wohnung verlässt, hast du das jetzt verstanden?“ Jin stolperte einige Schritte zurück. „Ich habe dich gehört, aber ich verstehe dich nicht, nein…“ – „Raus!“ Nach diesem Wort hörte man wie die Nachbarn gegen die Wand klopften. Sie sollten ruhig sein. „Und Sie halten sich da raus!“, brüllte Kame die Wand an. Jin zuckte zusammen. „Scheiße“, murmelte dann der Jüngere, ging zum Kleiderschrank, zog sich an und verließ die Wohnung. Jin folgte ihm, hatte Angst, dass Kazuya etwas dummes… etwas… bescheuertes tun würde. Und stellte überrascht fest, dass dieser bei den Nachbarn klingelte. Die Tür ging auf und eine Lawine von Beschimpfungen entlud sich auf dem Jüngeren, Jin wollte sich schon schützend vor diesen stellen als der Nachbar endlich zu einem Ende kam. Kazuya verbeugte sich und entschuldigte sich für was-auch-immer, wartete bis die Tür wieder ins Schloss fiel und ging in seine eigene Wohnung zurück. Schloss die Tür genau vor Jins Nase. Dieser wollte sie genervt öffnen, als er feststellen musste, dass die Schlüssel in seiner Jackentasche waren… die sich… klugerweise… in Kames Haus befand. Super. Noch besser, Kazuya öffnete die Tür nicht. Egal was er tat. Letztendlich kam sogar der Nachbar raus und bot Jin an ihn nach unten auf die Straße zu begleiten, wenn er nicht endlich still wäre. Jin starrte noch ein letztes Mal auf die Tür. Stellte fest, dass es wohl keinen Sinn hatte zu warten bis sich diese öffnen würde… und… verfluchte die Tatsache dass auch sein Handy in Kames Haus war. Frustriert setzte er sich vor die Tür. Er musste… wirklich dringend herausfinden… was mit Kame los war. Sonst würde er noch verrückt werden! Nach einigen Stunden öffnete sich die Tür wieder, Jin bekam davon nichts mit. Müde und hungrig wie er war… war er eben eingeschlafen. Er sah nicht, wie Kame mit Jins Jacke aus der Wohnung trat, vor ihm niederkniete und das Kleidungsstück neben Jin auf den Boden lag. Er sah auch nicht, wie Kazuya ihn einen Moment lang musterte, sich auf die Lippen biss, seufzte und sich etwas vorlehnte. Er spürte nicht wie Kame ihn küsste. Er spürte nicht wie Kazuya sich wieder von ihm wegbeugte. Das erste was er wahrnahm, war wie Kame ihn wachschüttelte. Jin schlug die Augen auf, verengte sie wütend und war kurz davor Kazuya zu schlagen. Richtig zu schlagen. Für die Art und Weise wie er sich verhielt. Dafür, dass er ihn ausgesperrt hatte, dafür, dass er ihn alleingelassen hatte. Aber er hielt sich zurück als er Kazuyas Gesichtsausdruck sah. Der Jüngere setzte sich neben Jin und winkelte die Beine an. „Es tut mir leid“, sagte er leise. Jin nickte. Beide wussten, das war genug. Jin zuckte vor Überraschung zusammen als Kazuya sich plötzlich an seinen Arm kuschelte. „Ich habe sie wieder getauscht“, meinte Kame traurig. Jin runzelte die Stirn. Er hatte das Gefühl etwas Entscheidendes nicht mitbekommen zu haben. So als… wäre er in der Mitte eines Filmes wieder aufgewacht. Nun vielleicht war er das ja auch. In der Mitte einer Handlung wieder aufgewacht… „Was meinst du?“, erkundigte er sich. „Die Schlüssel… ich habe die Schlüssel wieder getauscht.“ – „Welche Schlüssel verdammt nochmal? Drück dich klarer aus!“ Okay. Er war immer noch sauer. Wenigstens zog er seinen Arm nicht weg… Kazuya seufzte. Er klang kraftlos. „Die Haustürschlüssel. Ich hab mir meinen wieder genommen und dir deinen zurück an den Bund getan.“ Jin drehte den Kopf zu Kame. Glaubte sich verhört zu haben. „Warum?“, fragte er misstrauisch, knurrte fast. Kazuya drückte seinen Arm fester. „Wegen ihr… euch… ich glaube nicht… dass es ihr gefallen würde… wenn…“ Kazuya verstummte. Jin schluckte sein Unbehagen runter. „Aber…?“, fragte er kläglich nach. Er merkte, dass Kazuya wieder zu weinen angefangen hatte. Er legte seinen Kopf auf den des Jüngeren, schloss die Augen. „Ich glaube ich muss mal zu ihr… besprechen was wir jetzt machen… wollen.“ – „Wann wollt ihr zusammenziehen?“, murmelte Kame leise. Jin schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung…“ – „Dann solltet ihr vielleicht darüber reden… und… ach, ist auch egal.“ Langsam löste sich Kame wieder von Jin. „Mist, in letzter Zeit heule ich viel zu häufig“, lachte Kame gequält auf und wischte sich wieder die Tränen weg. „Ja“, stimmte ihm Jin zu. „Dabei sollte ich doch derjenige sein der mehr heult.“ Kazuya verkrampfte sich neben ihm. „Vielleicht.“ Jin guckte ihn an. „Was meinst du mit vielleicht?“ Kame zuckte nur mit den Schultern. „Das was ich auch gesagt habe, vermutlich.“ – „Ich verstehe dich nicht“, gab Jin seufzend zu. Der Kleinere gab nichts mehr von sich. „Jin?“ – „Hm?“ – „Heute ist Freitag…“ Jin runzelte die Stirn. „Ja, und?“ – „Ich denke… also ich weiß, dass du es wahrscheinlich nicht mehr möchtest… aber ich will Maiko kennenlernen.“ Jin schnappte nach Luft. „Was?“, fragte er ungläubig nach. Kame starrte an die Wand neben seiner Wohnungstür. „Gibt kein Drumherum mehr, oder? Sie… wird jetzt bei dir bleiben… und… wenn das eh der Fall ist… dann will ich sie wenigstens ein Mal getroffen haben.“ – „Aber doch nicht jetzt!“ Rief Jin geschockt aus. „Warum nicht?“ Super. Jetzt fing Kame das Schmollen an. „Weil… weißt du wie… merkwürdig es ist… jetzt?“, versuchte Jin sich zu erklären. Kame seufzte. „Vielleicht hast du recht…“, gab er dann widerstrebend zu. „Dann lass uns wenigstens was essen gehen“, forderte Kame ihn auf, stand auf und streckte Jin seine Hände hin um ihm aufzuhelfen. Jin ergriff sie und ließ sich hochziehen. Jin stand nervös vor Maikos Haustür. Kazuya hatte ihn noch bis hierher begleitet, aber die letzten fünf Minuten ihrer gemeinsamen Zeit hatte er nichts mehr gesagt. Jin konnte die Anspannung die den Anderen umgeben hatte immer noch neben sich spüren… Lustlos klingelte er und wartete darauf, dass Maiko ihm die Tür öffnete. Und wartete. Und… wartete. Und klingelte nochmal. Mit demselben Ergebnis. Jin raufte sich die Haare. Zuerst Kame, und jetzt auch noch sie? Na gut, er hatte ja jetzt Übung. Also ging er neben der Tür in die Hocke und lehnte sich an die Wand. Er konnte warten. Nach nur zehn Minuten wusste er warum sie die Tür nicht geöffnet hatte. Sie kam vom Einkaufen zurück. Sie verzog keine Miene als sie Jin sah, schloss auf und ließ ihn ebenfalls eintreten. Jin setzte sich hin und sah zu wie sie die Einkäufe auspackte, wortlos. „Was willst du hier?“, fragte Maiko als sie fertig war und sie sich schon seit geraumer Zeit anschwiegen. „Nichts. Reden. Planen.“ Sie rollte mit den Augen. „Dein „Nichts“ umfasst ziemlich viel, findest du nicht?“, fauchte sie. Jin nickte. „Ich… wollte wissen wie wir das mit dem Zusammenleben regeln wollen. Wann wir es unseren Eltern sagen…“, setzte er an. Stand auf und machte sich einen Kaffee. Maiko sah ihm dabei stumm zu. „Je eher wir uns daran gewöhnen, desto besser, findest du nicht?“, fragte sie nach. Jin nickte. „Damit später nicht die Fetzen fliegen“, murmelte er. Maiko lachte. „Das werden sie wohl so oder so. Aus dem einen oder anderen Grund. Daran führt in keiner Beziehung ein Weg daran vorbei.“ Jin schluckte. Beziehung… Hatten sie überhaupt noch eine? Er goss das heiße Wasser in die Tasse und stellte sie auf den Tisch, holte sich einen Löffel und rührte um. „Also?“, nahm er den Faden wieder auf. „Wie… bald ist bald?“ – „Meinst du jetzt unsere Eltern oder das Zusammenziehen.“ Er seufzte. „Beides.“ Jin schluckte den Klos runter, der seinen Hals besetzt hatte. Er klammerte sich an die Tasse. Er hatte Angst vor der Antwort, wollte aber ihr die Entscheidung überlassen. Sie war diejenige, die mehr leiden musste… „Ich denke… wir könnten dieses Wochenende bei unseren Eltern vorbeischauen… ich habe meiner Mutter schon gesagt, dass ich ihr jemanden vorstellen will.“ Sie schaute Jin so an, als erwartete sie von ihm, dass er genau dasselbe auch bei seinen Eltern schon getan hatte. Fehlanzeige. Da er nichts sagte fuhr sie nach einer angemessenen Pause fort. „Sie hat diesen Sonntag Zeit“, informierte Maiko ihn. Jin nickte. Eigentlich… hatten sie an dem Tag wieder eine Besprechung mit der Band… aber sie würden ihm sicherlich nachsehen, wenn er sich einen Tag frei nahm… „Ich denke ich kann mir das Wochenende frei nehmen…“, sagte Jin dann vage. „Also… besuchen wir morgen deine Eltern?“ Jin nickte schwach. Er würde seine Eltern schonend darauf vorbereiten müssen was sie erwartete… Er hoffte, dass sein Vater ihn nicht köpfen würde. Das traute er ihm durchaus zu… und seine Mutter? Würde sich möglicherweise freuen, dass er eine feste Beziehung hatte. Er fragte sich, ob sie erkennen würden… dass es außer dem Kind nichts mehr gab, was sie verband… Vielleicht… vielleicht aber auch nicht… „Wegen des Umzugs… Zusammenziehens… da… ich weiß nicht…“, murmelte Maiko unentschlossen vor sich hin. „Wer soll zu wem ziehen? Suchen wir uns etwas ganz Neues? Oder…“ Jin verstand diese Sorgen nur zu gut. Er selber hatte sich auch schon deswegen etwas Gedanken gemacht, aber gehofft, dass sie etwas zu dem Thema sagen würde. Dass es nicht seine Entscheidung werden würde… Letztendlich seufzte er. „Ich denke es reicht völlig wenn einer von uns zu dem Anderen zieht, meinst du nicht auch?“ Maiko nickte. „In dem Fall…“ Sie stoppte, guckte Jin in die Augen. „Ich möchte hier bleiben. Ich will nicht zu dir ziehen.“ Jin nickte. „Und… wann soll ich meine Sachen anfangen rüberzubringen?“ Maiko blickte auf einen Kalender der an der Wand hing. „Wie wäre es… mit nächster Woche?“ Jin fügte sich in sein Schicksal und nickte. Es fühlte sich an als wären seine Innereien lebendig und würden sich durch seinen ganzen Körper schlängeln. Spätestens jetzt gab es keinen Weg mehr zurück. Kapitel 4: Kapitel 4 – Outbreak ------------------------------- „a sudden violent spontaneous occurrence (usually of some undesirable condition)” Jin blickte sich in seiner leeren Wohnung um. Er hatte bereits den Vertrag gekündigt, seine Hunde zu seinen Eltern gebracht (er konnte sich nun in etwa vorstellen wie Kame sich gefühlt hatte als er Ran-chan abgegeben hatte… es brach einem schier das Herz), die Möbel verkauft, die er nicht mehr brauchte, einige Sachen verschenkt… er war froh, dass die Anderem ihm geholfen hatten. Dabei hatten sie auch Maiko kennengelernt. Nun, Freunde würden sie vielleicht irgendwann werden. Vielleicht. Nur Kame und Maiko kamen… gar nicht miteinander aus… Jin seufzte… es würden schwere Zeiten auf ihn zukommen. Sehr schwer… Kazuya hatte einige Tage zurück in die Klinik gemusst, nachdem der Arzt herausgefunden hatte, was mit den Tabletten passiert war. Zwangseinweisung. Er war eine Woche dort geblieben. Als er wieder raus kam… waren Jins Eltern bereits darüber informiert worden, dass sie Großeltern werden würden und der Umzug war schon im vollen Gange. Er hatte sich dann dem Rest der Band angeschlossen und Jin beim Sachen transportieren geholfen. Hatte ihm geholfen sie bei Maiko unterzubringen und den überflüssigen Kram zu sich genommen. Hatte versucht sich mit Maiko zu verstehen… doch von ihrer Seite schlug ihm nur Abneigung entgegen… also ließ er es bleiben und zeigte ihr ebenfalls die kalte Schulter. Jin würde damit leben können… Ein letztes Mal schaute er sich in den Zimmern um und schloss dann die Tür hinter sich, gab dem Hausmeister die Schlüssel und ging nach unten. Zeit um zu Maiko… zu sich nach Hause zu fahren… Dort angekommen stellte er fest, dass sie nicht da war. Mittlerweile was das häufiger der Fall. Er sah sie kaum… War wahrscheinlich auch besser so… so würde er sich entspannen können… morgen war der erste Tag seit zwei Wochen an dem er wieder würde arbeiten müssen. Nun kamen die Konzertvorbereitungen in die heiße Phase. Tanzschritte einstudieren, bis zum erbrechen immer und immer wieder würden sie die Reihenfolge wiederholen müssen, würden mit der Band üben müssen, bis ihr Timing stimmte, bis die richtigen Lieder zur richtigen Zeit gespielt wurden. Sie würden die Technik einweisen müssen und… Jin raufte sich die Haare. Gut, Konzerte waren wunderbar. Einfach einmalig… aber die Vorbereitung raubte einem den letzten Nerv. Lustig war auch immer das „Umziehen“ welches innerhalb weniger Minuten gelingen musste. Also… musste es auch geprobt werden… Jin legte sich auf die Couch und schlief ein. Er wollte nicht in dem Bett schlafen… da er wusste, dass Maiko sich früher oder später dazulegen würde… und es ekelte ihn einfach nur noch an… wenn er daran dachte, dass sie neben ihm schlafen würde… Koki rutschte unbehaglich auf dem Sofa herum. Er erinnerte sich noch ganz genau, was das letzte Mal passiert war, als Kame ihn und die anderen aufgefordert hatte mit ihm trinken zu gehen. Er betete zu allen Göttern, dass es diesmal anders laufen würde. Wenigstens etwas anders… ohne… komische Typen die sich an Kame ranschmissen. Er las den anderen aus den Gesichtern ab, dass sie ähnliche Gedanken hegten. Vor allem, da sie wirklich alle das Gefühl hatten dass… Maru beugte sich zu Koki. „Liegt‘s an mir oder sieht Kazuya so aus… als würde er aus Frust saufen?“, flüsterte er kaum hörbar und sah erstaunt/besorgt zu wie Kame sein… gut und gerne zwölftes Glass in den zwei Stunden, in denen sie nun hier saßen, leerte . Koki zuckte mit den Schultern. „Vielleicht“, flüsterte er zurück, sah mit großen Augen zu wie Kame sein Glas nachfüllte. Mit Wodka. Pur. Als Kame das Glas wieder hob hielt Ueda ihn am Arm fest. „Meinst du nicht… dass es reicht… fürs erste?“, erkundigte er sich vorsichtig, befreite mit seiner freien Hand das Glas aus Kames Griff und stellte es auf die Tischplatte. Kame hickste. Legte den Kopf auf den Tisch. Schaute von unten zu Ueda hoch. „Ich will aber noch“, schmollte er wie ein Kleinkind und langte (unbeholfen) nach dem Glass. Ueda schob es aus Kames Reichweite. Daraufhin schob der Jüngere die Unterlippe vor. „Tat-chan ist gemeiiiin~“, stellte er lallend fest. Ueda runzelte die Stirn. „Du bist… voll“, versuchte er seine „Gemeinheit“ zu erklären, aber Kazuya hörte ihm nicht zu. „Ne~, ne~ Taguchiiii~ gibst du mir das Glas?“, fragte er mit Hündchenaugen Junno. Dieser blickte hilfesuchend zum Rest der Band. Er war nicht erstaunt als er feststellte, dass ausnahmslos alle energisch den Kopf schüttelten. „Ehm… ich denke… du hattest genug…“ Kame schmollte. „Gemein, gemein, gemein, gemein~“, murrte er ohne Unterlass. Seine vier Freunde versuchten es auszublenden. Irgendwann reichte es Koki. „Okay, wir haben es verstanden, wir sind alle blöde, gemeine, hinterlistige, fiese Kerle, okay?“, knurrte er den Jüngsten an, der diesen Ausbruch mit einem Grinsen quittierte. „Ich hab Durst“, jammerte er aber gleich wieder los. Koki schob ihm ein Wasserglas hin. „Dann trink das hier.“ Kame blickte Koki an als sei er geistesgestört. „Will nicht.“ Eindeutiges Statement dem nichts hinzuzufügen war. Koki zog das Glas wieder weg. „Alkohol kriegst du aber nicht mehr!“ Und Kazuya hatte die Nerven einfach so, ohne Ankündigung, loszuheulen! Die vier starrten überrascht auf Kame. „Ihr habt mich alle nicht lieb!“, stellte er mit einer Endgültigkeit fest, dass sie sich sorgen machen würden… wenn er nicht total besoffen wäre… Ueda rollte mit den Augen. „Erinnert mich daran nie wieder zuzusagen, wenn Kame trinken gehen will, ja?“, bat er den Rest der Band sarkastisch, beugte sich dann zu Kame und strich ihm beruhigend über den Rücken. „Doch, haben wir, das weißt du auch.“ – „Nein… gar nicht!“, meinte Kame und weinte weiter. Maru blickte an die Decke, als wären dort alle Weisheiten des Universums zu finden. Koki stützte seinen Kopf ab. Wartete, dass Ueda Erfolg haben würde. „Doch“, meinte Tatsuya. Lächelnd, gewinnend. Kame guckten ihn aus großen Augen an. „Ja?“, schniefte er. „Aber immer doch“, lächelte Ueda. „Du hast mich lieb?“ – „Mhm.“ Und schon fand er sich in Kames Armen wieder. „Ich mag dich auch Tat-chan.“ – „Freut mich“, würgte besagter hervor, löste Kazuya vorsichtig von sich (nicht, dass das Theater wieder von vorne losging…). Kame blickte auf die gegenüberliegende Tischseite, wo Koki, Maru und Junno saßen. Verschwörerisch beugte Kazuya sich wieder zu Ueda. „Und die haben mich auch lieb?“, fragte er nach, wollte sich vergewissern. Ueda lächelte ihm zu. „Fragen wir sie doch einfach“, schlug er vor, guckte nun auch die drei an. „Ne~, ne~ habt ihr Kazu-chan auch lieb?“, fragte Kame mit kindlicher Stimme nach. Sofort beteuerten alle drei, dass sie den Bandjüngsten sehr gerne hatten. Kazuya lächelte, aber fast sofort kamen wieder Gewitterwolken und brachten den Regen. Ueda blickte die Anderen verzweifelt an, aber sie wussten auch keinen Rat. „Kazuya… was ist denn jetzt?“, erkundigte sich Junno freundlich. „Jin mag mich nicht…“, schluchzte Kame und ließ den Kopf wieder auf den Tisch sinken. „Doch, das tut er bestimmt!“, rief Koki aus. Hand zur Faust geballt. „Nein, er hat mich nicht lieb“, meinte Kazuya traurig, bestimmt. Setzte sich auf und rieb die Tränen weg. Lächelte Koki an… und schnappte sich in dem Moment das Wodkaglas und leerte es schnell. Ueda starrte Kame an. Er hatte sie dummdreist zum Narren gehalten! Sobald das Glas leer war setzte er es ab und spielte mit ihm herum. „Jin hat mich nicht lieb“, murmelte er noch einmal leise. Koki verdrehte die Augen. „Noch einmal fallen wir nicht darauf rein“, knurrte er. Kame lächelte ihm traurig zu. „Aber es stimmt.“ Er schluckte den Klos runter, der sich im Hals angesammelt hatte. Sein Magen verkrampfte sich schmerzhaft wenn er nur an Maiko… an Jin… an ihr Kind dachte… „Er hat mich allein gelassen“, hickste er. Und fing diesmal wirklich an zu weinen. „Ach, Mist“, schniefte er. „Er… er wird nicht mehr zurückkommen“, sagte er lachend während die Tränen immer noch seine Wangen runter kullerten. Ueda legte ihm einen Arm um die Schulter, sagte nichts. Wartete bis Kame sich beruhigt hatte. Grund des Frustsaufens erkannt. Natürlich… war es eine merkwürdige Situation für alle… aber… „Er hat dich doch nicht allein gelassen“, sagte Ueda verständnisvoll. Kame schniefte. „Er ist weggegangen. Weitergegangen. Ohne mich… das ist dasselbe…“ Kame wischte die Tränen weg, schubste Ueda (etwas härter als beabsichtig) von sich. „Ich will trinken“, stellte er fest. „Ich denke nicht… dass das so eine gute Idee ist“, murmelte Yuichi und versuchte (unauffällig) die Wodkaflasche aus Kames Reichweite zu rücken. „Ist mir scheißegal, ich will nicht an den Idioten und seine… seine… blöde, beschissene Schlampe denken“, fauchte Kame und nahm die Flasche in seinen Besitzt. Er schien einen Moment nachzudenken (diesen Moment nutzte Ueda um das Glas zu verstecken) und setzte dann die Flasche einfach an seinen Mund und trank aus ihr. „Kame!“, schrien die vier im Chor. Ueda entwand ihm die Flasche und stellte sie auf den Boden. Seufzte auf. Warum. War. Dieser. Abend. Noch. Nicht. Vorbei? In dem Moment spürte er eine Faust in seinem Gesicht. Verdutzt blickte er in Kames Richtung. Der Schlag war nicht präzise oder stark aber… Ueda blickte Kame wütend an, hob selber die Hand, ballte sie zur Faust…. Und hatte wieder Kazuya als modischen Schmuck um den Hals hängen. „Es tut mir leid“, murmelte er wie in einem Mantra. Schluchzte wieder auf. Koki beugte sich über den Tisch. „Kame…“, flüsterte er. „Du… du liebst… ihn, oder?“ Kame lachte bitter auf. „Den Volldeppen?“ Schluchzte wieder. Sagte nichts. Aber das war auch Antwort genug. Langsam schien in seinem alkoholumnebelten Hirn die Information angekommen zu sein, was er da… verraten hatte. „Nichts sagen“, flüsterte er dann leise. Flehend. „Wenn Jin… oh Gott…“ Ueda legte seine Arme langsam um den Anderen. „Jetzt hasst ihr mich sicher“, lachte Kazuya freudlos auf. „Warum sollten wir?“, fragte Maru nach. „Meint ihr… ich bin blöd?“, hickste er dann. „Ich hab… ich hab doch gesehen, wie ihr mich angeguckt hab… als… als ich mit dem Typen geknutscht hab. Und ich es toll fand!“ Das letze Wort schrie er fast. Die anderen zuckten zusammen. „Es ekelt euch an! Ihr seid… ihr seid…“ Er riss sich von Ueda los, stand auf und bahnte sich einen Weg vom Tisch weg durch irgendwelche tanzende Paare. Es dauerte vier Sekunden in denen die Zurückgeblieben nicht wirklich realisierten was passiert war. Zwei weitere um aufzuspringen. Und in diesen insgesamt sechs Sekunden hatte Kame es geschafft wie spurlos zu verschwinden. „Fuck“, fasste Koki den Gedankengang aller treffend zusammen. Ohne sich abzusprechen gingen sie in verschiedene Richtungen um den Jüngsten zu suchen. Koki fand ihn kurz darauf in einer… nun, sagen wir einfach es war gut, dass Koki derjenige war der Kame in dieser doch… ziemlich eindeutigen Stellung mit irgendeinem anderen Typen fand. Fest umschlugen… Hemd… wohl irgendwo verloren und… Koki konnte nicht genau sagen wessen Zunge wo drin steckte. Ob Kames nun in dem Mund von dem Typen oder… umgekehrt… Weniger gut an der ganzen Situation war… dass er nicht wusste was er machen sollte. Gebannt schaute er zu wie der Kerl seine Hand über Kames Oberkörper gleiten ließ, der Hose immer näher kam… Koki schluckte. Gut, nun hatte er einen Grund. Sowas… machte man nicht auf einer öffentlichen Tanzfläche. Erst Recht nicht dann, wenn man ein Idol war. Er sammelte all seinen Mut zusammen, ging auf die beiden Figuren zu (die locker als eine durchgegangen wären, so nah waren sie aneinander dran), packte den Jüngeren an der Schulter, quetschte seinen freien Arm zwischen die Oberkörper der beiden und zwängte sie auseinander. Er hoffte bloß, dass bei dieser Prozedur niemanden die Zunge abgebissen wurde. Kame ließ sich mit relativ wenig Gegenwehr zur Seite schieben, aber der andere Typ war unglaublich penetrant. „Hey! Wer bist du denn? Lass uns doch Spaß haben!“, meinte er in einem sehr unfreundlichen Tonfall. Koki stellte sich beschützend vor Kame. Der sich versuchte am Rapper vorbei zu mogeln. Ja, das war doch die Höhe! Er hob seinen Arm und blockierte so den Weg für den Jüngeren. „Zufälligerweise… eh…“ Koki war noch nie gut in Notlügen. Vor allem nicht in so einer Situation. Kazuya piekte ihn von hinten ständig in die Seite, in der Hoffnung Koki wegzubewegen. Ohne Erfolg. Es war nicht… fördernd, dass der Typ der mit Kame… rummachen wollte eindeutig größer und stärker war als der Rapper. „Zufälligerweise ist das hier mein Bruder!“, stellte Koki mit möglichst viel Zuversicht fest. „Was quatscht du da für einen Blödsinn, bin ich nicht“, nuschelte Kame, hoffentlich nicht laut genug für diesen Bodybuilder. „Ja und? Ist dein kleiner Bruder nicht alt genug um selber zu wissen was er will?“, meinte er bedrohlich und trat etwas näher. „Koki~“, meinte Kazuya in just dem Moment hinter ihm. Koki schluckte. „Er… er weiß nicht… er ist betrunken!“, stellte Koki fest. Das war eine Tatsache die konnte man nicht leugnen. „Bin ich nicht!“ Okay. Man konnte es versuchen. „Bist du wohl, du bist sturzbesoffen, sonst würdest du dich niemals auf so einen… Kerl einlassen!“, belehrte Koki ihn in einem Tonfall der für ältere Brüder reserviert ist, wenn sie mit ihren eindeutig betrunkenen jüngeren Brüdern reden. Oder so. „Ich will aber“, maulte Kame, der… nun überhaupt wie ein Kleinkind klang. Koki fragte sich wo der Rest blieb, da der Typ wieder einen Schritt näher kam und nicht so aussah, als würden ihn ein paar Worte aufhalten. „Da hast dus gehört. Er will mich aber.“ Seine Stimme klang fast wie ein Schnurren. Wenn er kleiner und überhaupt niedlicher wäre… Es klang so als würde ein Tiger versuchen nett zu klingen während er sein Junges vor einem Raubtier verteidigt. Also… ziemlich… angepisst. „Er… er weiß nicht was er sagt“, verteidigte Koki seinen kleineren Bruder. „Koki, ah, Gott sei Dank, du hast Kame gefunden ich…“ Junno verstummte. Schaute den Bodybuilder an. „…hole Tatsuya“, beendete er galant seinen Satz und tauchte wieder in der Menge unter. Koki wollte ihm hinterherschreien, dass er sich gefälligst beeilen soll… aber da war der Sonnenschein auch schon weg. Koki blickte zu dem Kerl auf. „Wenn ich du wäre würde ich jetzt gehen“, schlug er freundlich vor, drängte Kazuya etwas zurück. „Was… wenn deine Verstärkung eintrifft?“ – „Bevor sie eintrifft“, hüstelte Koki. Danach war es egal ob der Typ blieb oder weg ging… wenn er jedoch beschloss vorher eine Schlägerei anzufangen… hatte Koki schlechte Karten. Leider… hatte er vor vorher schon die Fäuste sprechen zu lassen. Unter dem ersten Schlag duckte Koki sich weg, der zweite traf ihn frontal in die Brust raubte ihm den Atem. Der nächste Schlag sollte wohl seinem Kopf gelten, aber Kame hatte sich gegen den Bodybuilder gestemmt und es geschafft ihn ein paar Schritte zurückstolpern zu lassen. Den ließ das unbeeindruckt. Er änderte seine Taktik, griff Kame in die Haare und schmiss ihn gegen eine Wand. Koki rappelte sich auf, sah gerade noch wie Kame gegen die Wand geklatscht wurde und trat dem Mistkerl in den Unterschenkel, er knickte kurz weg, holte erneut aus und fand eine Faust in seiner Wange wieder. Ueda war gekommen. Mittlerweile hatte sich eine Menschentraube um sie gebildet, Anfeuerungsrufe erschollen durch den gesamten Laden. Und dann… oh Wunder… tauchte wie aus dem nichts die Security auf. Koki schloss die Augen als sie sich zwischen die Kämpfenden stellte. Das war… schlecht. Sehr schlecht. Es waren schon Menschen aus Johnnys Entertainment geflogen, nur weil sie zu viel getrunken hatten. Jetzt hatten sie die Situation… dass einer ihrer Bandmitglieder eindeutig zu viel intus hatte… und zwei sich mit einem… irgendeinem dahergelaufenen Typen geprügelt hatten… der zu allem Überfluss… mit dem betrunkenen Bandmitglied… Er öffnete die Augen, tauschte einen Blick mit Tatsuya und wusste, dass dieser genau das Gleiche dachte. Sie saßen sowas von in der Patsche… Jin setzte sich auf dem Sofa auf, streckte seine schmerzenden Glieder. Sah, dass Maiko ihm eine Zeitung auf den Tisch gelegt hatte. Schlug sie auf. Und erstarrte. Schlägerei in Bar KAT-TUN rastet aus Jin atmete tief ein. Das… konnte doch nur ein schlechter Scherz sein? Er starrte für einige Momente sprachlos die Zeitung an. Erwartete fast, dass jemand „April, April“ rief und sich freute, dass er auf diesen… Mist hereingefallen war. Aber es passierte nicht… Also las er weiter. „Tanaka Koki… Ueda Tatsuya… wehrlosen Mann angegriffen… Grund des Streites unklar… Kamenashi Kazuya ebenfalls verwickelt…“, murmelte er beim Lesen. Tastete automatisch nach seinem Handy, das neben ihm zu liegen hatte. Immerhin hatte es ihn geweckt. Als er den letzten Absatz erreichte („Zur Zeit laufen noch die Untersuchungen der Polizei“) fand seine tastende Hand endlich das gute Stück. Wie von Sinnen tippte er Kames Nummer ein. Und fand heraus, dass dieser sein Handy immer noch ausgeschaltet hatte! Er versuchte es auf dem Festnetz, hatte die Hoffnung schon aufgegeben, als ein Klicken zeigte, dass der Hörer abgenommen wurde. „Kamenashi?“, hörte er Kazuyas Stimme aus dem Telefon. Müde. Fertig… schuldig… „Kame? Ist alles okay? Ich hab gerade die Zeitung gelesen und… das ist doch eine Lüge oder? Ich mein, warum sollten Koki und Tatsuya sowas tun? Und dir geht’s doch auch gut? Sag mir, dass es ne Zeitungsente ist. Bitte! Ach Mist, sag überhaupt was!“ Er plapperte noch eine Weile weiter, bis ihm auffiel, dass Kame eher nichts sagen konnte, solange er ihn nicht zu Wort kommen ließ. „Also? Sag schon“, deutete er an, dass er nun die Klappe halten würde. Kame schwieg eine Weile. Dann holte er Luft. „Doch, es gab eine Schlägerei“, sagte er kläglich. „Koki und Tat-chan… sie müssen heute mit Johnny-san darüber sprechen… wird… noch entschieden… was es für Konsequenzen geben wird… und… naja… ich muss auch noch mit ihm reden“, schloss er kleinlaut. „Du? Warum? Da stand zwar, dass du beteiligt warst aber… schuld waren doch…?“ – „Nein!“, unterbrach Kame ihn heftig, wütend. „Koki und Tatsuya trifft keine Schuld! Ich habe mich dämlich benommen und sie haben mir nur geholfen!“, fauchte Kame in den Hörer. Jin zuckte zusammen. „Du?“, fragte er misstrauisch nach. Er konnte sich nicht vorstellen, dass Kame, Kazuya (!) eine Schlägerei anfing. „Ja, ich… meinetwegen“, er hörte wie Kame versuchte sich zu sammeln. „Wir müssen Schluss machen… ich muss zu Johnny-san… er darf nicht… ich ruf dich später an…“, murmelte Kazuya zusammenhangslos. „Kame!“, rief Jin noch in den Hörer. „Ja?“ – „Ich kann dich letztens nicht mehr auf dem Handy erreichen…?“, erkundigte sich der Ältere schnell, wollte ihn in Reichweite wissen wenn was wäre. „Es ist kaputt“, sagte Kame rasch. „Aber… ich muss jetzt wirklich…“ Jin hörte ein Klingeln. „Das ist Koki, bis später!“ Jin hörte wie Kame auflegte. Wütend schlug er mit der Hand auf die Couch. „Verdammte scheiße!“, rief er aus und sprang auf. Er musste irgendetwas tun, sonst würde er durchdrehen! Also… beschloss er zu Johnnys Entertainment zu fahren. Eigentlich sollten sie sich da ja auch heute treffen… und ihm hatte niemand offiziell gesagt… dass das Treffen abgeblasen worden war und… ach, er brauchte doch gar keine Ausrede! Er musste wissen wie die Zukunft aussah, er musste wissen welche Sanktionen sie treffen würden… schnell zog er sich an, würgte eine Scheibe Brot runter und machte sich auf den Weg. „Wenn ihr drei mir also bitte sagen würdet was das sollte“, endete Johnny-san gerade seine imposante Rede. Besagten drei starrten lieber auf den Fußboden als ihrem Boss ins Gesicht zu blicken. Er war zwar für seinen Humor bekannt… aber sie kannten ihn auch anders. So wie jetzt. Ernst, unnahbar. Keiner der drei wagte etwas zu erwidern. „Oder wenn ein Vorschlag käme, was ich mit euch machen soll… Oder einen Wink mit dem Zaunpfahl was ich den Medien, der Polizei sagen soll. Jede Meinungsäußerung ist mir willkommen.“ Seine Stimme klang nach Zuckerbrot. Und Peitsche. Mehr nach Peitsche. Sie konnten nichts sagen. Sie wussten nicht was dieser Riese sagen würde… ob er etwas über… Kazuyas Interesse sagen würde. Und von sich aus… würden sie es niemanden auf die Nase binden, das hatten sie im Auto schnell abgesprochen, auch wenn Kame protestiert hatte, dass es immerhin alles seine Schuld war. Auch wenn er sich tausend Mal entschuldigt hatte, dafür wie es gekommen war, dass er gesagt hatte, er würde die ganze Bestrafung auf sich nehmen, dass sie keine Schuld treffe… Ueda hatte ihm gedroht, dass er gleich auch noch ihn vermöbeln würde wenn er nicht Ruhe gab. Sie seien Freunde, und als solche würden sie zusammenhalten. Egal was komme. Kame hatte noch versucht die beiden umzustimmen und da hatte Tatsuya ihn tatsächlich in den Bauch geboxt. Kazuya war ruhig geworden. Hatte nur noch ein „Danke“, herausgepresst und sich den schmerzenden Bauch gerieben. Und nun… standen sie da… und sagten nichts. „Ich warte!“, informierte sie Johnny-san, seufzte dann entnervt auf und ließ sich in seinen Stuhl sinken. „Euch ist klar, dass ich irgendeine Erklärung brauche, ehe ich euch gehen lasse? Und auch bevor ich eine Entscheidung treffen kann was passiert.“ Schließlich erbarmte sich Ueda der Situation. „Wir… waren zusammen in der Bar… alle, bis auf Akanishi-kun“, murmelte er leise. „Wir haben Kamenashi-kun aus den Augen verloren und sind ihn suchen gegangen…“ – „Wo warst du?“, fragte Johnny sofort Kame, der leicht zusammenzuckte. „Ich… ich… auf der Tanzfläche… etwas… den Alkohol abbauen…“ – „Was wohl auch bitter nötig war.“ Johnny bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. „Ich dachte ich habe dir schon vor Jahren gesagt, wie das mit dem Trinken und dir ist? Lass die Finger davon. Es war schon damals schwer genug deine Aussetzer zu vertuschen als ihr noch nicht so bekannt ward. Und jetzt?“ Johnny gestikulierte hilflos. „Nach ein paar Jahren wollte der Herr es wohl wieder versuchen?“, erkundigte er sich bedrohlich, angriffslustig. Kazuya schwieg und starrte immer noch auf den Boden. „Eine Schande!“, stellte Johnny fest und schnalzte mit der Zunge. Dann blickte er Ueda an. „Und weiter?“ – „Tanaka-kun hatte ihn zuerst wiedergefunden…“ Wieder wurde er von Johnny unterbrochen. „Und warum erzählst du dann? Tanaka! Aber bisschen plötzlich, was war los?“ Koki schluckte. Ja was war da los gewesen? „Ich wollte, dass Kame wieder zu uns kam. Dieser… Typ war davon nicht angetan, ich weiß nicht was er hatte… jedenfalls… als wir gehen wollten hatte er uns gegen die Wand gedrängt und… ich meinte er solle uns in Ruhe lassen, dass sicherlich gleich mehr Freunde kommen würden. Ich war dämlich.“ Koki flehte, dass der Bodybuilder nicht allzu sehr von dieser Version abweichen würde wenn er alles der Polizei erzählte. Was für eine Scheiße. „Naja, jedenfalls hat er sich davon nicht beeindrucken lassen. Zuerst dachte ich, dass es geklappt hatte… und dann hatte er mich schon geschlagen. Ich versuchte auszuweichen aber… wenn Kame…nashi-kun sich nicht gegen den Typen geworfen hätte, sagen wir es täte mir jetzt weitaus mehr weh…“, erklärte Koki, nun wieder auf dem sicheren Boden der Tatsachen. „Der… Typ hat Kame gegen die nächstbeste Wand geworfen, wieder nach mir ausgeholt und dann kam auch schon Ueda-kun. Ehe die ganze Situation eskalieren konnte haben die Sicherheitsleute eingegriffen… Den Rest wissen Sie ja schon…“ Und das hier eigentlich auch, jedenfalls eine ähnliche Version der Polizei, dachte er noch giftig, entschied sich aber dafür, dass es besser war das nicht auszusprechen. „Da habt ihr ja schönen Mist gebaut“, fasste Johnny die Ereignisse noch mal knapp zusammen. „Ein Betrunkener und zwei Schläger. Wobei die Schläger natürlich die größeren Ärsche sind.“ Koki und Ueda blickten auf. Kame ballte die Hände zu Fäusten. „Ich wünschte es wäre so einfach, dass ich euch alle drei einfach rausschmeißen könnte“, fauchte Johnny-san. „Aber ich fürchte das geht nicht, nicht bei dem Geld, das ihr noch einbringt. Verflucht!“ Er stand auf und fing an im Raum auf und ab zu laufen. Die drei erlaubten sich ein erleichtertes Aufseufzen, sie würden nicht aus Johnnys Entertainment fliegen. Wenigstens etwas. „Eine Gehaltskürzung werdet ihr auf jeden Fall schon unterschreiben und zwar sobald ich fertig bin… die Zettel liegen schon bereit, meine unfähige Sekretärin muss sie nur noch reinbringen“, sagte er zu niemanden bestimmten. „Ihr werdet euch öffentlich entschuldigen müssen, alle drei, habt ihr das verstanden?!“ Zustimmendes Gemurmel. Natürlich hatten sie es verstanden. „Dann werden wir noch sehen, was die Polizei zu diesem Desaster zu sagen hat… falls sich nichts Schwerwiegendes ergeben sollte… kann ich euch keine weitere Strafe zukommen lassen. Wenn aber… herauskommt, dass ihr mir irgendetwas verschwiegen habt werdet ihr euch wünschen nie geboren worden zu sein!“, versprach Johnny, rief seine Sekretärin herein und ließ die drei jeweils ein paar Blätter unterschreiben, die besagten, dass sie für ein Jahr weniger Gehalt erhalten würden. Das war zu schaffen. Sie verbeugten sich vor Johnny-san, entschuldigten sich und bedankten sich bei ihm, verließen den Raum. Sie gingen schweigend den Flur entlang, warteten auf einen Aufzug. „Das ist doch noch glimpflich gelaufen…“, meinte Ueda müde. Koki nickte. „Ich hatte mit einem Rauswurf gerechnet…“ – „Ich auch…“, murmelte Kazuya. „Es tut mir leid“, setzte er hinzu. Koki klopfte ihm kameradschaftlich auf den Rücken. „Ist doch alles in Butter“, meinte er mit einem Grinsen. Ueda nickte. Alle drei wussten dass es aber vor allen Dingen darauf ankam, was dieser Typ sagen würde… „Kame?“, setzte Koki an als sie endlich im Aufzug standen. „Hm?“ – „Tu mir einen Gefallen…“ – „Welchen?“, fragte Kazuya misstrauisch nach. „Ich weiß, dass du es nicht leicht hast“, setzte Koki an, sprach nicht laut aus was genau er meinte… es war auch so klar. „Aber bitte, bitte, bitte gewöhn dir solche Dummheiten ab. Meinetwegen kannst du daten wen du willst. Da hab ich absolut nichts gegen, die anderen übrigens auch nicht. Aber nicht in der Öffentlichkeit… nicht wenn du betrunken bist. Ach, ich fass es so zusammen: Trinke nichts wenn wir nicht bei jemanden zu Hause sind“, stöhnte der Rapper. „Und bitte, mach das nicht nur weil du frustriert bist weil… naja… ein gewisser jemand eben nicht zu haben ist. Wenn du dich auf was einlässt, dann weil du es willst, okay?“ Kame lief hochrot an, leckte sich mit der Zunge über die Lippe, betrachtete wieder den Boden zu seinen Füßen. „Alles klar großer Bruder“, murmelte er letztendlich. Koki lachte los. Ueda rollte mit den Augen. „Okay, klärt mich auf, was habe ich verpasst?“ – „Also, das war so~“, setzte Koki genüsslich an. Kame vergrub sein Gesicht in den Händen; es konnte nur peinlich für ihn enden. Die Fahrstuhltür öffnete sich und die drei traten in die Eingangshalle, Koki immer noch mitten in seiner Erzählung (Kame tat so als gehöre er nicht zu den beiden Anderen… es war zwecklos…) als sie von drei weiteren Personen ange…schrien wurden. „Und?“ Hörten sie Junno, Maru und Jin als sie sich rasch näherten. Sobald Koki Jin erblickte stoppte er in seiner… sehr interessanten Erzählung. „Wie wars?“, fragte Jin besorgt, musterte alle drei genau. „Hätte schlimmer enden können“, meinte Koki achselzuckend. Ueda hüstelte. „Eh… es kann noch schlimmer kommen“, korrigierte Koki sich rasch. „Wieso?“, erkundigte sich Jin rasch. Er hasste es wenn er nicht genau wusste worum es ging und immer alles nur erzählt bekam. „Wir haben… einige Tatsachen so umgebogen… dass wir aus dem Schneider sind… Die Frage ist nur… was unser Rüpel bei der Polizei aussagen wird…“, erklärte Ueda hilfsbereit. „Wieso das? Rauskommen tuts eh“, meinte Jin stirnrunzelnd. „Sowas kann nur in die Hose gehen und dann haben wir den Salat weil ihr gelogen habt!“ Er bemerkte wie ausnahmslos alle betreten zu Boden schauten. Alle. „Was zur Hölle ist los?“, knurrte Jin. „Nichts worüber du dir sorgen machen müsstest. Sag an, wie geht’s Maiko-chan?“, versuchte Koki den Sänger abzulenken. Der sich nicht darauf einließ. „So wie gestern auch schon. Was ist los?“ – „Nichts“, meinte Kame leise. „Ich hab Hunger“, setzte er noch hinzu. Koki klatschte in die Hände. „Dann lass uns Essen gehen!“, versuchte er seinem Freund aus der Situation zu befreien. Jin schaute misstrauisch vom Einem zum Anderen. „Ich sagte ich will wissen was los ist“, meinte er betont ruhig. Koki zerrte Kame Richtung Ausgang. Jin stellte sich ihnen in den Weg. „Kazuya?“, versuchte er sein Glück. Kame biss sich auf die Lippe. „Ich muss wirklich dringend etwas in den Magen bekommen… also… eh“, stammelte er und versuchte sich an Jin vorbeizuschieben. Dieser hielt ihn am freien Arm fest. „Ihr alle wisst was los war, nur ich nicht, soll das fair sein?“ – „Ja?“, versuchte Koki sein Glück. Leider sagte Kame zur selben Zeit „Nicht wirklich…“ Koki bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. Ueda legte Jin beruhigend einen Arm auf die Schulter. „Es ist nichts. Ehrlich. Wir haben nur ein paar von uns ausgeteilte Schläge verschwiegen.“ Einen Augenblick dachten sie Jin würde es schlucken. Einen Augenblick… Leider war er heute nicht Bakanishi genug. „Aha. Und wieso habt ihr so eine Kleinigkeit nicht schon von Anfang an gesagt?“, fragte er bedächtig. Alle schluckten. „Ehm?“, erklärte Maru sich. Sie alle. Niemand wusste eine kluge Antwort. Jins Augen blitzten gefährlich auf. Kame versuchte sich aus seinem Klammergriff zu befreien. Hoffnungslos. Dieser Versuch jedoch war von Anfang an zum Scheitern verurteilt gewesen. Jin war stärker. Und sein Misstrauen war nun riesig. „Also?“ Kame schaute betreten zu Boden. Versuchte noch einmal seinen Arm zu sich zu ziehen. „Wir… haben ihm nicht gesagt was für eine Rolle ich in dem ganzen gespielt hab, zufrieden?“, murmelte der Kleinere. „Nein.“ Die Antwort überraschte Kazuya etwas. Er hatte schon mit einem „ja“ gerechnet. „Und was gefällt dir daran nicht?“, fragte Junno scheinheilig. Jin kochte. Sie alle wussten was los war. Alle. Wieso weihten sie ihn nicht ein? „Und was war jetzt deine Rolle?“, fragte er bedrohlich nach. Kame zuckte zusammen. „Nicht weiter wichtig“, redete er sich heraus. Jin zog die Augenbrauen zusammen. „Wichtig genug, dass es schlimmer werden kann ist es, aber nicht wichtig genug um es mir zu sagen?“ – „Jin, ernsthaft… es ist nichts“, versuchte Maru ihn nun zu beschwichtigen. Ebenfalls ohne Erfolg. „Ihr benehmt euch ja so als hätte… ach keine Ahnung!“ Jin fing an zu lachen. Er wollte die Stimmung etwas lockern. „Als hätte man Kazuya und den Typen beim Sex erwischt oder so!“ Kame lief sofort knallrot an. Niemand lachte. Jins Kinn klappte nach unten. „Ne jetzt oder?“ – „Also…“, fing Kame an. Stotterte. Stolperte über seine eigenen Worte. Jin starrte ihn wortlos an. Wollte, dass er verneinte. Wollte, dass er alles abstritt. „Also, Sex ist zu viel gesagt“, meinte Koki vage. Verlegen. „Nein“, stellte Jin fest. „Ihr verarscht mich.“ Kame kaute auf seiner Lippe herum. Sah aus als würde er am liebsten im Erdboden versinken. Jin packte Kame nun an beiden Armen, riss ihn förmlich aus Kokis Griff und schüttelte ihn rabiat. „Sag, dass ihr mich verarscht!“, fauchte er. „Jin! Spinnst du?“, knurrte Ueda und sah so aus als wäre er kurz davor eine neue Prügelei zu starten. Akanishi fing sich langsam wieder, hörte auf. Atmete nur noch schwer. „Das ist ein schlechter Scherz.“ – „Wir… haben uns nur geküsst“, murmelte Kazuya, die Augen auf alles gerichtet, nur nicht auf seinen Gegenüber. „Geküsst?“, fragte Jin schwach nach. Versuchte es sich vorzustellen. Er… hatte… „Sag mir jetzt nicht… dass du wirklich… schwul… bist…“ Kame blickte auf, zog seine Augenbrauen zusammen, hob eine Hand, betrachtete sie kurz und knallte Jin mit voller Kraft eine. „Arsch“, flüsterte er, drehte sich ohne jedes weitere Wort um und stolzierte Richtung Ausgang. Stoppte plötzlich und drehte sich zu Koki um. „Ich dachte wir wollen was essen gehen?“ – „Eh… ja…“ Koki blickte noch einmal verblüfft zu Jin und schloss sich dann dem Jüngeren an. Jin starrte ihnen hinterher. „So habe ich das nicht gemeint!“, brüllte Jin plötzlich los, Ueda, der immer noch direkt neben ihm stand, zuckte zusammen. Jin rannte Kame hinterher, drehte ihn um. „Das… klang grad wie… wie ein zweiter Bär, ich weiß“, murmelte er leise. Hoffte, dass Kame ihn verstand. „Oder wie ein ganzer Karren Bären um genauer zu sein…“ Zu seiner Erleichterung sah er ein verräterisches Zucken in Kazuyas Mundwinkeln. Er wollte nicht lächeln… war aber kurz davor. „An sich ist es mir vollkommen wurscht ob du jetzt mit Männern, Frauen oder… nein warte, das klingt jetzt wieder scheiße…“ Frustriert raufte er sich die Haare. „Tun wir so als hätte ich meine letzte Frage nicht gestellt, ja?“, bat er schließlich. Und nun grinste Kame. „Okay… versuch dich zu verbessern, langsam brauchst du deine Chancen aber auf Akanishi“, warnte Kame ihn. „Oh… das ist mies…“, meinte Jin kleinlaut und zog den Kopf etwas zurück. Schrumpfte so um einige Zentimeter. „Ehm, ich wollte eigentlich fragen… eh… Stimmt es also doch, dass du eher Männern zugetan bist? Nur aus reiner Neugier natürlich. Ich habe nichts dagegen es kommt nur… etwas… überraschend. Weißt du was ich gerade feststelle?“, fuhr er nachdenklich fort ehe Kame irgendetwas sagen konnte. Dieser schüttelte den Kopf. „Egal wie man es sagt es klingt scheiße…“ Kame lachte leise. „Ich glaube du hast in dem einen Punkt recht.“ Jin lächelte erleichtert. „Ich weiß es nicht. Jedenfalls… ah… doch… ich denke… vielleicht… ich weiß nicht“ – „Du drehst dich im Kreis“, stellte Jin sanft fest. „Tu ich das?“, fragte Kame verwirrt. Nun lachten alle los. „Ja.“ Koki klopfte ihm auf die Schulter. „Tust du.“ – „Ist ja eigentlich auch egal“, murmelte Jin. „Werden wir spätestens dann wissen wenn du uns deine Freundin oder deinen Freund vorstellst.“ Er sah wie Kames Lächeln verschwand. Wollte nachfragen. Und hörte wie Kokis Magen sich meldete. „Nun sollten wir aber wirklich gehen“, meinte der Rapper und zog Kame wieder mit sich. Das war… in der Tat knapp gewesen. Kaum waren sie draußen seufzte Kame gequält auf. „Koki?“ – „Ja?“ – „Versprich mir, dass du mich von Alkohol fern hältst…“ Koki nickte. „Kein Ding!“, versicherte er, in der Hoffnung, dass es besser laufen würde als gestern. Koki schubste Kame freundschaftlich in ein italienisches Restaurant was er letztens mit Maru für sich entdeckt hatte. Das Essen hier schmeckte einfach köstlich! Er suchte sich einen Platz in dem eher unbelebteren Teil des Restaurants, nahm die Karte die ihnen der Kellner brachte. Bevor er sie studierte warf er Kazuya einen warnenden Blick zu. Er würde die Finger von allem lassen was einen betrunken machen könnte. So wahr er Tanaka Koki hieß! Aber seine (und Kazuyas) Sorge schien unbegründet. Der Jüngere bestellte sich Spagetti (ohne Tomaten, Koki rollte mit den Augen) und ein Glas Wasser. Koki entschied sich für eine Pizza und Cola. „Du magst Tomaten immer noch nicht?“ – „Sie sind eklig“, stellte Kazuya kategorisch fest. Koki seufzte. „Letztens hast du sie nicht abbestellt“, murrte er. „Ach, und das weißt du noch?“ Kame grinste süffisant. Koki schlug ihn gegen die Schulter. „Ich finde nur deine Abneigung interessant, bilde dir nichts darauf ein Freundchen“, erwiderte er freundschaftlich. „Und sie waren übrigens weg als die Teller abgeholt wurden. Also letztens, die Tomaten“, brachte Koki sein Gesprächsthema erneut zum Vorschein. „Letztens“, erklärte Kame traurig, „war mein lebender Mülleimer dabei.“ Koki prustete los. „Wenn Jin wüsste wie du ihn nennst…“ – „Weiß er doch“, Kame grinste. „Echt?“ Kokis Augen weiteten sich. „Ja. Angetan ist er davon nicht, aber man kann nicht alles haben“, sagte Kazuya leichthin, machte dem Kellner Platz so dass er das Wasser abstellen konnte. Koki tat es ihm kurz darauf nach. Koki grinste immer noch von einem Ohr zum anderen. „Johnny-san hat mir schon ein Angebot für ein Drama vorgelegt“, erzählte Kazuya nach einer Weile des Schweigens. „Was?“, fragte Tanaka nach. „Schon? Und… Häh? Er hat uns doch gerade zur Sau gemacht?“ – „Davor, du Idiot!“, seufzte Kame auf. „Ach… so…“, Koki kam sich gerade wirklich wie ein Trottel vor. „Woher sollte ich das wissen?“, verteidigte er sich. „Weil es etwas namens gesunden Menschenverstand gibt?“, erkundigte Kame sich und nahm einen Schluck seines Wassers. Koki rollte mit den Augen. „Den habe ich irgendwo verlegt… so vor zehn Jahren“, informierte er Kazuya gelassen. Der nur grinste. „Also… ist es interessant? Das Drama?“ Kame zuckte mit den Schultern. „Ich habe mir das Skript noch nicht durchgelesen.“ – „Und bis wann musst du zusagen?“ Wieder ein Schulterzucken als Antwort. „Der Dreh würde sowieso erst nach unserer Tour anfangen, also habe ich relativ viel Zeit… falls… nicht vorher… etwas dazwischen kommt.“ Koki fand die Beschreibung Kazuyas irgendwie… unpassend. Aber… er wusste was gemeint war. „Ich hoffe der Arsch hält die Klappe…“, flüsterte er unbehaglich. „Das ist nichts was wir beeinflussen könnten“, erinnerte Kame den Rapper sanft. „Und wenn… ist es etwas das nur mich betrifft… Also… mach dir keinen Kopf. Ich komme damit klar.“ Kazuya lächelte Koki an. Der genau wusste, dass ihm gerade etwas vorgespielt wurde. Er tunkte seine Fingerspitze in die Cola und stupste damit Kames Nase leicht an. „Mann, lass das!“, lachte Kame und schlug die Hand weg. „Dann hör du auf zu lügen“, tadelte der Ältere ihn. „Ja, ja, Brüderchen.“ – „Und das lässt du auch bleiben!“, warnte Koki ihn. „Sonst?“ – „Eh…“ Kame grinste. Koki seufzte. Sie schwiegen sich noch eine Weile an und dann wurde (endlich) das Essen gebracht. Koki vertilgte seine Pizza im Nullkommanix er hatte wirklich einen Bärenhunger. Kazuya brauchte für seine Nudeln etwas länger. Wieder einmal widmeten sie sich im Gespräch der (Kokis Meinung nach merkwürdigen) Abneigung Kazuyas was Tomaten betraf. Sie saßen eine Weile stumm da, genossen das Gefühl den ein gefüllter Magen verursachte. Aber plötzlich spürte Koki wie seine Hand zerquetscht wurde. Er blickte zu Kazuya und stellte fest, dass die weiße Wand neben dem Jüngeren gesünder als dieser aussah. Zu allem Überfluss saß Kame auch noch stocksteif da und hatte die Augen weit aufgerissen, sein Atem ging nur stoßweise. Koki befürchtete, dass sein Kumpel jedem Augenblick in Ohnmacht fallen würde. „Koki?“, fragte Kazuya mit ängstlicher, gebrochener Stimme nach. Koki legte seine Hand auf Kames. „Was ist, alles okay, du siehst… nicht gut aus…“, erkundigte er sich besorgt. „Ich… ich glaube… ich glaube die Medikamente… sie wirken nicht mehr…“, hauchte der Jüngere atemlos, schien einem Panikanfall nah zu sein. Aber… es schwang auch so viel unbändige Hoffnung in diesem Satz. Das ließ Koki stutzten. Dennoch… die Sorge war größer. „Was? Wieso…? Du meinst… du… siehst…? Was denn?“ – „Schau da hin und sag mir was du siehst…“, flüsterte Kame leise, nun war die Hoffnung und der Unglaube übermächtig. Koki runzelte die Stirn. Da Kame nicht nach ‚da‘ gedeutet hatte folgte er dem Blick des Bandkollegen. Besorgt runzelte er die Stirn als er in die Richtung sah. „Also… fuck ey, da ist nichts was… Holla!“ Nun starrte auch der Rapper auf die Szene ein paar Tische weiter. „Ich… scheiße Mann. Nein, das ist da… wirklich…“ – „Ja…?“ Koki plusterte die Backen auf und wollte sich empört erheben, aber Kazuya zog ihn wieder auf seinen Sitz. „Sag mal… du willst die doch nicht weitermachen lassen?!“, fauchte Koki erbost und wollte sich aus Kazuyas Griff winden. Kame schüttelte stumm den Kopf. Koki sah die vielen widerstrebenden Gefühle deutlich in Kames Augen wiedergespiegelt. Ein paar Tische weiter saß Maiko. Jins Freundin. Mit einem anderen Mann. Der seine Hände unter ihre Bluse hatte. An ihrem Busen um noch präziser zu sein. Jin hatte es sich wieder bei sich zu Hause… bequem gemacht. Auf einmal klingelte sein Handy. Ein Blick auf den Display zeigte ihm, dass Koki derjenige war der anrief. Sofort ging er dran. „Koki?“ „…total bescheuert?!“, hörte er Kazuyas Stimme gefolgt von einem Gerangel. „Mann ey, das müssen wir ihm sagen!“, war dann Kokis Stimme zu vernehmen. Jin runzelte die Stirn, hielt das Handy an sein Ohr. Was war los? „Ja aber“, Kames Stimme klang verzweifelt. „Sowas klärt man nicht übers Telefon, mal abgesehen davon…“ – „Bist du jetzt still?“, fauchte der Rapper den Jüngeren an. „Eh… Leute?“, wagte Jin etwas zu sagen. „Hi Jin, ich bin gleich am Hörer, sorry“, säuselte Koki ins Telefon, bedeckte es dann wohl mit der Hand, dämpfte so ihre Stimmen allerdings hörte Jin die beiden Streithammel immer noch klar und deutlich. „Gib es mir!“, knurrte Kame gerade Koki an, wieder ein Gerangel. „Jin? Sag Koki dass wir zu dir kommen sollen, ja?“ Jin zog die Augenbrauen zusammen. Das war… merkwürdig. Um nicht zu sagen völlig untypisch. „Was ist denn los?“, fragte er, doch anscheinend hörten die beiden ihn nicht. Koki murmelte irgendwas und Kame wurde augen... eh ohrenscheinlich wütend. „Ich will es ihm ja sagen! Aber nicht am Telefon!“, fauchte der Jüngere. „Okay, okay, okay, du hast gewonnen. Jin?“ Das letzte Wort war wieder klar zu verstehen. Angesprochener wurde nervös. Was zur Hölle war jetzt los? „Hat der Typ gesungen?“, fragte er nach, das erste was ihn in dem Kopf kam. „Was, wovon redest du?“, fragte Koki vollkommen ahnungslos. „Der Typ aus der Bar!“, fauchte Jin. „Was? Ach so. Nein. Kein Plan… eh, bist du zu Hause? Kame meint wir sollen es dir… persönlich… sagen.“ Jin sah förmlich den Seitenblick. „Ich meine ja, dass du so schnell wie möglich alles wissen solltest aber…“ Der Satz endete abrupt. „Jin? Wir sind in gut zwanzig Minuten bei dir, okay?“ Kam urplötzlich Kames Stimme aus dem Handy. „Dann erzählen wir dir alles… das… sollte nicht am Telefon besprochen werden.“ Jin war sich nicht sicher ob dieser Satz ihm oder Koki galt. „Bis gleich.“ Ohne eine Antwort abzuwarten hatte der Jüngere aufgelegt. Seit zwanzig Minuten tigerte Jin nun durch seine Wohnung. Was war los? Warum konnten Kame und Koki ihm nicht am Telefon sagen was Sache war? Wieso… hatten sie so geklungen als wäre es total dringend? Was konnten sie meinen? Seine Gedanken drehten sich im Kreis, er konnte einfach keine Antwort finden. Zu keiner der Fragen. Langsam hatte er das Gefühl, dass sie es ihm doch am Telefon hätten sagen sollen. Was auch immer. Dann wären ihm diese zwanzig Minuten jetzt erspart geblieben. Aber nein… Ob jemand krank war? Einen Unfall gehabt hatte? Hatten sie… ach verflucht! Er zwang sich stehen zu bleiben und ruhig zu werden. In dem Moment klingelte es (Gott sei Dank…) an der Tür und Jin rannte fast dahin um sie zu öffnen. Er musste fast schmunzeln, scheinbar war der Streit immer noch nicht beendet. „… unemotionaler Depp!“, schrie Kame Koki in dem Moment an wo die Tür aufging. Koki hatte den Mund bereits geöffnet um Kazuya eine Antwort entgegen zuschleudern als sie ihre Köpfe unisono zu Jin drehten und ebenfalls im Chor „Hi“ sagten. „Hi“, knurrte Akanishi. „Wollt ihr mir jetzt endlich sagen was los ist?“ – „Hah!“, triumphierte Koki. „Ich hatte es gewusst!“ – „Wichser.“ Sowohl Koki als auch Jin guckten Kame mit großen Augen an. „Kazu-chan?“, fragte Jin ängstlich. „Was?“, fauchte Kazuya nun auch ihn an. „Nichts… ich wollte… nur sicher gehen…“ – „dass du es bist?“, schlug Koki das Ende des Satzes vor. „Ja, wer denn sonst?“ Koki und Jin tauschten einen Blick. „Der Kame den wir kennen… der benutzt solche Wörter nicht“, stellte Koki klar. Jin nickte zustimmend. Kame verdrehte nur die Augen. „Der Kame den ihr kennt hat ziemlich viel nicht gesagt was ihm durch den Kopf geschossen ist. Ich habe letztens beschlossen das zu ändern.“ Kokis und Jins Augen wurden noch ein Stückchen größer. „Mann ey, es ist mir rausgerutscht. Tut mir leid Koki, war nicht böse gemeint“, entschuldigte sich der Jüngere. „Mal abgesehen davon ist das jetzt doch völlig egal!“ – „Da hast recht“, pflichtete der Rapper ihm zu, ging an Jin vorbei ins Haus. Sie machten es sich zu dritt im Wohnzimmer gemütlich. Jin blickte die beiden an, die plötzlich scheinbar jegliche Lust am reden verloren hatten. „Und?“, hakte er nach. Koki blickte zu Kame. „Er ist dein bester Freund also sagst du es ihm“, meinte Tanaka grinsend. Es sah fast so aus als würde Kame sich wieder vergessen (Jin schwor sich ohnehin schon diesen Tag in seinem Kalender rot anzustreichen…) aber er hatte sich im Griff. Seufzte nur. Starrte auf den Boden, dann an die Decke und dann einen Fleck neben Jins Gesicht an. Dieser wurde merklich nervös. „Ja?“, fragte Jin noch einmal nach. Kame biss sich auf die Unterlippe, kaute darauf herum. „Du weißt ja… dass wir essen gegangen sind“, murmelte Kame starrte wieder auf den Boden, blickte Koki an als würde er Hilfe von ihm erwarten. Der Rapper zuckte mit den Schultern. „Jedenfalls… als wir da waren… als wir gerade gehen wollten… da… haben wir… etwas… festgestellt.“ Kazuyas Stimme war immer leiser geworden. Koki blickte mittlerweile auch alles an. Nur nicht Jin. Es war ihnen merklich… unwohl das zu sagen… was sie… zu sagen hatten. Jin runzelte die Stirn. Ihn erinnerte diese Situation sehr stark an etwas… etwas, das nicht allzu lang zurücklag. „Seid… seid ihr beiden zusammen?“ Jetzt starrten sie ihn an. Geschockt. Hatte er ins Schwarze getroffen? „Aber sonst geht’s dir gut, ja?“, erkundigte Koki sich mit großen Augen. „Nein?! Wie kommst du auf den Quatsch?“ Kazuya starrte ihn nur stumm an. Jin zuckte mit den Schultern. „Tut mir ja leid, aber ihr erinnert mich verdammt daran wie ich Maiko meinen Eltern…“ – „Maiko!“, unterbrachen Kazuya und Koki ihn im dem Moment. „Huh?“ Koki blickte wieder zu Kazuya. „Erzähl schon!“, forderte er den Jüngeren auf. „Sie… sie war auch in dem Lokal… in dem wir waren…“ Langsam fing Jins Gehirn an diese Information zu verarbeiten. Er… ahnte was als nächstes kommen würde. „Sie war nicht… allein da… oder?“, erkundigte er sich. Wusste praktisch bereits was sie ihm sagen wollten. Er wusste nur nicht… ob er es glauben sollte… wollte. Kame und Koki schüttelten den Kopf. „Sie war mit einem Mann da… und… ach Mensch, Koki!“, Kame drehte sich völlig hilflos zu dem Rapper um. Dieser nickte nur. „Dieser Mann… naja… er hat sie befummelt.“ Jin lehnte sich in den Sessel zurück. „Es tut mir leid“, sagte Koki während Kame nur schwieg. „Seid ihr euch sicher… dass sie es war?“, fragte Jin nach. Er klang nicht wütend, traurig… er war… völlig emotionslos. „Ja.“ War Kokis schlichte Antwort. Jin nickte. „Tja.“ Was gab es da noch zu sagen? „Wir lieben uns nicht“, sagte Jin dann. „Es ist komisch, es tut nicht einmal weh das ihr es sagt… also… doch schon… in dem Sinne… dass… ist ja auch egal. Aber…“ Jin sprach nicht weiter. „Wir wollten es doch versuchen…“, flüsterte er leise. „Für das Kind… vielleicht auch ein wenig für uns…“ Er hörte Schritte die zu ihm kamen, blickte in die Richtung und sah, dass Kame sich neben ihm setzte, seine Hand festhielt. „Natürlich tut es weh“, murmelte er leise. „Spiel hier nicht den Mistkerl, denn das bist du nicht.“ Jin lächelte Kazuya an. „Aber… es ist wirklich nicht so… als… ich weiß nicht. Hättet ihr mir das vor dem ganzen Theater gesagt… Ich hätte euch nicht geglaubt. Und wenn ich dann mit der Nase rein gestoßen worden wäre… ja… dann hätte ich wohl geweint. Aber jetzt?“ Er schüttelte den Kopf. „Sie hat mich ausgenutzt und belogen. Das ist alles. Das tut mir weh. Nicht die Tatsache, dass sie einen anderen Kerl hat. Es tut mir um das Kind leid… aber… das wars auch schon.“ Er lehnte sich an Kame an. „Danke.“ – „Häh?“, fragte Koki nach. „Dass ihr es mir erzählt habt.“ Kame zog Jin in eine Umarmung. „Klar haben wir dir das gesagt, für wen hältst du uns?“ Er hörte, dass der Jüngere traurig war. Anscheinend sogar mehr als er selber. „Und… was willst du jetzt tun?“, fragte Koki nach, blickte Jin erwartungsvoll an. „Weiß noch nicht… Reden wäre mal ein Anfang, oder?“ – „Mit ihr?“ Koki musste echt noch nachfragen… „Ja?“ – „Leute?“ Jin linste nach oben. Sah, dass Kame etwas… geistesabwesend wirkte. Der Jüngere ließ ihn los, fuhr sich fahrig durchs Haar. „Ach, schon okay… ist… bestimmt ne blöde Idee…“ – „Jetzt bin ich neugierig“, stellte Koki fest, Jin nickte. „Spucks aus“, forderte er seinen Freund auf. Kazuya seufzte. „Ich… kenne sie ja nicht richtig“, begann er entschuldigend. „Aber… für mich sah das nicht so aus… als würden sie sich erst seit kurzem kennen… er… verflucht, es sah so aus als würde er sie in einem öffentlichen Gebäude… eh…“ Kame lief rot an. „Sag wies ist, Kame-chan, es sah so aus als ob er sie flachlegen wollte“, half Koki freundlich wie immer aus. Kame wurde noch roter. „Jedenfalls“, beeilte er sich seinen Faden wieder aufzunehmen. „Wer sagt denn… dass es dein Kind ist?“ Es wurde sehr still in dem Raum. „Wie gesagt… Schnappsidee von mir…“, murmelte Kazuya und blickte wieder den Boden an. „Finde ich gar nicht“, erklärte Koki schnell. „Man müsste… halt nur… eh…“ Er warf einen Seitenblick auf Jin. „Okay… vielleicht doch eine Schnappsidee…?“ Jin runzelte die Stirn. „Haltet die Klappe…“, bat er, hob seine Hände vor sein Gesicht. Der Gedanke tat weh aber gleichzeitig… „Das macht mir nur Hoffnungen…“ Koki blickte Jin an. „Hellseher müsste man sein“, seufzte er. „Aber…“, fuhr er nach einer Weile fort, „wenn du mich fragst… solltest du sie auf jeden Fall darauf ansprechen… und… eventuell… auf einen Vaterschaftstest bestehen…“ Jin erwiderte nichts. Koki klopfte ihm auf die Schulter. „Wie geht’s dir eigentlich… jetzt?“ – „Fuck, weiß ich nicht… Meine Gefühle fahren Karussell… oder Achterbahn… oder… keine Ahnung…“ Er ließ seine Hände sinken, krallte sie in Kazuyas Shirt und zog den Jüngeren wieder näher. Koki hustete. Jin spürte wie Kame mit den Schultern zuckte und dann seine Hände wieder auf Jins Rücken legte. Nichts sagte. Einfach so wie immer für ihn da war. Koki hüstelte erneut. Und in Jins Hirn machte es ziemlich laut ‚klick‘. Koki war ja gar nicht krank. Also… wollte er… subtil auf etwas hinweisen. Aber, auf was? Und wen? Kame oder ihn? Er runzelte die Stirn. Kame hatte auf das erste Husten reagiert. Und zwar auf eine Art und Weise die ebenfalls unauffällig war. Was dachten die beiden? Hatten sie noch eine Idee? Wollten sie ihm noch etwas sagen? Und… Koki forderte Kame auf es zu tun? „Was noch?“, fragte er nach. Kame zuckte zusammen. „Wie?“ – „Was wollt ihr noch los werden? Ich merk doch, dass noch was ist. Wenns wieder so eine geniale Idee wie vorhin war, raus damit.“ – „Ich glaube du verstehst was falsch“, meinte Koki nur. Jin beließ es dabei. Er hatte andere Probleme. „Verflucht, irgendwie wünschte ich mir schon, dass es nicht mein Kind ist… Aber… das wäre dann doch schon ein unglaublicher Zufall, oder?“ – „Keine Ahnung“, murmelte Koki nur niedergeschlagen. Sie saßen eine Weile stumm da. Kazuya brach das Schweigen. „Ehm… nur… mal so als Frage… Kann man einen Vaterschaftstest machen auch wenn das Kind noch nicht geboren ist?“ Jins Kopf fuhr hoch, er starrte Koki an. Dieser zuckte mit den Schultern. „Scheiße“, fluchte Jin, stand auf und ging aus dem Zimmer. Kam mit einem Laptop wieder. „Akanishi, das ist eine geniale Idee“, lobte Koki ihn. Jin erlaubte sich ein grinsen. „Das Internet ist toll“, stellte er fest und startete den Computer. „Will außer mir noch jemand etwas trinken?“ Kame stand auf. „Ich mach schon, such du mal nach deiner Rettungsleine.“ Er wuschelte Jin durch die Haare, und Koki hustete erneut! „Okay, was soll dieses Husten?“, erkundigte Jin sich während er eine Suchmaschine aufrief. Er hörte wie Kame in der Küche rumhantierte. „Nichts“, meinte Koki scheinheilig. „Ich bin nicht dämlich“, informierte Jin den Rapper, tippte die gewünschten Wörter ein. „Nein? Donnerwetter, das sind mal Neuigkeiten! Hey Kame! Jin sagt, dass er nicht dämlich ist! Das müssen wir den anderen sagen oder?“ Man hörte Kames Lachen, aber (und Jin war ihm aus welchen Gründen auch immer unendlich dankbar) er stimmte Koki nicht zu. „Nein, eigentlich nicht.“ – „Siehst du?“, knurrte Jin zufrieden und rief die erste Seite auf. Koki rutschte neben ihn um besser sehen zu können. Schweigend lasen sie sich die Informationen durch, kurz darauf kam Kame mit drei Tassen Kaffee wieder und setzte sich auf Jins andere Seite, las ebenfalls. „Also… ums mal zusammenzufassen“, setzet Koki an, „Es geht.“ Jin verdrehte die Augen. „Ja, das stand im ersten Satz. Du Leuchte.“ Koki knuffte ihn in die Seite. „Sei doch froh und mecker nicht.“ – „Tu ich nicht!“ – „Tust du wohl!“ – „Nein!“ – „Doch!“ – „Nein!“ – „Doch!“ – „Whoa!“ Beide drehten sich zu Kazuya um. „Was?“ – „Ich hab die Medikamente vergessen…“ Jin starrte den Jüngeren eine Sekunde lang an. Haute ihn leicht auf den Hinterkopf. „Trottel!“ – „Ich meinte sie zu nehmen, seit mein Handy kaputt ist hab ich keine Memo mehr. Mist.“ Er kramte in der Tasche rum die er mitgenommen hatte. Zählte die Tabletten ab und nahm sie. Jin hielt ihm sein Handy hin. „Was?“, fragte Kame. „Leih ich dir. Du brauchst es mehr.“ Kame lächelte Jin zu. „Danke.“ Und Koki grinste wie ein Honigkuchenpferd. Jin blickte ihn misstrauisch an. „Ist was?“ – „Nein, wieso?“ Jin zuckte mit den Schultern. Kazuya seufzte. „Koki? Ich glaube… wir sollten nicht hier sein… wenn Maiko wiederkommt.“ Koki blickte Kame erstaunt an. „Warum nicht?“ Kame blinzelte einmal. Kame blinzelte zweimal. Stand auf. Er ging zu Koki. Hielt ihm am Arm fest. Und zerrte ihn Richtung Eingangstür. Jin gluckste verstohlen. Er sah schon förmlich den Streit den die beiden gleich haben würden. Er stand auf und verabschiedete seine Freunde. Versprach sich zu melden, sobald alles geklärt worden war (oder auch nicht). Er schloss die Tür hinter den beiden wieder. Und wusste… dass ihm schwere Stunden bevorstanden. Sobald die Autotür zu war fing Kame an zu meckern. „Sag mal, kannst du dich gar nicht in andere Personen einfühlen? Die Beiden werden einen Mordsstreit haben! Zuschauer unerwünscht! Geht das nicht in deinen dämlichen Schädel?“ Koki schnallte sich an, bedeutete Kame dasselbe zu tun. „Aber… sollten wir ihm nicht helfen, wenn Maiko nicht auf ihn hören will?“ – „Er wird die Schlampe…“ – „Kame! Ehrlich, was ist los mit dir?“ Kame blickte Koki finster an. „Read it from my lips. Ich hasse diese Person. Abgrundtief. ‚Schlampe‘ ist noch der netteste Ausdruck den ich für sie habe wenn Jin gerade nicht dabei ist.“ Koki schluckte. „Okay. Fahr fort“, meinte er dann. „Jedenfalls wird diese Hure ihm zuhören. Und wenn nicht… ach verflixt, du kennst Jin! Der kriegt seinen Willen! Im schlimmsten Fall… ach, egal. Uns braucht er jedenfalls nicht. Wir würden die Situation nur verschlimmern!“ Koki nickte. Machte irgendwo Sinn. „Abgesehen davon würde ich sie erwürgen wenn sie nur versuchen würde es abzustreiten“, meinte Kame nüchtern. Koki rutschte ein Stückchen von seinem Freund weg. „Wer bist du und was hast du mit Kame gemacht?“ Kazuya seufzte. „Ich hasse sie…“ – „Stell dir vor… ich merk’s“, informierte der Rapper Kame sanft. „Gut!“, fuhr Kame auf. „Sie hat es nicht besser verdient!“ Koki rutschte zum äußersten Ende des Sitzes. „Ist alles okay?“ Kazuya atmete einige Male tief ein. „Nein, mir ist schlecht wenn ich an sie denke.“ Koki nickte. „Okay… eh… darf ich dich auf etwas hinweisen?“ – „Was?“ Koki blickte auf die Straße, bemerkte, dass sie immer noch vor Jins Haus standen und beschloss erst mal den Motor zu starten. Loszufahren. Nicht das Jin noch auf die Idee kommen würde rauszukommen und nachzufragen was sie noch hier taten. „Dein Verhalten gegenüber Jin. Und seins dir gegenüber.“ – „Was ist damit“, murrte der Jüngere. Koki spürte, dass der Andere wusste worauf er hinauswollte. „Es tut dir weh.“ – „Danke. Aber stell dir vor, das weiß ich.“ Koki warf einen Seitenblick auf den mürrischen Sänger neben ihm. „Warum lässt du es dann zu? Zieh eine klare Trennlinie zwischen dich und Jin. Ich sag jetzt nicht, dass ihr nicht miteinander reden sollt aber…“ Koki seufzte. „Ihr benehmt euch nicht so als wäret ihr nur Freunde. Er macht dir Hoffnungen ohne es zu merken. Nur um sie wenige Sekunden später zu zerschmettern. Ebenfalls ohne es zu merken. Wir beide wissen, dass er es nicht tun will, aber er tut es. Du kannst es stoppen.“ Er hörte Kazuya neben sich seufzen. Er hatte Jins Handy immer noch in der Hand. „Ernsthaft, das ist doch nicht gesund wie du dir damit… Oh.“ Er sah wie Kame sich neben ihm verkrampfte. „Sag es nicht. Bitte… sprich nicht aus was du jetzt denkst…“, flüsterte Kazuya leise. „Wie lange… hast du eigentlich Halluzinationen?“ – „Bitte Koki. Ich… ich bitte dich… frag nicht… bitte…“ Also hatte er Recht. Koki seufzte. Jin war der Auslöser gewesen. Vielleicht nur das i-Tüpfelchen aber… „Umso mehr solltest du dich darum bemühen nicht… so… behandelt zu werden.“ Kame fuhr auf. „Du klingst als würde er mich wie ein Stück Schieße behandel!“, fauchte er. „Eben nicht!“, erwiderte Koki wütend. „Eben nicht! Das ist es doch! Er umarmt dich ständig, macht dir Geschenke, kleine Gesten, verflucht, du weißt besser als ich wie er sich verhält! Er benimmt sich so als würde er dich brauchen! Als wäre er abhängig von dir! Er weiß nicht was er damit anrichtet!“ – „Was richtet er denn an?!“ Kazuya wollte es nicht wahrhaben. Koki schloss einen kurzen Moment verzweifelt die Augen. Er wollte es nicht sagen. Aber… er musste es tun. „Er liebt dich nicht. Nicht auf die Art und Weise die du willst… brauchst. Wach auf Kazuya!“ Einen Moment lang befürchtete der Rapper dass Kazuya anfangen würde zu weinen, aber er täuschte sich. Kame ließ sich nur wieder in seinen Sitz sinken. „Es tut mir leid“, sagte Koki und legte Kame eine Hand auf die Schulter. „Aber… du weißt selber, dass es die Wahrheit ist…“ Kazuya erwiderte nichts. Saß stumm da. „Warum?“, fragte er nach einer halben Stunde wo sie stumm nebeneinander gesessen hatten. „Warum tut es so weh? Warum… kann es nicht ein schönes Gefühl sein?“ – „Weil es dir falsche Person ist?“, fragte Koki leise nach. Kame seufzte. „Ich kann nichts dagegen tun, oder?“ Koki schüttelte den Kopf. „Nur das, was ich dir schon geraten habe.“ – „Ich will das nicht… ich… oh Gott… ich kann es nicht sagen“, meinte Kame tonlos. „Nicht einmal dir.“ Koki hielt Ausschau nach einem Parkplatz, endlich fand er einen, steuerte darauf zu und stellte den Motor ab. „Versuchs doch?“, forderte er den Jüngeren auf. Kame schüttelte den Kopf. „Ich kann es nicht.“ Koki verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. „Irgendwann wirst du es jemanden sagen müssen, was auch immer. Es frisst dich von innen auf.“ Kazuya seufzte. Blickte aus dem Fenster. Von hier war es nicht mehr weit zu seiner Wohnung. Theoretisch könnte er das Stückchen laufen. Theoretisch. Aber er blieb sitzen. Koki sagte absolut gar nichts. Wartete. Sie sahen zu wie die Sonne unterging und immer noch sprach keiner der beiden. Schließlich konnte Kazuya die Stille nicht mehr ertragen. „Ich will es doch“, murmelte er leise. Biss sich auf die Unterlippe. „Ich sehne mich nach diesen Gesten von Jin… sie zeigen mir, dass er mich braucht… es… es… Koki… es fühlt sich immer so… ehrlich… so echt an…“ Er holte tief Luft. „Weißt du wie es sich anfühlt wenn er mich umarmt? Weißt du wie es ist wenn er mir nur einen Blick schenkt, mir zeigt, dass er weiß dass ich da bin? Dass er froh darüber ist mich in seiner Nähe zu wissen?“ Koki blickte zu Kame, der konsequent aus dem Fenster blickte. „Ich glaube… wenn ich ihm das verbieten würde…“ Kame stoppte, schüttelte den Kopf. „Ich weiß es klingt erbärmlich…. aber… gerade meine… ‚Krankheit‘ hat mir gezeigt… dass das der Grund ist warum ich…“ Kazuya lehnte seinen Kopf gegen die Glasscheibe. „Ich wünschte mir ich hätte ihn nie kennengelernt. Wenn alles was ich aus dieser Beziehung ziehen kann letztendlich Schmerz ist. Oder dass ich ihn einfach vergessen könnte… oder… dass ich die Gefühle loswerden könnte. Aber das geht nicht…“ Er machte noch eine Pause. „Ich kenne ihn. Ich kann ihn nicht vergessen. Ich liebe ihn. Wenn man mir dieses etwas nimmt was er mir schenkt… ich glaube ich würde sterben. Es fühlt sich jetzt schon so an als würde ich verbluten, jedes Mal wenn er eine neue Freundin hat. Jedes Mal wenn ich ihn von ihnen schwärmen höre… Wenn ich sehe, dass er sie liebt. Begehrt. Es… Ich klinge melodramatisch, nicht?“ Koki pustete die Backen auf. „Du klingst so als… wärst du verliebt“, meinte er dann schlichtweg. „Nicht mehr und nicht weniger. Okay, etwas mehr. Als wärst du schrecklich unglücklich verliebt.“ Kazuya nickte. „Vielleicht.“ Koki startete einfach nur wieder den Motor fuhr weiter. Kame war froh, dass Koki ihn einfach… akzeptierte. Nicht auslachte, nicht ausschimpfte, keinen eigenen Senf mehr dazugab. Vor Kazuyas Apartment hielt er wieder an. „Soll ich noch mit hochkommen?“ – „Nein, ich melde mich morgen wenn…“ Kokis Handy klingelte, unterbrach Kame. „Sorry“, murmelte der Rapper zog sein Handy raus. „Tatsuya…“, murmelte er, nahm ab. „Mach den Fernseher an! Nachrichten!“, begrüßte ihn Tatsuyas Stimme. „Ich eh… bin grad im Wagen, kann nicht… Was ist denn?“ – „Der verdammte Scheißkerl hat ausgesagt, dass er was mit Kame hatte!“ Jin starrte die Nachrichten im Fernseher geschockt an. Der… Kerl… hatte… Jin zuckte zusammen als er hörte wie die Haustür geöffnet wurde. So sehr er dies auch hasste… Kame musste warten, bis er dieses Chaos entwirrt hatte. Maiko. Jin grinste gequält und stand auf, ging zum Flur und sah wie sie ihre Jacke aufhängte. „Wo warst du?“, fragte er in einem (hoffentlich) normalen Tonfall. „Arbeiten, weißt du doch“, sie klang schroff, besann sich. „Tut mir leid, ich habe einen anstrengenden Tag hinter mir.“ Sie lächelte trat auf ihn zu, wollte ihn umarmen. Jin ging einige Schritte zurück, hielt sie auf Abstand. „So?“ Ihr Lächeln verschwand. „Was ist? Schlechte Laune? Oh, bestimmt wegen… deinem Freund. Ich wusste doch dass mit ihm etwas-“ – „Tut mir leid dich enttäuschen zu müssen, aber das Problem bist du“, unterbrach Jin sie schroff. „Ich?“ Sie hob beide Augenbrauen. Sah erstaunt aus. „Mit wem warst du weg?“ – „Mit niemanden? Was ist los? Ich sagte doch, dass ich arbeiten war!“ Ihre Stimme war abweisend… und sie schien etwas… erstaunt zu sein. „Zufällig weiß ich aber, dass du anscheinend in deiner Mittagspause, falls du arbeiten warst, ein ziemlich… heißes Essen genossen hast“, klärte Jin sie auf. Er hatte keine Lust lange um den heißen Brei herum zu diskutieren. Sie konnte es nicht abstreiten oder leugnen. Beziehungsweise schon, nur… das würde er ihr nicht glauben. Koki und Kame würden ihn niemals in so einer wichtigen Sache anlügen. Nie. „War ich nicht. Ich habe in der Kantine-“ – „Du lügst.“ Jin seufzte. „Ich glaube fast, dass du heute gar nicht arbeiten warst. Willst du mir nicht die Nummer einer Kollegin geben? Damit ich sie fragen kann?“ Maiko wurde puterrot. „Du vertraust mir nicht! Du bist ein egoistisches Schwein, willst alles unter deiner Kontrolle haben!“, fauchte sie und wollte Jin schlagen, dieser hielt ihre Hand fest. „Versuch das gar nicht erst. Du wurdest gesehen. In einem Restaurant. Ich habe vergessen nach dem Namen zu fragen, aber das sollte sich in wenigen Augenblicken herausfinden lassen. Also erzähl du mir nichts von Vertrauen.“ Er war immer noch erstaunlich ruhig. Er ließ ihre Hand los. „Also? Wer war der Kerl?“ – „Da gibt es keinen Kerl!“, schrie Maiko ihn an. „Sieh an.“ Jin seufzte. Er würde nicht weiterkommen was dieses Thema anging. „Ich will einen Vaterschaftstest.“ Maiko erbleichte. „Warum? Das Kind ist zu hundert Prozent von dir…“ – „Sagst du. Ich glaube dir nicht.“ Sie riss sich von Jin los, verschränkte die Arme vor der Brust. „Und was ist wenn ich keinen Test will?“ Jin zog eine Augenbraue hoch. „Dann glaube ich dir erst recht nicht dass es mein Kind ist, ziehe aus und weigere mich Unterhalt zu zahlen. Wenn du mich dann auf Unterhalt verklagen willst muss festgestellt werden ob es sich dabei überhaupt um mein Kind handelt und wir landen wieder beim Vaterschaftstest. Sollte sich der Vater sein… Pech gehabt, schlecht gelaufen. Wenn nicht…“ Er sagte nichts mehr. Sah wie es in ihrem Kopf arbeitete. „Das willst du nicht wirklich tun. Mich… mir so zu misstrauen, geht’s noch?“ Jin sah sie abweisend an. „Gib mir einen guten Grund warum ich dir vertrauen sollte. Wir kennen uns jetzt knapp zwei Monate. Knapp. Ich weiß kaum was über dich, du weigerst dich zuzugeben mit einem Mann unterwegs gewesen zu sein von dem ich weiß, dass er mit dir… nun zumindest essen war und du willst auf keinen Fall einen Vaterschaftstest. Ziemlich verdächtig, meinst du nicht?“ Maiko sagte nichts, zitterte am ganzen Körper. „Was, willst du dich nicht einmal mehr verteidigen? Habe ich den Nagel auf den Kopf getroffen?“ Jin lachte humorlos auf. „Was wolltest du eigentlich von mir? Als du mit mir zum ersten Mal geredet hast? War ich dir einfach… zur Hand? Berühmt? Wolltest du wie fast alle Frauen mit denen ich rede nur mit mir zusammen sein, weil ich jemand bin?“ Er schüttelte den Kopf. „Oder geht es dir ums Geld?“ Maiko wurde rot. Sobald das Wort Geld seinen Mund verlassen hatte. „Na bitte, geht doch“, meinte Jin achselzuckend. „Aber eins verspreche ich dir, bis ich es nicht schwarz auf weiß sehe, dass das mein Kind in deinem Bauch ist kriegst du keinen Yen von mir.“ Er grinste sie an. „Was ist, hast dir die Sprache verschlagen? Zunge verschluckt? Läuft nicht alles wie geplant? Du kotzt mich gerade dermaßen an, das glaubst du gar nicht.“ Er fuhr sich müde durch die Haare. Er hatte Widerworte, einen Streit erwartet… aber… diese Stille? Nun ihm sollte es Recht sein. „Ruf mich an wenn du eine Entscheidung getroffen hast ja? Oder warte, besser nicht, Kazuya hat mein Handy… schick ihm ne SMS, er leitet es dann an mich weiter. Ich denke ich packe jetzt einige Sachen und gehe dann. Oder willst du mir noch irgendetwas von Bedeutung mitteilen?“ – „Du bist ein Hurensohn“, fauchte sie nur und stolzierte an ihm vorbei. Jin biss sich auf die Unterlippe. Er würde alles einpacken. Er wollte nicht riskieren wiederzukommen und festzustellen, dass seine Sachen verkauft worden waren und dieses Miststück weg war. Mit dem was sie eben noch hatte abstauben können. Er ging zum Telefon und kam sich mies vor. Er konnte nicht alles allein wegbringen und… wo sollte er hin? Es gab eigentlich nur eine Person die in Frage kam. Seinen Eltern wollte er dieses Desaster erst vorführen wenn alles schon vorbei war… also… blieb Kazuya… der eigentlich sowieso schon viel zu viele eigene Probleme hatte… Jin wählte seine eigene Handynummer und wartete. „Jin?“ Er runzelte die Stirn. Das war nicht Kame. Ausschlussprinzip also… „Koki?“ – „Ja, sorry. Kame will nicht ans Telefon.“ Jin schluckte. „Du bist noch bei ihm?“ – „Jah… Hast du die Nachrichten gesehen?“ Koki hatte die Stimme gesenkt. „Hab ich. Wie geht’s ihm?“ – „Gelinde gesagt… beschissen…“ Er hörte Koki schlucken. Wartete. „Ich weiß nicht was ich machen soll Jin…“ Er klang verzweifelt. Jin hatte ein flaues Gefühl im Magen. „Wieso?“ In just dem Moment hörte er etwas am anderen Ende der Leitung klirren. „Fuck“, fluchte Koki und schmiss anscheinend das Handy auf einen Tisch. Jin konnte Koki hören wie er irgendetwas sagte, lauter wurde. Er konnte die Worte nicht hören… aber… er hatte eine Ahnung was los war… Dann hörte er Kames Stimme. Schrill, panisch. Ihm zog sich sein Herz zusammen. Nein. Das konnte… das durfte nicht wahr sein. „Jin?“ Kokis Stimme klang drängend, er sprach wieder ins Telefon. „Ja?“ – „Kennst du die Telefonnummer von der Psychiatrie bei der Kame ist? Wenn ja sag schnell!“ Jin war von diesen Worten nicht ganz unvorbereitet getroffen worden. „Ja… ja… ich… sie ist in meinem Handy eingespeichert… Kame… und keine Ahnung… Arzt oder so…“ – „Danke. Ich ruf dich später zurück.“ Ein Tuten sagte ihm das Koki aufgelegt hatte. Er zögerte nur einen Moment, dann fuhr er zu Kames Apartment. Koki legte gerade auf, er hatte mit Kame’s Arzt gesprochen, ihm die Situation erklärt. Asou-sensei hatte sofort gesagt, dass er vorbei kommen würde. Nun wand Koki sich wieder an den Jüngeren der mittlerweile… „Kazuya! Lass die Finger von den Glasscherben! Fuck!“ Er kniete sich neben den Jüngeren, nahm ihm die Scherben aus der Hand die sich schon in das Fleisch der Hand gebohrt hatten. Kame hatte Koki nicht bemerkt ehe er ihm diese Gegenstände nahm. „Geh weg!“, schrie er Koki nun an, versuchte die Scherben wieder an sich zu reißen, besorgt sah Koki, dass sich Kazuya während der beiden Telefonate noch mehr selber verletzt hatte. Sein linker Arm war praktisch eine einzige Wunde. „Verdammt, wieso machst du das?“, knurrte Koki mit der Situation völlig überfordert. Ein rascher Blick zeigte ihm, dass die Verletzung doch nicht so schlimm war wie zuerst vermutet, an den meisten Stellen hatte Kame nur die Hautschicht abgerieben. Koki nahm ihm behutsam noch die letzte Scherbe aus der Hand. „Lass das, okay?“ Er ahnte, dass diese Bitte… Ermahnung nicht viel auswirken würde. „Jin…“ – „Nein, also doch, er hatte gerade angerufen“, murmelte Koki leise. „Du siehst ihn bald ja?“ – „…Jin.“ Koki blickte auf, sah Kame an, spürte wie der Jüngere die Arme um seinen Nacken legt sich an ihn anschmiegte und… küsste. Koki blieb stocksteif sitzen. Alles in ihm schrie Kame von sich zu stoßen. Nur… wie würde der Andere darauf reagieren? „Ich liebe dich“, murmelte Kame und küsste Koki erneut auf den Mund. Koki lächelte gequält, schob Kazuya sanft von sich. „Ist okay, ich weiß es.“ Er schluckte. Er… wusste nicht was er sonst hätte sagen sollen. Er nahm den Jüngeren in den Arm (peinlich darauf bedacht dass Kame nicht wieder in die Nähe seines Mundes kam) und wiegte ihn sanft hin und her. „Ich weiß es ja…“, versicherte er dem Bandjüngsten erneut, der immer noch diese drei Worte vor sich her murmelte und Kokis Shirt festhielt. Als hätte er Angst dass Koki… dass „Jin“… einfach so verschwinden könnte. Der Rapper wusste nicht was er machen sollte. Er konnte doch nicht… so tun als sei er Akanishi? Es war doch schon schwer genug gewesen den Jüngeren (der nach Uedas Anruf scheinbar einen Schock erlitten hatte) in die Wohnung zu bugsieren… zu diesem Zeitpunkt hatte Koki sich aber noch nichts dabei gedacht… und nun… Er seufzte. Er spürte Kames Hand in seinem Nacken, wie er runtergezogen wurde. Er versteifte sich einen Augenblick, merkte aber dass der Kleinere wieder kurz davor stand sich selber weh zu tun. Er spürte das Zittern was plötzlich eingesetzt hatte also ließ er es zu, dass Kame ihn noch einmal küsste. Er schwor sich Jin davon zu erzählen. So ging es nicht weiter! Kazuya… sein einziges Problem… oder der Auslöser dieser Probleme war Jin! Er musste sich dessen bewusst werden! Ehe der Jüngere völlig den Verstand verlor (oder war das schon eingetreten? War die Information, dass dieser verdammte Mistkerl der Polizei gesagt hatte, dass er und Kame eine Beziehung haben sollen, zu viel gewesen? (Koki kochte immer noch wegen der dreisten Lüge, er hoffte, dass es sich schnell aufklären würde…)) Geistesabwesend strich er Kazuya über den Rücken, dieser lehnte seine Stirn gegen Kokis. „Lass mich nicht allein“, bat er leise. Koki schüttelte den Kopf, fühlte sich unbehaglich. Und endlich, endlich klingelte es an der Tür. „Ich bin gleich wieder bei dir ja?“, sagte er und wollte aufstehen, aber Kazuya klammerte sich an ihm fest. „Lass mich nicht allein, bitte… ich will nicht mehr allein sein.“ Koki kniete sich nieder, zwang Kame ihm in die Augen zu gucken. Er hasste sich. Dafür, dass er nicht einfach sagte, dass er eben nicht Jin war… aber die Befürchtung, dass Kazuya dann völlig durchdrehen würde war zu groß. Er lächelte. Es klingelte erneut an der Tür, diesmal durchgängig, es schien nicht so als würde Kame es überhaupt wahrnehmen. „Hör mir zu Kazu-chan, ich geh jetzt zur Tür, mache sie auf, lasse die Person rein und komme sofort wieder zu dir, okay?“ Kazuya zitterte wieder unkontrolliert, Koki biss sich auf die Lippen. Verdammt, sollte er Kame mit zur Tür schleppen? „Versprochen?“, fragte der Jüngere jedoch in diesem Augenblick in das Klingeln hinein. „Versprochen!“ Koki legte ihm noch kurz eine Hand auf die Schulter, stand auf, rannte förmlich zur Tür uns riss sie auf. Starrte in Jins gehetztes Gesicht. Fluchte. „Was ist das für eine Begrüßung?“, fauchte Jin ihn an, drängelte sich in den Flur, wurde von Koki am Arm zurückgezogen. „Ich… ich weiß nicht ob du da jetzt hingehen solltest…“, murmelte er. „Jin?“ Kame. Mist. „Er ruft mich du Blödian, ich bin sein bester Freund, ich sollte…“ – „Jin, halt für einen Moment deine Klappe ja?“, fauchte Koki ihn an. Brachte Jin tatsächlich zum Verstummen. „Er… er hält mich für dich“, flüsterte Koki leise. Jin starrte ihn fassungslos an. „Aber…“ – „Jin?“ Koki und Akanishi drehten sich zu Tür in der Kame nun stand. Tanaka hoffte für einen Moment, dass Kame sich nun Jin zuwenden würde (und es war ihm gerade relativ egal wie dieser reagieren würde wenn Kame ihm gestand, dass er in ihn verliebt war… wenn er nur diese Bürde loswerden würde…). Als Kame sich zu ihm drehte. Und ihn etwas fragte. Neben ihm war Jin leichenblass geworden, lehnte sich an die Wand. „Wer ist das Jin?“, wiederholte Kame seine Frage. Blickte zu Jin, sah mehr oder weniger durch ihn hindurch. „Kame…“, flüsterte Akanishi nur, starrte den Jüngeren an. Es sah aus als hätte er einen Geist gesehen. Kame ging nicht darauf ein, blickte immer noch fragend zu Koki. Dieser schloss für einen Augenblick die Augen. „Ist nicht weiter wichtig, ein Freund von mir.“ Er lächelte. „Lässt du uns für eine Sekunde noch allein? Ich bin gleich wieder bei dir.“ Ein paar Herzschläge lang stand Kame nur still im Flur, warf Jin noch einen misstrauischen Blick zu und ging dann weg. Sie hörten wie er eine Tür öffnete und wieder schloss. Koki atmete auf, scheinbar hatte Kazuya sich wenigstens so weit beruhigt, dass er keine Gefahr mehr für sich darstellte. „Scheiße“, murmelte Koki trotzdem, dieses Wort schien seiner Meinung nach die ganze Situation wunderbar zusammenzufassen. Jin stand immer noch da als hätte er einen Geist erblickt. „Nimms mir nicht übel Kumpel, aber ich wünschte du wärst der Arzt“, meinte Koki traurig. Jin nickte stumm. „Was… ist… was war das?“, fragte er dann mit krächzender Stimme. „Etwas worüber wir uns noch unterhalten müssen. Aber… ich glaube… Jin, wartest du hier und machst dem Arzt die Tür auf…? Ich gehe zu Kame, ich hab ein schlechtes Gefühl… ich würde ihn jetzt lieber nicht allein lassen und… naja… die Situation ist wie sie ist.“ Jin nickte, sah zu wie Koki den Flur wieder verließ, in Kames Wohnung verschwand. Er ging ins Wohnzimmer und setzte sich hin. Gott sei Dank klingelte es in dem Augenblick erneut an der Tür, so dass er sich nicht viele Gedanken machen konnte, sein Hirn war sowieso wie leergefegt. Er öffnete die Tür und blickte einem völlig Fremden ins Gesicht. „Sind Sie Tanaka Koki?“, fragte der Mann ihn. Jin schüttelte den Kopf. „Er ist… in der Wohnung… mit… Kamenashi-kun.“ Der Mann nickte, trat ein. „Wo?“ Jin deute auf die Schlafzimmertür die man vom Flur aus sehen konnte. „Da drin.“ Der Mann nickte ihm zu, betrat das Schlafzimmer. Ließ Jin allein zurück. Asou-sensei wusste nicht genau was ihn erwarten würde, nach dem Telefonat hatte er eigentlich einen tobenden Patienten erwartet, sah ihn aber ruhig auf seinem Bett sitzen und anscheinend mit einem Mann namens Tanaka Koki reden. „Guten Tag“, sagte Kamenashi-san freundlich. Asou bemerkte die aufgeschürften Arme, den abwesenden Blick und die unsichere Haltung seines Patienten und wusste instinktiv, dass etwas nicht stimmte. „Guten Abend wohl eher“, meinte er dennoch freundlich, verbeugte sich kurz, sah, dass die beiden Männer seinem Beispiel folgten. „Darf ich?“, er deutete aufs Bett. Kamenashi-san nickte, sah ihn nicht an. Schien sich an etwas zu erinnern, deutete auf den Mann neben sich. „Asou-sensei, dass hier ist Akanishi Jin“, sagte er mit einem Lächeln. Asou runzelte die Stirn, sah dem Mann an, dass er nicht so hieß, dass er nicht diese Person war, abgesehen davon hatte ihm die Person im Flur gerade gesagt, dass er hier einen Tanaka Koki antreffen würde. Aber für den Moment musste er mitspielen, der Mann schien das auch zu verstehen, verneigte sich erneut. „Freut mich Sie kennenzulernen.“ Asou erwiderte die Floskel. „Freut mich Sie kennenzulernen.“ Die Stimmung war angespannt. „Könnten wir uns einem Moment allein unterhalten Akanishi-san?“, fragte Asou, blickte zu Kamenashi-san. „Wie wäre es-“ Doch er wurde von dem Anderen unterbrochen. „Kazuya, wartest du hier solange? Wir… wir sind gleich wieder da, okay?“ Es schien einige Zeit zu dauern ehe die Bedeutung der Worte seinen Patienten erreichte. Asou seufzte, scheinbar hatte sich sein Zustand verschlimmert. Die Frage war nur: Wie sehr? Kamenashi-san nickte langsam. „Wir sind gleich wieder da“, versprach der Andere, stand auf und bedeutet Asou ihm zu folgen. Sie schlossen die Tür hinter sich. Der Mann der ihn hereingelassen hatte stand auf, kam zu ihnen. „Kame?“, fragt er den Anderen. Der den Kopf schüttelte. Asou, schwieg eine Weile. Aber… er musste genauere Informationen haben. „Wenn sie mir bitte sagen würden was hier los ist?“, fragte er vorsichtig nach, wollte nicht allzu sehr drängen… „Zuallererst, ich bin Tanaka Koki, das hier“, der Mann deutete auf die Person neben sich, „das hier ist Akanishi Jin.“ Asou nickte. Das war… interessant. „Wissen Sie wie es dazu gekommen ist?“ Tanaka-san blickte kurz zur Tür. Fragte sich wahrscheinlich wie lange sie Kamenashi-san allein lassen konnten… sollten. Und Asou teilte seine Sorge. „Ich möchte nur einen kurzen Abriss… damit ich weiß in welcher Situation wir… er sich nun befindet.“ – „Kurz?“, wiederholte Tanaka-san. Man sah ihm an, dass er nicht glaubte sich kurz fassen zu können. Nachdem Asou einen Teil der Geschichte gehört hatte (Koki hatte das Küssen und die Liebensbezeugungen einfach übersprungen…) betrat er wieder das Schlafzimmer, er fand Kamenashi-san immer noch auf dem Bett sitzend vor. Er hatte ein Kissen genommen und hielt sich an ihm fest. Asou setzte sich neben ihn hin, Kamenashi-san bemerkte es nicht einmal. Er runzelte die Stirn. Die Situation war eindeutig eskaliert, vor dem heutigen Tag hätte man, mit Ausnahme von der Einnahme der Medikamente, nicht sagen können, dass Kamenashi-san psychisch instabil war. Doch das war jetzt anders. Der Arzt lächelte. „Wie geht es Ihnen?“, fragte er. Kamenashi-san sah auf, sah an ihm vorbei. „Wo ist Jin?“, fragte er ihn mit leiser Stimme. Asou lächelte. „Er kommt gleich wieder.“ Kamenashi-san nickte, beantwortete die vorher gestellte Frage jedoch nicht. Starrte die Wand an. Fing an sich hin und her zu wiegen, der Arzt zog die Augenbrauen zusammen. Das war… in der Tat schlecht. „Kamenashi-san?“ Keine Reaktion. Der Arzt legte eine Hand auf Kamasnashis Schulter, aber nichts deutete darauf hin, dass der junge Mann ihn wahrnahm. Er holte ein Fläschchen aus dem Koffer den er mitgebracht hatte, füllte etwas des Inhaltes in eine Spritze. Einen Augenblich überlegte er die beiden Männer zu bitten, dass sie ihm helfen mögen, als Kamenashi-san ihn wieder wahrzunehmen schien. „Was haben Sie da?“ – „Ein Medikament“, sagte Asou, „Wenn Sie bitte den Arm ausstrecken würden?“ Kamenashi-san sah ihm verwirrt an. Der Arzt zog behutsam den rechten Arm zu sich (ihm war nicht entgangen, dass der linke Arm eindeutig verletzt war) und setzte die Spritze an, sein Patient zuckte nicht zusammen. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, dann schlief der jüngere Mann ein. Asou seufzte und stand auf. Er hatte die Befürchtung, dass eine ambulante Behandlung nicht mehr möglich war. Er trat wieder in das Wohnzimmer, wo die beiden Männer, anscheinend Freunde von Kamenashi-san, auf ihn warteten. „Und?“, fragte derjenige der Akanishi war. Der Arzt schwieg einen Augenblick. „Sind Sie Familienangehörige?“ Die beiden sahen sich einen Augenblick an. „Ich nehme an das heißt nein. Dann tut es mir leid, aber ich darf Ihnen…“ – „Sie weiß nichts davon…“, murmelte Akanishi-san. „Seine Familie, meine ich. Er… hat Ihnen nichts davon erzählt…“ Der Arzt zuckte mit den Schultern. „Es gibt gewisse Regeln an die ich mich halten muss Akanishi-san. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich Kamenashi-san sehr bald wieder sehen muss. Ich denke, dass eine stationäre Behandlung notwendig ist, für wie lange… das kann ich nicht sagen.“ Er sah wie Tanaka-san nach Luft schnappte. „Aber…“, protestierte er dann. „Vielleicht hatten ihn die Nachrichten nur umgehauen, mental aus der Bahn geworfen… kann doch sein, dass es morgen wieder besser ist?“, fragte ihn der Mann besorgt. Asou zuckte mit den Schultern. „Das… kann ich Ihnen leider nicht sagen, es ist so gut wie unmöglich vorherzusagen wie sich das Verhalten entwickelt, wenn es einen so… großen Einschnitt während der Behandlung gab. Wie bereits gesagt, ich werde ihn morgen wieder hier aufsuchen und dann eventuell in die Psychiatrie einweisen müssen. Im Moment befürchte ich, dass eine Verlegung nur unnötige Komplikationen zur Folge haben könnte.“ Die Freunde Kamenashi-sans nickten stumm. Man sah, dass sie hofften alles würde ich von alleine lösen. Leider kannte er nur sehr wenige Fälle, wo dies auch tatsächlich geklappt hatte. „Wir bleiben bei ihm, oder Jin?“, wandte sich Tanaka-san dann an Akanishi-san der nur nickte. „Wird… wird er mich wieder… erkennen?“, fragte er dann den Arzt, der ihn mitleidig musterte. „Das weiß ich nicht. Ich… habe ein paar Vermutungen warum es zu diesem Verhalten kommt, aber… ob sich das Problem über Nacth löst… nun, ich will Ihnen keine falsche Hoffnung machen, es ist eher unwahrscheinlich. Vielleicht in ein paar Tagen, Wochen… aber ich denke nicht, dass sich dieser Zustand allzu schnell bessern wird.“ Er sah, dass der Mann Tränen in den Augen hatte aber stur nicht zuließ, dass diese zu fließen begannen. „Danke, sensei.“ Der Arzt verbeugte sich leicht und ging wieder aus der Wohnung. Er hörte wie die beiden Zurückgeblieben anfingen miteinander zu tuscheln ehe die Tür ins Schloss fiel. „Jin, wir müssen reden, unbedingt“, sagte Koki als sich der Mann, Asou?, verabschiedete. Akanishi blickte ihn verwundert an. Schien immer noch nicht wirklich im Hier und Jetzt angekommen zu sein… Eigentlich auch kein Wunder. „Jin, alles okay?“ – „Nein? Meine ‚Freundin‘ ist schwanger, womöglich nicht von mir, ich will ausziehen hab aber keinen Plan wohin und das sind nur die kleineren Probleme die ich hab. Das größere ist gerade in seinem Schlafzimmer und… verdammt, ich hätte nicht gedacht, dass dieser Typ… nein, das ist so nicht richtig… ich hätte nie gedacht, dass Kame auf so eine Aussage… so reagieren würde…“ Der Rapper nickte. „Aber ich glaube… das war nur die Spitze eines Eisberges Jin“, sagte er leise. Jin sah ihn verständnislos an. „Wie kommst du darauf?“ – „Weil es Sachen gibt über die Kame mit dir nicht redet. Mit mir schon.“ Trotz der Gesamtsituation spürte Jin einen Stich von Eifersucht als Koki das sagte. „Aha. Und was macht dich so sicher?“, knurrte er. „Jin, reg dich ab. Wenn… wenn es Kame jetzt besser gehen würde hätte ich dir auch nichts gesagt… dann hätte ich es für mich behalten… sollte es Kame morgen besser gehen wird er mir wahrscheinlich den Kopf abhacken weil ich es dir überhaupt sagen will… sagen werde, aber du musst es wissen, also hör auf dich wie ein Idiot zu benehmen der schmollen muss weil sein bester Freund ihm einige Sachen nicht gesagt hat. Okay? Setzen wir uns…“ Koki rieb sich müde die Schläfen, setzte sich auf das Sofa. Jin, der nun erst recht angepisst war, tat es ihm gleich. „Also?“, knurrte Jin wütend. „Kannst du bitte aufhören mich mit deinen Blicken zu erdolchen?“, seufzte Koki auf. „Ich sage nur die Wahrheit… und… Kame hat einen ziemlich guten Grund dir ein paar Sachen nicht zu sagen, gut?“ Koki ordnete seine Gedanken, wie sagte man jemanden, dass sein bester Freund wegen einem einen Knacks hatte? Weil er in einen verliebt war? Am besten gar nicht… Nur hatte er was das anging nicht mehr groß die Wahl… „Ja, welche denn?“ – „Lass mich… ach Mist, lass mich nachdenken.“ Jin schnaubte ungläubig. Koki setzte sich gerade hin. „Also… ehm…“ – „Ja, spucks aus!“ Jin war wütend, ungeduldig, immer noch eifersüchtig. Koki seufzte. „Es ist nicht so einfach okay? Also… ich weiß ja nicht… weißt du wann Kames Probleme angefangen haben?“ Jin nickte. „Vor drei Jahren.“ – „Als du gegangen bist“, meinte Koki sanft. „Nach Amerika.“ Jin nickte. „Ich weiß…“, flüsterte er. „Ich habe das Gefühl… dass ich teilweise schuld an allem bin… dass ich nun, hätte hier bleiben sollen. Aber du weißt doch selber, dass ich keine große Wahl hatte… was hätte ich denn sonst tun sollen?“ Koki nickte. „Du hast recht… aber…“ Er holte Luft, keine seiner Erklärungen würde Sinn machen wenn er Jin nicht… direkt darauf stoßen würde. „Jin… Kame… er… weißt du nicht, verdammt siehst du denn nicht, dass er dich liebt?“ Koki blickte Jin in die Augen als er das sagte. Der Sänger musste wissen, dass er die Wahrheit sagte, dass er es ernst meinte. Aber Jin sagte nichts. Koki seufzte. Jin starrte ihn an. „Nein… das… kann doch nicht… Kame? Kazuya? Mich?“ Koki schloss die Augen. „Es ist aber so“, meinte er leise. Jin schüttelte vehement den Kopf. „Aber das… müsste ich doch merken! Das würde ich ihm ansehen!“, behauptete er im Brustton der Überzeugung. „Ich meine… sein Verhalten… alles… es…“ Jin schüttelte wieder den Kopf. „Ich müsste es doch merken“, flüsterte er kläglich, misstrauisch. „Das… ist ein Scherz, oder? Oder… oder du irrst dich…“ Koki legte Jin einen Arm auf die Schulter. „Nein. Das… ist kein Scherz. Ich meine es ernst. Todernst. Ehrlich… ich meine… ich weiß ich mach unglaublich viele blöde Witze… aber nicht in so ernsten Situationen.“ – „Das weiß ich doch…“, murmelte Jin niedergeschlagen. Er war eindeutig mit der Situation überfordert. „Wenn… es mir… jemand anderes gesagt hätte... und… du irrst dich ganz, ganz, ganz sicher nicht?“ Koki schüttelte den Kopf. „Wie gesagt… Kame hats mir gesagt.“ Jin seufzte. „… Aber… das macht doch… alles keinen Sinn…“ Koki stöhnte auf, packte Jin an den Armen und schüttelte ihn durch. „Mach die Augen auf, sieh was um dich herum geschieht. Alles macht Sinn“, fauchte er. „Alles. Wann haben Kazuyas Probleme angefangen? Als du weg musstest! Wann geht er mit uns regelmäßig saufen und vergisst sich? Wenn du ne Freundin hast! Wen kann er nie ausstehen? Deine ganzen Freundinnen! Mensch, das macht doch alles Sinn“, knurrte der Rapper, ließ Jin wieder los. Dieser saß immer noch in einer Art Schockstarre da. Jin ließ sich Koki Worte durch den Kopf gleiten. Aber egal wie er sie auch drehte und wendete… es… machte… Sinn… und erklärte ein paar Fragen, die er sich ständig stellte… gestellt hatte… „Dann… oh mein Gott… dann… bin ich also Schuld an der ganzen… Misere?“, murmelte er vor sich hin. Koki atmete tief ein. „Naja… also… eh… ja?“, meinte er. „Aber… Kazuya ist nicht ganz unschuldig Jin. Zu so was gehören immer zwei.“ Jin atmete tief ein. „Ich… ich muss das irgendwie… wieder gut machen, Koki ich…“ Der Rapper packte ihn wieder an den Armen und Schüttelte ihn erneut. „Akanishi Jin“, fauchte er, hielt den Sänger still. „Ich sage jetzt eine Sache, und ich will, dass du gut darüber nachdenkst ehe du irgendetwas anderes sagst okay?“ Jin nickte. „Also… Kame… liebt dich. Und nun gibst du dir die Schuld für alles was passiert ist. Das Problem ist“, hier schüttelte der Rapper Jin noch einmal, „dass du nun volle Kanne in die falsche Richtung steuerst. Er… er will etwas von dir, was du ihm nicht geben kannst! Oder… oder liebst du ihn etwa?“ Jin saß stumm da. Wusste es wahrscheinlich selber nicht. Aber instinktiv wäre die Antwort wohl ein ‚nein‘ mit vielen ‚wenn’s‘ und ‚aber’s‘. „Jedenfalls… du willst nun alles gut machen, ihm wahrscheinlich mehr Zeit widmen oder weiß der Kuckuck was in deinem Schädel grad vor sich geht… aber… ich denke, damit machst du es nur schlimmer. Kame will nicht, dass du in Schuldgefühlen ertränkst. Das würde ihn nur mehr belasten. Und…“ Koki legte eine Pause ein. „Er will kein Mitleid Jin… Er will Liebe. Und wenn du ihm das nicht geben kannst…“ Der Rapper ließ Jin los. „Dann würdest du alles nur noch verschlimmern wenn du ihm noch netter gegenübertrittst.“ Koki wartete auf irgendeine Antwort Jins, sah aber zu seinem Erstaunen, dass dieser einfach den Kopf hängen ließ und weinte. Die Hände vors Gesicht schlug. „Ich weiß es nicht Koki… Ich weiß es nicht…“ Koki schwieg, wartete bis der Gefühlsausbruch abebbte. Schließlich schluchzte Jin nur noch. „Und… wir wissen ja immer noch nicht wie es Kame jetzt gehen wird…“, murmelte der Rapper betroffen, etwas worüber sie bis jetzt vermieden hatten nachzudenken. Jin wischte einige Tränen weg. „Das… werden wir… oh Gott… ich weiß nicht wie ich mich ihm gegenüber jetzt verhalten soll…“ Koki seufzte. „Da… kann ich dir auch nicht helfen… es tut mir leid…“ „Wie… hat er es dir eigentlich gesagt?“, murmelte Jin nach einer Weile. „Puh, ein Mal im Vollsuff, ein Mal als er grad… ein wenig beängstigend drauf war weil wir uns über dich und Maiko unterhalten haben und ein Mal… naja… kurz bevor du hierhergekommen bist…“ Jin zog die Augenbrauen zusammen. „Er… hielt er dich zu dem Zeitpunkt schon… für mich?“ Jin knetete seine Finger durch. Koki seufzte, erinnerte sich daran. „Ja… das war… nicht sehr schön…“, gestand Koki leise. Jin schluckte, räusperte sich. „Wieso?“ – „Weil ich nicht du bin. Weil ich mir vorkam wie ein Arschloch. Weißt du wie das ist, wenn einer mit dir redet und dich für wen ganz anderen hält? Kannst du dir das vorstellen? Ich war eh schon fertig genug Kame in dem Zustand zu sehen… und dann… kams noch zu so einer Situation… Eine Erfahrung auf die ich gut und gerne hätte verzichten können…“ Jin seufzte. „Er hat dich geküsst“, sagte Koki schließlich tonlos. „Huh?“ – „Kame. Er hat dich geküsst.“ Jin runzelte die Stirn. „Daran… würde ich mich erinnern.“ – „Ich meine als er mich für dich hielt. Ich wusste nicht was ich machen soll.“ In solchen Momenten wünschte sich der Rapper Haare herbei an denen er ziehen konnte. „Oh“ war Jins konstruktiver Kommentar. In dem Moment ging zur Überraschung aller die Tür vom Schlafzimmer auf. Kame stand mit einem viel zu weitem Shirt im Türrahmen. Blickte sie wortlos an. Jin und Koki erhoben sich halb. „Kazuya?“, fragte Jin nach und spürte wie ein Stich durch sein Herz ging, als Kame sich Koki zuwandte. Er sah die Tränen in Kazuyas Augen. „Ich hatte euch gebeten nichts zu sagen…“ Koki starrte Kame mit großen Augen an, ignorierte den Vorwurf völlig. „Kame… du… du weißt wer… weißt du wer ich bin?“ Kame blinzelte die Tränen weg. „Ich habe dir vertraut…“ Koki und Jin sahen wir Kame beherrscht einatmete. Dann drehte er sich zu Jin um. „Und? Was willst du jetzt tun? Abhauen? Sich vor mir ekeln?“ Kame holte tief Luft. „Ich weiß doch, dass ich… dass du… ich bin ja nicht blöd…“ Er schüttelte den Kopf. Verkrallte die Finger in dem Shirt was er trug. Ging einige Schritte zurück. „Du… du meintest zwar, dass… dass wenn ich schwul sein sollte… aber ich weiß doch, dass du es nicht magst. Dass du allein schon diese Image verachtest ich…“ Jin stand vollends auf. „Steiger dich jetzt in nichts rein, okay?“, unterbrach er Kazuya. „Ich… ich weiß was ich gesagt habe… wie ich mich in den letzten Tagen verhalten habe aber… du bist doch immer noch… du… daran hat sich doch nichts geändert… wegen sowas… könnte ich dich doch nicht verachten. Eklig finden… Es haut mich von den Socken, zugegeben aber…“ Kazuya fing an zu zittern. „Dann zeig es mir“, forderte er Jin auf. Jin blieb wie versteinert stehen, drehte sich zu Koki um, der genauso baff war die der Sänger selbst. „Wie denn?“, fragte er mühselig nach. Kame schüttelte den Kopf. „Weiß ich nicht, ich wills nicht wissen… Geh weg, ich… ich kann dich nicht sehen, ich will dich nicht sehen… lass mich… lass mich in Frieden… in Ruhe…“ – „Kazuya?“ Kame taumelte gegen die Tür. Holte noch einmal Luft. „Du kannst es nicht“, murmelte er schließlich, mehr zu sich als zu jemanden sonst. „Es wäre gelogen…“ Jin runzelte die Stirn. „Nein ich… ich meine…? Kazuya?“ Der Jüngere ignorierte ihn. „Du kannst nicht. Wenn du es doch tust… dann lügst du…“ – „Kame ich habe wirklich, ehrlich nichts dagegen… dass du… mich… liebst“, flüsterte Jin und streckte ihm die Hand entgegen. Kame schlug sie weg. „Nein? Aber… du kannst es nicht… nein du verstehst mich nicht…!“ Er trat auf Jin zu, schubste ihn weg. „Kazuya?“ Jin betrachtete Kame nachdenklich, versuchte die Gedankengänge nachzuvollziehen. Es klappte nicht. „Ich… erklär es mir!“, meinte er verzweifelt. Kame blickte auf. Er schien sich wieder etwas zu beruhigen. „Du… liebst mich nicht. Koki hat recht, alle haben recht. Wenn… egal was ich von dir will… alles was ich von dir wollen könnte… es wäre eine Lüge wenn du es tust. Das will ich nicht.“ Kame stand stumm da. „Das will ich nicht…“, wiederholte er die letzten Worte noch einmal, schloss müde die Augen. „Geh“, bat er leise. „Ich… ich kann dich gerade nicht ertragen… geh… bitte…“ Jin stand eine Weile unentschlossen im Raum, ballte dann die Hände zu Fäusten. „Verdammt, sag mir was ich machen soll, sag mir was ich tun kann, damit es dir besser geht! Verschwinden ist doch auch keine Lösung!“ Koki trat zu Jin, legte ihm eine Hand auf die Schulter, zog den aufgebrachten Sänger etwas zurück. „Jin…“, murmelte er, wollte ihn zum Eingang drücken, doch Jin schüttelte die Hände ab. „Sag es mir!“ Jetzt fing Kame an zu weinen. Das hatte er super hingekriegt, auch Koki beglückwünschte ihn zu seiner Tat. „Ich weiß es doch!“, schrie Kame plötzlich los. „ich mache dir ja auch keinen Vorwurf! Ich… du kannst es doch nicht ändern, das weiß ich! Aber… aber… Es tut weh verdammt! Dich mit diesen Frauen zu sehen, dass du mit… mit dieser Hure zusammen bist, warst… das Kind… das ihr zusammen zieht. Es tut verdammt weh!“ Jin stand sprachlos da, Kame unterbrach sich nur kurz um nach Luft zu schnappen. „Und du erwartest noch von mir sich zu freuen, dich zu unterstützen, du siehst nicht wie weh mir das tut! Ich gebs ja zu, ich finde es toll, dass du immer mich um Rat fragst, dass du immer zu mir kommst wenn du Probleme hast, aber… du vergisst immer, dass ich auch Probleme hab! Wenn was bei dir ist, dann werde ich unwichtig, dann wird alles was ich mit mir rumschleppe egal, der König hat ja ein Problemchen. Denkst du dabei je an meine Gefühle? Wenn ich dich bitte mich in Ruhe zu lassen, weil ich es brauche, akzeptiert du das? Nein! Du denkst dass du mich in deiner Nähe haben musst, egal was ich davon halte! Nicht nur heute, überhaupt! Wer muss immer alles richten? Ich. Wer muss immer für dich da sein? Ich. Ich sag ja nichts darüber, dass du meine Gefühle nicht erwiderst, ich versteh das! Glaubst du denn nicht, dass ich mich verfluche, dass ich dich nicht einfach wie meinen besten Freund sehen kann? Meinst du nicht ich würde mir wünschen, dass es anders ist? Aber ich kann dir ja schwerlich einen Vorwurf machen oder? Das einzige was ich will, ist dass du versuchst mich zu verstehen! Warum verstehst du nicht, dass es Momente gibt wo du mehr Schaden als Nutzen anrichtest? Warum kannst du nicht einfach gehen wenn ich es will? Warum musst du so ein verdammter Sturkopf sein? Sag es mir!“ Jin taumelte etwas zurück, es fühlte sich so an, als hätte Kame ihn ins Gesicht geschlagen. Worte können verletzender sein als Schläge… Es sammelten sich Tränen in den Augen des Sängers. „Es… tut mir leid…“, murmelte er. „Kazuya, es… es tut mir… ich habe nicht bemerkt… dass ich dich verletzt habe… es tut mir leid…“ Was sollte er sonst sagen? Es klang hohl, die Worte… man sagte sie immer… zu allem. „Du hast Kaffee verschüttet“ – „Es tut mir leid.“ Eine leere Floskel. Nichts von Bedeutung. Er sah wie gerade diese Worte auch Kame verletzten. Aber… was konnte man sonst sagen? Ich verspreche mich zu bessern? Hah, als ob er das könnte… „Jin… geh einfach nur… geh nach Hause…“ Jin drehte sich zu Koki (an den er sich wieder erinnerte, der Rapper war ungewöhnlich still gewesen). „Darf ich… zu dir?“ Sowohl Kame als auch Koki schauten ihn erstaunt an. Jin blickte betreten zu Boden. „Ich… sagte dir doch schon, dass ich weg bin… von Maiko…“, meinte er an Koki gewandt. „Ich will und kann dort nicht hin. Und morgen… hol ich mein Zeugs ab, das hoffentlich noch da ist…“, knurrte er etwas wütend. Koki schluckte, räusperte sich, schüttelte den Kopf und nickte. Alles gleichzeitig. „Klar, also, kein Problem… eh…“ Der Rapper suchte in seinen Taschen nach dem Schlüsselbund. Jin hatte sich mit dem Rücken zu Kame gedreht. Er hörte dass der Jüngere sich bewegte. Er widerstand dem Drang sich umzudrehen. Plötzlich stand Kame neben ihm, er sah traurig, müde und überhaupt verdammt übel aus. Jin blickte auf seinen linken Arm, der immer noch nicht behandelt worden war. Möglicherweise würden Narben bleiben… es musste höllisch brennen… „Du… ihr hat die Idee vom Fremdgehen nicht gefallen?“, fragte Kame dann nach. Jin lächelte ihm gequält zu. „Nicht wirklich… aber… mach dir keinen Kopf deswegen… Wird schon werden…“ Kame lachte plötzlich auf, lies sich gegen Jin sinken. Weinte gleichzeitig. „Warum kannst dus einem nicht einfacher machen dich wegzuschicken? Warum musst du immer dann in der Patsche sitzen wenn…?“ Kame ließ den Satz ungesagt. Und Jin… kam mit der Situation nicht wirklich zurecht, Koki zog sich langsam aus dem Zimmer zurück, wenn sie das beredet hätten würden sie ihn wohl wieder reinholen… eigentlich war es ihm schon peinlich genug den letzten Teil der Unterhaltung mitbekommen zu haben… „Kame?“ – „Lass mich nachdenken“, bat der Jüngere, klammerte sich immer noch an das T-Shirt von Jin. „Wir… wir sind doch schon noch Freunde, oder?“, fragte Kazuya ängstlich nach, wagte es nicht Jin in die Augen zu gucken. „Klar sind wir das…“, meinte Jin leise, bewegte sich nicht, er… er konnte ihn nicht in den Arm nehmen… er konnte ihm nicht beruhigend über den Rücken streichen… nicht nachdem er wusste was Kame… wie Kame empfand… er hatte Angst, dass der Jüngere… es nicht so verstand wie er es sollte… einfach nur freundschaftlich… Kame ließ ihn los. „Lass mich heute Abend in Ruhe. Sprich nicht mit mir, komm nicht in mein Zimmer, ignoriere mich wenn ich an dir vorbei muss… du bleibst.“ Jin zog erstaunt beide Augenbrauen hoch. „Aber?“ Er fühlte sich schäbig dieses Angebot zu bekommen… oder anzunehmen. Vor allem nach der eindrucksvollen… „Rede“ Kazuyas. „Ich dachte…?“ Kame seufzte. „Lass mich einfach in Ruhe, okay? Ich… weiß nicht… ich meine… wir… wir waren doch sonst auch immer füreinander da… und morgen… ist ein neuer Tag.“ Kame fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Morgen sehen wir weiter… Koki kann auch bleiben… ich gehe nicht davon aus, dass ich ihn aus dem Haus komplementieren kann… und… ach… es ist blöd wenn du zu ihm gehst er aber hier bleibt, oder?“ Es klang fast so als würde Kame eine Bestätigung haben wollen… aber bevor Jin auch nur über die Frage nachdenken konnte fuhr der Jüngere fort. „Im Zweifelsfall werdet ihr deine Sachen dann morgen eben zu Koki bringen… oder…“ Kame holte Luft. „Du kannst hier bleiben… Bis du eine neue Wohnung gefunden hast. Wie du willst.“ Kame trat einige Schritte zurück, schien über sich selbst erstaunt zu sein. „Ich geh ins Bett…“ Und ohne eine weitere Erklärung ließ er den völlig verwirrten Jin im Wohnzimmer stehen. Schloss die Schlafzimmertür hinter sich. Öffnete sie nach einiger Zeit wieder und legte Schlafsachen auf den Boden, er blickte nicht mehr in Jins Richtung, er zögerte einen Augenblick, dann ging er an Jin vorbei und hob sein Handy vom Tisch auf, nahm es mit als er ins Schlafzimmer ging und die Tür hinter sich schloss. Dieser wusste nicht was er machen sollte. Er konnte das doch nicht, er konnte Kame es nicht antun… zuerst… Jin stöhnte frustriert auf. Nach einigen weiteren ungemütlichen Minuten kam Koki in den Raum zurück. „Darf man wieder?“, fragte er und Jin deutete einfach nur stumm auf die Decken vor der Schlafzimmertür. „Sag mir was ich machen soll“, forderte er den Rapper auf. „Ich meine… du hast Kame doch vor ein paar Minuten gehört. Und er hat recht. Ich habe ihn ausgenutzt. Und nun… nun meint er, dass ich hier bleiben kann… bis ich wieder was Eigenes gefunden hab, das passt doch vorne und hinten nicht!“, meinte Jin unglücklich. Koki seufzte. „Du vergisst wieder, dass er dich trotz allem liebt“, sagte er freundlich. „Ich denke… er ist auch verwirrt, weiß nicht wie er mit der neuen Situation umgehen soll, genauso wenig wie du es weißt. Er will dich nicht verletzen, er will aber auch nicht länger verletzt werden… und…“, Koki senkte an dieser Stelle die Stimme, „denk daran, dass morgen der Arzt wieder kommt. Vielleicht… ist das die letzte Gelegenheit für eine lange Zeit das Problem zu klären… nicht mehr heute, aber morgen früh, wenn wir alle ne Nacht drüber gepennt haben…“ Jin nickte. Er hatte es wieder vergessen. „Also… bleiben wir?“, fasste er kurz zusammen was der Rapper gesagt hatte. Koki nickte. „Jedenfalls heute, morgen können wir dich immer noch zu mir umquartieren, mein Haus ist dein Haus oder so…“ Plötzlich von einer neuen Gefühlswelle erfasst umarmte Jin Koki. „Danke… ich hab solche Freunde wie euch gar nicht verdient…“ Als Jin aufwachte waren sowohl Koki als auch Kame (vielleicht, wahrscheinlich? Jedenfalls war er nicht am Rumwuseln) am Schlafen. Jin rieb sich den Schlaf aus den Augen. Irgendwie war es merkwürdig, dass Koki auch hier war… Er setzte sich auf, weckte so den Rapper neben sich. „Wie spät?“, murmelte Koki und drehte sich zu Jin um. Jin zuckte nur mit den Schultern. „Weiß nicht…“, gähnte Jin und stand auf, ging ins Bad und machte sich frisch, als er wieder ins Wohnzimmer kam saß Koki immer noch auf dem Sofa. „Was ist?“, fragte Jin nach. „Ich… weiß nicht… ist komisch hier zu pennen…“ – „Findest du?“ Koki nickte. „Ich war hier noch nie über Nacht…“ – „Echt nicht?“ Jin starrte Koki überrascht an. „Nein du Leuchte. Und eh… was nun?“ Jin verdrehte die Augen. „Ich weiß nicht wies dir geht aber ich verhunger gleich, also werde ich essen.“ Koki stand auf und fing an die Decke zusammenzufalten. „Und… Kame hat nichts dagegen?“ – „Du meinst ernsthaft, dass Kazuya uns erst hier schlafen lässt um uns dann in den Hungertod zu schicken?“ Koki schüttelte rasch den Kopf. „Quatsch, das meinte ich doch gar nicht, und das weißt du genau. Ich meine, ob er auch sicher nichts dagegen hat wenn wir uns einfach so bedienen.“ Jin seufzte. „Naja, wenn sich nicht alles verändert hat, dann dürfen wir uns einfach bedienen, ja. Meine Güte…“ Koki grinste etwas unsicher. „Ich mein ja nur, ich hasse es wenn einer in meinen Schränken rumwühlt…“ – „Wir wühlen nicht, wir machen Frühstück! Das ist ein großer Unterschied Tanaka!“ Ein Achselzucken als Antwort. „Ich mein ja nur…“, murrte der Rapper etwas beleidigt. Als sie gerade den Tisch wieder abräumten klingelte es an der Tür, Jin öffnete sie und sah den Arzt vom vorherigen Abend. „Guten Morgen“, sagte Asou. Jin lud ihn ins Haus ein. „Wissen Sie wie es Kamenashi-san heute geht?“ Jin schüttelte den Kopf. „Nein, ich eh… habe ihn heute noch nicht gesehen… Uhm… gestern… haben wir uns noch einmal unterhalten“, sagte er dann vage. Asou nickte. „Ah ja. Und was für einen Eindruck hat er auf Sie gemacht?“ Jin stutzte etwas. Naja, egal. „Also, zuallererst er hat mich erkannt, was ja schon mal ein Fortschritt ist, oder nicht?“, fragte er hoffnungsvoll. Asou blickte ihm in die Augen, er sah etwas verwundert aus. „Ah? Ja? Das ist ein der Tat ein gutes Zeichen, damit hatte ich, offen gestanden, nicht gerechnet… das verändert vieles…“, murmelte er eher zu sich selbst als zu Jin. „Ja?“ – „Ja“, lächelte der Arzt. „Darf ich fragen was Sie ihm gestern verabreicht haben?“ Der Arzt runzelte die Stirn. „Und darf ich fragen wieso Sie das wissen wollen?“ – „Uhm, naja… ich dachte dass Kamenashi-kun bis… heute durchschlafen würde?“, druckste der Sänger herum. „Ah, ich verstehe. Aber nein. Ich habe ihm ein Beruhigungsmittel gegeben. Es bewirkt, wie der Name schon sagt, dass die Patienten ruhiger werden. Mir war der Arm Kamenashi-sans aufgefallen, also habe ich es ihm verabreicht, damit er sich nicht womöglich noch mehr verletzt.“ Jin nickte. „Ich verstehe.“ Hätte man ihm und Koki aber auch eher sagen können! Koki begrüßte den Arzt nun ebenfalls, sagte auch, dass er Kame heute noch nicht gesehen hatte. Jin ging zur Schlafzimmertür. „Kame?“ Keine Antwort. „Eine Sekunde“, sagte er zum Arzt öffnete die Tür und trat ein. Zu seiner Überraschung war Kame sehr wohl wach. „Kazuya?“ Kame drehte sich halb zu Jin um. „Johnny-san hat angerufen“, meinte der Jüngere mit tonloser Stimme, Jins Handy befand sich in seiner Hand. Jin schluckte. „Wegen… dem Typen?“ – „Ja.“ Jin räusperte sich unbehaglich. „Und?“, wagte er dann zu fragen. Kame blickte wieder weg, Jin konnte sein Gesicht nicht sehen, sah nur, wie seine Hände sich verkrampften, das Handy umklammerten. Er sah wie die Knöchel weiß hervortraten. „Der… Kerl… will nicht von seinen Behauptungen ablassen. Mal abgesehen davon ist ja auch nicht alles gelogen oder?“ Kame lachte etwas. Es klang nicht so als würde er sich wirklich freuen. „Jedenfalls… die Presse hat Wind davon bekommen… Johnny-san kann sie nicht zum Verstummen bringen… er versucht es noch… aber… Ach, und ich muss wieder zur Polizei… meine Aussage zu dieser Behauptung abgeben… Johnny glaubt nicht… dass die Polizei mir glauben wird wenn ich es abstreite…“ – „Was?“, platzte es aus Jin raus. „Wieso solltest du lügen? Was wissen die schon? Aber… aber Johnny-san… er glaubt dir doch, dass du keine Beziehung zu dem Arsch hattest oder?“ Jin klang verzweifelt. Ihm stockte das Herz als er sah wie Kame den Kopf schüttelte. „Ja, doch er glaubt mir“, murmelte er leise. Jin seufzte erleichtert auf. Also… war alles in Ordnung? „Nur leider bringt das nichts…“ Jin stand wie vom Donner gerührt da. „Bringt… nichts?“ Er verstand es nicht. Kame fing an leicht zu zittern. Ein schlechtes Zeichen? Jin ging besorgt einige Schritte auf Kame zu, setzte sich neben ihn. Er zögerte und entschied sich dagegen den Jüngeren zu berühren… „Wieso?“, fragte er dann leise nach. „Warum bringt das nichts? Johnny-san ist unser Boss er…“ – „Jin, bist du so blöd oder tust du nur so?!“ Kame fuhr herum, die Tränen rollten über seine Wangen. „Wenn ich der Polizei sage, dass ich keine Beziehung zu dem Kerl hatte… wenn auch Koki und Ueda das bestätigen bringt das absolut rein gar nichts! Sie werden glauben, dass wir wegen dem Job lügen, in unserer Branche ist das doch der Todesstoß schlechthin! Wenn man zugibt homosexuell zu sein und auch noch in einer festen Beziehung… da kannst du gleich die Koffer packen! Kein Wunder dass ich es abstreiten werde, kein Wunder dass meine Bandkollegen, die ja davon betroffen sind ob ich meine Karriere abbrechen muss, alles dransetzten damit dies nicht geschieht! Aber was hätte der Typ vom Lügen? Nichts! So wie er es dargestellt hat sind wir in einen Streit geraten, nichts Ernstes, aber ich sei ausgerastet und er habe sich nur gewehrt, als dann Koki und Tat-chan mir geholfen haben hatte er keine Chance mehr, aber Gott sei Dank, kamen in dem Moment die Sicherheitsleute… So hat er es gesagt! Und egal was wir sagen, uns wird niemand glauben…“ Kame holte jappsend Luft. „Wenn das so stehen bleibt bekommen Koki und Tatsuya entweder Geldstrafen oder eine Haftstrafe auf Bewährung… Johnny meint er könne es wohl auf eine Geldbuße runterhandeln, die Anwälte kann er bezahlen. Aber… das ist alles was er für uns tun kann.“ Sie saßen schweigend da. Schließlich merkte Jin was ihm in der Geschichte fehlte. „Und was ist mit dir?“ Kame schluchzte. „Ich hab den Streit ja angefangen, seiner Meinung nach… Johnny sagte er würde versuchen… aber… es ist wahrscheinlicher dass…“ Jin starrte Kame geschockt an. „Nein…“ – „Die Gerichtsverhandlung ist in einer Woche…“ Mit diesen Worten sah er förmlich wie Kame zusammenzubrechen drohte. Er schluchzte ungehemmt, warf sich wieder aufs Bett… Jin verstand die Welt nicht mehr… das war… nicht möglich… das konnte doch nicht geschehen… Er vergrub sein Gesicht in seinen Händen und fing ebenfalls an zu weinen. Das Leben war unfair… Ein Klopfen schreckte Jin auf, Kame ignorierte es völlig. „Ja?“, sagte Jin mit krächzender Stimme, Asou, gefolgt von Koki, betraten den Raum. „Whoa!“, sagte Koki als er einen Blick auf seine Freunde warf. „Was ist los?“ Jin schluckte. „Johnny… hat angerufen…“ – „Fuck?“, murmelte der Rapper, Asou stand relativ ahnungslos da. „Entschuldigung? Ich… kann nicht ganz folgen?“ Koki blickte den Arzt an. „Ehm… gucken Sie Nachrichten?“ – „Ja?“ Koki schluckte. „Haben Sie die Nachrichten über Kamenashi…-kun und KAT-TUN mitbekommen.“ – „Ja, ich… Sie wollen mir doch wohl nicht sagen, dass es sich hierbei um Sie handelt?“ – „Ich fürchte schon.“ Nun, das erklärte die plötzliche Zustandsveränderung Kamenashi-sans. „Ich… nehme an… dass es keine guten Nachrichten gegeben hat?“ Er fühlte sich etwas unwohl… es betraf zwar seine Arbeit… das zu fragen, aber es in so einem Moment in Erfahrung zu bringen… aber man konnte die Umstände nicht ändern. Jin schüttelte den Kopf. Blickte Koki an. „Der Typ lügt wie gedruckt… sagt immer noch dass er und Kame ein Paar seien.“ Wütend zerdrückte Jin die Decke. „Johnny-san meint du und Ueda kämet mit Geldstrafen wegen Mithilfe zur Körperverletzung davon… Kame…“ Er ließ den Satz ungesagt. Der Arzt hörte zu. Er durfte ja eigentlich nicht sofort etwas glauben wenn es gesagt wurde… aber nachdem was er von Kamenashi-san wusste glaubte er nicht, dass er eine Beziehung zu dem Mann haben sollte der heute in den Nachrichten gezeigt worden war. Und ihm fielen wieder die Aussagen des Mannes ein. „Jedenfalls… Johnny glaubt nicht, dass ihr die Richter oder die Polizei davon überzeugen könnt… dass es… eben nicht stimmt.“ Koki nickte. „Das wette ich…“ Asou räusperte sich. „Es tut mir leid Sie zu unterbrechen… aber… es gibt Beweise dafür, dass der Mann lügt.“ Drei Gesichter drehten sich zu ihm um. „Woher wollen Sie das wissen?“, fauchte Jin, entschuldigte sich sofort für seinen Tonfall. Der Arzt winkte ab. „Sie sind emotional aufgebracht, es ist nur natürlich, dass Sie so reagieren. Außerdem bin ich ein Außenstehender, der nicht in der Lage sein sollte zu beurteilen ob die Aussagen des Mannes stimmen oder nicht. Aber… ich habe wie gesagt die Nachrichten gesehen.“ An dieser Stelle lächelte der Arzt. Er kam Jin gerade wie ein Schutzengel vor. „Er behauptet Kamenashi-san zu der Zeit kennengelernt zu haben wo wir ihn gerade zwangseinweißen mussten“, meinte er sanft. Kame runzelte die Stirn. „Also… muss ich sagen… dass ich… krank bin… wenn ich aus der Misere raus will“, fasste er den Umstand zusammen der ihm missfiel. Der Arzt nickte. „Aber das würden Sie während des Verhörs sowieso tun. Ich… ich gebe zu ich bin kein Experte bei solchen Verfahren aber… man könnte zu einer außergerichtlichen Einigung kommen. Ich denke Ihnen geht es in erster Linie darum, dass die Presse nichts von Ihrem Zustand erfahren soll? Korrigieren Sie mich wenn ich falsch liege.“ Kame schüttelte den Kopf. Darum ging es. „Wenn es Ihnen also recht ist würde ich Sie zur Polizei begleiten, meine Aussage machen, die Unterlagen würden wir uns von der Klinik aus bringen lassen, und dann… hat der Mann keine andere Wahl als zu gestehen, dass seine Behauptungen an den Haaren herbeigezogen sind. Die Polizei ist verpflichtet die Beweise unter Verschluss zu halten… also denke ich, dass Sie alles in allem besser wegkommen wenn wir so vorgehen.“ Kame rappelte sich auf. „Oh Gott…“, murmelte er, wischte sich die Tränen aus den Augen. „Ich zieh mich an…“ Asou nickte. Jin blickte Koki an. Der Arzt vermutete telepathische Fähigkeiten als der Rapper plötzlich nickte und einen Satz sagte, der für ihn keinen Sinn ergab. „Ich mach schon.“ – „Danke“, sagte Kame der sich gerade irgendwie in seinem Oberteil verheddert hatte. Jin musste kichern, es war zwar immer noch nicht… gut… aber die Situation von vor ein paar Minuten schien sich doch deutlich gelockert zu haben. Schnell stand er auf und befreite den Jüngeren. Der Arzt beobachtete diesen Vorgang ebenfalls amüsiert. Jin bestand noch darauf, dass Kame irgendetwas zu sich nahm und rief in der Zeit die Kame brauchte um eine Scheibe Brot zu verschlingen die Polizei an um zu sagen, dass sie gleich vorbeikommen würden um die Aussage aufzugeben. Johnny legte das Telefon wieder auf den Tisch, rieb sich die schmerzenden Schläfen. Nein, sein Job machte zurzeit absolut keinen Spaß. Er betrachtete die drei Kündigungsschreiben die bei ihm auf dem Tisch lagen. Er musste lächeln. Er war froh, dass es nun doch anders gekommen war. Er knüllte die Papiere zusammen, holte ein Feuerzeug heraus und verbrannte sie. Es wäre wirklich ein Jammer gewesen KAT-TUN halbieren zu müssen. Nun, aber jetzt sah es so aus, als würde er gute Werbung für die Band kriegen. Er sah schon die Schlagzeilen der nächsten Ausgabe… Oh ja… er wusste wie er dieses Umstand ausnutzen konnte. Kamenashi Kazuya, das verleugnete Idol, das Idol das von einem fiesen und gemeinen Kerl ausgenutzt worden war um an Geld zu kommen… Er rief seine Sekretärin zu sich, er musste eine Pressekonferenz planen. Das Zimmer war hell, keine Rauchschwaden von alten Zigaretten, keine Lampe die ihr helles Licht auf einen Schreibtisch scheinen ließ, keine diskret (und doch auffällig) positionieren Revolver… Trotzdem fühlte Kazuya sich ungemütlich. Es hatte ebene doch was von einem Verhör wovon ein… großer Teil einer Zukunft abhing. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Kaffee der auf dem Tisch für ihn bereitstand. Der Polizist inspizierte skeptisch die Formulare die Kames Aufenthalt in der Psychiatrie belegten. Kame nippte an dem zu heißen Kaffee, verbrühte sich die Zunge, zuckte jedoch nicht einmal zusammen. Mittlerweile spürte er das Brennen seines Armes deutlich, er hätte vielleicht einen Verband anbringen sollen ehe er hierhergekommen war… Aber diesen Umstand konnte er nicht mehr ändern. „Nun, das wirft auf die Aussagen von Kohei-san ein völlig neues Licht“, meinte der Beamte achselzuckend. „Wir werden die Papiere zunächst hier behalten um sicherzugehen, dass es sich hierbei nicht um Fälschungen handelt, ich hoffe Sie verstehen das?“ Kame nickte, blickte zu Asou-sensei der neben ihm saß. „Natürlich. Wir haben Kopien in unserer Klinik.“ Kame atmete auf. Er hatte eigentlich so gut wie nichts gesagt seit sie hier angekommen waren, Asou hatte das Reden übernommen. War vielleicht besser so. Er blickte zum Arzt auf. Er war ihm dankbar für diesen Ausweg… aber… gleichzeitig fühlte er sich schäbig. Er hoffte stark, dass das nicht an die Öffentlichkeit kommen würde. „Diese Tatsache bleibt vertraulich, nehme ich an?“, fragte Asou den Polizisten in just dem Moment als hätte er Kames Gedanken lesen können. Der Polizist stutzte kurz. „Nun, natürlich ist das etwas, was wir nicht weiterverraten werden. Vor allem weil es sich bei Ihnen um eine Person des öffentlichen Lebens handelt werden wir versuchen sicher zu gehen, dass die Presse keine Gerüchte aufschnappen kann. Wir können Ihnen aber natürlich nicht versichern, dass es keine undichte Stelle gibt. Vor allem… da Kohei-san von sich aus Kontakt mit der Presse aufgenommen hatte.“ Kame umklammerte seinen Becher fester. Ja, das war auch eine Möglichkeit. „Könnten Sie ein Treffen mit Kohei-san arrangieren? Ich denke, und mein Patient stimmt mir zu, dass eine außergerichtliche Einigung in diesem Fall die beste Option wäre.“ Asou sprach als wäre es das natürlichste der Welt für ihn solche Gespräche zu führen. Nun, möglicherweise war es das tatsächlich? Kame hatte ja nicht allzu viel Kontakt mit anderen Patienten gehabt. Vielleicht musste er häufig mit der Polizei reden. Vielleicht war er aber auch einfach nur selbstbewusst und konnte sich durchsetzten… Der Polizist nickte unsicher. „Ja, ich denke das geht in Ordnung…“ Der Arzt lächelte dem Mann zu. „Rufen Sie mich bitte an wenn Sie in der Lage waren diese Bitte zu erfüllen oder weitere Fragen geklärt werden müssen. Ich denke wir können jetzt gehen.“ Er stand auf, händigte seine Visitenkarte aus. Kame stand leicht zeitverzögert ebenfalls auf, wurde von Asou aus dem Zimmer geschoben. „Haben Sie vielen Dank“, murmelte der Sänger sowohl zum Polizisten als auch zum Arzt. Gerettet? Auf dem Flur wurden die beiden von Koki und Jin bereits erwartet. „Und, wie ist es gelaufen?“, fragte Jin nach, hielt Kame an den Armen fest. Kazuya zuckte vor Schmerz zusammen und Jin ließ ihn sofort wieder los. „Ah, sorry, hab ich vergessen“, murmelte er verlegen. „Schon okay… War auch ganz… gut denke ich?“ Asou nickt aufmunternd. „Ich denke schon. Gut, das hätten wir geklärt.“ Er klatschte einmal in die Hände. „Nun zu meiner eigentlichen Arbeit.“ Er sah etwas trauriger aus. „Ich denke ich muss Sie bitten wieder in das Krankenhaus zu kommen Kamenashi-san.“ Kame blickte kurz auf den Boden. „Ich denke da kann ich nicht widersprechen.“ Er wollte es eh nicht. Er war müde. Er wollte aufhören seine eigene Situation immer mehr zu verschlimmern, er wollte etwas Abstand zu Jin. Und jetzt wurde ihm eine einfache Lösung geboten. „Dann würde ich es begrüßen wenn wir jetzt gemeinsam wieder zu Ihnen fahren, Sie einige Sachen einpacken und wir dann direkt in die Klinik weiterfahren.“ Kame nickte, aus dem Augenwinkel sah er wie Jin die Stirn runzelte. Kazuya und Jin waren wieder allein im Schlafzimmer, Koki hatte sich verabschiedet, er meinte er würde eben bei Johnnys Entertainment vorbeischauen, Johnny-san informieren, den Rest der Band davon verständigen, dass Kame wieder ins Krankenhaus musste und sie ebenfalls über den neusten Stand der Dinge aufklären. Asou wartete im Auto auf Kame. „Meinst du das ist eine gute Idee? Mit ihm mitzugehen?“, fragte Jin im Plauderton, betont beiläufig. Kame witterte sofort, dass er mit der Frage mehr beabsichtigte als ihn wirklich nur nach seiner Meinung zu fragen. „Ja. Wieso?“ Jin biss sich auf die Unterlippe. „Du hast nicht einmal darüber nachgedacht, sofort zugesagt… ich… Kame, ich weiß nicht ob das die beste Lösung ist…“ Kazuya blickte Jin wütend an. „Du wolltest doch, dass ich mich behandeln lasse. Es hat geholfen, falls es dich interessiert. Seitdem ich die Medizin nehme habe ich so gut wie keine Halluzinationen mehr gehabt, warum also sollte das jetzt schlecht sein?“ Jin schüttelte den Kopf. „Das meinte ich so nicht. Ich wollte nur sagen… dass du wenigstens über Alternativen nachdenken solltest bevor du dich für einen Weg entscheidest…“ – „Habe ich Jin, glaub mir.“ Jin reichte Kame ein T-Shirt welches in einem Rucksack verschwand. „So kurzfristig?“ – „Eigentlich seit Asou-sensei gestern hier war. Nach unserer Unterhaltung…“ Jin nickte. „Ich verstehe.“ Schweigend suchte Jin nach einer Hose Kames. „Du kannst hier bleiben während ich in der Klinik bin“, meinte Kazuya, versuchte die Stimmung etwas zu lockern. „Vielleicht will ich nicht bleiben.“ – „Vielleicht.“ Kame runzelte die Stirn. „Ich lass dir die Schlüssel jedenfalls da.“ – „Und wenn du rauskommst muss ich sie wieder rausrücken oder wie?“ Kazuya zuckte mit den Schultern, nahm die Hose die Jin nun in der Hand hielt. „Kommt darauf an.“ – „Worauf.“ Kame seufzte. „Was willst du? Ich kann dir nichts versprechen, was ich unter Umständen nicht halten kann, ich will dich später nicht rausschmeißen… aber möglicherweise ist dir selber aufgefallen, dass alles was ich sage ein paar Minuten später völlig anders aussehen kann?“ Jin nickte. Er verstand es. Aber… „Danke für das Angebot“, meinte er zähneknirschend. Schweigend packten sie weiter. „Magst du ihn?“ – „Huh?“ Jin starrte Kame an, man sah seinem Gesicht nicht an was er dachte. „Ich will wissen ob du diesen Arzt magst.“ – „Er hat mir sehr geholfen Jin.“ Kazuya richtete sich auf, sah Jin in die Augen. „Mögen… ich weiß nicht. Ich kenne ihn nicht.“ Jin seufzte. „Sorry, blöde Frage.“ – „Ich bin ihm dankbar. Wegen der Hilfe. Deswegen, weil ich wieder ein annähernd normales Leben führen kann. Mal abgesehen von dem ganzen Scheiß der gerade abgeht“, unterbrach Kazuya Jin schnell, wusste, dass er auf die… nicht ganz normale Situation zu sprechen kommen wollte. „Und ich bin ihm auch dankbar dafür, dass ich scheinbar nicht ins Gefängnis muss für etwas das ich eh nicht getan habe. Aber… was soll ich denn sonst sagen?“ – „Nichts, nichts, wie gesagt, blöde Frage.“ Kame seufzte nur und schloss die Tasche. „Meinst du ich brauche sonst noch was?“ Jin zuckte mit den Achseln. „Danke.“ – „Wofür?“ Jin lächelte. „Dafür, dass ich hier bleiben darf. Dafür, dass du noch mit mir redest. Für ne ganze Menge mehr eigentlich auch, aber wenn ich alles aufzähle kommst du hier gar nicht mehr weg.“ Kame lachte leise. „Jaja, jetzt fällt es dir auf“, meinte er nur leichthin und schulterte die Tasche. Jin begleitete ihn noch zum Auto des Arztes. „Meld dich, ja?“ Kame nickte. Für einen Augenblick wollte Jin den Jüngeren in den Arm nehmen… aber er traute sich immer noch nicht solche Gesten zu machen. Es war als gäbe es plötzlich eine Barriere zwischen ihnen. Kame öffnete den Mund, schloss ihn wieder, drehte sich um und stieg ins Auto. „Vielen Dank für ihre Hilfe“, sagte Kazuya als sie schon eine Weile gefahren waren. „Da gibt es nichts zu danken. Kamenashi-san, ich denke wir werden als erstes ihren Arm verarzten, wenn wir in der Klinik angekommen sind.“ Das war etwas, was der Arzt seit dem vorigen Abend hatte tun wollen, doch irgendwie hatte es keinen geeigneten Zeitpunkt gegeben. Kame nickte, diese Worte klangen wie Musik in seinen Ohren, es tat höllisch weh. „Gute Idee“, seufzte er aber nur, in Gedanken immer noch bei Jins merkwürdigem Verhalten. Worum war es ihm denn bitteschön gegangen? Was für eine Antwort hatte er erwartet? Wenn es nicht so lächerlich wäre, würde er denken können, dass Jin eifersüchtig war. Kompletter Blödsinn. Schwachsinn. Der Grund warum es ihm so scheiße ging. Diese dämliche Hoffnung die er sich immer wieder selber machte. Das er hoffte, dass etwas, was Jin gesagt hatte in die Richtung ging, dass der Andere doch vielleicht, eventuell Interesse an ihm hatte. Nicht im freundschaftlichem Sinne. Genervt strich sich Kame einige Haare aus dem Gesicht. Ernsthaft, konnte Jin sich nicht klarer ausdrücken? Musste er ihn immer zum Grübeln bringen? Er konnte sich doch (mittlerweile) denken, dass zweideutige Äußerungen nicht gut waren? Er pustete eine besonders nervige Strähne aus den Augen. Erst in dem Moment realisierte er, dass Asou schon seit einiger Zeit versuchte mit ihm eine Diskussion zu führen. Er leckte sich die Lippen, blickte den Arzt an und lächelte entschuldigend. „Es tut mir leid, ich fürchte ich habe Ihnen nicht zugehört.“ – „Ist mir aufgefallen“, sagte der Arzt nur. „Ich wollte wissen wie es Ihnen heute geht.“ Kazuya zuckte mit den Schultern. „Ganz gut, denke ich. Besser als gestern.“ Was nicht wirklich schwer herauszufinden war. Asou nickte. Kazuya blickte den Arzt an. Er war nett. Er sah gut aus. Er hatte Interesse an seinen Patienten. Er war alles in allem ein guter Mensch. Und vor allem Dingen war er nicht Jin. Und Kame brauchte unbedingt etwas, was ihm von Jin ablenken konnte. Mädchen konnte er vergessen, das klappte nicht. Hatte er schon ein paar Mal probiert (auch wenn er Jin nie gesagt hatte wenn er eine Beziehung hatte, zum einen weil er eh nie etwas für eines der armen Dinger empfunden hatte und zum anderen hatte er das alles eh eher als… Experimente angesehen, und schämte sich dafür…). Männer waren okay, er hatte zwar absolut nicht das Gefühl die Typen die er geküsst hatte zu lieben, aber wenigstens war er von ihrem Äußeren angesprochen worden. Also… einen Versuch war es vielleicht wert… „Erinnern Sie sich noch an Ihr Angebot uns gegenseitig zu duzen?“, fragte Kame, den Blick immer noch auf den Arzt geheftet. „Ja? Wieso?“ – „Ich denke ich kann es jetzt annehmen.“ Er sah wie der Arzt lächelte. „So? Das freut mich. Dann… tja, können, eh kannst du jetzt Yuu zu mir sagen.“ Kame lächelte auch. „Kazuya“, sagte er dann einfach nur und blickte wieder aus dem Fenster. Das reichte fürs erste. Alles andere würde sich ergeben… oder nicht… aber er wollte nichts überstürzen. Er wusste ja auch gar nicht, ob der Arzt solchen Beziehung zugeneigt war. Zum einen war da die Tatsache, dass Kazuya sein Patient war. Und zum Anderen… nun, er wusste nicht ob der Arzt schwul war… oder zumindest bi. Und wenn das nicht der Fall war wars eh egal. Jins Handy vibrierte in seiner Hosentasche, er fischte es heraus, sah dass eine Nachricht angekommen war. Der Absender war Maiko. Kame fühlte sich versucht die Nachricht ungelesen zu löschen, aber andererseits wäre das Jin gegenüber unfair. Wer wusste schon was sie wollte? Also öffnete er die Nachricht. Sag Jin dass er nächste Woche Mittwoch zum Frauenarzt kommen soll. Ich will mich über einen Vaterschaftstest erkundigen. Er soll von Anfang an dabei sein, wenn ich seiner bescheuerten Forderung nachgebe. Das war bestimmt deine Idee, stimmts, Scheißkerl? Kame blickte diese Textzeilen, gelinde gesagt, verblüfft an. Kaum hatte Jin es sich auf Kames Couch gemütlich gemacht da klingelte das Telefon, ein Blick auf den Display zeigte, dass es seine Handynummer war von der der Anruf getätigt wurde. „Kazuya? Hast du etwas vergessen?“ – „Nein… eh Maiko hat dir… eine Nachricht geschrieben…?“ Jin stutzte kurz. „Eh, ich hatte ihr gesagt, dass du mein Handy hast“, sagte er als ihm einfiel, dass der Jüngere nichts davon wusste. „Ah… ja… jetzt macht es… mehr Sinn…“ Kame machte eine kurze Pause, gab Jin wieder was Maiko wollte und verabschiedete sich. Mittwoch… Noch vier Tage. Jin wartete vor dem Frauenarzt auf Maiko. Er war viel zu früh da. Sie würde bestimmt noch etwas länger brauchen, ehe sie hier aufkreuzten würde… Zu seiner Überraschung tauchte aber schon bald das Auto von ihr auf und sie stieg aus. Man sah schon, dass sie ein Kind erwartete. Sie würdigte ihn keines Blickes, als sie in das Gebäude trat, Jin folgte ihr stumm. Zwischen ihnen gab es nichts mehr was gesagt werden musste. Sie setzten sich nebeneinander in das Wartezimmer, wo sie eine glückliche Familie erwartete. Und ein Mädchen was aussah als würde es gleich in Ohnmacht fallen. Jin hatte Mitleid mit ihr. Er fühlte sich sehr ähnlich. Er betrachtete die Familie und wünschte sich für einen irren Augenblick dasselbe zu erleben. Bis ihm auffiel, dass er sie auf jeden Fall nicht jetzt erleben wollte und nicht mit der Frau neben ihm. Er wollte wieder frei sein. Nach einer gefühlten Ewigkeit wurde Maikos Name aufgerufen und sie stand auf. Jin folgte ihr wortlos. Nun mussten sie im Arztzimmer warten, sofort sank die Stimmung um nochmal einige Grad. Es war etwas mit anderen in einem Raum zu sitzen und sich anzuschweigen und etwas ganz anderes alleine in einem Raum zu sitzen und sich anzuschweigen. Glücklicherweise kam bald der Frauenarzt rein, verneigte sich leicht. Jin wiederholte die Geste, auch Maiko verneigte sich. „Ah, Sie sind zu der Untersuchung hier?“, fragte er an Maiko gewandt, blickte dann Jin an. „Und Sie müssen der glückliche Vater sein.“ Jin versetzte es einen Stich. Maiko sagte nichts. Blickte ihn stumm an. Das hier war seine Idee gewesen also sollte er es klären. „Eh… genau darum geht es… ich… bin mir leider nicht so sicher, dass ich der Vater bin“, murmelte er nervös. „Ich wollte gerne wissen… ob es möglich ist einen Vaterschaftstest zu machen.“ Der Arzt runzelte die Stirn. „Gibt es denn einen begründeten Verdacht, warum Sie annehmen nicht der Vater zu sein?“ Was ging den das an? „Ja.“ – „Aha.“ Sonst würde er es doch nicht anzweifeln! Meinte er das sei eine Freude so etwas zu denken? Dass man der Vater… eh nicht der Vater eines Kindes war? Nun… vielleicht konnte man Jin auch einfach aus dem Gesicht ablesen, dass er sich wünschte, dass dieses Kind von wem anderes gezeugt worden war. Aber es war trotzdem nicht der Job dieses Arztes das in Frage zu stellen! Er sollte sie nur beraten und dann alles nötige in die Wege leiten! „Ich fürchte Sie müssen noch einige Monate warten ehe diese Frage geklärt werden kann“, meinte er dann sachlich. „Ich denke nicht“, knurrte Jin wütend. „Ich weiß, dass es möglich ist bereits vor der Geburt des Kindes einen Vaterschaftstest zu machen.“ – „Prinzipiell schon“, sagte der Arzt vorsichtig, „aber es besteht eine gewisse Gefahr für das Kind, deswegen wollen wir nur in ernsten Fällen diesen Test anwenden.“ Jin seufzte. Was sollte das denn heißen? „Und wann ist es ein ernster Fall?“, erkundigte er sich so höflich wie möglich. „Falls es sie interessiert, wie machen unsere ganze Zukunftsplanung von der einen Frage abhängig. Ist Ihnen das ernst genug?“ Der Arzt seufzte. „IM Grunde genommen ist es Ihre Entscheidung. Ihre und die Entscheidung der Mutter, die in diesem Fall aber eindeutig mehr zu sagen hat. Also, was sagen Sie dazu?“ – „Ich wäre nicht hier wenn ich es weiter aufschieben könnte“, sagte Maiko gefasst. „In bestimmten Situationen gibt es nur eine richtige Entscheidung.“ Sie bedachte Jin mit einem giftigen Blick. „Wenn Sie sich sicher sind“, sagte der Arzt achselzuckend. „Dann werde ich Ihnen zunächst einmal erklären wie dieser Test stattfindet, was man dafür machen muss und wie lange die Prozedur dauern wird. Im Nachhinein gebe ich Ihnen noch etwas Zeit die Entscheidung zu überdenken. Ich würde sagen Sie besprechen es dann in aller Ruhe zusammen und kommen an einem anderen Tag wieder.“ Weder Maiko noch Jin sagten etwas, so dass sich der Mann genötigt sag fortzufahren. „Wie sie vielleicht wissen lösen sich während der Entwicklung des Babys immer wieder Partikel vom Fötus ab das Fruchtwasser. Man kann etwas Fruchtwasser aus der Gebärmutter entnehmen. Das ist der Teil, der das Kind gefährdet. Vor allen Dingen da in Ihren Fall nicht der Verdacht besteht, dass das Kind eine genetisch bedingte Krankheit hat, die man mithilfe dieses Tests nachweisen müsste.“ Man hörte deutlich die Missbilligung in der Stimme des Arztes heraus. Jin ignorierte sie geflissentlich. Er sollte sie aufklären, nicht kritisieren! Der Arzt schien es auch zu verstehen, fuhr einfach fort. „Das entnommene Fruchtwasser wird an eine Stelle geschickt die die DNA isoliert und vervielfacht. Die DNA von Ihnen würde ebenfalls dorthin geschickt werden. Danach könnte man die DNA miteinander vergleichen. Mit diesem Verfahren kann man zu einem großen Prozentsatz feststellen ob Sie die Eltern des Kindes sind.“ Maiko und Jin blickten den Arzt an. „War das alles?“, fragte Jin ruhig nach. „Naja. Zum Verfahren an sich schon.“ Jin nickte. „Sie wollten noch was zur Dauer sagen?“ – „Ja, Sie müssten ein, möglicherweise zwei Monate auf die Ergebnisse warten. Sie können sie entweder persönlich beim Institut abholen, sich per Post zuschicken lassen oder, mittlerweile die gängigste Methode, Sie lassen es sich per E-Mail zuschicken.“ Jin nickte. „Wieso ist das Kind durch die Entnahme des Fruchtwassers gefährdet?“ – „Es kann zu Komplikationen kommen, im schlimmsten Fall könnte es zu einer Fehlgeburt führen.“ Jin schluckte. „Okay, klingt nicht sehr nett…“ Er wollte es trotzdem wissen. „Und wie groß ist diese Möglichkeit?“, mischte sich nun Maiko in das Gespräch ein. „Ich will ja nichts sagen, aber bisher war jede Entnahme noch ein Erfolg bei mir.“ Jin wollte dem Mann in den Hintern treten. „Mit anderen Worten ist die Gefahr nicht ganz so groß“, brachte er es auf den Punkt. „Nun… nein…“, gab der Mann zu, seufzte. „Wollen Sie sich nun beraten? Wir könnten einen Termin nächste Woche ausmachen wo Sie mir mitteilen wie Sie sich letztendlich entschieden haben?“, schlug er vor. Jin und Maiko blickten sich an. „Ich denke nicht, dass wir eine ganze Woche darüber nachdenken müssen, oder was meinst du Jin?“, wandte sie sich zum ersten Mal an ihn. „Nein, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich diesen Test hinter mich bringen möchte“, gestand Jin sofort, Maiko nickte. „Wenn die Gefahr tatsächlich nicht so groß ist… dann… habe auch ich nichts dagegen.“ Der Arzt zuckte leicht zusammen. Nun eine heile Familie klang anders. „In diesem Fall sollte es möglich sein die Fruchtwasserentnahme in einer Woche durchzuführen, wenn sie sich bitte einen Termin geben lassen würden?“ Jin stand auf, bedankte sich bei dem Arzt für die Beratung, ging aus dem Zimmer und ließ einen Termin arrangieren. Bei Kame angekommen griff er nach dem Haustelefon und wählte seine Handynummer. Nach einigen Augenblicken ging Kame ans Telefon. Er lachte gerade. „Jin?“, prustete er in den Hörer, hatte wieder einen Lachflash. Jin kam diese Klinik spanisch vor… „Koki, hör auf mich zu kitzeln!“, quiekte Kame dann los, jappste nach Luft. „Ich will telefonieren!“ Jin grinste. Er erinnerte sich noch lebhaft an sein… „Telefonat“ mit diesem Koki. Scheinbar mochte Kame ihn. „Okay, ich bin dran“, schnaufte der Jüngere, immer noch nach Atem ringend. „Schon okay, ich lass dich erst mal atmen bevor ich dich zutexte, okay?“ – „Oh ja, bitte…“ Er hörte zu wie Kames Atem wieder normal wurde, sprach dann los. „Ich war heute mit Maiko beim Frauenarzt“, sagte er dann sofort. „Oh, ist schon Mittwoch? Wie ist es gelaufen?“ Jin schluckte. „Naja, nächste Woche wird der Test… naja… angefangen, ich will dich jetzt nicht mit Details nerven aber… ich bin mit dem Nerven am Ende“, posaunte Jin heraus. „Jin… du solltest dich ausruhen“, meinte Kame nach einer kurzen Pause. „Das… der Stress tut dir nicht gut.“ – „Ach… wie soll das gehen? Ist ja nicht so als würde mich die Arbeit oder so stressen… es ist die Ungewissheit, und durch nichts tun wird das bekanntlich schlimmer.“ Er hörte ein Seufzen. „Vielleicht hast du recht…“ – „Nicht nur vielleicht!“, meinte Jin im Brustton der Überzeugung. „Kazuya?“ – „Ja?“ Jin hörte eine Weile wieder nur zu wie Kame atmete, es beruhigte ihn, auf eine komische Art und Weise. „Was ist?“ – „Wann kommst du wieder?“ Kame seufzte. „Asou-sensei hat was von zwei Wochen gesagt…“ – „Okay. Bis dann.“ Jin legte auf. Er vermisste ihn schon so sehr… Kapitel 5: Kapitel 5 – Chance ----------------------------- 1 “a possibility due to a favorable combination of circumstances” 2 “a risk involving danger“ Koki blickte etwas… entsetzt… panisch… verständnislos… auf das was er da vor sich sah. „Kame… was… ist… das…?“, krächzte er und deutete vage in die Richtung die er meinte. „Was?“ Der Jüngere hob eine Augenbraue. „Ja… das…da…“ Kame war gerade erst wieder aus der Psychiatrie entlassen worden und hatte sich sofort zu einem KAT-TUN Treffen begeben. Nur noch wenige Tage und ihre Tour würde beginnen, er hatte keine große Wahl gehabt, ob er kommen wolle oder nicht… er hatte aber nur den Rapper angetroffen, der ihn… so… begrüßte. „Was?“, fragte er leicht genervt, da Koki immer noch so dastand als wäre eine Bombe vor ihm hochgegangen. „Deine…“ – „Haare? Ja, ich hab sie kürzer geschnitten.“ Koki starrte es leicht befremdet an. „Warum?“, Koki klang regelrecht verzweifelt. „Ich sag ja nicht, dass es dir nicht steht“, versuchte er die Situation zu retten als er sah, dass Kame nun auch die zweite Augenbraue in die Höhe zog und die Hände in die Seite stemmte. „Gut für dich, dass es mir egal ist was du davon hältst. Die langen Haare haben mich einfach nur noch genervt. Außerdem trägst du sie auch kurz“, meinte Kame und strich über Kokis Kopf, wo wirklich viel weniger Haare waren als auf dem Kopf des Jüngeren. „Ja aber… bei mir ist das… was anderes…“, murmelte Koki leise. „Nakamaru hat sie auch kurz, und Junno hat sie sich auch geschnitten!“, argumentierte Kame. „Aber bei mir ist es natürlich was anders.“ Der Rapper schüttelte schnell den Kopf. „Ich eh… man kennt dich doch so gar nicht“, sagte er weinerlich. „Ja und? Veränderung tut manchmal gut“, sagte Kame und grinste. „Außerdem gefällt es mir und das ist die Hauptsache.“ Koki beschloss das Thema ruhen zu lassen, das war aber auch ein Schock als Kame die Tür geöffnet hatte (okay, damit, dass der Jüngere kommen würde hatte er gerechnet) und er dann feststellen durfte… dass die Haare mehr als halbiert worden waren! Da durfte man auch mal entsetzt sein! „Eh… hat Jin dich schon gesehen?“, fragte er dann. „Ich eh…“ Kame hatte ihm einen Todesblick gesandt. „Warst du schon zu Hause?“ Der Sänger lebte immer noch bei Kame, wartete auf die Ergebnisse des Vaterschaftstestes die genau zum Tourstart ankommen sollten. Er war das reinste Nervenbündel. „Nein, ich bin sofort hierhergekommen“, sagte Kame und setzte sich auf das Sofa, was im Raum stand. „Weiß Jin von deinem neuen Haarschnitt?“ So viel zum ruhen lassen… er konnte es einfach nicht… „Muss Jin immer alles sofort wissen was mich betrifft? Muss ich ihn demnächst fragen, ob ich ein bestimmtes Shirt kaufen darf?“ – „Eh nein, nein, nein, nein! Sorry, ich halt schon meine Klappe…“, meinte Tanaka kleinlaut griff sich eine Zeitung die im Raum rumlag, konnte sich aber nicht auf ihren Inhalt konzentrieren. Immer wieder warf er Seitenblicke auf ihr jüngstes Bandmitglied. Vielleicht sollte er draußen ein Schild aufstellen was die anderen warnte? Oder rausgehen, sie abfangen und… es ihnen persönlich sagen? Andererseits hatte Kame Recht, es war nur ein Haarschnitt. Er reagierte über. Ganz sicher. Und Maru, Junno, Tatsuya reagierten auch über als sie den Raum betraten und sich in etwa dieselbe Szene abspielte wie vor einigen Minuten. „Du hättest uns vorwarnen müssen!“, schimpfte Maru los wie ein Rohrspatz, Kame wurde zunehmend wütender. „Aber als der da“, er deutete auf Koki, „mit pinken Haare angerauscht kam wars okay?“ Koki rutschte unruhig auf seinem Sessel hin und her, murmelte etwas von einer „Wette“ und „schnell wieder vorbei“, doch niemand beachtete ihn. „Beschissene Doppelmoral“, fauchte Kame dann und beachtete die Anderen nicht mehr. Sie murmelten ein paar Entschuldigungen, aber Kame war, verständlicherweise, etwas sauer auf ihre Reaktion. „Meinst du nicht wir sollten Jin vorwarnen?“, fragte Yuichi in dem Moment den Rapper. „Du weißt schon, er ist eh ein einziges Nervenbündel und… das würde ihn aus den Latschen kippen glaub ich, wenn er hier einfach reinkommt und…“ Jede weitere Überlegung wurde zunichte gemacht als in just dem Augenblick die Tür geöffnet wurde und Jin das Zimmer betrat. Sie alle mit einem Nicken begrüßte… und Kame erblickte. „Was zur…?“ – „Bitte sag nicht, dass du jetzt auch damit anfangen willst“, fauchte Kame. Seine Freundlichkeit war aufgebraucht. Leider traf es Jin, dass er sofort wütend reagierte. Dieser schien jedoch Verständnis zu haben. Was alle leicht irritierte. „Lass mich raten, ich bin der Fünfte der dich darauf ansprechen will?“ Kame nickte. „Dann lass ich es bleiben, erinnert mich übrigens an die Zeit wo wir sechzehn waren“, grinste Jin und fuhr Kame durch das Haar. „Mir gefällt’s“, meinte er dann immer noch grinsend, und setzte sich hin. Kame seufzte. „Na, wenigstens einer der nicht glaubt, dass die Welt untergeht weil meine Haare kürzer sind.“ „Okay, und nun wo wir alle vollständig sind… lasst uns die verfluchten Tänze üben, mit einem weniger ists scheiße…“, murrte Koki, die anderen folgten ihm aus dem Raum. Wo er recht hatte… Kame zog wieder seine normalen Anziehsachen an, als er den Umkleideraum verließ wartete Jin im Flur auf ihn. „Na, fahren wir?“, meinte der Sänger, wieder im Dauerlächelmodus. „Du musst nicht übertrieben nett sein“, meinte Kame leichthin ging zur Eingangstür, Jin folgte ihm. „Bin ich nicht!“, verteidigte sich der Ältere, runzelte die Stirn. „Okay, dann war es meine Einbildung“, besänftigte Kazuya seinen Freund. Wartete. „Eh… schmeißt du mich jetzt aus deiner Wohnung?“ – „Ich wusste es!“, triumphierte der Jüngere. „Der Kaffee, das Essen, du sagtest du magst meinen Haarschnitt, jetzt wartest du hier auf mich, ach ja, und wie du mich verteidigt hast als ich bei „Don’t You Ever Stop“ einen Fehler nach dem anderen gemacht habe, ich wusste, dass du was willst“, zählte er auf, lächelte aber. „Tut mir leid?“ Kame lachte. „Nein, du darfst bleiben. Habe ich kein Problem mit. Aber…. Erzähl, wie geht es dir? Ich hab kaum was gehört nachdem du angerufen hast als du mit Maiko vom Arzt zurückgekommen warst. Sind schon Ergebnisse da?“ Jin schüttelte den Kopf. „Nein, das wird auch noch eine Weile dauern. Wenn wir mit unserer Tour anfangen sollen sie kommen.“ – „Oh. Was für ein Timing.“ Jin nickte betrübt, schloss das Auto auf. „Das kannst du laut sagen.“ Kurz bevor sie das Apartment erreichten beschloss Kame eine Frage zu stellen, die ihm schon die ganze Zeit im Kopf rumgeisterte. „Jin?“ Er wusste sofort, dass der Sänger ihm zuhörte. „Ich hoffe, dass du wenigstens etwas aufgeräumt hast als du bei mir warst?“ Jin nickte sofort. „Du vergisst gerade, dass ich nicht rausgeschmissen werden wollte“, erinnerte er den Kleineren. „Ah. Ja, da war was“, lachte Kame. Jin musste zugeben, dass der Erneute Aufenthalt in der Psychiatrie Wunder gewirkt hatte, Kame wirkte wieder viel fröhlicher, offener. Es war einfacher mit ihm zu reden. Das war ein gutes Zeichen, nicht? „Wow, du hast ja tatsächlich aufgeräumt“, stellte Kame fest, als er die Wohnung betrat. „Ja… sagte ich doch, glaubst du mir etwa nicht?“ – „Wir haben über aufräumen gesprochen Jin, und meine und deine Vorstellung von „sauber“ driftet weit auseinander.“ Da hatte Jin nichts entgegenzusetzen. Murmelte etwas Undefinierbares und bediente sich im Kühlschrank. „Jin?“ – „Ja?“ Kame druckste etwas herum. „Eh… ich wollte dir nur sagen, dass ich gleich weggehe und es eher… spät wird. Kann sein, dass ich gar nicht wiederkomme ehe wir wieder zur Arbeit müssen, also, wunder dich nicht, wenn ich morgen früh nicht da bin, ja?“ Sagte es, drehte sich um und suchte nach neuen Klamotten. Jin ließ den Joghurt beinah fallen als er das hörte. „Was?“, fragte er, sah zu wie Kazuya sich schick machte. „Wohin gehst du?“ – „Weg.“ Jin ließ den Becher auf einem Tisch stehen, ging zu Kame. „Das habe ich verstanden, wohin genau?“ Kazuya blickte in Jins Richtung, holte dabei eine Kette raus und legte sie um. „In ein Restaurant.“ – „Alleine?“ Kame verdrehte die Augen. „Stell dir vor, nein, aber was geht dich das an?“ Jin verstummte. Das war… sehr direkt gewesen. „Normalerweise bleibt man aber nicht mehrere Stunden in einem Restaurant“, versuchte er trotzdem etwas mehr herauszubekommen. Etwas lief hier falsch, sehr falsch. „Wir bleiben da auch nicht den ganzen Abend. Später gehen wir zu ihm“, meinte Kame leichthin. „Wer ist „ihm“?“ Jin konnte ebenfalls direkt sein. Und es schien so, als würde er anders gar nichts mehr erfahren. Was war hier bitte los? Gerade eben noch hatte er gedacht alles sei okay, und jetzt… wollte ihm sein Freund nicht verraten wo er hinging! Mit wem er wegging! Alles musste man ihm aus der Nase ziehen, unglaublich. Jin fühlte sich irgendwie… verraten… „Yuu.“ – „Wer?“ Den Namen hatte er noch nie gehört. „Kame, wer ist das?“ – „Asou. Yuu Asou. Das ist sein Vorname“, Kazuya klang gereizt. „Musst du sonst noch etwas wissen? Oder darf ich jetzt gehen? Ach ja, ich vergaß…“ Kame suchte etwas in der Tasche die er mitnehmen wollte. „Hier, dein Handy, ich kauf mir morgen ein neues, danke, dass du es mir geliehen hast. Wir sehn uns.“ Jin hielt Kame am Arm fest als dieser weggehen wollte. „Asou? Der… Arzt? Dieser… Seelenklempner?“ – „Jin! Er ist Psychiater!“, fauchte Kame, versuchte seinen Arm loszureißen. „Gehst du mit ihm? Oder warum triffst du dich mit ihm? Er… du bist doch gerade von da weg!“ Kame zog sie Augenbrauen zusammen. „Wieso muss ich deiner Meinung nach mit jemanden zusammen sein, wenn ich mit ihm was essen gehe und hinterher etwas bei ihm bleibe? Nach dieser Logik sind wir schon ziemlich lange ein Pärchen.“ Kame lächelte bitter. „Dass wir das nicht sind weiß wohl kaum einer besser als wir, oder? Warum unterstellst du mir also jetzt sowas? Nur weil du weißt, dass ich schwul bin? Hätte ich gesagt ich ginge mit einem Mädchen weg hättest du das nicht gefragt, stimmts?“ Das war kein ja und kein nein, das fiel Jin schon auf. Und ihm fiel auf, dass Kame der Beantwortung der Frage auswich. „Sags einfach“, knurrte Jin. „Sind wir nicht“, fauchte Kame. „Er ist verheiratet und hat zwei Kinder, zufrieden?“ Jin ließ Kames Arm los. „Sorry“, murmelte er. „Weiß auch nicht was in mich gefahren ist.“ Kame blickte den Sänger an. „Dann sag ich es dir. Du bist eifersüchtig.“ Mit diesen Worten drehte Kame sich um und verließ den Raum. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, aber er widerstand der Versuchung sich noch einmal umzudrehen. Eifersüchtig? War es das? Jin schüttelte den Kopf. Warum sollte er eifersüchtig sein? Kame war und würde immer sein bester Freund bleiben. Da konnten andere rütteln und schütteln so viel sie wollten. Da war er sich sicher. Also wieso eifersüchtig sein? Kame ging nach unten, sah bereits das Auto des Arztes. Öffnete die Beifahrertür und schloss sie wieder. Begrüßte den Arzt mit einem Lächeln. Er hatte gelogen. Ja, Asou hatte eine Familie… und seit neuestem auch eine Affäre… Kame beugte sich mit schlechtem Gewissen vor und küsste den Arzt auf den Mund, öffnete ihm gebieterisch mit der Zunge die Lippen. Sie lösten sich wieder voneinander. „Hast du mich vermisst?“, fragte der Arzt Kazuya und startete den Motor. „Mach dich nicht lächerlich. Wir wissen beide…“ – „dass du nur Ablenkung willst, ich weiß.“ Wenigstens da waren sie sich einig. Kame suchte Ablenkung… und Asou… vielleicht ein Abenteuer. Vielleicht wollte er einmal etwas Verbotenes probieren. Kame war doch erstaunt gewesen, als der Arzt den ersten Schritt in dieser Beziehung getan hatte. Er hatte gedacht, dass Yuu keine Beziehung mit ihm anfangen würde nachdem er erfahren hatte, dass er glücklich verheiratet war und zwei Engel als Kinder hatte. Er hatte sich um ehrlich zu sein einen Idioten gescholten, dass er je an so etwas gedacht hatte… und dann hatte er ein schlechtes Gewissen gehabt, weil er sich auf diese Affäre eingelassen hatte… naja… Asou musste selber wissen wie weit er gehen wollte, wie sehr er sein trautes Familienglück aufs Spiel setzten wollte. Auf jeden Fall war gewährleistet dass ihre Beziehung geheim bleiben würde. Beiden lag daran, dass niemand etwas erfahren würde. „In was für ein Restaurant fahren wir eigentlich?“ – „Ich dachte an chinesisches Essen. Es gibt da eines, etwas weiter weg von hier, welches wirklich gut ist.“ Kame nickte, öffnete das Fenster etwas. Ließ die Nachtluft über sein Gesicht streifen. „Und danach?“ – „Dachte ich an etwas Sex.“ Kame lief ein Schauer über den Rücken. Das war ein Thema, was in der Klinik absolut tabu gewesen war, für beide. Er hatte aber von Anfang an gewusst, dass es darauf hinauslaufen würde. Hatte es ja auch gewollt… wollte es immer noch… aber Jins Blick… seine Gesten… sein Verhalten von eben gingen ihm nicht aus dem Kopf… ob er wirklich… eifersüchtig war? Nicht auf eine Freundschaft die er bedroht sieht… sondern… auf eine potenzielle Beziehung? Kame schüttelte wütend den Kopf. Genau deswegen war er doch erst auf Asous Werben eingegangen. Um nicht mehr solchen Schwachsinn zu denken. „Alles okay?“, fragte Yuu auch in dem Moment nach, Kame nickte. Was sollte er denn sonst großartig sagen? Kazuya wachte auf und fand sich in einem fremden Bett wieder. Am Ende waren sie einfach in ein Hotel gefahren, hatten ein Zimmer gemietet und… ja… etwas beschämt blickte Kame an sich runter. Es… war etwas… seltsam gewesen… ganz anders als mit den Mädchen mit denen er es versucht hatte. Ehrlicher. Aber immer noch gelogen… Leise stand er auf um Asou nicht zu wecken, ging ins Bad und duschte erst mal ausgiebig. Nachdem das erledigt war zog er sich an, suchte nach einem Zettel und einem Stift. Nach kurzer Zeit fand er die gewünschten Gegenstände, schrieb Asou auf, dass er zur Arbeit gefahren war. Er wollte ihn nicht wecken. Er wollte ihn heute gar nicht mehr sehen… Kame konnte sich gar nicht vorstellen, wie er Jin heute gegenübertreten sollte… er hatte ihn noch nie so krass angelogen… verschwiegen… ja… aber ins Gesicht gelogen? Er wartete in der Eingangshalle des Hotels darauf, dass das Taxi kam, stieg ein, nannte die Adresse an der sich KAT-TUN heute treffen würde und döste noch etwas. Er hatte wenig geschlafen in dieser Nacht… Er kam etwas verspätet in den Raum geplatzt, stellte fest dass außer ihm nur noch Taguchi fehlte, der früher ein Fotoshooting hatte. „Entschuldigung“, murmelte er den anderen zu. Sah Jins Blick, lächelte ihm zu. „Warten wir noch auf Taguchi?“, fragte Kame um die unangenehme Stimmung zu vertreiben. „Ja…“, meinte Koki setzte sich neben Kame. „Sag mal, was kommst du so spät?“ – „Hab vergessen mir den Wecker zu stellen, ich bin froh überhaupt noch aufgewacht zu sein“, lachte Kame unbehaglich. „Aha.“ Für den Rapper hatte sich das Thema hiermit anscheinend erledigt, aber Jin sah nicht so aus, als würde ihm der Verlauf der Ereignisse gefallen. Nach kurzer Zeit kam Junno ins Zimmer und sie konnten sich wieder auf die Probe konzentrieren. Jin versuchte beharrlich in die Nähe von Kazuya zu gelangen, der es aber irgendwie immer schaffte, dass mindestens noch eine Person bei ihnen stand wenn sich Jin näherte oder aber auf mysteriöse Art und Weise verschwand wenn Jin versuchte sich an ihn heranzuschleichen. Damit war für den Älteren klar, dass irgendetwas nicht stimmte. Wieder mal. Die Frage war nur: Was? Aber als sie endlich bei Kame angekommen waren konnte er die Frage nicht stellen, der Jüngere ging sofort ins Schlafzimmer und legte sich aufs Bett. Jin hätte sich die Haare rausreißen können. Wütend setzte er sich aufs Sofa, zappte durch einige Kanäle, aber es gab nichts was ihn hätte ablenken können… Und ihm schoss eine Idee durch den Kopf. Eher… eine Art Eingebung. Langsam stand er auf, ging ins Schlafzimmer. Kazuya schlief tatsächlich schon. Mist. Er hatte gehofft, dass der Jüngere nur etwas allein sein wollte… nicht, dass er wirklich schlafen würde. Egal. Jin rüttelte Kazuya wach, der scheinbar jetzt jemanden umbringen wollte. „Was zur Hölle willst du Akanishi?“ – „Reden.“ Kame stöhnte entnervt auf, setzte sich auf. „Kann das nicht bis morgen warten? Ich bin total müde.“ Jin räusperte sich verlegen. „Eh, weiß ich…“, versuchte er zuvorkommend zu wirken. Kame blickte die Decke an. „Aber du weckst mich trotzdem…“ – „Ja.“ – „Um zu reden…“ – „Ja…?“ Jin malte unsichtbare Kreise auf die Decke. „Fick dich Akanishi“, murmelte Kame und legte sich wieder hin. „Hey!“, schrie Jin nun empört auf. „In was für einem Tonfall redest du eigentlich mit mir?“ Kame schnellte hoch. „Du hast mich geweckt, Freundchen. Nicht umgekehrt! Da hab ich wohl dass recht stinksauer zu sein?“ Jin schluckte. „Ja, schon, aber wir kommen doch sonst nie dazu miteinander zu sprechen… da dachte ich…“ Kazuya rollte mit den Augen. „Morgen wäre auch noch ein Tag“, knurrte er genervt, setzte sich hin. „Also. Rede. Jetzt bin ich wach…“ Jin starrte Kame etwas verdutzt an, setzte sich neben ihn, wohl darauf bedacht einen gehörigen Sicherheitsabstand zu wahren. Momentan konnte man nie sicher genug sein… „Eh…“ – „Jetzt sag nicht du weißt nicht worüber du reden willst“, stöhnte Kame und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Eigentlich weiß ich es schon…“, murmelte Jin verlegen, „ich… denke bloß, dass ich dann wieder zur Schnecke gemacht werde…“ Kame lachte leise. „Wenn du das befürchtest, hättest du erst Recht warten sollen bis ich wach war“, meinte er dann nur. „Jetzt ists zu spät, also spucks aus“, forderte er Jin dann auf, blickte den Älteren an. „Wie war dein Abend gestern?“ Kame leckte sich über die Lippen, fuhr sich wieder mit der Hand durch die Haare. „Ganz okay…“ Jin zog einen Mundwinkel hoch. „Und dann kommst du zu spät zu dem Treffen? Nur ganz okay… alles klar.“ – „Ach, man… was soll ich denn sonst sagen? Wir haben lecker gegessen, uns gut unterhalten und ich habe beim ihm übernachtet weils wie erwartet zu spät wurde um nach Hause zu fahren. Und ich hab vergessen einen Wecker zu stellen. Ende der Story.“ – „Sicher?“ Kame schubste Jin sanft etwas von sich weg. „Bakanishi, was genau ist eigentlich dein Problem? Momentan würde ich alles darauf wetten, dass du eifersüchtig bist. Aber dir fällt schon noch auf dass wir hier zurzeit zu zweit wohnen?“ Kame lachte. „Wobei, ich wollte dich fragen ob du schon wieder was Eigenes suchst?“ Jin starrte in Kames Gesicht. „Willst du das etwa?“ – „Ich will wissen wie lange du hier bleiben willst. Ja. Darf ich nicht? Oder hast du vor für immer zu bleiben?“ Kame gähnte bei dem letzten Satz, was etwas den aufziehenden Tonfall verzerrte, Jin verstand es trotzdem. „Eigentlich nicht, nein.“ Kame lächelte. „Na eben, also, suchst du schon jetzt eine neue Wohnung oder noch nicht?“ – „Ich warte noch auf die Ergebnisse von diesem beschissenen Test“, flüsterte er. Jedes Mal wenn er daran dachte zog sich sein Magen zusammen. Kame nickte. „Wenn ich dich richtig verstehe… heißt das, das wenn es tatsächlich dein Kind ist du wieder zu ihr ziehst…?“, murmelte er leise. Jin zuckte mit den Schultern. „Habe ich eine andere Wahl?“ – „Man hat immer eine Wahl“, seufzte Kame. „Die Frage ist nur für welche Option man sich entscheidet.“ Kazuya schwieg etwas, auch Jin unterbrach die Stille nicht. „Ist dir aufgefallen, dass Menschen mit einer erstaunlichen Gewissheit fast immer den falschen Weg nehmen? Wenn man es so im Nachhinein betrachtet…“ – „Stimmt doch nicht!“, entrüstete sich Jin, aber Kame ignorierte ihn, starrte etwas in die Ferne. „Egal wie lange man über etwas nachdenkt… am Ende geht man doch den falschen Weg…“, murmelte er, fast glaubte Jin, dass das nicht ihm galt, aber das war (hoffentlich) Blödsinn. Kame ausgerechnet jetzt auf mögliche Halluzinationen anzusprechen erschien ihm aber nicht klug, also schwieg er. Wartet. Auf eine Art Erklärung. Er zuckte zusammen als Kame plötzlich näherrutschte und seinen Kopf auf Jins Schulter legte. „Tut mir leid.“ – „Was?“ – „Das ich gerade solchen Blödsinn von mir gebe…“ Jin schüttelte den Kopf. „Naja… es geht…“ Für eine Weile saßen sie einfach nur nebeneinander, sagten nichts, taten nichts. „Ich glaube aber wirklich nicht, dass es… richtig ist… alles davon abhängig zu machen ob es dein Kind ist.“ Jin zuckte mit den Schultern, Kame schnaubte ungehalten. „Lass das.“ – „Sorry.“ Er lächelte, der Kleinere bewegte seinen Kopf aber immer noch nicht von der Schulter weg. „Was soll ich denn sonst machen, deiner Meinung nach.“ Kame hüstelte. „Das willst du nicht wissen“, informierte er dann den Sänger, suchte sich eine etwas bequemere Position. „Doch, sags mir“, grinste Jin. „Nein, du willst es wirklich nicht wissen“, meinte Kame nur. Jin rollte mit den Augen. „Wenn ich es nicht wissen wollen würde, würde ich nicht fragen, sag.“ – „Ich würde Sie auf den Mond schießen, egal wessen Kind es ist, wenn du mit deiner Schlussfolgerung recht hattest dann will sie eh nur dein Geld. Und ich finde selbst mit einem Kind kann man sowas nicht rechtfertigen. Oder erst recht nicht mit einem Kind. Das ist… egal. Jedenfalls sobald sie weg ist würde ich an deiner Stelle zu mir kommen.“ Jin konnte förmlich Kames Grinsen sehen. „Sicher?“ – „Ja, ich sagte doch du willst es nicht hören“, sagte Kame und kuschelte sich enger an Jin. „Und an deiner Stelle würde ich jetzt verschwinden, sonst komme ich auf falsche Gedanken.“ Jin zuckte wieder mit den Schultern, was der Jüngere mit einem Schlag in den Bauch quittierte. „Ich sagte lass das“, erinnerte er Jin. „Autsch, sorry.“ – „Und was wirst du jetzt machen?“, fragte Kame den Sänger, gähnte. „Sitzenbleiben“, sagte Jin. „Ist mir grad wurscht auf was für Gedanken du kommen könntest.“ – „Ich meine wegen Maiko…“, murrte Kazuya, boxte Jin wieder. „Ach, weiß noch nicht…“ Er war kurz davor wieder mit den Schultern zu zucken, unterließ es aber. „Jin… ich bin aber wirklich müde.“ Kame gähnte wieder. „Reicht es dir nicht von wegen reden?“, murmelte der Jüngere und Jin merkte, dass er kurz davor war einzuschlafen. „Doch, eigentlich schon…“ Kame stand kurz auf, streckte sich, nur um sich dann wieder ins Bett zu legen. „Kame?“ – „Hm?“ Jin kicherte. „Solltest du nicht wenigstens noch einen Schlafanzug anziehen? Die Klamotten kannst du ansonsten morgen schon wieder bügeln…“ – „Ist mir egal“, murrte der Kleinere, kuschelte sich ins Kissen. „Jin?“ Der Angesprochene war schon an der Tür gewesen, als Kames Stimme ihn zurückrief. „Wenn du willst kannst du hier bleiben.“ Jin stand etwas unschlüssig im Türrahmen. Ohne genau zu wissen warum ging er aber zurück und legte sich ebenfalls aufs Bett. Als Jin am nächsten Morgen aufwachte, stellte er fest, dass Kame bereits aufgestanden war. Und sich nicht in der Wohnung befand. Einen Moment dachte Jin, dass er spinnen musste. Ein Blick auf die Uhr sagte ihm, dass sie eigentlich in einer Stunde los mussten, um rechtzeitig zum Training zu erscheinen… und… Kame hatte nicht erwähnt, dass er weggehen wollte, oder? Aber da sich der Jüngere eindeutig nicht in der Wohnung befand… hatte Jin keine andere Wahl als zu essen und sich fertig zu machen. Noch eine halbe Stunde. Jin verfluchte die Tatsache, dass Kame kein Handy mehr besaß. Ansonsten hätte er schon längst bei ihm angerufen und ihm die Hölle heiß gemacht. Jin machte sich noch einen Kaffee, trank ihn langsam aus. Zehn Minuten. Wider besseren Wissens griff Jin zum Handy, wählte Kokis Nummer. Der Rapper ging nach einigen Sekunden dran. „Jin? Was ist? Sag bloß nicht, dass du absagen musst weil…“ – „Ist Kame bei dir?“, unterbrach Jin Koki rasch. „Kame? Nein? Wieso… ist wieder was passiert?“ – „Kann man schon sagen, ich wach auf und der Herr ist verschwunden, ohne Nachricht, ohne Notiz… nix. Ich meine… dass sieht Kame doch nicht ähnlich? Und in zehn Minuten müssten wir los…“, meinte Jin etwas verängstigt. Er hörte wie Koki ausatmete. „Puh… wenn er dann nicht kommt dann warte noch mal zehn Minuten… Kann sein dass… keine Ahnung… er… ich weiß nicht Jin…“ Jin stöhnte auf. „Ich auch nicht… ich hatte gehofft, dass er bei dir ist… aber…“ – „Vielleicht ist er bei wem anders…“, meinte Koki. „Maru, Junno… Ueda… ich meine, wir beiden sind nicht die Einzigen mit denen er seine Freizeit verbringt…“ Beide sprachen nicht aus, dass es mehr als unwahrscheinlich war, dass er bei einem Bandmitglied war… Auch Koki war schon unwahrscheinlich gewesen… aber der einzige der unter Umständen möglicherweise vergessen hätte Jin zu benachrichtigen. „Ich weiß nicht… ich…“ Und die Tür öffnete sich. „Kame!“, rief Jin wütend aus. Er würgte Koki ab (er würde sich eben später entschuldigen, würde der Rapper aber auch verstehen…) und marschierte in den Flur. Er war fuchsteufelswild. „Wo zur Hölle bist du gewesen?!“, verlangte Jin zu erfahren. Kame zuckte zusammen. Winkte ihm mit einem Handy zu. „Hab mir ein Telefon gekauft“, murmelte der Jüngere. „Hat länger gedauert als… oh Mist… wir müssen wir los?“ Jin starrte Kame fassungslos an, der wiederrum die Uhr erstaunt anblickte. „Ach du meine Güte…“, murmelte Kame nur, zog sich wieder die Jacke über. Jin stand immer noch da wie festgefroren, aber sein Körper setzte sich langsam wieder in Bewegung. Er zog sich ebenfalls an, ging nach draußen, wartete bis Kame die Tür abgeschlossen hatte und machte sich auf dem Weg zum Auto. Es herrschte eisiges Schweigen. „Jin?“ Er antwortete nicht, beschleunigte seine Schritte. „Jin?“ Kame fing nun an ihm am Ärmel zu ziehen. „Sag doch was Jin… Bist du sauer?“ Jin öffnete das Auto und stieg ein, wartete bis Kame ebenfalls Platz genommen hatte und rauschte los. „Jin?“ – „Ja, verdammt ich bin sauer!“, fauchte Jin den Jüngeren an. Kame zuckte zurück. „Warum hast du mir nicht ne Nachricht geschrieben? Oder… was weiß ich?“ Er wedelte mit der einen Hand herum, die andere war am Lenkrad. „Wäre das zu viel verlangt? Ich hab Gott weiß was gedacht!“ – „Aber…“, setzte Kame an um zu protestieren. „Ich meine, okay, ich muss nicht über jeden Schritt informiert werden den du machst, das will ich nicht, aber immerhin müssen wir ja zusammen zu den Proben und da macht man sich schon sorgen wenn einer verschwindet ohne ein Wort zu sagen!“ – „Aber…“, versuchte Kame es erneut den Älteren zu unterbrechen. „Vor allem nach dem Gelaber gestern von wegen falschen Weg nehmen und so! Ich dachte… dass du abgehauen bist… oder dir was passiert ist… oder, ach ich weiß nicht!“, fauchte Jin, der Racheengel höchstpersönlich. „Jin!“, unterbrach Kame ihn nun rigoros. „Ich hatte dir einen Zettel geschrieben, er hängt am Kühlschrank!“ Jin unterbrach seine Triade. „Am Kühlschrank?“, erkundigte er sich matt. Kazuya nickte. Jin hatte auf Ablagen, Tischen… sogar auf dem Boden gesucht… aber… den Kühlschrank hatte er nicht beachtet. „Ich dachte, dass du ihn dort noch am ehesten sehen würdest… so hungrig wie du immer bist…“ Jin schwieg. Tja… wo er recht hatte… „Eh…“, meinte Jin intelligent. „Gib mir mal dein Handy“, bat Kame ihn dann. „Aber… ich dachte du hast jetzt eins?“ Kame seufzte. „Ja… gerade deswegen? Ich will dir meine Nummer geben?“ – „In der Tasche…“, sagte Jin kleinlaut, Kame drehte sich ohne ein Wort um, fischte die Tasche von der Rückbank, suchte nach dem Handy und tippte dann seine neue Nummer ein. „Kame, tu mir einen Gefallen und ruf Koki an ja? Ich glaube ich habe ihn etwas verängstigt… und sag ihm, dass ich ein Idiot bin.“ Kame lachte, wählte Kokis Nummer. „Jin? Was war los? Ist Kame wieder da?“ – „Ja, bin ich“, meinte Kazuya lachend. „Kame? Wo warst du wir…“ – „Ich war mir ein Handy besorgen. Und wenn Jin sich etwas Mühe gegen hätte wäre er nicht so ausgeflippt sondern hätte den Zettel gelesen, den ich ihm geschrieben hatte“, meinte Kame süffisant. Koki lachte. „Okay… dann ist ja alles in bester Ordnung. Meine Güte, hau Jin von mir, ja?“ – „Tus selber!“ Koki lachte. „Okay, bis gleich.“ – „Ciao. Sonst noch jemanden den du verängstigt hast?“, fragte Kame liebenswürdig nach, verstaute Jins Handy wieder in dessen Tasche. „Nein, eigentlich nicht…“ Sie waren schon im Umkleideraum, hatten sich sowohl fertig angezogen als auch das Make-Up fertig aufgetragen. Jin hatte zur Ablenkung seinen Laptop herausgeholt. Er hatte doch jedes Mal wieder Lampenfieber wenn sie auf die Bühne mussten. Kame saß neben ihm auf dem Sofa, hörte Musik. Obwohl sie es schon gewohnt waren… obwohl es nach nur wenigen Minuten verschwinden würde… die Zeit ehe sie auf die Bühne gehen konnte war doch jedes Mal wieder eine Qual. Jin blickte den Jüngeren an, der ziemlich blass aussah. Die Medikamente hatten plötzlich vor einer Woche angefangen auch mehr Nebenwirkungen zu haben… Seitdem ging es Kazuya immer nicht besonders gut, plötzliche Schwindelanfälle… Übelkeit… Er hatte in der Woche kaum was gegessen… oder es im Magen behalten wenn es dann wieder soweit war… Zweimal hatte er Asou-sensei aufgesucht, aber auch eine Umstellung der Medikamente hatte nichts bewirkt… Jin strich Kazuya einmal durch das Haar, der Jüngere blickte auf, nahm einen Kopfhörer aus dem Ohr. „Was ist?“ – „Wenns dir gleich schlechter geht, dann gib ein Zeichen ja?“, sagte Jin nun schon zum gefühlten tausendsten Mal. Aber auch die anderen vier hatten Kame häufiger ermahnt es langsam angehen zu lassen, vor allem nachdem er ihnen im Probelauf umgekippt war. „Ist gut“, meinte Kame nur, wandte sich wieder der Musik zu. Jin seufzte. Starrte den Bildschirm an. Und starrte. Und starrte. „Die… die Mail…“, murmelte er schwach, fing an am ganzen Körper zu zittern. Kame runzelte die Stirn, nahm nun auch den anderen Kopfhörer aus dem Ohr, beugte sich über Jin. „Oh.“ Jin konnte seinen Blick nicht mehr von der einen Zeile lösen. Das Institut. Vom Vaterschaftstest. Schickte die Ergebnisse. Er hatte Angst den Kopf zu drücken, der ihm die Wahrheit enthüllen würde. Maru blickte zu ihnen. „Hey, was ist los?“ – „Die… Ergebnisse vom Vaterschaftstest sind da…“, meinte Kame, als Jin keine Anstalten machte zu antworten. „Echt?“ Sofort versammelten sich alle um sie. Jin blickte von einem zum anderen. „Leute… könntet… etwas… Platz lassen?“, fragte er kleinlaut. Maru nickte verstehend, zog Koki mit sich. Ueda und Junno gingen von sich aus. Kame blickte Jin noch einen Moment an und schloss sich dann Junno an. Mit sich und der Mail alleine… fühlte Jin sich schrecklich einsam und ausgeliefert. Nach einigen Minuten in denen er versuchte den Laptop zu hypnotisieren öffnete er die Mail doch per Hand. Schloss die Augen. Langsam, ganz langsam öffnete er sie wieder. Überflog den Kopf. Stoppte bei der Zahl. „… Wahrscheinlichkeit von 93% nicht der Vater…“, murmelte er. Und las die Zeile wieder. Und wieder. Und wieder. Und stieß einen Freudenschrei aus. Okay. Vielleicht war es schäbig. Aber es fühlte sich so als wäre seit Wochen ein Zug auf ihn zugerast… er hätte sich nicht bewegen können… und im allerletzten Moment hat der Zug einen Schaden und kann nicht weiterfahren… bremst einen Millimeter vor ihm… und dann zuckte er zusammen als er von draußen nur einen erschrockenen Aufschrei vernahm. Er sprang auf, riss die Tür auf und sah, wie Koki Kame stützte, der noch blasser als eben aussah, schnell und flach atmete. „Kame? Kame was ist los?“, fragte Koki bestürzt den Sänger, der sich an Kokis Shirt klammerte. Jin stürzte zur anderen Seite Kazuyas. „Kame?“, fragte er auch nach, bekam aber keine Antwort. Kame war leichenblass, zitterte, hatte die Augen weit aufgerissen. „Kazuya?“, schrie Jin schon fast, hielt einen Arm des Jüngeren fest. Kame hielt sich immer noch an Koki aufrecht. „Keine… Luft“, jappste er schließlich. Jin blickte entsetzt in Kokis Gesicht. Er wusste nicht was er machen sollte. Koki schien ebenso ratlos. „Kame? Versuch langsam und gelichmäßig zu atmen okay?“, sagte Maru in dem Augenblick, zwang Kame ihm in die Augen zu gucken. „Langsam. Du hyperventilierst“, sagte er mit besorgtem Unterton. Kame fing jedoch nur an mehr zu zittern und… Jin zog Kame in eine Umarmung. „Wir machen das zusammen, ja?“, murmelte er beruhigend. Kame nickte fahrig. „Gut, einatmen“, flüsterte Jin leise und spürte wie Kame das tat. Er wartete ein wenig. „Ausatmen.“ Es dauerte etwas bis Kazuya sich wieder gefangen hatte. Er hatte häufig wieder zu schnell Luft geholt, aber kurz bevor Maru los wollte um einen Arzt zu holen hatte es der Jüngste geschafft. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und er zitterte immer noch. Wischte sich den Schweiß weg. „Tut mir leid…“, flüsterte er, wurde von Jin dafür leicht gehauen. „Sag mir was du dafür kannst, dann darfst du dich entschuldigen“, murrte er. „Ich… ich weiß nicht…“ Kame ballte die immer noch zitternden Hände zu Fäusten. Jin seufzte. „Und ich dachte ich sei derjenige, der am Nervösesten ist…“ Koki lachte. „Ja, scheinbar nicht. Aber sagst du uns… ob…?“ Jin nickte, warf Kame einen Seitenblick zu. „Ich bin nicht der Vater“, sagte er dann etwas steif. Es fühlte sich komisch an das zu sagen… aber unglaublich beruhigend. Er warf wieder einen Seitenblick auf Kame, der so aussah als würde er gleich in Ohnmacht fallen. „Kame? Ist bei dir alles okay?“ Kame nickte. „Wann… wann müssen wir auf die Bühne?“ Tatsuya warf einen Blick auf seine Armbanduhr. „In einer halben Stunde.“ – „Wenn es nichts ausmacht… leg ich mich dann solange hin“, murmelte Kame. „Ach ja, Herzlichen Glückwunsch?“, sagte er noch als er an Jin vorbeiging, schenkte ihm ein Lächeln. Sie alle blickten besorgt hinter Kame her, der sich auf das Sofa legte und scheinbar sofort einschlief. Junno ging zur Tür und schloss sie hinter Kame. Drehte sich zu den anderen um. „Wer außer mir ist noch der Meinung, dass wir ihn nicht wecken sollen wenn wir den Auftritt haben?“, fragte er leise. Koki hob ohne zu zögern die Hand. Jin war da etwas vorsichtiger, entschied sich aber auch für diese Variante. Auch Maru stimmte ihnen zu. Ueda jedoch seufzte. „Er wird uns umbringen…“, sagte er bevor auch er die Hand hob. Jin fühlte sich etwas merkwürdig als er die Bühne betrat und anfing Kames Part zu singen. Sie hatten spontan die Rollen verteilt wer bei welchem Lied Kazuyas Texte an seiner statt singen würde. Er hatte gleich das erste Lied erwischt, er konnte kaum gegen die Fanstimmen ankämpfen die wieder das langvermisste Wort „Akame“ ausgekramt hatten. Erst nach diesem Lied würde Zeit sein um anzukündigen, dass Kame nicht auftreten würde… wegen einer Erkältung. Oder sowas… Maru würde das übernehmen. Keine tolle Aufgabe… Und tatsächlich druckste Yuichi etwas herum als er sagte, dass er etwas ankündigen musste. Was ihm natürlich unglaublich leid tat. Und überhaupt… war es ganz kurzfristig und sehr blöd gelaufen aber… tja… leider, leider würde KAT-TUN heute nur zu fünft auf der Bühne stehen. Man hörte das enttäuschte Aufseufzen der Fans. Und ein wohlbekanntes Lachen. „Jetzt sei doch nicht so Nakamaru… du weißt doch, dass sie dir sowas glauben.“ Alle fünf drehten sich um. Kame kam auf sie zu, legte Maru einem Arm um die Schulter. „Entschuldigung, dass ich euch Sorgen gemacht habe, aber… jetzt kanns ja losgehen“, sagte Kame fröhlich, lächelte ihnen zu. Jin lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Und er konnte wetten, dass nicht nur er dieses Gefühl gehabt hatte. „Warum habt ihr mich nicht geweckt?“ Kaum hatten sie der Bühne endgültig den Rücken gekehrt fing Kame auch schon an los zu meckern. „Weil du total fertig warst!“, versuchte Junno seine Idee zu rechtfertigen. „Ich habs trotzdem geschafft, oder?“, fauchte der Jüngste Junno an. Welcher beschloss besser nichts mehr zu sagen. Koki nickte unbehaglich. „Ja, schon aber…“ – „Ich kann doch nicht ständig nichts tun!“, fuhr Kame fort. „Ich meine… außer der Konzerttour läuft bei mir nichts, und ihr alle habt noch irgendwelche anderen Projekte laufen“, murrte er. „Jin nicht“, wagte Ueda einen Einwand. Kame drehte sich wütend zu ihm um. „Jin hat ja auch genügend andere Probleme!“, meinte Kame wütend. „Genau wie du auch“, erinnerte Koki den Jüngsten. Brachte Kame tatsächlich zum Verstummen. Die anderen atmeten erleichtert aus. „Aber bei ihm meckert ihr nicht, wenn er ein Konzert geben will“, fand Kazuya seinen Faden wieder. Jin berührte Kame leicht an der Schulter. „Ich habe ja auch... also gesundheitlich ist bei mir alles okay… bei dir nicht…“, murmelte er leise. Kame schüttelte den Arm ab. „Ich… ihr…“ Er schüttelte wütend den Kopf. „Ich hasse es“, meinte er dann nur, verließ ohne zu sich noch einmal umzudrehen die Konzerthalle. Ließ den Rest verblüfft stehen. Koki zuckte mit den Schultern. „Der ist bestimmt nur duschen…“, murmelte er. Kazuya wählte Asous Handynummer noch während er im Gebäude war. „Kazuya“, hörte er Yuus fröhliche Stimme. „Ist das Konzert vorbei?“ – „Hol mich ab.“ Er hatte einfach nicht mehr die Kraft freundlich zu sein… Jin und Koki gingen nach draußen. Kame war weder in der Umkleide gewesen noch bei den Duschen. Und was sie irritierte war, dass er wieder mal in den Kostümen vom Konzert verschwunden war. Als sie aus der Tür traten sahen sie Kame an einer Wand stehen, rauchen. Jin stieß erleichtert die Luft aus, als genau vor Kame ein Auto anhielt, Kame sich von der Wand abstieß, die Zigarette zu Boden fallen ließ, austrat und in den Wagen einstieg. Koki zerrte an Jins Arm. „Ist das nicht dieser Arzt? Wie hieß er noch gleich?“ – „Asou…“, murmelte Jin schwach. Sah wie Kame sich anschnallte, etwas sagte. Anfing zu weinen. Asou legte Kame beruhigend eine Hand auf die Schulter, startete gleichzeitig den Wagen. Fuhr los. Jin hatte ein Gefühl als ob er sich übergeben müsste… „Meinst du wir haben ihn so… aufgebracht?“, fragte Koki nach einiger Zeit wo sie einfach nur die Straße anstarrten. Jin zuckte mit den Achseln. Wer denn sonst? Wollte er fragen, schaffte es aber nicht diese Worte herauszupressen. „Mist“, murmelte Koki dann nur noch, zuckte mit den Schultern. „Gibt aber gerade nichts was wir tun können. Red mal heute Abend mit ihm, ja?“, meinte der Rapper dann aufmunternd und klopfte Jin auf den Rücken. Kame schluchzte noch ein letztes Mal auf, wischte sich den Tränen aus den Augen. Asou sagte nichts. Kazuya kaute auf seiner Lippe herum, unterdrückte die wieder aufsteigenden Tränen. „Lass uns wohin fahren“, murmelte er leise, versuchte sich zu beruhigen. „Wohin denn?“ – „Weiß ich nicht… weg.“ Der Arzt seufzte. Das war einfacher gesagt als getan. „Was ist los?“ – „Kannst du aufhören mich zu analysieren?“, fauchte Kame den Mann an, er hatte keine Nerven dafür, dass der andere ihn jetzt ‚behandeln‘ wollte. Es war die Stimme gewesen mit der Asou immer die Therapiesitzungen leitete. „Dir geht es nicht gut, du bist aufgewühlt…“ – „Das weiß ich selber“, fauchte Kame, spürte schon wieder die die Tränen über die Wangen liefen. „Wenn du dich aussprichst wird es dir besser gehen“, belehrte Asou ihn. Kame schüttelte den Kopf. „Nein“, meinte er fest. Es gab Dinge die konnte dieser Mann nicht verstehen. Und er würde den Teufel tun und ihn so tief in seine privaten Probleme reinschauen lassen. Es reichte, dass er ihm eh schon viel mehr über sich verraten hatte, als er es unter normalen Umständen tun würde. Zuerst wegen der Krankheit, dann weil er ihn als… Ersatz für Jin missbrauchte. Nur deswegen wusste der Ältere überhaupt, dass er etwas für Akanishi empfand. Weil er ihm klargemacht hatte, dass es sowas wie „Liebe“ niemals zwischen ihnen geben könnte. Kame strich sich wieder über die tränenden Augen. „Lass uns in ein Hotel fahren“, brachte er hervor, wusste, dass der Andere ihn verstanden hatte. Dass er ihn dazu bringen sollte wenigstens für eine Weile alles zu vergessen. „Ist gut.“ Kame fragte sich, ob das etwas war, was Asou als Arzt je tun würde. Seinem Patienten dabei helfen etwas zu tun, von dem beide wussten, dass es im Endeffekt nichts bringen … oder aber die Situation nur verschlimmern würde. Wahrscheinlich nicht. Wahrscheinlich wurde Kame von dem Arzt genauso sehr benutzt wie er ihn benutzte. Nun, wenigstens beruhigte das etwas sein Gewissen. „Wie lange willst du denn bei mir bleiben?“, erkundigte sich der Arzt. Kame seufzte nur. Er wollte nicht zurück, er wollte Jin nicht sehen. Er wollte seine Ruhe haben… die er bei sich zu Hause nicht bekommen würde. Er würde wieder mit Jin streiten wenn er heute nach Hause käme… das hatte er im Gefühl. Er würde den Streit anfangen, egal was Jin tat. Er war immer noch zu sauer, zu aufgebracht. „Kannst du mich morgen zur Konzerthalle fahren?“, war seine Gegenfrage. Asou nickt. Damit war alles geklärt. Jin war nicht wirklich erstaunt als er aufwachte und von seinem Mitbewohner keine Spur zu sehen war. Auch das Bett sah unbenutzt aus. Einen Augenblick fragte er sich, ob Asou wirklich nur ein Freund für Kame war. Ob der Jüngere ihm nicht etwas verschwieg, aber der Gedanke war lächerlich. Es war sehr klar, dass Kazuya gestern etwas von der Rolle gewesen war, er war wütend gewesen… und die Szene im Auto zeigte, dass er auch aus welchen Gründen auch immer traurig gewesen war. Jin seufzte. Dann fiel ihm ein, dass Kame mittlerweile wieder ein Handy besaß. Und er seine Nummer hatte. Schnell wählte er sie aus seinem Kontaktbuch und wartete darauf, dass Kame den Anruf annahm. Er hörte das nervige tuten. Und dann das Signal, das sein Anruf abgewürgt worden war. Jin starrte sein Handy fassungslos an. Das war schon… hart… einen Augenblick war er unglaublich wütend, aber dieses Gefühl legte sich langsam wieder. Er würde es eben noch einmal versuchen. Mit demselben Ergebnis. Jin fluchte. Kame konnte manchmal wirklich stur sein! Es war zum Verzweifeln… aber Jin wäre nicht Jin, wenn er nicht mindestens genauso stur wäre. Beim dritten Mal nahm Kame tatsächlich ab. „Sag mal, merkst du nicht wenn jemand nicht mit dir reden möchte? Lass es!“ Nach diesen aufmunternden Worten hatte Kame aufgelegt. Jin wählte die Nummer noch einmal, stellte fest, dass Kame aber das Handy jetzt ausgeschaltet hatte. Wahrscheinlich hatte er damit gerechnet, dass er noch einmal anrufen würde. Mit anderen Worten hieß das, dass er Kame erst wieder bei ihrem Auftritt sehen würde. Und bis zu diesem Augenblick wusste er nicht, was genau den anderen so aufgeregt hatte. Aber bevor er diesen Gedankengang weiterverfolgen konnte klingelte sein Handy. Er war versucht es an die Wand zu schmeißen als er Maikos Namen auf dem Display erblickte. Aber es gab schon einige Sachen die geklärt werden müssten. Jetzt wo klar war, dass er nicht der Vater des Babys war. „Was willst du?“, fragte er nachdem er abgenommen hatte. „Du sollst deine Sachen abholen und aus meinem Leben verschwinden.“ Jin fragte sich in diesem Augenblick warum er sie jemals gemocht hatte. Aber das war wohl eine Frage, die er sich nie würde beantworten können. „Ist gut, wann ist es dir Recht?“ – „Wann hast du Zeit?“ Sie versuchte nicht freundlich zu sein. „Heute Abend? So gegen zehn.“ Das war eine Stunde nachdem ihr Konzert vorbei war. Bis dahin sollte er es geschafft haben zu ihr zu fahren. „Ist gut.“ – „Wer ist denn nun der echte Vater?“, brach es aus Jin heraus. Das war etwas was ihn schon interessierte. „Mein Freund. Wir sind seit fünf Jahren ein Paar.“ Autsch. War das erste was ihm durch den Kopf schoss. Das zweite war: Hure. „Aha. Und was sollte dann das ganze Theater?“ Maiko lachte. „Du hattest doch letztens den Geistesblitz. Geld. Ich wollte dass du mich heiratest, dann würde ich mich aus irgendeinem Grund scheiden lassen und Unterhalt verlangen. Was hast du erwartet? Das ich dich mögen, lieben würde? Vergiss es.“ Jin schluckte. Gut… es… war nicht ganz unerwartet… aber es tat trotzdem verdammt weh. So benutzt zu werden… das war schon nicht mehr dreist. „Du weißt dass ich dich dafür jetzt verklagen könnte?“, sagte er mit brüchiger Stimme. „Und mit welchen Beweisen? Du glaubst doch nicht, dass ich das je vor einem Gericht sagen würde?“ Maiko lachte wieder bitter auf. „Bis heute Abend, Darling.“ Jin knirschte wütend mit den Zähnen. Mit der war er fertig. Sie konnte ihn mal gern haben. Das war ihm eine Lehre. Nie wieder mit jemanden eine Beziehung anfangen den man erst vor kurzem kennengelernt hatte. Einen Augenblick schoss ihm Kazuya durch den Kopf, aber er schüttelte den Gedanken schnell ab. Er wollte den Jüngeren nicht benutzten, nur weil er grad erfahren hatte, dass er auf den schrecklichsten Menschen den er kannte hereingefallen war. Kazuya verdiente etwas Besseres… Jin seufzte auf. Eigentlich musste er erst in wenigen Stunden los, aber wenn er hier allein bleiben würde, wäre er am Ende des Tages verrückt. Also konnte er genauso gut auch etwas Essbares einkaufen gehen, ehe er hier vermoderte. Aber er entschied sich dann doch dafür lieber zu seinen Eltern zu fahren und sie… eine etwas zensierte Fassung der Ereignisse hören zu lassen. Wenn er Glück hatte würden sie ihm auch etwas zu essen anbieten, wenn er Pech hatte würden sie einige Wochen kein Wort mehr mit ihm reden. Nun saßen sie etwas verkrampft um einen Tisch herum und Jin fühlte sich wie auf einer Anklagebank. Super. Er hatte noch kein Wort gesagt und wurde schon verdächtigt etwas ausgefressen zu haben. Typisch. „Also Jin warum bist du hier?“, begann sein Vater das Gespräch, Jin drückte sich so weit wie möglich in seinen Sitz. „Ach… es geht um Maiko.“ Seine Mutter seufzte, sein Vater blickte die Decke an. Sie hatten es geahnt. Natürlich. „Du willst sie mit dem Baby sitzen lassen?“, spekulierte Jins Vater und man hörte heraus, dass er von seinem Sohn enttäuscht war. Zuerst schwängerte er irgendein dahergelaufenes Mädchen und dann ließ er sie auch noch sitzen? Jin zuckte mit den Schultern. Schluckte. „Naja… ja, schon.“ – „Die Arme…“, murmelte seine Mutter nun und schüttelte dabei auch noch den Kopf. Jin schnaubte. War etwas Verständnis für den eigenen Sohn zu viel verlangt? Scheinbar ja. „Vielleicht wollt ihr euch erst anhören wieso ich diese Entscheidung getroffen habe?“, fauchte er ungehalten und verschränkte die Arme vor der Brust. „Warum? War dir wohl zu viel Verantwortung?“ – „Stell dir vor. Nein.“ Der Schwerverbrecher lockerte sich etwas. Seine Eltern glaubten ihm nicht. War eigentlich zu erwarten gewesen, aber weh tat es trotzdem. Vielleicht sogar mehr als dieses ganze Chaos um das Kind. „Das Baby ist nicht von mir, sie hat nebenbei eine Affäre gehabt, es ist sein Kind. Und… naja… bei uns lief es eh schon bergab, dann der andere Typ und… ich sehe nicht ein für ein Kind aufzukommen was nicht von mir ist und mit einer Frau zusammenzuleben die ich nicht liebe. Genug Gründe um meinen Entschluss zu begründen?“ In Gedanken zählte Jin schon jetzt die Zeit die er noch hier bleiben müsste… Einige Stunden später (aber immer noch viel zu früh) fand er sich im Bandraum hinter der Bühne wieder. Kazuya war schon da, fertig angezogen und geschminkt. Jin blieb in der Tür stehen. Kame sah müde aus, als hätte er viel zu wenig geschlafen… „Kazuya?“ Kame blickte langsam auf, versuchte zu lächeln, aber es misslang. Jin versetzte es einen Stich. „Alles wieder gut?“, fragte Jin nach. Kame sah wieder weg. „Was genau hat dich gestern denn so… wütend gemacht?“, fragte Jin nach. Die krankheitsbedingten Aussetzer waren ja gestern nicht zum ersten Mal aufgetreten. Und bisher hatte Kame sich immer stillschweigend zurückgezogen, ausgeruht. Hatte eingesehen, dass es nichts brachte, wenn er zu viel von sich selber verlangte. „Weil ich mir nutzlos… unnütz vorkomme. Darum.“ Jin blickte überrascht in Kames Richtung. Damit hatte er jetzt nicht gerechnet. „Unnütz?“, fragte er nach. Kame nickte, lehnte sich an Jin an. „Das ist doch eh schon alles was ich mache… alles was ich machen kann. Das seh ich auch irgendwo ein aber…“ Kame legte eine Pause ein. „Aber… wenigstens das will ich schaffen, verstehst du? Ich meine… selbst so fühl ich mich schon unglaublich mies… aber… es geht doch nicht, dass ich von jetzt an so gut wie gar nichts mehr machen kann? Ich will mein Geld verdienen und es nicht zugesteckt bekommen. Und euch gegenüber ist es doch auch unfair… jetzt macht es euch vielleicht nicht so viel aus… aber noch etwas länger und…“ Kame zuckte mit den Schultern, Jin sah aus den Augenwinkeln wie Kame einige Tränen wegwischte. „Aber irgendwann wird es euch auf die Nerven gehen… das geht doch nicht so weiter…“ Jin verstand den Jüngeren… irgendwo. „Kazuya, dir macht doch keiner einen Vorwurf weil du etwas zurücktreten musst“, meinte er sanft. „Doch.“ Jin schüttelte den Kopf. „Ich mache mir Vorwürfe deswegen. Jin, sag bloß du hast vergessen, dass ich ein Workaholic bin?“, lachte Kame, wischte wieder einige Tränen weg. Jin seufzte, lächelte aber. „Wenn die Tour vorbei ist werde ich wieder Jobangebote annehmen. Und ihr werdet mich nicht daran hindern können“, beschloss Kame. „Entweder ihr seid damit einverstanden oder nicht, aber ich lasse mir da nichts reinreden…“ Jin verkrampfte sich etwas. Er glaubte nicht, dass das eine gute Idee war. Aber er wusste auch, dass es schwer sein würde Kazuya davon zu überzeugen, dass er warten sollte, bis es ihm wirklich wieder gut ging. Vor allem jetzt würde so eine Unterhaltung zu nichts bringen. Er würde warten müssen, bis Kame nicht mehr so… mitgenommen von der ganzen Sache war. „Wo warst du den ganzen Abend?“, erkundigte Jin sich und spürte wie Kame neben ihm eindeutig sich versteifte. „Bei… bei… Asou…“, murmelte er letztendlich. War ja klar gewesen. „Und, was habt ihr so gemacht?“ – „Nichts?“ Jin biss sich auf die Lippen. An der Art und Weise wie Kame antwortete spürte er, dass er log. Aber er wusste nicht weswegen. Wenn nichts Interessantes geschah, sagte man doch schon mal „nichts“, also nichts weswegen man sich Gedanken machen müsste… Kame stand auf, ging aus dem Raum und ließ Jin allein zurück. Dieser zuckte mit den Schultern. Holte sich eine Zeitung, las etwas. Nach kurzer Zeit kam Maru mit gerunzelter Stirn herein. „Hey“, begrüßte er Jin, der als Antwort nickte. „Hi, was ist los?“ – „Kame“, seufzte Maru. „Wieder mal.“ Jin setze sich auf. „Gibt’s irgendein Problem?“, fragte er nach. Oder hatte Maru nur die Neuigkeiten gehört von wegen Jobannehmen und machte sich jetzt berechtigterweise ebenfalls Sorgen? „Naja, wir haben uns etwas unterhalten, das Thema hat mir nicht so sehr gefallen, aber das weißt du ja bestimmt schon selber. Aber ist dir aufgefallen, dass er etwas humpelt?“ Jin runzelte nun ebenfalls die Stirn. „Nein…?“ – „Das war gestern aber noch nicht da, oder?“, erkundigte sich Maru. Jin schüttelte den Kopf. Das wäre ihm aufgefallen. Als dann Koki reinkam fragte Maru auch den Rapper ob er wusste was passiert war. Koki grinste. „Ich habe eine Vermutung. Aber ich behalte sowas generell für mich.“ Jin schaute Maru an, der den Blick mit derselben Entschlossenheit erwiderte. Auf ein Zeichen Jins stürzten sie sich zu zweit auf den Rapper. Jin sprang Koki auf den Rücken, würgte ihn spielerisch. „Sag“, forderte er ihn auf, merkte, dass Koki versuchte sich zu befreien, aber Maru verhinderte es. „Spucks aus, Koki-chan“, triezte auch Yuichi nun den Anderen, fing an ihn zu kitzeln. „Hey, das ist unfair!“, verkündete der Rapper, fing an zu lachen. „Lasst mich!“, jappste er zwischen seinen Lachsalven. Auch Jin hatte mittlerweile angefangen den Anderen zu kitzeln, nach nur sehr kurzer Zeit verkündete Koki, dass er aufgab. „Na also, warum nicht gleich so?“, lachte Maru und schnappte nach Luft. „Okay, okay.“ Koki holte noch einmal Luft, schaute etwas erstaunt in Jins Richtung, zuckte aber dann mit den Schultern. „Ich glaube Kame-chan hatte eine… interessante Begegnung mit einem gutaussehenden und netten Arzt.“ Jin konnte nicht anders, er lachte los. „Glaube ich nicht“, verkündete er dann. „Ach ja, wieso denn nicht?“ Jin verschränkte die Arme. „Weil der Arzt verheiratet ist. Hat Kame mir gesagt.“ Koki pfiff einmal durch die Zähne. „Also… hat er entweder eine andere Begegnung gehabt… oder er hat dich angelogen… oder es ist ihm egal dass der heiße Arzt verheiratet ist“, zählte Koki auf. „Das sind ja mal Neuigkeiten!“ Jin entschied sich dafür den Rapper dafür zu hauen. Das war nicht witzig! Maru schüttelte zweifelnd den Kopf. „Und wie kommst du darauf?“ – „Naja... Die Tatsache, dass er gestern von ihm abgeholt wurde… dann dass er heute… ehem… eindeutig müde aussieht, das Humpeln und… naja… ich bin mir ziemlich sicher ein paar Knutschflecken an einem Hals entdeckt zu haben. Nackenbereich.“ Jin runzelte die Stirn. „Sicher?“, fragte Maru nach, Koki nickte. „Ja, ich glaube er ist sich nicht bewusst, dass seine Haare nicht mehr lang genug sind um das zu verdecken“, schmunzelte Koki. „Na, ich bin froh drüber“, sagte der Rapper dann weiterhin im Plauderton. „Scheint als... könnte er endlich einen gewissen Jemand… nun links liegen lassen.“ Jin ballte seine Hände zu Fäusten. „Das würde er nicht machen“, knurrte er. „Was? Mit jemanden Sex haben? Jin, wach auf, ich denke dass Kame das sehr wohl tun könnte. Wie jeder andere auch.“ – „Ich kann was tun?“ Ertappt blickten die drei zur Tür in der Kazuya erschienen war, Hände in die Hüfte gestemmt. „Ehm…“, meinte Koki, der unter Kames Blick förmlich zu schrumpfen schien. „Ja?“ Koki zuckte mit den Schultern. „Ach, schon okay…“ – „Ich will es aber wissen“, meinte Kame, trat etwas in den Raum. Ließ seinen Blick über die Anderen gleiten. „Na, will mir jemand sagen, was ihr gemeint habt?“ Einstimmiges Kopfschütteln. Kame runzelte die Stirn. Jin konnte nicht anders als die ganze Zeit auf Kames Hals zu starren. Dieser bemerkte den Blick, und zu Jins Entsetzen schellte eine von Kames Händen hoch, bedeckte den Hals und er lief rot an. „Was?“ Man sah seiner ganzen Gestik an, dass er sich ertappt fühlte. Jin glaubte, dass sein Herz aussetzte. Koki grinste, dieses Mal unbehaglich. „Ach… eh… Jin glaubt nicht, dass du…“, Koki verstummte verlegen, „eh… dass du Sex haben könntest.“ Kame lief noch roter an. „Ja… und? Kann ich theoretisch schon haben…“, murmelte Kame, Hand immer noch am Hals. Koki schaute zu Boden. „Hab ich ihm auch gesagt“, meinte der Rapper achselzuckend. „Ja… dann… wäre das ja geklärt?“ Koki zuckte mit den Schultern. „Denke ich schon“, sagte Koki unbehaglich. Jin blickte immer noch wie hypnotisiert zu der Hand Kames. Das konnte… doch nicht wirklich wahr sein? Okay… er hatte gerade nur von theoretisch gesprochen… das… hieß ja noch nichts? Kame ging zu seinem Platz, kramte ein Halstuch heraus und schlang es sich um den Hals. Okay, wem versuchte Jin gerade was vorzumachen? Wenn er sich so benahm… dann war was faul, auf jeden Fall… Jin ging energisch zu Kame, riss ihm das Tuch weg. Sah dass Koki recht gehabt hatte. Kame biss sich auf die Unterlippe. „Was? So erstaunt, dass du nicht der einzige bist der manchmal Sex hat?“ Jin bemerkte, dass Kame wieder zu schnell atmete. Traurig reichte er dem Jüngeren das Tuch wieder. „Nein… Hast du gelogen?“ Aus dem Augenwinkel sah er, wie Koki und Maru den Raum verließen. „Womit?“, fragte Kame deutlich verkrampft. „Dass er verheiratet ist.“ Kame schüttelte den Kopf. „Ihm ist es egal“, murmelte er leise. Gab so zu, dass er tatsächlich… Jins Magen verkrampfte sich, er setzte sich hin. War blass geworden. „Und du… machst sowas mit?“, hauchte er. Kame zuckte mit den Schultern. „Ja… es lenkt ab.“ Dieser Worte trafen Jin. „Ablenken?“, flüsterte er. „Du… hast doch immer gesagt… dass es dich… ankotzt… wenn du siehst wie einer in sowas… Ablenkung sucht.“ – „Tut es auch immer noch…“ Kame seufzte. Nahm Jin das Tuch wieder aus der Hand, platzierte es am Hals. „Warum machst du es dann?“ Kame lachte bitter. „Weil ich sonst völlig durchdrehen würde, glaub mir…“ Er seufzte. „Vor allem jetzt…“ – „Vor allem jetzt?“, wiederholte Jin verwirrt. Kame lächelte traurig. „Vor allem jetzt da du ständig in meiner Nähe bist… noch mehr als sonst…“ Kame stand auf und ging hinter den anderen her, wollte den Raum verlassen. Aber als Kame die Tür erreichte sprang Jin auf zog den Jüngeren zurück. „Und du willst jetzt gehen?“, fauchte er. „Mir alles so an den Kopf schmeißen und einfach verschwinden?“ Kame zuckte zusammen. „Gut, mag sein, dass ich scheiße gebaut habe, dass es dir nicht so gut geht… aber… ich habe auch Gefühle ja? Ich wurde von einer Frau wie noch nie in meinem Leben vorher verarscht, habe herausgefunden dass mein bester Freund halluziniert, dass er in mich verliebt ist, habe die Vermutung, den scheiß Verdacht, dass es zu allem Überfluss auch noch meine Schuld ist, und jetzt das hier als Sahnehäubchen obenauf?“ Er zerrte Kame noch etwas weiter in den Raum, stellte sich zwischen ihn und die Tür. „Willst du mir denn für alles die Schuld geben?“ Kame biss sich auf die Lippen. „Wann habe ich dir die Schuld für etwas gegeben?“, fragte er nach, auf alles andere ging er nicht ein. „Was weiß ich, für dieses kranke Spielchen mit dem Arzt zum Beispiel. Das klang doch voll nach dem Motto: ‚Ja wenn du nicht wärest hätte ich mit ihm nichts angefangen‘. Und du sagtest, dass es dich immer noch anekelt, wenn einer einfach nur zum Spaß… zur Ablenkung Sex hat… für mich klingt das nach Schuldzuweisung!“ Kame zuckte zusammen. „Das meinte ich aber nicht…“, murmelte er leise. „Und das weißt du…“ – „Weiß ich das?“ Kame blickte betreten zu Boden. „Du solltest es wissen… dass ich… dir sowas… nicht… anhängen würde…“ – „Ich befürchte du bist dir selber nicht im klaren darüber was du gesagt hast. Was du darüber denkst“, knurrte Jin. Kame zuckte zusammen. „Selbst wenn… selbst wenn es so wäre… was interessiert es dich?“, verlangte er zu wissen. Nun schwieg Jin. „Du… bist mein bester Freund…“, murmelte er. „Freund…“ Kame schluchzte auf. „Klar… und Koki, Yuichi, Taguchi und Tatsuya sind das auch, aber die machen nicht so ein Theater um meine Person…“ Kame wischte sich über die Augen. „Oder jemand anderes…“ Jin zwang Kame ihn wieder anzugucken. „Aber ich bin dein bester Freund, das ist ein Unterschied.“ – „Du bist…“ Kame stoppte im Satz. „Ich bin was?“ – „Ein Idiot! Was willst du mit diesem Gespräch bewirken?“ Jin blickte Kame verdutz an. „Was ich… damit will?“ – „Ja! Sag es mir, was erhoffst du dir davon? Langsam… langsam glaube ich, dass es das Beste wäre, wenn wir nichts mehr miteinander zu tun hätten“, schluchzte der Jüngere. „Wir tun uns doch nur noch gegenseitig weh…“ Jins Herz setzte aus. „Das… das ist doch nicht dein ernst…“ – „Ich weiß es nicht… sag mir wann wir das letzte Mal normal miteinander reden konnten, wo es nicht in einer Katastrophe geendet hat. Das letzte Mal wo wir zusammen Spaß hatten. Ich weiß es ehrlich nicht mehr… ich will das nicht… ich will nicht dass alles kaputt geht…“ – „Das will ich auch nicht! Deswegen finde ich, dass wir endlich mal miteinander reden müssen. Bis zum Ende…“ Kame schaute Jin an. „Und was soll das bringen? Wir… werden uns doch eh nicht einig…“ – „Und woher willst du das wissen ehe wir es nicht probiert haben?“ Plötzlich zog Kame Jin an seinem Shirt näher, legte seine Lippen auf die von Jin. Jin hob perplex die Arme, wollte sie auf Kames Schultern legen als auf einmal die Tür aufflog. Er hörte wie jemand nach Luft schnappte. Das nächste was er wusste war, dass Kame sich wieder von ihm gelöst hatte. Er blickte Jin noch traurig an und ging dann wieder zu seinen Platz, setzte sich hin, vergrub sein Gesicht in den Händen. Jin drehte sich zur Tür, sah dass dort Ueda und Koki standen. Die Augen weit aufgerissen hatten. Jin sagte nichts. Als erster fand Ueda seine Sprache weder. „Wir… müssen auf die Bühne…“ Jin stand etwas hilflos vor der Tür zu ihrem Umkleideraum, er wusste, dass Kazuya da drinsaß. Wahrscheinlich immer noch weinte. Er hatte das Konzert abbrechen müssen, weil er die Tränen nicht zurückhalten konnte. Das würde hektisch werden… die Presse würde sich darauf stürzen wie die Aasgeier. War auch merkwürdig wenn einer der Band sich urplötzlich umdreht und von der Bühne rennt… Und man genau auf den Monitoren hatte sehen können, dass besagtes Bandmitglied schon seit ein paar Liedern ununterbrochen geweint hatte… So hatte er die Fans auch noch nie erlebt… Sie hatten sogar den MC part abbrechen müssen, weil pausenlos nach Kame gefragt worden war… Irgendwann war es Koki zu bunt geworden und er war den Jüngeren suchen gegangen, sagte, dass er im Umkleideraum saß und… ja… versuchte zu vertrocknen (das hatte er jedoch nur der Band gesagt woraufhin sie dann beschlossen einfach weiter zu singen). Sie hatten auch keine Zugabe gegeben sondern waren sofort von der Bühne gegangen. Und jetzt saßen alle bis auf Jin in diesem Raum. Aber er traute sich nicht durch diese Tür zu gehen. Die Entscheidung wurde ihm abgenommen als sie ohne sein Zutun aufschwang und Koki auf den Flur trat. „Frag mich nicht was los ist, okay?“, meinte Koki müde und lehnte sich an die Wand, schloss die Augen. „Aber genau das will ich wissen…“, murmelte Jin. „Dann geh rein und red du mit ihm! Uns will er nichts sagen. Meint nur immer wieder, dass er ein gottverdammter Idiot ist.“ Koki seufzte. „Was war eigentlich das mit dem Kuss?“, erkundigte er sich forschend, Jin wurde eiskalt. „Weiß nicht… das… ging von Kame aus…“ – „Woher wusste ich das nur?“, meinte Koki mehr zu sich als zu Jin. Stöhnte auf. „Was zur Hölle empfindest du ihm gegenüber?“ – „Er ist mein Freund…“ Koki schnaubte wütend, stieß sich von der Wand ab. „Dann zieh bei ihm aus und komm zu mir… oder Ueda, Maru, Junno… oder such dir gefälligst wieder was Eigenes. Ermunter ihn nicht zu solchen Aktionen wie eben. Mach. Ihm. Keine. Hoffnung. Verstehst du was ich dir sagen will? Es macht ihn fertig! Er hat grade mehrmals gesagt, dass er am liebsten tot wäre… oder dass er uns nie kennengelernt hätte. Fuck.“ Jin schluckte. „Du übertreibst, oder?“ – „Nein, und ich bin verdammt froh dass Ueda bisher unbekannte tröstende Fähigkeiten entwickelt hat. Und das keine scharfen Gegenstände in diesem Raum liegen.“ Jin blickte wieder auf die Tür. „Jetzt mal ehrlich, was hindert dich daran endlich Grenzen zu setzen?“ Koki starrte Jin an, sah traurig, müde und wütend aus. Alles gleichzeitig. „Wenn das in dem Tempo mit Kame weitergeht… tja… dann waren wir die längste Zeit alle in einer Band. Ich weiß nur noch nicht was genau passieren wird. Aber du musst doch selber merken… dass es so verdammt nochmal nicht weitergeht!“ Jin wischte sich über die Augen. „Er bedeutet mir eben viel, ich… ich will ihn nicht verlieren.“ Auf einmal brannte seine Wange und er starrte geschockt auf Koki der die Faust erneut hob und ihm noch einmal schlug. „Ja? Dann freut es dich zu erfahren, dass gerade alles darauf zusteuert?“ Der Rapper holte tief Luft, hielt Jin an seinem Shirt fest und knallte ihn gegen die Wand. „Du machst ihn kaputt! Weil du ihn nicht loslassen kannst! Weil er dir, ich zitiere, ‚viel bedeutet‘. Wenn er dir wirklich viel bedeuten würde würdest du eher wollen dass er glücklich wird als dass er in deiner Nähe ist. Du Arsch! Du Idiot!“ Wieder flog die Tür auf und Maru stürmte aus dem Raum, sah die Situation, erkannte die Lage in der sich Jin befand und versuchte den Rapper von dem Leadsänger zu zerren. „Du bist ein scheiß Egoist, merkst du das eigentlich noch? Wenn er dir viel bedeuten würde, ja, dann dann dann…“ Koki holte noch mal tief Luft, ignorierte Maru und knallte Jin noch eine. „Und komm mir jetzt nicht mit so einem Mist, von wegen ‚er bedeutet mir viel‘. Meinst du ich weiß nicht, dass er dein bester Freund ist? Meinst du diese Floskeln interessieren mich? Ich will wissen was dich daran hindert ihm zu helfen?!“ – „Koki, spinnst du?“, mischte Maru sich nun auch mit Worten ein, versuchte ihn daran zu hindern Jin wieder zu schlagen. Dieser ließ es einfach zu, war zu geschockt um zu reagieren. Das schlimmste daran war… Koki hatte recht… und er verdiente diese Worte… Schläge… Sicher. Man konnte sagen, dass auch Kazuya nicht ganz schuldlos war… aber Jin war derjenige der diesem ganzen Wahnsinn ein Ende hätte bereiten können. Und zwar mehrmals. Zu jeder Zeit. Er merkte erst, dass Koki in losgelassen hatte als er auf dem Boden saß. Jetzt wo er ihn nicht mehr hochhielt hatte er keine Kraft alleine zu stehen. Starrte in die Leere. Tja… hatte er es nicht schon Maiko gesagt? Dass Kame die Person in seinem Leben war die für ihn immer am wichtigsten war? Dass er es nicht ertragen würde Kame zu verlieren? War nicht immer Kazuya derjenige zu dem er zuerst ging wenn es ihm schlecht ging? Wenn er froh war? Musste er nicht immer und zu allem Kazuyas Meinung wissen? Wollte er ihn nicht immer in seiner Nähe haben? War es wirklich so… schwer sowas zu erkennen wenn man täglich mit dem Kopf drauf gestoßen wurde? „Weil ich ihn liebe…“ Für einen Moment dachte Jin dass in so einem Moment die Welt einfach stehen bleiben würde. Wie in diesen kitschigen Filmen, wo plötzlich alles in Zeitlupe läuft und die beiden Hauptdarsteller des Films sich in die Arme fallen. Man möge nach Belieben eine belebte Einkaufstraße, einen einsamen Strand oder einen schönen Park als Hintergrund nehmen, natürlich mit der passenden musikalischen Untermalung. In diesem Fall jedoch fehlte zunächst einmal der zweite Hauptcharakter (okay, er war einen Raum weiter…) die musikalische Untermalung und… die Welt verfiel nicht plötzlich in einen anderen Rhythmus… Nakamaru versuchte nun erfolgreich zwischen Koki und Jin zu stehen. Beide hatten nicht gehört was der Sänger da vor sich hingemurmelt hatte. War auch besser so. Das war etwas was Kame zuallererst hören sollte… aber… gerade wusste Jin nicht wie er das wiederrum anstellen sollte. Wie sollte man denn so etwas sagen? Und dann auch noch jetzt? Wo Kame von gefühlten eine Milliarde Menschen umgeben war? Aus dem Augenwinkel bekam Jin mit wie Koki Maru zur Seite schubste und sich wieder ihm zuwand, langsam hob er die Arme und verdeckte so sein Gesicht. Er glaubte nicht dass Koki ihn jetzt in Ruhe lassen würde. Und tatsächlich spürte er wie Koki ihn wieder auf die Beine zog und erneut zum Schlag ausholte. Auf einmal stoppte Koki mitten in seiner Bewegung, Jin öffnete seine Augen (wann hatte er sie denn geschlossen?) und sah wie Kame sich an Kokis Arm festklammerte. Er hatte total rote Augen und sah im Allgemeinen so aus als könnte er kaum stehen. Zu Jins Erleichterung beruhigte sich Koki wieder, ließ ihn los. Jin stützte sich an der Wand ab, starrte nun überall hin nur nicht zu Kame. „Lass ihn.“ Er hörte nicht dass Koki etwas sagte… er würde wohl einfach nur genickt haben. Oder den Kopf geschüttelt. Oder mit den Schultern gezuckt. Egal. „Bring mich bitte nach Hause…“, hörte er Kames Stimme, er klang unglaublich heiser. Nun blickte Jin doch zu dem Jüngeren, sah dass er zu Koki gesprochen hatte, dass er nicht in seine Richtung blickte. Jin streckte seinen Arm aus und klammerte sich an Kames Shirt. „Warte… ich muss mit dir reden…“, murmelte er. „Du musst gar nichts mehr du Arsch“, unterbrach ihn Koki gereizt, befreite Kame aus Jins Griff, legte einen Arm um die Schultern des Bandjüngsten. „Du hast genug Scheiße angestellt in letzter Zeit.“ – „Aber es ist wichtig!“, protestierte Jin und fand endlich seine Stärke wieder die ihm in die letzten paar Minuten abhanden gekommen war. „Wichtig“, fauchte der Rapper, drehte sich um und zog Kame mit sich der diese Behandlung einfach über sich ergehen ließ. Jin wollte den beiden folgen wurde aber von Ueda und Maru aufgehalten. „Du musst zugeben dass er recht hat“, flüsterte Tatsuya leise. „Ja. Nein. Verdammt!“ Das letzte Wort brüllte Jin und riss sich los, beeilte sich um hinter den beiden weggehenden Figuren nachzukommen. Kurz vor dem Ausgang holte er sie sogar tatsächlich ein. Er drängte Koki von Kames Seite, stellte sich vor Kazuya und beschloss dass sie Begleitumstände völlig egal waren. „Ich liebe dich.“ Jin wusste nicht was er erwartet hatte, aber bestimmt nicht dass Kame loslachen würde. Und zwar kläglich. „Ja… klar. Davon träume ich nachts Jin, aber mittlerweile weiß ich… dass es nur Träume sind. Aber ich hätte nicht von dir gedacht dass du so einen… Mist erzählst.“ – „Das ist kein Mist verdammt!“, knurrte Jin nachdem er seine Sprache wiedergefunden hatte. „Ich meine das ernst.“ Kame guckte ihn mit großen Augen an. Irgendwie assoziierte Jin dieses Bild mit einem kleinen Hundewelpen der grade von seinem besten Freund getreten worden war. „Ich will dir glauben Jin. Aber ich kann es nicht.“ Es klang nüchtern, sachlich. Abgesehen von dem leichten Zittern der Stimme. „Natürlich kannst du das…“ Er hatte es gerade noch fertig gebracht diesen Satz zu Ende zu bringen als Koki sich zwischen sie drängte. „Alles klar. Erde an Akanishi, das hier ist die Realität und diesen Schwachsinn kauft dir keiner ab, okay?“ – „Und woher willst du wissen was in meinem Kopf vorgeht?“, schrie Jin nun den Rapper verzweifelt an. Das konnte, durfte doch alles gar nicht wahr sein! „Na also!“, triumphierte Tanaka auf einmal. „Was in deinem Kopf vorgeht! Ich wusste nicht dass man entscheiden kann wen man mag und wen nicht. Ich dachte immer es passiert einfach. Aber nein, Herr ich-kann-alles-besser kann sogar das entscheiden.“ Jin biss sich auf die Unterlippe. „Jetzt verdreh mir nicht die Worte im Mund. Und halt dich da raus, es geht dich nichts an!“ – „Es geht mich sehr wohl was an!“, knurrte Koki wütend. „Nicht nur du bist mit Kame befreundet. Ich mache mir auch sorgen. Und wenn du dich nicht endlich zusammenreißt dann muss dir ja irgendwann wer die Meinung geigen. Wenn ich dass sein muss ist es auch okay. Also, verpiss dich.“ Den letzten Satz sagte er mit einem Lächeln. Jin sah wie Kame hinter dem Rapper aufseufzte und in Richtung Parkplatz ging. „Scheiße, Koki, lass mich zu Kame, ich meine es ernst!“ – „Ja, klar. Du willst ihn doch nur an deiner Seite wissen, hattest du selber gesagt“, fauchte Koki und hielt Jin zurück. Dieser warf nun jede Zurückhaltung über Bord und trat Koki ins Schienbein, sorgte dafür dass er ihn loslassen musste. Machte sich wieder daran Kame aufzuhalten. Schaffte es tatsächlich noch einmal den Jüngeren festzuhalten. Schnell warf er einen Blick über die Schulter, stellte fest, dass Koki sich wieder aufrappelte und nun erst recht sauer in ihre Richtung marschierte. Ohne lange nachzudenken zerrte Jin Kame in Richtung seines Wagens. Er merkte beiläufig wie Kazuya versuchte sich von ihm loszureißen aber gottlob war er schon immer der Stärkere von den beiden gewesen. Irgendwie schaffte er es auch Kame in den Wagen zu bugsieren, sich selber schnell genug auf den Fahrersitzt fallen zu lassen, den Motor zu starten und loszufahren ehe Koki sie erreichte oder aber Kame den Wagen wieder verließ. Nur jetzt kam der unangenehme Zustand wo sein Gehirn von Autopilot wieder auf manuelle Lenkung zurückschaltete. Jin umklammerte sein Lenkrad wie eine Rettungsleine. Hatte er Kame gerade etwa… entführt? Es fühlte sich so an… Aber ein Seitenblick auf Kame zeigte ihm, dass seine Geisel scheinbar nicht dieselben Gedanken hatte sondern einfach nur aus dem Fenster starrte und den Fahrer versuchte zu ignorieren. Mehr oder weniger. „Dann fahr mich wenigstens nach Hause, bring deine Sachen von da weg und gib mir den Schlüssel wieder. Ist ja so passend auf dem Weg“, meinte Kazuya tonlos. Jin schluckte. „Ich… meinte das ernst Kazuya“, flüsterte er bog auf eine Straße, wusste nicht mal wohin er fuhr. „Das was ich vorhin gesagt habe. Das… meinte ich ehrlich.“ Aus den Augenwinkeln sah er wie Kame sich zu ihm umdrehte. „Jin… wieso sollte ich dir das glauben?“ – „Wieso sollte ich lügen?“, meinte Jin. Kame runzelte die Stirn. Dachte tatsächlich über diese Frage nach. „Weil das so von jetzt auf gleich kam? Noch vor ein paar Stunden hast du… ach egal…“ Kame fuhr sich müde mit der Hand über die Augen. Hielt sich die Ohren zu. „Oh Gott. Halt an. Halt an!“ Überrascht brachte Jin das Auto zum Stehen, Kame stürzte nach draußen, übergab sich. Jin fluchte und sprang ebenfalls aus dem Auto, kniete sich neben Kame. Strich ihm über den Rücken. „Ist alles klar?“ Kame antwortete ihm nicht sondern erbrach sich wieder, Jin zog sich der Magen zusammen. Allein die Partyerfahrung sorgte dafür dass er nicht dasselbe tat wie Kame. Dieser hustete noch einmal kurz, wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. „Ich hab Wasser hinten im Kofferraum, willst du?“ Kazuya nickte aber als Jin aufstehen wollte zog er ihn zurück. „Kazuya?“ – „Nicht gehen…“ – „Kame…?“ Jin kniete sich wieder hin, wurde von Kame umarmt, aber auf eine Art und Weise die ihm Angst einjagte. So als würde sich der Jüngere versuchen zu verstecken. Ich seh dich nicht du siehst mich nicht. „Mach dass sie weggehen… Mach es weg…“, murmelte Kame leise, presste sich an Jins Oberkörper. Dieser saß benommen am Straßenrand. Er dachte das hätten sie hinter sich… er hatte nicht gedacht dass es wieder passierten würde. Wie durch Schleier hörte er wie Kame anfing wieder einmal zu weinen, ihn anflehte dass es ‚es‘ wegscheuchen würde, dass er ihm half… Jin legte beschützend seine Arme um den Jüngeren. „Alles wird gut…“, murmelte er leise. Aber so richtig wollte er gerade nicht daran glauben. Er blinzelte seine eigenen Tränen weg, biss sich auf die zitternde Unterlippe. Er zuckte zusammen als Kame plötzlich wortlos aufschrie, er packte den Jüngeren an den Schultern, zog ihn in eine etwas höhere Position. „Kame!“ Verunsichert versuchte er Kazuya wieder zu beruhigen, aber dieser hörte erst dann auf zu schreien als er nach Luft jappste. Dann presste er sich wieder schutzsuchend an Jin, murmelte die ganze Zeit seinen Namen. Jin schlang seine Arme um den Jüngeren. „Ich bin hier, dir wird nichts passieren“, meinte er mit so viel Zuversicht wie möglich. „Alles wird gut, okay? Du packst das…“ Nach einer ziemlich langen Zeit verstummte Kame, klammerte sich aber immer noch fest an den Älteren. „Alles wieder in Ordnung?“, erkundigte sich Jin nachdem er einige Sekunden gewartet hatte ob Kame etwas von sich aus sagen würde. Aber auch jetzt antwortete der Andere nicht. „Kame?“ – „Nach Hause…“ Jin nickte und half auch Kame wieder auf die Beine. Kaum waren sie bei Kame angekommen hatte er sich eine Decke geschnappt und sich in sie eingewickelt. Jetzt saß er auf dem Sofa mit angewinkelten Beinen und starrte ins Nichts. Jin erinnerte es an die Zeiten wenn er mit Kame gestritten hatte und immer wenn er kam um sich zu entschuldigen hatte der Jüngere genau so auf seinem Bett gehockt. Jin setzte sich neben ihm. „Also… was… war da gerade eben los?“ – „Keine Ahnung“, schniefte Kame. „Stress vielleicht…“ Eigentlich hatte Jin erfahren wollen was genau Kazuya gesehen hatte… aber diese Antwort zeigte ihm, dass er das nicht erfahren würde. Jedenfalls nicht jetzt. Vielleicht nie. Vielleicht fand Kame es auch nicht so wichtig. Oder wollte einfach nicht darüber nachdenken. „Du… meintest das doch nicht ernst oder? Dass du mich liebst?“ – „Doch. Ich meine das todernst.“ Jin seufzte. Irgendwie fand er den Gedanken jetzt wo er darüber nachdenken konnte etwas seltsam. Vor allem da sich an sich ja nichts geändert hatte… er hatte nur mal seine Augen aufgemacht. Endlich. Und hoffentlich nicht zu spät. Er war etwas überrascht als Kame ihn in das Sofa drückte und sich auf ihn drauflegte. „Okay“, meinte der Jüngere hielt Jins Hand fest. Bevor der aber auch nur irgendetwas sagen konnte merkte er, dass Kazuya eingeschlafen war. Vorsichtig legte er einen Arm um Kame. Okay, das hier war vielleicht nicht perfekt und morgen würde ihm der Rücken ziemlich wehtun… aber es war ein Anfang. Jin blinzelte verschlafen, stellte fest dass ihm wirklich jeder Knochen im Leib wehtat und dass auf im drauf immer noch ein Gewicht lag, welches seiner Meinung nach dort auch noch etwas liegen bleiben durfte. Aber doch bitte wenn er selber eine bequemere Position hatte. „Kame?“ Keine Reaktion, er hörte, dass Kame noch schlief. Vorsichtig befreite Jin seinen Arm der unter Kame eingeklemmt worden war, stupste den Schlafenden an. „Kame-chan?“ Er legte eine gehörige Portion Wehleidigkeit in seine Stimme. Schaffte es tatsächlich dass Kame sich etwas bewegte, zusammenzog. Seine andere Hand fester hielt. „Kazu-chan, wach doch bitte auf?“ – „Gleich…“ Jin grinste etwas. „Mein Rücken tut weh Kame, können wir uns etwas anders hinlegen, dann darfst du meinetwegen weiterschlafen?“ Der Angesprochene hob den Kopf so, dass er Jin angucken konnte. „Mag nicht“, stellte er fest, Jin stöhnte auf. „Warum?“ – „Weil du dann abhauen wirst.“ Kame legte seinen Kopf wieder auf Jin Brust, der Ältere konnte förmlich spüren wie er wieder am Einschlafen war. „Kame, zwing mich nicht dich runter zuschmeißen… Ich bleibe hier, versprochen.“ Aber wie zu erwarten war kam keine Reaktion mehr. Kurz überlegte sich Jin es doch bleiben zu lassen, aber ihm tat der Rücken weh, seine Beine waren eingeschlafen und er musste dringendst die Toilette besuchen. Drei gute Gründe um seinen Willen durchzusetzen. Er stemmte sich etwas hoch, ignorierte Kame der ihn versuchte wieder runter zudrücken. „Bin nur eben auf dem Klo, okay?“ – „Mein Kissen!“, schmollte Kame, legte sich wieder auf das nun freie Sofa. Nachdem Jin die Bedürfnisse seines Körper so weit wie möglich gestillt hatte trat er wieder ins Wohnzimmer wo, oh Wunder, Kame mittlerweile verschlafen dasaß und die Decke vom Boden aufhob, sie musste in der Nacht runtergefallen sein (oder bei der Aktion gerade eben…). „Na, doch aufgewacht?“, meinte Jin triezend und war wohl die Ursache dafür dass Kame die Decke wieder fallen ließ. Wütend vor sich hinmurmelnd hob Kame das gute Stück nun endgültig hoch, legte es auf die Coach. Jin setzte sich nicht sehr charmant auf die eben gefaltete Decke, beschloss dass er Kames missbilligend Blick nicht sah. „Jin? Würde es dir was ausmachen sich nicht auf die Decke zu setzen?“ Jin grinste beugte sich vor und hauchte einen Kuss auf Kames Lippen, der daraufhin wie von der Tarantel gestochen aufsprang. Jin zuckte zurück, sah Kame erschrocken an. „Was? Hab ich was falsch gemacht?“ – „Du meintest das gestern ganz ehrlich ernst?“ Jin nickte stumm, war sich nicht ganz sicher wohin das führen sollte. „Ganz, ganz ehrlich?“ – „Ja?“ Kame ging einige Schritte zurück, hatte ganz große Augen. Sah aus wie ein ungläubiges Kind. „Sicher?“ Wieder nur ein stummes Nicken. „Und wenn du jetzt durch diese Tür da gehst, sie hinter dir zumachst und ich sie öffne bist du immer noch da?“ Während er sprach deute Kame in irgendeine beliebige Richtung. „Ja?“ – „Du… bist ganz sicher hier?“ Jin stand auf, umarmte den Kleineren. „Ich bin keine Halluzination, okay?“ Kame krallte sich an Jins Rücken fest. „„Jin“ hat nie so getan als wäre er du…“ Jin runzelte verwirrt die Stirn. Bitte was? „Ich wusste immer ob du echt da warst oder nicht…“ Langsam dämmerte es in Jins Gehirnzellen. „Ich bin wirklich da“, murmelte er, strich mit einer Haar durch Kames Haar. „Und ich liebe dich wirklich.“ Langsam hob Kame den Kopf, sah Jin in die Augen. „Ich dich auch.“ – „Ich weiß.“ Jin glaubte, dass das wohl ihr erster „richtiger“ Kuss war. Ende Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)