Realize the Real Lies von Danyu ([Akame...?]) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 – Breakdown -------------------------------- 1 “the act of disrupting an established order so it fails to continue” 2 “a mental or physical breakdown” „Weißt du nicht, dass Jin eine Freundin hat?“ Dieser Satz hallte in Kazuyas Kopf nach als hätte er dort ein Echo hinterlassen. Das… konnte doch nicht sein? Jin… hätte ihm davon erzählt, oder nicht? Kame ballte seine Hände zu Fäusten. Es gab keinen Grund warum Jin ihm so etwas hätte verschweigen wollen… keinen… „Ihr lügt doch“, flüsterte Kame dann, auch wenn er in ihren Gesichtern ablesen konnte, dass sie die Wahrheit sagten. Jin… hatte… Kazuya konnte grade nicht klar denken… Die Anderen sagten nichts, konnten sich nicht erklären warum Kazuya nichts davon wusste. Immerhin war er Jins bester Freund oder? Hatte Jin ihn wegen… irgendeiner dummen Pute also die letzten zwei Wochen so gut wie ignoriert, angelogen? Wegen irgendeiner blöden Kuh war er jetzt nicht hier hergekommen? Wo sie sich hätten sehen können? Er hatte seine Freundin über Kazuya gestellt? Und nicht einmal den Mut aufgebracht ihm davon zu erzählen? Und… nein, in diese Richtung durfte er nicht denken… nein, nein, nein, nein… Er spürte eine Hand auf seiner Schulter, blickte in Kokis Augen. „Du weißt echt nichts davon?“ – „Seit wann?“ War Kames Gegenfrage. Koki zuckte mit den Schultern. „Lass mich nachdenken… so circa vor zwei Wochen oder nicht?“ Kame hatte das Gefühl als ob er sich übergeben müsste… „Er hat mir nichts gesagt…“, murmelte er. „Wir haben aber auch nur zwei Mal in der Zeit miteinander gesprochen…“ Er fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Ueda blickte Kame besorgt an. Er konnte sehen wie verletzt der Jüngere war, davon, dass Jin ihm das nicht gesagt hatte. Und von der Tatsache, dass sie so selten telefoniert hatten. Er tauschte einen Blick mit Junno, der dasselbe aus Kames Mimik herauslesen konnte. Aber schließlich stellte Maru die entscheidende Frage. „Kazuya… Er… hat angedeutet, dass er weiß… warum du… also… das mit der Psychiatrie…?“, stammelte er hilflos. Sie konnten sehen wie Kame versuchte die Tränen aus den Augen zu wischen, es gelang ihm nicht. „Ja. Weiß er… er… hat mich letztendlich überredet zu einem Arzt zu gehen…“ Er schluchzte kurz auf. Gewann dann wieder seine Fassung zurück. Versuchte so zu tun, als wäre es ihm egal. „Freut mich für ihn.“ Seine Stimme klang bitter und nicht sehr überzeugend. Die anderen waren wütend. „Also… wusste er, dass es dir beschissen geht und hat nicht einmal versucht… Kontakt mit dir zu halten? Verdammt, wir haben mehr mit dir geredet!“ Kame schüttelte den Kopf. „Lasst das Thema. Er… Jin… wird wohl wichtigeres zu tun gehabt haben…“ Junno schnaube ungläubig. „Mach uns nichts vor. Und egal wie toll es für Jin ist, dass er endlich eine Beziehung hat die vielversprechend ist, du bist sein bester Freund, da ist ein wenig Interesse nicht zu viel verlangt. Vor allen Dingen nicht wenn…“ Er ließ den Rest des Satzes ungesagt. Kame schüttelte nur wieder den Kopf. Er war verletzt. Aber er wollte nicht darüber nachdenken… wenn er das tat… würde es noch mehr wehtun. Er fühlte sich verraten. Von seinem besten Freund. Und er fühlte sich schlecht, weil er sich so fühlte. Jin hatte es sicher nicht absichtlich verschwiegen. Vielleicht hatte er es vergessen? Oder er hatte gedacht, dass Kame davon wusste? Und… nein, er musste an was anderes denken, über was anderes sprechen… Koki setzte an um Junno zuzustimmen aber Kame fuhr ihm über den Mund. „Erzählt mir mehr von den Projekten die wir zurzeit haben.“ T-TUN blickte Kame stumm an, sie hatten die Formulierung verstanden ‚wir‘. Etwas verunsichert fingen sie an ihn auf den neusten Stand der Dinge zu bringen. Kame seufzte schicksalsergeben. Der beste Weg um nicht zu denken, war sich in Arbeit zu ertränken… Es war schon lange nach Mitternacht als Jin die Tür zu seiner Wohnung hinter sich schloss und duschen ging. Während er sich die Haare wusch fiel ihm ein was er vergessen hatte zu tun: Kazuya anrufen. Ihm absagen. Er schluckte und stellte sich vor wie das Gespräch jetzt ablaufen würde… nachdem Kame… nun ja, wusste, dass er ihn hatte anrufen wollen, es aber nicht getan hatte. Eigentlich hatte er keine Lust auf dieses Gespräch, war es aber seinem Freund schuldig, wenigstens eine Entschuldigung sollte Kazuya bekommen. Also trocknete Akanishi sich schnell ab und grabschte nach seinem Telefon, wählte Kazuyas Nummer. Hörte die Bandansage die zeigte, dass das Handy abgeschaltet war, er konnte sie schon auswendig mitsprechen… bis dann ein völlig neuer Satz kam. „Akanishi, versuch gar nicht erst eine Nachricht zu hinterlassen, ich werde sie eh nicht abrufen.“ Jin starrte fassungslos sein Handy an. Das… konnte doch nur ein schlechter Scherz seitens Kames sein? War er vielleicht doch drangegangen und tat nur so als ob er… nein, denn dann wäre vorher ein Piepen zu hören gewesen. Das hier musste also folgerichtig die eingespeicherte Nachricht sein, die wirklich jeder hörte… der nun versuchte Kazuya anzurufen. Warum? Das konnte der Jüngere doch nicht etwa ernst meinen? Er hörte das Piepen was ihn aufforderte zu sprechen. Konnte aber erst mal nichts sagen. War wie versteinert. Nach einigen Momenten hatte er sich wieder gefangen. Murmelte eine Entschuldigung für sein Verhalten in den Hörer und legte auf. Ging ins Schlafzimmer und ließ sich auf das Bett fallen. Als er nach zwei Stunden dummen Rumliegens immer noch nicht an Schlaf denken konnte versuchte er erneut Kazuya anzurufen. Das Handy war immer noch abgestellt. Und dann kam Jin eine Idee für die er sich selber loben musste. Der Festnetzanschluss! Jin setzte sich kerzengerade hin und wählte die andere Nummer. Und musste feststellen, dass Kame anscheinend das Telefonkabel von Anschluss entfernt hatte. Der Teufel sollte ihn holen. Was hatte er denn falsch gemacht? Okay, er war nicht zu dieser spontanen Feier gekommen und hatte vergessen sich bei Kame abzumelden. Maru jedoch hatte davon gewusst. Er hatte eben schon mit Maiko eine Verabredung gehabt, das… hatte er nicht absagen wollen. Das würde Kazuya aber verstehen müssen. Immerhin war sie… immerhin liebte er sie. Und… Kazuya würde es verstehen, dass er Zeit mit ihr verbringen wollte. Wenigstens das bisschen Freizeit was er hatte… Einen Moment dachte Jin darüber nach zu Kame zu fahren… doch dazu war er zu müde… und er musste im Gegensatz zum Jüngeren morgen hart arbeiten. Jin betrat den Raum, der KAT-Tun zur Verfügung gestellt worden war um die nächste Tour zu planen. Und blieb geschockt im Türrahmen stehen. Da stand er. Kazuya. Mit dem Rücken zu ihm, lachte über etwas was wohl Koki oder Taguchi gesagt hatte. Strich sich mit einer Hand durch die Haare. Jin wurde in den Raum geschubst, er hörte wie Maru etwas murmelte von wegen „Tagträumen“ „Weg versperren“ und „Idiot“, aber im Zusammenhang ergab das für ihn gerade keinen Sinn. Kame war da. Bei KAT-TUN. So… als wäre nichts geschehen, die letzten zwei Monate einfach… weggewischt. Jin stolperte ungelenkt in Richtung Kame. Und stoppe mitten in der Bewegung als der Jüngere sich plötzlich umdrehte. Ihn stumm ansah. Jin konnte nicht sehen was Kame dachte. Sein Gesicht war unbeweglich, eine perfekte Maske, die Augen durch eine Sonnenbrille verdeckt. Jin streckte seine Hand zu Kame aus, als könnte er ihn über diese noch gut zehn Meter, berühren. Kame sagte nichts. Genauso unerwartet wie er sich zu Jin gedreht hatte zeigte er ihm jetzt den Rücken, führte das Gespräch mit Koki fort. Jin fühlte sich ausgeschlossen. Aber irgendein Teil seines Gehirns sagte ihm… dass er diese Behandlung verdient hatte… Er setzte sich an seinen Platz, in der Hoffnung, dass Kazuya mit ihm sprechen würde, dass er diese… Entfernung zwischen ihnen überbrücken würde. Aber Kazuya sprach nicht mit ihm. Kein einziges unnötiges Wort. Er musste Yuichi fragen, was Kame hier tat. Warum er hier war. Sie waren gerade allein auf dem Gang, als er Maru ansprach. Dieser starrte ihn einen Moment ungläubig an, seufzte dann, murrte wieder etwas (Jin konnte die Wörter „kindisch“ und „mühsam“ heraushören) und setzte dann zu einer Antwort an. „Er hat mit Johnny-san gesprochen. Er ist wieder dabei. Hat heute seinen ersten Arbeitstag, also…“ An dieser Stelle zuckte Nakamaru mit den Schultern. „Ich hoffe ihr begrabt euren wie auch immer geratenen Streit bald Jin. Er… er braucht dich. Und das weißt du.“ So. Mehr würde er dem Trottel vor sich nicht sagen. Er war sich relativ sicher, dass Jin über den Tag verteilt von allen was zu dem Thema gesagt bekommen würde. Und er sollte recht behalten. Zuerst schnappte sich Junno den mürrischen Sänger, zerrte ihn in eine Ecke und zischte ihm zu, dass er gefälligst dieses „bescheuerte Spielchen“ sein lassen sollte und dass er mit Kame reden musste. Dass der Jüngere bestimmt mit ihm reden wollte, aber aufgrund von Jins (hinterhältigem/gemeinen/verlogenen) Verhalten sich nicht traute den Anderen anzusprechen. Da verstand Akanishi langsam, dass er mit seinen Aktionen in den letzten zwei Wochen Kame richtig… verletzt hatte. Wenn Taguchi ihm schon sowas an den Kopf warf… Als nächstes kralle sich Ueda Jin. Jin war etwas überrascht als der Kleinere ihm auf die Schulter klopfte und in eine unbelebte Ecke deutete, Jin sagte, dass sie reden mussten. Unter vier Augen. Er fing seine „Rede“ etwas ungelenkt an. Dass es ihn ja eigentlich nichts anging, was zwischen ihm und Kame geschah… dann kam er richtig in Fahrt und verkündete, dass er ihm aber den Schädel einschlagen würde wenn er sich weiterhin wie ein Idiot benehmen sollte. Jin starrte Ueda verwundert nach. Und als Koki sah, dass Jin alleine in einer Ecke stand, weitab von neugierigen Ohren, gesellte er sich zu ihm, legte ihm einen Arm um die Schulter, sah aber ansonsten alles andere als freundlich aus. Sagte endlich die Worte die Jin brauchte. Denn sein Hirn hatte diese einfache Tatsache ausgeblendet. Hatte es nicht erkannt. „Du weißt schon, dass wir uns alle tierisch für dich und deine… Maiko-chan freuen oder?“, begann der Rapper leise. „Wir sind wirklich froh… dass es endlich nach etwas Festem ausschaut… aber… Jin… siehst du denn nicht was um dich herum geschieht?“ Jin runzelte verwundert die Stirn, verstand noch immer nicht worauf der Rapper hinauswollte. „Von uns allen… warst du der Einzige der wusste was mit Kame los war. Und in so einem Moment… beschließt du, dass irgendein Mädchen was du gerade erst kennengelernt hast wichtiger ist, als der Freund der schon seit Jahren… der schon seit Jahren dein bester Freund ist? Nichts gegen sie, aber du hast dich wie das letzte Arschloch benommen. Und übrigens“, sagte Koki als er sich bereits entfernte, „Kame weiß jetzt warum du ihn in den letzten zwei Wochen ignoriert hast.“ Und Jin erkannte erst jetzt das volle Ausmaß seiner Dämlichkeit. Kazuya hatte sich auf das Dach des Gebäudes verzogen. Hier war es meistens ruhig. Er wusste ehrlich gesagt nicht, warum kaum jemand hier rauf kam… aber er begrüßte diese Tatsache. Er lehnte sich am Geländer an, schaute nach unten. Ihm war etwas schwindelig… aber an dieses Gefühl würde er sich gewöhnen müssen… genauso wie an plötzliche Müdigkeitsanfälle. Er hatte Johnny-san schonend beigebracht, dass er eine Zeit lang Medikamente würde nehmen müssen, die ihn bei der Arbeit behindern würden. Aber sein Chef hatte diese Tatsache zur Seite gefegt. Gemeint, dass Kazuya merken würde wenn es zu viel werden würde. Dass er sich dann zurückziehen solle. Dass er ihm weniger Projekte geben würde an denen er arbeiten müsste. Nun… es schien ihm sehr wichtig, dass er überhaupt wieder arbeitete. Er seufzte und schloss für einen Moment die Augen. In dem Moment hörte er wie die Tür zum Dach geöffnet wurde. Er hörte diese Schritte und wusste intuitiv, dass Jin gekommen war. Er war sich sicher. Aber er drehte sich nicht um. Sollte der Mistkerl was zu sagen haben würde er anfangen müssen. Würde er sich erklären müssen. Aber Jin stand einfach wortlos hinter ihm. Kazuyas Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen. Allein mit seiner Willenskraft wollte er Jin dazu zwingen etwas zu sagen. Er hielt die Augen geschlossen, spürte aber wie der Ältere neben ihn trat und ebenfalls die Arme auf das Geländer legte. Er sagte immer noch nichts. Nach einer gefühlten Ewigkeit hörte Kazuya wie Jin laut einatmete, er spürte die plötzliche Spannung in Jins Körper. Er wusste, dass der Ältere jetzt reden wollte… Diesen Moment hatte er zwar herbeigesehnt… aber nun, da er so kurz bevorstand hatte er Angst vor dem was er zu hören bekommen würde. Er schirmte sich von allen Gefühlen ab, die er für Jin empfand… wusste… dass egal was der Andere sagen würde es ihn verletzten würde. Auf die eine oder andere Art und Weise. Besser nicht darüber nachdenken. Nichts an sich heranlassen… Nicht an sich selber denken… Es dauerte seine Zeit bis er merkte, dass Jin schon angefangen hatte zu reden. Schnell unterbrach Kazuya ihn. „W-was? Entschuldige, ich habe dir gerade nicht zugehört.“ Er merkte förmlich mit seinem eigenen Körper wie er Jin den Wind aus den Segeln genommen hatte. Aber noch einmal würde er sich nicht dafür entschuldigen, der Andere hatte so viel mehr gutzumachen… „Ist… okay“, murmelte Akanishi dann langsam. Er sammelte sich wieder einen Moment, Kazuya sah ihn jetzt an, blickte von unten zu ihm hinauf. „Ich… hatte eigentlich nur gesagt, dass ich ein Vollidiot, unsensibler Trottel und ein Versager bin. Nur in… mit etwas mehr Worten.“ Kame nickte. „Kann ich nicht widersprechen.“ Kame blickte wieder über die Dächer. „Kazuya… es tut mir Leid… ich… hätte dich nicht so behandeln sollen.“ Kame nickte wieder zur Bekräftigung. „Finde ich auch.“ Jin schluckte. Er hasste es… so sehr sich zu entschuldigen. Aber er würde das hier durchziehen. Würde Kazuya beweisen, dass er… wirklich nur aus Idiotie den anderen ignoriert hatte. Nicht aus bösen Willen… „Ich… du weißt wie kein Zweiter wie bescheuert ich sein kann, nicht wahr?“ Kazuya bewegte sich nicht, sagte nichts. Trotzdem sprach Jin weiter. „Naja… ich dachte… ich weiß nicht, ich hatte Angst mit dir zu reden… ich war so unsicher… und… naja… dann hab ich… Maiko kennengelernt.“ Kame schloss die Augen. Das war der Punkt… nicht denken, einfach zuhören… „Sie… hat etwas an sich… ich kann es nicht genau beschreiben… In ihrer Gegenwart scheint alles andere zu verblassen… nicht mehr… so wichtig zu werden. Sie gibt… gab mir das Gefühl, dass alles wieder irgendwie wieder okay sein wird… Sie gab mir das Gefühl, dass du mich nicht brauchst.“ Ist es nicht eigentlich umgekehrt? Kame wollte im Moment nichts lieber als diese Worte aus sich rauszuschreien. So wie Jin sprach… das war es… was… sie… diese Frau… Er vergrub sein Gesicht in seinen Armen. Jin schien von dem Gefühlschaos neben sich nichts mitzubekommen (was auch eine Leistung war… wie Kazuya zugeben musste). Er schien in einer anderen Welt zu sein, er klang so fröhlich, so glücklich… so erfüllt. „Weißt du Kazuya… ich kenne sie noch nicht so lange… blöderweise habe ich sie im ungünstigsten Zeitpunkt kennengelernt.“ Kame gab ihm Recht. Voll und ganz. „Aber… wenn ich bei ihr bin fühle ich mich richtig gut. Sie gibt mir das Gefühl geliebt zu werden. Sie ist… nicht anhänglich wie die ganzen anderen Tussen mit denen ich bisher geflirtet habe. Sie ist…“ Kame fragte sich ob es auffallen würde wenn er jetzt seine Ohren auf Durchzug stellen würde. Er wollte das nicht hören… Andererseits hatte er keine andere Wahl… es bleib dabei… Jin war… sein… bester… Freund… Er sollte es sich anhören… um sich später mit ihm freuen zu können… Jins Lobrede ging noch etwas weiter… Kazuya wusste warum er nicht mit ihm geredet hatte… er war… zu sehr eingenommen von dieser albernen, blöden, doofen… Kame stoppte seine Gedankengänge. So klang kein Freund der sich freute. Er biss sich auf die Unterlippe. „Ist schon okay“, murmelte er heißer. „Sie scheint unglaublich…“ Beschissen, egoistisch, dämlich, eingebildet, beschränkt… „toll zu sein.“ Jin strahlte, aber die Wolke namens schlechtes Gewissen bereitete sich dann auf seinem Gesicht aus. „Es… tut mir-“ Kame hob eine Hand, lächelte automatisch. „Lern aus deinen Fehlern“, wies er den Älteren an. „Tu das nicht noch einmal.“ Jin nickte eifrig. Sie standen eine Weile still nebeneinander. Kazuya seufzte. Er musste diese zwei dämlichen Fragen stellen. Egal wie das rüberkam. Egal wie schwach es sich anhören würde. Egal wie viel seine Stimme von seinen Gefühlen verraten würde. „Liebst du sie?“ Jin sah Kame verwundert an. „Nach was klang das eben denn sonst für dich?“ Kazuya schüttelte kläglich den Kopf. „Nur weil ich jemanden… toll finde… heißt das nicht…“ Er beendete den Satz letztendlich nicht. Jin blickte ihn eine Weile nur stumm an. „Ja, ich liebe sie.“ Ernsthaft. Er klang so ernsthaft. Kazuya lächelte. Hoffte dass Jin nicht in ihn hineinsehen konnte. „Das freut mich…“ „Jin?“ – „Hm?“ Kame blickte zu Boden. „Wirst du… mich einfach so zurücklassen?“ Tatsächlich starrte Jin Kazuya entgeistert an. „Wie kommst du auf so einen Schwachsinn? Und ich dachte von uns beiden sei ich der größere Trottel?“ Kame lächelte, diesmal meinte er es ehrlich. „Tut mir leid.“ Jin zerzauste ihm liebevoll die Haare. „Mag sein, dass ich mich wie der größte Mistkerl der Welt benommen hab, aber mein Kazu-chan ist und bleibt mein bester Freund.“ Dann zog er den Jüngeren in eine kurze Umarmung, ließ ihn aber genauso schnell wieder los und zupfte an Kames Kleindung herum, so dass sie nicht mehr verrutscht aussah. Dann grinste er schief. „Freunde?“ – „Freunde!“ Zusammen gingen sie wieder nach unten und als T-TUN das sah gratulierten sie sich gegenseitig. Es war ziemlich klar, dass die beiden nicht miteinander reden würden… wenn sie Jin nicht „dezent“ auf seine Fehler hingewiesen hätten. Als Jin in ihre Richtung blickte hob er dankend die Hand, und zeigte dann mit dem Daumen nach oben. Koki antwortete überschwänglich mit einem Victory-Zeichen. Maru ließ seine Hand auf Kokis Hinterkopf niedersausen. Sie sahen den beiden nach, als sie schwatzend und lachend aus dem Raum gingen. Der Tag war relativ schnell vorbeigegangen fand Jin. Jedenfalls nachdem er sich wieder mit Kazuya vertragen hatte. Es war… viel schöner zu arbeiten wenn der Kleine dabei war. Er rieb sich die Schläfen, hoffte, dass er morgen noch wissen würde welche Lieder sie in welcher Stadt singen würden. Ansonsten dürfte er die Liste doch noch auswendig lernen. Er tappste Richtung Besprechungsraum, musste noch einige Sachen einpacken ehe er zu Maiko fahren konnte. „Ich will dich sehen“ waren die Worte ihrer Kurznachricht gewesen. Und Jin hatte gegrinst wie ein Honigkuchenpferd. Er öffnete die Tür und seufzte schicksalsergeben, als er sah wer noch im Zimmer war. Am Schlafen. Langsam ging er zu Kazuya. Der Tag war zu lang gewesen. Zu viel auf einmal… man hätte ihm schon früher freigeben sollen (aber irgendwie bezweifelte Jin, dass Kame gegangen wäre wenn er genau wusste, dass alle anderen in der Zeit arbeiten würden…). Einen Moment überlegte Jin ob er Kazuya aufwecken sollte… aber zuerst packte er die Mappe ein in der die Tourdaten standen. Einen Moment zögerte er noch, aber er entschied sich dagegen Kame zu wecken. Kazuya wachte auf. Einen Augenblick lang wusste er nicht wo er sich befand. Plötzlich schnellte er hoch. Er war sich ziemlich sicher nicht zu Hause eingeschlafen zu sein. Er ließ seinen Blick durchs Zimmer schweifen und sah dann einen Zettel auf seinem Nachtisch. Hey Schlafmütze, Wieso stand dein Auto vor der Tür? Wie bist du zur Arbeit gekommen? Naja, egal. Ich hol dich später ab. Wir sehen uns dann. Jin P.S.: Die Leere deines Kühlschranks regt mich auf, hab dir was zu essen reingelegt. Kazuya lächelte und drückte den Zettel an seine Brust. Ein Blick zur Uhr sagte ihm, dass er noch Zeit hatte. Ein paar Stunden. Also legte er sich wieder hin und schlief weiter. Er fragte sich wie es möglich war gleichzeitig so fröhlich und so traurig zu sein… Jin klingelte an Kazuyas Tür, wartete etwas ab, hörte Schritte die sich der Tür näherten, sah wie sie sich öffnete und schaute in Kames Gesicht. „Hi“, grüßte Jin ihn. „Dachte mir, dass ich dich mitnehme?“ Kame öffnete die Tür etwas weiter. „Komm erst mal rein. Hab noch nicht zu Ende gegessen.“ Jin betrat die Wohnung, zog seine Schuhe aus und folgte Kame Richtung Küche. Setzte sich an den Tisch und schaute Kame beim Essen zu. „Also, wie bist du gestern zur Arbeit gekommen?“, begann er dann ein Gespräch. „Koki hat mich abgeholt, musste ihm heute wegen dir übrigens ziemlich kurzfristig absagen.“ – „Warum fährst du nicht selber?“ Er sah wie Kame den letzten Bissen Brot verschl- aufaß ehe er ihm antwortete. „Darf ich nicht.“ Jin runzelte die Stirn. „Aha?“ – „Naja“, Kame grinste verlegen, „okay, einmal habe ich es bisher schon getan aber… Die Medikamente die ich nehme… sagen wir einfach mal es ist nicht gut wenn man am Steuer einen Schwächeanfall hat…“ Jin strich sich unsicher durchs Haar. Der Drang sich wieder zu entschuldigen wurde übermächtig, aber er wusste genau, dass Kazuya weitere Entschuldigungen nur nerven würden. Also hielt er den Mund. Als Kazuya aufgegessen hatte gingen sie nach draußen und in den Wagen. Fuhren zur Arbeit. Eine ungemütliche Stille hatte sich im Auto ausgebreitet und Jin traute sich nicht diese zu brechen. Er hatte das unbestimmte Gefühl… das Kame traurig war. Aber er wusste nicht weswegen… und deswegen… sagte er besser nichts. „Warum hast du mich gestern nicht einfach geweckt?“ Kazuya blickte aus dem Fenster als er das fragte. Jin blickte seinen Freund kurz an. „Weil du müde warst?“ Kame verdrehte die Augen. „Meine Güte, Jin!“ – „Was denn?“ – „Du bist so ein Idiot!“ Jin lachte plötzlich los. „Ja ich weiß.“ Jin blickte mit glänzenden Augen in… nicht ganz so begeisterte Gesichter. Kame hielt einen der Zettel, die Akanishi ausgeteilt hatte mit spitzen Fingern von sich. Musterte das Bild. Kniff die Augen etwas zusammen. Blickte Jin in das Gesicht und legte den Zettel angewidert zur Seite. „Das werde ich nicht tragen“, verkündete er dann. Jin musste das Gehörte noch verarbeiten, man sah wie bestürzt er war. „Warum nicht?“, verlangte er dann zu wissen und wurde von fünf Leuten ungläubig angestarrt. „Jin…“, versuchte Maru ihn dann vorsichtig in die Realität zu holen. „Wir tragen pinke, glitzernde, funkelnde Sachen. Wenn es sein muss strippen wir auf der Bühne. Wir tragen lächerliche Federn an der Kleidung… aber… DAS HIER“, er deute auf die Skizze, „vereint alles… peinliche… bescheuerte… auf einmal. Und es kostet genug Überwindung… Klamotten anzuziehen die nur… eine Todsünde darstellen… und nicht alle möglichen miteinander vereinigen…“ Jin schaute von einem zum anderen. „Dann… mögt ihr es nicht?“ Kopfschütteln. Kame drehte sich zu Koki um. „Bitte sag mir, dass du eine bessere Idee hast“, flehte er den Rapper an. Alle wussten, dass Koki leidenschaftlich gern nähte und für die Auftritte meist seine Accessoires selber machte. Koki nickte Kazuya beruhigend zu und holte selber eine Mappe raus. Mit mehreren Ideen und Vorschlägen. Jin schmollte noch etwas, stellte dann aber fest, dass seine Meinung ignoriert wurde und beschloss nun ebenfalls konstruktive Kritik vorzubringen. Aus den Augenwinkeln sah er wie Kame aufstand und den Raum verließ. Einen Moment dachte er darüber nach dem anderen zu folgen… doch dann wollte Koki seine Meinung zu einem der Kostüme hören und Jin konzentrierte sich auf die Bilder die vor ihm lagen. Sie gingen gerade durch welche Sachen sie bei welchem Lied anziehen würden, als Kazuya sich wieder in den Raum schlich und auf seinen Platz setzte. Jin runzelte dir Stirn. „Wo warst du?“, fragte er besorgt. „Klo?“ – „Ah…“ Jin war das etwas… peinlich… Aber… er hatte sich nicht helfen können, er hatte gedacht… dass Kame… ihm wieder was verschwiegen hatte… Aber da dies eindeutig nicht der Fall war… kam er sich nun oberdämlich vor… Wie lange würde es dauern, bis er nicht bei jeder Handlung von Kazuya die er sich nicht sofort erklären konnte annehmen würde… dass der Jüngere halluzinierte? Nach ein paar Stunden stand in etwa fest wie ihre Tourkleidung aussehen würde. Jin und Koki wunderten sich über die Kaltblütigkeit Kames, die bewirkt hatte, dass Koki nun nicht nur für sich selber die Anziehsachen modifizieren musste sondern auch für den jüngeren Leadsänger… Allen war es ein Rätsel wie Kame ihn dazu gebracht hatte… normalerweise zog sein Hündchenblick nämlich beim Rapper nicht… Jin verabschiedete sich vom Rest der Band, mittlerweile fragte keiner mehr nach wohin er gehen würde… es war ihnen klar. Jin bemerkte, dass Kame gerade seht beschäftigt damit war… an seinem Armband herumzuspielen. Ein Zeichen der Nervosität? Aber er konnte den Anderen jetzt nicht mehr danach fragen, Maiko wartete vor dem Gebäude auf ihn. Was er nicht sah als er sich von den Anderen wegdrehte war, wie Kame T-TUN etwas fragte. Jin legte einen Arm um Maiko, führte sie in ihr Schlafzimmer. Sie grinste ihm verführerisch zu, löste sich aus seinem Griff und ging Richtung Bett, kniete auf ihm nieder und fing an ihre Bluse zu öffnen. Langsam. Einen Knopf nach dem Anderen. Jin setzte sich vor sie sah auf ihre Finger, wie sie jedes Mal kurz zögerten. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen, er legte eine Hand auf ihre Brust, schubste sie sanft so dass sie nun auf dem Bett lag. Rasch öffnete er das Hemd ganz, strich es ihr von der Schulter, stellte mit einem Grinsen fest, dass sie keinen BH trug. Er lehnte sich über sie, küsste sie auf die Lippen, erst sanft… dann öffnete er sie gewaltsam mit seiner Lippe, streichelte mit einer Hand ihren Busen, mit der anderen öffnete er fahrig seinen Gürtel. Das war es worauf er den ganzen Tag gewartet hatte. Sie lag nackt in seinen Armen, zog ihn etwas näher an sich heran, küsste ihn. „Jin?“ – „Hm?“, fragte er schläfrig. „Ich hätte Lust feiern zu gehen. In den Club wo wir uns kennengelernt haben.“ Jin öffnete seine Augen einen Spaltbreit. „Jetzt?“, fragte er leicht irritiert. Maiko lachte. Küsste ihn noch einmal. „Bitte?“ – „Aber ich bin müde“, maulte Jin setzte sich trotzdem auf, suchte nach seiner Unterhose. Spürte ihre Arme als sie ihn umarmte. „Danke.“ Jin seufzte schicksalsergeben. Weiber. Eine wie die andere… Er zog sich an, hörte wie Maiko dasselbe tat. „Nehmen wir dein Auto oder meins?“, fragte er während er sich das Shirt überzog. „Du fährst“, wies sie Jin an. „Ich möchte heute etwas trinken.“ – „Alles klar Süße“, grinste er und hauchte ihr noch einen Kuss in den Nacken. Kramte nach seinen Autoschlüsseln, machte den Wagen schon mal startbereit. Als sie aus dem Haus trat verschlug es ihm die Sprache. Sie setzte sich neben ihn. „Na, für wen hast du dich denn so fein gemacht?“ Sie strahlte. „Das Kleid hab ich gekauft, weil ich dachte, dass es dir gefallen würde. Ich brauchte nur eine Gelegenheit es anzuziehen“, schnurrte sie und blickte zu Jin auf. Dieser war gleich versöhnt. Okay, dafür lohnte es sich noch einmal aus dem Haus zu gehen. Er startete den Motor und fuhr los. Er parkte in der Nähe des Clubs, folgte Maiko in das Gebäude, wurde von ihr auf die Tanzfläche gezerrt. Sie tanzten zu einigen Liedern. Sie passte so perfekt zu ihm. Und plötzlich hörte er auf sich zu bewegen. Er… musste einfach in diese eine Ecke starren. Er wusste selber nicht genau weswegen. Maiko blickte ihn fragend an, biss sich auf die Unterlippe und versuchte ihn wieder zum Tanzen zu animieren. Dort saßen sie. KAT-TUN (minus A). Und… Kame… knutschte… mit… irgendjemanden… rum… Jin stand nur verdattert da. Er… irgendwie… hatte er sich nie vorstellen können, dass Kazuya… sein Kazu-chan… Er schüttelte den Kopf. Das waren hirnrissige Gedanken. Natürlich. Kame war kein Baby, kein Kind mehr. Er war Erwachsen. Natürlich… hatte er auch… Jin beobachtete wie die restlichen Bandmitglieder versuchten Kame von der anderen Person zu lösen, energisch auf ihn einredeten. Er konnte nicht hören was sie sagten, sah aber wie Kazuya genervt Kokis Hand von sich schlug. Jin runzelte die Stirn. Maiko zerrte an seinem Arm, aber er beachtete sie nicht. Was war da los? Er sah wie Kame wütend den anderen irgendetwas sagte. Akanishi wünschte sich hören zu können worum es ging. Es war doch… normal? Oder nicht? Nur weil… er seinen besten Freund… so etwas nicht… nur weil er niemals in Betracht gezogen hätte… Jin holte tief Luft. Okay, man ging bei Kame nicht davon aus, dass er irgendwann mal eine Beziehung haben würde. Er kam einfach immer so… unschuldig rüber… so als… könnte er nicht… aber… das hieß ja noch lange nicht, dass wenn dies nicht der Fall war… man es ihm verbieten durfte, oder? Nur weil er eben doch… Und die Tatsache, dass das hier ein Club war sprach doch auch eigentlich nicht dagegen? Immerhin… hatte auch niemand bisher versucht ihn von den Frauen fernzuhalten (und irgendwie bezweifelte Jin, dass es in Kames Vertrag mit Johnnys Entertainment irgendeine Klausel gab die nur ihm persönlich das verbat). Maiko plapperte nun irgendetwas in seiner Nähe, aber seine Ohren waren auf Durchzug. Was war da los? Kazuya war aufgesprungen. Jin sah, dass der Jüngere leicht wankte. Angetrunken war. Das… wäre eine mögliche Erklärung. Vielleicht… wollten ihre Freunde verhindern… dass Kazuya in betrunken Zustand zu weit ging? Jin sah wie Nakamaru Kame wieder runter zerrte, hastig über die Menge hinwegsah, nervös war. Nein. Das konnte es auch nicht sein… Auch wenn er… angeheitert war… warum sollte Maru sich so… verhalten…? Langsam bewegte sich Jin in Richtung Tisch. Maiko hatte er im Moment vollkommen ausgeblendet. Er merkte nicht, dass sie nicht mehr an ihm dranhing wie eine Klettpflanze. Dass sie es aufgegeben hatte. Enttäuscht war. Er hatte nur Augen… für die Band. Und wen auch immer. Er bahnte sich einen Weg durch die tanzende Menge. Und glaubte das sein Herz aussetzten würde als „wer-auch-immer“ sich so hinsetzte, dass Jin das Gesicht erkennen konnte. Es war ein Mann. Er blieb wie versteinert stehen. Schnappte nach Luft. Jetzt verstand er das Verhalten der Anderen… Er wollte zu ihnen… Kame zur Vernunft bringen… das… das… konnte doch nicht? Kazuya? Jin schloss die Augen, hoffte, dass wenn er sie öffnete der Typ weg war, dass er nur… übermüdet war. Oder dass da nur sechs Leute sitzen würden die er gar nicht kannte, die seinen Freunden aber unglaublich ähnlich sahen. Oder noch besser, dass er aufwachte und neben Maiko lag. Aber als er die Augen öffnete hatte sich an dem Bild was sich ihm bot nichts geändert. Mit der Ausnahme das Kame nun schmollend in einer Ecke saß, irgendetwas fauchte. Dann beugte sich dieser… Typ… über Kame und wurde unsanft von Ueda zurückgezerrt. Tatsuya stand auf, hatte die Hand immer noch im Hemd von diesem… Kerl… und schubste ihn aus der Sitzecke. Kame schien nicht zu protestieren? Jin verstand es nicht… Was… war da bloß los? Aber er konnte seine Beine nicht dazu bewegen ihn einen Schritt weiter zu tragen. Er sah wie es ein gemeinschaftliches Seufzen in der Runde gab… wie der Typ sich aufrappelte und davonging, ohne die Anderen… ohne Kazuya noch eines Blickes zu würdigen. Dieser saß merklich angepisst immer noch in seiner Ecke und leerte ein Getränk in einem Zug. Jin spürte wieder Maikos sanfte Hände an seinem Körper. Diesmal drehte er sich um, ließ sich von ihr wegführen… das war… zu viel gewesen… Er wollte nicht mehr hier sein. Er fragte Maiko ob sie gehen könnten. Sie schlug Jin vor, dass dieser schon nach Hause fahren sollte. Sie würde sich später ein Taxi rufen. Er sah, dass sie ungehalten war… aber er nickte nur und verließ das Gebäude. Am nächsten Tag… wagte er nicht die Anderen auf den vergangenen Abend anzusprechen… In der Mittagspause saß er neben Junno, der müde, angeschlagen und… etwas… verwirrt wirkte. Jin konnte sich in etwa zusammenreimen wieso dies der Fall war aber… er sagte nichts. Taguchi seufzte einmal, blickte auf sein Mittagessen, blickte zu Kame und sah dann Jin an. Öffnete den Mund. Schloss ihn wieder. Blickte wieder auf sein Essen. Akanishi versuchte die aufkommende Frage zu ignorieren… aber die Neugier siegte über den Verstand. Im Augenblick hoffte er, dass der gestrige Abend doch nur ein abgefahrener Traum gewesen war. Vielleicht hatte Junno ja ganz andere Probleme? „Was?“, fragte Jin nach. Junno seufzte. „Ach ich weiß auch nicht…“, kam die Antwort. Er blickte noch einmal zu Kazuya… der… eindeutig verkatert war. „Seine Alkoholgrenze ist echt nicht sehr hoch oder?“, erkundigte sich Junno dann, nickte in Kames Richtung. Jin schüttelte den Kopf. Erinnerte sich an mehrere… mehr… oder… weniger lustige Begebenheiten in denen Kame etwas über den Durst getrunken hatte. „Meinst du er steht auf Männer?“, sprudelte es schließlich aus Junno heraus. Jin zuckte wegen der Direktheit der Frage zusammen. Wenn er gestern nicht die Szene gesehen hätte… hätte er sofort und automatisch gelacht und mit Nein geantwortet. Jetzt… „Meinst du Kazuya?“, fragte er dann nach. Junno nickte. „Weißt du…“, begann der Größere dann, „Ich weiß auf welche Art Frauen du stehst… Koki… Ueda… verdammt, ich weiß sogar welche Art Frauen Maru mag… Aber… Kame?“ Junno schüttelte vehement den Kopf. „Er redet als Einziger nie darüber. Nie! Aber… du bist sein bester Freund, du musst doch wissen… was Kame gefällt!“ Jin schluckte. „Wir… haben da nie drüber geredet“, gab er dann zu. Junno schüttelte wieder den Kopf. „Was ist… wenn er nie darüber geredet hat… wenn er nie darüber redet weil er…?“ Jin hatte die leise Ahnung, dass Junno auch die Bilder vom Club durch den Kopf schossen. Jin zuckte mit den Schultern. Er hatte ehrlich keine Ahnung… Kazuya drehte den Wasserhahn auf und spritzte sich das kalte Wasser ins Gesicht. Er versuchte die Erinnerungsfetzten des gestrigen Abends einzusortieren. Es war… wie ein Puzzle. Er wusste nicht genau was wann passiert war… es gab Augenblicke… da wusste er nicht einmal ob sie passiert waren… Er stöhnte frustriert auf. Welcher Teufel hatte ihn da auch geritten? Er hörte wie die Tür aufging, Maru und Koki betraten den Raum, hörten auf zu sprechen als sie Kame erblickten. Dieser trocknete sich das Gesicht ab, hoffte, dass die Anderen nicht sahen wie rot er war und ergriff die Flucht. War ihm das peinlich… Er ging zurück in den Aufenthaltsraum, sah wie Junno und Jin miteinander sprachen. In seine Richtung blickten. Er ließ den Kopf hängen. Egal wie häufig er sich versprach nicht zu viel zu trinken… es gab Momente da setzte sein Hirn einfach aus. Und das war das Ergebnis… Er wusste noch nicht einmal wie dieser… Typ… Kerl… hieß… Hatte er ihn überhaupt gefragt? Langsam bezweifelte er es… Kazuya schloss die Augen, versuchte die Kopfschmerzen, den Schwindelanfall zu ignorieren… Im Augenblick… lehnte er nicht an der Wand… sondern stützte sich bei ihr ab… er hatte das Gefühl, dass wenn die Wand nicht wäre… er fallen würde. Tief. Kazuya atmete tief ein und wieder aus. Langsam. Bewusst. Nach kurzer Zeit hörte die Welt auf sich zu drehen und er setzte sich hin. Wünschte sich Wasser und eine Kopfschmerztablette herbei. Sie wurden von ihren Manager gerufen, sollten schon mal die erste Performance besprechen… Und… Fernsehauftritte planen. Er stand auf, wartete einen Moment bis er das Gefühl hatte wieder geradeauslaufen zu können. Dann erst ging er zu dem Tisch wo die anderen Bandmitglieder bereits saßen. Nach kurzer Zeit wurden sie allein gelassen. Kame war sich der Blicke aller bewusst. Wütend erwiderte er sie. „Mein Gott, tut mir leid, ich war besoffen!“, schrie er sie an und stürmte mit hochrotem Kopf aus dem Zimmer. So konnte er gerade nicht arbeiten. Als Kame die Tür hinter sich zuknallte drehten sich vier Köpfe zu Jin. Dieser hob abwehrend die Hand. Log. „Sorry, aber… ich steh grad voll auf dem Schlauch?“ Er glaubte nicht, dass er die Kraft hatte Kame darauf anzusprechen… Daraufhin drehten sich drei Köpfe zu Koki hin. Dieser versuchte die Verantwortung von sich zu schieben, stand dann aber auf. „Das werde ich euch sowas von heimzahlen…“, fauchte er und machte sich auf die Suche nach dem Bandjüngsten. Als Koki auch den Raum verlassen hatte starrten alle unbehaglich auf den Tisch. Schließlich räusperte sich Nakamaru. „Jin… du… solltest wissen… was los ist…“ Jin zuckte zusammen. Jetzt… würde er… wohl erfahren… was gestern wirklich geschehen war. Nicht nur vermuten müssen, was seine Freunde… da getrieben hatten. „Schieß los?“, forderte Jin ihn auf, nicht wirklich… neugierig. „Wir… sind gestern noch weggegangen, Kame meinte, dass er sich etwas ablenken wollte. Dass er einmal abschalten wolle. Und hat gefragt ob wir mitkommen. Du kennst uns, da sagt keiner nein, vor allem da wir momentan echt wenig zu tun haben. Also viel Freizeit… Wir sind in einen Club gegangen, haben was zu trinken bestellt… Du… kennst Kazuya am besten wenn es ums Trinken geht…“, näherte sich der Ältere langsam dem… interessanten Thema. Jin nickte. Wenn Kame zu viel getrunken hatte wurde immer er gerufen. Immer. Und er durfte den Jüngeren immer… mit so wenig Aufsehen wie möglich nach Hause bringen… Was nicht immer einfach war… das ganze Problem daran war… dass Kazuya sehr schnell… zu viel getrunken hatte, weil er einfach absolut rein gar nichts vertrug. Jin seufzte. Nickte. Das war genug Aufforderung damit Maru den Faden wieder aufnahm. „Nun… wir sind etwas tanzen gegangen alle. Und als wir wieder kamen… Saß neben Kame irgend so ein Mann, wie war noch gleich sein Name?“, wandte er sich an Taguchi und Tatsuya. Beide zuckten mit den Schultern. „Hat er nicht gesagt“, erwiderte Ueda. Maru nickte. „Ist ja auch egal. Zuerst saß er nur da… hat Kame ab und zu einen Drink spendiert… hat mit uns geredet… und dann… als Kame eindeutig betrunken war… Hat der… Kerl angefangen Kame… zu…“ Maru stockte. Biss sich auf die Lippen. Jin hatte die Augen auf die wirklich sehr interessante Tischoberfläche gerichtet. Er hatte noch nie gesehen, dass dort wohl mal Kaffee ausgelaufen war. Er wartete. Hörte wie Maru tief Luft holte. „Er hat ihn geküsst“, sprach er es schließlich aus. Jins Herz zog sich zusammen. Also… hatte Kame das gar nicht gewollt? War er deswegen so… wütend gewesen? Es herrschte Schweigen. Maru schien nicht weiterreden zu wollen. Blickte die anderen beiden an, in der Hoffnung, dass sich einer von ihnen opfern würde. Ueda schloss die Augen, blickte zu Jin, der immer noch keinen von ihnen ansehen wollte. „Kame… hat… nun… sagen wir einfach er hat nicht versucht den Typen zu stoppen…“, murmelte er leise. „Ist auch egal. Wir wollten Kame daran erinnern… wie das… aussieht. Er hat nicht zugehört… hat…“ Ueda holte tief Luft. „Nicht das ich was dagegen hätte!“, versicherte er dann. „Okay… vielleicht doch ein wenig… Aber… wir waren in der Öffentlichkeit verdammt nochmal!“, beendete er seine etwas verwirrende Rede. Jin nickte. Er wusste selber nicht… wie er dazu stehen würde wenn Kame… er wollte den Gedanken nicht zu Ende denken. Er wollte diese Möglichkeit verdrängen. Sicher… gerade bei ihnen… bei Johnnys Entertainment gab es Unmengen an Gerüchten darüber… es wurde viel darüber gescherzt… aber davon entsprach doch nichts der Wahrheit! Alle waren… normal… und nicht… irgendwie… „Vielleicht war es der Alkohol“, mutmaßte Jin unsicher, merkte, dass auch die Anderen diese Möglichkeit bevorzugen würden. „Und dann?“, fragte Jin nach, wusste ja eigentlich was jetzt kommen würde… „Tatsuya hat den Typen von Kame weggezerrt… der ist dann… weggegangen“, führte Junno diese ‚Geschichte‘ zu einem Abschluss. Jin biss sich auf die Unterlippe. Dachte, dass somit eigentlich alles geklärt wäre. „Naja“, fuhr Junno dann leicht nervös fort, „danach hat Kame den Vogel endgültig abgeschossen… ich habe ihn noch nie… so erlebt. Er trinkt ja normalerweise nicht um sich zu besaufen aber… Und dann hat er nur noch merkwürdiges Zeugs gequatscht.“ Jin horchte auf. „Was denn?“ – „Keine Ahnung… wir waren mehr damit beschäftigt ihn irgendwie in sein Bett zu bringen, das war eine Aktion sag ich dir…“ Nach kurzem Suchen fand Koki den Jüngeren in irgendeinem verlassenen Raum wo er mit seinem Handy herumspielte. Als er hörte wie Koki reinkam hob er den Kopf. „Hey.“ Kame drehte sich wieder von ihm weg. Koki seufzte, setzte sich neben Kame auf den Boden. „Alles klar?“Ungläubiges Schnauben. „Ich schwöre, ich werde nie wieder trinken“, murmelte Kazuya neben ihm und Koki fing an unkontrolliert zu kichern. Der Tonfall als Kame das gesagt hatte war einmalig. „Was ist denn daran so witzig?“, maulte der Jüngere sofort los. Koki schüttelte den Kopf. „Nix. Warum bist du grad… so raus gestürmt?“ Kame zog die Augenbrauen zusammen, guckte Koki mitleidig an, seufzte. „Hast du die Anderen eigentlich heute schon angesehen? Hast du gesehen wie sie mich ansehen?“ Die Stimme Kames war einige Oktaven höher gerutscht. „Ich meine… okay, ich habe Mist gebaut. Aber… Gott, ich bin doch nicht schwul!“ – „Autsch!“, entfuhr es dem Rapper und er hielt sich die Ohren zu. „Kame… du hast grad eine Tonhöhe erreicht die Fledermäuse, Delfine und Hundepfeifen haben, beruhig dich bitte ein wenig.“ Der Jüngere schnappte hörbar nach Luft. Zog die Beine enger an den Körper. „Sorry“, nuschelte er dann. Koki hörte mit Erleichterung, dass dies schon eher die normale Tonlage seines Freundes war. Eine Weile saßen sie schweigen da. „Der Tod aller Fangirls“, kommentierte Koki dann trocken, während er Kame aus den Augenwinkeln betrachtete. „Was willst du?“ – „Ich musste nur grad an die ganzen Gerüchte denken. Von wegen dass… jeder von uns homosexuell ist. Und nun stellt sich heraus, dass du es gar nicht bist, was für eine Enttäuschung.“ Kames Schlag traf ihn hart am Arm. „Okay, okay, blöder Witz, es tut mir leid“, beeilte sich Koki zu versichern, lehnte sich gegen die Wand. „Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass die Anderen davon ausgehen dass du… auf Männer stehst?“, wollte Koki dann ernsthaft wissen. Kame rollte mit den Augen. „So wie sie mich anschauen, doch, genau das glauben sie.“ Er klang unglücklich. „Ich will sie doch nicht auffressen!“, meinte er dann empört und warf die Arme in die Luft. „Selbst wenn du schwul sein solltest.“ – „KOKI!“ Der Rapper lachte. „Mann, du bist echt keine Hilfe, weißt du das?“ Tanaka schüttelte den Kopf. „Ich habs geahnt, jetzt weiß ich es“, verkündete er und erntete noch einen Schlag gegen den Arm. „Warum hast du ihn denn dann geküsst?“ Einen Augenblick lang befürchtete Koki, dass Kame ihn nun wieder sitzen lassen würde, spürte die Anspannung im Körper des anderen… die plötzlich zu verpuffen schien. „Weiß ich nicht. Neugier vielleicht? Vielleicht wollte ich mich auch einfach nur ablenken… oder… ist ja auch egal. Kann man nicht mehr ändern.“ – „Und wie wars?“, fragte Koki interessiert. „Nass, eklig und er hat gestunken“, meinte Kame nüchtern und etwas… angeekelt. Ob wegen der Erinnerung an den Kuss oder wegen seinem eigenen Verhalten zu dem Zeitpunkt konnte Koki nicht sagen. „Nichts, was ich noch einmal erleben möchte“, schloss er schließlich. „Na, dann ist doch alles wunderbar. Mach es einfach nie wieder und jetzt komm zurück, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen als du sagtest, dass mans nicht ungeschehen machen kann“, erwiderte Koki und stand auf. „Das werden die anderen schon recht bald vergessen, glaub mir.“ – „Es gibt Sachen die vergisst man nicht so leicht“, murrte Kazuya nur und stemmte sich auch auf die Beine, massierte sich dann die Schläfen. „Koki, du hast nicht zufällig eine Kopfschmerztablette dabei?“, fragte er den Rapper dann kläglich. Koki musterte den Jüngeren von oben bis unten. „Du wirst lachen, aber ja ich hab eine. Heute Morgen eingepackt weil ich dachte, einer meiner Bekannten könnte sie gut gebrauchen. Sie ist in meiner Tasche, komm mit, dann gebe ich sie dir.“ Kame lächelte ihn dankbar an und folgte dem Älteren. Er hatte ein schlechtes Gewissen, er hasste es zu lügen. Jin blickte sofort zu Tür als diese aufging. Koki betrat den Raum, Kame im Schlepptau. Der Jüngere ließ sich auf seinen Platz fallen, den Kopf auf die Hände gestützt. Koki indes ging zu seiner Tasche, wühlte darin herum, stand schließlich auf und legte vor Kame etwas auf den Tisch. „Da.“ – „Danke.“ Jin betrachtete das ganze nachdenklich. „Was ist das?“, fragte er und deutete auf die weiße Pille vor Kame. „Ein Aspirin“, informierte Koki ihn. Kame schluckte die Tablette runter. Guckte den Tisch an. „Sorry wegen eben“, murmelte er dann zu niemand bestimmten. Alle winkten ab. „Schon okay.“ Maru seufzte, „Wo waren wir stehen geblieben?“ – „Auftritt. Erster Tag“, rief ihnen Ueda ins Gedächtnis zurück. Etwas peinlich berührt fingen sie an wieder alles zu besprechen. Koki achtete nun etwas mehr auf das Verhalten der Anderen… die tatsächlich anders waren als sonst. Er würde sie später mal zur Seite nehmen und zur Vernunft bringen. „Kame?“, fragte Junno nachdem sie (endlich) einen ungefähren Plan hatten was sie bei den ersten Aufritten machen wollten. „Hm?“ – „Sollen wir dich bei den Fernsehauftritten schon mit einplanen oder?“ Kame schüttelte stumm den Kopf. „Nein, das kann bis nach der Tour warten.“ Die Anderen nickten. „Willst du dann vielleicht schon nach Hause? Wir reden jetzt über den Auftritt bei Music Station“, erklärte Koki schnell. Kame blickte den Rapper kurz an, nickte dann und stand auf. „Na dann gutes gelingen, bis morgen.“ Er hob eine Hand, winkte kurz und verließ den Raum. Man hörte noch wie er den Gang langlief aber als die Geräusche seiner Schritte verstummten drehte sich Koki zu dem verbliebenen Rest der Band um. „Was zur Hölle ist eigentlich euer Problem?“, fauchte er sie ohne Überleitung an. Sie alle zuckten zusammen, wussten augenblicklich worum es Koki ging. „Was meinst du?“, fragte Maru trotzdem. „Kame!“, rief Koki aus. „Warum… benehmt ihr euch so komisch? Geht jeder Bewegung aus dem Weg? Wagt es nicht ihn anzugucken?“, fauchte der Rapper erbost. „Man könnte meinen diese ganze Kuss-Scheiße hat euch mehr aus den Latschen geworfen als sein Geständnis, dass er psychisch… labil ist. Und ich finde zweites wesentlich besorgniserregender!“ Mittlerweile zitterte Koki vor Wut… und der Tatsache, dass er versuchte nicht allzu laut zu schreien. „Wen kümmert es schon ob er einmal einen Mann geküsst hat? Niemanden! Und selbst wenn er schwul sein sollte, das ändert doch nichts!“ Koki nahm Jin ins Visier der einige Zentimeter zu schrumpfen schien. „Ich meine, nur weil der da ständig irgendeine neue Flamme hast und mit ihr rummachst schließen wir ihn auch nicht aus, oder?“ Jin schluckte und räusperte sich. „Dir fällt schon der Unterschied auf zwischen mehreren… Romanzen und…?“ Koki blickte Jin an. „Ich bin enttäuscht von dir. Von euch anderen auch“, warf er rasch ein, „aber von dir ganz besonders.“ – „Da hast eben… ne lockerere Sichtweise als wir…“, meinte Maru dann leise. Koki ließ den Kopf auf den Tisch fallen. „Ihr macht mich fertig…“, verkündete er dann. „Mal abgesehen davon. Kame. Steht. Nicht. Auf. Männer. Punkt.“ Die anderen blieben skeptisch. „Bist du dir sicher?“, fragte Ueda vorsichtig nach. „Jedenfalls hat er das gesagt. Und selbst wenn, was kümmerts euch? Solange er mit keinem von euch ins Bett will ist doch alles wunderbar. Oder läuft ihr vor jedem weiblichen Wesen weg nur weil sie Männer mag? Wohl kaum.“ – „Könnte daran liegen, dass wir auf weibliche Wesen stehen“, merkte Junno an. „Und wenn besagte weibliche Wesen grottenhässlich sind und merklich nichts von dir wollen? Dann gehst du ihnen trotzdem nicht aus dem Weg oder?“ Kopfschütteln. „Und ihr meint nicht ernsthaft, dass Kame was von einem von euch will, oder?“ Kopfschütteln. „Wo genau liegt dann euer Problem?“ Schweigen. „Denkt mal drüber nach“, murrte Koki, setzte sich wieder gerade hin und schlug die Hände zusammen. „Und jetzt lasst uns über den Auftritt sprechen!“ Kame ließ sich auf sein Bett fallen und fragte sich zum tausendsten Mal wie blöd man eigentlich sein konnte. Und warum er, gerade er, so eine niedrige Alkoholtoleranz hatte. Aber wenn es schon passieren musste, warum dann ausgerechnet vor den Anderen? Warum nicht… wenn er allein war… obwohl das womöglich ein noch schlimmeres Resultat hervorgerufen hätte… er konnte froh sein, dass außer ihnen scheinbar niemand bemerkt hatte… was für einen Mist er da angestellt hatte… Er seufzte und legte sich auf den Rücken, ehe er sich versah hatte der Schlaf ihn gepackt. Als er wieder aufwachte hörte er wie an seiner Tür geklingelt wurde. Wahrscheinlich hatte ihn dieses Geräusch geweckt… Er stand vorsichtig auf, merkte dass die Müdigkeit noch in jedem Knochen steckte, streckte sich und ging zur Eingangstür. Auf dem Weg stellte er fest, dass es ein Uhr morgens war. Erschöpft rieb er sich den Schlaf aus den Augen, überlegte eine Sekunde lang ob er sich etwas überziehen sollte (er hatte nur seine Boxershorts an) aber als die Klingel wieder betätigt wurde beschloss er es bleiben zu lassen. Er öffnete die Tür einen Spaltbreit, linste nach draußen. Und knallte die Tür zu. Von der anderen Seite hörte er ein gedämpftes „Autsch“. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Was machte er hier? Kame schluckte. Wirkten die Medikamente nicht mehr? Das konnte doch nicht sein? Völlig unmöglich! „Kame! Was zur Hölle sollte das?“, hörte er Jins verletzte Stimme von der Tür her. Nein… das war… auf jeden Fall… der echte Jin, oder? War Jin wirklich hier hergekommen? Um diese Uhrzeit? Eine innere Stimmte fragte ihn wieso denn nicht, immerhin war Jin auch früher mal eben so rein geschneit wenn jeder normale Mensch schlafen würde aber… „Kame, wenn du nicht sofort diese bescheuerte Tür ganz öffnest dann lass ich die Höflichkeit, Höflichkeit sein und lade mich selber ein“, maulte der Ältere ungehalten und Kazuya hörte wie mit ein paar Schlüsseln rumhantiert wurde. Besann sich, dass er vielleicht mal antworten sollte. „Ich hab so gut wie nix an!“ Okay. Das war… blöd… ausgedrückt. Er hörte Jin lachen. „Und seit wann interessiert uns sowas? Wie häufig hab ich dich schon nackt gesehen? Wie häufig hast du mich schon nackt gesehen?“ Jin sagte das recht laut. Kame wusste, dass seine Nachbarn um die Uhrzeit noch nicht schliefen. Er wollte nicht wissen was sie da jetzt hineininterpretieren würden falls sie das gehört haben sollten. Schnell riss er die Tür auf, zog Jin rein, knallte die Tür zu und lehnte sich dagegen. „Spinnst du das so rumzuschreien?“, zischte er Jin an, der immer noch lachte. Etwas verlegen in seiner Hand drehte. „Was ist das?“, fragte Kame und deutete auf das… Teil. Jin hörte auf es hin und her zu drehen, starrte es einen Augenblick an und… war dann die Idiotie in Person. Er versuchte es tatsächlich hinter seinem Rücken zu verstecken. Kame versuchte sein Herzklopfen zu ignorieren, grinste. „Weißt du, etwas zu verstecken auf das ich dich gerade aufmerksam gemacht habe ist… etwas selten dämlich“, neckte er den Älteren. Dieser lief knallrot an. „Aber es ist peinlich“, protestierte er. Nun musste Kame loslachen. „Ach, sowas wie grad eben rumzubrüllen ist okay, aber mir zeigen was du in der Hand hältst ist „peinlich“?“ Er bete zu allen Göttern, dass das kein Geschenk für dieses Mädel sein würde. Jin biss sich auf die Unterlippe. Wehe er wollte wissen ob er das einem Mädchen schenken konnte, wehe. Das wäre so typisch… Bakanishi. Um diese Uhrzeit vorbeizuschauen und dann sowas wissen zu wollen… Kame seufzte. „Also?“ Jin kaute mittlerweile seine Lippe in Stücke. Kame runzelte die Stirn. Stupste den Älteren gegen die Brust. „Du wirst ärger kriegen, wenn du dir die Lippe aufbeißt“, wies er den Älteren zurecht. Daraufhin stutzte Jin und… befreite seine Unterlippe. „Hups.“ Er grinste verlegen. „Lass uns ins Wohnzimmer gehen, ja?“, bat Jin dann und ging rückwärts zu besagten Raum, Kame folgte ihm misstrauisch. Jin setzte sich hin, achtete darauf, dass Kazuya keinen weiteren Blick auf dieses… Teil erhaschen konnte. Vielleicht wollte er auch gar keinen Rat, vielleicht war er gerade auf dem Weg zu seiner Freundin und… ja… Kame rieb sich die Stirn. Aber… er konnte die eindeutig perversen Bilder nicht mehr aus seinem Gehirn verbannen. Er war wütend auf sich selbst, auf seine zu lebhafte Fantasie… „Hast du was zu trinken da?“, fragte Jin nach, starrte auf seinen Schoß. Kame stand wortlos auf. Ging in die Küche. „Was willst du denn?“ – „Was hast du?“ Kame öffnete den Kühlschrank. „Wasser, Cola, Apfelsaft, Bier“, zählte er auf. Wusste jetzt schon was Jin sagen würde. „Bier.“ Noch bevor Jin geendet hatte, hatte Kame seinen Entschluss nie wieder etwas Alkoholisches zu trinken über Bord geworfen und sich zwei Bierflaschen geschnappt, trug sie ins Wohnzimmer und stellte sie auf den Tisch. Setzte sich hin. Jin nahm die Bierflasche und trank einen großen Schluck. „Also, was bringt dich hier her?“, fragte Kazuya nach und trank auch etwas. „Also, ich… nun“, druckste Jin herum. „Ach was solls!“ Er klang ärgerlich, packte das gut verstaute Teil und warf es Kame in den Schoß. „Das ist für dich“, murmelte er und lief knallrot an. Kame erging es nicht besser… wenn Jin… sich so benahm…? Sein Herz schlug noch einen Tick schneller. Er verbannte alle Hoffnungen, Wünsche, Tagträume und hob das Päckchen hoch. „Was ist das?“, fragte er misstrauisch (und vielleicht ein klitzekleines bisschen hoffnungsvoll). Jin zerquetschte seine Finger. „Machs auf dann weißt du es?“, schlug er leise vor. Kame blickte noch einen Moment auf Jin, dann auf das Päckchen. Er runzelte die Stirn. Er konnte hier sitzen und vor Spannung vergehen, er konnte Jin löchern was das sollte, er konnte… das Päckchen wirklich einfach nur öffnen. Er entschied sich für Option drei, behielt im Hinterkopf, dass er Jin danach immer noch ausfragen konnte. Es war ein Karton, schlicht verpackt in rotes Geschenkpapier. Kame schälte das Papier ab („Zerreiß es doch einfach!“) und öffnete den Karton. Blickte rein. Und lachte los. Jin stöhnte auf und vergrub das Gesicht in seinen Händen. „Siehst du, ich sagte es ist peinlich!“, verkündete er noch. Kame gluckste immer noch und holte den kleinen Teddybär raus der ein selbstgebasteltes Schild um den Hals trug auf dem „Sorry“, stand. Unterschrieben mit Bakanishi. Kame knuffte den Teddy einmal stand dann auf und umarmte seinen Freund. „Danke“, flüstere er ihm in Ohr, ließ ihn los. „Darf ich fragen womit ich das verdient hab?“ Jin saß immer noch etwas bedröppelt da. „Weil ich ein Idiot bin?“, schlug er vor, sah Kame immer noch nicht in die Augen. Kazuya ging vor Jin in die Hocke, stütze seine Ellbogen auf Jins Beinen ab. „Dieser Logik nach erwarte ich jetzt mindestens einmal die Woche so einen Teddy“, verkündete er. Jin grinste. „Okay, okay, ertappt. Nicht nur deswegen.“ Kame grinste. „Also?“ Jin blickte runter. „Weil ich mich heute… nachdem mir die Anderen erzählt haben was gestern Abend passiert ist wie ein Wichser dir gegenüber benommen hab?“, gab er letztendlich zu. Wurde wieder knallrot. Kame blickte runter, er wusste, dass auch sein Gesicht glühte. „Ich war besoffen“, gab er zu bedenken. Jin nickte. „Ja, aber… ändert nichts an der Tatsache… dass ich dich mit dem Arsch nicht angeguckt hab…“ Kame prustete los. „Okay, spätestens dann wäre ich wieder in die Psychiatrie gegangen wenn dein Arsch plötzlich Augen hätte.“ Auch Jin kicherte. „Magst du den Bären wenigstens?“, fragte er dann kleinlaut. „Spinnst du?“, entfuhr es Kame. „Der ist… superknuffig.“ Nun war es Jin der loslachte. „Okay, du klingst grad verdammt wie ein Mädchen, Kazu-chan.“ Kame seufzte. „Ist aber die Wahrheit.“ Plötzlich stand Jin auf, Kame kippte seiner Stütze beraubt nach hinten. „Oh, fuck, sorry!“ – „Das macht einen neuen Bären…“, murrte Kame und ließ sich von Jin aufhelfen. „Also… eigentlich wars das…“, meinte Jin dann, blickte gen Boden. „Ich fahr dann mal wieder…“ Kame nickte, begleitete ihn zur Tür. „Danke.“ Jin hob die Hand zum Gruß und verschwand wieder. Kame hatte sich gerade umgedreht als gegen die Tür geklopft wurde. Seufzend öffnete er sie wieder. „Was vergessen?“ Jin schüttelte den Kopf. „Macht’s dir was aus wenn ich auf der Coach penne?“ Kame lachte, öffnete die Tür weiter und ließ Jin reinkommen. „Nein. Und ich hau mich auch wieder aufs Ohr, gute Nacht.“ Jin folgte ihm noch ins Schlafzimmer, holte sich eine Decke aus dem Schrank, klaute sich ein Kissen und ging ins Wohnzimmer. Nach kurzer Zeit hörte Kazuya wie Jin eingeschlafen war, er selber stand auf, ging leise ins Wohnzimmer, packte den Bären, ging zurück ins Bett, befreite das Kuscheltier von dem Schild und legte es zu sich. Am nächsten Morgen als Jin aufwachte stellte er fest, dass sein Gastgeber noch tief und fest schlief. Diesen Tag würde er sich im Kalender rot anstreichen müssen. Er war vor Kame aufgewacht. Wunder existierten eben doch noch. Er stand auf, ging ins Schlafzimmer. Betrachtete Kame eine Zeitlang. Es war unfair… dass er wieder so hart arbeitete… aber… eine innere Stimme sagte ihm, dass Kame diese Entscheidung selbst gefällt hatte. Jin setzte sich aufs Bett. Er wollte Kazuya noch etwas schlafen lassen, aber das hieße, dass sie gleich würden hetzten müssen. Er strich Kame eine Strähne aus dem Gesicht und fuhr mit dem Handrücken über Kames Wange. Dieser schlug daraufhin die Augen auf. „Wir müssen uns fertig machen“, begrüßte Jin ihn lächelnd. Kame gähnte. „Auch dir einen wunderschönen guten Morgen“, murrte er, setzte sich auf. Jin entdeckte seinen Teddy in Kames Bett. Grinste, sagte aber kein Wort. Der Kleinere war manchmal einfach nur goldig. „Ich mache dann mal Frühstück“, verkündete Jin und verschwand Richtung Küche. Hörte Kame irgendetwas murmeln als dieser sich aus der Bettdecke schälte. „Ich hab dir Klamotten aufs Bett gelegt“, rief Kame Jin zu. „Danke.“ Kurz darauf erschien der Jüngere komplett angezogen in der Küche. Er öffnete einen Schrank, nahm ein paar Pillen raus und schluckte sie mit etwas Wasser runter. Jin beobachtete das misstrauisch. Er hatte etwas gegen Tabletten, aber dagegen konnte man wohl nichts machen. Kame brauchte sie… leider… bei dem Anblick hatte sich sein Herz etwas verkrampft. Sie aßen schweigend. Als sie abspülten brach Kazuya das Schweigen endlich. „Und… wisst ihr schon was ihr morgen machen wollt?“ Jin stöhnte auf. „Ohne dich sind Planungen scheiße“, verkündete er erst mal und schmiss das Handtuch neben die Spüle. „Aber ja, wissen wir.“ Kame schüttelte den Kopf. „Kinder, einer wie der andere…“ – „Und das sagt ausgerechnet der Jüngste“, murrte Jin ungehalten, Kame lachte. Dann blickte Jin Kazuya an, biss sich auf die Unterlippe. „In ein paar Monaten geht die Tour los, meinst du dass du das packst?“ Kame antwortete eine Weile nicht. Schließlich seufzte er. „Ich denke schon, ist ja nicht so als sei… ich ernsthaft krank. Außerdem… hab ich doch schon drei Konzerttouren mit… erheblich größeren Problemen gemeistert oder nicht?“ Jin schluckte. „Schon“, gab er widerstrebend zu. „Also?“ – „Ja, aber…“, stammelte Jin hilflos und leckte sich über die Unterlippe. „Ja, aber wir müssen los.“ – „Jin! Mieser Übergang, ganz mies!“, lachte Kame und boxte den Älteren spielerisch in den Arm. „Darf man sich nicht einmal mehr Sorgen machen?“, fauchte Jin und rieb sich den Arm. Beide wussten, dass er das nicht ernst meine. „Ich zieh mich eben an“, maulte er dann und verzog sich ins Schlafzimmer. Kame blickte ihm nach. Und rief sich etwas ins Gedächtnis, was er schon wieder so gut wie vergessen hatte. Jin hatte eine Freundin. Für ihn… gab es da keinen Platz mehr… Er legte sich eine Hand auf die Brust, spürte sein verräterisches Herz schlagen. Warum konnte man nicht entscheiden was man für jemanden empfand? Das würde alles… leichter machen. Man könnte logische Entscheidungen treffen, sagen… dieses Mädchen ist nett, hilfsbereit, verständnisvoll und, vor allen Dingen, weiblich, in die möchte ich mich verlieben. Aber nein, so einfach war das alles ja nicht. Er musste sich in einen Idioten, Mädchenschwarm und obendrein noch einen Mann verlieben. In seinen besten Freund. Es war zum Heulen… Jin trat wieder aus dem Schlafzimmer, sah Kazuya an. Merkte, dass dieser… „Kazu-chan? Warum weinst du?“ Kames Kopf schellte hoch, er fuhr sich fahrig mit dem Ärmel über die Augen. „Es ist nichts… ich… sorry, wird gleich wieder…“, schniefte er. Jin ging näher und zog den Jüngeren in eine Umarmung, strich ihm beruhigend über den Rücken. Spürte die Schluchzer die durch Kames ganzen Körper fuhren, merkte wie der Andere sich an ihn klammerte als wäre er ein Rettungsseil… „Was ist denn los? Mir kannst du doch alles sagen?“, versuchte er Kazuya zum Reden zu bringen, der schüttelte nur den Kopf. Also blieb ihm nichts anderes übrig als zu warten bis sich der Sturm gelegt hatte. Nach einer Gefühlten Ewigkeit verebbte das Schluchzen und Kame wischte sich die Tränen weg. „Danke“, murmelte er und trat etwas von Jin weg. Dieser guckte besorgt seinen Freund an. Es sah nicht so aus als ob es ihm besser ginge. Im Gegenteil. „Kazuya, was ist los?“ Kame lächelte gequält. Es sah aus als würde er gleich wieder weinen. „Das kann ich dir nicht sagen Jin. Das kann ich niemanden sagen…“, flüsterte er leise. „Wir sollten jetzt besser losgehen…“ Jin nickte. Er würde herausfinden was den Anderen bedrückte. Er würde nicht zulassen, dass sein bester Freund wieder würde leiden müssen… weil einerseits Kazuya zu… stolz, zu blöd, zu engstirnig war um sich helfen zu lassen… und weil andererseits er zu bescheuert war um zu erkennen, dass etwas nicht stimmte. Nun wusste er es. Und er würde dafür sorgen, dass es Kame wieder besser ging. Während der Autofahrt klingelte Jins Handy, dieser war jedoch mit Fahren beschäftigt, so dass er nicht drangehen konnte. Er warf einen Seitenblick auf Kame, der bereits nach dem Telefon kramte. Es letztendlich in der Hand hielt. Auf seine Unterlippe biss. Jin konzentrierte sich auf die Straße. „Wer ist es?“ – „Maiko.“ Es konnte sein, dass Jin sich den Unwillen in Kames Stimme einbildete, es konnte aber auch sein, dass Kame tatsächlich… sauer war. Auf seine Freundin. Jin seufzte. Wann würde er endlich ein Mädchen abschleppen die Kame ins Herz schloss? Jedes Mal war es dasselbe Spielchen. „Ich verspreche dir Kazuya, du wirst sie mögen, wenn du sie kennenlernst, gib ihr wenigstens ne Chance. Und jetzt sei ein Engel, geh ran und sag ihr, dass ich sie zurückrufen werde sobald wir angekommen sind.“ Er hörte Kame neben sich seufzen, sah wie er den Anruf annahm. Und wie Kame die Stirn runzelte. „Warte mal“, sagte er in den Hörer. „Ich bin nicht dein Baby“, meinte er emotionslos und Jin schluckte. Fuck. Fing blöd an, das Bekanntmachen. Kurzes Schweigen seitens Kamenashis. Dann ein Seufzen. „Würde er liebend gern, glaub mir, aber er fährt gerade und keinen Unfall zu verursachen ist zurzeit wichtiger. Er ruft dich zurück sobald wir bei der Arbeit sind.“ Stille. „Nichts zu danken, tschüss.“ „Und, was hältst du von ihr?“ – „Sie ist nett“, sagte Kame, klang aber leicht verschnupft. Jin seufzte. Er wusste, dass Kame versuchte sich mit ihm, für ihn zu freuen. Aber wie immer scheiterte er erbärmlich. Er mochte Maiko nicht. Punkt, aus, ende. Es würde Jin etwas Arbeit kosten ehe Kame sie akzeptierte. Aber im Moment wollte er sich nichts anmerken lassen. Er hasste es. Es tat weh, dass sein bester Freund… Probleme mit jedem verdammten Mädchen hatte was er ihm vorstellte. Dabei war er nicht einmal mit ihm verwandt! Nichts… anmerken… lassen… „Sag ich doch!“, meinte Jin gespielt fröhlich, wusste sofort dass auch Kame ihn durchschaut hatte. „Tut mir ja leid“, erwiderte der Jüngere. „Komm schon Kame, gib dir einen Ruck!“, forderte Jin ihn ernst auf. „Einen Ruck?“, fragte Kazuya, starrte in Jins Gesicht. „Ja, lass uns mal zusammen essen gehen. Nur wir drei. Du, Maiko und ich. Lern sie wenigstens mal kennen!“ – „Hab ich gerade“, sagte Kame mürrisch und zog eine Schnute. Jin seufzte genervt. „Nein hast du nicht.“ – „Doch hab ich!“ Kame klang wie ein Kleinkind das seinen Willen nicht durchsetzen konnte. „Kame!“, fuhr Jin seinen Freund an. „Bitte, tus mir zuliebe ja?“, flehte er fast. Er wollte, dass die beiden Freunde wurden… dass sie gut miteinander klar kämen. Und wenn das nicht ging wollte er, dass Kame wenigstens nicht mehr so aussah als wollte er Maiko irgendwann etwas Gift in einen Drink schütten. Den er ihr dann freundlich lächelnd reichen würde. Jin erschauderte. Kame blickte wieder aus dem Fenster. „Wann?“ – „Kame, du bist ein Schatz!“ Der Angesprochene rollte mit den Augen. „Ich fragte wann?“ Jin strahlte wie ein Honigkuchenpferd. „Wann hast du Zeit?“ – „Du kennst meinen Terminkalender genau so gut wie ich Jin, also sag mir einfach wann es dir… ihr… euch passt“, presste Kame durch zusammengebissene Zähne durch. Jin grinste. „Übermorgen?“ – „Also Freitag?“ Jin nickte. Kame seufzte. Als sie alle wieder einmal zusammensaßen entschuldigte Jin sich für einen kurzen Moment. Er hatte zwar Kames Zustimmung… aber ein Treffen mit Maiko… sollte auch von ihr abgesegnet werden. Abgesehen davon hatte er versprochen sie anzurufen. Also fischte er sein Telefon raus und wählte ihre Nummer. „Hallo Maiko“, begrüßte er sie. „Hi.“ Sie klang etwas… wütend. „Was war das gerade eben?“ Ja, eindeutig ungehalten. „Mein bester Freund hat dir nur gesagt… dass ich nicht drangehen kann…“, murmelte Jin in den Hörer. „Aha.“ Stille. Jin biss sich auf die Unterlippe. „Ich mag Kamenashi-san nicht.“ Okay… das kam… unerwartet… Normalerweise brannten alle seiner Freundinnen darauf Kame vorgestellt zu werden. Und erlebten dann ihr blaues Wunder. Weil dieser… immer genau dann seine Manieren zu Hause vergaß wenn Jin wollte, dass er sich mit den Frauen gut verstand. Dann wenn eine Beziehung eh schon Anzeichen hatte in die Brüche zu gehen war Kame wie immer die Liebenswürdigkeit in Person. Sollte ihn einer verstehen. Jin tat es nicht. Aber… das war das erste Mal, dass die Abneigung von beiden Seiten kam. Jin stöhnte auf. „Warum nicht?“ Maiko schnaubte verächtlich. „Er ist ein Lügner, er ist unfreundlich, er… Gott, wie kann so ein Mistkerl wie er dein Freund sein? Dein bester Freund?“ Jin verschlug es die Sprache. „Sag mal, hast du sie noch alle? Du kennst ihn ja nicht einmal!“, fauchte er in den Hörer. Das ging eindeutig zu weit. „Na und! Er ist mir eben unsympathisch!“ Sie hatte aufgelegt. Und Jin hatte das unbestimmte Gefühl… dass er gerade etwas Gift und ein Glas Wein gebrauchen könnte. Er war stinksauer. Wenn Kazuya was gegen seine Frauen sagte, gut. Er hielt sich wenigstens mit allem zurück bis er sie getroffen hatte. Davor war er nur… mies gelaunt. Aus welchen Gründen auch immer. Aber wenn nun seine Freundin anfing an Kame herumzumeckern! Nein, das war eindeutig ein Tabu. Wütend ging er zu den Anderen zurück, knallte die Tür hinter sich zu, so dass alle ihn anstarrten. „Alles okay?“, erkundigte sich Junno besorgt. „Alles bestens.“ Er war sauer, oh ja. Aber davon würde er Kame erst mal nichts sagen. Er musste noch einmal mit Maiko reden. Ihr erklären wie bescheuert ihr Verhalten war. Und dann… irgendwie dieses Treffen organisieren. Wer wusste schon was dabei passieren würde? Möglicherweise würden sich Maiko und Kame plötzlich verstehen? Er rieb sich die Stirn, und sah, dass Kazuya besorgt war. Auch das noch. „Echt alles okay“, winkte er ab. Freitag. All seine Hoffnungen lagen auf diesem Tag. Jin klingelte Sturm. Es war ihm egal, dass kein normaler Mensch innerhalb von wenigen Sekunden die Eingangstür öffnen konnte (außer er stand aus welchem Grund auch immer gerade vor ihr…) aber sie sollte ruhig merken, dass er fuchsteufelswild war. Maiko riss die Tür auf. „Was zur Hölle ist in dich gefahren?“, fragte sie barsch nach. Jin schnaubte. „Selbe Frage.“ Maiko ließ ihn eintreten, versperrte ihm dann aber den Weg. „Warum bist du so sauer?“ – „Warum beleidigst du meinen besten Freund grundlos?“, fauchte Jin sie an. Musste sich arg zusammenreißen um ihr keine Ohrfeige zu verpassen. Dieses Weib regte ihn gerade dermaßen auf! „Grundlos?“, kreischte sie auch sofort auf. „Ich habe dir nur seine schlechten Charaktereigenschaften vor die Augen geführt, wenn das mal kein Grund ist! Abgesehen davon ist es die Wahrheit!“ – „Und das weißt du? Woher bitteschön? Aus dem Fernsehen? Aber da gibt es keinen Anhaltspunkt um das zu bestätigen was du über Kazuya gesagt hat, nicht einen einzigen verdammte Scheiße!“, brüllte Jin sie an, zwang sich mit aller Kraft sie nicht gegen die nächste Wand zu schubsen. „Und selbst wenn er doch mal einen Ausraster hatte an den ich mich gerade nicht erinnern kann oder den ich nicht mitbekommen habe, oder wenn dir sonst irgendetwas an ihm nicht passt…. Mein Gott, wir reden gerade übers Fernsehen! Wir haben gottverdammte Skripte! Da steht zu gut achtzig Prozent drin was wir sagen, tun sollen, wie wir uns verhalten sollen! Also kannst du ihn nicht beurteilen, jedenfalls nicht von dem was du über ich zu wissen glaubst!“ Wenn sie jetzt nicht ja und amen sagte dann war Schluss. Das schwor er sich. Maiko zitterte. Ob vor Wut, Enttäuschung oder sonst irgendeinem Gefühl konnte er nicht sagen. Vielleicht war ihr auch einfach nur kalt. Schließlich machte sie die Mund auf. „Okay… vielleicht war ich etwas… subjektiv“, gab sie zu. „Vielleicht habe ich nicht genug darüber nachgedacht. Aber… ach ich weiß nicht… es tut mir leid“, schloss sie, Tränen in den Augen. Jin unterdrückte ein Augenrollen. Das war… so klischeehaft. Sie kam auf Jin zu, hielt sich an seinem Shirt fest. „Baby, es tut mir leid, okay?“ ihre Stimme zitterte leicht. „Du bist so… anders… in letzter Zeit…“ Jin biss sich auf die Lippen, wollte nicht sagen, dass sie sich erst seit drei Wochen kannten… nicht solange es gerade danach ausschaute, dass sie zur Vernunft kam. Aber eigentlich… konnte sie nicht beurteilen ob er anders war. Jin seufzte. „Schon okay…“ Er war so müde… das war zu viel Stress für ihn. Kame… einmal seine Krankheit, dann diese Befürchtung… danach seine Angeborenen Abneigung gegen alles was Jin zu nahe kam und nun um dem ganzen die Krone aufzusetzen noch diese Frau. Es war zum Haare raufen. „Baby, kannst du mir verzeihen?“ Er hasste diesen Kosenamen. Hasste, hasste, hasste ihn. Schloss die Augen. „Klar, tut mir leid, dass ich dich so angefahren haben“, schaffte er es zu sagen, legte seine Arme um sie. Und jetzt… kam noch ein unangenehmer Teil dieses Abends… „Maiko, magst du mir einen Gefallen tun?“ – „Welchen?“ Jin schluckte. „Könntest du es bitte in Erwägung ziehen sich einmal mit Kame zu treffen?“ Seine Freundin blickte ihn stirnrunzelnd an. „Wieso?“, fragte sie mit gereiztem Unterton. Er hatte es befürchtet. Seufzte. „Damit du über deine Abneigung ihm gegenüber kommst“, schlug er hoffnungsvoll vor. Sie schloss die Augen. „Ich will ihn nicht treffen.“ – „Bitte, mir zuliebe.“ Nun schaute sie ihn an, befreite sich aus seiner Umarmung. „Bist du taub? Ich. Will. Ihn. Nicht. Treffen!“ Jin zuckte zusammen. „Er ist mein bester Freund! Was würde es dir schaden ihn wenigstens kennenzulernen? Festzustellen dass all deine Vorurteile haltlos sind?“ Außer Kame benahm sich wieder wie ein Idiot, das war nicht auszuschließen. Eigentlich war die Wahrscheinlichkeit, dass sich Kazuya danebenbenahm sehr hoch. Mist. „Ich will und werde ihn aber nicht treffen. Okay, ich weiß, dass es gemein klingt… aber… er ist und bleibt mir unsympathisch, egal, was du über ihn sagst.“ Jin ging einen Schritt zurück. „Was würde es dir schaden?“ – „Wahrscheinlich nichts“, gab sie zu. „Aber ich möchte ihn schlicht und ergreifend nicht kennenlernen. Wieso sollte ich auch? Ist er neuerdings dein Bruder? Dein Vater? Muss ich mit ihm klarkommen? Willst du mich nicht lieber deiner Familie vorstellen? Macht man das nicht normalerweise?“ Jin schnappte nach Luft. „Normalerweise? Nein, ich denke im Ganzen und Allgemeinen lernen sich zuerst die Freunde auf irgendwelchen Partys gegenseitig kennen, wenn man dann nach einiger Zeit feststellt, dass man zusammenpasst… das die Beziehung eine Zukunft hat… ja, dann stellt man sie den Eltern, der Familie vor“, murmelte Jin. „Aber das ist doch im Moment vollkommen egal!“, rief er aus. „Ach ja?“ Sie klang als würde sie weinen wollen. „ich dachte wir haben eine Zukunft… Ich war mir sicher…“ – „Nach drei Wochen?“, spottete Jin. „Ich will dich nicht enttäuschen, aber über so etwas… denke ich zu einem Zeitpunkt wie jetzt gar nicht nach. Wenn wir ein paar Monate, Jahre zusammenwären, dann ja. Aber jetzt? Nie im Leben.“ Tatsächlich fing sie jetzt an zu weinen. Frauen. „Es… es war… es ist doch alles so perfekt…“, schluchzte sie, „und dann…“ Plötzlich mischte sich Wut in ihre Stimme. Jin schreckte zurück. „Taucht dein Freund auf und alles geht kaputt! Gibs zu, er ist dir wichtiger als ich es bin!“, kreischte sie Jin an. War fassungslos. Jin aber nicht weniger. Noch nie… hatte ihn jemand vor so eine hirnrissige… Wahl gestellt. Natürlich war sie ihm wichtig. Aber… er kannte Kazuya bereits sein halbes Leben lang. Was erwartete sie? Kame war ein großer Teil seines Lebens… dachte sie er sei ihr egal? Dass wenn eine Freundin auftaucht dieses… Band zwischen ihm und Kame einfach so brechen, zerreißen würde? „Sag es mir!“, forderte sie Jin auf. Bebte unkontrolliert. „Wenn du wählen müsstest wer dir wichtiger ist, ich oder er?“ Jin schloss einen Moment die Augen. Das war eigentlich gar keine Auswahl. Das musste sie doch wissen? „Wenn du nur einen von uns in deinem Leben haben könntest, wer wäre das?“ Kazuya würde so etwas niemals sagen. Er würde seine Freundinnen vielleicht nicht mögen, unter Umständen sie sogar hassen… aber er würde ihm niemals zu so etwas zwingen. Nie. Jin lächelte, Maiko hörte auf zu zittern. Starrte ihn erwartungsvoll an. „Was soll das für eine Frage sein?“, flüsterte Jin. „Darauf gibt es doch nur eine Antwort.“ Er lächelte. „Oh Jin, ich…“ – „Kazuya.“ Sie blieb stehen. Ihre Augen weiteten sich und ihr Atem ging schneller. „Was?“, hauchte sie fassungslos. „Kazuya“, wiederholte Jin. „Wenn ich wählen muss… dann würde ich mich für ihn entscheiden… immer und immer wieder. Weißt du wie lange ich ihn schon kenne? Weißt du wie viel wir zusammen durchgemacht haben, erlebt haben? Wie wir uns gegenseitig angestachelt haben immer besser zu werden? Mehr aus uns zu machen?“ Jin lachte. „Nein, das weißt du nicht. Dazu kennst du mich nicht gut genug. Nicht lange genug. Wenn du es tun würdest, hättest du dir diesen Schmerz erspart. Du hättest gewusst wie meine Antwort ausfallen würde.“ Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Es tut mir leid“, er meinte es aufrichtig, ehrlich. „Aber man Kazuya aus meinem Leben nicht einfach so entfernen, er ist ein Teil davon. Wenn er nicht wäre“, Jin biss sich auf die Unterlippe, „wäre ich jetzt ganz anders. Allein deswegen schon…“ Maiko ließ die Arme schlaff hängen, schloss die Augen. „Gott, weißt du wie du dich anhörst?“, flüsterte sie. „Ich wünschte du würdest so über mich reden. Und ich bin deine Freundin…“ Ihre Worte waren fast unhörbar. „Wie gesagt, es tut mir leid. Ich will dich nicht anlügen. Vor allem nicht bei so etwas ernstem.“ Maiko holte tief Luft. Würde sie jetzt Schluss machen? Es war anzunehmen. Aber… er war nicht so traurig wie er es hätte sein sollen, wie er gedacht hatte, dass er es sein würde… „Ich habe noch eine Frage…“, schluchzte sie dann. „Wieder so ein Mist?“, fragte Jin resigniert. Als sie nickte rollte er mit den Augen. „Ich habe dir doch schon gesagt, dass…“ – „Wenn du zwischen ihm und deinen Kind wählen müsstest…“ Fast hätte er ihre Worte nicht verstanden. Und selbst dann… sie wollten nicht zu seinem Hirn sacken… „Nein…“, hauchte er. Sie sah auf. Die Tränen rollten über ihre Wagen. „Doch Jin. Ich bin schwanger…“ Ihm blieb die Luft weg. Alles schien sich um ihn zu drehen. Nein, nein, nein, nein. Das konnte doch nicht wahr sein? Er lehnte sich gegen die Wand, rutschte an ihr runter. „Seit… wann?“, krächzte er. Maiko schloss die Augen. Atmete durch. „Ich weiß es seit einer Woche“, murmelte sie mit leiser Stimme. „Ich wollte es dir sagen… habe aber nie den passenden Zeitpunkt gefunden…“ Jins Gehirn verweigerte ihm die Arbeit. War es nicht das, was er sich immer gewünscht hatte? Eine Familie? Er hatte es jedem gesagt… Kazuya war so weit gegangen, dass er meinte wenn Jin noch einmal dieses Thema anschneiden würde, würde er eine Woche nicht mehr mit ihm reden, so sehr hing es ihm zu den Ohren raus. Und jetzt? Wo sich dieser Wunsch erfüllte… hatte er das Gefühl in ein bodenloses Loch zu stürzen. So hatte er es sich nicht vorgestellt… Er hatte gedacht… dass er eine Freundin finden würde… eine Freundin die von allen akzeptiert wurde… von seinen Eltern, seinen Freunden, von Kazuya. Dass sie sich lange kennen würden. Eventuell zusammenziehen würden… dass sie einige Jahre warten würden… dass die Entscheidung für ein Kind bewusst fallen würde… Er atmete ein. Schloss die Augen. „Bist du dir zu hundert Prozent sicher… dass du ein Kind erwartest?“, fragte er mit belegter Stimme. Hörte Maikos Weinen. „Ja… ich war beim Frauenarzt… er hat es mir bestätigt…“ Er hörte wie sie schniefte. „Wenn du willst zeige ich dir das Testergebnis“, murmelte sie. Jin nickte. Ja… das musst er sehen, sonst würde er ihr nicht glauben. Konnte es nicht ein Trick von ihr sein? Möglich… aber… wozu? Er hörte wie sie aufstand, benommen tat er das Gleiche, folgte ihr ins Schlafzimmer. Setzte sich auf ihr Bett. Sie musste nicht lange suchen, fand den gewünschten Zettel und reichte ihn Jin. Da stand es… schwarz auf weiß. Es musste kurz nachdem sie sich kennengelernt hatten geschehen sein… Jin schluckte. Wie dämlich konnte man sein? Warum hatte er keine Kondome benutzt? Warum war er davon ausgegangen, dass sie die Pille nahm? „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dir keine Pillen verschrieben hast?“, fragte er mit schwacher Stimme. Maiko setzte sich neben ihn. „Ich… hätte… ich weiß ja was passieren kann wenn man Sex hat“, lachte sie kläglich. „Aber ich denke ich habe nicht daran gedacht…“ Sie schüttelte den Kopf. „Als ich es erfahren habe… ich war glücklich…“ Sie klagte ihn an, das wusste er… aber… was konnte er dafür? „Außerdem“, schluchzte sie auf, „hättest du auch verhüten können…“ Sie hatte ja Recht… „Ich denke ich habe wie du… die Konsequenzen unterschätzt…“ Er biss sich auf die Lippen. Starrte das Blatt Papier an. Eine Weile hörte man nur Maikos Schluchzen im Raum. Schließlich traute Jin es zu sagen. „Treib ab…“ – „Was?!“, kreischt sie ungläubig. „Ein… ein Kind… ein ungeborenes Kind soll wegen unserer Dummheit sterben?“ Jin schüttelte den Kopf. Ja. Nein. Nein. Natürlich nicht, aber… „Ich bin nicht bereit für ein Kind“ Mit dir. Mit niemanden. Nein… einen so… endgültigen Einschnitt in sein Leben… dazu war er noch nicht bereit. „Ach, und meinst du mir geht es besser?“ Wahrscheinlich nicht… Sie hatte Arbeit… Zukunft… Sie hatte nicht mit dem Kind gerechnet… Genauso wenig wie er… Wahrscheinlich befand sie sich sogar in einer schlimmeren Situation. Immerhin… er war nicht schwanger. Egal was er tat… sie könnte das Baby… ihr Kind… sein Kind nicht einfach abschieben… Und nach den Worten die er ihr gerade eben gesagt hatte, was er über sie und Kame gesagt hatte… Nein, er beneidete sie nicht… Sie würde… Jin raufte sich seine Haare. „Und was sollen wir deiner Meinung nach sonst tun?“, fragte er verzweifelt nach. „Ich weiß es nicht… ich… ich hatte gehofft…“ Sie brachte den Satz nicht zu Ende, hatte sich nun endgültig in Tränen aufgelöst, legte sich aufs Bett und weinte. Jin hatte weder die Kraft noch die Motivation um sie zu trösten. Er konnte nur warten… warten und warten… und seinen eigenen Tränen den Durchgang an die Oberfläche verbieten… Es dauerte lange… bis sich Maiko gefangen hatte. Sie drehte sich auf den Rücken, Jin starrte in ihre roten Augen. „Ich werde das Kind nicht töten.“ Jin nickte. Im Endeffekt war das hier ihre Entscheidung. „Ich werde nicht töten… ich würde mein Leben lang Schuldgefühle haben… mir vorstellen was aus dem armen Ding geworden wäre… wenn ich es nicht…“ Sie brach ab, konnte diesen Gedanken nicht zu Ende führen. Jin holte tief Luft. „Ist gut.“ – „Ich brauche deine Zustimmung nicht“, wies sie ihn zurecht. Er sagte nichts. Was gab es schon zu sagen. Maiko setzte sich auf. „Was wirst du tun?“, fragte sie Jin. Dieser… dachte nach. „Ich weiß es noch nicht“, murmelte er. „Dann denk nach.“ Mit diesen Worten stand sie auf und ging weg. Jin hörte wie sie aus dem Haus ging und die Tür hinter sich zuzog. Er überlegte auch zu gehen aber… das war nicht fair… Wenn sie wiederkam würde er eine Antwort haben… eine, die er nicht zurücknehmen würde. Erst als die Sonne wieder aufging hörte Jin wie die Tür geöffnet wurde, er wartete darauf, dass Maiko ins Schlafzimmer kam… er hatte nicht die Kraft sie schon früher zu sehen… Er wusste nicht… wie sie auf seinen Entscheidung reagieren würde… ob sie sie verstehen, akzeptieren würde… Als sie das Zimmer betrat würdigte sie ihn keines Blickes, ging zum Kleiderschrank, holte ein paar Anziehsachen heraus und duschte erst einmal ausgiebig. Jin war es nur recht. Er hatte nichts dagegen dieses Gespräch so lange wie möglich aufzuschieben… Gar nichts. Er hatte reichlich Zeit zum Nachdenken gehabt… viel zu viel… aber erst jetzt war ihm etwas klar geworden… erst jetzt war ihm auch die Antwort auf Kazuyas Frage klar geworden… oder den Grund warum der Jüngere sie gestellt hatte. „Liebst du sie?“ Die Antwort war denkbar einfach. Und doch hatte sie Jin erschreckt. Nein. Er war in sie vernarrt gewesen. Hatte sie bewundert. Nur weil ich jemanden toll finde heißt es noch lange nicht, dass ich diese Person liebe. Wie recht Kame doch hatte. Jetzt war es zu spät um das zu erkennen. Er wünschte ihm wäre es früher klar geworden. Jetzt… war es zu spät… es gab kein Zurück mehr. Warum mussten seine Fehler immer so einschneidende Folgen haben? Solche großen Konsequenzen? Seine Nähe zu Kame hatte dazu geführt, dass sie sich im Fernsehen unnahbar verhalten mussten, hatte dazu geführt, dass sie getrennt wurden. Er hatte das als Anlass genommen sich einen Traum zu erfüllen. Amerika. Und die Folge davon? Mittlerweile war er sich sicher, dass das zumindest teilweise dazu geführt hatte, dass Kazuya krank war… psychisch krank war… Außerdem… hatte es für eine Zeitlang für mehr Distanz zwischen ihm und seinem besten Freund gesorgt als nötig war. Und… die Zeit in Los Angeles war nicht schön gewesen… Überhaupt nicht… Und nun das… Unverhüteter Sex kann Kinder zur Folge haben… Schön, dass ihm das auch bewusst wurde. Man konnte doch etwas in der Schule lernen. Jetzt wäre es nichts schlecht, wenn er dieses Wissen vorher eingesetzt hätte… Er hörte wie Maiko sich die Haare föhnte, dann ihre Schritte zum Schlafzimmer. Zu ihm. Sie stand im Türrahmen. „Und?“ Ein einfaches Wort. Jin schluckte. „Ich will das Kind nicht nur mit Sozialhilfe unterstützen“, murmelte er. „Es war unser Fehler, es sollte nicht darunter leiden… Es soll nicht ohne Vater aufwachsen müssen…“ Jin schluckte. Er war sich der Tragweite seiner Worte bewusst. Aber es waren seine Fehler… er musste dafür Sorge tragen… dass niemand darunter litt… Niemand unschuldiges. „Versteh mich nicht falsch“, flüsterte er. „Ich tue das nicht für dich.“ Maiko nickte nur. „Das habe ich nicht erwartet… jedenfalls… nicht mehr…“ Sie seufzte. „Unser Gespräch vorher hat mir die Augen geöffnet, dass du dies nicht aus Liebe zu mir machen würdest… dich dafür entscheiden würdest… aber ich hätte auch gedacht… dass du das Kind im Stich lässt.“ Jin grinste verletzt. „Komme ich ehrlich so… mies rüber?“ Maiko lächelte nicht einmal. „Also… ziehen wir zusammen“, stellte sie sachlich und nüchtern fest. Jin nickte, schüttelte dann aber den Kopf. „Ich habe für mich entschieden… aber ich weiß nicht… ob du es auch willst.“ Er hörte sie seufzen. „Ich denke… dass wir es ihm schuldig sind…“ Jin nickte. „Und ich will dass du jetzt gehst… Ich bin es leid dich zu sehen. Ich brauche meine Ruhe. Über die Zukunft… reden wir ein anderes Mal…“ Jin nickte und stand auf. Als er an der Tür war rief sie noch einmal seinen Namen. „Ja?“ Er drehte sich um. Wartete. „Wir sollten es unseren Eltern sagen… Bald…“ Jin nickte. „Ja… das sollten wir…“ „Okay, es ist nicht ungewöhnlich, dass er zu spät kommt“, maulte Koki zum tausendsten Mal los, „aber… gleich drei Stunden? Und er ist immer noch nicht da!“ Maru starrte an die Wand. „Ich sage wir sollten ohne ihn anfangen…“ – „Ohne Jin?“, Ueda blickte skeptisch in Nakamarus Richtung. „Der bringt uns um wenn wir was ohne ihn entscheiden.“ – „Vielleicht“, stimmt Maru ihm zu. „Aber was sollen wir sonst tun? Er meldet sich doch nicht einmal! Geht nicht ans Telefon, gar nichts!“ Kame war der Einzige, der sich an der Diskussion, die sich schon seit Stunden im Kreis drehte, nicht beteiligte. Er starrte die ganze Zeit nur auf sein Handy, in der Hoffnung, dass Jin ein Lebenszeichen von sich geben würde… aber bisher… nicht eine einzige Meldung… Das passte nicht zu ihm… überhaupt nicht… ob etwas passiert war? Kazuya spielte mit dem Gedanken bei Jins Eltern anzurufen unterließ es aber. Koki blickte zu dem Jüngsten. Wartete wie alle anderen auch, dass Jin sich bei ihm meldete. Und tatsächlich Kazuyas Handy spielte das Lied ab, welches für KAT-TUN Mitglieder einprogrammiert war. Kazuya sprang beinah aus seinem Stuhl, nahm hastig ab. „Jin?“ – „Kazuya… ich brauch dich… komm zu mir“, hörte er Jin murmeln. Er klang… gebrochen. Kazuyas Herz setzte für einen Schlag aus, dann war die Leitung tot. Kame zitterte am ganzen Körper. So hatte Jin noch nie geklungen. So hilflos… ausgeliefert. Er drehte sich zu Koki um. „Fahr mich zu Jin.“ Koki runzelte die Stirn. „Aber…? Was sagte er?“ – „Fahr mich zu ihm!“, fauchte Kame ihn an, Koki wich zurück. „Entweder das oder ich nehme mir ein Taxi, und das Treffen heute fällt aus!“, beschloss der Jüngste. „Oder ihr haltet es ohne Jin und mich ab, ist mir egal. Aber du fährst mich jetzt auf der Stelle zu ihm nach Hause!“ – „Ist ja gut!“, erwiderte Koki überrascht. „Ich fahr dich ja, reg dich ab!“ Kame holte tief Luft. Er hatte Angst… Kazuya hatte Koki zurückgeschickt als er aus dem Wagen gestiegen war. Aber vorher hatte er dem Rapper versprechen müssen sich zu melden, sobald er konnte. Kame hatte einfach nur genickt. Jetzt stand er vor Jins Tür und traute sich nicht zu klopfen oder zu klingeln… letztendlich holte er mit zitternden Fingern den Schlüssel zu Jins Apartment raus, öffnete sich selber die Tür. Wurde schwanzwedelnd von seinen Hunden begrüßt, er schob die beiseite, würdigte sie keines Blickes. Schloss die Tür. „Jin?“ Er erhielt keine Antwort. „Jin?“, fragte er noch einmal, diesmal lauter. Und Jin kam… Er sah müde aus, verletzt… Kame streckte die Atem zu ihm hin. „Was ist los Jin, du…“ Ohne eine Antwort zu erhalten fand er sich in einer Umarmung wieder. Jin weinte. Jin. Weinte. Er murmelte immer wieder Kazuyas Namen. Kame fühlte sich hilflos. Was… passierte hier? Jin weinte nie… nicht der starke… mutige… Jin… „Was ist passiert? Jin, ist alles in Ordnung?“ – „Später…“, murmelte der Ältere, ließ sich langsam gen Boden sinken, zog Kame mit sich. Vergrub sein Gesicht in Kazuyas Hemd, ließ sich von seinem Freund beruhigen. Durch die Haare streichen, hörte ihn flüstern, dass alles wieder gut werden würde… aber das würde es nicht… und sobald er konnte… würde er es Kazuya sagen… Sobald… er konnte. Jin beruhigte sich langsam wieder. Er klammerte sich immer noch an Kazuya in der irrationalen Hoffnung, dass er ihm aus diesem Schlamassel helfen konnte. Das konnte niemand… „Jin… Alles… okay?“, hörte er Kame vorsichtig fragen, hörte die Sorge, Angst, vielleicht sogar Panik aus diesen drei Worten raus. Was sollte er sagen? Ja? Nein… das war es nicht, nichts war okay… Ein letztes Mal schluchzte er auf, vergrub sein Gesicht mehr in Kazuyas Shirt. „Nein“, flüsterte er leise. Kame strich ihm sanft über den Rücken. „Was ist los? Jin… so… kenne ich dich gar nicht…?“ Jin sagte nicht. Konzentrierte sich darauf zu atmen. Kame wartete ruhig, aber Jin konnte die Ungeduld spüren… er biss sich auf die Lippen. „Sie ist schwanger…“, murmelte er. Er wusste sofort dass Kame ihn gehört und verstanden hatte. Seine Hände die immer noch auf Jins Rücken lagen verkrampften sich, aber ansonsten reagierte er nicht. Wartete. Aber Jin konnte nicht mehr sagen, er flehte, dass Kazuya ihn zum Reden bringen würde… ohne einen Anstoß… einen Schubs… würde er nichts mehr von sich geben können, das wusste er mit Sicherheit. „Ich dachte… du willst eine Familie?“ Jin nickte. „Aber… nicht so… nicht… jetzt…“, antwortete er kläglich. Er spürte wie Kazuya nickte. Ihn fester hielt. Nach den richtigen Worten suchte. Aber die gab es nicht… was sollte er ihm sagen? Scheiße das alles? Nein… Jin unterdrückte die Tränen, die sich wieder in seinen Augen sammeln wollten. Letztendlich… war es auch egal was Kazuya sagte, er war da… er war immer für ihn da… „Was… habt ihr jetzt vor?“, fragte Kame letztendlich, brach das Schweigen. Jin schüttelte den Kopf. „Das Kind…“, murmelte er nur, wusste, dass seine Worte keinen Sinn ergaben. Aber… er wusste nicht was er sagen sollte. Kazuya seufzte. Jin löste sich aus der Umarmung und setzte sich hin, sah Kame in die Augen. „Was soll ich denn tun?“ Er wollte eine Bestätigung. Wollte von Kame wissen, dass seine Wahl die Richtige gewesen war. Kazuya schloss die Augen. „Ich weiß es nicht Jin… Ich… Es betrifft dich, du musst dich für etwas entscheiden, nicht ich…“ Jin schluckte. Er hatte ja Recht… „Das habe ich schon getan… sag mir, dass ich richtig gehandelt hab… bitte…“ Kame lächelte gequält. „Jin… woher soll ich das wissen?“ Jin blickte gen Boden. „Sag mir was los ist“, bat Kame. „Von Anfang an…“ Jin holte tief Luft, er wollte es ihm ja sagen, so war es nicht aber… „Lass uns was trinken“, sagte er dann, stand auf und ging ins Wohnzimmer Kame die ganze Zeit hinter ihm. „Ich weiß nicht ob das…“, begann er aber Jin bedeutete ihm zu schweigen. „Ich muss mich betrinken, sonst…“ Ja, sonst was…? Er hörte Kame seufzen. Schon wieder. Er tat das häufig wegen ihm, nicht? Jin kam mit irgendetwas undefinierbaren zurück zur Coach, trank sein Glas in einem Schluck leer. „Jin… du solltest nicht“, versuchte es Kame erneut. „Ach, lass mich…“, murrte der Ältere, trank sich Mut zu. Er sah noch wie Kame vorsichtig an seinem Getränk nippte und dann begann er zu erzählen. Geschätzte zehn leere Gläser später hatte Jin nichts mehr zu sagen. Irgendwann in seiner Erzählung hatte er wieder angefangen zu weinen, daraufhin hatte Kazuya erst einmal das Glas aus seiner Hand befreit und ihn wieder umarmt, nichts gesagt, einfach nur zugehört… er war einfach nur da… verstand ihn… Jetzt saß er mit seinem Kopf in den Händen aufgestützt da und schwieg. Jin fühlte sich ausgelaugt, das hatte ihn seine letzten Kraftreserven gekostet. Er wartete darauf, dass Kazuya etwas sagte, irgendwas… „Und du denkst… dass das die richtige Entscheidung ist?“, fragte Kame nach, leise, vorsichtig. Jin schluckte. Er hatte eine Bestätigung für sein Handeln gewollt, keine weiteren Bedenken… davon hatte er sowieso genug. „Ich weiß es nicht… Sag du es mir“, bat er erneut. Kazuya strich sich die Haare zurück. Setzte sich gerade hin. Blickte Jin nicht an. „Ich frage mich nur… ob du und Maiko-san zusammen leben könnt… wollt… wenn im Moment…“ Er beendete den Satz nicht. „Weswegen habt ihr euch eigentlich gestritten? War es etwas Ernstes… oder etwas was man aus der Welt schaffen kann?“ Jin schüttelte den Kopf. „Das hängt von ihr ab… aber ich denke… wir werden es irgendwie packen…“ Kazuya nickte. Er sah unglaublich müde aus, genauso wie Jin sich gerade fühlte… „Wenn ihr meint, dass… es möglich ist… dann ist das denke ich die beste Wahl die ihr treffen konntet…“, sagte er letztendlich… es hatte einige Zeit gedauert, bis er diese Antwort… raus gewürgt hatte. „Jedenfalls… für das Kind…“, setzte er hinzu. Schwieg wieder. „Jin?“ Jin blickte auf. „Ja?“ – „Versprich mir, dass du dir über das was ich jetzt sage Gedanken machen wirst, ja?“ Jin setzte zu einer Antwort an, doch Kame sprach bereits wieder. „Ich denke… es ist besser mit nur einem Elternteil aufzuwachsen, als mit Eltern, die sich gegenseitig hassen und nicht miteinander reden… nichts teilen… Ich glaube… Jin, wenn du merkst, dass das der Fall sein sollte…“ Jin nickte. Zwang sich zu einem Lächeln, welches Kazuya nicht sehen konnte, da er den Boden mit Blicken löcherte. „Keine Sorge Kazu, wir sorgen schon dafür, dass alles gut geht“, versprach er. Er sah nicht, dass Kazuya weinte. Jin stand auf um eine Flasche Wodka zu holen, die Zeit nutzte Kazuya um die Tränen wegzuwischen. Schweigend leerten sie etwa die Hälfte der Flasche. „Kazuya… bleibst du heute hier?“ Er sah wie Kame sich auf die Unterlippe biss. „Nein Jin…“ – „Aber…!“ Kame stand auf. Guckte Jin in die Augen. „Es tut mir Leid Jin, aber das kann ich nicht. Das schaff ich nicht. Ich… ich komme morgen wieder vorbei ja? Und ich werde den anderen sagen, dass du den Tag morgen frei nimmst… aber bitte… ich will… ich muss nach Hause…“ Dieser starrte Kame geschockt an. „Aber, wieso…? Ist etwas?“ Kame lächelte. „Jin, verglichen mit deinem Problem habe ich sowieso keine, nein, alles okay. Mach dir keine Sorgen ja? Ich… schaue morgen mal nach dir. Trink nicht mehr so viel… Ich… ruf mir ein Taxi…“ Jin starrte fassungslos Kame nach, rannte ihm in den Flur nach. „Ich brauche dich“, flehte er, packte Kame am Handgelenk und zog den Jüngeren in eine Umarmung. „Bitte… lass mich nicht allein…“ Wieder musste er losheulen. Er hatte… so darauf gewettet… vertraut… dass… Er spürte wie Kame sich anspannte. „Jin… so leid es mir tut aber… ich kann einfach nicht bleiben… versuch es zu verstehen…“ Jin schüttelte den Kopf. „Das kann ich nicht verstehen… Warum… siehst du nicht, dass ich dich brauche?“ Er zog Kame noch näher, wollte so verhindern dass der Andere ging… wollte, dass er bei ihm blieb… Aber irgendwie gelang es Kame sich zu befreien. „Irgendwann werde ich es dir erklären… aber… das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt… Bis morgen Jin, pass auf dich auf…“ Und mit diesen Worten ließ Kame ihn stehen. Kazuya rannte noch um die Straßenecke bevor er sein Handy nahm und ein Taxiunternehmen anrief, sie sagten ihm, dass er wohl gute zwanzig Minuten warten müsste, also beschloss er gleich jetzt Maru anzurufen. Er wählte die Nummer des Älteren und wartete. Erstaunlich schnell hörte er Marus Stimme. „Kame? Alles klar bei euch? Was ist los?“ Kazuya schluckte. „Ich… das ist eine Sache die nur Jin etwas angeht…“, begann er langsam, suchte nach den richtigen Worten. „Ihm… ihm geht es zurzeit nicht so gut… morgen bleibt er zu Hause… und… naja… das wars eigentlich“, schloss er dann nichtssagend. Er hörte förmlich das Stirnrunzeln durch die Leitung. „Sorry Leute… ich kann euch wirklich nicht sagen was los ist, okay?“ – „Ist schon gut… aber du kommst morgen, oder?“ Kame nickte und erinnerte sich daran, dass Maru das wahrscheinlich eher nicht sehen konnte. „Ja… aber… übermorgen… kann ich nicht, da hab ich… einen Termin beim Arzt…“ – „Ist gut, merk ich mir. Dann… bis morgen. Grüß Jin von uns. Oder meinst du wir können anrufen?“ Kame lachte einmal bitter auf. „Ich bin gerade nicht mehr bei ihm… und anrufen… ich würde davon abraten…“ – „Kame, ist mir dir denn alles okay?“ Nein war es nicht. Nein, nein und nochmal nein. Aber das konnte er niemanden sagen… niemanden… außer… „Jin“… Er blickte auf die Uhr… eigentlich… war es jetzt Zeit die Medikamente zu nehmen. Kazuya holte das Päckchen raus, starrte es an, hörte wie Maru irgendetwas sagte, ignorierte ihn. Er blickte auf die Straße, hob das Päckchen und warf es schwungvoll in einen nahen Gully. Er war es satt. So satt. Er ließ das Handy sinken, mit dem immer noch plappernden, besorgten Maru. Schmiss das Handy dem Päckchen hinterher, sah wie es auf der Straße zerschellte. Dann sank er auf den Hosenboden und weinte. Das… konnte doch alles nicht wahr sein… Wieso traf es immer ihn… wieso konnte er nicht ein einziges Mal in seinem bescheuerten Leben das kriegen was er wirklich wollte? Warum… musste immer alles so… scheiße laufen? Natürlich… Jin hatte es jetzt schwerer aber… war es wirklich zu viel verlangt was er wollte? Er hörte wie sich ein Auto näherte, blickte auf. Das Taxi. Es fuhr genau über die kläglichen Überreste seines Telefons, hielt vor ihm an. „Haben Sie das Taxi bestellt?“ Kame nickte stand auf, versuchte den Dreck von seiner Hose zu klopfen, gab es auf, setzte sich ins Taxi und weinte einfach weiter. Es war ihm egal wer ihn so sah. Im Moment war ihm so gut wie alles egal… Er nannte seine Adresse und schniefte noch einmal, aber die Tränen fanden gar kein Ende. Der Taxifahrer blickte besorgt zu Kame. Es war schwer zu erkennen ob er sich um die Sauberkeit in seinem Wagen sorgen machte oder um das heulende Bündel was er aufgelesen hatte. Letztendlich rang er sich einen Satz ab. „Brauchen Sie ein Taschentuch?“ Kame schüttelte den Kopf. Hätte er ihm einen Jahresvorrat angeboten… dann hätte es vielleicht was gebracht… aber so? Maru starrte verwundert und bestürzt auf sein Mobiltelefon. Das klang gerade sehr… un-Kamenashihaft. Er schaute Koki an, erhoffte sich einen Rat. Den er auch prompt bekam. „Ruf Jin an.“ – „Aber, du hast gehört was Kame gesagt hat…“, protestierte Maru schwach. „Ich hab vor allen Dingen gehört was er nicht gesagt hat, und das Knacken am Ende der Unterhaltung klang auch nicht gesund“, erwiderte Koki gereizt. Maru nickte. „Und bei wem war er gerade?“ – „Jin…“, antwortete Yuichi vorsichtig. „Richtig, wer kann uns also sagen was gerade da abgeht?“ – „Jin“, wiederholte Maru sich. Biss sich auf die Lippe. „Aber…“, begann er schwach. „Wenn du es nicht tust werde ich ihn anrufen“, meinte Tanaka gereizt, aber zu dem Zeitpunkt hatte Maru schon die Nummer gewählt. Sie saßen in Marus Wohnzimmer und hatten einen Film geschaut als Kames Anruf eingetrudelt kam. Und nun… war der Film vergessen. „Freisprechanlage“, wisperte der Rapper seinem Freund zu, der nur nickte und betreffende Taste drückte. Es dauerte eine Weile bis ein merklich beschwipster Jin den Hörer abnahm. „Kame?“, lallte er. Maru starrte den Hörer an. „Nein, eigentlich nicht.“ – „Perfekter Übergang…“, nuschelte Koki neben ihm. Maru bedeutete ihm zu schweigen. „Ich bins, Yuichi. Aber… du hast gerade den Nagel auf den Kopf getroffen… weißt du was mit Kame los ist?“ Schweigen. Die beiden konnten förmlich sehen welch weiten Weg die Schallwellen noch vor sich hatten ehe sie in Jins Gehirn zu Wörtern wurden. Als endlich ein Licht bei ihrem Leadsänger aufging verschwand der Eindruck, dass Jin in zu viele Gläser geschaut hatte (jedenfalls fast). „Wieso? Was ist mit ihm?“, fragte er besorgt. Maru schaute Koki an, der nur mit den Schultern zuckte und dann auffordernd nickte. Maru gab die „Unterhaltung“ mit Kame von vor wenigen Sekunden wieder. „… und dann… naja, hat er gar nichts mehr gesagt, egal was ich ihn gefragt hab, egal was ich gesagt hab… er… ich glaube nicht, dass er mir zugehört hat… und dann… hörte man so ein… Krachen und dann war die Leitung tot“, erklärte Maru schnell. Er hoffte, dass Jin alles verstanden hatte. Dieser schwieg eine Weile. „Mist!“, fluchte er dann nur. „Maru?“ – „Ja?“ Angesprochener war hellwach. „Tu mir einen Gefallen, fahr zu Kame ja? Ich gucke ob er noch hier in der Gegend ist, er wollte sich ein Taxi rufen… Vielleicht erwische ich ihn noch“, meinte Jin gehetzt, man hörte wie etwas umgestoßen wurde und einen beachtlichen Fluch Jins. „Jin?“ – „Was denn?“ Die Gereiztheit hatte einen Höhepunkt erreicht. „Koki ist auch da, er fährt sofort zu Kame, ich hol dich ab, was hältst du davon?“ – „Bis gleich.“ Dann war er weg und die beiden Freunde sprangen auf und zogen sich ihre Jacken an, rannten zu den Autos. Jin schmiss die Tür hinter sich ins Schloss, hatte nicht einmal mehr die Muse sie richtig abzuschließen, rannte die Treppe runter und blickte dann die Straße auf und ab. Keine Spur von seinem Freund. Wenn er sich von einem Taxi abholen ließ dann… Jin rannte dorthin wo Kame sich immer die Autos hinbestellte und schollt sich einen Idioten, Dummkopf und Versager. Er wusste doch… dass irgendetwas mit Kame wieder nicht stimmte. Dieser plötzliche Weinanfall, scheinbar ohne Grund… Dann gerade eben… er war eindeutig… fertig gewesen. Aber er, Akanishi Jin, größter Trottel der Welt, hatte es natürlich wieder mal nicht mitbekommen, weil sich seiner Meinung nach das ganze Universum nur um ihn drehte. Er stolperte über den wahrscheinlich einzigen Stein auf dieser verdammten Straße und schlug der Länge nach hin. Einen Moment drehte sich alles um ihn (irgendwie symbolisch…) aber dann sprang er wieder auf die Beine und rannte zu der einen bestimmten Stelle. Es waren erst… ungefähr zwanzig Minuten her, seit Kame sich auf den Weg gemacht hatte. Er konnte es noch schaffen! (Falls Kazuya zu genau demselben Platz wie immer gegangen war, falls das Taxiunternehmen noch nicht angekommen war, falls, falls, falls…) Jin rannte um die Ecke. Und blieb wie angewurzelt stehen. Nichts. Kame war nicht da… er war nicht am Ende dieser beschissenen Straße wo er sonst immer wartete um abgeholt zu werden. Frustriert schrie Jin auf. Drehte sich wieder um, wollte zu seinem Apartment zurückschlurfen, als er ein Auto hörte. Verdutzt drehte er sich um, starrte noch einmal die Straße runter. Und sah eine Gestalt auf dem Bürgersteig kauern die sich vor und zurück wiegte. Vor und zurück. Sie saß. Deswegen hatte er sie nicht gesehen. Langsam näherte er sich der Gestalt, konnte vage Umrisse erkennen. Sein Magen krampfte sich zusammen. Kazuya. Ohne jeden Zweifel. Er beschleunigte seine Schritte, die Luft brannte förmlich in seiner Lunge, drohte sie zu sprengen. Er füllte sie noch einmal, rannte so schnell er konnte. Das Taxi hielt an der Kreuzung. Kame stand auf, schien sein Gleichgewicht verloren zu haben, stiegt ein. „Kazuya!“, schrie Jin. Doch es war zu spät. Er konnte dem Taxi nur noch nachschauen. Er ließ sich auf die Knie sinken und schlug mit der Faust gegen den Boden. So knapp… verpasst… Er stand auf, achtete nicht auf das Brennen in seiner Brust und machte sich auf den Weg zu seiner Wohnung, setzte sich darunter an die Straße und wartete auf Maru, hoffte, betete, dass Koki mehr Glück haben würde. Kazuya öffnete erschöpft die Tür zu seiner Wohnung. Er weinte immer noch. War das zu fassen? Er ging in die Küche, suchte nach den Medikamenten, die ihm sein Arzt verschrieben hatte und spülte sie die Toilette runter. Das wars. Er gabs auf. Dann war er eben ein hoffnungsloser Fall. Dann war er eben krank. Was interessierte ihn das schon? Dann sah er eben Menschen die ihn langsam aber sicher umbringen würden. Wenn das seine einzige Hoffnung war… „Jin“ wiederzusehen. Er setzte sich auf den Fußboden, schnappte sich ein Handtuch und legte es sich aufs Gesicht. Trocknete es somit ab und ließ die neuen Tränen gleich in den Stoff fließen. Zog die Beine an. Bis zum heutigen Tag hatte er nicht einmal gewusst, dass er so viel weinen konnte… Und er hatte nicht gewusst, dass das Herz so wehtun konnte… jeder Schmerz den er vorher erlebt hatte schien wie ein nichts deswegen… unbedeutend… Er schluchzte laut auf. Es hatte alles keinen Sinn. Er wollte Jin halten. Ihn umarmen. Küssen. Ihm sagen, dass er ihn liebte. Er wollte, er wollte, er wollte. Kazuya schrie seine ganze Verzweiflung, Wut, seinen Frust und die Trauer raus. Natürlich tat es ihm für Jin leid, dass dieser nun seine ganze Lebensplanung in die Tonne kloppen konnte, dass er ein Kind mit einer Frau haben würde, bei der er gerade festgestellt hatte dass er sie nicht liebte, nicht lieben konnte. Natürlich, aber… war es zu viel verlangt, dass Jin auch ein wenig an ihn denken würde? Merkte dieser Volltrottel nicht wie weh ihm das tat? War er wirklich so blind? Kazuya schmiss das Handtuch gegen die Wand, rollte sich auf dem Boden wie eine Katze zusammen, weinte stumm weiter, biss sich ins Handgelenk. Er konnte einfach nicht mehr. Dieser Schmerz aß ihn von innen heraus auf… er wollte es vergessen… er wollte schlafen… Er wollte gehalten werden, geliebt werden. Aber das, dachte er bitter, würde sich wohl nie erfüllen. Jedenfalls nicht von der Person von der er es wollte… Er schloss die Augen. Hoffte, dass sich der ganze Tag als ein beschissener Traum herausstellte. Langsam fiel er in einen Dämmerzustand über, er schlief nicht richtig, war aber auch nicht wirklich wach. Wenn er einfach so bleiben könnte… dann wäre er zwar nicht glücklich… aber erleichtert… Koki stand seit gut fünf Minuten vor der Haustür des Bandjüngsten und klingelte ohne Unterbrechung. Nur… es tat sich absolut rein gar nichts. Er holte sein Telefon heraus, versuchte Kazuya auf sein Handy anzurufen, bekam nur von der netten Computerstimme gesagt, dass dieser Anschluss zur Zeit nicht erreichbar sei, er könne aber… in dem Moment legte er auf, versuchte es mit dem Hausanschluss. Ohne Erfolg. Er hörte es zwar hinter der Tür klingeln, aber kein Lebenszeichen von Kazuya. Möglicherweise war er gar nicht zu Hause? Möglicherweise war er woanders hingegangen? Möglicherweise ignorierte er auch nur jedes Geräusch. Oder er war am Schlafen. Oder… oder… oder… diese vielen Möglichkeiten machten einen fertig! Koki blickte auf seinen Display. Es war schon relativ spät… aber… ob Kazuya wirklich schon am Schlafen war? Er bezweifelte es. Aber eine Lagebesprechung wäre nicht schlecht. Also wählte er Jins Nummer. Dieser ging auch sofort ran. „Und?“, wurde Koki begrüßt. Jin klang etwas… atemlos. „Er… öffnet die Tür nicht und geht nicht ans Telefon, vielleicht ist er nicht da“, murmelte Koki in den Hörer. „Oder er macht nicht auf und ignoriert‘s Telefon. Oder er schläft, oder…“, fasste Jin Kokis Gedanken noch einmal in Worte. „Oder so… ja“, stimmte Koki zu. „Fakt ist, wir kommen nicht ins Haus. Also…?“ Jin war Kazuyas bester Freund, er musste eine Idee haben was sie tun konnten. Musste einfach! Dieses verdammte schlechte Gefühl seit dem Telefonat… es wollte nicht verschwinden. „Ich hab die Schlüssel“, knurrte Jin ins Telefon. „Wir gehen da rein, schaun ob er da ist, und wenn nicht überlegen wir uns was Neues.“ Das war… erstaunlich (und erfreulich) einfach. Simpel. „Wir sind in ungefähr zehn Minuten da, bleib bei der Tür“, wies Jin Koki an und legte ohne ein weiteres Wort auf. Koki drehte sich zu der Treppe, die von Jin… erstürmt wurde, hinter ihm der schnaufende Nakamaru, der sich eine Seite mit schmerzverzerrten Gesicht hielt. Jin hatte bereits die Schlüssel zu Kazuyas Wohnung in der Hand, stopfte sie rigoros ins Schloss und drehte sie schnell um, drückte die Tür auf und stolperte ins Innere der Wohnung. Er sah, dass das Licht überall aus war. Dann… war er vielleicht doch nicht hier? Aber zuerst musste er sich vergewissern, das hieß noch gar nichts. Koki und Maru standen verlegen im Flur rum, Jin jedoch ging schleunig ins Wohnzimmer, sah, dass Kame nirgends war. Er bemerkte, dass irgendetwas anders war als sonst, konnte aber nicht genau sagen was… Jin hörte wie Koki und Maru sich leise unterhielten. Warum flüsterten sie verdammt nochmal? So ein Verhalten erinnerte ihn an eine Beerdigungsfeier oder, oder einen Besuch im Krankenhaus! Nicht den Besuch bei einem guten Freund! Jin schaltete das Licht an, warf einen Blick ins Schlafzimmer. Nichts. Nichts. Nichts. Wütend schlug er mit der Faust gegen die Wand. Hörte er erschrockenes „Jin!“ seitens Maru beachtete es aber nicht weiter. Blieb nur noch das Bad, Jin wollte durch den Türrahmen gehen, blieb aber mit dem Fuß an etwas hängen und wäre beinah zum zweiten Mal an diesem Abend voll auf die Fresse geknallt. Gerade noch rechtzeitig hatte er sich an der Wand abstützen können. Er blickte wütend gen Boden, wollte das Teil wegtreten was ihm beinah den Hals gebrochen hatte und keuchte erschrocken auf. „Kazuya!“ Schnell kniete er sich auf den Boden, hörte Maru und Koki Richtung Badezimmer rennen weil sie seinen Ruf gehört hatten. Maru machte das Licht an und Jin musterte besorgt die regungslose Gestalt am Boden. „Kazuya?“, fragte er nach, drehte Kame vorsichtig auf den Rücken. Er hatte die Augen geschlossen und sein Atem ging nur stoßweise, wurde immer wieder von Schluchzern unterbrochen. Er weinte… schien aber nicht zu bemerken, dass seine drei Freunde da waren… Schien überhaupt nichts mitzubekommen. „Was ist mit ihm?“, fragte Maru besorgt. Jin schüttelte den Kopf. „Weiß ich nicht… Kazuya, hörst du mich?“ Keine Antwort. „Soll ich einen Arzt rufen?“, schlug Koki hilfsbereit vor. Schweigen. „Keine Ahnung…“, antwortete Maru letztendlich nach einer gefühlten Ewigkeit. Schluckte den Kloß in seinem Hals runter. Oder versuchte es zumindest. Kazuya hustete auf, er hatte eindeutig Probleme Luft zu bekommen. Jin runzelte die Stirn. „Seitenlage“, keuchte Koki dann erschrocken auf. Jin und Maru starrten ihn nur verständnislos an. Aber ohne etwas zu erklären kniete nun Koki nieder und legte Kazuya auf die Seite. „Was zu Hölle…?“, setzte Jin an, aber Koki hob eine Hand. „Wenn eine Person bewusstlos ist… oder nicht ansprechbar… dann sollte man sie niemals, ich wiederhole, niemals auf den Rücken legen. Kann sein, dass sie an der eigenen Zunge erstickt.“ Jin lief ein Schauer über den Rücken. „Aber ist er denn überhaupt… bewusstlos?“ Koki kratze sich am Kopf. „Keine Ahnung… Arzt?“ Nun gab es nur eindeutiges Nicken und Maru ging um den Notarzt anzurufen. „Und ich denke wir beide tragen den Kleinen ins Bett, ist bestimmt gemütlicher als auf den Fließen zu liegen…“, schlug Koki vor, wollte Kazuya an den Beinen anheben doch Jin hatte ihn bereits hochgehoben. Also ging der Rapper aus dem Weg und Jin trug seinen Freund in dessen Schlafzimmer, legte ihn auf das Bett ab. „Der Arzt meinte in gut zehn Minuten sind sie da, wir sollen dafür sorgen, dass er nicht auf dem kalten Fußboden liegt und ein Auge auf Atmung und Herzschlag haben, wenn etwas unnormal ist dann erste Hilfe leisten“, sagte Maru während er das Schlafzimmer betrat. Jin nickte und kniete sich nebens Bett, betrachtete Kazuya, dem immer noch Tränen über die Wangen liefen. Jin strich sie weg. Aber sofort bildeten sich neue Rinnsale und nach einigen weiteren Versuchen ließ er es einfach bleiben. Es tat unheimlich weh… Kame so gebrochen zu sehen. Weswegen eigentlich? Wer hatte ihm das angetan? Koki blickte zuerst Kame dann Jin an. „Okay, spucks aus, was hast du angestellt?“ – „Ich?“, fuhr Jin empört hoch. „Nichts! Wenn ich erfahre wer schuld daran ist dann… dann reiße ich ihm eigenhändig alle Gedärme raus!“, knurrte er wütend. Koki warf Jin einen Blick zu. „Und wer sollte deiner Meinung das zu verantworten haben?“ – „Weiß ich noch nicht… aber… Kame ist schon seit einigen Tagen… traurig… und… wenn ich weiß… warum… ich schwöre ich mache die Person fertig… das hat er nicht verdient!“ Koki und Maru wechselten einen wissenden Blick. Blickten dann den Sänger an. „Also… soweit ich mich erinner hattest du bisher immer den größten Einfluss… auf Kamenashis Stimmung… also… und gerade eben war er bei dir… also…?“, versuchte Yuichi den Anderen vorsichtig auf die Tatsachen zu lenken. Und Jin verschlug es die Sprache. Möglicherweise… hatten sie Recht? Er ließ den Kopf hängen. „Wenn das stimmt bin ich ein noch miserablerer Freund als ich dachte“, schniefte er. „Dann habe ich nicht einmal bemerkt mit was ich Kazuya verletzt habe… noch schlimmer… denn… dann wüsste ich es immer noch nicht…“ Koki legte Jin beruhigend einen Arm auf die Schulter. „Mach dir nicht so viele Gedanken“, meinte er leise. „Vielleicht liegen Yuichi und ich auch falsch… und wenn nicht… Kame kann dir nicht böse sein. Und das weißt du. Ihr werdet euch wieder verstehen. Und du wirst herausfinden was du falsch gemacht hast.“ Gut, ganz so aufmunternd wie sie sein sollte klang die Rede am Ende nicht. Aber… sie erreichte den Anderen. Urplötzlich drehte Maru sich um und ging aus dem Raum, die beiden zurückgebliebenen blickten ihm verdutzt hinterher. „Ich werde mich mal draußen hinstellen, damit der Arzt sofort weiß wo er hin muss“, erklärte Maru schnell während er sich im Flur die Jacke wieder überstreifte. Jin blickte Kazuya wieder an, und zuckte zusammen als dieser plötzlich die Augen öffnete und zurückschreckte. „Jin?!“ Er klang ungläubig und zugleich hoffnungsvoll. Jin nickte ihm zu. „Koki und Maru sind auch hier.“ Er deute auf den Rapper der mittlerweile auch aufgestanden war. „Na du? Weißt du eigentlich wie viele Sorgen wir uns deinetwegen gemacht haben?“ Kazuya schüttelte stumm den Kopf, wischte die Tränen (ebenso erfolglos wie Jin einige Minuten früher) weg. „Was macht ihr hier… wie… wie seid ihr reingekommen?“ Jin hob seinen Schlüsselbund. „Maru hatte angerufen… er meinte… du seist komisch gewesen… kann ich ihm nur beipflichten übrigens… und da haben wir beschlossen dich zu suchen…“ Kazuya nickte. Plötzlich klingelte es an der Tür und Koki ging sie schnell mit einem „Der Arzt!“ öffnen. Kazuya runzelte fragend die Stirn. Jin setzte sich neben ihn. „Wir haben einen Notarzt angerufen… als wir dich scheinbar… bewusstlos im Bad gefunden haben…“, erklärte er leise. Kazuya nickte. Er sah so verletzlich aus. Sie hörten drei Stimmen im Flur und blickten auf als Maru und Koki mit einem fremden Mann im Schlepptau wieder das Schlafzimmer betraten. „Also, wen soll ich einmal gründlich durchchecken?“, fragte er freundlich nach. Alle zeigten Richtung Kazuya, der sich tiefer in sein Bett kuscheln wollte. „Würden Sie dann bitte draußen warten?“, wandte der Arzt sich an die drei Freunde, welche sich auch sogleich erhoben und im Wohnzimmer verschwanden. Sie setzten sich auf die Coach und warteten ungeduldig. Jin versuchte herauszufinden, was ihm nicht passte… er warf einen Blick durch die Tür in die Küche und sah, dass einer der Schränke offen stand. Seufzend stand Jin auf um besagten Schrank zu schließen, gerade als er seine Hand an der Tür hatte stutzte er und öffnete den Schrank wieder ganz. Hier bewahrte Kame seine Medikamente auf. Ein ungutes Gefühl beschlich Jin und er holte sich einen Stuhl, stellte sich drauf um besser den Inhalt untersuchen zu können. Nach fieberhafter Suche stand es fest. Sie waren weg. Entweder hatte Kame sie umgelegt… aufgebraucht oder… nein… das konnte sich Jin nicht vorstellen, warum sollte er die Medikamente wegschmeißen? „Alles okay Jin?“, hörte er Koki von hinten sagen. „Sie sind weg…“, murmelte Jin, nicht realisierend, dass der Rapper so gar keine Ahnung hatte wovon sein Freund da schwafelte. „Huh?“ – „Die Medizin, die Kazuya verschrieben bekommen hat ist weg…“ Jetzt öffnete Jin schnell die anderen Schränke. „Ist nicht dein ernst?“, erkundigte sich nun Maru. „Doch!“ Nun ergriff Panik besitzt von Jin, er war kurz davor die ganze Küche auf den Kopf zu stellen, als er von Maru zurückgezogen wurde. „Beruhige dich!“, brachte ihn der Ältere zur Vernunft. „Warte erst mal ab. Frag Kame! Das ist… in ein paar Minuten erledigt! Kein Grund zur Panik, abgesehen davon… meinte er nicht, dass er morgen eh einen Termin bei seinem Arzt habe?“ Jin stand stumm da. „Weiß ich nicht“, gab er dann zu. Koki seufzte. „Doch, hatte er uns am Telefon noch gesagt also… keine Panik, okay?“ Jin nickte. Koki runzelte die Stirn. „Mal abgesehen davon… du siehst scheiße aus. Alles okay?“ Jin lächelte gequält. „Alles in Butter“, log er dann, sah, dass er Koki und Maru nicht überzeugt hatte. Letztendlich seufzte er. „Ach, was solls… früher oder später muss ich es euch eh sagen…“ Er legte eine Pause ein. „Ich werde Vater…“ – „Was? Nein? Ehrlich? Herzlichen Glückwunsch!“, freute sich Koki und wurde von Maru in den Bauch geboxt. „Du siehst… nicht wirklich fröhlich aus?“, fragte er vorsichtig nach. Jin schluckte. „Naja… ich… denke nicht… dass ich für ein Kind… bereit bin. Außerdem… sah es fünf Minuten bevor Maiko mir sagte, dass sie schwanger ist… so aus als ob… Schluss wäre…“, murmelte er. „Oh… okay… das ist nicht so gut…“, stellte Koki dann fest. Blickte zum Boden. „Irgendwas… was man für dich tun kann?“, fragte Maru vorsichtig nach, Jin schüttelte den Kopf. „Nein, ist schon… ich muss mich nur an den Gedanken gewöhnen…“ In dem Moment ging die Schlafzimmertür auf und der Arzt trat heraus. „Und?“, wurde er gleich von drei Stimmen bedrängt. „Nun, es scheint jedenfalls keinen physischen Grund zu haben warum Kamenashi-san zusammengebrochen ist. Er hat mir jedoch gesagt, dass er Medikamente einnimmt, die den Blutdruck plötzlich senken können, was dann schon mal einen Kreislaufkollaps bewirken kann. Das wäre eine mögliche Erklärung.“ Der Arzt ließ seine Worte wirken. „Eine andere Möglichkeit ist Stress. Es gibt so gut wie nichts was nicht von Stress ausgelöst werden kann.“ Maru blickte skeptisch. „Er ist Stress gewohnt… und so etwas ist noch nie eingetreten.“ Der Mann lächelte freundlich. „Es gibt mehrere Stressfaktoren. Vielleicht kann Kamenashi-san einige davon sehr gut vertragen, andere jedoch weniger gut.“ Die drei blickten sich an. „Aha“, meinte dann Koki und fasste so die nicht vorhandenen Gedanken zusammen. Der Mann lächelte immer noch. „Ein paar Beispiele für Stressfaktoren?“ Sie nickten. „Nun, zuerst einmal, und das ist denke ich allen vollkommen klar, kann die Arbeit ein Stressfaktor sein, Zeitmangel, Tod eines Bekannten und so weiter und so fort. Etwas weniger bekannte Stressfaktoren wären Perfektionismus, die Anforderung an sich selbst ständig alles perfekt zu lösen oder als Beispiel ganz anderer Art, Unterforderung. Es gibt so viele Möglichkeiten… und wenn Kamenashi-san jetzt etwas neu belastet… kann es schon sein, dass er unter dem Stress zusammenbricht. Aber wie gesagt, das ist nur eine Theorie.“ Jin blickte zur Tür. Also… Medikamente oder Stress? „Was ist jetzt mit Kame?“, fragte er den Arzt. „Ich habe ihm ein Schlafmittel verabreicht, das wohl einige Stunden wirken wird. Wenn Sie mich nun entschuldigen würden.“ Er verbeugte sich höflich und Maru begleitet den Mann noch zur Eingangstür. „Und was meint ihr?“, fragte er als er wieder zurückkam. Jin und Koki zuckten mit den Schultern. „Kann beides sein“, murmelte Koki letztendlich. Jin nickte zustimmend. „Also dann…“, begann Maru unbehaglich. Jin blickte die Wand an. „Willst du… noch reden… rüber zu mir kommen?“ Jin schüttelte den Kopf. „Nein ich denke… ich bleibe bei Kame…“, meinte er dann, Augen immer noch auf die Tür gerichtet. „Woher wusste ich das nur?“, murmelte Koki und gähnte. „Also, ich erwarte dann, dass ich keinen von euch beiden morgen sehe, okay? Wenns nötig ist fessel den da ans Bett.“ Bei ‚den da‘ deutete Koki auf die geschlossene Tür. Jin kicherte. „Ich werds mir merken.“ – „Na dann ist ja alles in Butter“, erwiderte Maru und zog Koki mit sich. „Bis bald!“ Kazuya öffnete die Augen. Stellte fest, dass sein Bett unglaublich stark zur anderen Seite geneigt war, drehte sich um und sah in Jins Augen. Mist. „Na aufgewacht?“ Kazuya setzte sich auf. „Geh“, bat er leise. Sah wie Jin die Stirn runzelte. „Kame, was…?“ – „Geh!“ Dieses Mal schrie er das eine Wort so laut er konnte. Er wollte Jin jetzt nicht sehen! Er wollte nicht schon wieder weinen. Seine Augen taten ihm immer noch weh vom gestrigen Abend. Alles tat ihm weh, sein Körper… sein Herz… Alles. Er konnte und wollte Jin jetzt nicht um sich haben. Nicht wenn… dieser… „Kazuya, alles in Ordnung?“ Kame blickte gerade noch rechtzeitig in Jins Richtung um den nach ihm ausgestreckten Arm zu sehen, schnell sprang er vom Bett, lehnte sich gegen die Wand. „Jin ich… bitte… lass mich in Ruhe… geh jetzt…“ Er sah, dass er den anderen mit diesen Worten verletzte. Unglaublich verletzte. Jin nickte dennoch. „Aber… beantworte mir bitte vorher eine Frage…“ Kazuya sagte nichts. „Was ist mit den Tabletten geschehen, die du in der Küche hattest?“ Kazuya seufzte. „In einem Anfall von geistiger Umnachtung habe ich sie weggeschmissen, zufrieden?“ – „Nein!“, schrie Jin los stand nun auch auf. „Verdammt, was hast du dir dabei gedacht?“ Kazuya blickte direkt in Jins Augen. „Glaub mir, das willst du nicht wissen. Du willst es nicht.“ – „Würde ich dann fragen, wenn ich es nicht wollte?!“ Aber Kazuya sagte nichts mehr. „Kazuya!“ – „Lass mich bitte in Ruhe…“ Jin schaute Kame an, sah wie… müde… fertig er war. „Ist alles okay?“ – „Was verstehst du nicht? Ist „Geh“ oder „Lass mich in Ruhe“ wirklich so… kompliziert? Jin, ich möchte, dass du auf der Stelle meine Wohnung verlässt, hast du das jetzt verstanden?“ Jin stolperte einige Schritte zurück. „Ich habe dich gehört, aber ich verstehe dich nicht, nein…“ – „Raus!“ Nach diesem Wort hörte man wie die Nachbarn gegen die Wand klopften. Sie sollten ruhig sein. „Und Sie halten sich da raus!“, brüllte Kame die Wand an. Jin zuckte zusammen. „Scheiße“, murmelte dann der Jüngere, ging zum Kleiderschrank, zog sich an und verließ die Wohnung. Jin folgte ihm, hatte Angst, dass Kazuya etwas dummes… etwas… bescheuertes tun würde. Und stellte überrascht fest, dass dieser bei den Nachbarn klingelte. Die Tür ging auf und eine Lawine von Beschimpfungen entlud sich auf dem Jüngeren, Jin wollte sich schon schützend vor diesen stellen als der Nachbar endlich zu einem Ende kam. Kazuya verbeugte sich und entschuldigte sich für was-auch-immer, wartete bis die Tür wieder ins Schloss fiel und ging in seine eigene Wohnung zurück. Schloss die Tür genau vor Jins Nase. Dieser wollte sie genervt öffnen, als er feststellen musste, dass die Schlüssel in seiner Jackentasche waren… die sich… klugerweise… in Kames Haus befand. Super. Noch besser, Kazuya öffnete die Tür nicht. Egal was er tat. Letztendlich kam sogar der Nachbar raus und bot Jin an ihn nach unten auf die Straße zu begleiten, wenn er nicht endlich still wäre. Jin starrte noch ein letztes Mal auf die Tür. Stellte fest, dass es wohl keinen Sinn hatte zu warten bis sich diese öffnen würde… und… verfluchte die Tatsache dass auch sein Handy in Kames Haus war. Frustriert setzte er sich vor die Tür. Er musste… wirklich dringend herausfinden… was mit Kame los war. Sonst würde er noch verrückt werden! Nach einigen Stunden öffnete sich die Tür wieder, Jin bekam davon nichts mit. Müde und hungrig wie er war… war er eben eingeschlafen. Er sah nicht, wie Kame mit Jins Jacke aus der Wohnung trat, vor ihm niederkniete und das Kleidungsstück neben Jin auf den Boden lag. Er sah auch nicht, wie Kazuya ihn einen Moment lang musterte, sich auf die Lippen biss, seufzte und sich etwas vorlehnte. Er spürte nicht wie Kame ihn küsste. Er spürte nicht wie Kazuya sich wieder von ihm wegbeugte. Das erste was er wahrnahm, war wie Kame ihn wachschüttelte. Jin schlug die Augen auf, verengte sie wütend und war kurz davor Kazuya zu schlagen. Richtig zu schlagen. Für die Art und Weise wie er sich verhielt. Dafür, dass er ihn ausgesperrt hatte, dafür, dass er ihn alleingelassen hatte. Aber er hielt sich zurück als er Kazuyas Gesichtsausdruck sah. Der Jüngere setzte sich neben Jin und winkelte die Beine an. „Es tut mir leid“, sagte er leise. Jin nickte. Beide wussten, das war genug. Jin zuckte vor Überraschung zusammen als Kazuya sich plötzlich an seinen Arm kuschelte. „Ich habe sie wieder getauscht“, meinte Kame traurig. Jin runzelte die Stirn. Er hatte das Gefühl etwas Entscheidendes nicht mitbekommen zu haben. So als… wäre er in der Mitte eines Filmes wieder aufgewacht. Nun vielleicht war er das ja auch. In der Mitte einer Handlung wieder aufgewacht… „Was meinst du?“, erkundigte er sich. „Die Schlüssel… ich habe die Schlüssel wieder getauscht.“ – „Welche Schlüssel verdammt nochmal? Drück dich klarer aus!“ Okay. Er war immer noch sauer. Wenigstens zog er seinen Arm nicht weg… Kazuya seufzte. Er klang kraftlos. „Die Haustürschlüssel. Ich hab mir meinen wieder genommen und dir deinen zurück an den Bund getan.“ Jin drehte den Kopf zu Kame. Glaubte sich verhört zu haben. „Warum?“, fragte er misstrauisch, knurrte fast. Kazuya drückte seinen Arm fester. „Wegen ihr… euch… ich glaube nicht… dass es ihr gefallen würde… wenn…“ Kazuya verstummte. Jin schluckte sein Unbehagen runter. „Aber…?“, fragte er kläglich nach. Er merkte, dass Kazuya wieder zu weinen angefangen hatte. Er legte seinen Kopf auf den des Jüngeren, schloss die Augen. „Ich glaube ich muss mal zu ihr… besprechen was wir jetzt machen… wollen.“ – „Wann wollt ihr zusammenziehen?“, murmelte Kame leise. Jin schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung…“ – „Dann solltet ihr vielleicht darüber reden… und… ach, ist auch egal.“ Langsam löste sich Kame wieder von Jin. „Mist, in letzter Zeit heule ich viel zu häufig“, lachte Kame gequält auf und wischte sich wieder die Tränen weg. „Ja“, stimmte ihm Jin zu. „Dabei sollte ich doch derjenige sein der mehr heult.“ Kazuya verkrampfte sich neben ihm. „Vielleicht.“ Jin guckte ihn an. „Was meinst du mit vielleicht?“ Kame zuckte nur mit den Schultern. „Das was ich auch gesagt habe, vermutlich.“ – „Ich verstehe dich nicht“, gab Jin seufzend zu. Der Kleinere gab nichts mehr von sich. „Jin?“ – „Hm?“ – „Heute ist Freitag…“ Jin runzelte die Stirn. „Ja, und?“ – „Ich denke… also ich weiß, dass du es wahrscheinlich nicht mehr möchtest… aber ich will Maiko kennenlernen.“ Jin schnappte nach Luft. „Was?“, fragte er ungläubig nach. Kame starrte an die Wand neben seiner Wohnungstür. „Gibt kein Drumherum mehr, oder? Sie… wird jetzt bei dir bleiben… und… wenn das eh der Fall ist… dann will ich sie wenigstens ein Mal getroffen haben.“ – „Aber doch nicht jetzt!“ Rief Jin geschockt aus. „Warum nicht?“ Super. Jetzt fing Kame das Schmollen an. „Weil… weißt du wie… merkwürdig es ist… jetzt?“, versuchte Jin sich zu erklären. Kame seufzte. „Vielleicht hast du recht…“, gab er dann widerstrebend zu. „Dann lass uns wenigstens was essen gehen“, forderte Kame ihn auf, stand auf und streckte Jin seine Hände hin um ihm aufzuhelfen. Jin ergriff sie und ließ sich hochziehen. Jin stand nervös vor Maikos Haustür. Kazuya hatte ihn noch bis hierher begleitet, aber die letzten fünf Minuten ihrer gemeinsamen Zeit hatte er nichts mehr gesagt. Jin konnte die Anspannung die den Anderen umgeben hatte immer noch neben sich spüren… Lustlos klingelte er und wartete darauf, dass Maiko ihm die Tür öffnete. Und wartete. Und… wartete. Und klingelte nochmal. Mit demselben Ergebnis. Jin raufte sich die Haare. Zuerst Kame, und jetzt auch noch sie? Na gut, er hatte ja jetzt Übung. Also ging er neben der Tür in die Hocke und lehnte sich an die Wand. Er konnte warten. Nach nur zehn Minuten wusste er warum sie die Tür nicht geöffnet hatte. Sie kam vom Einkaufen zurück. Sie verzog keine Miene als sie Jin sah, schloss auf und ließ ihn ebenfalls eintreten. Jin setzte sich hin und sah zu wie sie die Einkäufe auspackte, wortlos. „Was willst du hier?“, fragte Maiko als sie fertig war und sie sich schon seit geraumer Zeit anschwiegen. „Nichts. Reden. Planen.“ Sie rollte mit den Augen. „Dein „Nichts“ umfasst ziemlich viel, findest du nicht?“, fauchte sie. Jin nickte. „Ich… wollte wissen wie wir das mit dem Zusammenleben regeln wollen. Wann wir es unseren Eltern sagen…“, setzte er an. Stand auf und machte sich einen Kaffee. Maiko sah ihm dabei stumm zu. „Je eher wir uns daran gewöhnen, desto besser, findest du nicht?“, fragte sie nach. Jin nickte. „Damit später nicht die Fetzen fliegen“, murmelte er. Maiko lachte. „Das werden sie wohl so oder so. Aus dem einen oder anderen Grund. Daran führt in keiner Beziehung ein Weg daran vorbei.“ Jin schluckte. Beziehung… Hatten sie überhaupt noch eine? Er goss das heiße Wasser in die Tasse und stellte sie auf den Tisch, holte sich einen Löffel und rührte um. „Also?“, nahm er den Faden wieder auf. „Wie… bald ist bald?“ – „Meinst du jetzt unsere Eltern oder das Zusammenziehen.“ Er seufzte. „Beides.“ Jin schluckte den Klos runter, der seinen Hals besetzt hatte. Er klammerte sich an die Tasse. Er hatte Angst vor der Antwort, wollte aber ihr die Entscheidung überlassen. Sie war diejenige, die mehr leiden musste… „Ich denke… wir könnten dieses Wochenende bei unseren Eltern vorbeischauen… ich habe meiner Mutter schon gesagt, dass ich ihr jemanden vorstellen will.“ Sie schaute Jin so an, als erwartete sie von ihm, dass er genau dasselbe auch bei seinen Eltern schon getan hatte. Fehlanzeige. Da er nichts sagte fuhr sie nach einer angemessenen Pause fort. „Sie hat diesen Sonntag Zeit“, informierte Maiko ihn. Jin nickte. Eigentlich… hatten sie an dem Tag wieder eine Besprechung mit der Band… aber sie würden ihm sicherlich nachsehen, wenn er sich einen Tag frei nahm… „Ich denke ich kann mir das Wochenende frei nehmen…“, sagte Jin dann vage. „Also… besuchen wir morgen deine Eltern?“ Jin nickte schwach. Er würde seine Eltern schonend darauf vorbereiten müssen was sie erwartete… Er hoffte, dass sein Vater ihn nicht köpfen würde. Das traute er ihm durchaus zu… und seine Mutter? Würde sich möglicherweise freuen, dass er eine feste Beziehung hatte. Er fragte sich, ob sie erkennen würden… dass es außer dem Kind nichts mehr gab, was sie verband… Vielleicht… vielleicht aber auch nicht… „Wegen des Umzugs… Zusammenziehens… da… ich weiß nicht…“, murmelte Maiko unentschlossen vor sich hin. „Wer soll zu wem ziehen? Suchen wir uns etwas ganz Neues? Oder…“ Jin verstand diese Sorgen nur zu gut. Er selber hatte sich auch schon deswegen etwas Gedanken gemacht, aber gehofft, dass sie etwas zu dem Thema sagen würde. Dass es nicht seine Entscheidung werden würde… Letztendlich seufzte er. „Ich denke es reicht völlig wenn einer von uns zu dem Anderen zieht, meinst du nicht auch?“ Maiko nickte. „In dem Fall…“ Sie stoppte, guckte Jin in die Augen. „Ich möchte hier bleiben. Ich will nicht zu dir ziehen.“ Jin nickte. „Und… wann soll ich meine Sachen anfangen rüberzubringen?“ Maiko blickte auf einen Kalender der an der Wand hing. „Wie wäre es… mit nächster Woche?“ Jin fügte sich in sein Schicksal und nickte. Es fühlte sich an als wären seine Innereien lebendig und würden sich durch seinen ganzen Körper schlängeln. Spätestens jetzt gab es keinen Weg mehr zurück. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)