Der Mensch ist frei geboren von Phillia (und überall liegt er in Ketten.) ================================================================================ Kapitel 10: Lucanus ------------------- Draußen im Hof spielten zwei Kinder. Albrecht betrachtete sie nachdenklich. Neben ihm saß Gilbert in einem Ledersessel und rauchte eine Pfeife, und die Rauchringe, die er produzierte, waren anzüglichen Inhalts. An dem Schreibtisch, den beiden den Rücken zugedreht, arbeitete Ludwig an Dokumenten, solche, die ihn betrafen und die, die seinen Bruder betrafen. „Sind die Hosenscheißer nicht goldig?“ Gilbert lachte gehässig. Albrecht war nicht seiner Meinung. Die beiden Kinder waren die hochwertigsten Produkte der Alchemisten, die bis zum heutigen Tage produziert worden waren. Sie waren vieles, aber nicht goldig. Eines der Kinder sah auf. Der Kleine war in etwa zehn Jahre alt, und er hatte solch hellblonde Haare, dass sie im Lichte der drei Sonnen, die DE-X5 ihr Licht schenkten, weiß zu glitzern schienen. Als sein Blick den von Albrecht traf, sahen sie beide schnell weg, aber Albrecht hatte sehen können, wie die momentan braunen Augen des Bengels kurz in die Richtung seines eigenen Waldgrüns gehuscht waren. Der Kleine war ihm unheimlich. Aufgrund einer Schnapsidee Gilberts („Komm, Albi, sagen wir den Forschervotzen, dass die unsere DNA nehmen sollen für den Hosenscheißer! Wär doch lustig ne?“ Nein, Albrecht hatte das nie lustig gefunden, aber gegen Gilbert hatte er sich noch nie wehren können.) hatte er Gesichtszüge, die den seinigen gar nicht so unähnlich waren, er war gewissermaßen sein Sohn, aber natürlich weigerte sich Albrecht, diese Maschine überhaupt als Menschen anzusehen. Aber wenigstens war der kleine Eitel, wie Gilbert ihn hämisch kichernd genannt hatte, noch erträglicher als der Junge, mit dem er gerade Fangen spielte, ein recht ungerechtes Spiel, da Eitel von den „Forschervotzen“ die Fähigkeit bekommen hatte, sich über kurze Distanzen zu teleportieren. Albrecht war sicher, dass diese Fähigkeit nützlich war – er wusste nicht, dass sie ihm eines Tages das Leben retten würde. Jedes Mal, wenn sein Blick auf den anderen fiel, wurde ihm schlecht. Auch bei diesem Kleinen hatte man seine DNA verwendet, und er sah seinem toten jüngeren Bruder so ähnlich, dass sich Albrechts Herz jedes einzelne Mal in Stücke reißen wollte. Gilbert lachte über die spielenden Jungs. Nikolai war hingefallen, also musste er ihn natürlich auslachen. „Stell dir das mal vor, Albi, die beiden Opfer sind das beste der Alchemisten!! Echt traurig, wenn du mich fragst.“ Niemand hatte Gilbert gefragt. „Die werden ja nicht einmal von Dampf angetrieben, sondern mit Proteinen und so Krams, keine Ahnung, wozu man das brauchen kann.“ „Das ist das, was Menschen aufrecht erhält, Gilbert.“ „Oh Albi du Streber!!“ Das Lachen hörte nicht auf. „Könnt ihr bitte leise sein.“, kam Ludwigs Stimme von hinten, und er schien höchst ungehalten zu sein. Gilbert witterte eine Gelegenheit, stand auf und setzte sich direkt auf die Dokumente, die Ludwig zu bearbeiten hatte. Manchmal fragte sich Albrecht, wie dieser Chaot so weit nach oben gekommen war. Sicher, als sie im großen Krieg Seite an Seite gekämpft hatten, war ihm aufgefallen, dass er besser kämpfen konnte als irgendjemand sonst. Er war gewissermaßen der Gott unter den Fußsoldaten, und er mähte manchmal an einem Tag mehr Feinde nieder als Albrecht in einem Jahr. Dennoch war das allein kein Grund, dass er es bis zu einem Hauptbrigadegeneral gebracht hatte, dem militärischen Rang, der direkt dem Minister des Militärs unterstellt war. Draußen versuchte Eitel gerade, Nikolai einen Hirschkäfer in den Mund zu stopfen, aber er hatte keinen Erfolg und das Tier krabbelte in sein Hemd, sodass Eitel den lächerlichsten Tanz der Welt aufführte. Vielleicht hatte sein Bruder etwas mit dieser einzigartigen Beförderung zu tun, dachte Albrecht. Ludwig arbeitete immer lang und hart, und er war ja auch Obersekretär des Ministers für Innere Angelegenheiten, hatte also im Endeffekt die Macht über alle Inneren Angelegenheiten inne. Auch Gilberts Macht war fast uneingeschränkt, gab es doch neben ihm nur zwei andere Hauptbrigadegeneräle, davon einer, der aus bisher unbekannten Gründen im Krankenhaus lag und so bald nicht mehr entlassen werden würde, und ein neunzigjähriger Greis. Er beobachtete die beiden Brüder und wandte die Aufmerksamkeit ab von den spielenden Kindern. Albrecht wusste nicht, was die beiden durchgemacht hatten, nein, er wollte es nicht wissen. Es interessierte ihn nicht. Aber er wünschte, dass Gilbert seinem Bruder weniger nah stehen würde. Gilbert war der einzige Mensch der Welt, der Albrecht noch irgendetwas bedeutete, und oft hatte er das Gefühl, dass Ludwig ihn zu sehr in Beschlag nahm, oder Gilbert seinen Bruder zu sehr in Beschlag nahm – sie einfach zu viel Zeit miteinander verbrachten und Gilbert seinen langweiligen besten Freund einfach ignorierte. Das Kinderkreischen und das Lachen der beiden Forschungsobjekte drang dumpf durch die Fenster. Während Albrecht, Gilbert und Ludwig in Ludwigs Arbeitszimmer saßen, schickte Zenzie, die Nachricht davon erhalten hatte, dass man zwei wichtige Piraten gefangen genommen hatte, und die Piraten kein Problem mehr darstellen würden, ein Telegramm an Peschendorf. Kurz darauf traf die Antwort bei Zenzie Eichinger ein. Mit gierigen Händen öffnete sie das Dokument. REBELLEN STOP ANSCHLAG GEPLANT STOP LETZTER TAG DES ZEITABSCHNITTS DREI STOP AUF DEX5 STOP KEINE WEITEREN INFORMATIONEN STOP Die schnell einberufene Vollversammlung der Sechs ließ schnell klar werden, dass sie tatsächlich sehr glücklich damit waren, dass ein Anschlag auf sie geplant war. Sie würden kontern, der beste, erfolgreichste Konter aller Zeiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)