Qononilut - Die Farben Sterben von -Fred (Nicht jeder Drache ist ein Norbert!) ================================================================================ Prolog: Prolog -------------- Vorwort Jaah, ich, die OC-Kritikerin, schreibe eine Story mit einem eigenen Charakter. Die Sache mit dem Drachen ließ mich nicht los, und ich entfremde ungern irgendwelche Charaktere, nur für dieses Ei. Es ist kein Crossover zwischen Eragon und Harry Potter, Einflüsse der Drachenreiter-Romane kann ich aber nicht leugnen. Alle Charaktere des Harry-Potter-Universums (an das ich mich so strikt wie möglich halte) gehören J.K. Rowling - bis auf Ruby, ihre Eltern und ihren Drachen - und ich wäre dumm, sie als die meinen auszugeben. Der Titel, "Qononilut" ist Grönländisch, und bedeutet eben "die Farben sterben". Diesem Titel wird noch eine größere Bedeutung zugeteilt, dazu aber mehr in späteren Kapiteln. So, nun ist, denke ich, alles gesagt. Viel Spaß mit dem Prolog. Qononilut – Die Farben Sterben - Prolog - Durch die Annalen der Menschheit, des Planeten und der Evolution zieht sich ihre Linie wie ein roter Faden – Drachen. Heute als Mythos abgetan und von Anhängern der Mythen bewundert, wurden sie seit Menschengedenken gefürchtet und verehrt. Ihnen wurden Opfer auf Altären gebracht, im Osten wurden sie als Götter geheiligt. Ihre tödliche Präzision ist so bekannt wie die magischen Kräfte, die ihnen nachgesagt werden. Das Pulver ihrer geriebenen Hörner wurde so geschätzt, wie ihre todbringende Flamme gefürchtet wurde. Der Anblick eines am Himmel kreisenden Drachen brachte neben der Panik nicht selten Bewunderung mit sich, still beneideten ihn Mann, Frau und Kind um seine majestätische Eleganz, die Kraft und grausame Schönheit, wenn seine Schuppen das Sonnenlicht brachen und schimmerten wie ein Mantel aus Edelsteinen. Schon in der Antike versuchte man, Drachen zu zähmen, sie zu domestizieren und abzurichten wie Hunde, ungeachtet der Intelligenz, die in einem solchen Drachen schlummerte. Die Drachen, dem Menschen so unendlich überlegen, vernichteten jeden dieser Fänger; doch Frieden brachte es keinen. Die Zahl der Menschen war arg dezimiert durch die zahllosen Versuche, die Könige des Himmels zu zähmen, doch einige wenige mutige – oder viel mehr törichte – junge Männer machten sich auf zu den Horten der Drachen. Die Fänger, die nicht den scharfen Sinnen der Echsen zum Opfer fielen, stahlen die Eier aus den Nestern und zogen die Jungen groß. Ohne Erfolg. Doch während die Population der Menschen gefährlich sank, zogen sich die Drachen zurück. Die Zahl der Menschen stieg, und mit ihrem Wachstum verschwand der Glaube an die einstigen Götter. Zumindest in der Welt der nichtmagischen Menschen. Noch heute existieren die Drachen um uns herum – gut versteckt durch die, die sich Zauberer nennen. Sie belegen uns, die wir keinen Tropfen besonderen Blutes in uns besitzen, mit Bannen, um den Unglauben um unserer Sicherheit Willen aufrecht zu erhalten. Doch mitten in diesem Zeitalter des Verschweigens existiert jemand, der das Schicksal der Drachen in eine ganz andere Richtung drängen könnte. In einer Zeit, in der für jeden Mythos ein wissenschaftlicher Beweis benötigt wird, entfaltet eine Freundschaft zwischen Beute und Jäger ihre blassblauen Schwingen und erhebt sich in den Himmel, über die Köpfe der Starrsinnigen hinweg, allen Gesetzen der Natur zum Trotz, mit einer Schönheit, die schon beinahe schrecklich ist, mit einer ungewöhnlichen Selbstverständlichkeit. Ihr donnerndes Grollen weckt die Ungläubigen, ermutigt die Revolutionäre und alarmiert die Konservativen. Der Schrei hallt bis in die Ecken der Welt; ob er Triumph oder Niederlage verkündet, ist ungewiss. Doch von all dem ahnt Ruby O’Malley noch nichts, als ein rumänischer Forscher eines Tages in die Apotheke ihrer Mutter in der Winkelgasse kommt und neben Eierschalen ein matt in mitternachtsblau glänzendes Drachenei auf die Theke legt. Kapitel 1: Jahr 4, Kapitel 1: Scheintot --------------------------------------- Qononilut – Die Farben Sterben Jahr vier: Die Kammer des Schreckens - Kapitel 1 - Scheintot Ruby kam aus dem Vorratskeller, als die Tür hinter dem bärtigen Mann mit den vielen Narben zuschlug und die Türglocke bimmelte. „Wer war das?“, fragte sie ihre Mutter über die kleinen und großen Schachteln in ihren Armen hinweg. „Einer aus dem Drachenreservat. Deine Tante hat da einen guten Freund, deshalb kriegen wir die Eierschalen zu einem niedrigen Preis.“ „Echt?“, fragte Ruby und strahlte ihre Mutter über eine Schale Neunaugenzungen an. „Ob ich- “ „Vorher trägt der Minister rosa Häschenpantoffeln“, schnitt Phoebe O’Malley ihr das Wort ab. „Du weißt genau, wie gefährlich die Arbeit mit Drachen ist.“ „Aber Mum! Hagrid hatte auch einen Drachen!“, protestierte sie. Mrs O’Malley hob eine Augenbraue. „Schön, dann darfst du ins Drachenreservat, hörst dafür aber auf, mit Hagrid durch den Wald zu streunen.“ „Das ist Erpressung!“ „Ich bin deine Mutter, ich kann dich erpressen, wie und wann ich will.“ Ruby knurrte unwillig und zog eine Schnute, während sie die Käferaugen auffüllte. Sie hatte ihrer Mutter schon viel über Hagrid erzählt, immerhin war er ein guter Freund. Und da Ruby ihr vertraute und sie noch dazu ihre Mutter war, hatte Mrs O’Malley schon in der ersten Woche von Norbert dem Norwegischen Stachelbuckel und den Umständen, unter denen er zu Hagrid gelangt war, erfahren. Begeistert war sie nicht gewesen, aber Phoebe kannte Hagrid und traute ihm nicht wirklich zu, ihre Tochter wirklich in Gefahr zu bringen. Ruby wechselte noch den leeren Karton mit gerösteten Snargaluff-Kokons aus, bevor sie die leeren Schachteln ineinander stapelte und ihrer Mutter auf dem Weg in den Keller einen beleidigten Blick zuwarf. Seit Dumbledores Eröffnungsrede an ihrem ersten Abend auf Hogwarts hatte Ruby es kaum erwarten können, den Wald und seine Bewohner zu erkunden – das Gemunkel ihrer Mitschüler, es wimmele da drin vor Werwölfen, Vampiren und Banshees überhörte sie. Es hatte auch nicht lang gedauert, bis Hagrid sie auf frischer Tat ertappt hatte, aber gutmütig, wie er war, hatte er Dumbledore immer wieder drauf angesprochen, und seit ihrem zweiten Schuljahr durfte sie Hagrid tatsächlich begleiten. Unendlich dankbar dafür, hatte sich Ruby in den folgenden Abschlussprüfungen besonders angestrengt, und nachdem sie in Zauberkunst hundertundeins Prozent geschafft hatte – wogegen ihre Leistungen in Geschichte der Zauberei katastrophal gewesen waren – hatten Dumbledore und Professor McGonnagal zugestimmt, dass Ruby hin und wieder auch allein in den Wald durfte, unter einigen Bedingungen: Ihre Mutter müsse ihr die Erlaubnis geben, sie dürfe nur so weit hinein, wie sie die Schlossgründe noch sehen könne und sie dürfe niemanden dazu verführen, es ihr gleichzutun und den Wald zu betreten. Nach der Unterschrift eines bindenden magischen Vertrags, den ihre Mutter per Eulenpost eingesandt hatte, durfte sie also endlich allein durch den Wald ziehen – mit kleinen Einschränkungen, aber das war besser als gar nichts. Ruby stellte die Kartons in die hintere Ecke des Kellers, wo alle leeren Verpackungen auf die Lieferanten warteten, die sie bei Ankunft neuer Ware mitnehmen würden. Als sie wieder nach oben kam, sortierte ihre Mutter gerade den Haufen Eierschalen, den der Mann aus Rumänien gebracht hatte. Ihr Blick fiel auf das blaue Ei, das Mrs O’Malley zur Seite geschoben hatte. „Ist es das, was ich denke, was es ist?“, fragte sie und trat näher. „Ja, aber mach dir bloß keine Hoffnungen. Das Junge hätte schon vor Wochen schlüpfen sollen. Sie glauben, es ist tot, aber weil sie nicht wussten, was ich noch alles verwenden könnte, haben sie es ganz gelassen.“ Ruby stupste das Ei kurz an. Seine Oberfläche war samtig glatt und kühl und schimmerte leicht, als es sich träge um sich selbst drehte. Die Farbe schien auf den ersten Blick nur dunkelblau, doch bei genauerem Hinsehen erkannte man zartblaue und elfenbeinfarbene Sprenkel. „Kann ich das haben?“ Phoebe sah ihre Tochter mit gerunzelter Stirn an. „Es ist tot, Ruby. Und selbst, wenn es das noch nicht war, ist es das mindestens jetzt. Rumänien ist nicht um die Ecke, und ein Drachenei muss andauernd von der Mutter beatmet werden.“ „Jaah, ich weiß das! Aber lass es mich wenigstens probieren, ja? Die Schale kannst du auch haben.“ „Himmel, Ruby, selbst wenn es klappt, ich will hier doch keinen Drachen haben! Was Hagrid macht, ist mir egal, aber mir kommt kein Norbert ins Haus!“ „Dann willst du es einfach sterben lassen?“, fragte Ruby entsetzt. „Mal abgesehen davon, dass es schon tot ist, habe ich wirklich lieber ein totes Drachenjunges als Ärger mit dem Ministerium“, sagte Mrs O’Malley und klang langsam ziemlich gereizt. „Norbert haben sie auch nach Rumänien geschickt, bevor er zu groß wurde“, schmollte Ruby. Ihre Mutter verdrehte die Augen und rang mit sich, wohl wissend, dass sie Ruby nicht klein kriegen können würde. „Sobald es alt genug ist, ein paar Stunden allein zu sein – sollte das Viech überhaupt schlüpfen – kommt es nach Rumänien, dass das klar ist.“ „Klar!“, rief Ruby und strahlte. Sie nahm das Ei und trug es in eines der Nebenzimmer, um es in einem der Kessel warm zu halten. Phoebe O’Malley hatte wirklich schon viele merkwürdige Dinge gesehen, denn das war als magische Apothekerin unumgänglich. Wirklich merkwürdig befand sie aber das Verhalten ihrer Tochter, sobald diese begonnen hatte, das faule Drachenei auszubrüten. Im Lager fehlte eine halbe Kiste Feuerschoten, und wie sie herausfand, hatte Ruby diese in ihr Zimmer verfrachtet, um das nun stetig brennende Feuer im Kamin möglichst heiß zu halten. War sie früher den Großteil ihrer Freizeit in der Apotheke um ihrer Mutter zu helfen oder Feennektar zu naschen, sah man den dunkelroten Schopf nun äußerst selten zwischen den Kisten und Regalen durchhuschen. Simon O’Malley verstand die Sorgen seiner Frau nicht. Er war Leiter des Baumarkts in der Nähe von Ottery St. Catchpole, einem Dorf, in dem sie und viele andere Zaubererfamilien wohnten, und konnte sich als Muggel nicht wirklich vorstellen, was für einen Ärger ein illegal ausgebrütetes Drachenbaby verursachen konnte. Phoebes Ankündigung, ihre Tochter würde sich nun um einen ungeborenen Drachen kümmern, hatte er vollkommen ungerührt mit einem „solange sie das Haus stehen lässt“ kommentiert und sich wieder den Zehn-Uhr-Nachrichten gewidmet. Ruby indes blühte in ihrer Rolle als angehende Ziehmutter auf. Mehr als einmal stürmte sie Flourish&Blotts und besorgte sich die verschiedensten Bücher über Drachenaufzucht. Die Temperatur des Feuers, in dem das Ei, ihr Ei, brütete, wurde penibel überprüft und konstant gehalten. In einem Schmökerladen hatte sie ein Buch über die verschiedenen Drachenrassen und Mischlinge gefunden, und nachdem sie sich fürchterlich die Finger verbrannt hatte, hatte sie herausgefunden, dass ihr Ei einen Schwedischen Kurzschnäuzler beherbergen musste, zumindest einen Mix, da die Sprenkel ausschlaggebend für diese Rasse waren. Die Sommerferien verstrichen, und während der Wind, der in jede Ritze der Häuser blies, langsam kühler wurde, blieb es in Rubys Zimmer tropisch warm. Da sie sich partout nicht von dem Ei trennen wollte, besorgten sie und ihre Mutter die diesjährigen Schulbücher am letzten Ferientag, die, zuhause angekommen, auch sogleich mit allen anderen Einkäufen im halbgepackten Schrankkoffer verschwanden, während ihre Mutter das Essen machte. Nach dem Abendessen an diesem dreißigsten August flitzte Ruby nach oben, einerseits, um nach dem Ei zu sehen, andererseits, um ihren Koffer endlich fertig zu packen. Während sie ihre Umhänge faltete und die kleinen Phiolen und Döschen mit Salben und Tinkturen für Hagrid hineinlegte, um sie vor Schaden zu bewahren, passierte es. Tock. Verwundert hob Ruby den Kopf und suchte nach der Quelle des Geräuschs. Ein weiteres Tock, diesmal lauter, kam aus den glühenden Holzscheiten im Kamin. Sie starrte die verkokelten Feuerschoten eine ganze Weile an, bevor sie aufsprang, den Schürhaken vom Boden klaubte und sich vor das Feuer hockte. Vorsichtig stieß sie das Ei an. Und das Ei bewegte sich. In heller Aufregung robbte sie über den Boden und angelte Vom Ei zur Echse – Drachenaufzucht für Anfänger unter den anderen Büchern hervor. Hastig schlug sie das Kapitel für mittelgroße Drachen auf und stellte fest, dass sie weder Ziegenmilch noch einen Sud aus Bergenienwurzeln hatte. Also huschte sie in die Küche, dankte ihrem Muggelvater für den Kühlschrank, mopste drei Packungen Kuhmilch und kochte einen starken Kamillentee. Mit der schweren Last bepackt schlich sie am Wohnzimmer vorbei zurück in ihr Zimmer, wo das Ei einen haarfeinen, aber langen Riss bekommen hatte. Langsam rollte sie das Ei aus der Glut auf den Kaminrost. Es zitterte empört, bevor es mit einem vernehmlichen Knacken einen weiteren Riss bekam. Ruby wollte gerade zum Schürhaken greifen und ein wenig helfen, als die Eierschalen platzten und sich quer über den Boden verteilten und aus ihrer Mitte ein schrumpeliger, schmutzig grauer Klumpen fiel. Gebannt betrachtete Ruby das Häuflein Drache, das nun die übergroßen Flügel, welche es verdeckt hatten, unbeholfen aufspannte und sein zerknittertes Gesicht offenbarte. Unter dem ganzen Dotter war es blaugrau, seine Augen waren geschlossen; es schmatzte und reckte die Nüstern in die Luft. „Na mein Kleines, hast du Hunger?“, fragte sie leise und das Junge drehte seinen Kopf in ihre Richtung. Es fiepte und hörte sich genauso runzlig an, wie es aussah. Sie lächelte und füllte eine alte Trinkflasche mit Milch und Tee und hielt sie dem kleinen Drachen hin. Der schnupperte, bevor er angeekelt zurückwich und schwach fauchte. Er stolperte über die Eierschalen und plumpste direkt vor den Kamin, wo er sich einrollte, die Augen noch immer fest zu. „Na dann“, seufzte Ruby und stellte die Kamillenmilch nah ans Feuer, um sie zu erhitzen. Das Drachenjunge döste, während sie ihren Koffer fertig packte und die Eierschalen zusammenklaubte, noch überlegend, was sie ihrer Mutter erzählen würde. Als sie schließlich ihren Pyjama anzog und den Wecker stellte, um den Drachen rechtzeitig zu verstecken, war dieser schon tief und fest eingeschlafen. Kapitel 2: Jahr 4, Kapitel 2: Regenbogen ---------------------------------------- Vorwort Meine liebste Betaleserin und Inzestzwilling Nanarschi ist momentan leider verhindert, deshalb ist dieses Kapitel nicht betagelesen. Außerdem möchte ich mich bei allen bisherigen Lesern bedanken :D So sehr ich Reviewbettler verachte, möchte ich aber drum bitten, auf grobe Fehler, besonders schlechte oder besonders gute Dinge in einem kurzen Statement hinzuweisen. Macht die Geschichte nur besser :D Ach ja: Der Text aus Rubys Buch ist übrigens aus Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind, das J.K.R. wirklich geschrieben hat (genauso wie Quidditch im Wandel der Zeiten). Die beiden Bücher empfehle ich euch wärmstens, herrlich zu lesen. Außerdem gibt es die ein oder andere Zusatzinformation und im Falle von Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind auch amüsante Kommentare von Harry und Ron :D EDIT: Ein paar Tage, nachdem ich dieses Kapitel geschrieben habe, hab ich doch tatsächlich ein Buch über Drachenhaltung erworben :D Schicksaaaal! So, genug geredet. Qononilut – Die Farben Sterben Jahr vier: Die Kammer des Schreckens - Kapitel 2 - Regenbogen Das Drachenkind und Ruby schreckten zeitgleich hoch, als der Wecker sie mit schriller Stimme aus ihren Träumen riss. Die verklebten Augen ein wenig geöffnet, schleckte sich der junge Drache über die Schnauze, bevor er sich schlaftrunken ein paar Mal auf der Stelle drehte und sich zu einer ledernen grauen Kugel einrollte. Ruby hatte den Wecker zum Schweigen gebracht und sich den Schlaf aus den Augen gerieben. Trotz der subtropischen Temperaturen ein wenig fröstelnd, schlug sie die Decke zurück und stand leise auf. Sie zog sich an und legte frische Holzscheite ins arg heruntergebrannte Feuer, bevor sie den Haufen Eierschalen auf ihren gepackten Koffer legte. Danach setzte sie sich neben das Lumpenhäufchen, das ihr Drache war, und stupste es sacht an. Erneut in seinem Schlaf gestört, fuhr der kleine Drache ungelenk hoch und schnappte krächzend nach ihrem Finger. Schnell zog sie die Hand zurück und griff stattdessen nach der Flasche mit Kamillenmilch, die durch die Nacht am Feuer leicht erhitzt war. Doch nachdem er erneut geschnuppert hatte, wandte sich der Drache wieder von der Flasche ab. „Na komm schon, etwas Anderes kann ich dir frühestens heute Abend nach dem Festessen anbieten“, sagte sie leiste und schüttelte die Milch leicht. Das Junge blickte zu ihr auf, dann wieder auf die Flasche. Es fiepte und begann zu trinken. Hocherfreut über diesen Triumph, hielt Ruby die Flasche etwas vertikal, um das Trinken zu erleichtern; der Drache aber kam so schnell nicht mit und verschüttete den Großteil der Milch auf dem Teppich – und brachte so die rettende Idee. „Ruby? Bist du fertig? Es ist schon zehn!“ „Komme!“, rief Ruby die Treppe hinunter und klappte den Deckel ihres Koffers zu, in dem sie die Milch und den Tee verstaut hatte. Das Drachenkind hockte in ihrem Rucksack, zwischen Proviant, jede Menge Decken um sich herum und schien sich äußerst wohl zu fühlen, jedenfalls döste es und machte keinen Mucks. Schnell warf Ruby ihre Jacke über den offenen Rucksack und polterte dann, die Schalen in der Hand, die Treppe hinunter in die Küche. „Morgen, Dad“, sagte sie. „Morgen, mein Schatz“, sagte die Zeitung, die ihn verdeckte. Ruby legte die Eierschalen auf den Tisch und half ihrer Mutter mit den Omelettes. „Ist es tatsächlich geschlüpft?“, fragte Mrs O’Malley ungläubig, als sie den Tisch deckte und die Schalen sah. Die Zeitung raschelte neugierig. „Nicht wirklich. Soll heißen, es hat Risse bekommen, also hab ich es aus dem Feuer genommen. Dann ist es aber auf dem Teppich geplatzt und na ja, da war nur Dotter“, erklärte sie. Der Dotter allerdings war in Wirklichkeit kalte Kamillenmilch. Mrs O’Malley schien erleichtert, als sie ihrem Mann den gefüllten Teller hinschob. Die Zeitung sagte Danke, bevor sie sich zusammenfaltete und das runde Gesicht von Simon O’Malley preisgab, der sich stumm über das Frühstück hermachte, während seine beiden Frauen sich über Drachen und die Wirkstoffe von Drachendotter unterhielten. Pünktlich um zwanzig nach elf schloss Mr O’Malley die Haustür ab, bevor er Rubys Schrankkoffer wuchtete und ihn in den Kofferraum schob. Dann setzte er sich ans Steuer des Chevrolets und fuhr nach King’s Cross, mit einer äußerst nervös ihren Rucksack umklammernden Ruby auf dem Rücksitz und einer sich über die verschwundene Milch wundernden Phoebe neben sich. Wie immer am ersten September war der Bahnhof geflutet von Familien, die ihre Kinder zum Hogwarts Express brachten; dementsprechend war auch das Geschrei der Eulen, Katzen und Kinder. Simon schlug sich mit seinen breiten Schultern und dem Gepäckkarren vor sich einen Weg durch die Menschen, während Ruby und Phoebe einfach folgten und sich – wie so oft – über diese und jene Pilzsorte unterhielten. „–hatte letztes Jahr einen Grünen Betrüger in einem Glas zwischen den anderen Sporenpilzen, ich frag mich, wo er den her hat.“ „Vielleicht hat er Bekannte in Tasmanien. Möglich ist ja alles“, sagte Mrs O’Malley gelassen, während sie und Ruby hinter Simon durch die Barriere schlenderten. Ruby zuckte mit den Schultern. Gleis Neundreiviertel war sogar noch belebter als die Gleise neun und zehn zusammen. Simon hob Rubys Koffer in einen der Waggons und den eines rotgesichtigen Zweitklässlers gleich mit, wofür der ihn dankbar anstrahlte. Dann lehnte er sich auf den leeren Gepäckwagen und wartete, bis seine Frau ihre Tochter wieder freigab. „Und pass auf, wenn du in den Wald gehst. Wer weiß, was sich dieses Jahr da drin herumtreibt.“ „Na, ein Drache sicher nicht“, grinste Ruby und umarmte ihren Vater. Ein Pfiff erklang und nach einem letzten Kuss auf die Wange schob ihre Mutter sie durch die Waggontür, als diese auch schon zuschlug. Zusammen mit dem rotgesichtigen Jungen winkte sie, als der Zug anfuhr; nachdem das Gleis und ihre Eltern nicht mehr zu sehen waren, packte sie ihren Koffer und zog ihn durch die Gänge, den Jungen knapp hinter sich, auf der Suche nach einem Abteil. Im Vorletzten schnappte sie sich eins der beiden leeren Abteile in der Mitte des Waggons, setzte vorsichtig ihren Rucksack ab und hievte den Koffer auf die Gepäckablage, bevor sie die Vorhänge schloss und dann ihren Rucksack öffnete. Das Drachenjunge streckte den Kopf heraus und fiepte empört. Ruby öffnete die Schnur, die die Öffnung zusammenzog, so weit es ging und tätschelte den schuppigen Kopf des Drachen. Dieser schlug daraufhin seine noch verklebten Augen auf und blickte zu ihr hoch. Um die Pupillen herum war seine Iris gelb. Doch das Gelb ging schnell in ein Orange und von da in Rot und Violett über, bevor es an den beiden Rändern blassgrün wurde. Er neigte den Kopf und seine Augen schimmerten dabei wie ein Regenbogen. „So, dann bis du also ein halbes Opalauge, was?“, fragte Ruby das Drachenkind leise und zog eine präparierte Flasche warmer Kamillenmilch hervor. „Würde jedenfalls erklären, warum du mich noch nicht gebissen hast.“ Das Kleine trank die Milch und verschüttete diesmal keinen Tropfen. Ruby zog das Buch über Drachenrassen hervor und bedeckte den müde schmatzenden Drachen mit ihrer Jacke, falls jemand auf der Suche nach einem Abteil hereingeplatzt kam. Sie suchte den Artikel über die Opalaugen, deren Eier hellgrau waren, weshalb sie den Artikel für ihre Eiersuche nicht allzu gründlich gelesen hatte. Das Opalauge stammt aus Neuseeland, wandert jedoch, wie wir wissen, auch nach Australien aus, wenn der Lebensraum in seinem Ursprungsland knapp wird. Für einen Drachen ungewöhnlich, haust er nicht in den Bergen, sondern in Tälern- „Na, dann wirst du dich in Hogwarts bestimmt wohl fühlen, da hast du beides!“ –Er ist von mittlerer Größe (zwei bis drei Tonnen schwer). Diese vielleicht schönste Drachenrasse hat schillernde, perlmuttartige Schuppen und buntfarbene, pupillenlose Augen, von denen er seinen Namen hat- „Vorausgesetzt, es steckt kein Schwedischer Kurzschnäuzler mit drinnen.“ –Dieser Drache erzeugt eine sehr leuchtkräftige, scharlachrote Flamme, doch verglichen mit anderen Drachen ist er nicht besonders aggressiv und tötet selten, wenn er nicht hungrig ist. Als Nahrung bevorzugt er Schafe, obwohl aktenkundig ist, dass er gelegentlich auch größere Beutetiere angreift. In den späten Siebzigerjahren kam es zu einer Massentötung von Kängurus, die man einem männlichen Opalauge zugeschrieben hat, das von einem herrschsüchtigen Weibchen aus seinem Stammland vertrieben worden war. Die Eier des Opalauges sind blassgrau und können von arglosen Muggeln mit Fossilien verwechselt werden. Während sie die anderen Drachenarten und ihre Eigenschaften studierte, zog die Landschaft vorbei. Sie erleichterte die Hexe mit den Süßwaren um zwei Kesselkuchen und eine Packung Droubles, die sie verputzte, während der Himmel langsam purpurn wurde. Ihr Zögling verlangte noch zweimal Milch, bevor er ergeben seufzte und sich in ihrem Rucksack einrollte. Sie zog ihren Umhang an und widmete sich wieder der Lektüre. Ruby suchte gerade das Kapitel über die Kurzschnäuzler, als die Abteiltür aufging. Schnell zog sie die Jacke über den Kopf des Drachen und blickte zu der Person, die dort im Eingang stand. „’tschuldige, ist hier noch frei?“ Es war der rotgesichtige Junge, dem ihr Vater freundlicherweise den Koffer in den Zug gehoben hatte. Besagter Koffer stand hinter ihm im Gang, und obenauf saß eine große Kröte. „Na klar, setz dich“, antwortete Ruby, nachdem sie ein wenig mit sich selbst gerungen hatte. Draußen wurde es stetig dunkler, weit konnte es also nicht sein. Und falls ihr Schützling doch bemerkt werden sollte, konnte sie ihn immer noch verfluchen. Der Junge platzierte seine Kröte auf einem der Sitze, bevor er seinen Koffer ins Gepäcknetz hob, die Tür schloss und sich auf einen Sitz gegenüber fallen ließ. „Ich bin übrigens Neville Longbottom“, sagte er und hinderte seine Kröte daran, unter den Sitzen zu verschwinden. „Und das hier ist Trevor.“ „Ruby O’Malley“, stellte sie sich vor. Neville stutzte. „Bist du auch in Gryffindor?“ „Ja, aber im vierten Jahr. Deshalb kennst du mich wahrscheinlich nicht.“ „Oh“, sagte Neville. „Ja, dann kann das sein. Ich komm jetzt erst ins Zweite.“ „Viel Spaß mit den Alraunen“, grinste sie. „Warst du die ganze Fahrt auf der Suche nach einem Abteil?“ „Nein“, sagte Neville, „aber ein Junge in unserem Abteil hat seine Katze raus gelassen und, na ja“, er hielt seine Kröte hoch, „sie hatte Trevor zum Fressen gern.“ Sie unterhielten sich weiter, bis der Zug schnaufend im Bahnhof Hogsmeade zum Stillstehen kam. Während Neville gleichzeitig versuchte, seinen Koffer herunter zu heben und Trevor an der Flucht zu hindern, zog sie schnell ihren Rucksack über dem schlafenden Drachenkind zu. Sie teilten sich die pferdelose Kutsche (von denen Ruby aber wusste, dass Thestrale sie zogen) mit zwei Jungen, die in Nevilles Jahrgang waren und ebenfalls nie von Ruby gehört hatten. Das wunderte sie nicht, immerhin war sie bei weitem nicht so auffällig und laut wie zum Beispiel die Weasley-Zwillinge. Kurz vor den Toren bekam Ruby ein wenig Panik: Würde jemand den Drachen in ihrem Rucksack bemerken? Sie kreuzte die Finger, als sie die geflügelten Eber passierten, doch nichts geschah. Erleichtert stieg sie aus der Kutsche. Mit einem mulmigen Gefühl ließ sie ihren Schützling bei den anderen Gepäckstücken zurück und trottete in die große Halle. Die Rede und das Festmahl zogen an ihr vorbei, bis das Bankett beendet wurde und sie hoch zum Gryffindor-Turm eilte, bis ihr im vierten Stock einfiel, dass sie das Passwort ja gar nicht hatte. Also wartete Ruby auf den Trupp mit den Erstklässlern, luchste sich das Passwort – Bartvogel – von Percy dem Vertrauensschüler und spurtete bis zum Porträt der fetten Dame, der sie vor lauter Keuchen zwei Mal das Passwort nennen musste. Eilig schubste und drängelte sie sich durch einige Schüler, die alle bei ihrem Eintreten gebannt aufgeschaut hatten, bis sie erkannten, dass es die O’Malley und nicht Harry Potter und Ron Weasley waren. Sie hechtete die Treppen zum Schlafsaal hoch, suchte das Bett, auf dem ihr Rucksack stand, riss ihn auf und- stieß einen erleichterten Seufzer aus, als zwei sehr verschlafene Regenbogen zu ihr aufblickten. Beschwingt zog sie ihren Zauberstab und werkelte an ihrem geleerten Rucksack herum, bis sie einen überdachten Katzenkorb vor sich stehen hatte. Mit einem letzten Schnipser bekam dieser auch noch eine Tür. Gerade, als der kleine Drache die Freuden des Kissenbeißens entdeckt und Ruby die Decken in den Korb getan hatte, brandete unten im Gemeinschaftsraum ohrenbetäubender Jubel auf. Sie warf dem Drachen ein paar Reste des Festmahls hin, bevor sie den Vorhang zuzog und nach unten ging, um zu sehen, was die anderen Gryffindors zu feiern hatten. Unten angekommen konnte sie gerade noch sehen, wie Harry Potter und sein rothaariger Freund unter Beifall den Weg zu den Jungenschlafsälen einschlugen. Kopfschüttelnd ging sie zurück in ihren Schlafsaal, bevor ihre Zimmergenossinen kamen. Sie packte ihren Koffer aus und zog sich gerade um, als die anderen Mädchen schwatzend hereinkamen. Nach dem üblichen Ferienplausch verschwand Ruby im kleinstmöglichen Spalt ihrer Vorhänge und ließ sich auf die rote Decke plumpsen. Am Fußende stand der Katzenkorb; die Essensreste davor waren spurlos verschwunden, und ihm Korb lag die kleine blaue Kugel, die ihr Drachenkind war, und blinzelte sie aus trägen Regenbogenaugen an. Kapitel 3: Jahr 4, Kapitel 3: Der Name -------------------------------------- Vorwort Da ich hier nicht sehe, wie beliebt die Geschichte ist, weiß ich jetzt nicht, ob ich jemanden mit dem verspäteten Upload hab warten lassen. Falls ja, tut es mir sehr leid, aber ohne Rückmeldung weiß ich hier nicht, ob meine Geschichte gefällt D: Pardon. Tatsache ist, dass eben Kapitel fünf vollendet wurde und ich mich mit dem Uploaden beeile. Mehr bleibt mir momentan nicht zu sagen, ich wünsche viel Vergnügen beim Lesen. Qononilut – Die Farben Sterben Jahr vier: Die Kammer des Schreckens - Kapitel 3 - Der Name In einem zarten Aprikot lugte die Sonne an diesem zweiten September über den von Berggipfeln durchbohrten Horizont, der Hogwarts und seine Ländereien vom Rest der Welt abschirmte. Nebelschleier hingen zerrissen und dunstig über dem taunassen Gras, dessen Bewohner zu so früher Stunde noch viel zu träge waren, um die saftig grünen Halme zum Rascheln zu bringen. An einem gewöhnlichen zweiten September, wie dem im Jahr zuvor, wäre Ruby um diese Uhrzeit vielleicht aus dem Bett geschlüpft und hätte sich in Windeseile für den Tag vorbereitet, um noch vor dem Unterricht einen kleinen Abstecher auf die Wiesen und in den Wald zu machen. Da dies aber kein gewöhnlicher Septembertag war, lagen sämtliche Viertklässler Gryffindors genau dort, wo man nach einem bombastischen Festmahl am liebsten ist: In einem warmen, weichen Bett. Aber nicht nur die. Rubys Drache lag unverändert in seinem Drachenkörbchen, die geschlossenen Augen auf seine Ziehmutter gerichtet und den Schwanz mit dem schwarzen Kamm um den Körper geschlungen. Satt und zufrieden, wie die beiden Bettgenossen waren, ließen sie sich nicht im Geringsten von der alltäglichen Faszination, die einem Sonnenaufgang eigen ist, aus der Ruhe bringen. Und das wäre sicher auch bis zum entscheidenden Weckerklingeln so geblieben, hätte nicht ein besonders frecher Sonnenstrahl beschlossen, sich durch einen Spalt in den schweren Samtvorhängen zu schleichen und den Staub zu ein wenig Morgengymnastik zu bewegen. Die Vorstellung wurde mit einem abrupten Niesen beendet, das der dreiste Sonnenstrahl dem kleinen Drachenkind entlockte. Verschlafen blinzelte es und blähte die Nüstern, um das lästige Kitzeln loszuwerden. Nun erst einmal wach, gähnte es ausgiebig und richtete sich auf, um zuerst die Vorderbeine und dann die Hinterbeine bis in die winzigen Krallen zu recken und zu strecken. Der freche Sonnenstrahl erleuchtete mittlerweile einen schmalen Streifen, der ungerechterweise genau das Gesicht unseres Drachen teilte und ihn unangenehm blendete, nicht zuletzt dank der scharfen Drachenaugen, die alles viel kotrastreicher und gestochener sehen, als unsere es tun. Der arme kleine Drache, durch die feiste Sonne nun endgültig zum Aufstehen gezwungen, krabbelte aus der Öffnung seines flauschigen Körbchens und bahnte sich seinen Weg über Rubys ausgestreckte Gliedmaßen bis zu ihrem Kopf, der leise schnarchend zwischen zwei Kopfkissen vergraben lag. Diese Kissen waren dem Kleinen wirklich ein Dorn im Auge, immerhin war er nun wach und das Mädchen mit dem Essen schlief und bemerkte ihn nicht, weil es genau genommen nichts außer ihrem Laken hätte sehen können, würde es die Augen aufschlagen. Kurzerhand packte er eine Ecke des oberen Kissens mit seinen nadelspitzen Fängen und zerrte es weg vom Gesicht seiner Ziehmutter. Mit einem Seufzen drehte sie den Kopf, schlief aber weiter tief und fest. Empört fauchte ihr Zögling und ehe Ruby sich versah oder auch nur die Augen öffnen konnte, hatten sich die spitzen Zähne in ihrem Fleisch versenkt. Erschrocken riss sie die Augen auf, zu ihrem Glück, denn so sah sie den winzigen blauen Drachen am anderen Ende ihrer Nase hängen und konnte es vermeiden, sämtliche Schlafsäle mit einem Schrei zu wecken. Mit Daumen und Zeigefinger klappte sie die Kiefer des Kurzschnäuzlers auseinander und befreite sich, bevor sie den Schaden betastete und ihr Drachenkind strafend anblickte. „Das fandest du lustig, was?“, murrte Ruby, als der Zwerg vergnügt krähte und seine Flügel ein wenig aufspannte. Tatsächlich waren diese erstaunlich groß, viel größer noch, als sie es gestern Morgen vor der Abfahrt nach King’s Cross gewesen waren. „Sag mal, bist du gewachsen?“, fragte sie, und der Drache stieß erneut ein runzliges Krächzen aus, seine Regenbogenaugen glühten in der Morgensonne und blickten schelmisch zu ihr auf. Lächelnd schüttelte sie den Kopf. „Und das kannst du nicht verschieben, bis ich dich allein im Wald lassen kann?“ Zu ihrer Verwunderung schüttelte er den Kopf. Sie seufzte ergeben. „Dann muss ich dich wohl oder übel bei Hagrid lassen, was?“ Diesmal erhielt sie keine Antwort, nur die Trinkflasche wurde mit einem begehrenden Blick taxiert. Eine große Portion Kamillenmilch später verschwand Ruby im Bad, um sich fertig zu machen. Ihr Schützling machte seinen antipodischen Vorfahren alle Ehre und blieb ruhig auf ihrem Bett liegen, ohne die Anderen zu wecken oder sich selbst zu verraten. Zwar glaubte Ruby nicht, dass eines der Mädchen große Angst vor ihrem Drachenjungen haben könnte, aber das war es nun mal. Es war ihr Drache. Sie hatte ihn doch ausgebrütet. Also sollte vorerst auch nur sie allein von seiner Existenz wissen. Womit wir bei der nächsten Frage wären, dachte Ruby. Ist es überhaupt ein Er? Ein weiterer Grund, heute Abend Hagrid aufzusuchen. Sie zog sich an und verfrachtete den Drachen in sein Körbchen, dessen Tür sie vorsichtshalber verschloss. Als ihre Mitschülerinnen aufwachten, saß sie schon beim Frühstück, schlang einige Toasts herunter und schmuggelte gleichzeitig so viel Schonkost wie möglich unter ihren Umhang. Am Porträtloch passten Alicia und Angelina sie ab, doch Ruby stammelte nur etwas von vergessenen Unterlagen und hetzte hinauf zu ihrem Drachen, um nicht wegen seines Frühstücks zu spät zu ihrer ersten Stunde heute zu kommen. Auf dem Weg die Treppe herunter kramte sie den Stundenplan, der ihr am Haustisch ausgeteilt worden war, hervor. Verwandlung. Na wunderbar. Professor McGonagall begann die Stunde mit einem kurzen Vortrag über die ZAGs, die sie schon im nächsten Schuljahr bestehen mussten, bevor sie eine lange und knifflige Definition an der Tafel erscheinen ließ. Nachdem sie diese abgeschrieben hatten, wurde jedem Schüler ein Igel zugeteilt, den es in ein Nadelkissen zu verwandeln galt. Ob es nun an ihren Hemmungen, einen Igel einfach zu verwandeln, oder aber an dem kniffligen Spruch lag: Am Ende der Doppelstunde war ihr Igel rosa und flauschig, aber definitiv kein Nadelkissen. Besonders die Weasley-Zwillinge hatten noch weniger zustande gebracht, und trotzdem bekamen sie am Ende der Doppelstunde allesamt einen Berg Hausaufgaben und mussten zusätzlich den Spruch üben. Nach einer erholsamen Stunde Geschichte der Zauberei hechtete Ruby in die große Halle zum Mittagessen. Sie war sofort nach dem Klingeln aus dem Klassenzimmer gestürmt und somit eine der Ersten, die sich am langen Haustisch der Gryffindors die Teller beluden. Wie üblich gab es Massen an Hähnchenschenkeln, und zwischen zwei Bissen Bratkartoffeln stopfte sie sich so viele wie ungesehen möglich in die Tasche. Als ihre Klassenkameraden sich schließlich ebenfalls am Tisch niederließen, leerte sie schon ihren Teller, schnappte sich noch ein paar Scheiben Brot und flitzte durch die hungrigen Massen hinauf zum Gryffindor-Turm Eins steht fest, keuchte sie in Gedanken, als sie mit schmerzenden Seiten vor der fetten Dame zum Stehen kam und das Passwort nannte, länger als eine Woche halte ich das so nicht durch. Ihr Drachenkind hatte die Stunden ohne Ruby damit verbracht, eines ihrer Kopfkissen zu zerfetzen und es mit einem großen Haufen zu krönen. Außerdem schien es erneut einige Zentimeter gewachsen zu sein. Sie ließ den Haufen verschwinden und beschwor eine große Schüssel herauf, in die sie die in eine Serviette gehüllten Schenkel und das Brot leerte. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass sie noch zwanzig Minuten hatte, bis Pflege magischer Geschöpfe begann, also mischte sie noch eine große Portion Kamillenmilch in eine weitere große Schüssel. Das Drachenkind sah nicht von den Schenkeln auf, schmatzte aber zufrieden und wedelte kurz mit seinem Schwanz, bevor es mit einem lauten Knacken einen Knochen entzwei brach und diesen verschlang. Ruby reparierte noch ihr Kissen, bevor sie die Umhänge schloss und ein wenig entspannter nach unten ging. Die überdurchschnittlich große Holztür öffnete sich und ein strahlender Hagrid erschien im Türspalt. „Hab mir schon gedacht, dass du’s bist, Ruby“, polterte er und ließ sie ein. Fang schoss von seinem Platz unter dem mächtigen Holztisch hervor und tollte um sie herum, wobei er ihr und sich selbst vor Freude auf die Füße trat. Hagrid stellte einen weiteren Becher Tee auf den Tisch und Ruby setzte sich, Fangs sabbernden Kopf auf dem Schoß. „Un’, schöne Ferien gehabt?“, fragte Hagrid, während er ihr seine berüchtigten Kekse anbot. „Nicht schlecht“, antwortete sie, tunkte den Keks in ihren Tee und biss unter großer Mühe ein Stück ab. „Hagrid, ich muss dir was erzählen.“ „Nur zu“, brummte er freundlich und lehnte sich zurück. Sich Hagrid anzuvertrauen, war für Ruby die einzig richtige Lösung. Professor Kesselbrand, ihr Lehrer für Pflege magischer Geschöpfe, wäre zwar zweifellos beeindruckt gewesen, aber er hätte es allein gesetzestechnisch Professor Dumbledore und dem Zaubereiministerium verraten müssen. Hagrid würde dicht halten, so viel war klar. „Du weißt doch, dass meine Mutter- übrigens, hier sind noch Salben, die ich dir mitbringen sollte“, unterbracht sie sich und holte aus der vorderen Tasche ihres Rucksacks die sorgfältig eingewickelten Gefäße und Tuben. Während Hagrid sie freudig inspizierte, erzählte sie weiter: „Jedenfalls bekommt meine Mutter die Schalen der Dracheneier aus Rumänien, und vor einigen Wochen hat der Lieferant auch ein Drachenei mitgebracht.“ Hagrid blickte von einer Hufsalbe für Thestrale auf und seine buschigen Augenbrauen hoben sich. Fang hinter den Ohren kraulend, fuhr sie fort. „Mum meinte, dass die Forscher das Ei für tot oder unbefruchtet hielten, also haben sie es ihr verkauft, mit unbefruchteten Eiern ist das Gesetz nicht so streng.“ Sie machte eine kurze Pause und hob ihren Rucksack auf den Schoß, sodass Fang empört grunzte. „Jedenfalls habe ich das Ei bekommen, und es ist geschlüpft.“ Ruby zog den Rucksack auf und der kleine Drache erschien in der Öffnung; er krähte empört, als würde es ihm ganz und gar nicht gefallen, ständig in einem Rucksack zu wohnen. Hagrid stieß einen überraschten Laut aus und beugte sich über den Tisch, um den Drachen genauer zu betrachten. Der Kleine fauchte und schnappte gereizt nach ihm. „Himmel, das is’ ja mal ’n Prachtbursche!“, rief er und störte sich gar nicht an den kleinen Zähnen, die seinen Finger umklammerten und sich in sein Fleisch bohrten. „Welche Rasse? Ich würd’ ja sagen, Kurzschnäuzler, aber die Augen sin’ nich grau.“ „Dem Ei nach schon Kurzschnäuzler“, antwortete sie und wich den Spitzen Dornen an den Flügeln aus, „aber die Augen sind vom Opalauge, nur mit Pupille.“ Das Drachenjunge beruhigte sich allmählich und ließ sich sogar von Hagrid den Kopf tätscheln. Fang war auf Hagrids Seite des Tisches geflüchtet und äugte misstrauisch zu Ruby und ihrem Zögling hoch. Hagrid indes kriegte sich gar nicht mehr ein und lamentierte über diese und jene Drachenweisheit, bis Ruby sich räusperte. „Hagrid, eigentlich hab ich ihn hergebracht, weil ich ihn nicht oben im Schlafsaal lassen kann. Er wächst zu schnell, und wie zahm er auch sein mag, ein Haustier ist er eben nicht.“ Hagrids Blick verdüsterte sich. „So gern ich ihn nehm’ würd, ich kann nich, Ruby. Letztes Jahr mit Norbert“, sein Blick wurde liebevoll und er tätschelte den Drachen, „da bin ich schon haarscharf an ’ner Katastrophe vorbeigeschrammt.“ „Aber Norbert war auch ein zickiger Stachelbuckel!“, erwiderte sie. „Ihm konnte man nicht einmal gefahrlos den Rücken zukehren, meinen Drachen kannst du streicheln!“ Hagrid seufzte. Er schwieg und betrachtete das Drachenkind, das sich die Zeit damit vertrieb, abwechselnd Fang anzuknurren und Ruby anzustupsen. Tatsächlich war der Kleine sehr zahm im Vergleich zu Norbert. Ruby wusste um den inneren Kampf, den Hagrid ausfocht, und sie ließ ihren Drachen auch nicht gerne bei ihm, wo ein illegal ausgebrütetes Drachenei schwere Strafen mit sich ziehen konnte, aber bis er fähig war, allein im Wald zu leben, musste er irgendwo untergebracht werden, wo er nicht jeden Moment von arglosen Schülern entdeckt werden konnte. Schließlich seufzte Hagrid resigniert. „Kannst ihn ja schlecht im Schloss lassen, hm?“ Ruby strahlte. „Danke, Hagrid“, sagte sie und lächelte ihn an, bevor sie das Drachenkind aus dem Rucksack befreite und auf den Tisch setze. Der Drache blökte entsetzt und flüchtete sich wieder zu Ruby, wo er einige Minuten sitzen blieb, bis die Neugierde siegte und er Fang, der dem Kleinen bloß nicht zu nahe kommen wollte, durch die ganze Hütte verfolgte. „Eigentlich soll man den Jungen Ziegenmilch vermischt mit einem Sud aus Bergenienwurzeln geben, aber Kuhmilch und Kamillentee haben sich bis jetzt bewährt. Außerdem frisst er schon Fleisch und Brot“, erklärte Ruby, während ihr Schützling einen von Hagrids riesigen Stiefeln quer durch den Raum schleifte. Hagrid gluckste bei dem Anblick. „Un’, wie haste ihn genannt?“ „Äh- über einen Namen hab ich mir, ehrlich gesagt, noch keine Gedanken gemacht“, gab sie zu. „Ich weiß nicht einmal, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist.“ „’n Männchen“, brummte Hagrid, nachdem er den kleinen Kerl einfach am Schwanz hochgehoben und sich vergewissert hatte. Der Drachenjunge flüchtete sich beleidigt unter das riesige Bett. Fang ließ sich wieder zu Rubys Füßen nieder, den Blick ununterbrochen auf den Kleinen unter dem Bett gerichtet. Ruby sah auf die Uhr. „Gleich ist Nachtruhe, ich muss dann.“ Sie verabschiedete sich von Hagrid, Fang und dem Drachen, der sie nur äußerst widerwillig gehen ließ und stolperte über die im Dämmerlicht glutrot schimmernden Ländereien hinauf zum Schlossportal. Der nächste Tag war ein Freitag. Ohne das Drachenbaby in ihrem Himmelbett war Ruby gleich viel entspannter und konzentrierter. In Zauberkunst schaffte sie den Verscheuchezauber nach dem fünften Anlauf, und nachdem sie Fred und George Weasley den Dreh verraten hatte, sah sie den beiden zu, wie sie Montague Sachen gegen den Kopf fliegen ließen. Ihr Nadelkissen war immer noch igelförmig, allerdings hörte es auf, sich zusammenzurollen, sobald man es berührte, und so musste sie nur fünf statt zehn Zoll Pergament über die Unterschiede beim Verwandeln von Säugetieren und Reptilien schreiben. Der krönende Abschluss nach zwei Stunden Dösen waren die fünfzehn Punkte für Gryffindor, die sie für die Aufzählung aller Verwendungsarten von Kupferglöckchen bekam. Als die Glocke das Ende des Schultages ankündigte, packte sie ihre Sachen zusammen, klopfte sich die Erde vom Umhang und ging hinter Alicia und Angelina in die große Halle zum Abendessen. Da das Wochenende bevorstand, hatte sie eine Stunde länger, bis sie im Gemeinschaftsraum sein musste; Ruby besuchte Hagrid und ihren Drachen, der sich prächtig amüsierte, und stapfte dann nach oben in die Bibliothek. Der Aufsatz für Verwandlung und die Zusammenfassung für Geschichte der Zauberei waren schnell geschrieben, was sich von Kräuterkunde und Pflege magischer Geschöpfe nicht sagen ließ. Nachdem sie die letzte Eigenschaft des Erumpenten aufgeschrieben hatte, ging Ruby in die Abteilung für Magische Geschöpfe; vielleicht gab es ja ein Buch mit schönen Drachennamen. Tatsächlich fand sie in einem der oberen Regale Drachenlegenden des Neunzehnten Jahrhunderts, zog es heraus und liess sich an einem Tisch nieder. Gedankenverloren blätterte sie durch das Kapitel über Rasputin, das Rumänische Langhorn, als Fred und George Weasley sich ihr gegenüber an den Tisch setzten und sie so lange anstarrten, bis sie aufsah und ihre Hausaufgaben über den Tisch reichte. „Danke“, sagten sie unisono, während Fred (zumindest glaubte sie, dass es Fred war) die Verwandlungs-Hausaufgabe ausbreitete und George die Überschrift des Kräuterkunde-Aufsatzes auf einem frischen Bogen Pergament unterstrich. Ruby zuckte die Schultern und blätterte weiter zu Chin Lao dem Chinesischen Feuerball, der sich als erster Drache der östlichen Hemisphäre hatte reiten lassen, bevor er seinen Reiter verschlang. „Was suchst du?“, fragte George. Ruby sah auf. „Einen Namen.“ „Wofür?“, kam es unisono. „Nichts Bestimmtes. Wie ist Sven?“ „Bescheuert. Wofür?“, hakte Fred nach und legte den Verwandlungsaufsatz beiseite, um sich Geschichte der Zauberei zu widmen. „Nichts, das für dich von irgendeinem Interesse wäre. Außerdem, ihr müsst in Verwandlung doppelt so viel schreiben wie ich, schon vergessen?“ Fred zog eine Grimasse. „Aber wir haben morgen Quidditchtraining!“, jammerte er und sein Bruder nickte bestätigend. „Ruby, kannst du nicht- “ „Niemals. Ich lass euch schon ständig abschreiben. Was ist mit Henk?“ George schnaubte. „Da hört sich Hector ja besser an, und so heißt unser schizophrener Onkel. Komm schon Ruby, du hast auch was gut bei uns!“ „Hätte ich eigentlich sowieso schon. Hm, aber Hector klingt wirklich nicht schlecht. Hey, so hieß der größte skandinavische Flugdrache.“ „Warum suchst du ausgerechnet in einem Drachenbuch nach Namen?“ Fred hatte ihr das Buch weggezogen und es gegen seinen halbfertigen Aufsatz getauscht. „Wenn du aufhörst du fragen, schreib ich dir die andere Hälfte“, brummte sie und versuchte, ihr Buch zurück zu bekommen, aber die Zwillinge ignorierten sie. „Hey George, der griechische Greifdrache mit der größten Flügelspannweite hieß Georgus!“ „Zeig her!“ „Georgus bedeutet Bauer, aber das verrate ich euch nicht.“ Ruby sammelte ihre Hausaufgaben ein und verstaute sie, dann langte sie nach dem Buch, aber Fred hielt es hoch und machte es so unerreichbar für kleine Menschen wie sie. Entnervt seufzte sie. „Also, so wie ich das sehe, hast du zwei Möglichkeiten, Ruby: Entweder du schreibst uns die zweite Hälfte des Aufsatzes und wir geben dir das Buch wieder und fragen nicht weiter nach, oder du lässt es bleiben, wir leihen uns das Buch aus damit du es nicht kriegst und löchern dich morgen mit Fragen.“ Fred und George grinsten sie identisch an. „Und so wie ich das sehe, hört ihr jetzt auf, solche Freundschaftsdienste von mir zu erpressen, sonst schleich ich mich in euren Saal, wenn ihr schlaft und hex euch die Sinne durcheinander“, schnappte sie, stand auf und ließ die beiden mitsamt Buch zurück. Fred und George schwiegen einige Zeit, dann seufzte George und räumte die Sachen zusammen. Fred jedoch blieb regungslos und schaute auf das Buch in seinen Händen, dann grinste er. „Was heckst du aus, Bruderherz?“, fragte George mit erwartungsvollem Grinsen. Fred wandte sich ihm zu. „Die gute Ruby verheimlicht uns was, und ich wüsste einfach zu gern, was das ist.“ Er warf einen letzten entnervten Blick auf seinen halbfertigen Aufsatz, bevor er ihn in seine Tasche stopfte und das Buch über Drachenlegenden bei Madam Pince auslieh. Im Schulstress verflogen die Tage, und bald war Rubys Drachenkind knapp vier Wochen alt und etwas größer als ein Motorroller. Hagrid, der ihn beim besten Willen nicht mehr in seiner Hütte versorgen konnte, brachte ihn schweren Herzens in den Verbotenen Wald. Anfangs jammerte der junge Drache, doch er gewöhnte sich schnell ein, vor allem, da ihn Ruby beinahe täglich besuchte. So auch an einem stürmischen Samstagmorgen. Gerade wollte sie in den Wald hinein, als Hagrid aus einer nahen Baumgruppe trat. „Moin, Ruby! Ihm geht’s prächtig, hält die Knarle ziemlich auf Trab.“ Ruby grinste und trat näher zu Hagrid. Er beugte sich zu ihr hinunter. „Haste dir eigentlich schon ’n Namen überlegt?“ „Jaah“, antwortete sie; die Sache mit dem Namen hatte sie über die vielen Hausaufgaben komplett verdrängt. Außerdem hatte Fred immer noch das Buch, fiel es ihr siedend heiß wieder ein. „Ich wollte was Nordisches nehmen, aber das klang alles recht bescheiden. Was hältst du von Hector?“ „Mmh, nich schlecht. Wette, der gefällt ihm. Also, wir seh’n uns“, grunzte Hagrid. Er ging zurück zu seiner Hütte, während Ruby mit einer großen Tasche voller Reste, die sie den Hauselfen abgenommen hatte, durch die Bäume zu der Lichtung stapfte, auf der sie ihren Drachen versteckt hatten. Es war nicht weit, aber sie nahm jeden Tag einen anderen Weg, um keine Trampelpfade zu hinterlassen und neugierige Nasen (wie etwa die Weasley-Zwillinge) in den Wald zu locken. Ihr Drache brummte schon freudig, als sie sich noch durch den letzten Wildbeerenstrauch kämpfte. „Morgen, Hector“, rief sie und beobachtete, wie er auf den Namen reagierte. Er wiegte den Kopf hin und her und ließ sie nicht aus den Augen. Eilig trat sie näher und löste das lange Tau, mit dem er vorsichtshalber festgemacht war, wenn weder sie noch Hagrid bei ihm waren. Freudig reckte er die riesigen Flügel und trabte eine eilige Runde um sie herum, bevor er sich erwartungsvoll auf die Hinterbeine plumpsen ließ und die Tasche fixierte. Es war eine lange Prozedur gewesen, ihm das Jagen und Fangen anzugewöhnen, statt aus dem Napf zu fressen, doch er hatte recht schnell begriffen und seitdem warf sie ihm sein Frühstück Happenweise zu, um seine Reflexe zu trainieren. Hin und wieder durfte er auch Hagrid begleiten und riss das eine oder andere Wild, aber er bevorzugte Rubys Mitbringsel, und das war in Ordnung, solange es nicht zur Gewohnheit wurde. Denn irgendwann, dachte sie traurig und warf ein großes Stück Schwein in seinen Schlund, werde ich ihn wohl hergeben müssen, und dann muss er sich allein versorgen können. Die Tasche war schnell geleert und ihr Zögling rülpste zufrieden, bevor er sich genüsslich auf dem Boden ausstreckte, die Regenbogenaugen unverwandt auf Ruby gerichtet. Vorsichtig trat sie näher. Sie vertraute ihm, aber jeder Ratgeber warnte vor der Pubertät, die ab dem ersten Monat eintrat und schlimmstenfalls bis zur Vollendung des ersten Lebensjahrs andauern konnte. Wutanfälle und grobe Raufereien waren nun nicht mehr auszuschließen. Sie ließ sich neben ihrem Drachen ins spärliche Gras fallen und er drehte den Kopf zu ihr. „Wie gefällt dir der Name Hector, mein Junge? Gibst du dich damit zufrieden?“, fragte sie leise und kraulte die raue, schuppige Haut an seinen Wangen. Er brummte wieder und schloss die Augen ein wenig, bevor er sie anblinzelte und sich mit der gespaltenen Zunge über die Nüstern leckte. „Ich deute das als ein Ja. Also gut, Hector.“ Hector gähnte und legte das spitze Kinn auf ihren Oberschenkel, damit sie an die Hornauswüchse an seinem Hinterkopf kam, die ihn schrecklich juckten. Vorsichtig kratzte sie über die eng liegenden Schuppen, die im Dämmerlicht des Waldes grau schimmerten. Einzelne Sonnenstrahlen brachen sich hier und da auf den feinen Hornplatten, die sein Gesicht bedeckten und strahlten mit seinen Iriden um die Wette. Hector gähnte wieder und entblößte dabei seine mittlerweile messerlangen Zähne, die feucht glänzten und vor tödlicher Präzision nur so strotzten. „Eigentlich ist es schon merkwürdig, nicht?“, sagte Ruby in die Stille hinein. Hector hörte auf zu brummen und öffnete ein Auge als Zeichen, dass er ihr zuhörte. „Normalerweise würdest du mich schon in diesem Alter töten und fressen können, stattdessen füttere ich dich mit Hühnchen und kratze dir die juckenden Schuppen.“ Er stieß einen kehligen Laut aus. Ruby beendete die Schuppenpflege und lehnte sich zurück. „Und normalerweise verstehen einen die Tiere auch nicht so genau.“ Hector brummte wieder. Eine Bö fand ihren Weg durch die dichten Bäume und ließ Rubys rostfarbenes Haar hoch wehen wie die Blätter um sie herum. Auf den Wiesen hätte sie gefroren, doch hier neben Hector war es mollig warm, auch, wenn er noch kein Feuer speien konnte. Sie seufzte und ihr Drachenkind antwortete mit einem lauten Schnaufen. Sie richtete sich wieder auf und strich abwesend über Hectors langen Kopf. Er hatte starke Ähnlichkeit mit einem Pferdekopf, gemischt mit dem eines Krokodils, nur dass dort, wo die Ohren hätten sein müssen, dunkelblau glänzende Hörner schräg in die Höhe wuchsen. Sie waren mit Abstand das am langsamsten wachsende Körperteil. Die Fläche seiner Flügel hatte sich mehr als verfünffacht und würde noch weiter wachsen; seine Beine waren fast so lang wie ihre Arme, und der zackige schwarze Kamm, der sich seine Wirbelsäule entlang zog, war so breit wie ihre Hand. Nur die Hörner waren, bei seiner Geburt noch stumpfe kleine Knubbel, etwa fünf Zentimeter gewachsen und spitzer geworden. Sie strich über das warme, glatte Horn und fühlte das Blut pulsieren. Stolz musterte sie den kräftigen Hals, der in einen kompakten, muskulösen, aber schlanken Körper überging. Der Kamm unterbrach sich an seinem Genick, seinem Widerrist und der Hüfte. „Glaubst du irgendwann könnte ich dich reiten?“, fragte sie Hector leise. Er schielte zu ihr hinauf und lies ein Krähen hören, das nun viel dumpfer und grollender klang. Schließlich hob er den Kopf, um sich ausgiebig mit einem großen Hinterlauf zu kratzen. Die dunklen Klauen kratzten hörbar über die Schuppen, während er zufrieden grunzte. Plötzlich sprang er auf und schüttelte sich heftig, bevor er zur anderen Seite der Lichtung trottete und sich dort niederließ. Ein wenig enttäuscht stand Ruby ebenfalls auf und befestigte das Tau wieder an Hectors provisorischem Halsband, das einst einem von Fluffys Köpfen gehört hatte. Fluffy selbst war in Griechenland, wo ihm ein passionierter Züchter ein artgerechtes Zuhause bot. Sie winkte Hector noch, doch er sah nicht hin. Nun geht es wohl los mit der Pubertät, dachte Ruby, als sie sich den Weg zurück zum Schlossgelände bahnte. Ein zwölf Zoll langer Aufsatz über Gift- und Schimmelpilze und ihr Gebrauch bei Heiltränken wartete auf sie; und, aber das wusste sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht, zwei sehr neugierige Rotschöpfe. Kapitel 4: Jahr 4, Kapitel 4: Streit ------------------------------------ Qononilut – Die Farben Sterben Jahr vier: Die Kammer des Schreckens - Kapitel vier - Streit Ruby musste nicht von ihrem Aufsatz aufsehen, um zu wissen, wer sich da gerade ihr gegenüber am Tisch niederließ. „Guten Morgen, liebste Ruby“, trällerte Fred und er und George strahlten völlig identisch um die Wette. „Welcher Aufsatz darf’s sein?“, fragte Ruby und schob ihnen ihre Arbeiten zu, um das Gespräch möglichst schnell zu beenden. Wie bei den meisten ihrer Klassenkameraden war sie auch bei den Weasley-Zwillingen meistens nur dann gefragt, wenn es eine besonders nervtötende Hausaufgabe zu bewältigen galt. Es machte ihr zwar nichts aus, die beiden Tunichtgute abschreiben zu lassen, aber besonders nach dem Vorfall in der Bibliothek und den nun schon drei Wochen andauernden Überfällen war sie alles andere als erpicht auf ein Gespräch. „Nur die Astronomiekarte, danke“, sagte George und zog das Pergament zu sich. Fred hatte nur einen kurzen Blick für die Monde des Jupiters übrig. Er wühlte in seiner Tasche, zog Drachenlegenden des Neunzehnten Jahrhunderts hervor und schob es Ruby unter die tintenbekleckste Nase. „Was soll ich damit?“ „Suchst du nicht mehr nach einem Namen?“ „Danke, ich habe schon längst einen“, antwortete sie kühl und schob Fred das Buch wieder zu. „Doch nicht Hector, oder?“, fragte George zweifelnd. „Aber natürlich Hector!“, rief sie trotzig. „Na super, wer auch immer von dir mit diesem Namen gestraft wurde, wird es dir sicher danken“, antwortete er und kopierte ihre Beschriftung des Io. „Er fand den Namen gut“, erwiderte Ruby und strich ein Wort in ihrem Aufsatz durch. „Wer denn?“, hakte Fred nach. „Das geht dich immer noch nichts an.“ „Doch nicht etwa ein Drache?“ „Nein!“, rief sie empört und kleckste dabei auf ihr Zaubertrankbuch. „Also tatsächlich ein Drache?“, fragte Fred mit gedämpfter Stimme; George sah von der Sternenkarte auf. „Bist du eigentlich taub? Ich hab Nein gesagt.“ „Bist du eigentlich blöd? Nein heißt ja“, stellte Fred grinsend fest und George nickte bestätigend. Ruby verdrehte die Augen. „Und wo, allwissender Klon mit Erblindung fördernder Visage, soll ich bitteschön einen Drachen hergezaubert haben?“, keifte sie. „Das, werte Zimtzicke mit Abneigung förderndem Humor, wirst du uns sicher gleich verraten“, erwiderte Fred fies grinsend. George wollte gerade etwas hinzufügen, als ihm die Astronomiehausaufgabe unter der Nase weggezogen und sein Kopf unsanft gegen den seines Zwillings gestoßen wurde. Meckernd und sich die Köpfe reibend, konnten sie gerade noch das Porträtloch zugehen sehen. Eigentlich hatte Ruby Hector nicht besuchen wollen, weil seine Laune seit dem Tag seiner Namensgebung unausstehlich häufig wechselte, aber sie war lieber in einem Wald voller Ekelgetier bei einem Drachen mit Stimmungsschwankungen als eine weitere Sekunde in einem Raum mit dem beiden Klonen. Sie war seit zwei Tagen nicht mehr bei Hector gewesen, nachdem er einen Wutanfall gehabt und ihr eine böse Kratzwunde zugefügt hatte; Ruby hoffte, dass ihm die Pause gut getan hatte und er nun entspannter war, wenn sie sich ihm näherte. Wirkliche Hoffnungen hatte sie allerdings nicht, vor allem, nachdem Hagrid mit einem Veilchen und in äußerst schlechter Stimmung aus dem Wald kam. „Tausend Mal hab ich’s ihm gesacht, soll die Einhörner in Ruhe lassen, sin’ eh zu schnell… Aber nee, pflügt lieber ’n halben Wald um…“ „Hey, Hagrid“, sagte Ruby laut über Hagrids Gemurre hinweg. Er sah auf und senkte sogleich den Kopf, um sie missmutig anzustarren. „Der dumme Kerl hat versucht, ’n paar Einhörner zu jagen, hab ihn grad noch am Schlafittchen packen könn’! Dass du ihn bloß von dem Jährling fernhältst, Ruby! Kann ich nich gebrauchen, das einzige Fohlen dieses Jahr von so ’nem dahergelaufenen Drachen gefressen!“ Grummelnd und polternd ließ Hagrid Ruby allein am Waldrand zurück und schwenkte erbost die beiden toten Frettchen in seiner Pranke, während er hinter seiner Hütte verschwand. Die Hintertür ging auf, und bevor Hagrid ihn hätte zurückhalten können, war Fang in den Garten geprescht und hatte eine wilde Runde um die Kürbisse gedreht, bevor er Ruby entdeckte und auf sie zujagte, schwanzwedelnd, sabbernd und ganz tapsig vor Freude. Normalerweise nahm Hagrid seinen Saurüden mit, wenn er in den Wald ging, aber vielleicht, dachte Ruby, musste er drin bleiben, damit er die Einhörner nicht verschreckt. Sie hatte nicht vor, zu den Einhörnern zu gehen, also stakste sie über einige knorrige Wurzeln, die aus dem Boden ragten, und pfiff zweimal, um Fang Bei Fuß zu rufen, der ganz geschäftig eine schiefe Buche markiert hatte. Ganz wie sie es erwartet hatte, war Hector alles andere als gut gelaunt. An solchen Tagen ließ sie ihn angebunden, und Hector kam auch gar nicht nahe genug, als dass sie das Tau hätte losbinden können. Er prüfte nur, ob Ruby etwas zu Essen bei sich hatte, bevor er ohne einen Grunzer zur entgegengesetzten Seite der Lichtung stolzierte und sich, ihnen den knöchrigen, erneut gewachsenen Rücken zugewandt, auf seine Hinterläufe setzte. Fang ließ sich genauso wenig beeindrucken wie Ruby, die die kokosnussgroßen Haufen verschwinden ließ, während der Saurüde einen jungen Knarl verfolgte, bis dieser ihm seine Stacheln schmerzhaft in die Nase rammte und auf und davon trippelte. Fang jaulte und floh rücklings, bis er mit Ruby kollidierte und sie beide in einer eleganten Drehung zu Boden fielen. „Hör auf zu lachen!“, meckerte Ruby, unter dem verdatterten Fang liegend, als Hector, der Fang gehört und dadurch neugierig geworden über die Schulter gespäht hatte, anfing zu gackern, was sich in etwa anhörte wie Hammerschläge auf Holz. Er bleckte vergnügt die Zähne und stieß ein tiefes Krächzen aus, bevor er sich umwandte und beobachtete, wie Fang die Gelegenheit nutzte und Ruby das Gesicht abschleckte, während sie versuchte, aufzustehen. Genervt schob sie den Rüden weg und klopfte sich den Staub von der Hose. In Hectors Brust grollte es leise, er schritt auf seine Ziehmutter zu und das Grollen schrumpfte zu einem kehligen Summen, ganz wie das Schnurren einer Katze. Langsam senkte er den Kopf und schnaubte einmal. Sein heißer Atem ließ ihre Haare wehen, während seine knochige Schnauze ganz sacht Rubys Stirn berührte. Es war sonderbar, wie schnell Hector von beleidigt zu liebenswürdig wechselte, doch noch sonderbarer war der sonst so feige Saurüde, der sich durch diese vertrauensvolle Geste ignoriert und degradiert fühlte. Er knurrte und hechtete zwischen Drache und Mädchen. Hector riss den Kopf überrascht zurück, genau wie Ruby, als Fang hochsprang und demonstrativ vor ihrem Gesicht seine Kiefer zuschnappen ließ. Das ist mein Mensch, hieß das für Hunde, für Drachen und für Menschen, lass sie bloß in Ruhe, wenn ich hier bin. Hector fauchte beleidigt und senkte den Kopf auf die Höhe des Rüden, der ihn geifernd anknurrte, die Rute als Zeichen zur Kampfbereitschaft erhoben. Er schnappte nach ihm, doch Fang wich einfach aus und rammte ihn unsanft. Mit einem zornigen Dröhnen in der Kehle riss der Drache das Maul auf, um Fang zu packen und gegen die nächste Fichte zu schleudern, doch seine Ziehmutter machte ihm einen Strich durch die Rechnung, eher der Zweig in ihrer Hand, aus der das rote Licht geschossen war. Getroffen taumelte Hector zur Seite; Fang kläffte laut und wehrte sich gegen die Leine, die ihn nun auf Distanz hielt. Der Drache witterte seine Chance, doch ein weiterer roter Lichtblitz ließ ihn zurücktaumeln. Entsetzt starrte er seine Ruby an, wütend, dass sie den Rüden umklammert hielt und nicht ihn, beleidigt, weil sie ihn angegriffen hatte, und sehr verletzt, weil sie ihn mit ihrem Blick verscheuchen wollte. Er fauchte und schnappte in die Luft, bevor er kehrt machte und sich, so weit es seine Leine erlaubte, zurückzog. Ruby indes hatte mit Fang ebenfalls den Rückzug angetreten. Sie zerrte ihn aus der Sichtweite der Lichtung, bevor sie ihn grob an seinem triefenden Maul packte und ihn zwang, sie anzusehen. „Das, mein Junge, will ich nie wieder von dir sehen, hast du mich verstanden?!“, fauchte sie leise und versuchte, seinen ausweichenden Blick einzufangen. Er winselte und leckte sich über die Nase, ganz darauf bedacht, tapsig zu wirken und ihr Mitleid zu wecken. Fang hasste es, direkt angesehen und festgehalten zu werden, und weil Ruby das wusste, tat sie es länger als nötig. Sie bog nach rechts in das Unterholz und Fang folgte ihr Bei Fuß, ohne sich im Geringsten gegen die ungewohnte Leine zu wehren. Sie umrundeten gerade den mehrere Fuß breiten Stamm einer Eiche, als es links von ihnen raschelte und ein Zweig zerbarst, zu leise für den schweren Huf eines Zentauren, und zu laut für eine der scheuen Kreaturen, die jeden ihrer Schritte bedacht setzten. Alarmiert ließ sie die Leine los. Mit erhobenem Zauberstab und einem den Schwanz einklemmenden Fang pirschte sie zu der Geräuschquelle. Es blieb still. „Kommt raus da, aber zackig!“ Zwei sehr zerzauste Karottenköpfe tauchten aus einem Buchsbaum auf und rieben sich die zerkratzten Gesichter. „Was hat uns verraten?“ „Jedes andere Wesen, das sich durch einen knackenden Zweig hätte verraten können, hätte sofort Reißaus genommen, als wir näher gekommen sind“, antwortete sie schlicht. Fang umrundete die Klone schwanzwedelnd, bevor er wieder neben Ruby zum Stehen kam. „Also, was macht ihr hier, wenn ich fragen darf?“ „Dasselbe könnten wir fragen!“, rief der Klon, in dem sie George zu erkennen glaubte. „Nein, denn im Gegensatz zu euch habe ich die Erlaubnis, hier herumzustreunen. Und?“ „Ist das nicht klar? Wir finden raus, wer Hector ist!“, rief Fred und sah sich um, als würde dieser Hector gleich aus dem nächsten Busch springen und sich vorstellen. „Deshalb sind wir dir gefolgt- Hey!“ Er musste sich ducken, als Ruby erneut ausholte. George tat einen großen Schritt zurück in die Büsche, während Ruby wütend zischte: „Seid ihr denn bekloppt?! Ich werde nie wieder hier rein dürfen, wenn uns jemand erwischt! Wie kann man nur so beschränkt sein!“ „Hey, jetzt komm wieder runter!“ Fred hob beschwichtigend die Hände. „Wir haben aufgepasst, uns ist keiner gefolgt!“ „Glaubst du!“ „Ja, glaube ich!“ „Könnten wir das verschieben und erstmal wieder Richtung Schloss gehen?“, unterbrach George den aufkommenden Schlagabtausch und deutete in die Richtung in der er die Ländereien vermutete. „Mir ist es hier, ehrlich gesagt, nicht ganz geheuer.“ Ruby seufzte. „Okay, bis ihr die Wiesen seht, begleite ich euch zurück. Danach geht ihr sofort raus hier und verliert kein Wort darüber, dass wir uns hier getroffen haben, oder es setzt was, verstanden?“ Die Klone nickten; Ruby durchbohrte jeden von ihnen mit einem warnenden Blick, bevor sie an den Beiden vorbei in Richtung Ausläufer stakste, Fang an ihren Fersen und Fred und George dicht hinter sich. Je lichter der düstere Wald mit den wenigen Laubbäumen wurde, desto mutiger wurden die Zwillinge. Sie wagten nicht, Ruby auf unbekanntem Terrain noch einmal nach Hector zu fragen, doch sie quatschten lebhaft und so war es kein Wunder, dass sie nicht bemerkten, wie Ruby stehen blieb und sie sie über den Haufen rannten. „Na also, verlief doch alles glatt“, strahlte Fred, die Arme hinter dem Kopf verschränkt. „Sag das erst, wenn du hier raus bist.“ Ruby sah sich skeptisch um. Vom Gelände aus waren sie praktisch nicht zu sehen, aber besonders drei leuchtende Haarschöpfe waren im Dämmerlicht des Verbotenen Waldes leicht auszumachen. Fred patschte ihr gönnerhaft auf die Schulter. „Nun mach dir mal nicht ins Hemd, Ruby. Wir leben, da vorn sind die Wiesen und keiner hat und wird von unserem Abstecher erfahren.“ „Kein Grund zur Sorge also.“ „Das sehe ich anders.“ Drei Köpfe wandten sich zeitgleich den ineinander verwachsenen Fichten zu. Drei Augenpaare weiteten sich erschrocken. George fluchte, und Fang winselte leise, als die große und dunkle Gestalt von Severus Snape hinter den verflochtenen Stämmen hervortrat und seine kalten Augen sie nacheinander mit boshafter Genugtuung musterten. „Es tut uns Leid.“ „Halt die Schnauze.“ „Es tut uns wirklich Leid.“ „Halt jetzt sofort die Schnauze!“ George duckte sich, und Verwandlung für Fortgeschrittene klatschte hinter ihm an die Wand des Gemeinschaftsraums. Er richtete sich wieder auf und begann erneut, Ruby zu taxieren. Aber sie hatte nicht nur einen Schutzwall aus Büchern um sich errichtet, sie ignorierte ihn auch noch meisterhaft. Vor vier Tagen hatte Snape sie am Rande des Verbotenen Waldes zusammen erwischt. Für ihn und Fred war das nichts Neues. Für Ruby aber war es eine Katastrophe. Snape hatte sie allesamt buchstäblich an den Ohren zu Professor McGonagall gezerrt, und hätte Fred das Donnerwetter erahnt, hätte er wohl die Klappe gehalten, während ihre Hauslehrerin ihnen eine Strafpredigt gehalten hatte. Die schlimmere Standpauke hatte aber Ruby abbekommen. Snape hatte taube Ohren für die Beteuerung, Ruby und die Zwillinge hätten sich erst im Wald zufällig getroffen. Er erzählte McGonagall, er hätte sie alle drei erwischt, wie sie sich in den Wald schleichen wollten (was, wie George immer wieder sagte, schlichtweg erlogen war, weil sie gerade aus dem Wald raus wollten). Man konnte förmlich sehen, wie Ruby auf ihrem Stuhl immer weiter schrumpfte und die Tränen wegblinzelte, während sie Fangs Ohren knetete. Professor McGonagall baute sich vor ihr auf und redete ohne Punkt und Komma. Ruby sei eine Enttäuschung für Gryffindor, sich so dreist den Anordnungen zu widersetzen, und habe nicht nur ihres, sondern auch das Vertrauen von Hagrid und Professor Dumbledore mit Füßen getreten. Snape hingegen schien in seiner stillen Ecke vor Häme anzuschwellen, und George hätte ihn gern mit einer Nadel gestochen, um zu sehen, wie der hässliche Snape-Ballon platzte. Letztendlich wurde auch noch Dumbledore in McGonagalls Büro gerufen, und das gab Ruby den Rest: Lange Zeit schwieg Dumbledore und bedachte sie nur mit einem traurigen Blick, bevor er leise sagte: „So gern ich dieser Geschichte keinen Glauben schenken möchte, scheinen die Beweise doch gegen Sie zu sprechen, Miss O’Malley. Mir tut es leid, und auch Hagrid wird es leid tun, aber ich sehe mich gezwungen, ihnen ihre Genehmigung auf unbestimmte Zeit zu entziehen.“ Ruby hatte die ganze Zeit geschwiegen, und sie hatte auch nun nichts erwidert; sie hatte den Schulleiter einfach angesehen und die Tränen zurückgehalten, bis man sie entließ und sie unter der Hakennase Snapes hindurch zur Tür stürmte, Fang mit eingeklemmter Rute hinter sich herziehend. Dann hatte Dumbledore sich an Fred und George gewandt. „Da die Strafe für Miss O’Malley nun verhängt ist, sehe ich keine Notwendigkeit, euch der Autorität eurer Hauslehrerin zu entziehen. Severus, wir können Minerva guten Gewissens allein mit diesen Tunichtguten lassen.“ Er hatte den Beiden noch zugezwinkert, bevor er den Raum verlassen hatte. Der Snape-Ballon, ein wenig verstimmt ob der entwischten Gelegenheit, bei ihrer Bestrafung etwas mitzumischen, war Dumbledore gefolgt. Kaum war die Tür ins Schloss gefallen, als Fred und George anfingen zu plappern. „Ruby hatte nichts damit zu tun, ehrlich –“ „- Das war allein unsere Schuld, wir sind ihr gefolgt!“ „Sie müssen nicht –“ „Schweigen Sie!“, hatte ihnen Professor McGonagall barsch das Wort abgeschnitten. “Miss O’Malley kannte die Konsequenzen und wird wissen, dass der Schulleiter so handeln musste. Es stand ihr in keinster Weise zu, sie in diesen Wald zu begleiten, ob nun hinein oder hinaus.“ „Aber das war nicht ihre – “ „Mr Weasley, hüten sie sich! Ihre Strafen stehen noch aus, verschlimmern sie es nicht!“ Sie hatte die Zwei mit einem strengen Blicktaxiert, bevor sie fortfuhr: „Da sie wiederholt unerlaubt den Verbotenen Wald betreten haben, werden sie drei Wochen jeden Abend bei mir nachsitzen. Drei Wochen. Alle beide.“ Heute hatten sie den vierten Tag mit Nachsitzen verbracht. Als sie spät abends wiederkamen, war der Gemeinschaftsraum gewohnt leer gewesen. Nur Ruby hatte in einer stillen Ecke gesessen, begraben unter den Extraaufgaben, die sie sich vor allem in Zaubertränke und Wahrsagen eingehandelt hatte. Seit vier Tagen sank ihre Leistung mit jeder Stunde weiter in den Keller, und mit jeder dieser Stunden wuchs das schlechte Gewissen der Zwillinge. Ruby war für sie einfach langweilig und verklemmt gewesen, und George wünschte sich, der ominöse Hector hätte nie sein Interesse geweckt; nicht nur, dass Ruby kreuzunglücklich war, sie musste auch jeden Morgen Hagrids enttäuschtes Gesicht ertragen, wenn er zum Frühstück in die große Halle kam. Genau genommen, dachte George, nachdem Ruby ihre Bücher in die Tasche gestopft hatte und die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hoch stampfte, haben wir ihr mit unserer Aktion alles verdorben, was ihr hier Spaß gemacht hat. Mit schwerem Herzen hob er das Buch auf, das sie nach ihm geworfen hatte, und setzte sich zu Fred ans Feuer. „Keine Chance?“ „Frag doch das Buch.“ Fred lächelte schwach und nahm Rubys Verwandlungsbuch. „Da müssen wir uns wohl jemand Anderes zum abschreiben suchen, oder?“ „Das war gemein.“ „So bin ich“, grinste er George an. Dann wurde seine Miene ernst. „Haben wir morgen Binns?“ George runzelte die Stirn. „Glaub schon. Wieso?“ „Ist das nicht offensichtlich?“ Sie grinsten sich an. „Irgendwie müssen wir das ja wieder gutmachen, und wo plant man das besser als in einer ruhigen Stunde Geschichte der Zauberei?“ Als George am folgenden Vormittag hinter Fred das Klassenzimmer betrat, saß Ruby schon an einem der Pulte, eine rundliche Hufflepuff neben sich und die Stirn auf der Tischplatte ruhend. Er und Fred setzten sich drei Reihen hinter die beiden, ein wenig abseits, so dass keiner, der zufällig unter Schlafmangel litt, mithören konnte. Professor Binns schwebte herein und begann pünktlich nach dem Klingeln ohne Verzögerung dort, wo ihn die Schulglocke letztes Mal unterbrochen hatte. Ruby lag während der gesamten Stunde reglos auf dem Tisch, beinahe so reglos wie Montague, dessen Gesicht am Ende der Stunde ein von Fred gemalter Schnurrbart zierte. Professor Binns ließ sich wie immer nicht stören, nicht einmal von den angeregt tuschelnden Zwillingen, die das Klassenzimmer auch tuschelnd verließen und sich nicht einmal von dem hereinstürmenden Lockhart und seinen fragwürdigen Memoiren unterbrechen ließen. Tatsächlich waren Fred und George immer noch am reden, als sie nach Kräuterkunde den Ravenclaws hinterher zum Festessen in die Große Halle trotteten. Unter einer kreischenden und fiependen Wolke aus lebenden Fledermäusen bogen sich die Haustische unter den Lasten der Köstlichkeiten. Nach Stunden der Planung war George wie ausgehungert und belud sich noch im Stehen den goldenen Teller mit Pasteten und Räucherlachs und Dingen, die er erst beim Kauen identifizierte. Im Rausch der kulinarischen Köstlichkeiten versunken, schmatzte Fred: „Jetsch ham wir drei Wochn Nachschitzn, un’ wir wischen immer no nischt, wer Hector isch.“ „Fest steht, er muss im Wald leben, wo sonst passt hier so was Großes wie ein Drache hin?“ „Aber“, Fred schluckte die Salzkartoffeln runter. „wir wissen gar nicht, ob es ein Drache ist?“ „Okay, dann vielleicht kein Drache, aber irgendwas Gefährliches oder Großes bestimmt“, sagte George geheimnisvoll. „Sonst würde Ruby doch nicht so ein Drama um seine Identität machen.“ Fred nickte langsam. Der Rest der Konversation bestand aus Schmatzen und ein paar kurzen Sätzen. Die restlichen Gryffindors waren schon lange fertig, als George die Gabel weglegte und sich den Bauch rieb. Schläfrig blickte er den Tisch entlang. „Sag mal, wo stecken Harry, Ron und Hermine?“, fragte er laut. Einige Schüler in seiner Nähe sahen sich ebenfalls um. Doch bevor die Suche nach dem Zwerg mit der Blitznarbe ausarten konnte, erhob sich Dumbledore und scheuchte sie hoch in ihre Betten. Seufzend und mit einem zufriedenen Rülpser erhob sich George und folgte den Massen hinaus. Weit kamen sie allerdings nicht, als im zweiten Stock ein Stau die Schüler zum Halten zwang. George war satt und schläfrig, und so war alles, was er von den weiteren Geschehnissen mitbekam, arg begrenzt. Jemand hatte etwas an die Wand des Korridors geschrieben und Mrs Norris darunter gehängt. Zufällig waren sein kleiner Bruder und dessen Freunde gerade am Tatort, als die halbe Schule vom Festessen den Korridor entlang heraufkam. In einem nicht ganz so satten Zustand hätte George sich über die Versteinerung von Mrs Norris gefreut, aber nach einem Festmahl wie diesem zogen die Sensation und die aufgeregten Gespräche an ihm vorbei und er bekam die erste Welle der Gerüchte nur schemenhaft mit, bevor er auf sein Bett sank und tief und fest einschlief. Kapitel 5: Jahr 4, Kapitel 5: Gerüchte -------------------------------------- Vorwort Bisher das Längste, mit elf Seiten, aber es wird nicht zum Standard - das wäre auf Dauer nicht nur für mich ermüdend und irgendwie erdrückend, nicht? Ich bin nicht so ganz zufrieden mit diesem Kapitel, es erscheint mir in sich ein wenig unlogisch, und ich fürchte, George ist ein wenig OoC - darum, falls es schlimm ist: Rückmeldung, bitte :D Ansonsten hoffe ich dass es euch gefällt. Erstmal möchte ich an Briefe an Gary weiterschreiben, also ist dies erstmal das letzte Kapitel (dafür kamen drei neue ;3) Weiterschreiben werde ich aber auf jeden Fall (falls das hier jemanden interessiert xD). Qononilut – Die Farben Sterben Jahr vier: Die Kammer des Schreckens - Kapitel fünf- Gerüchte Die nächsten Tage war Mrs Norris’ Versteinerung das Hauptthema. Schüler tuschelten in den Toiletten, den Korridoren, den Gemeinschaftsräumen. Lehrer unterhielten sich leise und verstummten, wenn eine neugierige Gruppe Drittklässler die Schritte verlangsamte, um zu lauschen. Die Jüngeren machten sich selbst unnötige Angst, die Älteren eröffneten einen Schwarzmarkt mit angeblich schützenden Artefakten. George ließ das alles relativ kalt. Nachdem er das Festessen erfolgreich verdaut hatte, hatten auch er und Fred sich rege an den Spekulationen beteiligt, doch mittlerweile machten sie Scherze über das Monster, das angeblich in der Kammer des Schreckens hausen sollte. Sie versteckten sich hinter Statuen und Vasen, um dem nächsten Passanten in den Weg zu springen und ihn so zu Tode zu erschrecken, oder aber sie schlichen sich an Angelina Johnson heran und kassierten jeweils eine Kopfnuss, weil sie versucht hatten, ihr einen mittelschweren Schock zu verpassen. Die Tage verstrichen und die Zwillinge hatten so ihren Spaß. Doch wie an jeder anderen Schule, lässt auch auf Hogwarts das erste Gerücht nicht lange auf sich warten. Jeder hatte noch lebhaft in Erinnerung, wie Filch Harry Potter beschuldigt hatte, seine Katze ermordet zu haben. Ein Spaßvogel hatte die Idee, und kaum einen Wimpernschlag später war jeder überzeugt, dass Harry Potter der Erbe Slytherins war. Über Nacht wurde Harry zum unbeliebtesten Schüler von Hogwarts. Nun ja, fast. Es war in Wahrsagen, als George das erste Mal auffiel, dass Ruby allein saß. Es wunderte ihn erst nicht, immerhin war O’Malley eine verklemmte Schnarchnase, aber trotzdem hatte sie bisher wenigstens neben einem der Mädchen aus ihrem Schlafsaal gesessen. Heute saß sie allein an dem runden Tisch und starrte abwesend in die neblige Kristallkugel vor sich. Sie bemerkte nicht einmal, als Montague sie mit einer Papierkugel am Kopf traf, während Professor Trelawney völlig versunken in das tragische Schicksal von Patricia Stimpson war. Die Kugel prallte ab und blieb hinter Ruby liegen. Ehe George sich versah, war Fred auch schon unter der Tischplatte verschwunden und langte nach dem Wurfgeschoss. Im Schutz ihrer aufgestellten Exemplare von Entnebelung der Zukunft entfaltete er das Papier. In krakeliger Druckschrift stand dort geschrieben: Welches Schlammblut wirfst du deinem Ungeheuer als Erstes vor, O’Malley? George las die Nachricht drei Mal, bevor er fragend zu seinem Zwilling schaute. Auf ihren Gesichtern war dieselbe Frage zu lesen: Welches Ungeheuer? „Was meint er damit?“, wisperte Fred und schaute abschätzend zu Montague. George folgte seinem Blick; der Slytherin saß mit drei anderen Jungen aus seinem Haus an einem der quer durch den Raum verteilten Tische und warf ihnen und Ruby hinter Trelawneys Rücken hämische Blicke zu. George verdrehte gelangweilt die Augen, bevor er einen weiteren Blick zu Ruby hinüber warf. Angelina und Alicia saßen zwei Tische von ihr entfernt und unterhielten sich. Tatsächlich waren im Umkreis alle Tische bis auf ihren frei, als müsste man einen Sicherheitsabstand einhalten. „Glaubst du, die meinen Hector?“, fragte George und riss Fred so aus seinem Blickduell mit Montague. Sein Bruder schüttelte den Kopf. „Unwahrscheinlich, woher- “ Er verstummte und sah George eindringlich an. Aus dem Augenwinkel sah er die Slytherins feixen. „Geschichte der Zauberei.“ „Was ist damit?“, fragte George. „Denk doch nach“, antwortete Fred ungeduldig und wedelte mit dem Zettel. „Als wir über Hector geredet haben, hab ich Montague doch einen Schnurrbart gemalt, oder?“ George nickte und musste gegen seinen Willen grinsen. Fred erwiderte es schwach, bevor er fortfuhr: „Nehmen wir mal an, der Troll hat es mitbekommen.“ „Dann hätte er bestimmt nicht so still dagelegen und dich machen lassen.“ „Möglich“, warf Fred ein und schenkte Professor Trelawneys Vortrag keinerlei Beachtung. „Oder aber er hat absichtlich stillgehalten.“ „Weil er mithören wollte.“ „Ganz genau“, schloss Fred und wirkte einen Moment sehr zufrieden mit seiner Schlussfolgerung, bevor sich seine Miene verdüsterte. „Allerdings wären wir dann Schuld, dass der Holzkopf alles falsch verstanden und es noch verfälschter verbreitet hat.“ „Unschön.“ George spähte über die Schulter seines Zwillings. Inzwischen hatte Ruby den Kopf gehoben und schrieb mit, was Trelawney der Klasse erzählte. George hatte nicht die leiseste Ahnung, worum es ging, aber es interessierte ihn auch nicht; er und Fred beobachteten Ruby, die wie ein Häuflein Elend ganz allein an ihrem Tisch saß und sogar von ihren Hausgenossen gemieden wurde, weil Fred und er einfach zu neugierig waren. In diesem Moment kam sie ihm schrecklich klein und dünn vor. Ihm fiel auf, wie selten er sie beim Essen gesehen hatte, und er hatte Mitleid mit Ruby weil sie fast immer nett zu ihnen gewesen war, obwohl sie sie eigentlich nur der Hausaufgaben wegen angesprochen hatten. Ein flaues Gefühl breitete sich in seinem Bauch aus; er brauchte eine Weile, bis er merkte, dass es sein schlechtes Gewissen war. George blickte Fred an, und auch ihm schien es nicht besser zu gehen. Waren sie wirklich Schuld, dass Ruby nun nicht nur bei den Lehrern als unzuverlässig galt, sondern auch noch von den Gryffindors ausgegrenzt wurde? George fühlte sich elend; Ruby war zwar langweilig, aber sie war zuverlässig und… Ja, und was eigentlich? Wenn er es recht bedachte, kannte er Ruby kaum, er wusste nicht, wo sie wohnte, was ihre Eltern taten, was für Hobbys sie hatte. Er wusste rein gar nichts von ihr und es tat ihm leid, immer nur ihre Aufgaben abgeschrieben zu haben, ohne sich für den Menschen zu interessieren, mit dem er seit drei Jahren in eine Klasse ging. Die Glocke läutete, und auf dem Weg zum Mittagessen vertraute er sich Fred an. Seinem Zwilling ging es ähnlich, doch bevor sie ein richtiges Gespräch beginnen konnten, stieß Lee Jordan, der Muggelkunde gewählt hatte, zu ihnen und das Thema Ruby lag bis aufs Weitere auf Eis. Hagrids buschige Augenbrauen hoben sich überrascht, als er seine Tür öffnete und in die identischen Gesichter von Fred und George schaute. „Mmh? Wie komm’ ich denn zu der Ehre?“, grunzte er und trat beiseite, um sie einzulassen. Fang hob den Kopf von den Pfoten, ließ ihn aber wieder enttäuscht sinken, als er erkannte, dass es nicht Ruby war. Hagrid bot ihnen Tee an und hockte sich dann wieder vor den Trog mit Erbsen, die er gerade pulte. „Also Hagrid, wir wollten dich etwas über Ruby O’Malley fragen“, begann Fred und nippte an seinem eimergroßen Becher. Hagrid sah von den Erbsen auf. „Ruby? Anständiges Mädchen, sehr tierlieb. Warum?“ Sie erzählten Hagrid von dem Treffen in der Bibliothek, von ihrer Neugierde auf Hector und auch von ihrem verbotenen Abstecher in den Wald, der für Ruby so unglücklich ausgegangen war. Als sie geendet hatten, seufzte Hagrid schwer und schob den Trog mit Erbsenschoten unter den Tisch. „Hab’ mir schon was in der Art gedacht. Ruby macht sowas nich’, hab ich Professor Dumbledore gesagt, aber er konnt’s nich’ ändern, ’s stand euer Wort gegen Professor Snapes, er wollt’s ja auch nich’ glaub’n. Hat uns lang nich’ mehr besucht, die arme Ruby“, sagte er und nickte in Richtung des Saurüden, „Un’ zu Hector kann sie ’türlich auch nich’ mehr.“ Er stockte, als er sich bewusst wurde, was er gerade ausgeplaudert hatte. Erschrocken sah er die Zwillinge an. „Wir halten dicht“, sagte George schnell, „Dass es Hector gibt, wussten wir ja beinahe, und dass er im Wald leben muss, haben wir uns auch gedacht. Und wenn du es nicht sagen kannst oder willst, fragen wir auch nicht.“ Er warf seinem Bruder einen kurzen Blick zu, doch auch Fred nickte, bevor er das Wort übernahm: „Es ist nur so, dass Montague spitzgekriegt hat, dass da was im Wald ist, und dass Ruby damit was zu tun hat. Und jetzt denken die Leute, dort lebt das Monster, das aus der Kammer gekommen ist, und Ruby passt drauf auf oder sowas.“ Hagrid seufzte erneut. „Hat’s nich’ leicht, das arme Mädchen, was?“ Synchron schüttelten sie den Kopf. „Um ehrlich zu sein, schließen sie sogar schon die Gryffindors aus.“ „Der Einzige, der noch unbeliebter ist, ist Harry“, fügte George hinzu. „Hab ich mitgekriegt, das mit Harry“, sagte Hagrid. „Aber was wollt ihr jetzt von mir? Ich kann euch nich’ viel über Ruby sag’n, ich werd euch auch nich’ sag’n, wer oder was Hector is’, aber Ruby hat ihn aufgezog’n und die mögen sich sehr, die beiden, auch wenn sie oft zanken.“ „Wir wollten eigentlich nur wissen, was Ruby vielleicht gern macht“, gab Fred zerknirscht zu. „In gewisser Weise sind wir Schuld, dass ihr verboten wurde, was ihr anscheinend viel Spaß gemacht oder viel bedeutet hat, und jetzt wird sie auch noch unseretwegen ausgegrenzt, und das wollten wir wieder gutmachen.“ „Nett von euch, Jungs“, brummte Hagrid, „aber ich glaub, im Moment könnt’ sie nur Hector glücklich mach’n. Im Wald war sie gern, dass Hector drin is’, is schon blöd, aber er is’ halt zu groß für meine Hütte.“ „Und wenn wir Ruby aufs Gelände locken und du ihn kurz rausholst?“, schlug George hoffnungsvoll vor. Hagrid jedoch blickte ihn tadelnd an. „Jungs, ich kann doch nich’ mit’m halbwüchsigen Drachen durch die Gegend spazier’n, da-“ Er verstummte und sah sie entsetzt an. „Niemals verlässt das diesen Raum“, brummte er und wirkte plötzlich ziemlich bedrohlich, wie er die Zwillinge streng ansah und die massigen Schultern straffte. „Wir schweigen wie ein Grab, Ehrenwort“, sagte Fred und hob feierlich, aber nicht ohne ein zufriedenes Grinsen, die Rechte zum Schwur. George grinste ebenfalls. Ein Drache also. Ein waschechter Drache, dem sich zumindest Ruby nähern konnte, ohne dass er sie auffraß oder angriff. „Is’ schon gut, ich glaub euch.“ Ächzend erhob sich Hagrid von seinem Schemel und ging zur Tür. „Aber macht man lieber, dass ihr ins Schloss kommt. Filch is’ sowieso schon gereizt, müsst’s ja nich’ übertreiben mit ihm. Und seid nett zu Ruby, sie hat’s so schon schwer.“ Er zwang sie noch mit einem gutmütigen Schulterklopfen in die Knie, bevor er die Tür hinter ihnen schloss. Schweigend eilten sie durch das schwindende Tageslicht hinauf zum Schlossportal. George war immer noch wie vor den Kopf gestoßen. Ein echter Drache! Er hätte vielleicht Angst haben sollen, aber wenn er ehrlich war, fand er die Vorstellung, nur Meter von einem Drachen entfernt in einem Busch gehockt zu haben, eher aufregend als beängstigend. Die nächsten Tage kühlte das Thema Mrs Norris merklich ab, doch dafür konzentrierte man sich jetzt auf die Sündenböcke: Harry und Ruby. Da außer Fred und George und selbstverständlich Ruby und Hagrid niemand wusste, dass das „Monster aus der Kammer“ in Wahrheit ein pubertierender Jungdrache von den Ausmaßen eines sehr kleinen Autos war, hielt es auch niemand für absurd, dass Ruby sich dem befreiten Monster angenommen und Harry womöglich noch geholfen hatte, Mrs Norris zu versteinern. Ruby magerte in dieser Zeit entsetzlich ab. Beim Essen fehlte sie mindestens so oft wie in den Stunden, doch keinen scherte es, denn O’Malley war ihnen nun nicht mehr geheuer. Das Schlimmste jedoch waren die Slytherins: Was sie sich beim angeblichen Erben nicht trauten, ließen sie an seiner vermeintlichen Handlangerin aus. Die Jüngeren verhöhnten und die Älteren schikanierten sie hinter den Rücken der Lehrer. Ruby ließ es über sich ergehen, bis zu jenem denkwürdigen Tag, als sie vor Gewächshaus vier standen, auf Professor Sprout warteten und Montague laut heraus posaunte, man solle das Monster aus dem Wald treiben und auf Ruby hetzen, bevor man es in die Ecke trieb und hinrichtete. Montague wich zurück, doch nicht schnell genug, und drei blutige Kratzer prangten auf seiner Wange, dort, wo Rubys Hand ihn gestreift hatte. Wutentbrannt starrte sie ihn an und holte noch einmal aus, aber der Slytherin war nicht nur zwei Köpfe größer, er war auch noch in der Hausmannschaft und somit bestens im Ausweichen trainiert. Feixend duckte er sich und packte ihren Arm, bevor er sich zu voller Größe aufrichtete. Die Gryffindors wandten sich mehr oder minder geschockt dem Spektakel zu, doch keiner griff ein, als die restlichen Schlangen einen Kreis um Ruby und Montague bildeten. George ahnte Böses, und wie das bei Zwillingen manchmal so ist, hatte auch sein Bruder just in diesem Moment die Idee gehabt, in diesem ungleichen Kampf ein wenig mitzumischen. Sie drängten sich in den Kreis und kamen zwei Schritte an die Streithähne heran, bevor die Treiber der Slytherins sie am Revers packten. Ruby indes starrte unentwegt zu Montague hinauf, der sie süffisant angrinste. „Soso, O’Malley. Da ist dein Haustierchen nicht da, und du dachtest, du könntest mir allein den Garaus machen, oder was?“ Er schüttelte sie grob und wirkte plötzlich gar nicht mehr so amüsiert. „Dann werd ich dir jetzt zeigen, was- “ Noch bevor Montague den Satz beenden konnte, geschahen mehrere Dinge gleichzeitig: Rubys Augen glühten regelrecht vor unterdrückter Wut und er ließ von ihr ab und zuckte zurück, als hätte er sich verbrannt; Fred und George rissen sich los und hechteten in die so entstandene Lücke, genau in dem Moment, als Professor Sprout die Tür zum Gewächshaus öffnete. Doch bevor sie etwas sagen, bevor auch nur einer der Anwesenden blinzeln konnte, erklang ein Scheppern und einer der Zwillinge ging zu Boden, der andere drehte sich zu Ruby, die den Zauberstab erhoben hatte und schon mit einem zweiten Blumentopf nach Montague zielte. „Miss O’Malley, ich bitte Sie!“, rief Professor Sprout, doch Ruby war so beschäftigt damit, Montague gleichermaßen mit Keramik und Schimpfwörtern zu bombardieren, dass erst ein gut platzierter Ganzkörperklammerfluch sie stoppte. Entrüstet baute sich Professor Sprout vor der bebenden, aber sonst reglosen Gestalt auf. Die Slytherins, die sich bei Rubys Attacken panisch zerstreut hatten, kamen nun zusammen mit den Gryffindors näher. „In all meinen Jahren als Lehrerin ist mir so etwas noch nie, noch nie untergekommen! Was um alles in der Welt haben Sie sich dabei gedacht?!“ „Bitte Professor Sprout, das war nicht Rubys Schuld, Montague hat sie provoziert!“, rief Fred dazwischen. Er hockte neben dem ausgeknockten George am Boden, hinter ihm rappelte sich Montague auf, eine üble Platzwunde an der Stirn. Professor Sprout schien mit der ganzen Situation ein wenig überfordert. Ein Schüler bewusstlos, einer blutend, vor sich eine ihrer ehemals besten Schülerinnen, gebannt von einem Klammerfluch und vor Wut zitternd. Seufzend schüttelte sie den Kopf. „Bringen Sie Montague und Weasley in den Krankenflügel. Und Miss O’Malley“, sie löste den Klammerfluch und blickte sie streng an, „Sie gehen am besten gleich mit, Sie bluten auch. Und danach können Sie sich entschuldigen. Nun hopp! Helfen Sie Mr Weasley beim Tragen. Wir sprechen uns nachher.“ Ruby schwankte, als der Fluch gelöst wurde. Schweigend packte sie Georges Beine und half Fred, ihn die marmorne Treppe hinauf in den Krankenflügel zu tragen und auf ein Bett zu legen. Montague hatte die ganze Zeit über einen beachtlichen Abstand zu Ruby einbehalten, und auch jetzt setzte er sich auf das Bett, das möglichst weit von ihr weg war. Ruby indes hievte Georges untere Hälfte auf eines der mittleren Betten und wandte sich dann um, ohne Fred oder seinen bewusstlosen Zwilling noch eines Blickes zu würdigen; sie hätte es auch zur Tür geschafft, wäre Madam Pomfrey nicht eben durch diese gekommen. Mit sanfter Gewalt bugsierte sie Ruby auf das Bett neben George, der nun langsam zu sich kam. Widerwillig setzte sie sich und ließ sich die Schnittwunde heilen, während Fred seinen Bruder über die verpassten zehn Minuten aufklärte. Im Gegensatz zu Madam Pomfrey fand George das Ganze ziemlich komisch. „Jetzt wissen wir’s, es war kein Monster, Ruby hat einen Blumentopf nach Mrs Norris geschmissen“, lachte er und blickte dabei Montague herausfordernd an. Der Slytherin, die eine Gesichtshälfte unter einer dicken mintgrünen Paste versteckt, glotzte zurück, bevor er sein gesundes Auge Ruby zuwandte. „Das wirst du mir büßen, O’Malley“, rief er, so laut er es mit Madam Pomfrey im Nebenzimmer wagte. Fred wollte in die Bresche springen, doch Ruby schnaubte verächtlich und starrte Montague derart angriffslustig an, dass selbst Du-weißt-schon-wer vor ihr gekuscht hätte. Zumindest hätte Fred es an seiner Stelle getan. „Hab ich deinen hässlichen Trollkopf nicht oft genug getroffen oder was? Komm mir nur noch ein einziges Mal ein Stück zu nahe, und ich verspreche dir, das Monster, das du den anderen so schön in den Kopf gesetzt hast, wird dich wirklich fressen!“ Entsetzt starrte er sie an. Dann, mit einer für seine große Gestalt erstaunlichen Geschwindigkeit, flitzte er zur Tür und polterte die Treppen hinunter. Fred und George blickten ihm hinterher, dann feixten sie sich gegenseitig an, bevor sie sich mit strahlenden Gesichtern zu Ruby wandten. „Was?“, fauchte sie und schien nicht im Mindesten beruhigt. Doch jede Antwort blieb den Zwillingen erspart, denn Madam Pomfrey kehrte zurück und flößte George einen Trank ein, der ihm Dampf aus den Ohren qualmen ließ. Sie untersuchte ihn kurz, prüfte seine Pupillen, befand ihn für weitestgehend gesund und entließ sie alle drei. Ruby seufzte erleichtert und schritt eilig zur Tür, in Richtung Gryffindor-Turm, doch wie so oft hatte sie sich zu früh gefreut. „Hey, O’Malley.“ Entnervt drehte sie sich um. „Was willst du, Wiesel?“ „Ach, weiß nicht.“ George grinste. „Vielleicht ein ‚Tut mir leid, dass ich dich mit einem Blumenpott abgeworfen habe’, oder sowas?“ Sie rang mit ihrem inneren Schweinehund und wollte etwas schrecklich Unhöfliches sagen. Aber so nervtötend sie auch waren und so viel Ärger sie ihr auch eingebrockt hatten: Fred und George Weasley hatten sich eben zwischen sie und eine Horde Slytherins gestellt, obwohl jeder sie für Harry Potters Komplizin hielt. Oder gerade deswegen? „Was wollt ihr wirklich?“ Die Zwillinge schwiegen eine Weile. „Mit dir reden.“ „Und warum sollte ich euch lassen?“ „Weil“, begann Fred und versuchte seinen aufrichtigsten Blick, „wir uns entschuldigen wollen.“ „Ich muss zugeben, damit hab ich nicht gerechnet.“ Ruby verschränkte die Arme, machte aber keine Anstalten zu gehen. Ermutigt traten die Zwillinge bis auf ein paar Schritte heran. Sie musterte sie mit hochgezogenen Augenbrauen. „Also?“ George holte Luft. „Es tut uns Leid, dass wir dich nicht mit Hector in Ruhe gelassen haben und dir gefolgt sind.“ „Und dass du deshalb nicht mehr in den Wald darfst.“ „Und dass Montague gehört hat, wie wir über Hector und dich geredet haben.“ „Und dass dich deswegen alle meiden.“ Ruby blickte sie finster an. „Also war tatsächlich alles eure Schuld.“ Sie nickten und sahen so geknickt drein, dass ihre Wut ein wenig abflaute. „Die letzte Woche war schrecklich, und das allein euretwegen“, begann sie, doch ihr wütender Ton spiegelte sich nicht mehr in ihren Augen wider, „aber ich weiß eine Entschuldigung zu-“ Die Tür rechts neben ihnen schwang auf. „O’Malley, Weasley! Auf ein Wort.“ Professor McGonagall winkte sie in ihr Büro. Fred und George trotteten Ruby hinterher und nahmen links und rechts von ihr auf den gepolsterten Lehnstühlen vor dem großen Pult Platz. Professor McGonagall ließ sich ihnen gegenüber nieder und blickte sie der Reihe nach streng an. „Professor Sprout hat mir von dem Zwischenfall vor Gewächshaus vier berichtet.“ Sie taxierte Ruby. „Miss O’Malley, ich hätte nicht erwartet, dass Sie sich auf eine Schlägerei einlassen.“ Ruby öffnete den Mund, doch Fred kam ihr zuvor. „Professor, das war genau genommen unsere Schuld.“ „Erklären Sie das bitte.“ „Also, es fing an in Geschichte der Zauberei. George und ich hatten uns unterhalten – und wir wissen, das war falsch und wird nicht noch mal vorkommen – und Montague hat mitgehört. Jedenfalls hat er die ganze Geschichte dann verdreht und jedem erzählt, dass das Monster aus der Kammer des Schreckens im Wald wohnt und Ruby es sozusagen versorgt oder was auch immer.“ „Und was konnte Mr Montague den Anstoß zu einer solch haarsträubenden Behauptung liefern?“ „Eventuell“, begann George und sah äußerst geknickt drein, „haben wir spekuliert, ob im Wald nicht ein Drache wohnt.“ McGonagall fiel aus allen Wolken. „Weasley, erklären Sie mir das!“ Und Fred und George erzählten. Ruby saß stumm zwischen ihnen und lauschte. Dass die Zwillinge den Nagel auf den Kopf getroffen hatten, behielt sie für sich. Wie zahm Hector auch hin und wieder war, laut dem britischen Zaubereigesetz war es strikt verboten, einen Drachen ohne offizielle Genehmigung aufzuziehen oder gar zu halten. Und dass sich ihr illegaler Drache auf Schulgelände befand, geschützt nur durch den Ruf des Waldes, machte es auch nicht besser. Ruby schreckte aus ihren Gedanken, als Professor McGonagall sie ansprach. „Miss O’Malley, ist das wahr?“ „Ich- jaah, also wir haben uns zufällig in der Bibliothek getroffen, und ich hatte in diesem Buch über Drachen nachgeschlagen, und vielleicht hat es sich so angehört, als hätte ich einen Namen für einen Drachen gesucht. Aber Professor, wie hätte ich einen Drachen ungesehen in den Wald schmuggeln können? Spätestens bei seinem ersten Rundgang wäre das Hagrid aufgefallen, nicht wahr?“ McGonagall schwieg und fixierte einen Punkt hinter den Dreien. Einerseits wollte und konnte sie nicht glauben, dass Ruby, eine der vorbildlichsten Schülerinnen ihres Hauses, einen Drachen auf das Schlossgelände geschmuggelt hatte, geschweige denn, dass sie überhaupt einen besaß. Andererseits war sie vor allem aufgrund der letzten Ereignisse in höchster Alarmbereitschaft. Die meisten Schüler waren allein schon der Schrift an der Wand wegen in heller Aufregung, und die Gerüchte um O’Malley würden die Panik sicherlich nicht lindern. Sie schenkte solchen Behauptungen keinen Glauben (erst recht nicht, wenn sie von einem so unfairen Sportsmann kommen, fügte sie bitter hinzu), allerdings war es ihre Pflicht, diese Angelegenheit zumindest zu überprüfen. Fred, George und Ruby saßen wie auf Kohlen vor ihrer Hauslehrerin; dass eine harmlose Spekulation über ein Buch so ausarten konnte, hätten die Zwillinge nicht gedacht. Fred warf Ruby einen schnellen Blick zu, doch sie beachtete ihn gar nicht: Wenn Professor McGonagall der ganzen Sache Glauben schenkte, stand nicht nur ihr Verbleib auf der Schule, sondern auch Hagrids Job und vor allem Hectors Zukunft auf dem Spiel. Nervös spannte sie sich an, als ihre Lehrerin einen Entschluss gefasst zu haben schien. „Ich werde die Angelegenheit mit Professor Dumbledore besprechen. Sie drei können gehen. Und Miss O’Malley, auch wenn es eine Provokation war, Sie hätten Mr Montague nicht angreifen dürfen. Ich muss Sie eine Woche nachsitzen lassen.“ George atmete erleichtert aus; Professor McGonagall war nicht so unfair wie Snape. Sie würde sicher das Richtige tun – zumindest hoffte er, dass sie es tun würde. Er trat hinaus auf den Korridor und drehte sich zerknirscht grinsend zu seinem Bruder und Ruby um – er musste beinahe in die Knie gehen, um der Faust auszuweichen. „Sonst bist du noch ganz sauber?“, zischte Fred, der in einen Laufschritt verfallen war, um das brodelnde Mädchen ja weit weg von McGonagalls Büro zu locken, bevor sie den ersten Treffer landete. Ruby hetzte ihm nach und schlug auf seinen Rücken ein, bis George einen Arm zu fassen bekam und ihn ihr auf den Rücken pinnte. Sie strauchelte und hing wie eine verdrehte Puppe im Griff des Rotschopfs, der sie jetzt ähnlich schockiert wie sein Bruder anstarrte. „Noch ganz sauber?!“, knurrte sie und mühte sich ab, leise zu sein. „Euretwegen werden sie jetzt wahrscheinlich den Wald durchsuchen, habt ihr Genies auch nur mal im Ansatz daran gedacht, was das für Hector bedeuten könnte?!“ Ob die Klone von Hectors Identität bereits wussten, war ihr egal. Sie holte mit der Anderen wahllos aus und verfehlte, weil sie vor lauter Tränen kaum etwas sah. Die ganzen tagelang angestauten und unterdrückten Tränen bahnten sich jetzt ihren Weg über ihre eingefallenen Wangen; sie brachen im Flug das dämmrige Tageslicht, wenn sie sich gegen den Griff wehrte wie ein Tier in der Falle; kühl landeten sie auf Georges Handgelenk und zogen eine kurze, salzige Spur, bevor sie auf den Boden tropften. George folgte ihnen mit den Augen, doch Fred ging in die Offensive: „Grad haben wir versucht, dir zu helfen, und als Dank werden wir angemeckert?“ „Zu helfen? Zu helfen? Euretwegen werden sie Hector finden, und dann fliege ich von der Schule, Hagrid verliert seinen Job und Hector werden sie schlimmstenfalls töten! Und du glaubst, du hast mir geholfen?!“ Sie wehrte sich gegen den Griff, doch weil sie ihn nicht brechen konnte und Fred in seiner Aufregung einen Schritt an sie herangetreten war, knurrte sie zornig und biss ihm in die Schulter. Fred schrie, mehr vor Verwunderung als vor Schmerz, und George, schwankend zwischen Schock und Belustigung, ließ ihren Arm los; Ruby stolperte ein paar Schritte nach vorn, bevor sie sich noch einmal zu ihnen umdrehte. Sie öffnete den Mund zu einer finalen Beleidigung, doch ihre Wut war so groß, dass ihr die Worte fehlten; sie schloss den Mund, öffnete ihn erneut, wirbelte schließlich herum und stürmte den Gang entlang davon. Geistesabwesend rieb Fred seine Schulter und starrte ihr nach. „Würd mich nicht wundern, wenn sie nicht selbst das Monster ist. Die Zähne hat sie jedenfalls.“ Er drehte sich in die entgegengesetzte Richtung und ging einige Meter, bis er merkte, dass sein Bruder ihm nicht folgte. „Was ist?“, rief er. George wandte sich ihm zu. „Sie hat Recht.“ „Womit?“ „McGonagall wird sicher veranlassen, dass sie wen in den Wald schicken“, sagte George langsam. „Und weil es Hector gibt und Hagrid das weiß, stecken sie zu dritt drin.“ Zu fünft, wenn es schlecht läuft, fügte er stumm hinzu. Fred verdrehte die Augen. „Das ist nicht unser Bier.“ Er wies demonstrativ auf seine Schulter. „Sie hat mich grad gebissen und uns beleidigt, obwohl wir ihr helfen wollten. Mir jedenfalls kann sie gestohlen bleiben.“ Und er machte auf dem Absatz kehrt und ging, doch George folgte ihm nicht. Es vergingen vier Tage, bevor George seinen Plan in die Tat umsetzen konnte. Eigentlich wären es zwei gewesen, doch Wood, der wahrscheinlich besessenste Quidditchkapitän aller Zeiten, hatte die Anzahl der wöchentlichen Trainingsstunden erhöht, nachdem das Team Slytherins seine neuen Nimbus Zweitausendeins präsentiert und auch noch das Quidditchfeld unerhört oft reserviert hatte. Es war der Tag vor dem ersten Spiel der Saison. Sie hatten eine Doppelstunde Verwandlung vor sich, und nach der gestrigen Tortur durch ihren allseits ungeliebten Mannschaftsführer fühlten sich nicht nur die Zwillinge wie gerädert. Gähnend trat George hinter Angelina Johnson in das Klassenzimmer. Er bemerkte Ruby in einer der vorderen Reihen, und er hätte sie gegrüßt, doch sie drehte sich nicht um. Fred hatte ebenfalls bemerkt, dass O’Malley sich nicht mehr in den hinteren Reihen versteckte, doch anders als George war er ein wenig beleidigt, zumal ein Treiber der Extraklasse sich nicht einfach so beißen lässt. Er lächelte schnippisch und flüsterte George zu: „Sieh mal an, O’Malley mischt die Streber wieder ein wenig auf.“ „Lass sie doch“, murmelte George zurück. Fred war nachtragender als er, und George rechnete es ihm hoch an, dass er trotz Rubys Ausraster nicht auf die Seite der Anderen gewechselt hatte und sie nun ebenfalls ausgrenzte. Sie setzten sich auf ihren gewohnten Platz und holten die Bücher hervor. Einige Hufflepuffs blätterten schon zum zuletzt behandelten Kapitel, doch Professor McGonagall unterbrach sie. „Bevor wir beginnen, möchte ich Sie noch darauf aufmerksam machen, dass dem Kollegium Gerüchte zu Ohren gekommen sind, nach denen das angebliche Monster aus der Kammer des Schreckens nun im Verbotenen Wald haust. Ferner haben wir erfahren, dass einige von Ihnen bestimmte Schüler verdächtigen, mit diesem Monster Bekanntschaft geschlossen zu haben. Ich habe diese Anschuldigungen an den Schulleiter weitergegeben. Das gesamte Kollegium und Professor Dumbledore persönlich haben daraufhin das Waldgebiet nach einem Monster oder einem Hinweis auf ein Monster abgesucht und ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass die Vermutung sich als falsch erwiesen hat. Es wurden keine unbekannten Kreaturen gesichtet, die eine Gefahr für Sie darstellen könnten. Mit allen weiteren Geschöpfen ist unser Wildhüter bestens vertraut und ihre Ungefährlichkeit erwiesen – solange Sie nicht wider der Vorschriften handeln und den Wald betreten.“ Ihr blick ruhte eine Weile auf Fred und George, und für einen Moment schien der Anflug eines Lächelns um ihre Mundwinkel zu huschen. „Ich möchte Sie daher bitten, die Verleumdungen zu unterlassen und solchen Gerüchten keinen Glauben zu schenken. Was auch immer Mr Filchs Katze angegriffen hat, es wohnt weder im Wald noch hatte es erwiesenen Kontakt mit einem Schüler.“ Sie ließ ihre Rede eine Weile sacken, dann straffte Professor McGonagall die Schultern und begann den Unterricht wie gehabt. Ausnahmsweise ließ sie es sogar zu, dass die Schüler tuschelten, während sie die Bücher aufschlugen – gegen Gespräche während des praktischen Teils der Stunde war eh kein Kraut gewachsen. George fixierte seinen Waschbären mit einer Hand auf der Tischplatte, damit dieser nicht mitten im Zauberspruch Reißaus nahm. „Erklär mir mal eins, George“, murmelte Fred im Schutze der eifrig wiederholten Zauberformeln. „Wenn sie den Wald wirklich durchsucht haben – was ich nicht anzweifle – warum haben sie Hector dann nicht gefunden?“ „Gute Frage“, antwortete George. Er schnippte mit seinem Zauberstab; sein Waschbär gurgelte verärgert und sträubte sich gegen die Hand, die ihn festhielt. Er spähte nach vorn zu Ruby: Ihr Waschbär hockte zufrieden vor ihr, bevor er schrumpfte und zur Hälfte eine gläserne Suppenterrine wurde. Sie schüttelte kaum merklich den Kopf und verwandelte das erschrockene Tier zurück, ehe sie es erneut versuchte. Sein Tier biss ihm in die Hand, aber er schenkte ihm nur wenig Beachtung. McGonagalls Rede hatte ihn wieder daran erinnert, was er sich vor vier Tagen vorgenommen hatte: Dumbledore aufsuchen. Nach Kräuterkunde (und nach zehn Punkten für Gryffindor, die Ruby, offensichtlich wieder ein wenig die Alte, eingeheimst hatte), schmiss er seine Schultasche aufs Bett und schlängelte sich unter Lees Armen, die ihn sehnsüchtig in den Schwitzkasten nehmen wollten, hindurch nach draußen. Er stieg die Wendeltreppe wieder hinunter und ließ den Blick über die Gryffindors schweifen. In einer Nische am Porträtloch konnte er Rubys roten Schopf ausmachen (und ihm fiel auf, dass ihr Haar nur eine Spur dunkler war als Bills): Sie hatte ihre Bücher auf einem Tisch vor sich ausgebreitet und unterhielt sich mit einem Jungen. Er erinnerte sich, dass das Neville Longbottom sein musste, der in Rons Jahrgang war. Grinsend nahm er zwei Stufen auf einmal, denn anscheinend hatten nicht nur sie die Moralpredigt ihrer Hauslehrerin zu hören bekommen. Die Lehrer hatten vielleicht nur geblufft, aber der Glaube, dass Dumbledore persönlich den Wald abgesucht hatte, schien zumindest einigen Schülern die Zweifel zu nehmen, immerhin saß O’Malley nicht mehr in einer Sicherheitszone, und sie unterhielt sich auch noch mit jemandem! Nichtsdestotrotz, erinnerte George sich und stieß das Portrait so beschwingt beiseite, dass die fette Dame verschreckt aufschrie, du hast Mist gebaut und dafür stehst du jetzt gerade. „Herein.“ George öffnete die schwere Holztür. Sie glitt lautlos auf und offenbarte einen kreisrunden Raum. Unzählige Hexen und Zauberer schauten ihn neugierig aus ihren Bilderrahmen heraus an, wie er bedächtig die Tür ins Schloss fallen ließ und sich seinen Weg vorbei an den vielen, wahllos herumstehenden Tischen bahnte. „Mr Weasley, wie angenehm, dass Sie mich besuchen, wenn es auch ungewöhnlich ist, dass Sie allein erscheinen. Aber setzen Sie sich doch.“ Dumbledore saß an seinem polierten Schreibtisch, die Fingerkuppen aneinander gelegt und lächelte ihn an, als gäbe es nichts Erfreulicheres als einen Besuch von George zu bekommen. Er wies auf einen Stuhl vor sich und George nahm auf der äußeren Kante Platz. Die späte Nachmittagssonne schien durch die breiten Spitzbogenfenster, die einen herrlichen Ausblick auf die umliegenden Berge freigaben. Ihre Kuppen durchstachen den glühenden Horizont, und George wurde bewusst, dass er bedeutend länger gebraucht hatte, das Passwort des Wasserspeiers zu erraten, als angenommen. „Was führt Sie zu mir?“ Die freundliche Stimme unterbrach seine Gedanken; er richtete sich auf und räusperte sich. „Professor, ich wollte Sie wegen Ruby O’Malley sprechen.“ Es gefiel George ganz und gar nicht, wie seine Stimme klang. Er war doch hier, um etwas Gutes zu tun, und nicht, weil er bei einem besonders bösen Streich erwischt worden war. Dumbledore neigte den Kopf und blickte ihn unverändert freundlich an. „Ich habe die Kollegen angewiesen, den Schülern zu berichten, dass wir nichts Beunruhigendes im Verbotenen Wald gefunden haben, und auch, dass die Vorwürfe gegen Miss O’Malley offensichtlich aus der Luft gegriffen sind.“ „Das weiß ich, Sir, und zumindest Einige behandeln Ruby jetzt wieder normal. Aber ich wollte Sie eigentlich wegen etwas Anderem sprechen.“ Er biss sich auf die Lippe und wich Dumbledores Blick aus. Es war, als würde der Schulleiter in röntgen und schon längst wissen, was er sagen wollte, und das war George unheimlich. Er holte Luft und fuhr fort: „Und zwar wollte ich Sie bitten, Rubys Verbot bald aufzuheben. Professor Snape hat uns zwar zu dritt im Wald erwischt, aber erst nachdem Fred und ich uns reingeschlichen haben. Wir waren dadurch auch indirekt Schuld an den Gerüchten. Ruby hat nämlich in einem Buch über Drachen geblättert, und mein Bruder und ich konnten es nicht lassen, sie auszufragen und alles falsch zu interpretieren, und ich spreche auch für Fred, wenn ich sage, dass uns das und vor allem die Konsequenzen schrecklich leid tun.“ Er blickte Dumbledore wieder in die Augen und legte all seine Überzeugung in seine Stimme. „Ich kenne Ruby schlecht, obwohl ich seit drei Jahren in ihrer Klasse bin, aber ich und mein Bruder haben ihr Unrecht getan, weil wir sehr kindisch und gemein sind, und Sie mussten sie deshalb bestrafen und ihr etwas nehmen, was ihr jetzt so sehr fehlt, dass sie schon fast krank ist.“ Er straffte die Schultern. „Und ich möchte Sie hiermit bitten, auch in Freds Namen, dass Sie Ruby vergeben und uns bestrafen, weil wir alleine Schuld sind.“ Nachdem George geendet hatte, schwieg Dumbledore eine lange Zeit, die Augen hinter der Halbmondbrille unverwandt auf George gerichtet, der, obgleich unendlich erleichtert, wie auf Kohlen saß. Schließlich richtete er sich auf, holte einen Bogen Pergament hervor und tauchte die silbrige Adlerfeder in das große Kristallfass. Atemlos sah George zu, wie die Federspitze über das Pergament kratzte; er wagte weder, das Geschriebene über Kopf zu entziffern, noch Dumbledore zu unterbrechen. Letztendlich versiegelte der Schulleiter die aufgerollte Nachricht und faltete die Hände darüber. „Wie ich bemerke, Mr Weasley, sind Sie zu recht im Haus Gryffindor; nicht jeder hätte den Mut gehabt, solch einen Fehler, der Anderen schadet, zuzugeben und die Konsequenzen selbst auf sich zu nehmen.“ Er lächelte George breit an. „Ich sehe keinen Grund, warum Miss O’Malleys Verbot weiter bestehen sollte.“ Er reichte George das Pergament. „Bitte geben Sie das Professor McGonagall. Die Lehrkräfte werden umgehend informiert, dass Ruby das Betreten des Waldes wieder gestattet ist.“ Ungläubig starrte George erst das Pergament, dann Dumbledore an. Ein Grinsen schlich sich in seine Züge. „Ernsthaft? Und- und die Bestrafung?“ „Was das angeht, lasse ich Ihrer Hauslehrerin freie Hand.“ Er zwinkerte schelmisch. „Allerdings glaube ich, dass Professor McGonagall Ihre Ehrlichkeit ebenfalls zu schätzen weiß.“ Georges Grinsen verbreiterte sich. Das Pergament in der Hand, stand er auf und verbeugte sich sogar ungelenk. „Vielen Dank, Sir!“ Dumbledore gluckste. „Nun gehen Sie schon, Mr Weasley, Miss O’Malley würde es Ihnen sicher übel nehmen, wenn Sie ihr diese erfreuliche Neuigkeit allzu lang vorenthalten.“ George ließ sich das nicht zweimal sagen. Strahlend kurvte er um die Tische mit all ihren paffenden und surrenden Bewohnern, er flog die Wendeltreppe regelrecht hinunter und wäre hinter dem steinernen Wächter beinahe in Professor McGonagall gerannt. „Weasley, um Himmels Willen, machen Sie die Augen auf!“, sagte sie barsch und richtete ihren Hut. „Und was in Merlins Namen haben Sie ausgeheckt, dass Sie der Schulleiter sprechen wollte?“ „Andersrum, Professor, ich wollte ihn sprechen“, grinste George zurück, bevor er ihr die Pergamentrolle reichte. „Ich hab ihm den Zwischenfall mit O’Malley erklärt. Steht alles da drin.“ Seine Hauslehrerin warf ihm einen undeutbaren Blick zu, bevor sie das Siegel aufbrach und die Zeilen überflog. Immer noch grinsend, beobachtete George sie. Am Ende angelangt, sah sie wieder auf. „Ich muss zugeben, ich hätte das nicht von Ihnen erwartet. Das ändert aber nichts daran, dass ich froh bin, dass Sie es getan haben, und ich bin stolz, einen derart aufrichtigen Schüler in meinem Haus zu haben.“ Sie lächelte kurz, bevor ihr Blick seine alte Strenge zurück gewann. „Nichtsdestotrotz steht Ihre Bestrafung noch aus. So ungern ich es auch tue, ich werde Ihnen und Ihrem Bruder jeweils fünfundzwanzig Punkte abziehen müssen, weil Sie unerlaubt den Verbotenen Wald betreten haben, und das zum wiederholten Male.“ Georges Grinsen flackerte kaum merklich. Fünfzig Punkte hatten sie zwar schon einige Male verloren, aber nie auf einen Schlag. Allerdings fand er es angemessen, dafür, dass sie jemanden regelrecht in die Verzweiflung getrieben hatten. Er nickte und wandte sich zum Gehen, doch weit kam er nicht. „Weasley.“ Er drehte sich wieder um. „Professor?“ „Ihre Bestrafung war zwar notwendig, aber als Ihre Hauslehrerin habe ich auch das Recht, Sie zu belohnen. Da sie den Idealen des Hauses Gryffindor entsprechend gehandelt und einen Klassenkameraden der ungerechten Strafe entledigt haben, schenke ich Ihnen und Ihrem Bruder jeweils fünfzig Punkte.“ Ein kleines Lächeln schlich sich erneut in ihr Gesicht, bevor sie sich umwandte, dem Wasserspeier das Passwort nannte und die Wendeltreppe hinauf verschwand. Ungläubig schaute George ihr nach, bevor er in Richtung Gemeinschaftsraum davon spurtete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)