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Du und Ich

von

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Wer bin ich?

So!

Ich habe es geschafft =)

Ich habs hochgeladen xD

exestieren tuts ja schon lange, deswegen müsst ihr auch nicht lange auf chap 2 warten (das gibts ja au schon lange xD)

aber da die Verwalter von mexx recht beschäftigt sind, warte ich mit dem hochladen bis sich Situation etwas entspannt (ich habe das gefühl es wird nur schlimmer - letztes mal waren es weniger ffs die warten mussten :D)
 

also, hier viel spaß mit dem ersten chap!
 

tema
 

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Bald bin ich mit der Bäckerausbildung fertig. Und was dann? Soll ich die nächste Ausbildung anfangen? Vielleicht in der Mühle, beim Mehlkauf war ich dort schon oft und die Mitarbeiter wirken recht nett...

Ich lege das Handtuch zurück, nachdem ich meine Hände abgetrocknet hatte. Namine hatte mich vor ein paar Tagen darauf Aufmerksam gemacht, dass meine Ausbildung zur Bäckerin bald vorbei ist. Namine ist die freundliche Bäckerfrau, sie und ihr Mann bilden mich aus. Ich lerne in ihrem Familienbetrieb und wohne bei Namine, ihrem Mann Shouta und ihrer zehn Jahren alten Tochter Nanami. Nanami und ich, wir verstehen uns nicht so gut. Ich bin mehr als doppelt so alt wie sie, aber Nanami ist sehr frech und unhöflich mir gegenüber. Ihre Eltern sind jung und nett, in Namine und Shoutas Gegenwart verhält sie sich mir gegenüber auch recht freundlich, aber sobald die beiden weg sind... Nanami steht wie ein Schatten schlecht über dieser Ausbildung, obwohl es mir hier sonst gut gefällt. Doch das kleine Biest erinnert mich immer an alles Schlechte in meinem Leben.
 

Langsam laufe ich die Treppe nach oben, in mein Zimmer. Dort erwartet mich Tatsu-chan, mein kleiner Drache. Er ist nur so groß wie eine kleine Katze und hat eine türkis-hellblaue Farbe. Ich habe ihn total lieb, er ist mein ein und alles.
 

Ich streichle Tatsu-chan und begutachte die Kekse für Morgen. Morgen, am Sonntag, besuche ich immer das Meisterehepaar der Schreinerei, in der ich zuvor meine Ausbildung gemacht habe. Sie sind älter, 150 Jahre alt, doch typisch auch für unsere älteren Mitmenschen ist, dass sie im Alter noch viel Kraft haben. Sie bekommen auch keine Falten oder so was.
 

Die beiden sind total lieb, ich würde immer wieder liebend gern zu ihnen zurückkehren. Bei ihnen hatte ich die schönste Zeit meines Lebens. Das Arbeiten und Zusammensein mit ihnen war sehr vergnüglich und nach einem harten Arbeitstag schlief ich schnell ein und kam nicht ins Grübeln, warum ich mich nicht mit den Gleichaltrigen aus dem Dorf verstehe. Über meine Einsamkeit.
 

Ich tappe ins Bad, nehme die Zahnbürste und –pasta, werfe einen Blick in den Spiegel.
 

Ich, Yui Kazumi.
 

Dunkelblondes oder hellbraunes Haar, wie man’s nimmt. Meine Haare. Früher hatte ich, was üblich ist, ganz lange Haare. Jedoch haben mir die Dorfkinder ein „Loch“ in die Haare geschnitten… Danach trug ich sie hinten ganz kurz und vorne kinnlang. Der Bob war recht praktisch. Nun sind sie wieder gewachsen. Ich trage zwei Zöpfe und die restlichen Haare sind jetzt wuschelig kurz. So, etwas länger als kinnlang insgesamt, aber nicht bis zu den Schultern.
 

In meinen grünen Augen sehe ich ein zurückhaltendes, verunsichertes, sensibles Mädchen. Na ja, freundlich bin ich auch …
 

Aber meine extreme Schüchternheit behindert mich total. Ohne Mayu-samas Hilfe hätte ich mich nicht einmal getraut, Namine vor drei Jahren zu fragen, ob sie mich ausbilden könnte! In meinem ganzen Leben habe ich noch niemand getroffen, der schüchtern ist. Alle sind offen, herzlich und glücklich. Nur ich fühle mich allein, einsam, zurückgelassen.
 

Bin ich unnormal, weil ich nicht wie die anderen bin? Wieso fühle ich mich so? Ich wünschte mir, nicht mehr so allein zu sein. Denn ich fühle mich schon mein ganzes Leben allein. So wie es für uns Dorfler typisch ist, haben meine Eltern mich verlassen als ich 17 Jahre alt war um weiterzureisen und ich habe eine Ausbildung bei dem Schreiner-Ehepaar angefangen, weil sie mir so sympathisch waren. Mayu-san war wie eine Mutter für mich, da sich meine Eltern nie wirklich um mich gekümmert haben. Heute ist meine Sicht auf sie verwischt, da ich sie seit sechs Jahren nicht mehr gesehen habe.
 

Ohne das sie mich einmal besuchen kamen.
 

Wo sie wohl sind?

Ob ich ihnen nichts bedeute?

Oder ist ihnen gar etwas passiert?
 

Freunde hatte ich nie welche. Ich war immer allein, nur Tatsu-chan war bei mir.

Freunde habe ich keine. Ich bin immer allein, nur Tatsu-chan ist bei mir.

Mayu-san und Haruko-san stehen mir zwar bei, aber sie sind wie Ersatzeltern für mich, nicht wie Freunde. Außer ihnen gibt mir nur noch Tatsu-chan und die Schönheit der Natur die Kraft, zu bestehen. Ich liebe die Natur. Sie ist etwas umwerfendes, sie beeindruckt mich und es eins der wenigen Dinge, die mich lächeln lassen.
 

Mein Leben würden andere bestimmt als langweilig beschreiben, doch für mich ist es normal. Aufstehen, frühstücken, arbeiten, mit Tatsu spielen, die Natur genießen.
 

Manchmal sehne ich mich nach mehr, wenn ich die anderen Kinder lachen und rumalbern sehe. Was ich so tue ist schön und gut, aber eigentlich, denke ich oft, bin ich für meine eintönigen Tätigkeiten zu jung. Jedenfalls in meinem ersten hundert Jahren sollte ich doch noch mehr von der Welt haben… oder?
 

Ich spüle meinen Mund.

Denk doch nicht darüber nach, Yui.

Du stimmst dich nur negativ.

Ja ja… ich weiß ja …
 

Ich trockne mein nasses Gesicht, das ich mit Waschgel gereinigt hatte und gehe zu meinem Balkon. Ich setze mich in den Schneidersitz, das Schönwetterpüppchen flattert im Wind und ich betrachte den Sonnenuntergang. Mein Herz macht das ein Stück glücklich.
 

Ein größter Traum von mir ist, das Herz der Erde zu besichtigen, den Vulkan. Er steht auf einer mittelgroßen Insel auf der keiner lebt, da er aktiv ist. Dieser tolle Vulkan sorgt für das Gleichgewicht auf der Welt. Besondere Diener, die meist ihr Amt weitervererben, versorgen den Vulkan und die Insel. Zu so einem schönen Ort würde ich gerne mal gehen.
 

Ich gähne und strecke mich. Zeit ins Bett zu gehen. Ich schließe die Balkontüre, verabschiede mich mit einem Blick von dem Sonnenuntergang und schließe den Vorhang. Als ich im Bett liege, streichle ich über Tatsu-chan, der neben mir liegt. Mein Herz zieht sich zusammen, besonders abends spüre ich meine Einsamkeit. Versuche zu schlafen, sage ich mir und schließe die Augen.
 

Am nächsten Morgen wache ich auf, weil Tatsu in meinem Gesicht leckt – er leckt Tränen weg. Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, geweint zu haben, kann mir aber denken, wieso.

Es ist nicht so, dass ich unbedingt mit den Dorfkindern befreundet sein will.

Nur… ich hasse mich manchmal, weil ich es einfach nie schaffe oder geschafft habe, zu den anderen hinzugehen. Wir sind doch alle friedfertige Menschen.
 

Ich müsste ihnen nur zeigen, dass ich im Grunde nicht anders bin als sie, dass was zwischen mir und ihnen steht aus dem Weg räumen. Ich weiß nicht einmal wieso sie nichts mit mir zu tun haben wollen. Ich habe die Schule nicht lange besucht, nicht weil der Weg recht weit ist, sondern weil ich mich dort mit niemanden anfreunden konnte. Ich war ängstlich und habe mich nicht getraut, jemanden anzusprechen und keiner hat mich angesprochen. Mit der Zeit fühlte es sich sogar so an, als würden die anderen mich bewusst meiden und mich böse anschauen. Das hat mich fertig gemacht. Ich weiß nicht wieso, was ich getan habe …
 

Das kleine Biest schlägt die Türe auf und ruft: „Hey du Emo! Aufstehen, frühstücken!“
 

So werde ich jeden morgen begrüßt. Um es sarkastisch auszudrücken: Herrlich.

Wieso?
 

Ich beeile mich, damit die Familie nicht warten muss. Obwohl ich schon lange bei ihnen lebe, sehe ich sie als eine geschlossene Familie und mich als >Fremdkörper<. Wie, wenn man bei einer anderen Familie zu Besuch ist, bin ich freundlich und ruhig.
 

Am Tisch reichte mir Nanami Trinken und Essen, ich hasse ihre Heuchlerei. Ich klammere mich an den Gedanken, nach der alltäglichen Hausarbeit zu meinen zwei Freunden gehen zu können.
 

Ich ziehe die Türe hinter mir zu und trete in die Mittagsonnenstrahlen. Sie wärmen mich und lassen ein Lächeln auf meinem Gesicht ausbreiten. Ich hebe eine Hand über meine Augen um besser zu sehen. Häuser und Gärten erstrecken sich vor mir und ich weiß, zu welchem ich will.
 

Nachdem ich angeklopft habe, streiche ich mein Sommerkleid glatt. Es hat dünne Träger, ist schön körperbetont geschnitten, wirft ab der Hüfte Falten und Blumen sind darauf gestickt. In der kleinen, weißen Umhängetasche ist eine Tüte mit Keksen.
 

Eine mir gut bekannte Frau mit schulterlangen, braunen Haaren öffnet mir. Als sie mich sieht und ich sie, breitet sich auf unseren Gesichtern ein Lächeln aus. In meinem Inneren wird es wohlig warm und die Einsamkeit der Woche verwischt.
 

Wie sehr ich Mayu und ihren Mann Haruko vermisse, wird mir jeden Sonntag aufs neue klar. Mayu ist zu mir immer so freundlich. Sie umarmt mich und ruft dabei fröhlich aus: „Yui-chan! Wie schön dich zu sehen!“

„Mayu, ich komme doch jeden Sonntag!“; entgegne ich lächelnd.

„Lass dich anschauen. Wie hübsch du bist! Ich wusste es, das Kleid steht dir!“
 

„Nochmals viele Dank dafür.“ Sie hatte mir letzte Woche das Kleid geschenkt, für den Sommer, wie sie meinte.

„Schau mal Mayu, ich habe Kekse dabei.“ Ich zog sie aus der Tasche.

„Wenn die so gut schmecken, wie sie aussehen, dann hast du dich mal wieder selbst übertroffen.“

Sie nahm mir die Kekse aus der Hand. Ich wurde rot und wollte entgegnen ‚nicht doch’, da fuhr sie fort: „Aber Kind, komm erstmal herein! Wir stehen hier zwischen Tür und Angel.“
 

Als ich hinter ihr herein trete und meine weißen Sandalen ausziehe, spüre ich Glücklichkeit. Mit Lächeln kann ich gar nicht mehr aufhören. Da tritt Haruko hinzu, ich falle ihm um den hals und gebe ihm einen Kuss auf die Wange.

„Hallo Haruko-sama.“

„Hallo Schätzchen.“ Er streichelt einmal über meinen Kopf.

„Bei dem schönen Wetter habe ich im Garten den Tisch gedeckt. Yui-chan, du kannst deine tollen Kekse servieren.“
 

Ich stelle eine Platte mit den Keksen neben die Teekanne und setze mich auf meinen Stammplatz. Haruko, der mir gegenüber sitzt, meint: „Du siehst hübsch aus! Das Kleid steht dir.“

Bevor ich antworten kann, setzt sich Mayu, schenkt mir Tee ein und frägt: „Wie lief es diese Woche in der Bäckerei?“

„Eigentlich so wie immer. Ist nichts besonders passiert, aber Namine hat mich darauf Aufmerksam gemacht, dass meine Ausbildung bald fertig ist.“
 

„Namine und Shouta haben gute Arbeit geleistet. Probier nur diese Kekse!“, kommentierte Haruko, der gerade einen Keks isst. Jetzt greifen auch Mayu und ich zu.

„Ihr habt auch gute Arbeit geleistet! Den Nachttisch neben meinem Bett, den ich bei euch angefertigt habe, steht immer noch.“
 

Wir plauderten noch einiges, aßen Kekse und tranken Tee.
 

Ich fühle mich einfach herrlich, lehne mich zurück um gleich wieder aufzuspringen um Mayu zur Hand zu gehen, die den Tisch abdeckte.

„Du bist ein Schätzchen, Yui“, meint sie, als wir in der Küche zu zweit sind.

„Ist alles okay bei dir?“

Sie weiß von meinen Problemen mit den anderen, von den Nächten als ich wach lag oder mich in den Schlaf geheult habe, im Gegensatz zu Haruko.

„Ach, Nanami ist so wie immer, aber ansonsten geht’s mir recht gut.“

Sie streichelt mir durch die Haare. „Ach Kleines…“
 

Danach gehen wir wieder raus, dort sitzt Haruko mit Tatsu-chan.

„Schaut mal, wer gekommen ist!“

Erfreut setze ich mich zu den beiden. „Tatsu-chan!“ Ich streichle über seinen Körper und blicke Richtung Westen um festzustellen, dass die Sonne schon rot wird und bald untergeht.
 

„Ich glaube, ich muss los.“ Bei diesem Satz zieht sich in mir alles zusammen und ich schüttle den Gedanken an Nanami und das bevorstehende wachliegen weg, um ein eher gequältes Lächeln zu zeigen. Tatsu nehme ich auf meinen Arm und stehe auf. Haruko und Mayu begleiten mich zur Haustüre. Ich umarme beide.
 

„Bis nächsten Sonntag“, rufen die beiden, während ich loslaufe.
 

Mein Herz zieht sich schmerzend zusammen. Eine Woche. Dann sehe ich sie wieder. Lebe ich nur für diesen Tag?
 

Ich drehe mich um, winke ihnen zu, spüre noch einmal die Glücklichkeit ihre Gesichter zu sehen und antworte: „Bis Sonntag!“
 

Ich will die Antwort auf meine Frage gar nicht wissen. Verdränge alle negativen Gedanken, ist mein Motto. Nicht Nachdenken. Das macht mich fertig. Aber hast du jemals versucht, Gedanken zu verdrängen? Es ist schier unmöglich. Du denkst immer. Und wenn ich immer über mein Leben nachdenke, zerfrisst mich das. Ich weiß nicht was ich ändern soll…
 

Yui! Jetzt fängst du schon wieder an, Gedanken Platz zu schenken!, schimpf ich mit mir selber.
 

Auf meinem Weg zu dem Haus von Shouta und Namine sehe ich in der Entfernung, wie drei Gleichaltrige lachend von einem Picknick ins Dorf zurückkehren.

Der Knoten in mir ist sofort wieder da, auch die Einsamkeit, obwohl ich den Nachmittag in Gesellschaft verbracht habe und Tatsu-chan um mich herumfliegt.

Ich könnte kotzen.

Hier, mitten auf der Straße.

Was ist mein Problem?

So ein schöner Nachmittag, wieso soll mir das jetzt Schmerzen zufügen?

Ohrfeigen, könnt ich mich.
 

Bevor ich die Haustüre öffnen kann, macht Nanami auf und als sie mich sieht, sagt sie: „Eh, Emo ist auch wieder da, von ihrem ‚alten Leute treffen’. ICH gehe jetzt zu MEINEN FREUNDEN, die in MEINEM ALTER sind und mache PARTY! Also mach den Weg frei, Emo!“ Damit trampelt sie an mir vorbei und zieht die Haustüre vor meiner Nase zu.
 

Geballte Wut wirbelt in mir herum. Doch mit den aufsteigenden Tränen, die ich versuche zu unterdrücken, werde ich schwach und klein. Die Wut verflüchtigt sich so schnell, wie sie kam. Innerlich schwanke ich. Wieso macht mich das nur so fertig?!
 

Ich ziehe de Türe auf, die Sandalen aus und trage sie in mein Zimmer. Zu Namine und Shouta sagte ich im Wohnzimmer „Gute Nacht“, um danach auf meinem Balkon Platz zu nehmen. Die Tränen rinnen an meinen Wangen entlang.
 

Wie jeden Abend beobachte ich den Sonnenuntergang. Tatsu-chan, der um mich herumwatschelt und die Schönheit der Natur, wie zum Beispiel die schattenwerfenden Bäumen und das Licht, das sich in einem Teich spiegelt, ist Balsam für meine Seele. Sie pustet sanft meine negativen Gedanken weg und hinterlässt nur das angenehme Gefühl der grenzenlosen Schönheit von ihr.
 

Erst als der Mond und die Sterne den Himmel bedecken und meine Augenlieder drohen zuzufallen, gehe ich ins Bett. Meine Gedanken geklammert an den Anblick des Himmels, schlafe ich ein.
 

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nicht vergessen:

Namine = Mutter

Nanami = Tochter

!! :D
 

Hoffe es hat euch gefallen und ich freue mich riiiießig über kommis!
 

tema

Wer bist du?

Viel Spaß mit dem 2. Kapitel ^^

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Yui, kannst du eben aus dem Nebenraum Mehl holen?“, ruft Shouta mir zu.

„Klar!“ Ich eile zum besagten Raum um festzustellen, dass gerade noch circa 500 Gramm Mehl übrig sind. Der Raum ist düster und staubig, wir kommen hier selten zum Putzen, weswegen ich genau überprüfe ob wirklich in keiner Ecke noch ein voller Sack steht. Fehlanzeige.

„Yui? Kommst du?“ ruft Shouta.

„Wir haben kein Mehl mehr“, entgegne ich und bringe ihm das Bisschen, was ich gefunden habe.

„Das reicht aber nicht lange!“

In dem Moment betritt Namine die Backstube. „Die Brötchen gehen aus!“

„Und bei uns das Mehl. Yui und ich verarbeiten noch das bisschen, was wir haben, schieben es in den Backofen und gehen dann zur Mühle. Holst du die Brötchen dann wieder raus, Namine?“

„Okay“, sagt sie, gibt Shouta einen Kuss und verschwindet wieder nach vorne.
 

„Gut, dann halten wir und mal ran, Yui.“
 

Der Montag ist im Grunde ein schöner Tag. Normalerweise bin ich montags noch fröhlich, wegen meinem sonntäglichen Besuch bei Mayu und Haruko. Früher lenkte mich das Erlernen neuer Dinge vom Nachdenken ab, doch Brötchen backen gehört zur Grundübung jedes Bäckers und die Produktion lässt mir leider genügend Gedankenfreiheit. Ich versuche negative Gedanken zu verdrängen und darüber nachzusinnen, dass heute mal etwas außerhalb der Routine passiert. Wir gehen gleich zur Mühle, dass heißt, wir müssen einmal quer durch das Dorf.
 

Ich laufe selten durch das Dorf, wieso sollte ich auch allein herumlaufen? Am Ende ignorieren mich die anderen eh nur oder ärgern mich sogar. Das tun sie aber nur, wenn Nanami auch dabei ist. Es ist fast so, als würde sie die anderen gegen mich hetzen… wieso nur?
 

Deswegen ist es eigentlich ganz nett, mit einem Ziel durchs Dorf zu laufen. Das gibt etwas Selbstbewusstsein, ich weiß dann, wieso ich da bin und das ich auch einen berechtigten Grund habe. Auf den Platz, das ist der allgemeine Treffpunkt in der Mitte unseres Dorfes, gehe ich nie nur zu meinem eigenen Vergnügen. Die Blicke der anderen und ihr tuscheln lassen mich sofort bezweifeln, ob ich überhaupt berechtigt bin, den Platz zu betreten.
 

Das Blech mit den Brötchen schiebt Shouta in den Backofen und streicht sich mit der mehligen Hand über die Stirn. „Gut. Lass uns losgehen.“

Ich nicke.
 

Shouta schiebt die leere Schubkarre, die wir nachher mit Mehlsäcken beladen werden, während ich neben ihm hergehe. In einer Backstube hat es die konstante Temperatur von 30°C, weswegen mich der Umschwung auf 15°C Außentemperatur frösteln lässt. Jedoch strahlt die Frühlingssonne hell vom Himmel herab und wärmt mich. Auch die Tiere genießen die warmen Sonnenstrahlen, nicht weit vom Weg entfernt sonnt sich ein Kätzchen. Hinter dem Tier erstrecken sich die Wiesen.

Ich bin 23 Jahre alt.

Damit noch eine Jugendliche, obwohl mein Verhalten darauf gar nicht schließen lässt. Jugendliche wird Nanami auch schon genannt, meist ist man das ab zehn Jahre bis man dreißig wird. Dann gilt man bis zum 100. Lebensjahr als „Junge Erwachsene“. Die nächsten 100 Jahre verändert man sich äußerlich gar nicht mehr, ganz im Gegensatz zu meiner Alterklasse, auch ich bin noch im Wachstum. Ob ich noch größer werde? Ich bin ja relativ klein…
 

„Hat Namine es dir gesagt? Deine Ausbildung ist so gut wie fertig. Hast du dir schon überlegt was du dann machen willst, Yui?“

Er sieht mich nur kurz von der Seite an.

Mein Blick gleitet über den Lupek Karistos, ein Kalkstein, mit dem der Platz gepflastert ist. Haruko-san hält mir oft den Wert von Lupek Karistos vor Augen und wie teuer es war, den ganzen Platz damit einzudecken. Selbst der Brunnen in der Mitte ist aus diesem Kalkstein. Für mich ist Geld nicht von Wert. Als wertlos würde ich es nicht beschreiben, aber für mich ist dieser Anblick, wenn die Sonne auf den Stein fällt und Schatten und Licht auf dem gut polierten Stein sich spiegeln, während der Brunnen munter vor sich hin plätschert, viel wertvoller.
 

An meine Zukunft hatte ich gar nicht mehr gedacht. Die negativen Gedanken und ihre Verdrängung haben mich viel zu sehr abgelenkt. Auch jetzt lenken mich meine Gedanken so ab, dass ich fast vergesse Shouta zu antworten.

Wie peinlich!
 

„Oh, ähm, stimmt genau, hat sie. Ich hab mir noch nichts überlegt. Vielleicht mache ich noch einmal eine Ausbildung im Dorf.“

„Ach so.“

Die Antwort enttäuscht mich etwas. Er hatte nur gefragt, weil das die Höflichkeit gebietet. Hätte er wirklich Interesse an einer Antwort oder an meiner Zukunft, hätte er mehr gesagt. Etwas wie: „Wieso?“, oder „Du bist doch eine gute Bäckerin, wieso willst du nicht ein eigenes Geschäft eröffnen?“, aber ich weiß das Shouta so nicht ist. Höflich ist er mir gegenüber und auch ein gerechter Lehrer, aber nicht mehr.
 

So in den Gedanken bemerke ich erst vor den Toren, dass wir bei der Mühle angelangt sind.

„Shouta! Wie geht’s?“ Mit einem festen Handschlag begrüßt der Mühlenbesitzer, dessen Name mir nicht einfallen will, Shouta.

„Hey, und Yui Kazumi! Schön dich zu sehen!“
 

Dieser fröhlicher, immer positive, recht laute und ehrliche Mensch ist wohl einer der wenigstens die, bei den Worten >schön dich zu sehen, Yui<, das meinen, was sie sagen. Nanami meint es sarkastisch und die meisten anderen sagen es aus reiner Höflichkeit… Eigentlich tun wir alles aus Höflichkeit. Wir sind friedlich und freundlich, aber selten sind wir das, weil wir einander wirklich gern haben, sondern weil es sich so geziemt.
 

„Kazumi… Stimmt, du durftest dir auch schon einen Zweitnamen aussuchen. Darf man das nicht schon mit zehn Jahren? Ich erinnere mich gar nicht mehr an meinen Zweitnamen, so lange bin ich schon verheiratet und habe meinen Familiennamen!“ Er lacht fröhlich auf.

Sein Lachen ist nie ein ironisches oder bösartiges. Ich mag ihn.
 

Shouta stört es eher das der Mühlenbesitzer mit mir redet, er möchte lieber das Mehl holen und wieder gehen, da er unter Zeitdruck steht. Er möchte nicht, dass die Produktion zum Stillstand kommt. Besonders im Frühling und Sommer reisen viele Dorfler umher, um sich ein neues Dorf zum Niederlassen auszusuchen. Unser Dorf liegt in der Nähe einer Hauptstraße, die Reisenden kommen hierher um ihr Proviant aufzufüllen. Deswegen haben wir in diesen Jahreszeiten den meisten Absatz.
 

Auch der Mühlenbesitzer bemerkt es und führt uns zum Lager. „Hier bitte. Ihr wollt vier Säcke, richtig? Kieko, kannst du hier mal vier Mal Weizenmehl aufladen? Danke!“ Weiter an Shouta gewandt: „Kommst du kurz mit ins Büro wegen der Zahlung? Ich hab grad keinen Geldbeutel zur Hand. Yui kann ja darauf achten das mein Neuling, Kieko, alles richtig macht.“ Er lacht wieder. Dieser Kerl lacht wirklich gern, stelle ich grinsend fest. Er bringt einen auch zum Lachen. Doch etwas mulmig ist mir schon, allein auf Shouta zu warten.
 

Während Shouta davongeht, kommt ein Junge in meinem Alter auf mich zu. Ich habe ihn noch nie gesehen. Das überrascht mich, bei uns im Dorf war noch nie ein Fremder. Ich hatte gedachte, es wäre ein anderer Kieko… Oder ist das nicht Kieko?

Ohne mich zu beachten lädt er den ersten Mehlsack auf.
 

Gerne würde ich ihn fragen, ob er Kieko ist.

Woher er kommt.

Seit wann er im Dorf ist.

Theoretisch ist es doch ganz einfach, ich müsste ihm doch nur eine ganz normale Frage stellen! Wieso bekomme ich das nicht hin? Es ist doch nicht schwer!

Einfach nur den Mund aufmachen…
 

Auf einmal bekomme ich richtig Panik, dabei habe ich noch gar nichts gemacht oder gesagt. So sehr wirft mich der Versuch, jemand Fremdes anzusprechen, aus der Bahn. Über diese Tatsache erschrocken, zucke ich zusammen.

Bin ich das - ? Bin ich das geworden?
 

Er lädt den dritten Mehlsack auf. Gleich ist er fertig, dann ist meine Chance vorbei! Meine Hände werden feucht und ich kann meine Stimme kaum kontrollieren als ich ihn halblaut frage: „Bist du Kieko?“

Erleichtert sehe ich auf. Ich habe es ausgesprochen.

„Ja.“ Es klingt richtig kühl, abweisend.

Habe ich etwa etwas Falsches gesagt?

Nein, bestimmt nicht…

Vielleicht mag mich einfach niemand. Möglicherweise hat das mit meiner Aura zu tun? Wenn er schon abgeneigt ist mit mir zu reden, wenn ich ihn nur nach seinem Namen frage! Ich werde nie Freunde finden… Ich bin dazu unfähig. Dann brauch ich mich auch nicht mehr überwinden…
 

Es hatte sich nicht gelohnt…

Es wird sich nie lohnen.
 

Nein Yui, so darfst du nicht denken!!!

Enttäuscht blicke ich zur Seite, der fremde Kieko lädt den vierten und letzten Mehlsack auf und verschwindet.
 

Als er geht, sehe ich ihm hinterher. Es ist das erste Mal, dass ich ihn direkt anschaue. Er sieht recht gut aus, fällt mir auf. Größer als ich, mit wuscheligen Haaren. Im Nacken sind die Haare kurz, aber der Pony fällt ihm in die Augen. Ansatzweise erkenne ich Muskeln, jedoch ist er dürr. Was nicht unbedingt schlecht aussieht. Es ist etwas ungewöhnlich, Geschmackssache vermutlich. Mir gefällt es.
 

Plötzlich dreht er sich um. „Mein Name ist Kieko Ai Kazuya.“ Dann entschwindet er um die Ecke.
 

Er lässt mich verwirrt zurück. Warum hat er sich noch einmal umgedreht?

Shouta kommt auf mich zu. „Lass uns gehen.“

Wortlos laufe ich neben ihm her.

Wieso hatte dieser Kieko es für nötig gehalten, mir seinen ganzen Namen zu verraten?

Wieso mir unbedeutendes Ding?

War das eine Entschuldigung für seinen kühlen Tonfall von davor?

Ich kann mir keinen Reim daraus machen, doch langsam schleicht eine tief vergrabene Hoffnung in mir hoch. Etwas, dass ich eigentlich für immer verbannt habe, weil es mich eh nur verletzt.
 

Die Hoffnung Freunde zu finden.
 

Ohne es zu wollen, steigt meine Hoffnung Schritt für Schritt.

Ich habe mich überwunden, ihn angesprochen! Und er hat mir zweimal eine Antwort zu geben… Kann ich ihn dann vielleicht erneut ansprechen? Möglicherweise heute nach der Arbeit?
 

Jeden Tag sehe ich meine glücklichen, herumtobenden und Spaß habenden Gleichaltrigen, nur ich schaukle im Schatten. Gibt es nun zum ersten Mal in meinem Leben etwa eine Situation daran etwas zu ändern?!
 

Meine Hoffnung steigt ins unermessliche und meine realistische Seite befürchtet, dass ich sehr enttäuscht werde. Tut sie das zu Recht?
 

Aber gegen die Hoffnung komme ich nicht mehr an. Sie ist eine gewaltige, positive Kraft die in mir förmlich anfängt zu kochen und zu sprudeln. Doch der Deckel des Topfes ist geschlossen und die Kraft kämpft dagegen an… Dagegen, dass alles beim alten bleibt. So geht es nicht weiter! Ich will nicht dass es so weiter geht!
 

Ich will es nicht!

Will es nicht!
 

Wie ein elektrischer Schlag durchzuckt es mich. Innerlich stehe ich so unter Druck, dass ich am zusammenbrechen bin. Ich muss mich total konzentrieren um noch ganz normal geradeaus laufen zu können, soviel Energie ist in mir plötzlich frei geworden. Meine Schritte wanken und ich kann kaum einen klaren Gedanken fassen… Arg!
 

Ich muss mich sammeln und zusammenreisen! Okay Yui, du wirst ihn noch einmal ansprechen. Wie ganz normale Jugendliche das eben machen.

Keine große Sache.

Du schaffst das!
 

Einatmen, Ausatmen. Es befreit mich nicht wirklich. Ich fühle mich hochexplosiv. Hoffentlich geht es nicht nach hinten los!
 

Wie, weiß ich nicht, aber ich überlebe die restliche Arbeitszeit. Als Shouta endlich „Feierabend!“ ruft, ist das erste was ich tue, blinzeln. Das erste was ich denke ist: Warum blinzelst du?
 

Die restlichen Gedanken lassen nicht auf sich warten und überfluten mich. Ich stürze in die Küche und mache mir erstmal einen Tee, das sollte mich beruhigen.

Die Nervosität lässt mich so zittern, dass mir fast das Porzellan aus den Händen gleitet. Ein großer Schwall Gedanken drängen sich heran, überfluten mich. Ich versuche diese zerspaltenden Gedanken mit viel Macht weg zu schieben.
 

Endlich ist die Möglichkeit gekommen, du kannst Freunde finden!!

Und was ist, wenn ich es nicht hinbekomme? Wie ich zittere!

Ach was! Mach dich doch nicht selber fertig! Komm, beweg dich, Yui!

Mein Kopf fühlt sich an, als würde er gleich in die Luft gehen.
 

Beim ersten Schluck des Tees verbrenne ich mir die Zunge.

Heiß, heiß, heiß!

Der körperliche Schmerz lenkt mich ab. Meine Gedanken kreisen für einen kurzen Augenblick nur um meine leidende Zunge. Ich trinke noch einen Schluck. Diesmal verbrenne ich mir nicht die Zunge, jedoch glätten sich die Sturmwellen in mir etwas.
 

Mit jedem Schluck des Tees werde ich ruhiger. Tatsu-chan tappst auf mich zu und ihn zu streicheln lässt mich zur Ruhe kommen und meine Gedanken eindämmen.
 

Dann gehe ich los. Einfach so.
 

Nachdem ich die Haustüre hinter mir zuziehe, überkommen mich wieder Zweifel, aber ich ignoriere sie so gut wie möglich. Auf dem Platz angekommen sehe ich den Grund, weshalb ich abends auf meinem Balkon die Natur genieße und nicht hier. Unverholen und feindselig starren mich >die Gleichaltrigen< an und fangen an zu tuscheln. Ich bin wie vor den Kopf geschlagen.

Wieso bin ich noch einmal hier?

Nein, ignorier sie! Diesmal machst du keinen Rückzieher! Du bist schon so weit! Willst du dass es so weitergeht wie bisher? Nein? Also!, schimpfe ich mit mir selbst und blicke mich nach dem Fremden um. So weit bin ich noch nie gekommen. Wo mag er nur sein? Hoffentlich nicht bei denen da! Immer hastiger wandert mein Blick und sucht alles ab.

Hier nicht, da auch nicht… Um diese Uhrzeit sind doch fast alle auf dem Platz! Wo mag nur er sein? Meine Ruhe rinnt dahin, langsam werde ich panisch.
 

Da fällt mir ein, ich stehe ja immer noch auf demselben Fleck, mitten auf dem Platz. Dort, wo ich die beste Sicht habe und die anderen mich auch alle sehen können! Ich sollte lieber aus dem allgemeinen Blickfeld gehen… Doch es ist zu spät.

Nanami hat mich entdeckt. „Was willst du hier? Verschwinde!“
 

Es klingt nicht sarkastisch oder herablassend, es klingt ernst und bösartig. Noch nie habe ich sie so reden hören. Dass wir überhaupt so reden können!

Die Blicke der anderen brennen mich förmlich nieder.

Bilde ich mir das ein?

Oder starren mich wirklich alle so zornig an?

Ich fühle mich klein, verloren, allein und zurückgelassen. Nackt und wehrlos bin ich dem Angriff der anderen ausgesetzt.

Ist es ein Angriff, oder bilde ich mir das alles nur ein??

Angst und Panik kriecht in mir empor. Als würden sie gleich einen Mob bilden und mich zu einem Scheiterhaufen führen, so komme ich mir vor.

Sekunde für Sekunde bröckelt und fällt all der aufgebrachte Mut.
 

Schließlich, ohne einen Befehl von meinem Gehirn zu bekommen, tritt mein einer Fuß zurück.

Gaanz langsam Yui!

Dann passiert auch nichts!

Die anderen kommen mir mehr wie wilde Tiger als Menschen vor.

Du lebst noch! Wenn du jetzt gehst, bist du noch nicht gebrochen…
 

Ich drehe mich um und will langsam gehen.
 

Du gehst, weil er nicht da ist und du bist deswegen enttäuscht, versuche ich mir einzureden. Es ist tausendmal angenehmer als der Gedanke an das, was direkt hinter mir ist.

Du hast es nicht geschafft, du bist eine Niete, Yui! Rückzug? Wie immer! Für was lebst du überhaupt?!

Geknickt lasse ich den Kopf hängen. Es soll wohl nicht so sein.

„Wird’s bald?!“, fauchte Nanami wütend. Andere würden sich umdrehen, auf Nanami zu rennen und ihr eine reinhauen.

Nur ich gehorche.

Meine Beine fangen an zu rennen, als würde mich etwas verfolgen. Ich investiere in jeden Schritt soviel Kraft, meine schlechte Kondition sollte schnell spürbar sein, aber sie erreicht mich nicht.

Die Tränen rinnen lautlos herab.

Der Schmerz zereist mich.

Die Gedanken sprudeln nur so, ich kann sie kaum in Worte fassen, sie sind so schnell wie Pistolenkugeln und durchlöchern mich.
 

Was hast du nur gedacht, Yui? Ein höhnisches Grinsen. Du könntest deine Situation ändern?! Sie spukt auf den Boden, als wäre ich das. Die böse blitzenden Augen starren mich an, aus dem Mund kommen noch viele hässliche Worte. So sehe ich Nanami vor mir, höre ihre Stimme meine Gedanken sagen.

Ein kleines Piepsen in mir sagt: Du machst dich selber fertig.

Ich weiß das, kann aber nichts dagegen tun.
 

Die Tränen strömen und ich fühle mich geohrfeigt, geprügelt.

Der Schmerz in den Beinen wird unerträglich, aber er lässt mich nur schneller rennen. Der körperliche Schmerz lenkt mich etwas von meinem, nun unermesslichen inneren Schmerzen ab. Ich habe es davor doch schon gewusst.
 

Längst habe ich das Dorf hinter mir gelassen. Auf meiner Brust springt eine Kette mit Anhänger hin und her. Haruko-san hat sie mir geschenkt. Er hat gesagt: „Für meine Yui. Weil du das schönste, tollste, liebste Mädchen auf der Welt bist! Es soll dir Glück bringen.“

Glück.

Meine zerfetzenden Gedanken rufen: „Schön?! Niemand ist hässlicher als ich! Toll?! Ich bin ein Stück Dreck! Lieb?! Ich bin es nicht wert, dass mich jemand lieb hat! Ich bin nicht Wert zu leben!“

Mit diesen Worten, die ich ohne zu merken laut ausgesprochen habe, reiße ich die Kette ab und lasse sie fallen. Ich komme aus dem Schritt und stolpere fast, kann mich gerade noch auffangen und weiter rennen.
 

Unter meinem tränengläsernen Blick sehe ich mich auf einen Baum zu rennen, kurz vor ihm stolpere ich erneut, fange mich am Stamm ab und lasse meinen Rücken daran herunter rutschen und mich ins Gras fallen. Ich beuge mich vor und hebe die Hände vor die Augen. Ich fange laut zu schluchzen an und der Tränenkrampf beutelt mich. Ich höre nur noch dumpf und leise den Gedankensturm im Hintergrund.

Wie lange hatte ich nicht mehr so richtig geweint?

Wie lange hatte ich diese Gedanken unterdrückt?

Wie ein gebrochener Damm strömt alles auf mich ein.
 

Ich weiß nicht, wie lange ich schon hier sitze. Die Hände im Schoss. Kurz fahre ich mit dem Handrücken über meine Nase. Dann starre ich wieder meine Hände an, ihre Oberfläche, die Kerben und Linien. Raschelndes Gras lassen mich aufblicken.
 

30 Meter von mir entfernt bückt sich jemand im Gras und hebt etwas auf – meine Kette. Er richtet sich auf, es ist Kieko. Ich habe es mir schon fast gedacht, der Körperbau hat mich an ihn erinnert. Beinahe lockt sein unpassendes Auftauchen ein Lächeln auf mein tränennasses Gesicht – aber nur beinahe. Mir geht es lange noch nicht wieder so gut.
 

Jetzt hat er mich auch entdeckt. Vermutlich sitze ich recht geschützt vor Blicken, hier unter dieser Weide. Aber er fixiert mich, nicht böse, jedoch so das ich merke, er hat mich gesehen. Langsam läuft er auf mich zu.
 

Geh doch weg!

Jetzt brauchst du auch nicht mehr zu kommen!

Gerade hat sich mein Verstand beruhigt, schon kommt der Gedankenwirbel wieder auf. Ich habe von diesem Typ genug und dem ganzen Wirbel in meinem Kopf! Nun will ich mich auch nicht mehr überwinden, denke ich schon leicht beleidigt.
 

Sag kein falsches Wort, ist mein Gedanke, als er vor mir steht. Ich sehe nicht zu ihm auf. Vor meinen Augen lässt er den Anhänger baumeln, als würde er fragen: Ist das deiner?
 

Ich ignoriere ihn. Wie mich alle anderen ignorieren. Reagiere kein bisschen auf ihn. Soll er doch wieder gehen!

Es ist fast befriedigend, ihn zu ignorieren.
 

Die Zeit vergeht. Hätte ich nur eine Uhr…

Wieso steht er da so lange?

Ist das ein Dickkopf-Wettbewerb?

Wer länger durchhält?

Nur damit du es weißt, ich gebe nicht auf!
 

Innerlich werde ich langsam unruhig. Er verhält sich so seltsam. Er sieht ungewöhnlich aus. Selbst seine Aura! Sie ist faszinierend… So einem Wesen bin ich noch nie begegnet. Wer ist er wirklich?
 

Und dann hebe ich meine Hand und nehme ihm die Kette ab. Während ich die Hände wieder in meinen Schoss lege, setzt er sich nicht direkt neben mich, sondern ein Meter entfernt und lehnt sich auch an den Baumstamm.
 

Er hockt einfach nur da, wie er davor vor mir gestanden hat. Jedoch verstreicht diesmal noch mehr Zeit, als vorhin. Aus irgendeinem Grund beruhigt jedoch seine Anwesenheit diesmal mich. Es kommen nicht tausend Fragen auf.

Seine Aura strahlt soviel Ruhe aus. Ich könnte hier schlafen, denke ich, so sicher fühle ich mich. Heute Morgen habe ich noch Schweißausbrüche in seiner Gegenwart gehabt und jetzt gefällt es mir, diese total verquere und komische Situation fühlt sich so gut an.
 

Die ganze Zeit war mein Blick auf die untergehende Sonne gerichtet, doch erst eben realisiere ich, dass sie untergeht! Bäcker müssen früh aufstehen, langsam sollte ich ins Bett gehen.

Mir wird bewusst, dass ich gar nicht weg will.

Am liebsten würde ich für immer hier sitzen!

Mir fällt auf, dass ich noch nie so glücklich in meinem Leben war.

Und in diesem Moment stehe ich auf. Man soll gehen, wenn es am schönsten ist.
 

Ich laufe einfach los. Nach ein paar Schritten drehe ich mich kurz um und sage: „Aufwiedersehen!“, und laufe weiter.

Wieder ein paar Schritte weiter höre ich hinter mir ein leises: „Auf Wiedersehen.“
 

Heißt das Auf-Ein-Wiedersehen?
 

_____

danke fürs lesen!

In kürze lade ich das nächste chap hoch
 

Freue mich über kommis~
 

tema

Ohne Freunde sind wir Nichts

Das chap steht wirklich schon ne Weile und ich frag mich, why das no net online ist.. egal, da habt ihrs (falls das überhaupt jemals jm lesen wird XD) :D
 

________
 

Je näher ich meinem Ziel komme, desto mehr realisiere ich, was gerade geschehen ist. Ich saß dort am Baum neben einem mir Fremden! Jedoch das Beunruhigenste daran ist, dass ich total ruhig geblieben bin…

Wieso nur?
 

Ich öffne die Haustüre, mein Kopf explodiert fast. Soviel Neues, Unverständliches! Als erstes setze ich mich auf meinen Balkon und lasse meine Gedanken zur Ruhe kommen… Davor schaffe ich es eh nicht zu schlafen.
 

„Yui! Da bist du ja!“

Der aufgeregte und besorgte Tonfall von Namine beunruhigt mich. Was ist denn jetzt noch…? Hoffentlich nichts mit Mayu oder Haruko! Das letzte Mal, als sie so geklungen und auf mich gewartet hat, war Mayu die Treppe runter gefallen und hatte sich die Hand verstaucht… Gerade will ich mir ausmalen, was ihnen Schreckliches passiert sein könnte, dass Namine diesmal auf mich gewartet hat, da redet sie weiter: „Wie lange behandelt dich Nanami schon so?“
 

Perplex sehe ich ihr direkt in die Augen und lasse vom Schuhe ausziehen ab.

Nanami?
 

„Entschuldige, du bist sicherlich gerade etwas überrumpelt! Wir haben vorhin mitbekommen, wie Nanami dich auf dem Platz behandelt hat! Ich… ich war total sprachlos! Meine Tochter? Ich konnte es gar nicht fassen…“

Sie nimmt meine Hand und führt mich ins Wohnzimmer, um mir einen Platz und einen Tee anzubieten. Total überrumpelt setzte ich mich. Noch nie hatte ich so richtig darüber nachgedacht, was wäre, wenn Nanamis Eltern von ihrem Verhalten mir gegenüber erfahren würden.
 

„Wie lange ist sie schon so… unfreundlich zu dir?“
 

Wie lange? Seit ich hier bin!

Obwohl…

Ich grüble ernsthaft über die Frage.

Ein genauen Zeitpunkt kann ich gar nicht bestimmen, es hat, glaub ich, schleichend angefangen.
 

Da ich nicht antworte, redet Namine weiter: „Wieso hat sie das nur getan? Ich bin total fassungslos! Yui, möchtest du mir etwas dazu sagen?“
 

Ihr lieber Blick, der mir Hilfe anbietet und so selbstlos ist, bringt mich fast zum Weinen. Sie ist so ein guter Mensch! Wie konnte sie nur so eine Tochter bekommen?

„Yui? Du kannst mir alles sagen!“
 

Ich weiß dass sie das ernst meint, und ich weiß, dass es stimmt. Ich kann ihr alles sagen, auch das mit ihrer Tochter… Kann ich … sagen…
 

Ich kann die Worte nicht mehr an mich halten und sie sprudeln geradezu nur so aus mir heraus.

„Naja, es hat schon ziemlich am Anfang begonnen, dass sie ziemlich… bösartig mir gegenüber war. Ich verstehe auch nicht wieso…“

Ich kann Namine, während ich rede, nicht in die Augen schauen. Ich würde es nicht ertragen. Die Teetasse umklammert, den Blick hinein gerichtet, schütte ich ihr einen großen Teil meines Herzens aus. Der Tag hat mich weich gemacht, die ganzen neuen, ungewohnten Situationen die ich hinter mir habe, nehmen mir die Blockade, mich Namine anzuvertrauen.
 

Als ich ausgeredet habe, kann ich sehen, dass meine Worte Namine verletzt haben. Sie tut mir richtig leid… es ist sicherlich nicht leicht, so etwas über sein Kind zu erfahren, besonders wenn man so ein lieber Mensch wie sie ist. Zum Glück habe ich ihr nicht verraten, dass ich manchmal denke, die beiden seien gar nicht verwandt.
 

Ihr Blick sucht meinen, sie versucht ihren Schmerz über die gerade erfahrenen Erkenntnisse hinter einer wohlwollenden und tröstenden Mimik zu verbergen, was ihr nicht ganz gelingt.
 

Schon bereue ich meine Worte. „Namine, es tut mir leid…“

Ich wollte sie nicht damit belasten, ich möchte für niemanden eine Last sein!

Ich streichle ihren Arm – ach du meine Güte, ich streichle ihren Arm! Ich bin über meine Offenheit, die ich plötzlich an den Tag lege, so erschrocken, dass ich in einer raschen Bewegung den Arm zurück ziehe.
 

„Yui, du musst dich doch nicht entschuldigen!“ Sagt Namine und umarmt mich. Überrascht erwidere ich die Umarmung.

Ich bin im falschen Film. Was ist das nur für ein Tag?!
 

„Ich glaube, wir sollten ins Bett gehen. Nanami wird ab sofort regelmäßig die Schule besuchen, so werdet ihr euch den Rest deiner Ausbildung kaum noch sehen. Ist das in Ordnung?“
 

Ich kann nur noch nicken.
 

In meinem Zimmer angekommen, lass ich mich auf mein Bett fallen. Ich schließe die Augen. Einen Wirbelsturm hab ich im Kopf!, denke ich und im nächsten Augenblick bin ich vor Erschöpfung eingeschlafen. Nicht einmal ein richtiger Wirbelsturm hätte diesen dringend benötigten Schlaf verhindern können.
 

~
 

Am nächsten Morgen habe ich schon fast Angst aufzustehen. Vielleicht war gestern alles nur ein Traum? Und selbst wenn nicht, kann ich mir kaum vorstellen, dass es besser werden könnte. Oder wenn Nanami mir jetzt über den Weg läuft? Ich glaube, sie würde mich umbringen.
 

Ich ziehe die Decke über meinen Kopf. Am besten ich schlafe einfach weiter…

Etwas läuft auf mich zu, ich kann es spüren. Eine nasse Schnauze berührt meine Stirn. Ja Tatsu, ich weiß, verstecken hat noch nie etwas gebracht.
 

Tatsu schiebt mit seiner Nase die Decke etwas zurück, so dass ich wieder etwas sehen kann. „Okay Tatsu, du hast gewonnen!“

Ich hebe ihn hoch und drücke ihn an mich, was ihm nicht ganz gefällt. Ich weiß, ich weiß, im Grunde hat er nur Hunger und ich soll ihn endlich füttern.
 

Ich stehe auf, strecke mich, schaue vorsichtig zur Türe raus und als ich Nanami im Flur nicht sehen kann tapse ich, gefolgt von meinem Drachen, die Treppe runter zur Küche. Seine Futterschüssel geschwind gefüllt…
 

Tatsu-chan ist mir so wichtig. Er ist das einzige, dass ich von meinen Eltern habe. Sie haben mir ihn dagelassen, als sie abgereist sind. Da war er noch kleiner, fast noch frisch geschlüpft. Seit dem begleitet er mich, ist immer für mich da, auch wenn Tatsu nur ein Tier ist gibt er mir viel Kraft. Ein zufriedenes Schmatzen erklingt. Mein kleiner Tatsu-chan.
 

„Guten Morgen Yui, beeil dich, wir fangen gleich an!“ Shouta tritt in den Raum, ich sehe das er schon bereit zum Arbeiten ist und ich habe mich noch nicht einmal umgezogen ..!

„Okay!“ Ich beeile mich und schon bald finde ich mich in der Bäckerstube wieder. Namine hatte mir zur Begrüßung ein Lächeln geschenkt, aber an ihren Augenringen konnte ich sehen, dass die Sache sie sehr mitnimmt. Ich wünschte, ich hätte früher meinen Mut zusammen genommen und mit ihr geredet… allein, weil sie mich verstanden hätte, ja, vielleicht hätten wir Freundinnen werden können. Aber meine Ausbildung ist so gut wie vorbei, bald werde ich sie kaum noch sehen… Traurig knete ich den Teig in meinen Händen.
 

„Yui!“ Ich drehe mich erschrocken um. Ganz dicht an meinem Ohr hatte ich grade die tadelnde Stimme meines Ausbilders gehört.

„Yui, was machst du mit dem Teig? Schön fest kneten!“

Ich nicke nur schnell, da sich auch Shouta wieder abwendet.
 

Ich sollte nicht wieder so negativ denken. Möglicherweise kann ich doch mich mit ihr anfreunden… und außerdem ist da noch der Fremde.
 

Der Fremde.
 

Wie soll ich mich nur verhalten? Soll ich wieder zu dem Baum gehen? Und wenn er nicht da ist? Aber er hat doch auf Wiedersehen gesagt…
 

„Komm, mir machen eine kurze Pause“, höre ich Namines Stimme. Shouta stimmt ihr zu. „Okay, gute Idee.“

Namine kommt auf mich zu. „Yui, lass uns einen Tee trinken.“
 

Da sitzen wir also wieder, wie gestern. Namine schenkt mir viele Lächeln in denen immer ein Ton Traurigkeit mitschwingt. Ich fühle mich mies. Belasten wollte ich sie nicht. Auf keinen Fall.

„Es tut mir leid, Namine… Ich wollte dich nicht so belasten…“

„Wieso belasten?“

Ich sehe ihr in die Augen. Sie scheint ernsthaft verwirrt.

„Wegen Nanami…“

„Mach dir deswegen bitte keine Sorgen…“ Und auf einmal lächelt sie ohne den traurigen Unterblick.

„Aber… aber du lächelst andauernd so traurig…“ So, jetzt hab ich es gesagt! Oh, das war bestimmt ein Schritt zu weit.

„Yui.“ Sie lacht!?

„Ich schaue traurig, weil ich traurig bin! Natürlich macht das Verhalten meiner Tochter mir zu schaffen, aber am meisten belastet mich, wie verschüchtert und ängstlich du bist! Und ich habe mit Schuld daran..“
 

Meine Augen weiten sich vor Verwunderung. Wegen mir schaut sie traurig? „Das bist du nicht! Ich war schon immer so…“ Ich weiß, das stimmt nicht ganz.
 

„Yui, ich möchte das du Freunde findest. Denn das ist wichtig, sie bauen einen auf und geben einen Halt. Ohne Freunde sind wir nichts… Weil wir Rückhalt benötigen, so sind wir Menschen geschaffen!“ Sie lächelt mich an. Ohne Traurigkeit. Freundschaftlich.

„Ich weiß, ich bin etwas älter als du, aber ich bin gerne deine Freundin.“
 

Ich hatte mich geirrt, als ich aufgewacht bin und dachte, es könnte nicht besser werden. „Da-danke… ich wäre auch gerne deine Freundin.“ Ich lächle sie schüchtern an.
 

„Na dann komm, lass uns weiterarbeiten!“ Sie stehst auf und hält mir ihre Hand hin – kurz erinnert es mich an Kieko - dann hebe ich meine Hand und lasse mir von ihr helfen aufzustehen, es zu wagen, mein Leben neu anzugehen.

Heute Abend werde ich wieder zum Baum gehen, zu Kieko. Namine, du hast mir die Kraft dazu gegeben.
 


 

Da lauf ich also, über das offene Feld. Gestern ist mir gar nicht aufgefallen, wie hoch schon das Grass ist. Ich kann schon den Baum sehen, eine Trauerweide. Der Baum muss uralt sein, er ist groß und sein Stamm hat einen unglaublichen Durchmesser. Alle anderen Bäume um ihn sehen dagegen wie Ästchen aus. Warum ich wohl gestern gerade an diesem Baum halt gemacht habe ..?
 

Während ich im Laufen die Weide betrachte, fällt mir auf, dass da jemand vor dem Baum sitzt… und ich kann mir gut denken wer.

Plötzlich werde ich aufgeregt.

Du bist wirklich gekommen!!

Was jetzt?

Soll ich dich begrüßen, mit dir reden?

Eigentlich kenne ich dich doch gar nicht!

Unschlüssig verlangsame ich meine Schritte. Doch du hast mich schon erblickt, deinen Kopf gehoben. Mir kommt die Szene von gestern in den Sinn, als du mir meine Kette gegeben hast. Du hast sie mir nicht einfach in den Schoss geschmissen… du hast mir soviel Zeit gelassen, wie ich gebraucht habe. Würdest du mir wieder soviel Zeit lassen, wie ich brauche, um mit dir zu reden …?
 

Du fixierst mich nicht mit den Augen, aber du ignorierst mich auch nicht. Du machst es mir so leicht… Ich setze mich neben dich. Kieko, ich möchte dir so vieles sagen, andererseits weiß ich nicht wo ich anfangen soll und ob ich überhaupt ein Wort herausbringe. Mein Herz schlägt schnell und mein Blick wandert zur Krone der Weide. So viele verzweigte Äste, Blätter und das Sonnenlicht, wie es sich einen Weg dadurch sucht und uns bescheint… uns beide hier.
 

Du kennst nicht mal meinen Namen.

Trotzdem bist du wiedergekommen.

Außerdem bist du so lieb zu mir.

Ganz ohne Worte.
 

Ich sollte mich be… „Danke.“ Du schaust mich von der Seite an und ich zeige wieder mein schüchternes Lächeln. Ich habe es tatsächlich gesagt!

„Gern geschehen.“ Du lächelst mich auch an, ebenfalls etwas zurückhaltend.
 

Zu gern hätte ich dir noch mehr gesagt, warum ich mich bedanke, aber ich bekommen einfach kein Wort mehr raus… und eigentlich müsste ich mich schon wieder bedanken weil du so gut reagiert hast! Ah!! Verstohlen blicke ich dich an. Obwohl wir friedliche Bewohner eines Planeten sind, habe ich schon soviele unfreundliche Menschen in meinem Leben kennen gelernt, aber auch freundliche, so wie Mayu und Namine. Nur jemand wie dich habe ich noch nie getroffen…
 

Ich wünsche mir das ich so ein guter Mensch wie du werden kann.
 

Vielleicht sollte ich jetzt damit anfangen… dir gegenüber. Das langweilt dich doch bestimmt, ewig neben einem Mädchen zu sitzen die kein Wort raus bringt.

Du musst die Geduld in Person sein…

Also Yui, gib dir einen Ruck!
 

„Mein Name ist Yui Kazumi und du heißt Kieko Ai Kazuya, richtig?“

Ich glaube das schüchtern Lächeln ist absofort meine eingebrannte Mimik.

„Hallo Yui Kazumi. Ja, das ist mein voller Name. Du kannst mich ruhig Kieko nennen.“
 

„Hallo Kieko-kun.“ Ich strecke dir vorsichtig meine Finger entgegen. Du nimmst sanft meine Hand in Deine und schüttelst sacht, selbst beim Händeschütteln bist du lieb. So nett hat bisher noch niemand meine Hand angefasst…

„Ach, du kannst mich ruhig Yui nennen.“
 

„Hallo Yui-san.“ Du lächelst mich freundlich an.

Ich werfe dir einen Blick zu, du brauchst mich doch nicht mit san anreden!

„Guten Abend, Yui-chan.“
 

Kichern.

Wieso kichern?

Ach so, ich kichere!

Ah, warum kichere ich? Schon werde ich rot. Und muss wieder kichern.

Weil es einfach lustig ist. Seit einer Minute sagen wir hallo. Ich kann gar nicht aufhören mit kichern und du lächelst mit.

Ich versuche mich wieder zusammen zu reißen. Vorgestern hätte ich mir so was nicht erträumen lassen und jetzt sitze ich tatsächlich mit einem mir Fremden hier und kichere rum! Obwohl, so Fremd bist du mir gar nicht mehr. Warst du mir gar nie. Ich hab mich von Anfang an hier unter der Weide, neben dir, wohlgefühlt. Als würde ich dich schon ewig kennen.
 

„Du arbeitest bei der Mühle?“, frage ich dich vorsichtig um erneut ein Gespräch anzufangen und mein Gekicher hinter uns zu lassen.

„Ja und du? Ihr habt Mehl gekauft…“

„Ich mache eine Ausbildung zur Bäckerin.“

„Oh, dann muss ich mal etwas kaufen kommen.“

Du lächelst mich an – unentwegt. Ich rede hier richtig mit dir, mache Small Talk oder wie man das nennt. Begreifen kann ich es nicht. Das ich dazu fähig bin…

„Ja klar, aber ich bin fast fertig mit der Ausbildung…“

„Was willst du danach machen?“ Bei deiner Frage wandert zum ersten Mal dein Blick von mir weg um kurz die Umgebung anzusehen und dann wieder zu mir zurück zu kehren. Als würdest du mir Bedenkzeit geben.

„Ich… ich weiß nicht. Vielleicht noch eine Ausbildung.“

„Bist du nicht gerne Bäckerin?“

„Doch und das Schreinern hat mir davor auch Spaß gemacht, aber ich kann mir nicht vorstellen nach dem Gesellen und Master ein eigenes Geschäft zu eröffnen… und da mach ich lieber noch eine Ausbildung… weil ich nicht weiß, was ich mit meinem Leben anfangen soll.“
 

So, jetzt ist es raus.

Ich habe es noch niemanden gesagt, kaum gedacht.

Dir erzähl ich es aber.

Weil ich dir vertraue, seit du mir die Kette gegeben hast.
 

Du nickst. „Bei sovielen Möglichkeiten weiß man gar nicht was man machen soll. Und in jungen Jahren schon aus dem Heimatdorf zu gehen um ein eigenes Geschäft zu eröffnen… das ist ein großer Schritt.“

„Du hast das aber getan, du bist weg von deiner Heimat.“ Ich sehe dir an, dass du maximal zwei Jahre älter wie ich sein kannst. Du hattest den Mut dazu, im Gegensatz zu mir. Du brauchst es gar nicht runterspielen, ich bin noch lange nicht so mutig wie du es bist.
 

Dein Blick senkt sich nach unten. Betrachtest du deine Hände?

„Ich ziehe umher, sehe etwas von unserer Welt. Gerade jobbe ich in deinem Dorf, dass mach ich immer dann, wenn das Geld knapp wird,“ sagst du als würdest du in einem ganzen Satz dein Leben mir erklärt haben.
 

„Du reist um die Welt? Das muss schön sein. Das würde mir gefallen.“ Ich blicke hinüber zu „meinem“ Dorf, wie du es genannt hast, bis mir klar wird, was ich gerade gesagt habe.
 

Mir würde das gefallen.
 

Deine Augen blicken wieder in meine. Du siehst wahrscheinlich, wie überrascht ich bin. Ich habe tatsächlich etwas gefunden, was mir gefallen würde. Schnell setze ich hinterher: „Aber ganz allein rumreisen… das könnte ich nicht!“
 

„Das musst du auch nicht.“ Du lächelst mich an und etwas verschwörerisches, gleichzeitig verschmitztes, liegt in deinem Blick.

„Du kannst mich begleiten.“
 

Dich begleiten?
 

„Aber wir kennen uns ja kaum…“, setzt diesmal du schnell hinterher.
 

Doch, der Gedanke gefällt mir auch. Mit dir um die Welt reisen… Auf einmal kann ich mir gar nichts schöneres mehr vorstellen. Auch wenn Zweifel in mir aufkommen. Kann ich meinem instinktiven Vertrauen in dir glauben?
 

„Das wäre schon schön… mit dir um die Welt reisen. Du musst doch noch eh etwas Geld verdienen, oder? Und ich arbeite weiterhin in der Bäckerei, da meine Ausbildung vorbei ist, kann ich jetzt auch mehr Geld verdienen. Abends können wir uns immer hier treffen und uns kennen lernen… das wärs doch.“

Ich lege meinen Kopf auf die Knie. Woher ist denn die Idee plötzlich entsprungen? Nein, die brauchst du nicht ernst nehmen…
 

„Okay.“ Ich blicke erstaunt zu dir, du lächelst mich wieder an.

„Machen wirs doch so… am Ende kannst du dich immer noch entscheiden, ob du mit gehen möchtest.“
 

~
 

So ist es also gekommen. Schon seit einer Woche halten wir es so, wie ich in meiner Spontanität gesagt hatte. Namine war sofort einverstanden, mich für die Arbeit voll zu vergütern. In der Ausbildung bekommt man nicht soviel Geld, schließlich nehmen sich die Ausbilder Zeit und erklären einem alles, man lebt bei ihnen und besonders am Anfang beteiligt man sich an der Produktion nur mässig. Doch jetzt stehe ich als gelernte Aushilfskraft zur Verfügung und für die paar Wochen möchte mir Namine keinen Unterhalt berechnen.
 

Die Gespräche mit dir waren immer so ungezwungen und langsam habe ich das Gefühl, dass ich auch etwas lauter rede und nicht mehr so zurückhaltend leise. Ich weine mich nicht mehr abends in den Schlaf. Denn nun habe ich ein Ziel, worauf ich hin arbeite. Ob ich mit dir mitgehe, stelle ich gar nicht mehr infrage. Es ist schon so vor meinen Augen, ich kann es fühlen, mit dir unterwegs…

Der Abschied naht

„Hallo, Haruko-san!“ Winkend trete ich auf die Terrasse und Haruko entgegen.

„Hallo Schätzchen! Ist ja wieder eine Ewigkeit her, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben!“, sagt er fröhlich und umarmt mich.

„Haruko! Ich war doch erst letzten Sonntag da!“ rufe ich aus, obwohl es mir auch so geht. Mir kommt die vergangene Woche ewig vor, soviel ist passiert!
 

„Und wen hast du da mitgebracht?“, fragt Haruko erfreut.

Kieko.

Noch etwas scheu, mit einem Lächeln im Gesicht, trittst du hinter mir hervor und gibt Haruko die Hand.

„Junge, du musst etwas kräftiger zupacken!“, lacht Haruko nur bei deinem Handgriff.

Da kommt schon Mayu mit dem Tee auf die Terrasse.

„Haruko, ist er nicht ein lieber Junge, dieser Kieko?“, sie strahlt, als hätte ich dich als meinen Freund vorgestellt. Aber ich weiß genau warum sie so gut gelaunt ist… mein erster „Kumpel“ der in meinem Alter ist. Mayu freut sich total für mich. Ich erinnere mich jedoch, wie aufgeregt wir beide waren.
 

„Bist du sicher das ich mitkommen kann?“

„Klar… Sie sind mir so wichtig, sie sollten auf jeden Fall so früh wie möglich erfahren, was ich vor habe… mit dir rumreisen, ich kann es immer noch nicht richtig fassen. Dass wird toll!“

„Du kannst immer noch da bleiben, wenn du willst“, sagtst du freundlich wie immer, es ist aber nicht in dem Tonfall gehalten der einem anzeigt >Ich möchte dich eigentlich nicht mitnehmen< sondern vielmehr verdeutlichtst du damit wieder, wie wichtig es dir ist, dass ich die richtige Entscheidung treffe.
 

„Auf keinen Fall!“, rufe ich euphorisch, obwohl noch Zweifel in mir sind. Ich will dich fragen, warum du so nett zu mir bist, aber ich finde nie den richtigen Zeitpunkt…
 

„Setz dich doch, Yui!“ Mayu zeigt auf den Platz neben Kieko auf der Bank. Vorsichtig setze ich mich neben dich, ich bin total aufgeregt. Okay, der erste Eindruck ist schon mal gut. Werden sie aber auch noch so glücklich sein, wenn ich ihnen gesagt habe, dass ich das Dorf verlassen will mit jemanden, den ich erst seit einer Woche kenne?

Auch dir scheint es ähnlich wie mir zu gehen. Also erstmal über etwas belangloseres, und ich glaube in diesem Fall gibt es nur belanglosere Dinge, reden. Also, welches Thema?
 

Mayu, meine Ausbildung ist jetzt zu Ende!

Nein, das ist eine perfekte Einleitung zur Frage, was ich denn nun machen will…

Der Tee schmeckt köstlich!

Etwas sehr oberflächlich…

Da spüre ich etwas in meiner Hand. Meine Kette, die mir Haruko geschenkt hat und ich mir vom Hals gerissen habe… bei der Aktion ist der Verschluss kaputt gegangen und die Kette lässt sich nicht mehr schließen. Eigentlich ist die Kette für mich nichts belangloses, aber es scheint das perfekte Thema zu sein..
 

„Haruko, mir ist der Verschluss meiner Kette, die du mir geschenkt hast, kaputt gegangen.“ Ich gebe sie ihm und er sieht sich sie an.

Ich spüre wie du von mir zu Haruko schaut.

Ja, die Kette… Der Anfang vom Anfang…

„Das bring ich wieder in Ordnung“, sagt er lächelnd.

Ich nicke dankend.

Das Gesprächsthema hat ja sehr lange gehalten! Was nun?
 

Essen. Am besten soviel, dass eine Konversation nur sehr stockend vorwärts kommt. Zum Glück ließen sich meine „Ersatzeltern“ es sich auch diesmal nicht nehmen, mich für meine Backkünste zu loben und du stimmt mit ein, wir beide denken nicht daran, auf was das hinauslaufen könnte…
 

„Yui, bist du nicht mit deiner Ausbildung fertig?“, fragt mich Mayu fröhlich durch die bisherige Stimmung.

Ich verschlucke mich an meinem Bissen und bekomme nur ein Nicken zustande. Scheint, als gebe es kein zurück mehr..

„Und, was willst du nun machen?“, fragt mich Haruko ahnungslos die befürchtete Frage.
 

Ich spanne mich an und spüre, wie Kieko es ebenfalls tut. Du leidest sogar mit mir mit ..!

Gut ich sage es, ganz unbefangen, weil ja hier um mich all die Menschen sitzen, die ich liebe und denen ich vertrauen kann.

„Ich… möchte erstmal etwas Geld verdienen… vielleicht begleite ich danach Kieko.“
 

Das wars mit der lockeren Stimmung.

Es herrscht Stillschweigen.
 

„Wo reist denn Kieko hin?“, fragt Mayu leicht verwirrt.

Mist, dass hatten wir ja noch nicht erwähnt…

„Ich reise etwas umher um etwas von der Welt zu sehen, bevor ich mich irgendwo niederlasse. Wenn man sich erstmal niederlässt, kommt man ja nicht so schnell wieder weg“, meinst du und versucht uns dadurch zum Lachen zu bringen. Es ist zwar ein allgemeines Lächeln, aber auch dass du so gut wie möglich das Positiv in den Vordergrund gestellt hast, tarnt nicht die Tatsachen.
 

„Bist du dir ganz sicher Yui, dass du das machen möchtest?“, fragt mich Mayu als wäre es beschlossene Tatsache. In ihrem Blick sehe ich die Sorge darüber, dass du und ich uns noch nicht so lange kennen. Auch wenn es sich anders anfühlen mag.
 

„Als erstes bleiben wir eh noch eine Weile im Dorf und lernen uns besser kennen“, beschwichtige ich.
 

„Ihr habt das also schon richtig geplant?“, fragt Haruko etwas traurig.
 

Was sage ich nur darauf?

So hilflos und schlecht habe ich mich bei den beiden noch nie gefühlt.

Mit einem eher müden Lächeln drücke ich Harukos Hand und meine, um ihn etwas zu beruhigen und es nicht ganz so entgültigt aussehen zu lassen, wie es ist: „Sei nicht traurig, vielleicht bleib ich ja da und zurück komme ich auf jeden Fall!“
 

Als ich in Harukos Augen sehe, fällt mir es ein. Hatten die beiden nicht auch einmal eine Tochter? Ich habe sie noch nie gesehen, aber im Haus waren Bilder von ihr. Zuerst hatte ich gedacht, es wäre Mayu als sie noch etwas jünger war. Vermutlich hatte auch die Tochter versprochen, wieder zu kommen…
 

„Du wirst bestimmt zurück kommen, Yui“, sagt Mayu lächelnd um auch Haruko aufzumuntern.

„Bring uns ja etwas mit“, fügt sie lachend hinzu.

„Ich gehe doch noch nicht heute!“, sage ich schnell, um etwas gegen die Aufbruchsstimmung zu tun. Mayu tut wirklich ihr möglichstest um mir zu helfen die Stimmung aufzuheitern, aber es will nicht klappen.
 

Mein Blick fällt auf Kieko, du scheint unsichern zu sein, ob du etwas sagen soll oder nicht. Jedoch bin ich auch mit meiner geringen Schlagfertigkeit am Ende und weiß nicht, wie ich die Stimmung kitten will. Hoffentlich schafft es Mayu…
 

Haruko lächelt uns an. „Na dann wünsch ich euch viel Spaß!“ Sie wissen nicht, wie sie mich davon abhalten können und das beschäftigt sie sehr, das sehe ich.
 

„So, ich werde den Tisch abräumen! Yui, hilfst du mir?“ Gut das Thema gewechselt! Aber wir werden vermutlich in der Küche gleich wieder darauf zurück kommen… und Kieko bleibt bei Haruko zurück. Ob du das schafft, allein? Ich lasse dich nicht gerne zurück, aber ich weiß, du bist stärker als ich, dass wirst du schon überstehen.
 

Ich stelle die Platte ab und schütte die Krümel in die Biomülltüte.

„Yui, bist du dir sicher?“

Nur nicht sagen, dass du zweifelst…

„Ja“, sage ich kleinlaut, weil mir einfach nichts bessers einfällt.

Mayu seufzt. „Ich wusste, auch du wirst gehen, aber wenn es soweit ist, ist es soviel schwere als die Vorstellungen allein! Du bist wie eine Tochter für mich… ich möchte nicht wieder eine Tochter verlieren.“

„Mayu, du weißt nicht wie wichtig du mir bist! Ich werde dich nie vergessen!“ Ich gehe auf sie zu und umarme sie. Offensive ist das einzige, das mir bleibt.

„Ach Yui.“ Sie erwidert meine Umarmung.

„Ich mach mir nur Sorgen.“
 

Da kommst du mit den Servietten her rein.

„Hier bitte, die lagen noch draußen.“ Ich versuche in deinem Gesicht zu lesen, wie dein Gespräch mit Haruko lief, doch ich kann keinen Hinweis erkennen.

„Danke.“ Mayu nimmt sie dir ab.

„Kümmere dich gut um Yui, ja?“

Am liebsten würde ich rufen, Mayu, dass tut er! Du kümmerst sich wirklich sehr gut um mich.

„Das werde ich tuen.“ Mit deinem liebevollen Blick versuchst du Mayu davon zu überzeugen.
 

Auch Haruko gesellt sich zu uns in die Küche.

„Ich glaube, wir sollten los, morgen muss ich früh raus“, meine ich.

So wie ich jeden Tag früh raus muss...
 

Wir verabschieden uns und treten hinaus auf die Straße. Es ist seltsam, nicht allein das Haus zu verlassen. So fühle ich gar keinen Schmerz darüber, zu gehen. Vielleicht liegt es einfach auch daran, dass wir einer unangenehmen Situation entkommen sind. Ein Blick auf die Sonne verät mir, dass ich noch nie so früh gegangen bin. Ich seufze.
 

Du drückst mich leicht an dich. „Du hast es geschafft.“

„Wir habens geschafft“, flüstere ich leise.

Du nickst. Wir laufen los, Richtung Wiesen, da ich jetzt nicht schon nach Hause will und du… du spürst das vermutlich.
 

~
 

Woche um Woche vergeht, Mayu und Haruko haben sich an den Gedanken gewöhnt und es ist für mich Routine, nicht mehr allein zu sein. Jedoch denke ich regelmäßig daran zurück, wie es war, ohne Namine, die mit mir oft nach der Arbeit noch Tee trinkt und etwas redet und ohne Kieko der nun an meiner Seite ist. Das soll mich am Boden halten.

Ich habe soviel mit anderen geredet, wie wahrscheinlich mein ganzes Leben bisher nicht. Es gibt nichts, was ich Kieko nicht erzählt habe und es gibt keinen Augenblick, in dem du nicht zuvorkommend zu mir war.

Viel habe ich aber nicht von dir erfahren. Du weicht beständig diesem Thema aus. Fragst erneut nach mir oder redest über etwas anderes. Geschickt weichst du dem Thema aus. Als wölltest du für mich immer ein Rätsel bleiben. Nur dass du auf einem Bauernhof und nicht in einem Dorf groß geworden bist, konnte ich erfahren. Und ich dachte immer, die Leute von Höfen reisen nicht so gerne wie Dörfler. Ich frage mich, ob es richtig ist mit jemand alleine los zu gehen, über den man so wenig weiß. Willst du etwas verbergen? Doch dann schenkt Kieko mir wieder diesen Blick und alles ist wie weggewischt… Du wird seine guten Gründe haben.
 

Nachdem die Wochen so verflogen sind, hat sich einiges an Geld in meiner Tasche angesammelt. Genug zum weiterreisen. Der Abschied naht.
 

~
 

„Schau mal Yui! Ich habe einen neuen Tee gekauft. Den können wir gleich mal testen, ob er gut schmeckt.“ Namine stellt die volle Kanne auf den Tisch und setzt sich. Nachdem ich mich neben ihr niedergelassen habe schenkt sie uns Tee ein und blickt mich erwartend an. Sie spürt, dass mich etwas beschäftigt.
 

„Namine, ich hab dir doch von Kieko erzählt. Ich hab es dir bisher noch nicht gesagt… aber ich möchte mit ihm weiterreisen. Deswegen wollte ich auch etwas Geld verdienen, um es zu finanzieren.“
 

„Das ist doch schön. Es ist herrlich zu Reisen! Aber glaubst du, ihn gut genug zu kennen, um mit ihm auf die Reise zu gehen? So lange ist er doch noch nicht in unserem Dorf…“
 

„Ich hoffe… weißt du, ich fühle mich ihm so verbunden, als würde ich ihn mein Leben lang kennen. Aber natürlich hab ich etwas Zweifel… besonders weil er nicht über sich reden will.“
 

Meine ganze Unsicherheit schwingt in meinem Ton mit. Ich bin so froh, mich ihr endlich anzuvertrauen. Namine bleibt ganz ruhig, wodurch sie mich auch beruhigt. Eine ihrer tollsten Eigenschaften.

„Weißt du Yui, mir ging es genauso als ich Shouta kennen gelernt habe. Zwar ist er im selben Dorf aufgewachsen wie ich, aber ich hatte nie viel mit ihm zu tun. Mir ging es wie dir – ich fühlte mich mit ihm so vertraut! Ich bereue meine Entscheidung von damals nicht, aber jeder Mensch ist anders. Es ist natürlich was anderes, ob er mit dir im Dorf aufwächst oder woanders und du nicht viel über ihn weißt – aber nach deinen Erzählungen von Kieko habe bei ihm auch ein ganz gutes Gefühl. Ich will nicht für dich die Entscheidung treffen, ich will dich nicht abhalten und ich will dich nicht überreden. Das musst du dir allein in Ruhe durch den Kopf gehen lassen.“
 

Ich nicke. Am besten setzte ich mich auf meinen Balkon und tue genau das.
 

Tatsu-chan sonnt sich neben mir während ich an jede Situation mit Kieko denke. Es gibt so viele Dinge die ich dich noch nicht gefragt habe, von unseren ersten Begegnung bis heute.

Was wird die Zukunft bringen?

Wenn ich hier bleibe?

Wenn ich mitgehe?
 

Du hast mir immer soviel Zeit gelassen, wie ich gebraucht habe. Du hast mich nicht gedrängt, zu lernen, offen zu sein. Du hast mich nicht gedrängt, anderen vertrauen zu schenken. Denn das würde alles nicht funktionieren. du warst geduldig und barmherzig mir gegenüber, nie aufbrausend.

Dein Verhalten grenzt an Perfektion.
 

Du wirst mir auch für diese Entscheidung meine Zeit lassen.
 

Ich stehe auf, gehe hinunter und ziehe meine Schuhe an um zur Weide zu gehen, wie jeden Abend. Schon so lange gibst du mir Bedenkzeit. Wie viel Wochen sind schon vergangen? Ich kann sie nicht zählen… Der Sommer ist erreicht und damit der perfekte Start für eine Reise.
 

„Hi Kieko.“ Ich hebe die Hand während ich auf dich zu gehe und mich neben dich setzte. All die Wochen warst du immer zuerst hier. Egal um wie viel Uhr ich komme, du bist da.

Du bist da.

Da, für mich.
 

„Hallo, Yui-chan.“
 

Eine angenehme Stille umgibt uns.

„Ich habe mich entschieden. Ich werde mit dir gehen.“

Ich lächle dich zurückhaltend an.

Du scheinst dich zu freuen. „Wirklich? Bis du dir ganz sicher?“

„Ja, ich bin mir ganz sicher. Ich glaube, es gibt niemand besseres als dich, mit dem man unterwegs sein könnte!“ Jetzt kann ich mir ein offenes und erfreutes Lächeln nicht mehr verkneifen. Ich freue mich so.
 

„Du kommst also mit?“ Du wirst etwas rot und scheinst immer noch etwas ungläubig, nicht zu verdenken, schließlich bist du bisher allein gereist.

„Ja werde ich!“ Die Euphorie strömt durch mich hindurch, ich kann hier nicht mehr still sitzen und springe auf. „Kieko-kun, ich werde dich begleiten!“

„Du stehst ebenfalls auf. „Ich freue mich Yui! Das wird toll!!“

„Jaa!“ Ich falle dir um den Hals um danach herum zu hüpfen.

„Ich reise mit Kieko um die Welt!“

Du strahlst wie noch nie.

Ich habe die Richtige Entscheidung getroffen.
 

~
 

Am nächsten Tag, einem Samstag, packe ich. So schnell geht das! Am Montagmorgen reisen wir also ab… Morgen sehe ich das letzte mal Mayu und Haruko! Ich werde sie vermissen, genauso wie Namine. Jedoch kann ich nicht hier bleiben, es hat keine Alternative gegeben. Zum Glück! Ich will gar keine kennen. Denn ich werde das tun, was ich möchte und auf was ich mich so freue – zum ersten mal in meinem Leben!
 

Der Samstag ist schnell rum, ich verbringe viel Zeit mit Namine. Am Montag werde ich mich wohl richtig von ihr verabschieden müssen.
 

Als ich am nächsten Tag die Augen aufschlage, kann ich es nicht glauben. Der letzte Sonntag in meinem Heimatdorf. Was wird mich wohl in Zukunft erwarten? Es steht mir eine aufregende Zeit bevor!
 

Freudig schwinge ich meine Beine aus dem Bett, stehe auf und eile zu meiner Zimmertüre, öffne sie und – blicke in Nanami's Gesicht.
 

______
 

Ich hoffe das Ende des chaps ist spannend :D

bald kommt das neue 5. kapitel, es ist schon fast fertiiig~~

Es geht los!

„Wenn haben wir denn da?!“ Sie scheint angriffslustig, aber auch wütend. Natürlich ist sie wütend, keiner geht gerne oft zur Schule und muss auf Freizeit verzichten. Keiner wird gern zurecht gewiesen und bestraft. Und bei Nanami bin ich mir sicher, dass sie nicht sich als Schuldige dafür sieht, sondern mich.

Nach ihrem Satz wendet sie sich von mir ab, es reicht ihr vermutlich einen gehässig und runter machenden Satz zu äußern, da sie nicht riskieren will, dass plötzlich ihre Eltern auftauchen. Jedoch möchte ich mich nicht so von ihr „verabschieden“. Soviel habe ich gelernt, sooft bin ich über meinen Schatten gesprungen, ich sollte das gelernte anwenden.
 

„Nanami.“ Sie bleibt stehen, dreht sich um und brennt mich mit ihrem Blick fast nieder. Vielleicht sollte ich es doch dabei belassen…

„Was ist?!“

Nein, nicht diesmal. Es würde mich für immer bedrücken. „Wieso.. was hast du gegen mich?“

Ich sehe sie direkt an. Fordere eine Antwort.

Kurz ist Stille im Flur. Es sieht so aus als würde Nanami überlegen, ob sie mich fertig machen oder ehrlich sein soll. Ihr Gesichtsausdruck verändert sich ein wenig um gleich wieder zum alten bösen Blick zurück zu kehren.
 

„Du tauchst auf ein Mal auf, bist der Mittelpunkt, ziehst in unser Haus ein und beanspruchst die Aufmerksamkeit meiner Eltern! Was denkste, hä?!“

Ich glaube, das ist keine Frage. Aber wenigstens ist sie ehrlich, wenn auch weiterhin giftig und unfreundlich.
 

„Ich wollte dir nie deine Eltern wegnehmen“, meine ich etwas kleinlaut.

„Was weiß ich, du bist doch das geborene Opfer. Lässt dir alles gefallen. Wenn ich wütend war, konnte ich dich anmotzen und mich abreagieren. Außerdem hast du eine voll komische Aura. Was rede ich überhaupt mit dir! Ich freu mich das du dich verziehst.“ Damit geht sie.
 

Geknickt blicke ich auf den Boden. Sie hat Recht, bisher habe ich wirklich den perfekten Hau-Drauf-Boltzen für sie abgegeben. Das hat sich und wird sich auch weiterhin ändern! Ich will nicht mehr so sein, so.. schwach! Aber was meinte sie mit Aura?

Ich sehe auf meine Arme und Hände als könnte ich eine Aura sehen die sie umfließt.
 

„Yui, was stehst du hier im Flur?“ Namine taucht hinter mir auf.

„Oh, hey. Hab ich eine komische Aura?“, frage ich sehr unverblümt für meinen Charakter.

„Mh.. keine Ahnung, eigentlich nicht. Wieso interessiert dich deine Aura?“

„Ach nur so. Lass uns frühstücken gehen“, meine ich und schüttele die Gedanken ab.
 

Doch auch Nanami ist am Frühstücken. Sie wendet mir zwar den Rücken zu und ignoriert mich, aber ich muss immer wieder an ihre Worte denken. Was für eine Aura hat eigentlich sie?

Ich konzentriere mich ganz auf Nanami und plötzlich ist es so, als würde meine Augen etwas ganz Neues wahrnehmen. Nanamis Aura scheint mir so nahe liegend und klar, wie sie da steht. Sie ist unsicher, will sich etablieren und einen Namen machen, möchte zu Geld kommen und ein gutes Leben führen. Aber etwas Schwarzes, eine Umhüllung zehrt an ihren Lebenstagen und macht ihr Herz… dunkel. Das ist der wahre Grund ihrer Aggressivität. Es wäre, als würde in ihr ein erbitterter Kampf geführt…

Erschrocken trete ich einen Schritt zurück. Was kann ich da sehen?!

Ich schließe die Augen, schüttele meinen Kopf. Nein, das war nur Einbildung… Ich kann doch nicht in sie hineinblicken… ihr Innerstes erkennen…
 

Ich öffne meine Augen und siehe da, mein Blick ist so wie immer. Ich sehe zu Namine, die mich mustert. … und ihre Aura? Schließlich kam diese… Einbildung, als ich versucht hatte, mir ein Bild über Nanamis Aura zu machen. Wenn ich das nochmals bei Namine versuche und nicht wieder solche… komischen Gedanken kommen, dann liegt es wohl einfach an der Situation… schließlich habe ich Nanami nach relativ langer Zeit mal wieder gesehen, ich werde morgen einen großen Schritt im Leben wagen und viel Schlaf hatte ich deswegen in letzter Zeit auch nicht… !
 

Also, was für eine Aura hat Namine wohl? Erneut spüre ich etwas… wie eine Verschiebung in meinen Augen. Das.. kann nicht wahr sein!

Schweiß rinnt mir über die Stirn.

Namine möchte ein glückliches Leben mit Shouta führen, lange Leben und nur das beste für mich und ihre Tochter… Das Schwarz in ihrer Aura ist eingeengt und… versperrt von einer positiven Ausstrahlung. Ihr Herz scheint voll und reich an vielen Lebenstagen.

Ich japse nach Luft und streiche fahrig die Haare aus meiner Stirn. Was.. was ist das?! Wieso… kann ich auf einmal so was sehen, wissen?!
 

„Yui? Alles Inordnung?“, fragt Namine besorgt. Der Blick direkt in ihre Augen lässt mich tief in sie sehen… Was ist das nur?!

Ich kneife die Augen zusammen. Davon kann ich ihr nicht erzählen. Das kommt bestimmt nur von der Übermüdung. Jetzt muss mir schnell eine Ausrede einfallen…
 

Ich streiche mir mit der Hand über die Augen und tue so, als ob ich Tränen wegwischen würde. „Ach, es macht mich nur so melancholisch, dass ich das alles bald nicht mehr sehen werde…“

Ich höre wie Nanami den Raum verlässt. Nach kurzem Zögern kommt Namine auf mich zu und umarmt mich.
 

~
 

Ich konnte heute Nacht unmöglich einschlafen. Andauernd kommt etwas Neues, Überraschendes dazu. Ich gehe weg aus meinem Heimatdorf, machen mir deswegen schon unheimlich viele Sorgen und jetzt kann ich noch das Innere anderer Menschen sehen. Oder ich bilde es mir ein. Wie auch immer.

Nun stehe ich hier, meine Gedanken rasen unentwegt von einem Punkt zum Nächsten.

Nun stehe ich hier, verabschiede Mayu, Namine, Haruko und Shouta.

Nun stehe ich hier, am Beginn einer Reise zusammen mit dir.
 

Ich bin so froh, dass du überpünktlich da bist, du gibst mir Halt. Doch das erinnert mich immer an diese Aura Sache… ich will es nicht noch einmal testen, denn ich könnte erneut bestätigt werden… und das möchte ich nicht!
 

Ich muss dass jetzt hinter mir lassen und den Abschied hinter mich bringen!
 

Ich blicke kurz zu dir, um Kraft zu tanken und gehe dann auf Mayu und Haruko zu, neben denen mein selbstgebauter Nachttisch steht. Er soll ihnen als Erinnerung an mich dienen.

„Mayu, Haruko… ihr wart immer wie Eltern für mich. Ich weiß nicht wie ich euch dies Danken kann…“ Ich falle den Beiden um den Hals, versuche vergeblich meine Tränen zurück zu halten.

„Ach, Schätzchen, Yui… Es war uns eine Freude. Hab viel Spaß und komm gesund und glücklich bald wieder zurück!“

Ich nicke und wende mich Namine zu. Meine Lippen verlässt nur noch ein: „Danke für alles!“, dann versagt mir die Stimme und Namine drückt mich fest an sie. „Genieße deine Reise.“

Vor Shouta verbeuge ich mich tief und bedanke mich nochmals. „Vielen, vielen Dank!“

Er legt mir die Hände auf die Schultern. „Das packst du schon.“ Dann dreht er sich um und geht hinein, Kundschaft wartet. Auch Namine verbeugt sich mehrmals hastig. „Es tut mir Leid, ich muss ebenfalls los. Yui, ich hoffe, dass wir uns wieder sehen werden.“ Dann eilt auch sie davon.
 

Ich begegne deinem Blick, du lächelst mich freundlich an. Ja, es wird Zeit. „Also dann!“ Ich schultere meine Tasche, betrachte meine Zieheltern ein letztes Mal lange. „Auf Wiedersehen!“ Ich verbeuge mich vor ihnen, da drückt mir Mayu etwas in die Hand. „Von deiner Mutter“, flüstert sie. „Mayu…!“, flüstere ich zurück und umarme sie nochmals kurz, um mich dann von ihr und Haruko loszueisen und zu Kieko zu gehen.

Es geht los – unsere Reise. Während wir langsam das Dorf verlassen drehe mich laufend um, Mayu und Haruko stehen beide an derselben Stelle und winken uns nach. Dir macht das nichts aus, schließlich weißt du, dass dies mein erster Abschied für so lange Zeit ist und ich etwas brauche, bis ich mich damit abfinden kann.
 

Tatsu-chan fliegt um uns herum und ist neben unserem Schweigen, dass einzige, was uns umgibt. Mein Heimatdorf hab ich seit einiger Zeit aus dem Blick verloren, es ist hinter uns verschwunden, deswegen drehe ich mich auch nicht mehr um. Mir ist etwas mulmig zumute. Weit und breit um uns herum sind nur Wiesen und Bäume, in der Ferne ein paar Berge. Das lange Laufen bin ich nicht gewöhnt und langsam wird mir der Rucksack auch lästig. Du hattest mir die letzte Woche eingebläut, dass ich nicht zuviel mitnehmen soll. Jetzt weiß ich auch warum.
 

Ich schaue zu dir. Du scheinst in Gedanken verloren zu sein. Ich betrachte die Landschaft vor uns, die du wahrscheinlich gar nicht mehr richtig siehst, du kennst diesen Anblick ja schon so lange. Aber in mir hinterlässt sie einen tiefen Eindruck. Die weiten Felder… Das hohe Himmelszelt…

„Ist die Natur nicht wunderschön?“

Verwundert sehe ich dich an. Ansonsten bin ich diejenige, die ein Gespräch beginnt…

„Ja.“ Ich nicke zustimmend.

Du verschränkst deine Arme hinter deinem Kopf und schwelgst weiter: „Das liebe ich am Reisen. Man wird eins mit der Natur… sie umgibt einen. Sie stellt keine Fragen und sie fordert auch nichts. Ich liebe die Natur.“

„Ich finde den Himmel total imposant. Noch nie war er so… riesig!“, füge ich hinzu.

Wir legen den Kopf in den Nacken, bewundern das Himmelszelt, bis ich stolpere und mein Blick automatisch nach unten gerissen wird. Ich bin zwar nur kurz gestrauchelt, du siehst mich trotzdem besorgt an. Ich schenke dir ein Lächeln um zu symbolisieren, dass es nichts Weiteres ist.

Du grinst zurück und wendest dich wieder dem Weg, der mehr oder weniger vorhanden ist, zu. „Ich freue mich schon zu hören, wie dir der Sternenhimmel gefällt! Die ersten Nächte wollte ich deswegen überhaupt nicht einschlafen!“
 

Mir erging es da genauso. Stundenlang lag ich wach auf meiner Matte und betrachtete die Sterne. „Du musst jetzt schlafen…“, hörte ich dich manchmal murmeln. Irgendwann bin ich dann eingeschlafen. Als ich aufwache, überrumpelt mich mein Aufenthaltsort zuerst. „Kieko?“ Ich drehe mich zu deiner Matte, aber diese ist schon zusammengerollt und du bist dabei über einem kleinen Feuer etwas zu kochen. „Guten Morgen, Yui!“

„Tatsu-chan?“ Ich sehe mich um, kann ihn aber nicht ausmachen. „Tatsu?“, rufe ich nochmals, etwas besorgt.

„Ich glaube, Tatsu ist auf Entdeckungstour.“ Du lächelst mir zu. Ich nicke, Tatsu wird sicher bald wiederkommen. Wir frühstücken gemeinsam und bauen den Schlafplatz ab, doch Tatsu lässt sich nicht blicken.
 

„Kieko, ich mache mir Sorgen!“

„Gehen wir Tatsu-chan suchen“, meinst du beruhigend.
 

Panisch haste ich durch das hohe Gras und versuche mir ein Weg zwischen Büschen hindurch zu bahnen. „Tatsu! Tatsuuu!“ Meine Rufe vermischen sich mit deinen, während wir immer weiter von unserem Ausgangspunkt uns entfernen. Wie weit wird Tatsu gekommen sein? Vermutlich hat er sich verirrt!

„Tatsu!!“ Ich drehe mich im Kreis, meine Stimme, so laut wie noch nie, soll so weit wie möglich zu hören sein.

„Wah!“ Als ich einen Schritt zurückgehe, verliert mein Fuß den Halt und ich rutsche eine Böschung runter.

„Yui!“ Deine besorgte Stimme lässt mich die Augen aufschlagen. Du rutschst ebenfalls die Böschung hinab, kommst neben mir zum stillstand und reichst mir deine Hand, als Hilfe zum Aufstehen. „Danke.“ Ich klopfe mir den Staub ab und werde in der Sekunde, in der wir beide nicht sprechen, auf ein Geräusch aufmerksam. „Kieko, ich hör da was!“ Schnell drehe ich mich um und sehe ein paar Meter von uns entfernt: Tatsu.

„Tatsu-chaaaan!“ Erfreut renne ich auf ihn zu und befreie ihn aus Dornzweigen.

„Da ist ja der Kleine.“ Du grinst ihn freudig an und mir fällt ein riesiger Stein vom Herzen, wir haben Tatsu gefunden!

„Wenn du ihn so doll knuddelst, erdrückst du ihn noch!“, meinst du lachend, aber ich kann einfach nicht anders.

„Tatsu, du hast mir große Sorgen bereitet! Du darfst nicht einfach weg gehen! Schließlich kennst du dich hier nicht aus!“ Wie zur Bestätigung hüpft Tatsu auf meinen Kopf und macht es sich da gemütlich. „Du Kleiner…!“

„Das sieht echt putzig aus“, sagst du und kannst dir kaum ein lautes loslachen verkneifen, in dem ich einstimme und Tatsu fast von meinem Kopf fällt.
 

„Gut, jetzt da alle Rekruten wieder an Bord sind, sollten wir uns auf den Weg zur nächsten Stadt machen, die Hauptstadt unseres beschaulichen Planeten!“, meinst du übertrieben euphorisch, was mich grinsen lässt. „Und, wie lange dauert die Reise bis dahin?“

„Ich schätze drei, vier Tage.“

„Na, dann lass uns losgehen, Kieko!“ Motiviert schreite ich los.

„Äh, Yui?“ Ich blicke zu dir zurück, du bist mir nicht gefolgt. „Wir müssen in die andere Richtung…“

„Oh, Mist!“ Schnell haste ich zu dir. Dein Lächeln begrüßt mich und wir machen uns auf den Weg.
 

Es gibt nichts Schöneres als mit dir unterwegs zu sein. Die letzten Tage waren so toll, dass ich mein Glück noch nicht richtig begreifen kann. Langsam gewöhne ich mich auch an die Lauferei und das Schlafen in der Natur.

Ich greife in meine Tasche um Tatsu-chan ein Leckerli zu geben, mein Kopf ist sein neues Lieblingsplätzchen, und spüre dabei die kleine Schriftrolle, die mir Mayu gegeben hatte. „Yui, was ist?“

Unwillkürlich war ich stehen geblieben. „Die Schriftrolle meiner Mutter.“ Ich zeige sie ihm. „Willst du sie lesen?“

„Mh… Nein, noch nicht jetzt. Ich möchte erst mich selber finden, bevor ich sie öffne.“ Entschlossen packe ich sie weg und blicke auf. Vor mir breitet sich die Sicht auf eine große Stadt aus.

Du öffnest deine Arme und sagst verschmitzt: „Willkommen in Kioto!“
 

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Leute, ich hab vergessen das Haruko Yui die reparierte Kette wiedergibt!! *arg*

vergebt mir *verbeug*



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