Die Augen der Nacht von Urbena ================================================================================ Kapitel 5: Szene 5: Wirklich nur eine Legende? ---------------------------------------------- Szene 5: Wirklich nur eine Legende? Der nächste Tag brachte neue Aufregung mit sich. Rebecca und Dayana hatten die Wirtsstube soeben auf Fordermann gebracht, als die Tür geöffnet wurde und Natalia völlig aufgelöst mit einem Jungen herein kam. „Rebecca es ist einfach furchtbar!“ Natalias Gesicht war Nass von Tränen die ihr über die Wangen rannen, was Dayana dazu veranlasste das schluchzende Mädchen auf eine Bank zu setzen. Der Junge der sie begleitet hatte, schien ebenfalls den Tränen nahe. „Was ist denn passiert? Hattest du etwa Streit mit Tomas?“, verwundert kam Rebecca zu der kleinen Gruppe. Natalia schüttelte heftig den Kopf. „Nein es ist wegen Sophia, sie ist tot“, und schon heulte sie wieder richtig los. Während Dayana beim letzten Wort zusammen zuckte und Rebecca einen entsetzten Laut von sich gab. „Die kleine Sophia vom Kaufmann Marius ist tot?“ Statt Natalia antwortete der Junge: „Ja, Michel fand sie vor einer knappen Stunde am Waldrand.“ Nun ließ sich auch die Wirtin auf einen Stuhl plumpsen. „Weiß man schon genaueres?“, fragend sah Dayana den Jungen an. „Wir nicht. Michel und zwei weitere Männer haben sie zum Doktor gebracht und uns davon gejagt“, bei den letzten Worten war ein Hauch von Ärger nicht zu überhören. Dayana runzelte die Stirn. „Woher wollt ihr dann wissen, dass sie Tod ist? Sie könnte doch genauso einfach, nur Bewusstlos und schwer verletzt sein.“ Die beiden jungen Leute sahen sie aufgewühlt an, man musste kein Hellseher sein um ihre Gedanken zu erraten. „Oh doch, Sophia ist tot“, erwiderte der Junge mit Nachdruck. „Ich habe ganz deutlich gehört, wie Michel über dieses Monster klagte“, völlig außer sich, ballte er seine Hände zu Fäusten. Die Lippen zitternd zusammengepresst. Aus den Augenwinkeln bemerkte Dayana wie Rebecca um zwei Nuancen blasser wurde. „Welches Monster?“, fragend schwenkte ihr Blick zwischen den Dreien hin und her. Doch der Junge wandte ebenso wie Rebecca das Gesicht ab. Nur die noch leise schluchzende Natalia antwortete mit brüchiger Stimme: „Ich habe dir doch von dieser Vampirlegende erzählt. Die Leute glauben, dass er sich wieder ein Opfer geholt hat.“ Bevor Dayana weitere Fragen stellen konnte, war die Wirtin aufgesprungen und stotterte: „Ich gehe rüber zum Doktor. Sicher werden ihre Eltern jemanden brauchen, der ihnen in dieser Situation beisteht.“ Und noch während ihres Redens schlug die Wirtstür hinter ihr zu. Dayana schüttelte irritiert den Kopf. So aufgelöst war Rebecca nicht einmal bei ihrer Ankunft gewesen. „Dayana würdest du meinen Bruder nach Hause bringen?“ Die Frage kam so überraschend, dass die Gefragte erstaunt zurückwich. Aber was sie noch mehr verblüffte war die Tatsache, dass dieser Rotschopf Natalias Bruder sein sollte! Darauf wäre sie im Leben nie gekommen, so wenig sahen sich die beiden ähnlich. „Klar, das kann ich gerne machen“, meinte Dayana dann endlich und wandte sich aufmunternd an den Jungen. „Sollen wir dann… ähm…“, fragend sah sie ihm ins Gesicht. „Peter.“ Die einsilbige Antwort war kaum zu verstehen. Aber ihr reichte es. „Okay dann lass uns gehen Peter“, gemeinsam gingen sie zur Tür. Wo Natalia ihr noch mal ihren Dank ausdrückte. Dayana lächelte leicht: „Kein Problem.“ Auf der Dorfstraße herrschte im Vergleich zum Vortag eine unheimliche Stille. Die meisten liefen mit Trauergesichtern herum und nur wenige blieben stehen um sich zu unterhalten. „Das ist ja wohl man voll gruselig“, schaudernd schüttelte sich Dayana, während die beiden hinab zum Forsthaus gingen. Indem Natalia und Peter mit ihren Eltern lebten. Auf ihre Bemerkung hin, zuckte Peter lediglich mit den Schultern. „Ich will ja nicht respektlos erscheinen, aber es passiert häufiger das Menschen sterben. Auch so junge wie Sophia“, sich umschauend blieb ihr Blick schließlich auf dem Jungen hängen der sie wütend anfunkelte. „DU hast doch wirklich keine Ahnung! Natalia hat mir erzählt, dass so ein Vorfall das letzte Mal vor zehn Jahren geschehen war und seitdem nie wieder!“ Peter war stehen geblieben und schrie nun regelrecht. „Also hör auf so einen Stuss zu reden. Du bist schließlich eine Fremde und hast kein Recht so zu reden!“ Am Ende standen dicke Tränen in seinen Augen. Dayana hätte sich selbst Ohrfeigen können, ihr Mund war mal wieder schneller als der Verstand gewesen und nun hatte sie den Salat. „Okay, es tut mir wirklich leid. Das war falsch von mir so etwas zu sagen“, beschwichtigend hob sie die Hände. Doch Peter schnaubte bloß empört. „Stimmt und Danke, aber ich gehe lieber alleine weiter“, ohne weiter auf sie zu achten, wandte er sich um und stapfte davon. Seufzend schaute sie ihm nach und fuhr sich dabei mit der Hand durchs Haar. Super Jana, das hast du ja mal wieder ganz toll hinbekommen. Beim Dorfarzt hatte sich derweil neben Michel, Rebecca und Sophias Eltern auch der Dorfälteste Rasvan eingefunden. Die Eltern saßen schluchzend auf einer Bank, während Rasvan mit dem Arzt den leblosen Leib des jungen Mädchens untersuchten. Rebecca stand bleich ein Stück abseits und folgte den Bewegungen und Worten der beiden mit ernsten Augen. Sie glaubte auch so zu wissen, was sie das Leben gekostet hatte. Auch wenn die zerfetzte Kehle es nur noch erahnen ließ. Nach Michels Aussage hatte der Fundort kaum Blut aufgewiesen und auch ihr Körper war damit kaum befleckt. Als sich der Doktor schließlich aufrichtete, lag aller Anwesenden Blick auf ihm. „Ist er es gewesen?“, Rebecca fand als erstes den Mut ihm direkt diese Frage zu stellen. Seine Miene nach zu deuten, suchte der Arzt nach den richtigen Worten. Aber der Wirtin genügte es schon. Ihr Gesicht wurde zusehends dunkler. „Rasvan wir müssen endlich etwas unternehmen. Der Knoblauch schützt uns nicht mehr“, Rebecca schüttelte den Kopf. „Er hat ihn eigentlich noch nie aufgehalten!“ Der Dorfälteste zuckte zusammen. Schon Chagal hatte ihn damals deswegen angeschrieen, doch er wollte es nicht wahrhaben. Michel stellte sich neben Rebecca. „Sie hat Recht Rasvan. Wir müssen dieses Monster vernichten“, in seiner Stimme schwang überdeutlich der Abscheu und Hass auf dieses mörderisches Wesen mit. „Das ist unmöglich“, schwerfällig ließ sich der Alte auf einem Stuhl nieder. „Niemand kann den Grafen uns sein Gefolge töten.“ „Woher willst du das wissen? Wir haben es doch noch nie probiert!“, nun auch war auch der Vater aufgesprungen. Seine Frau sah erschrocken auf. „Und das aus gutem Grund Marius! Jeder weiß das man den Teufel nicht umbringen kann“, aufgebracht starrte Rasvan die beiden Männer an. Michel grunzte abfällig. „Was sollen wir dann machen? Uns weiter wie Ratten verstecken?“ Die Wirtin runzelte die Stirn. „Ich glaube es gibt doch eine Möglichkeit“, sofort galt ihr sämtliche Aufmerksamkeit. „Damals gastierte doch einmal so ein Professor mit seinem Studenten bei uns. Ich glaube Abronsius hieß der Mann?“ Rasvan hob spöttisch eine Braue. „Und?“ „Nun er redete ständig von diesen Untoten und wie man sie wohl am Besten vernichten könnte. Damals hielt ich es für dummes Gerede, aber was wenn doch etwas Wahres dran ist?“ Michel nickte entschieden: „Bestimmt, selbst ein 1000 Jahre alter Baum geht zu Grunde, wenn man die Wurzeln zerstört.“ Glucksend deckte der Doktor den Körper der kleinen Sophia ab. „Ein interessanter Vergleich“, griente er schwach. „Aber die anderen haben Recht Rasvan. Wir können nicht mehr ewig zu schauen.“ Der Dorfälteste ließ den Kopf hängen. „Dann versucht es. Bewaffnet euch mit allem was geht, aber unternehmt nichts Leichtsinniges.“ Michel ging vor Rasvan in die Hocke und ergriff seine dürren Hände. „Danke, ich verspreche es dir Großvater.“ Dayana war bereits einige Meter in den Wald gegangen, als sie ein Knacken hinter sich vernahm und erschrocken zusammen zuckte. Sie staunte nicht schlecht, nachdem sie sich herum gedreht hatte. Vor ihr stand Grete, die Alte vom Vortag. „Verfolgst du mich etwa?“, entgeistert trat Dayana zurück, während Grete auf sie zu kam und dabei aufmerksam musterte. In ihren Augen spiegelte sich eine solche Klarheit wieder, dass es dem Mädchen die Sprache verschlug. „Du solltest nicht weiter gehen“, ernst blickte Grete sie an. „Hör auf mich, dort wartet nur die tiefste Dunkelheit auf dich.“ Noch bei sprechen zeigte sie dabei tiefer in den Wald hinein. Langsam hatte sich auch Dayana von ihrem Schrecken erholt. „Sie … Sie sind …“, verdutzt starrte Jana auf die Frau, riss sich dann aber zusammen. „Sie sind überhaupt nicht verrückt!“ Ein amüsiertes Lachen drang aus Gretes faltigem Mund, während sie an ihr vorbei humpelte. „Das habe ich auch nie behauptet“, kichernd sah sie zu Dayana auf. Diese fühlte sich wie vor den Kopf geschlagen. „Aber die anderen Leute und ihr Verhalten gestern“, unsicher dachte sie an das Kreischen zurück. Nun lachte Grete erst Recht. „Oh das ist gewollt, Kleines. Es gibt keine bessere Möglichkeit sich nervige Menschen vom Leib zu halten, als wenn sie glauben du seiest verrückt“, wie ausgewechselt plauderte die Alte befreit mit Jana. „Aber ich bin Kerngesund. Zumindest was das hier oben angeht“, bei den Worten tippte Grete sich an die Schläfe. Kopfschüttelnd folgte Jana ihr weiter in den Wald hinein, wo Grete plötzlich anhielt. „Du solltest jetzt wirklich umkehren, das was dich dort drinnen erwartet würde dich nur zerstören“, ernst redete Grete auf die Jüngere ein. „Glaub mir bitte. Ich kann nicht zulassen das er dich ebenfalls zu sich holt.“ Dayana verengte die Augen. „Er?“ Grete nickte. „Er ist das absolut Böse.“ „Mit er meinen Sie den Vampir?“, die Frage war rein rhetorisch gemeint und das wusste die Alte. Weswegen sie nun lediglich schwieg und damit erreichte, dass Dayana missmutig aufstöhnte. „Oh Bitte hören Sie auf Grete. Ich weiß ja, Sie meinen es nur gut. Aber ich glaube nicht an Vampire oder derartige Wesen. Das Einzig gefährliche hier im Wald, dürften doch wohl die Wölfe sein“, spürbar ungeduldig fegte sie Gretes versuchten Einwand beiseite. „Also vielen Dank für Ihre Sorge, aber ich weiß was ich tue und selbst wenn es Vampire gäbe. Wir haben es helllichten Tag.“ Gretes Miene wurde ärgerlich. „Unwissendes Ding, aber sag später nie ich hätte dich nicht gewarnt“, mürrisch humpelte sie weiter und schimpfte dabei vor sich hin. Dayana tat ihr Verhalten auch bereits wieder Leid. Grete war schließlich auch nur eine abergläubische alte Frau aus dem Dorf. „So warten Sie doch“, seufzend gab Jana sich einen Ruck und folgte ihr. „Es tut mir leid, ich wollte Sie nicht anfauchen. Aber ich kann einfach nicht an Dinge glauben, die ich selber noch nie zuvor gesehen habe.“ Die Alte tätschelte ihr gutmütig den Arm. „Das ist das traurige an der jungen Generation. Ich bete für dich, dass du auch niemals die Wahrheit kennen lernen musst.“ Darauf wusste Dayana nichts zu erwidern und schaute Grete nach, die alleine weiter in den Wald spazierte. „Mich warnen Sie, aber selber gehen sie immer weiter!“, ihre Stimme troff vor Sarkasmus, aber Grete lachte nur und rief: „Ich bin alt, für mich interessiert sich der Herr Graf am allerwenigsten.“ Dayana blinzelte überrumpelt. Graf? Hatte Grete eben tatsächlich Graf gesagt? Sie schluckte unwohl. Garantiert gab es hier mehrere Grafen und ihre Fantasie spielte ihr Streiche. Aber konnte es soviel Zufall geben? Außerdem woher sollte Grete wissen dass sie einen hier kannte und überhaupt, grinsend tadelte Jana sich selber. Mit Grafen könnte sie auch Graf Dracula gemeint haben. Diese Geschichte kannte doch nun wirklich jedes Kind. Erleichtert über ihre so vernünftige Theorie begann Dayana den Rückweg ins Dorf. Sie sollte sich wirklich nicht von den Hirngespinsten der Dorfbewohner verrückt machen lassen. 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