Jumays Kinder von -Izumi- (Part 1: Kinder der Erde - Land des Anfangs) ================================================================================ Kapitel 23: Folgen ------------------ Ein neuer, dunstiger Morgen brach an. Erfahrene Wetterbeobachter hätten zu diesen Zeitpunkt bereits voraussagen können, dass sich der Himmel an diesem Tage noch klaren und seinen satten dunkelblauen Farbton annehmen würde, doch noch lag eine kühle Nässe über dem unendlich weiten Land. Moconi war mit dem Rufen einiger kleiner Bodenvögel wach. Und er war sich sicher, dass er damit nicht der Einzige war... anders, als er es sich erhofft hatte, hatten seine Schlafstörungen mit dem Verschwinden der Bestie namens Shiran aus seiner Hütte nicht aufgehört. Zwar war dieser mulmige Gedanke daran, im Schlaf aufgefressen zu werden, verschwunden, jedoch nicht die Erinnerung an das, was geschehen war und die Angst vor dem, was noch geschehen würde. Es war ein einziges Elend. Wo er nur hinsah, Verluste, schwere Verluste. Einige seiner Stammesbrüder hatten tatsächlich den Tod gefunden... aber noch viele mehr waren verletzt worden. Und er wusste nicht, was aus ihnen werden würde. Kili war die beste Heilerin des Stammes gewesen, sie hatte diese Fertigkeit von ihrer Mutter und deren Mutter erlernt, doch die war nun weit weg und amüsierte sich, wenn er der Bestie Glauben schenken konnte, scheinbar köstlich. Er konnte es nicht ernsthaft glauben... wie konnte sie jemanden, der für die mutwillige Schwächung ihres eigenen Stammes und dem Raub ihrer Freiheit verantwortlich war nur mögen? Er wollte mit ihr sprechen. Und er würde es auch tun. Irgendwann. Nun jedoch hatte er ganz andere Probleme... eben die Verletzten. Die Toten würden ihren Frieden finden, sobald ihre Körper verbrannt und ihre Asche an den letzten Ort der Ruhe gebracht worden war, wo bereits viele Generationen von Ahnen ruhten. Doch was aus den Angeschlagenen wurde, wusste er nicht. Einige würden sicher sterben... und die anderen? Er seufzte tief, während er durch das noch stille Lager schritt. Viele waren verkrüppelt worden, wie es schien. Porit hatte man die Schulter mit einem gewaltigen Felsen zertrümmert... selbst wenn er diese Qualen, die er im Moment erlitt, überlebte, so würde er den Arm nicht mehr nutzen können. Aber es war nicht sein Speerarm, wenn der Häuptling sich nicht irrte. Es schmerzte ihn, aber er war sich bewusst, dass er die Tradition, die besagte, dass Krüppel nicht jagen durften, in nächster Zeit würde brechen müssen, wenn sein Stamm überhaupt eine Chance auf Überleben haben wollte. Es war so ermüdend... kurzzeitig hatte er den Zwillingen die Schuld daran gegeben, dann hatte er sich einen Narren geschallt... was hätten die beiden davon gehabt? Sie hatten einen Fehler gemacht, den sie so gut es ihnen möglich gewesen war wieder beglichen hatten, sie hatten getan, was sie konnten. Er würde keine unnötige Energie mehr daran verschwenden, sich weitere, sinnlose Strafen für die beiden auszudenken. Die hatten es momentan gewiss auch schwer genug. „So schlaflos?“, er hielt inne, als er unweit neben sich eine bekannte Stimme vernahm. Sie gehörte zu Dherac, dem Vater der beiden Taugenichtse. Die Monster hatten ihm eines seiner beiden scharfen Augen beraubt, doch ansonsten war der Mann nahezu unversehrt. Nun stand er da mit verschränkten Armen zwischen den Hütten und schenkte dem Jüngeren ein müdes Lächeln, das dieser matt erwiderte. „Ja. Du scheinbar auch.“ Der Jäger seufzte und trat näher, dann deutete er auf sein verbundenes Auge – oder das, was davon übrig war. „Schmerz. Aber ich würde mich niemals darüber beklagen, in Anbetracht dessen, was manch andere hier im Augenblick erleiden müssen... meine Güte. Und vor kurzem waren meine Jungen noch unser größtes Problem...“ Er schüttelte den Kopf über das seiner Meinung nach nun dümmliche Handeln von vor wenigen Tagen. Oh ja, seine Familie war glimpflich davon gekommen, er dankte den Göttern dafür, doch er erschauderte vor Angst vor einem erneuten Zusammentreffen mit den Magiern. Noch einmal ein solches Glück würden sie ganz sicher nicht haben... Moconi wandte den Blick deprimiert ab. „Ja...“, stimmte er ihm versonnen zu, „Oh Himmel, Dherac, sag mir bitte, was ich tun soll. Auf so etwas hat weder mein Vater, noch dessen Vater mich vorbereitet, ich... ich bin verzweifelt. Denkst du, wir können diesem komischen Monster trauen?“ Beinahe scheu sah er wieder zu dem älteren Mann. Der hob darauf die sichtbare Braue. Das war eine gute Frage. „Nein...“, entgegnete er schließlich zögernd, aber ehrlich, „Ich werde niemals einem solchen... Etwas trauen. Ich habe Angst um Sanan, war es richtig, dass wir ihn zu ihm in die Hütte gelassen haben? Er hätte doch auch im Dreck schlafen können...“ Wobei man Kajira, der anderen Bestie, auch ein Lager gegeben hatte, seinerseits in Karems Hütte. Anders als Shiran konnte dieser jedoch nicht wirklich auf sich aufmerksam machen, sprach er doch die Sprache der Menschen nicht und schien auch ansonsten nicht besonders gescheit zu sein. War er immerhin nicht mehr allein... Moconi zuckte unschlüssig mit den Schultern. „Du hast recht. Ich sage, wir warten erst einmal ab. Ich glaube aber, wenn wir ihn in den Dreck geschickt hätten, dann hätte er sich deutlich gewährt...“ Und wenn Sanan über Nacht etwas geschehen war, dann würde er dieser Missgeburt eigenhändig die Haut abziehen, schwor er sich. Sanan war wohlauf. Er brummte missmutig in die Dunkelheit seiner Hütte hinein, während er die Außenwand davon, neben der er lag, verärgert ansah. Seinen ungeliebten Gast hatte er an das andere Ende seines Heims verfrachtet, aber da dieses nur für eine Person gedacht war, war dieses andere Ende sehr zum Leidwesen des jungen Mannes nicht so weit entfernt, wie ihm lieb gewesen wäre. Freundlicherweise hatte er dem Magier sogar ein paar alte Felle für ein Schlaflager zur Verfügung gestellt, doch das hatte dem zu seiner Empörung nicht gereicht. Ich bin hungrig., hatte er am vergangenen Abend gleichmütig gesagt, Ich weiß, dass du genug zu essen für drei da hast, also gib mir etwas ab. Er hatte sich zunächst entsetzt geweigert – schließlich fiel ihm das Jagen schon schwer genug. Erlege dir doch selbst etwas, du fauler Angeber!, hatte er mutig entgegnet und sich demonstrativ abgewandt. Zu seiner größten Empörung hatte Shiran darauf nur blöd gegrinst, war um seine Hütte herum zu der kleinen Vorratsgrube gegangen und hatte sich einfach das, was er wollte, heraus genommen. Angesichts dieser Dreistigkeit hatte der Jüngere nichts mehr zu erwidern gewusst. Aber das war noch nicht alles... jetzt reichte es ihm! „Bestie, ich kann spüren, dass du mich anstarrst!“ In der Finsternis regte sich nichts. Dann hörte er, wie sich die Felle des anderen bewegten. Dieser klang darauf belustigt. „Verzeih, aber wo ich mich die vergangenen Tage so wundervoll ausgeruht habe, konnte ich einfach nicht einschlafen.“ Das war nicht ernsthaft ein Grund, ihn die halbe Nacht zu beobachten, fand Sanan und zischte feindselig. Oh, den würde er schon noch vertreiben, und wenn er ihm Schlangengift in sein Essen mischen musste... „Tut mir Leid, Sanan, aber das ist nun wirklich etwas überholt. Lasse dir etwas besseres einfallen.“ Er errötete ertappt. Dieser Kerl war wirklich gut... und hatte auch noch Ansprüche an die Art, wie er versuchen würde, ihn zu töten! Was erlaubte der sich?! „Du bist unausstehlich!“, beschwerte er sich murrend, „Das war deine erste und letzte Nacht in dieser Hütte, verstanden?!“ Er drehte sich um und blickte in die Richtung, in der sich der andere vermutlich gerade befand. Eine Zeit lang herrschte Ruhe, dann antwortete der Ältere, ohne dass er irgendwie spöttisch klang... es war ihm völlig ernst. „Ich bitte demütigst um Vergebung, Sanan. Glaube mir, ich bin bei dir am besten aufgehoben – ich möchte eurem Stamm so wenig Mühe wie möglich machen, wo wir doch so tief in eurer Schuld stehen. Und niemand wird so gut mit mir klar kommen wie du, vertraue mir da, auch wenn es sich für dich momentan noch seltsam anhören mag. Ich möchte weniger dreist sein von nun an... ich konnte gestern einfach nicht widerstehen. Verzeih es mir.“ Sanan war niemand, der nachtragend sein konnte, auch nicht in einem solchen Fall. Er seufzte. Nicht einmal einer Bestie konnte er lange böse sein, zumindest nicht, wenn es sie persönlich kannte. Was hätte er dazu auch sagen sollen? „Eine Chance gebe ich dir.“, grummelte er sauer über sich selbst und Shiran war froh, dass sein Gastgeber in der Finsternis sein zufriedenes Lächeln nicht bemerkte. „Ich sagte, ihr sollt mich nicht anfassen!“, Teco schlug Calyris Hand von sich, jedoch auch seine Mutter eines aggressiven Blicks bedenkend, „Haut ab! Verschwindet!“ Die Sonne hatte sich inzwischen über das Gebirge gekämpft und war nun dabei, den Morgennebel zu verschlingen, wie sie es gern mit allem kühlen Wasser tat. Der Tag versprach, schön zu werden... der Wind stand günstig zur Jagd. Einige würden dies heute auch ausnutzen – egal, was geschehen war, das Leben musste schließlich weitergehen. Und dazu brauchte man zwingend Nahrung... und Teco würde nicht mitmachen können. Teco würde da sitzen und der Zeit beim Verstreichen zusehen müssen. Er zitterte vor Wut, als Tanest schnaubte. Sie wirkte völlig übernächtigt, wachte sie doch auch den ganzen Tag an der Seite ihres schwer verletzten Mannes... und kümmerte sich dann noch um ihre Söhne. Sie war sehr aufmerksam... angesichts der schlimmen Situationen vieler anderer hatte Tinash es nicht gewagt, sich über seine gewaltigen Kopfschmerzen zu beklagen, und dennoch war sie irgendwann mit nassen, kühlenden Fellstreifen gekommen, die sie ihm behutsam auf die Stirn gelegt und ihm Ruhe verordnet hatte. Erdmagier waren wirklich ein gemeines Volk, hatte der darauf bloß dumpf gemeint, waren diese doch auch am Schicksal seines Vaters Schuld. Bei Teco waren es Windmagier gewesen. „Aber wir müssen die Wunde doch sauber halten, sonst wirst du noch kranker...“, widersprach Calyri da leise und begann vorsichtig, die Verbände aus Tierhäuten, die sein nahezu zerfetztes Bein schützen sollten, zu lösen, damit sie und seine Mutter die schwere Wunden reinigen konnten. Er brummte, als er den Blick errötend über seine Schwäche abwandte und die Frauen gewähren ließ. Er war klein und dürr gewesen und er hätte ihn beinahe erwischt gehabt mit seinem Speer. Beinahe, da hatte er mit seiner verfluchten Windmagie die Flugbahn der Waffe verändert. Stattdessen hatte er aus Luft Messer gemacht und diese zielsicher auf seine Schwachstelle gelenkt – sein angeschlagenes Bein, das er ohnehin schon etwas nachgeschleift hatte. Davon konnte der junge Mann zu diesem Zeitpunkt nur noch träumen. Nie mehr würde er es anständig benutzen können, vermutlich würde er es nicht einmal mehr schaffen zu gehen. In ihm zog sich wie so oft in den letzten Tagen etwas schmerzhaft zusammen. Nein! Das konnte es nicht gewesen sein! Wie hatten sie ihm seine Zukunft so zerstören können?! Er zischte und seine Fast-Frau hielt erschrocken inne. „Verzeihung! Habe ich dir weh getan?“ Es war eine schlechte Frage gewesen, Tanest hatte es noch in dem Moment, in dem die Jüngere sie ausgesprochen hatte gewusst. So hieß sie den Schlag, den ihr Sohn Calyri verpasste zwar nicht gut, zollte ihm jedoch bitteres Verständnis. Außerdem hatte er nicht so fest gemacht, wie er gekonnt hätte... dennoch hielt sich seine Verlobte geschockt die schmerzende Wange, ihn aus großen Augen anstarrend. Er wandte sich wieder ab. „Verzeih mir...“, murmelte sie und er erwiderte nichts. So ging das nicht. Er konnte sie nicht versorgen. Er konnte nicht einmal seinen Teil tragen, wenn sie weiterzogen. Er konnte gar nichts mehr. Er konnte nur noch zur Last fallen. Calyri war eine gesunde, starke Frau und wenn man an ihre Mutter Kinashi dachte, so war sie sicherlich in der Lage, eine Menge ebenso gesunder, starker Kinder zu gebären. Sie war an ihn verschwendet. Es schnürte ihm beinahe die Luft zum Atmen ab. „Geh!“, forderte er und die Frauen tauschten einen überraschten Blick aus, „Geh! Geh zu Moconi oder sonst irgendwem, such dir einen richtigen Mann, du verdienst etwas besseres als einen Krüppel! Verschwinde...“ „Aber Teco!“ Sie war empört. So lange Zeit hatte sie sich dagegen gewehrt, die Frau dieses – begehrten – Mannes zu werden und nun wollte sie nicht mehr, dass er sie abwies. Nicht, weil sie ihn liebte... nein, aus Mitleid. Wenn sie nun ging, würde er alleine bleiben, den Rest seines Lebens. Seines sicher nicht mehr langen Lebens... Das hält er nicht aus., hatte ihr Vater gesagt, Ein Mann wie er nicht. Entweder, das wird wieder gut, oder er befreit sich. Sie erschauderte. Sie wollte ihn trösten, doch was konnte es für ihn schon noch positives im Leben geben? Er hatte alles verloren! Wie hätte sie es da verantworten können, ihn allein zu lassen...? Dabei hatte sie sein Leben selbst noch vor kurzem beenden wollen. Sie schämte sich. Zu ihrer Überraschung mischte Tanest sich ein. „Hör auf ihn.“, sie schenkte ihr einen bitteren Blick, „Er wird wissen, was er will. Geh, Calyri.“ Sie hatte ein grauenhaft schlechtes Gewissen. Während sie durch das Lager schritt, stiegen ihr die Tränen in die Augen. Der Schock schien langsam von den Menschen abzufallen, sie waren wieder draußen, arbeiteten und redeten miteinander. An sich war es ein gutes Zeichen, doch wie hätte sie sich darüber freuen können? Das war nicht gerecht! Warum taten die Götter ihnen das an? Was hatten sie bitte getan? Und... wie hatte Moconi noch eines dieser Monster aufnehmen können? Sie hatte ein schlechtes Gefühl dabei... und sie war verwirrt. Sie kümmerte sich seit einer Weile immer wieder um den Gefangenen namens Kajira und sie tat es gern. Bis auf sein seltsames Aussehen war ihr an ihm nie etwas besonders negativ aufgefallen – er kam aus einer anderen Kultur, doch gab er sich nicht ansatzweise aggressiv oder bösartig, so lange man es auch nicht selbst ihm gegenüber tat. Er war erfreut, wenn man sich nett mit ihm beschäftigte – zumindest vermutete sie das an seinen Reaktionen ableiten zu können, sie sprachen zu ihrem Leidwesen ja nicht die selben Sprachen. Weshalb dieser Shiran oder auch der ab und an auftauchende Zerit das konnten wunderte die junge Frau ebenso – waren die etwa bereits auf Menschen getroffen? Sie zu fragen traute sie sich nicht... „Du bist ja überhaupt nicht bei deinem Mann.“ Sie fuhr auf und blickte in Moconis matt lächelndes Gesicht. In seiner Linken hielt er einen Speer, in der Rechten irgendein kleines, pelziges Tier, das er wohl gerade erlegt hatte. Sie konnte nicht so genau erkennen, was es war. Calyri senkte seufzend den Blick. „Er ist nicht mein Mann. Er hat mich weg geschickt.“ Der Häuptling hob beide Brauen, als er ihr Bedauern bemerkte. Er hatte sie weggeschickt? Teco hatte die Frau, um die er so lange hatte kämpfen müssen, einfach so aufgegeben. Das war schlecht... das war sehr schlecht. „Ist... sein Bein so schlimm?“ Der Gedanke daran, dass er ihm die Jagd nur aus Eifersucht hatte verbieten wollen, beschämte ihn nun. Sein Cousin war ein vorbildlicher Jäger gewesen... es war ein gewaltiger Verlust. Für den kompletten Stamm. Aber am Meisten für ihn selbst. „Sein Bein ist grauenhaft! Es verdient es gar nicht mehr, als solches bezeichnet zu werden! Diese Bestien sind ja so gemein... nur Magie könnte ihn noch heilen, fürchte ich.“, sie ahnte nicht, wie recht sie hatte. Sie schnappte schwer atmend nach Luft... ihr war nach weinen zu mute. Doch Kinashi hatte sie den Stolz einer Frau gelehrt – vor einem Mann würde sie sich niemals diese Blöße geben. Schon gar nicht vor Moconi. Letzterer senkte sein Haupt ehrlich bedauernd. Ein paar fröhlich lärmende Kinder stürmten unpassend an ihnen vorbei und rammten den Häuptling unsanft. Er ging nicht weiter darauf ein. „Das heißt, er wird wirklich nicht mehr...?“ Calyri antwortete nur mit einem Nicken. Einen Moment später konnte sie ein Schluchzen nicht mehr unterdrücken. Sie hatte ihn töten wollen! Nur weil er sie geliebt hatte! Und nun musste er so leiden, so sehr, dass er sie freiwillig von sich stieß... das tat ihr weh. Es tat ihr so unsagbar leid, dass es ihr mehr den Schlaf raubte als die reine Verletzung selbst. Und sie fühlte sich schäbig und schmutzig, als sie zuließ, als Moconi sie in seine Arme schloss. So, wie ein Mann es bei seiner Frau tat. „Naya? Naya zu Mama?“ „Ja, Naya zu Mama.“ Die Zwillinge waren es Leid, dass ihre Verlobte als Haussklavin bei den alten Weibern leben musste, getrennt von ihrem kleinen Sohn. Also hatten sie sich dazu entschieden, sie gemeinsam mit dem Kleinen einfach dorthin abholen zu gehen und in ihre eigene Hütte zu bringen, damit sie als Familie zusammen leben konnten. Nun war es ohnehin offiziell... sie hofften sehr, dass ihr doch sehr blutrünstiger Häuptling, wie sie gelernt hatten, nichts dagegen hatte, wenn sie die Strafe, die er verhängt hatte, einfach so aufhoben – aber was hatten sich schon für eine Wahl? Der Mann hatte momentan gewiss andere Sorgen als Mefasas Verbleiben und sie konnten es nicht verantworten, dass man ihre Frau so lange von ihrem Kind fern hielt. Es würde schon recht sein. „Semmi au Mama?“ „Semmi auch, ja.“ Der ältere Zwilling tätschelte seinem Ziehsohn, der von seinem Bruder getragen wurde, liebevoll den Kopf. Liran war sein selten ausgesprochener Name... vermutlich hatte Rhik die ältesten Söhne Dheracs nicht sonderlich gemocht – wer tat das schon? Aber sicherlich hätte er es gutgeheißen, wenn er gesehen hätte, wie sich die Jungen um seinen einzigen Erben kümmerten. Er würde es gut haben... Liran griff nach Semliyas Hand, als er sie wieder wegziehen wollte. „Semmi.“, stellte der Kleine sachlich fest und die Brüder hielten inne. Angesprochener grinste. „Gut erkannt.“ Novaya nickte. „Ich dachte eigentlich, in deinem Alter achtet man noch nicht auf solche Feinheiten wie unsere Tätowierungen, Sohn von Rhik. Aber du weißt immer, wer von uns welcher ist. Du bist sehr aufmerksam.“ Das war gut, schließlich war Aufmerksamkeit eine Eigenschaft, die jeder Jäger brauchte und je mehr er davon besaß, desto besser. Einige waren auch nicht aufmerksam genug... Novaya hatte sich bisher noch nicht getraut, sich bei Sanan zu bedanken. Und zu entschuldigen... er war einfach weg gerannt. Welch Glück, dass ihm nichts geschehen war... Er schreckte aus seinen Gedanken, als sein Bruder den Weg fortsetzte. Mefasa strahlte. Sie hatte gerade das Kochfeuer vorbereitet, als ihre sehr jungen Männer mit ihrem Sohn bei ihr erschienen waren. Als sie sie bemerkt hatte, war sie auf der Stelle aufgesprungen und hatte sich in ihre Arme gestürzt. Wie sie sie vermisst hatte! Wie sie sie liebte! Sie setzte jedem einen Kuss auf die Stirn und die Zwillinge erröteten verhalten, Liran gackerte. „Mama! Da!“ Novaya übergab ihr ihr Kind. Vermutlich hatte sie es sehr vermisst und ihre Reaktion schien seine Vermutung soweit auch zu bestätigen, als sie den kleinen Jungen liebevoll wiegte und an sich schmiegte und die inhaltslosen, aber beruhigenden Geräusche machten, die das Kind sofort ruhig stimmten, wenn es maulig war. An sich war das im Moment aber gar nicht nötig, der Kleine strahlte nur so. Zwar war er noch sehr jung, aber zu wem er gehörte, wusste er sehr wohl. Er konnte erstaunlicherweise ja auch die Zwillinge voneinander unterscheiden... „Nimm deine Sachen, wir gehen zurück zu deiner Hütte.“ Mefasa reagierte nicht auf Semliyas Aufforderung. Er seufzte. Natürlich... wie machten sie ihr das jetzt verständlich? Novaya schritt einfach zielsicher zur Hütte der alten Frauen und trat ein. Wenn er ihre Sachen heraus nahm, würde ihr sicherlich klar werden, weshalb ihre beiden Verlobten zu ihr gekommen waren. „... und ich glaube, er hat keine Ahnung, was er da tut.“ „Das glaube ich auch! Außerdem hat der Kerl...“ Die Frauen hielten inne, als der Junge plötzlich im Inneren ihrer Hütte erschienen war und seine blauen Augen zu schmalen Schlitzen verengte. Da saßen sie... ihre hässlichen Körper in viel zu gute Felle gehüllt, die man ihnen geben musste, um sie zu ehren, weil sie dem Stamm irgendwann einmal viele Kinder geschenkt hatten. Und heute? Sie taten nichts mehr, obgleich viele von ihnen noch zu so einigem in der Lage waren. Nein, sie ließen sich bedienen... sie ließen sich sogar Sklaven schenken! Verabscheuungswürdige Biester. „Was willst du denn hier?!“, fauchte eine von ihnen unverzüglich, „Das hier ist nur für Frauen!“ „Vielleicht ist er ja da, um eine von uns glücklich zu machen?“, mutmaßte eine andere darauf und die Runde gluckste, während Novaya keine Miene verzog. Klar, so etwas wünschte er sich doch von Kindesbeinen an. So etwas wie Ansprüche hatte er ja nicht... Er ließ sich nicht anmerken, dass er erschauderte. „Wo sind Mefasas Sachen?“, fragte er direkt, ohne eine Gefühlsregung in seiner Stimme erkennen zu lassen. Das Glucksen verstummte. „Weshalb sollten wir dir die geben?“, entgegnete die Älteste von ihnen nur, die auf dem besten Platz der Hütte hinter der Talglampe saß. Sie war unheimlich hässlich, fand der Junge. Und sie ahnte sehr wohl, was er vorhatte, im Gegensatz zu manch einer der verpeilten anderen. „Bist du eigentlich Semliya oder Novaya?“, wollte eine von ihnen noch ehe er auf die vorherige Frage hatte antworten können wissen und er zischte angesichts der Tatsache, dass er und sein Zwilling doch wirklich alles, was in ihrer Macht gestanden hatte, getan hatten, damit jeder sie voneinander unterscheiden konnte. „Ich bin natürlich Ranisin.“, brummte er so und wandte sich wieder an die Älteste, die nur irritiert eine Braue hob, „Ihre Strafe ist aufgehoben. Wir nehmen sie wieder mit.“ Darauf erntete er erbostes Schnattern von allen Seiten. Das war ihm klar, die wollten ihre brave Sklavin, die sich nie beschwerte, nicht hergeben. Das konnten sie vergessen, nicht mit seiner Frau! Die Älteste erhob sich. Sie war erstaunlich groß, mit Novaya auf Augenhöhe. Ihr Anblick verunsicherte ihn zu seiner Schande etwas, aber er bemühte sich, es sich nicht anmerken zu lassen. Anders als vor wenigen Tagen, als er schreiend wie ein kleines Kind weggerannt war und Sanan sich selbst überlassen hatte... „Der Häuptling hat sie uns gegeben. Wir können sie gut gebrauchen.“ Ja, damit sie noch sinnloser herumsitzen und lästern konnten. „Mein Bruder und ich auch.“ „Novaya oder Semliya?“ Die Runde warf der scheinbar Weltfremdesten von ihnen einen irritierten Blick zu. Der Junge schenkte ihr nur kurz Aufmerksamkeit. „Iradu, wer denn sonst?“, er senkte die Brauen, „Sie ist unsere Frau, wir lassen sie uns nicht von euch wegnehmen.“ Die Alte verzog ihren Mund zu einem höhnischen Lächeln. Ihr erstaunlich gutes Gebiss verriet sie als Karems Mutter. „Der Häuptling hat sie uns gegeben. Ihr habt mit dem, was ihr angerichtet habt, kein Recht, sie uns wieder wegzunehmen.“ Was sie angerichtet hatten? Sie glaubte tatsächlich daran, dass sie an dieser ganzen Misere Schuld waren! Das war nicht wahr! Nicht einmal Moconi selbst schien davon überzeugt zu sein... „Oh, und welches Recht wir haben...“ Tinash war verlegen. Oh, wie hatte er sich blamiert! Schwankend stapfte er mit tief gesenktem Haupt durch das Lager, hoffend, dass niemand bemerkte, dass sein Gesicht die selbe Farbe wie sein Haar angenommen hatte. Es war doch grauenhaft... seine Familie hatte es so schwer getroffen! Sein Vater kämpfte noch immer um sein Leben und Teco würde auf ewig ein Krüppel bleiben, irgendwer musste jedoch auf Jagd – seine kleinen Geschwister wollten doch essen. Also hatte er sich aufgemacht, mit einer kleinen Gruppe von Männern, die ihre eigenen Nahrungsbestände heute auch hatten aufstocken wollen, um gutes Wild zu erlegen – denn in einem hatten die Kalenao mit Sicherheit recht, dieses Land war ein gutes Land, meist reich an Nahrung. Auch an diesem Tag hatten sie in nicht all zu weiter Entfernung eine Herde der kleinen flinken Huftiere entdeckt, die einige Tage lang sicheres, gutes Essen versprochen hatten. Und es war so gut gelaufen... bis Tinash mitten beim anpirschen aus heiterem Himmel sein Bewusstsein verloren hatte. Als er wieder aufgewacht war, hatte er von allen Seiten aus wüste Beschimpfungen geerntet, weil er scheinbar ohne es kontrollieren zu können bei seinem Zusammenbruch die Aufmerksamkeit der Tiere erlangt und sie so vertrieben hatte. Selbst Moconi hatte ihn angefahren... „Wenn du nicht gesund bist, dann geh nicht mit! Dann bist du uns nur im Weg, Tinash!“ Ja, das war wahr. Es war bitter, sich einzugestehen, dass der Häuptling in diesem Punkt recht hatte... er hatte schließlich auch seinen Stolz. Wobei dieser für den Moment wohl etwas angebrochen war... Er fasste sich leise seufzend an die Schläfen. Sie pochten so... irgendwie hatte er das Gefühl, dass es wesentlich schlechter um ihn stand, als man von außen zu vermuten vermochte. Konnte etwas in einem kaputt oder verletzt sein, ohne, dass man es von außen sah? Es kam ihm beinahe so vor. Außerdem starben viele ältere Menschen, ohne, dass man sah, warum sie es taten. Oh Himmel, wenn er nun auch noch ausfiel, hatte seine Familie ein gewaltiges Problem... Ihm schwindelte es abermals, als die Welt um ihn herum verschwamm. Er nahm nicht mehr wahr, was um ihn herum geschah – er wusste, dass er im Lager war, zumindest ein Tier konnte ihn hier nicht anfallen. Zu seiner Erleichterung blieb er jedoch bei sich und schwankte bloß kurz bedrohlich – als er die Augen wieder öffnete, erschreckte er sich. „Lauy!“ Wo war dieses seltsame Mädchen so plötzlich hergekommen?! Verfolgte sie ihn etwa? Sie antwortete ihm in ihrem leisen, aber erstaunlich verständlichem Ton, ehe er sie fragen konnte. „Nein, ich war hier in der Nähe. Ich ging dir nach, als ich dich sah.“ Er sparte es sich, sich danach zu erkundigen, warum sie das getan hatte, wo er sie doch so deutlich abgewiesen hatte. Heute sah sie erstaunlich ordentlich aus, das rötliche Haar hübsch geflochten und sogar etwas geschmückt mit Perlen und Beeren. Aber glücklich schien sie nicht. „Nun, ich werde mich nicht weiter mit dir befassen, Mädchen, tut mir leid. Mir ist nicht ganz wohl...“ Und das war nicht einmal eine Lüge. Sie schien sich da nicht ganz sicher zu sein und legte die Stirn in Falten, während sie ihn einige stumme Momente lang mit ihrem vollkommen intelligenzfreiem Blick musterte. Sie war hübsch... der Mann seufzte. Ihm schwindelte es abermals... „Ich kann mich um dich kümmern!“, schlug sie dann einfach vor und wurde im nächsten Moment von ein paar spielenden Kindern umgerannt, die sich gegenseitig wild johlend verfolgten. Ja, die hatten keine Probleme... Das Mädchen landete vor ihm auf dem Boden und rührte sich zunächst nicht. Er blinzelte irritiert auf es herab. „Äh – alles in Ordnung mit dir?“ Er hätte ihr auch aufgeholfen, er war ja kein Unmensch, wenn er nicht so schwindelig gewesen wäre, wie er es nun einmal war. So war es eher wahrscheinlich, dass er auf sie fiel und ihr zusätzlich noch etwas brach... nein, das musste nicht sein. Sie richtete sich wankend wieder auf. „Ja, also... ja.“ Lauy blickte sich kurz um und erschauderte. „Ich dachte, das sei jemand anderes.“, gestand sie undurchsichtig und klopfte sich den Schmutz von der Kleidung, rückte sie wieder zurecht und stellte sich dann so adrett es ihr möglich war wieder vor ihm hin. „Ich kann mich um dich kümmern.“, wiederholte sie dann, „Ich könnte mich immer um dich kümmern, würdest du mich endlich zur Frau nehmen. Bitte tu es doch. Ich verlange auch nichts, versprochen.“ Entgegen ihrer Bitte veränderte sich ihr Gesichtsausdruck kaum. Sie war seltsam... entweder spielte sie ihre Rolle als vollkommen zurückgebliebenes kleines Kind und benahm sich auch entsprechend oder sie sprach ernst und beinahe emotionslos. Er verstand sie nicht... selbst, wenn er Interesse an einer Frau gehabt hätte, so war sie ihm doch deutlich zu komisch und undurchsichtig. Tinash seufzte, während er bemerkte, dass ein weiterer Schwindelanfall nun langsam an ihm vorüber zog und dann gänzlich abflaute. „Aber warum ausgerechnet ich? Such dir doch jemand anderes. Ich bin wirklich ganz schlecht, ich kann nicht dein Mann sein, außerdem...“ Er hielt im Sprechen inne, als hinter einer Hütte ein Mann erschien. Es war kein unbekanntes Gesicht, das nicht, und dennoch überraschte es ihn. Lauy, die ihn nicht sehen konnte, weil er hinter ihr stand, versteifte sich. „Randary.“ Randary war Lauys Onkel, Ardomas einziger Bruder. Er war klein, sicherlich nicht größer als Sanan, im Gegensatz zu diesem jedoch typisch für die meisten Männer stämmig. Sein Gesicht und sein Wesen ähnelten dem seiner Schwester extrem, doch war er noch wesentlich schweigsamer als diese. Und ihren monotonen Blick hatte seine Nichte eindeutig von ihm. Tinash musste sich eingestehen, diesen Kerl nicht wirklich zu mögen. Er kannte ihn auch kaum, er war nicht ihm Rat der besten Jäger, in den sich der Jüngere an sich auch nur hereingemogelt hatte, wenn auch weder wirklich beabsichtigt, noch freiwillig. Nicht anders als vermutet nickte der Ältere ihm bloß kurz zu, ehe er zu Lauy trat und sie am Handgelenk packte. Das Mädchen erbleichte, dann wehrte es sich. „Lass mich! Das wird mein Mann! Nicht du! Lass mich bei ihm! Er ist krank, ich muss mich kümmern!“ Sie riss sich mit einem Ruck los, stolperte rückwärts und landete auf ihrem Hintern, sodass der dem Wetter der vergangenen Tage zu trotz trockene Boden aufstaubte und sie quiekte. Tinash errötete zunächst, dann erbleichte er, als er sich den tödlichen Blick des anderen Mannes fing. Verdammt, hatte sie nicht erwähnt, dass der sie begehrte? Und sie ihn offensichtlich nicht? Das schmeckte dem natürlich nicht, wie überraschend. Warum wurde auch immer er in so etwas mit hinein gezogen...? Er hob beschwichtigend die Hände, während Lauy sich wieder aufrappelte und sich hinten ihn stellte, ihren Onkel eines ebenso bösartigen Blickes bedenkend, wie er ihn Tinash zukommen ließ. „Hör zu, ich weiß nicht, wovon sie spricht! Sie scheint seit einer Weile Interesse an mir zu haben, aber ich habe sie abgewiesen!“ Randary verengte seine ohnehin sehr schmalen Augen noch weiter. Eine Weile herrschte Schweigen, nur das Johlen der unaufmerksamen Kinder, die das Mädchen zuvor umgeworfen hatten und sich noch immer in der Nähe befanden, war noch zu hören. Dann sprach der Ältere überraschend. „Dann sorge dafür... dass das auch so bleibt.“ Er trat um ihm herum und ergriff das Mädchen grob am Oberarm, dann zerrte er es mit sich, ihr Schreien ignorierend. Und Tinash sah beiden stumm hinterher. Sanan war genervt. Abermals. Nachdem er am Vormittag mehr zufällig auf den Häuptling gestoßen war und die Gelegenheit genutzt hatte, ihm seine Probleme mit seinem Gast doch noch zu schildern – so gutmütig er auch war, das musste er nun wirklich nicht auf sich sitzen lassen – hatte der ihm gleich die nächste unwürdige Aufgabe verpasst. Er muss irgendetwas essen!, hatte Moconi achselzuckend gemeint, Klar, dass du ihm nichts von deinen wertvollen Vorräten abgeben möchtest. Dann muss er jagen. Wenn er das nicht kann, bring es ihm eben bei. Als er dann mies gelaunt zu seiner Hütte zurückgekommen war, hatte er weder nach der Missgeburt suchen, noch sie fragen müssen. Ich bin ein Fischer. Mit allem, was größer ist als ein Fisch, kenne ich mich nicht aus. Ja, das hatte er gesagt. Was er damit nun genau gemeint hatte, verstand er zwar nicht, aber vermutlich hatte es geheißen, dass er ihm nun beibringen musste, was er zu tun hatte. Das hieß, nun durfte er einem erwachsenen Mann, der bereits über zwanzig Jahre gelebt hatte, ernsthaft beibringen, wie man Kleinwild jagte. „Hör zu.“, brummte er, als sie unweit vom Lager entfernt auf einer großen Ebene standen. In der Ferne waren Bäume zu erkennen, die vom Sommer noch verbrannt waren und das hohe Gras war herbstlich gelb, wenn auch recht feucht. Man konnte nicht viel Kleintier erkennen... „Irgendwo hier gibt es Hasen. Du willst einen haben.“ „Will ich?“ Shiran untersuchte den Kinderspeer, den Sanan ihm besorgt hatte, prüfend. Obwohl er ein wenig größer war als der Mensch, hatte er einen Erwachsenenspeer kaum tragen können, geschweige denn werfen; für so kleine Beute reichte die kleinere Variante an sich auch aus. Der Jüngere zischte. „Ja. Willst du. Mir ehrlich gesagt vollkommen gleich, ob dir das Fleisch schmeckt, du jagst jetzt einen Hasen. Und...“, einen Augenblick fragte er sich, ob er es sich wohl verkneifen sollte, ihn von den Schlangen zu warnen, entschied sich dann jedoch dagegen, „Pass auf. Hier gibt es auch giftiges Getier.“ Der Magier spielte weiter mit der Waffe herum, ohne aufzusehen. Dann versetzte er beinahe gelangweilt: „Giftschlangen kann man auch essen, wenn man den Kopf abmacht.“ Damit konnte er durchaus recht haben. Und dennoch... Sanan fuhr sich seufzend durch sein Gesicht. „Ja. Mag sein, keine Ahnung. Aber erstens sollte es relativ schwierig sein, eine Schlange ernsthaft zu erlegen, zumindest mit unseren Speeren, und zweitens verehrt unser Stamm dieses Tier! Wir essen doch nicht unser Totem!“ Hatte dieser komische Kerl nicht behauptet, viel zu wissen und unabdingbar zu sein, wenn der Stamm eine Chance gegen seine Blutsbrüder haben wollte? Warum bei allem, was heilig war benahm der sich dann so dermaßen idiotisch?! „Na ja, meines ist es ja nicht.“ Sanan verzog das Gesicht. Der... verarschte ihn. „Wir suchen dir jetzt einen Hasen!“, bestimmte er dann lauter als zuvor und sein Gegenüber, das nun endlich zu ihm aufsah, brummte kurz missmutig. „Bei deiner Stimme wird längst keiner mehr da sein.“ Das war gar nicht so unwahr. Natürlich, mit deren riesigen Ohren waren sie vermutlich längst alle geflüchtet. Aber das war doch nicht seine Schuld... Er rammte seinen eigenen Speer wütend vor sich in die relativ weiche Erde. „Und das ist deine Schuld! Ich habe zu essen, ich müsste heute nicht jagen! Wenn du lieber hungern möchtest, ist das deine Sache. Aber die Schlangen werden nicht angerührt!“ Er schnaubte und erzitterte vor Wut. Egal, wie nett der sich entschuldigen konnte, er musste ihn irgendwie von hier wegschaffen! Unbedingt, das hielt er doch nicht aus! Als der Ältere darauf auch noch zu grinsen begann und seine schiefen Zahnreihen präsentierte, musste Sanan sich zusammenreißen, seinen Speer nicht wieder aus der Erde zu ziehen und ihn einfach auf sein Gegenüber zu werfen, was es zweifelsohne verdient gehabt hätte. „Du bist ganz herrlich, Sanan, genau deshalb habe ich zu dir gewollt.“, er deutete mit dem Kopf nach Westen, „Da sind die Viehcher. Komm, zeig mir, wie ich die erlegen kann... geht das mit Fallen nicht eigentlich besser?“ ------------------------ Ich weiß nicht, was ich hier schreiben soll, Hina ist ja verschollen... oO Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)