Erijel von Sabakuno-Gaara (Stern von D'Hara) ================================================================================ Kapitel 5: Verlust ------------------ Mein Traum und die Tatsache, dass ich eine Konfessor war, ließen mir an diesem kühlen Sommermorgen keine Ruhe, auch wenn ich noch immer nicht wusste, was eine Konfessor war. Lord Rahl war bereits vor Sonnenaufgang aufgebrochen, um einigen- wie er selbst gesagt hatte- militärischen Angelegenheiten nachzugehen. Es gab so vieles, das ich nicht verstand, so vieles, das mein Verstand nicht zu begreifen vermochte. In meinem Kopf machten sich Schleier der Unwissenheit und der Verwirrung breit, ähnlich den Dunstschwaden, die ich im Badesaal in diesem Moment vor mir sah. Entspannt lehnte ich mich gegen die Wand des mit angenehm warmen Wasser gefüllten Beckens und bemerkte wie sich meine Gedanken in die Unendlichkeit meiner Phantasie verloren. Sie kreisten um die Worte »Konfessor«, »militärische Angelegenheiten« und meine Träume der vergangenen Nacht. Der Schöpfer wird dir niemals vergeben! Du hast einer seiner geliebten Schöpfungen das Leben genommen! Du verdienst dasselbe Schicksal! , dachte ich, Der Schöpfer wird dir niemals vergeben, wenn du nicht für deine Sünden bezahlst, Erijel! Ich nahm einen reich verzierten, silbernen Spiegel in die Hand, sah hinein und blickte in die trüben Augen einer Mörderin. Tu' es! Erfülle den Willen des Schöpfers! , dachte ich und schmetterte den kleinen Spiegel auf die steinernen Fliesen. Das Glas zersplitterte in tausende von Teilen und seine Scherben reflektierten das Licht der einfallenden Morgensonne in alles Spektren des Regenbogens. Zitternd und mit Tränen ein den Augen nahm ich eine der größeren Scherben zur Hand und sah mein Spiegelbild noch ein letztes Mal an. Du hast keine andere Wahl, willst du Darken Rahls Schicksal nicht an das deine binden und ihn mit ins Verderben stürzen! , hörte ich mein Gewissen sagen, legte die scharfe Bruchkante der Spiegelscherbe an meinen Hals und schnitt mit ihr tief in mein Fleisch. »Vergebt mir, Geliebter!«, meine Stimme war kaum mehr als ein ersticktes Gurgeln und ich spürte wie sich mein heißes Blut mit meinen kalten Tränen vereinigte, bevor es in das warme, blumig duftende Wasser meines Bades floss. Ich vernahm wie meine Glieder taub wurden, so wie alle meine anderen Sinne ebenfalls... Hasserfüllt stieß ich meinem Angreifer die Klinge meines Schwertes in den Wanst. Wieder einmal hatte es der sogenannte »Widerstand« gewagt eines der Dörfer zu überrennen, das meine Streitkräfte beschützten. Sie deklarierten diese grausamen Metzeleien als rechten Weg. Ich konnte nicht länger tatenlos zusehen wie sie das Blut unschuldiger Kinder vergossen und die Frauen verschleppten, bevor sie sich nacheinander an ihnen vergingen. Das d'haranische Volk musste endlich in Frieden und ohne Angst leben können. »Den gütigen Seelen sei Dank!«, sprach eine bildschöne, junge Bäuerin, nachdem sie vor mir auf die Knie gefallen war, »Wir können euch nicht genug danken, dass ihr uns zu Hilfe geeilt seid. Mögen die Seelen mit euch sein, Lord Rahl!«. Ich zog sie auf die Beine, schenkte ihr ein verhaltenes Lächeln und küsste sie auf die Stirn, bevor sie freudestrahlend in ihrem Haus verschwand. Meine Männer schlugen ein Lager im Wald auf. Nachdem ich ein paar Worte mit einigen Dorfbewohnern gewechselt hatte, stieß ich wieder zu ihnen und ließ mich neben Denna am Feuer nieder. »Ihr habt großartig gekämpft, wenn ich dies anmerken darf, verehrter Lord Rahl«, begann sie mit betont verführerischer Stimme, doch- all ihren Bemühungen zum Trotz- ging ich nicht auf ihr kleines Spielchen ein. Meine Gedanken drehten sich unentwegt um eine andere Frau: Erijel. »Ich bin müde, Denna!«, entgegnete ich ihr in gebieterischem Ton. Ohne ein weiteres Wort erhob sie sich und nahm in der Krone eines nahe stehenden Baumes platz, um Wache zu halten und in die Ferne zu spähen. Es war noch nicht einmal Mittag gewesen, als ich ein unheilvolles Brennen im Hals verspürte. Ich schloss die Augen und sammelte mich. Mein Geist striff in den weiten Steppen und Wäldern D'Haras umher und bemühte sich die Ursache meines leichten Schmerzes auszumachen. Und plötzlich sah ich Erijels wunderschönes Antlitz vor meinem inneren Auge verblassen und schwinden. »Nein!«, brach es laut und mit brüchiger Stimme aus mir hervor. »Was ist mit euch, Lord Rahl?«, fragte Denna aufgeschreckt, sprang von ihrem Aussichtsposten in der Baumkrone und landete elegant direkt neben mir. »Ich muss zurück in den Palast des Volkes«, antwortete ich ihr voller Entschlossenheit und begann einige magische Zeilen zu flüstern. Ich sah das blaue Teleportationsfeuer aus dem Boden an mir aufsteigen, als ich mit einem Mal einen heftigen Schmerz in meiner Brust vernahm. Ein Pfeil hatte mein Fleisch durchbohrt, wohl in dem Moment, als ich meine magische Reise angetreten war, doch das war mir in diesem Augenblick gleichgültig. Rasch lief ich die langen, leeren Gänge hinunter, in der Hoffnung meine Geliebte irgendwo zu finden. Ich schlug die Türen des Badesaales auf und sah Erijel leblos im von ihrem Blut rot gefärbten Wasser liegen. Mit einem Satz sprang ich in das mittlerweile erkaltete Badewasser und hob sie auf meine Arme. Ich blickte in ihre leeren, traurigen Augen und besah mir ihre blau gefärbten, vollen Lippen. »Tut mir das nicht an!«, flüsterte ich mit Trauer in der Stimme. Sie atmete nicht mehr. Behutsam legte ich dieses wunderschöne, völlig entblößte Wesen auf die kalten Steinfliesen und bemühte mich ihre Wunden mit meiner Magie zu heilen, in der verzweifelten Hoffnung sie ins Leben zurück zu holen. Ich sah wie sich die klaffende Wunde an ihrem Hals schloss, doch -allen Anstrengungen zum Trotz- begann sie nicht zu atmen. Ich stieß meinen Atem tief in ihre Lungen, doch auch dieser Versuch erwies sich als vergebens. »Cara!«, brüllte ich durch den Palast und mein Rufen wurde erhört. Schnellen Schrittes kam sie herbeigeeilt und kniete sich zu mir nieder. Ohne ein weiteres Wort hatte sie verstanden und schenkte Erijel mit einem Kuss den Atem des Lebens. Stöhnend und unter Schmerzen ließ ich mich erleichtert zur Seite fallen und schloss Erijel in meine Arme, um sie zu wärmen und sicher zu sein, dass sie wieder atmete. Langsam erwachte ich aus meinem langen, traumlosen Schlaf. Ich fand mich in meinem Schlafgemach wieder, meine Liebste zu meiner Rechten. Ich lauschte ihrem Atem und strich ihr eine der langen Strähnen aus dem bildschönen Gesicht. Meine Finger glitten über meine entblößte Brust und über einen frischen Verband, den man mir wohl angelegt hatte, als ich das Bewusstsein verlor. Ich spürte keinen Schmerz. Lange betrachtete ich Erijel, die- nur in ein seidenes Tuch gehüllt- neben mir lag. Der Anblick ihres wohl geformten Körpers ließ ein Lächeln über meine Lippen blitzen und mich beinahe die schrecklichen Geschehnisse der letzten Zeit vergessen. Wie lange war ich eigentlich ohne Bewusstsein? Wie lange schlief sie schon friedlich neben mir? Waren ihre Träume schöne Träume? All diese Fragen vermochte ich in diesem Moment nicht zu beantworten, doch schon bald würde wieder Licht in den dunklen Wald, den meine zahlreichen Fragen zu bilden schienen, gebracht werden. Ich legte mich wieder neben das zauberhafte Wesen neben mir und schloss sie in meine Arme. Sanft schmiegte sich mein Arm um ihre Hüfte, sie wie mein Körper sich an den ihren. Behutsam zog ich sie näher an mich heran und spürte wie die Berührung ihrer Haut meine Fingerspitzen wohlig kribbeln ließ. Niemals zuvor habe ich etwas vergleichbares für jemanden empfunden. Ich konnte es selbst nicht begreifen. Was bedeutete es, jemanden zu lieben? Empfand sie ebenso wie ich, oder wollte sie mich das nur Glauben machen? Doch was spielte das für eine Rolle, so lang sie bei mir war und ich sie in meinen Armen halten kann? Ich wünschte mir nichts sehnlicher als sie glücklich zu wissen, koste es was es wolle... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)