Erijel von Sabakuno-Gaara (Stern von D'Hara) ================================================================================ Kapitel 4: Erinnerung --------------------- Zwei Monde waren vergangen, seit ich in den Palast zurückgekehrt war. Lord Rahl gewährte mir die Freiräume und alle Zeit, die ich benötigte, um das Geschehene zu verarbeiten. Ich ging einen der langen Gänge des Palastes entlang, dicht gefolgt von Cara, die mich auf Schritt und Tritt begleitete. In der Augen meiner neuen Leibwächterin lag ein unbändiger Hass, der darin Begründung fand, dass sie von nun an an mich und mein Leben gebunden war. Es fiel ihr sichtlich schwer mich und anderen mit ihrem aufgesetzten, kühlen Blick zu überzeugen, womöglich galt dies sogar für sie selbst. Ich trug eines der wunderschönen roten Samtkleider, die Lord Rahl mir geschenkt hatte und die in Stoff und Verzierungen seinen Gewändern glichen. Vor der Tür zu seinen Gemächern blieb ich stehen. Mein Herz begann wie wild in meiner Brust zu schlagen, als ich mich dazu durchringen konnte zu klopfen. »Tretet ein!«, hörte ich ihn antworten und ich tat wie er mir soeben geheißen hatte. Ich schob die großen Türen auf und sah, wie er mich mit überraschtem und zugleich erfreutem Blick musterte. Mit einer bestimmenden Handbewegung bedeutete er Cara die Türen hinter mit zu schließen und draußen zu verharren. Ich sah in seine blauen Augen und erkannte eine gewisse Ratlosigkeit, die darin verborgen lag. »Lord Rahl, ich«, er war auf mich zu geschritten und legte mir sanft einen Finger auf die Lippen, noch bevor ich meinen Satz zu Ende bringen konnte. Zärtlich umfasste er mich an der Taille und setzte sich mit mir auf das große Bett. »Warum tut ihr das alles? Warum seid ihr so nett zu mir?«, brach es voll quälender Neugier aus mir hervor. »Nun«, begann er mit liebevollem Blick, »Ich will euch nicht belügen- dazu wäre ich auch gewiss nicht in der Lage- um die Wahrheit zu sagen, hatte ich es auf eure Fähigkeiten als Konfessor abgesehen.«, ich sah ihn mit ungläubigem Blick an, als er schließlich fortfuhr, »Verurteilt mich bitte nicht, bevor ihr mich nicht angehört habt. Schon nach kurzer Zeit wurde mir bewusst, das ihr mehr für mich seid, als bloß eine Konfessor. Der Grund weshalb ich euch derart umsorge seid ihr selbst, euer Wesen, euer Sein. Was ich euch zu sagen versuche ist, dass ich euch liebe, Erijel.« Er sah mich erwartungsvoll an, doch ich schenkte ihm nur eine fassungslose Mine. Damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Herz schlug mir bis zum Halse und drohte mir aus der Brust zu springen. Meine Haut begann unter seinen Blicken zu kribbeln. Da war es wieder, dieses unendliche, verzehrende Verlangen, die Leidenschaft, die wie ein loderndes Feuer in mir aufzusteigen begann, als sich unsere Blicke trafen. Ich spürte seinen warmen Atem deutlich auf meiner Wange und verzehrte mich nach seinen süßen Lippen und seinen zärtlichen Berührungen. Wir waren Sklaven unserer eigenen Leidenschaft, als sich unsere Lippen trafen. Sie breitete sich wie ein Lauffeuer in mir aus und ich spürte wie mein Verlangen von mir Besitz ergriff. Wie von den gütigen Seelen selbst geführt, vergrub ich die Finger meiner rechten Hand in seinem langen, dunklen Haar, die andere legte ich auf seine steinerne und zugleich samtige, warme Brust. Ich spürte wie die lodernden Flammen der Leidenschaft in meinem Inneren nur ein Funke im Vergleich zu dem Feuer waren, das in seiner Seele brannte. Sanft umfasste er meine Hüfte und hob mich mit einer unendlich zärtlichen und zugleich geschmeidigen Bewegung mit einer Leichtigkeit auf seinen Schoß, die verheiße ließ welch Kraft er in den Armen hatte. Herzschlag und Atmung gingen mir immer schneller und schneller, als bestritten Herz und Lunge einen Wettlauf, den nur einer der beiden zu gewinnen vermochte. Lächelnd löste er seine Lippen von den meinen und musterte mich mit einem warmen Blick in seinen wunderschönen blauen Augen. »Muss ich euch erneut daran erinnern das Atmen nicht zu vergessen!?«, fragte er mich mit einem umwerfenden Lächeln. Gütige Seelen, ich hatte wirklich vergessen die letzten fünf Atemzüge zu tun. Keuchend rang ich nach Luft, ich sog seinen warmen, süßen Atem tief in meine Lunge und spürte deutlich wie der Schwindel mit einem Mal verflog. »Es ist spät, ihr solltet schlafen gehen«, sagte ich mit einem Lächeln auf den Lippen. Als ich im Begriff war zu gehen, hielt er mich behutsam am Handgelenk, als wolle er mir bedeuten zu bleiben. »Wenn ihr mögt, biete ich euch an mir heute Nacht Gesellschaft zu leisten«, sprach er in einem sanften Flüsterton, »Dieser Palast birgt eineverzehrende Einsamkeit- wie ihr sicherlich schon bemerkt habt- vor der ich euch nur allzu gern bewahren würde.«, hauchte er mir melodisch ins Ohr, »Zudem bedeutet mir mein Herz, euch für die Dauer der Nacht nicht missen zu wollen.« Nickend und mit einem wohlig-warmen Kribbeln im Bauch, willigte ich ein. Kaltes Tauwasser tropfte von der felsigen Decke herab, direkt auf meine Stirn. Ich öffnete meine verklebten Augen und fand mich im unheimlichen Halbdunkel des Kerkers wieder. Mein Atem zog weiße Dunstschwaden und ich fühlte mich, als wäre ich zu einer Eisskulptur erstarrt. Meine bloßen Hände und Füße waren blau gefroren und ich bemühte mich das kleine Bisschen Wärme, das mir noch geblieben war, unter dem Fetzen, den die Wachen böswillig »Gewand« nannten, zu halten. Mit einem lauten Ächzen schlug die Tür auf und ließ mich zusammenahren. Das Licht der Fackeln an den Wänden außerhalb meiner Zelle biss mir in den Augen, wie ein wildes Raubtier stürzte es sich auf sie, sodass ich meine gebrochene linke Hand schützend davor halten musste. »Steh auf mein Kind!«, ich erkannte die Stimme meiner Mutter, doch sie machte mir Angst. Als sich meine Augen an das Licht gewöhnt hatten, sah ich wie sie in eine rote Lederrüstung gekleidet, auf mich zu kam. Ihre Schritte waren hart und bestimmend, nahezu dominierned. Hoch erhobenen Hauptes stand sie vor mir, musterte mich und bedachte mich mit einem aufgesetzten, finsteren Grinsen. »Ihr solltet aufstehen, meine Tochter!«, ihre Stimme war nun drohend. Sie nahm einen ledernen Stab aus der Halterung an ihrem Gürtel, den ich nur allzu gut kannte: einen Strafer. Ohne eine Mine zu verziehen, setzte sie mir ihren Strafer auf die Brust. Ein unbeschreiblicher Schmerz fuhr wie ein Blitz durch mich hindurch. Sein Feuer breitete sich durch meine Venen in meinem Körper aus und brachte mein Blut zum Kochen. Mit einem dumpfen, bald erstickten letzten Schrei schlug ich hart auf dem steinernen Boden auf, bevor mein Herz seinen letzten Schlag tat und dann zu Eis erstarrte. Fest umschlungen hielt mich Darken Rahl in seinen Armen. Meine Muskeln waren verkrampft, ich zitterte am ganzen Leib. Meine Lunge hatte sich zusammengezogen und wollte sich- stur wie sie war- nicht dazu bewege lassen, ihre Arbeit wieder aufunehmen. Ich riss die Augen weit auf, suchte verzweifelt nach etwas, das mir helfen konnte, bohrte meine Finger tief in Darken Rahls Fleisch, voller Verzweiflung und Hoffnung ich könne mich so an diese Welt klammern. Jedes Gefühl wich aus meinem Gesicht, es war taub. Ich spürte nicht einmal seine weichen, warmen, süßen Lippen auf den meinen, als er seinen Atem geistesgegenwärtig mit aller Kraft in meine Lungen stieß. Ich konnte wieder atmen, doch das Zittern nahm und nahm kein Ende. Voller Erleichterung drückte er mich an sich und hielt mich in seinen Armen. Beruhigend strich er mir über die Wange und trocknete meine Tränen, noch bevor sie über seine entblößte Brust laufen konnten. »Ich werde euch immer beschützen, meine Liebe.«, flüsterte er mit samtweicher Stimme in mein Ohr, »Wann immer euch Träume quälen mögen und wann immer euch jemand Leid zufügen mag, ich werde an eurer Seite sein und euch behüten.« Ich erwachte mit dem schweren, metallenen Geschmack meines eigenen Blutes auf den Lippen. Die rauen Fasern des Seils, mit dem ich an den Handgelenken an der Decke festgebunden war, schnitt mir unter dem Einfluss meines Gewichtes tief ins Fleisch, wie die Klinge eines scharfen Dolches. Meine Rippen- oder das, was von ihnen, in Trümmern liegend, noch übrig war- bohrte sich brennend wie Feuer tief in meine Lunge und ließ mir das Atmen beinahe unmöglich werden. In scheinbar weiter Ferne- beinahe wie in einer anderen Welt- hörte ich große Tropfen meines heißen Blutes auf kaltem Stein aufprallen, unaufhörlich. »Illyria!«, brach es aus mir hervor, als ich die Augen öffnete und meine kleine Schwester leblos auf dem nackten, kalten Steinboden erspähte. »Erijel«, der finsteren, hasserfüllten Stimme meiner Mutter hallte ein höhnischer Unterton mit, »Ihr habt euer Bewusstsein gerade im rechten Moment wiedererlangt, um mit anzusehen was mit euch geschehen wird, wenn ihr nicht bereit seid, meine Lehren anzunehmen!«, Mit diesen Worten zog sie meine geliebte Schwester an den Haaren auf die Beine- sie sah furchterregend aus, doch ich erkannte, dass sie keinen Schmerz mehr zu empfinden vermochte- und setzte ihr ihren Strafer auf die Brust. Das gütige, reine Licht in Illyrias Augen erlosch. Ich sah wie sich ihre Brust ein letztes Mal senkte und sie zu Boden sank. Eine nie gekannte Wut, getrieben von unendlichem Schmerz und Hass, stieg aus den Tiefen meiner Seele empor und sprengte meine Fesseln. Mit einem Satz stand ich vor der leeren Hülle, die einst meine Mutter gewesen war. Wie von einer unsichtbaren Macht geleitet, schnellte meine Hand vor und umfasste mit festem Griff ihre Kehle. Ich sah, wie in weiter Ferne, wie sich ihre Pupillen weiteten bis ihre Augen vollends schwarz waren. Mit leerem Blick sah sie mich an, sank auf die Knie und ich konnte deutlich hören, wie sie ihr Leben aushauchte, bevor auch ich zu Boden sank. Ich hatte meine geliebte, kleine Schwester verloren und meiner Mutter den Tod gebracht. Ich spürte einen festen Griff um meine Oberarme, jemand hielt und schüttelte mich heftig. Ohne meine Augen zu öffnen, schnellte meine Hand hinauf und ich vernahm das Pulsieren eines Herzschlages unmittelbar unter meinem Daumen und meinem Zeigefinger. Voll unbändiger Wut schlug ich die Augen auf und erschrak. Darken Rahl, der Mann den ich liebte, saß über mich gebeugt und sah mich mit einem besorgtem Blick, der zugleich voller Schmerz war, an, doch statt einen Versuch zu wagen sich aus meinem Griff zu befreien, umschloss er mich mit seinen Armen und drückte mich sanft gegen seine heiße Brust. Ich konnte sein Herz vor Aufregung und womöglich auch vor Furcht laut und rasch schlagen hören, als wollte es ihm aus der Brust springen oder gar bersten. »Ihr habt gesehen, was geschehen ist, was ihr einst vergessen hattet, oder?«, fragte er mit sanfter, fast zittriger Stimme nach einer gefühlten Ewigkeit. Noch immer lag meine Hand an seinem Hals. Ich nickte. »Was eure Mutter getan hat, ist unverzeihlich!«, deutlich konnte ich die Verachtung und die Wut über das Geschehene in seiner beruhigenden Stimme hören, »Sie hatte kein anderes Schicksal verdient. Ihr habt sie vor dem Leid und der Strafe bewahrt, die ich ihr nicht erspart hätte, aufgrund des Frevels, den sie gewagt hat zu begehen.« Behutsam legte er mich hin und sah mir tief in die Augen. Aus unerfindlichem Grund wusste ich, dass er die Wahrheit sprach. Ein verliebtes Lächeln blitzte über seine Lippen und mein Griff lockerte sich. Schließlich ließ ich von ihm ab und gewährte ihm sich neben mir niederzulassen. Behutsam zog er mich an sich und schloss mich in seine Arme. Ich konnte sein Herz noch immer aufgeregt schlagen hören und spürte die Wärme seiner Haut an meiner Wange. Sanft strich er mir über den Rücken und entfachte in mir erneut das lodernde Feuer der Liebe und der Leidenschaft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)