Alles ist gut, Lenny von abgemeldet (Lenny & Carsten) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Die Winternacht dämmerte. Lenny betrachtete mit verschwommenen Augen wie sich das merkwürdig wärmende Abendgold in glühendes Rot verwandelte. Er spürte das Glück seine Kehle hinaufsteigen und konnte sich kaum beherrschen nicht zu taumeln. Sachte legte er eine Handfläche auf den Fenstersims, zog leise seine Fingerspitzen zurück. Heiß… sie hinterließen Dunstabdrücke auf dem kühlen Marmor und zwangen ihn zu einem verlegenen Lächeln über sich selbst. “Bist du etwa so aufgeregt…?“, spottete er in Gedanken, doch der Sonnenuntergang ließ ihn schnell wieder in seine Träume versinken… “Wenn der Himmel in ein paar Stunden dunkelblau ist… werde ich ihn in meinen Armen halten…” Seine Lider schlossen sich, eine Träne perlte dabei von den Wimpern und rollte eilig entlang seiner Wange, doch er dachte nicht daran sie hastig wegzuwischen, wie er es sonst zu tun pflegte… er genoss den salzigen Geschmack, als sie seinen Mundwinkel berührte… “Heute darfst du weinen…”, flüsterte er zu sich selbst und es war ihm fast, als spräche die sanfte Stimme seines Freundes zu ihm… Er warf einen sehnsuchtsvollen Blick auf seine Wanduhr… Noch immer eine Stunde bis zum vereinbarten Treffen bei Carsten. Lenny seufzte tief. So lange… er hielt es schon jetzt kaum noch aus, dabei lag die letzte Begegnung mit ihm nur einen Tag zurück… der letzte Kuss… Die Erinnerung jagte Lenny ein heftiges Kribbeln durch den Magen, von dem ihm beinahe schlecht wurde. Nun lehnte er wirklich sein ganzes Körpergewicht auf den Fenstersims. “Solche starken Gefühle sollten verboten sein…”, dachte er kopfschüttelnd, aber wenn es um Carsten ging spielte echt alles bei ihm verrückt und er verlor komplett die Kontrolle. Schon oft genug hatte er unvernünftig gehandelt, weil ihm diese Gefühle sonst die Kehle zuschnürten. So war auch dieses Mal der Drang ihn endlich wiederzusehen so stark, dass er schließlich beschloss vorher aufzubrechen. “Macht ja nichts, wenn ich früher komme haben wir umso mehr Zeit!“ Als er jedoch vor seiner Tasche stand und damit konfrontiert war sie einzupacken, herrschte erneut Unruhe in seinem Magen, denn er wusste, es wurde Zeit außer Geldbeutel und Haustürschlüssel noch etwas anderes aus seiner geheimen Verwahrung zu holen… Er öffnete so geräuschlos wie möglich die Nachttischschublade, als befürchte er seine Eltern, die im Wohnzimmer Fern sahen, könnten das Geräusch im unteren Geschoss hören, und zog ein Päckchen Kondome, sowie eine kleine bunt beschriftete Tube aus dem Nachttisch. Bereits die knallpinke Aufschrift war ihm so peinlich, dass er sie sofort tief im Innern der Tasche versteckte, damit er sie nicht länger anstarren musste. Er fuhr sich gestresst über die kurz rasierten Haare und setzte sich aufs Bett. “Warum… muss Schwulsein so kompliziert sein?” Diese Frage hatte er sich schon oft gestellt, dabei wirkte es in seinem Kopf ganz einfach: Er liebte Carsten und Carsten liebte ihn. Ganz logisch. Wie eine mathematische Gleichung, da gab es nur ein Ergebnis. Wieso war dann der Weg so verdammt kompliziert? “Naja, akzeptiere es, Lenny… das erste Mal ist immer schwer, ob hetero oder homo…“, versuchte er sich selbst zu ermutigen, stand dann auf und fest auf den Beinen. Seine Hände ballten sich entschlossen zu Fäusten und seine Augen richteten sich noch einmal zur Uhr, die immer noch 50 Minuten verbleibende Zeit anzeigte. Dann ging er aus dem Zimmer und schlich sich auf Zehenspitzen die Treppenstufen hinunter in den Flur. Er hoffte nicht von seinen Eltern ertappt und mit unnötigen “Viel Glück”-Wünschungen beschenkt zu werden, was er in seiner Verfassung am Wenigsten gebrauchen konnte. Doch leider hatten seine Eltern ein all zu gutes Gespür für Lennys Anwesenheit - da hätte er noch so leise sein können. Seine Mutter trat aus der Wohnzimmertüre, als er gerade seine Schuhe zu band. “Lenny, gehst du schon?”, fragte sie, obwohl die Frage sich von selbst klärte, betrachtete man einmal, dass Lenny bereits seine Jacke angezogen und einen Schal um den Hals gewickelt trug. “Wart ihr nicht erst in einer Stunde verabredet?”, hakte sie nach. Lenny hatte befürchtet, dass so eine Frage kommen würde und versuchte sich aus der Affäre zu winden. “Es liegt Schnee draußen und der Bus ist letztes Mal auch nicht gefahren… kann sein, dass ich länger brauche…”, erklärte er, während er seine Handschuhe anzog. Sie trat näher an ihn heran und betrachtete ihn; ihr Blick hätte nicht typischer für eine Mutter sein können, besorgt und doch stolz zugleich - beinahe so wie in diesen Hollywood Filmen, in denen die Eltern ihren Sohn verabschieden, wenn er zum Prom Ball ging und eine hübsche junge Dame ausführte. “Also… ich geh dann mal…”, meinte Lenny und wandte sich peinlich berührt von ihr ab, doch ihr Handrücken berührte unverhofft seine geröteten Wangen. “Mein Gott, du glühst ja förmlich! Geht es dir gut? Hast du Fieber?”, fragte sie besorgt. “Nein, nein Mom! Die Heizung oben ist etwas zu heiß aufgedreht… Ich muss jetzt wirklich…!” “Lenny!”, rief sie aus und drückte ihm etwas Flauschiges in die Hand, bevor er entfliehen konnte; eine Mütze. “Zieh die hier über…”, erklärte sie. “Sonst wirst du dich erkälten.” Lenny seufzte dankbar genervt und stülpte sie über den Kopf. Die Mutter lächelte zufrieden und zog ihm die Mütze noch ein wenig weiter über die Ohren. “Lenny… Viel Spaß.”, sagte sie mit pathetisch ernster Stimme. In dem Moment lugte auch der Kopf seines Vaters aus der Wohnzimmertüre. Lenny verdrehte strapaziert die Augen. “Tschüss!”, warf er in den Raum, wandte sich dann schleunigst ab, um endlich das Haus zu verlassen. “Was für ein Tamm Tamm…!”, raunte er innerlich, als er durch den dicken Schnee vor der Eingangstüre stapfte. War schließlich nicht das erste Mal, dass er bei Carsten übernachtete… zugegebenermaßen unter veränderten “Umständen“, aber musste man deswegen so ein Drama veranstalten? “Andererseits… sollte ich mich vielleicht mal an der eigenen Nase packen…” Sein Herz schlug ihm gegen die Brust, als wolle es jeden Moment herausspringen… Während er so durch die verschneiten Straßen wanderte, erinnerte er sich an Gestern, als er und Carsten zusammen Schlittenfahren gegangen waren. “Mann, was für ein schöner Tag…” Zuerst kamen sie in Begleitung von Lucy, die gerade Babysitten musste und es für eine gute Idee hielt Lenny und Carsten mit ihrem Pflegekind beim Schlittenfahren zu begleiten. Als es jedoch dämmerte, Lucy das kleine Mädchen nachhause bringen musste und auch die anderen Besucher um sie herum langsam verschwanden, verblieben die beiden ganz alleine auf dem von Wald umschlossenen Hügel… Lenny rieb sich seine vor Kälte schmerzenden Hände. Selbst dicke Handschuhe halfen nicht, wenn man den ganzen Tag draußen im Schnee verbrachte. Carstens Winterklamotten hielten wohl wärmer, denn er beschwerte sich nicht so wie Lenny über die wachsende Kälte. Er saß auf dem Schlitten und blickte hinab auf die glitzernden Lichter der nächtlichen Stadt. “Hey Carsten, lass uns allmählich nachhause gehen, ich friere mir den Arsch ab…”, schlug Lenny bibbernd vor. “Noch nicht.”, antwortete Carsten, noch immer fasziniert das Lichtermeer unter ihm betrachtend. “Setz’ dich doch zu mir!” “Auf den Schlitten…?”, druckste Lenny herum. Sobald er und Carsten alleine waren, wurde er etwas unbeholfen und verlegen. Carsten wusste das natürlich und streckte ihm auffordernd eine Hand entgegen. “Auf was den sonst.”, lächelte er und rückte ein Stück nach hinten, damit Lenny sich auf den vorderen Teil des Schlittens setzen konnte. Zögerlich ließ sich Lenny auf dem hölzernen Konstrukt nieder, das eigentlich für Kinder gemacht und für Erwachsene viel zu klein war. “Wie sind wir nur den ganzen Tag heil auf diesem Miniding den Berg runtergekommen…?”, wunderte sich Lenny. Carstens Arme schlangen sich um Lennys Körper und zogen ihn sanft an sich. “Das sind wir ja nicht… du hast uns mehr als einmal in den Graben gelenkt…“, flüsterte er, sein warmer Atem streichelte Lennys Ohr. “Ich soll das gewesen sein? Du hattest doch viel mehr Kontrolle über das Steuer, weil du hinten saßt!“, wehrte sich Lenny halbherzig, von Carstens unmittelbarer Nähe und Wärme in den Bann gezogen. “Stimmt, mit Kontrolle kann ich wohl ganz gut umgehen…“, grinste er, als sich Lennys Körper entgegenkommend an ihn lehnte. “Meine Hände sind so kalt, ich spüre sie kaum mehr…”, seufzte Lenny, während er Carstens Arme enger um sich legte. “Die bekommen wir schon wieder warm…”, sagte Carsten, nahm Lennys Hände und streifte den ersten Handschuh von den seinen Fingern. Lenny zog erschrocken die nackte Hand in die Jacke zurück und blickte ihn entsetzt an. “Davon sollen meine Hände etwa wärmer werden?!”, fuhr er ihn an. “Vertrau mir…”, meinte Carsten mit beruhigender Stimme und so ließ Lenny es zu, dass er ihn auch des zweiten Handschuhs entledigte. Tatsächlich vertrugen Lennys Hände gar keine Kälte; sie waren bereits bläulich angelaufen. Carsten schüttelte mitleidig den Kopf. “Armer Kerl… Komm her…“ Zuerst wusste Lenny gar nicht wie ihm geschah, als seine tauben Fingerspitzen plötzlich auf eine unerforschte, brennende Hitze trafen. Carsten zuckte selbst vor den eisig kalten Händen unter seiner Jacke zurück, doch gewöhnte sich schnell daran, da die angenehmen Aspekte dieser Berührung überwogen. Vom einen zum nächsten Moment richteten sich Lennys Augen in seine und fixierten ihn mit derselben eindringlichen Schärfe wie bei ihrem ersten Kuss… Seine betäubten Hände ruhten unbewegt auf Carstens Bauchdecke, doch es dauerte nicht lange bis wieder Leben in die verfrorenen Finger kehrte und er begann die zarte, nackte Haut zu erforschen… “Na, allmählich wird‘s besser, nicht wahr…?”, fragte Carsten, obwohl er die wärmer werdenden Hände selbst spürte. In Lennys Augen spiegelte sich Erregung. “Meine Lippen… sind immer noch kalt…“, entgegnete er. Mit sanfter Gewalt verschaffte sich seine Zunge Eingang zu Carstens Mund und der Überrumpelte erwiderte das Spiel hingebungsvoll. Sie küssten sich immer intensiver und Carsten spürte, dass Lenny allmählich zitterte, und das nicht nur vor Kälte, sondern vor Leidenschaft. Seine Finger fuchtelten hastig an Carstens Gürtelschnalle herum, es gelang ihm allerdings nicht sie aufzumachen. Bevor Carsten ihm helfen konnte, zwang er sich den Kuss abzubrechen und er und Carsten sahen sich keuchend an. “Wenn wir jetzt nicht hier in dieser verdammten Kälte wären… dann…!“, brachte Lenny heraus, Carsten verstand sofort, was er meinte und lächelte erhitzt. “Lass uns zu dir gehen!”, schlug Lenny eifrig vor, doch Carsten seufzte. “Das geht nicht… meine Schwester macht heute ‘Frauenabend‘…”, erklärte er missmutig. “Können wir nicht lieber zu dir?” “Vergiss es! Nicht wenn Lucy da ist - und meine Eltern! Die spionieren mir sowieso die ganze Zeit hinterher!”, wehrte sich Lenny beinahe panisch. “Wie wäre es dann mit morgen?“, schlug Carsten vor und wurde daraufhin unwirsch von Lenny beim Jackenkragen gepackt. “Morgen?”, wiederholte Lenny verzweifelt, als bedeutete dieser Aufschub das Ende der Welt. “Das halte ich niemals aus…!” Carsten streichelte über Lennys Wange und fühlte sich von Lennys Ungeduld geschmeichelt. “Ich kann’s auch kaum erwarten… aber betrachte es so; morgen haben wir dann wirklich unsere Ruhe…“ Lenny nickte, zog seine Handschuhe wieder an und nahm Carstens Hand. “Hast ja Recht… Lass uns nachhause gehen.”, sagte er lächelnd und wollte bereits drauflos marschieren. “Halt! Der Schlitten!”, bemerkte Carsten und schnappte das völlig nebensächlich gewordene Holzgestell, das ihnen den ganzen Tag soviel Freude bereitet hatte. “Du Carsten…”, begann Lenny, als er beobachtete wie sein Freund die Zieh-Kordel des Schlittens um sein Handgelenk wickelte. “Ich liebe dich.” Carsten unterbrach den “Wickelvorgang” für einen Moment und sah ihn aus warmherzigen braunen Augen an. Dann schloss er Lennys Hand fest in seine und sie machten sich auf den Nachhauseweg… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)