Handbuch für Paranoide von Miezel ================================================================================ Kapitel 1: Marie ---------------- So mal wieder was für Große... _________________________________________________________________________________ In einer netten kleinen Stadt mit freundlichen, hellen Häusern, sauberen Straßen und großzügigen Plätzen, lässt es sich gut leben. Die Gärten sind gepflegt, die Hecken geschnitten, die Zäune gestrichen, alles so wie man es sich wünscht. Hier kann man die Kinder getrost spielen lassen, hier grüßen sich die Nachbarn noch und es macht auch nichts, wenn man mal vergisst die Autotüre abzusperren, wo doch nicht einmal die Haustüre abgeschlossen wird. Die Anderen würden sie dort nicht mehr finden. Solche und ähnliche Gedanken bewogen Marie dazu sich nach einer neuen Bleibe umzusehen. Aufgewachsen war sie in einem winzigen Dorf mit einer Kirche, drei Wirtshäusern und vier Spitzbuben, wie man so schön sagt. Oft hatte sie das Gefühl, wenn sie nur an etwas dachte, wusste es gleich das ganze Dorf. Als sie alt genug war, um über sich selbst zu bestimmen, ging sie in eine Großstadt. Sie schenkte ihr Herz und ihren Körper dem ersten Mann, der ein wenig freundlich zu ihr war, weil sie die plötzliche Anonymität nicht ertragen konnte, obwohl sie sich genau diese doch gewünscht hatte. Die Beziehung hielt nicht sehr lange, hatte für Marie aber eine tief greifende Veränderung gebracht. Sie war schwanger, als er sie verließ. Mit dem Kind verging ihre Einsamkeit. Kurz nach der Geburt sah sie die Anderen zu ersten Mal. Sie hatte gerade ihr Baby in die Hände der Hebamme zurückgegeben, als sie das Spiegelbild einer Lehrschwester in der großen Glastüre sah. Marie dachte einem Trugbild aufgesessen zu sein, denn welchem Menschen wuchsen schon Hörner, oder wie sollte sie die Gebilde, die der Schwester schräg aus dem Hals wuchsen bezeichnen. Nein Hörner waren es nicht, eher Tentekelstumpen, die sich leicht bewegten. Marie schüttelte den Kopf über sich selbst. Was man sich so alles einbilden konnte…, aber ein kleiner Rest Unbehagen blieb in ihr. Sie achtete darauf, dass die junge Schwester, welche keine Hörner oder Tentakeln am Hals hatte, wie sie Tags darauf feststellen konnte, ihrem Kind nicht zu nahe kam. Wieder zu Hause vergaß sie den Vorfall fast. Sie hatte so viel zu tun, dass sie nicht zum Nachdenken kam. Ein Jahr verging wie im Flug. Dank des „Anstandes“ von Leons Erzeuger, er kaufte sich sozusagen monatlich frei, musste Marie in dieser Zeit nicht arbeiten gehen. Nach diesem Jahr reichte das Geld nicht mehr. Marie fand eine Stelle bei einer Schneiderin. Sie erledigte kleine Ausbesserungsarbeiten, die sie mit nach Hause nahm. Allerdings verschlechterte sich dabei ihre Sehkraft enorm. Sie brauchte jetzt um lesen oder nähen zu können eine Brille. Zur Entspannung ging sie mit Leon oft spazieren. Einmal nahm sie ein Buch mit in den Park. Leon hielt sein Mittagsschläfchen im Wagen und so machte sie es sich auf ihrer Lieblingsbank gemütlich und las. Plötzlich hatte sie so ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl wie eine greifbare Gefahr. Sie blickte auf, die Brille noch auf der Nase. Hinter sich vernahm sie einen Knall, doch hatte sie nicht den Mut sich umzudrehen, aber in der Spiegelung ihrer Brille sah sie wieder jemanden mit Auswüchsen am Hals. Sie starrte den jungen Mann an, der sich gerade zu einem kleinen Mädchen hinunter beugte, dessen Luftballon geplatzt war. Das Mädchen weinte, sie sah mit großen nassen Augen zu dem jungen Mann hinauf und er sah sie mit Augen, die nur aus Pupillen zu bestehen schienen, hypnotisch an. Die Auswüchse an seinem Hals begannen sich zu bewegen. Sie wippten auf und ab, bewegten sich auf das Kind zu. Der Mann sprach mit dem Kind. Es schaute gebannt zu ihm hoch. Die Auswüchse waren jetzt fast einen halben Meter lang. Die Spitze öffnete sich und eine Art Saugnapf schoss auf den Hals der Kleinen zu. Links und rechts dockten sie an. Marie wollte Schreien, wollte es verhindern, aber sie war nicht in der Lage sich zu bewegen. Marie schien es als ob sich ein Schatten auf das Kind legte. Es wurde irgendwie dunkler, weniger lebendig. Der junge Mann hingegen bekam etwas mehr Farbe. Seine Wangen wurden sogar zart rose. Marie schwitzte vor Anstrengung sich endlich bewegen zu können. Kleine Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn, liefen zusammen und rollten den Nasenrücken hinab und ließen die Brille auf die Nasenspitze rutschen. Als sie die Spieglung nicht mehr sah, konnte sie sich endlich bewegen. Sie wand sich um. Marie sah die Beiden nun ohne Spiegelung. Ein Bild liebevoller Aufmerksamkeit. Keine Spur von irgendwelchen Auswüchsen. Nur ein junger Mann, der mit einem kleinen Mädchen sprach. Der Mann nahm das Mädchen an die Hand und ging mit ihr fort. Marie blieb sitzen. Ihr ganzer Körper war schweißnass. Ihre Kleidung klebte an ihr. Sie nahm die Brille ab und schaute sie verwirrt an. Sie klappte die Bügel auf und zu, drehte sie in alle Richtungen und wartete darauf, dass ihr Herz wieder ruhiger schlug und nicht mehr im ganzen Körper zu spüren war. Leon meldete sich. Er hatte sein Nickerchen beendet und wollte nun spielen. Aber Marie hatte genug für diesen Tag. Sie musste erst einmal nachdenken. Schnell packte sie ihr Buch und die Brille in die Tasche und schob den Kinderwagen in Richtung Parkausgang. Leon beschwerte sich lautstark, aber Marie lief immer schneller. Sie wollte nur nach Hause. Leon ließ Marie zu Hause keine Zeit zum Nachdenken. Weil er im Park nicht spielen konnte beanspruchte er nun ihre volle Aufmerksamkeit. Später, als er satt und zufrieden, in seinem Bettchen lag, fiel ihr die Sache vom Park wieder ein. Sie überlegte, wo sie so etwas ähnliches schon einmal gesehen hatte. Lange kramte sie in ihrem Gedächtnis, bis sie die Erinnerung an den kurzen Augenblick nach der Geburt wieder fand. Damals hatte sie auch nur die Spiegelung der Schwester gesehen, wie heute im Park die Spiegelung in der Brille. Marie nahm sich vor, der Sache auf den Grund zu gehen. Sie schalt sich selbst eine Närrin einer Spiegelung zu glauben, versuchte alle möglichen Erklärungen zu finden wie Kratzer auf der Brille, irgend ein Haar auf der Pupille , überreizte Phantasie durch das Buch, überarbeitet, Halluzinationen durch Hunger oder zu wenig Schlaf und so weiter. Mit aller Macht versuchte sie sich selbst von der Unsinnigkeit ihrer Beobachtung zu überzeugen. Aber ein böses kleines Teufelchen in ihrem Hinterkopf ließ sich einfach nichts erzählen. Immer wieder, wenn sie im Halbschlaf war und die ersten Traumbilder erschienen, war da auch der junge Mann mit dem Kind da. Sie musste der Sache auf den Grund gehen! Dringend! Der Schlachtplan war ganz einfach. Sie musste ihre Umgebung als Spiegelbild sehen. Ständig mit einem Spiegel herumzulaufen war eindeutig zu auffällig und ob immer gerade eine Fensterscheibe da sein würde war mehr als fraglich. Micky Maus half ihr aus der Misere. Also nicht Micky persönlich, sondern ein Micky Maus Comicheft mit Detektiv-Zubehör. Da war auch eine Sonnenbrille dabei, mit der man mit einem Auge sehen konnte, was hinter einem passierte. Ein Glas war verspiegelt. Von vorn gesehen, war es nur eine einfache Sonnenbrille. `Tja, meiner Leidenschaft für Micky Maus sei Dank` sagte sie sich. Schon ihre Mama war ein großer Fan der kleinen Maus, die jeden Schlamassel heil überstand. Die Umsetzung ihres Plans war allerdings nicht ganz so einfach. Das Laufen mit so einer Brille war viel schwerer als zunächst angenommen. Es war irritierend gleichzeitig zu sehen, was vor und hinter einem passierte. Marie half sich indem sie ein Auge zukniff und so eben wieder nur in eine Richtung sah. Sie übte zuerst nur in ihrer Wohnung um nicht aufzufallen. Und dann kam der Tag, an dem sie endlich Gewissheit haben wollte, obwohl das ungute Gefühl nicht zu wissen was sie tun sollte, wenn es die anderen wirklich gab, sie nicht verlassen wollte. Marie packte Leon wieder in seinen Wagen und zog los, in Richtung Stadtpark. Sie hatte die Brille dabei, wollte sie aber erst im Park aufsetzen. Im Park wurden ihre Bedenken stärker. Was war, wenn nichts geschehen würde, war sie dann etwa krank? Aber noch schlimmer, was war wenn sie diese Dinger wieder sehen würde? Konnte sie Leon beschützen, konnte sie sich denn selbst schützen? Noch während sie über diese verzwickte Situation nachdachte, war sie bei ihrer Lieblingsbank angekommen. Unsicher, ob sie das alles lieber doch vergessen sollten oder nicht, setzte sie sich. Leon hielt sei Mittagsschläfchen. Guter Junge, so hatte Marie Zeit weiter zu grübeln. Sie holte die Brille aus der Tasche und betrachtete sie von allen Seiten, als ob sie so besser zu einem Entschluss kommen konnte. `Großstadt` dachte sie `doch nicht so das richtige für mich und Leon. In einer netten kleinen Stadt mit freundlichen, hellen Häusern, sauberen Straßen und großzügigen Plätzen lässt es sich gut leben. Die Gärten sind gepflegt, die Hecken geschnitten, die Zäune gestrichen, alles so wie man es sich wünscht. Hier kann man die Kinder getrost spielen lassen, hier grüßen sich die Nachbarn noch und es macht auch nichts, wenn man mal vergisst die Autotüre abzusperren, wo doch nicht einmal die Haustüre abgeschlossen wird. Die Fremden, wenn es sie gab, würden sie dort nicht mehr finden. „Wunderbares Wetter heut, finden sie nicht auch?“ fragte eine Stimme direkt neben ihr. Maries Herz setzte einen Moment aus um dann mit dreifacher Geschwindigkeit wieder einzusetzen. Ihr Mund klappte auf. Die Augen weit aufgerissen und irgendwie gleichzeitig schwitzend und frierend saß sie wie erstarrt auf ihrem Platz. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen. In ihrem Kopf summte und dröhnte es. In ihren Ohren schien ein großes Stück Watte zu stecken und ihre Beine waren weit entfernt davon sie jemals wieder tragen zu wollen. „Ich wollte sie nicht erschrecken, ist ihnen nicht gut?“ redete die Stimme weiter. In diesem Augenblick löste sich der Krampf im Magen kribbelnd auf. Die Luft aus ihren Lungen entwich mit einem ziemlich lauten Schrei. Nun war das Erschrecken gewandert. Die Frau, die sich neben Marie gesetzt hatte, fuhr zusammen und sah ziemlich geschockt aus. Marie versuchte es mit einem zaghaften Lächeln und stammelte eine Entschuldigung. Sie fühlte sich wie ein kleines Kind, dass man bei etwas Unerlaubten erwischt hatte. Die Frau, sie war elegant gekleidet und nicht mehr so jung, wie man auf den ersten Blick vermutet hätte, fing sich nun auch wieder und lächelte zurück. Entschlossen sich nicht mehr verrückt zu machen, packte Marie ihre Brille in ihre Tasche. Sie nahm sich vor, von jetzt an nicht mehr solchen Hirngespinsten nachzujagen, alles lockerer zu sehen und das ganze Vorhaben unter Blödsinn abzulegen. Es wurde ein netter Nachmittag. Sie unterhielten sich über Gott und die Welt und die Welt, wie man so schön sagt, sahen Leon beim spielen zu und landeten letztendlich in einem Cafe. Marie bestellte sich, ein wenig euphorisch da sie nun keine Ängste plagten, ein Eis. Eigentlich konnte sie es sich nicht leisten, aber sie wollte sich ihre knappe Kasse nicht anmerken lassen. Außerdem, wenn sie den nächsten Tag fasten würde, hätte sie das Geld wieder rein und fasten reinigt Körper und Geist. Sie sah sich einwenig um. Das Cafe musste erst vor kurzen renoviert worden sein. Es roch noch nach Farbe, irgendwie frisch und sauber. Der sonnenfarbene Anstrich, die Terracottafliesen und das verspielte, zierliche Mobiliar erweckten südliche Gefühle. Aus versteckten Lautsprechern tröpfelte eine lockende, dunkle, raue, italienisch singende Männerstimme direkt ins Ohr. An den Säulen mitten im Raum rankte sich grünes Geschling mit großen, allerdings künstlichen Blüten bis an die Decke. Marie genoss diesen Tag sehr. Als es Zeit wurde wieder nach Hause zu gehen, tat sie sich schon fast selbst ein bisschen leid, dass sie nun wieder allein nur mit Leon bleiben würde. Ihr fehlte jemand, mit dem sie reden konnte und der ihr nicht nur mit Baby-Blabla antwortete. Die Frau schien in ihr lesen zu können, denn sie machte den Vorschlag sich wieder zu treffen, Marie war begeistert. Es blieb auch nicht bei nur einem weiteren Treffen. Im Laufe der Zeit wurde Susan, so hieß die nette Dame, wie eine Vertraute. Sie erzählten sich alles aus ihrem Leben, schmiedeten Pläne für die Zukunft, halfen sich gegenseitig aus der Isolation der Großstadt. Irgendwann einmal kam das Gespräch auf seltsame Begebenheiten. Susan sagte, sie glaube nicht an Geister und solchen Quatsch. Es gebe immer eine logische Erklärung, man muss nur ordentlich und gründlich genug suchen. Marie setzte gerade an Susan von ihren Tentakelerlebnissen zu erzählen, aber Susan machte ein derartig entschlossenes Gesicht keine andere Meinung gelten zu lassen, dass es Marie lieber bleiben ließ. Sie war zwar nicht mit Susan einer Meinung, wollte aber keinen Streit und so reifte in Marie ein absurder Gedanke. Sie dachte sich, wenn ich Susan die Anderen zeigen kann, kann sie mir vielleicht eine logische Erklärung geben. Vielleicht aber sah Susan die Anderen ja auch und sie konnten gemeinsam überlegen was zu tun sei. Denn in ihren Träumen geisterten die Tentakelmenschen immer noch herum. Tags über hatte Marie die Angelegenheit gut im Griff. Sie verdrängte die Gedanken dass es dem Vergessen fast gleichkam, aber gegen Träume kann man sich eben nicht wehren. Marie schaute nun wieder öfter in Schaufenster, aber nicht weil sie der Inhalt der Auslage so brennend interessierte, sondern um Ausschau zu halten. Lange passierte nichts, bis sie eines Tages den jungen Mann mit dem kleinen Mädchen wieder sah. Natürlich war da gerade kein Fenster, keine Auslage, kein Spiegel in der Nähe. Nicht einmal eine Pfütze war sichtbar. So ein Pech aber auch. Von da an war Micky Maus wieder in Aktion. Also besser gesagt die verspiegelte Brille. Marie bekam sogar heraus wo der junge Mann wohnte und das er ein Au-pair-Junge war und auf das Kind der Gastfamilie aufpasste. Sie kannte nach einiger Zeit die Gewohnheiten der Beiden und wusste zu welcher Zeit sie wo waren. Sie hatte deshalb sogar ihre Arbeit gekündigt und lebte wieder nur von der Unterstützung von Leons Vater und dem winzigen Zuschuss, den ihre Eltern ermöglichen konnten. Das war wenig genug, aber Leon mangelte es an nichts, nur Maries Sachen wurden immer weiter. Mit Susan unternahm er immer weniger. Susan war erst besorgt, dann rührend bemüht, fast schon aufdringlich und zum Schluss zog sie sich frustriert zurück. Marie nahm diesen Rückzug gar nicht richtig war. Sie wollte Susan beweisen, dass man eben nicht alles erklären kann. Inzwischen war sie sich sicher, dass es die Anderen gab. Außerdem hatte sie das Verhalten des Tentakelträgers genau studiert. Diese Dinger wurden nur groß und dockten an, wenn das Kind weinte. Dem Kind schien dabei nichts zu passieren, außer das es ein wenig an Farbe verlor. Marie rief Susan an und verabredete sich mit ihr im Park. Etwas zögerlich hatte Susan zugestimmt, aber Marie sprach so eindringlich, fast panisch, so dass sie letztendlich zusagte. Als Susan im Park auftauchte war Marie schon eine Weile dort. Sie wirkte hypernervös, fahrig und war nur noch ein Schatten ihrer selbst, völlig abgemagert und ausgezehrt. In ihren Augen lag ein fiebriger Glanz. Marie erzählte Susan eine völlig wirre Geschichte von Tentakeln und Farbe und Augen und Kindern und Umzug in eine nette kleine Stadt und Tränen. Susan konnte dem allen nicht folgen. Sie vergrößerte langsam den Abstand auf der Bank zwischen sich und Marie. Marie konnte Susan nicht verstehen. Sie hatte ihr doch nun alles genau erklärt. Sie musste es ihr zeigen, damit sie begriff. Ja sie sollte es mit eigenen Augen sehen, dann endlich würde sie verstehen und dann kommt sie bestimmt mit in eine nette kleine Stadt, in der es sich gut leben lässt. Entschlossen packte Marie die Brille aus. Susan erhaschte noch einen kurzen Blick auf blickenden Stahl in Maries Tasche als Marie ihr auch schon eine Micky Maus Brille aufnötigte. Sie sollte damit hinter sich sehen und einen jungen Mann mit einem kleinen Mädchen beobachten. Verdutzt sah Susan Marie an und begriff überhaupt nichts mehr. Allmählich wurde ihr die Sache ungeheuer. Marie wirkte so daneben, dass Susan es mit der Angst zu tun bekam. „Begreif doch endlich!“ schrie Marie Susan an, entriss ihr die Brille wieder und setzte sie sich selbst auf. Plötzlich wurde Marie aschfahl im Gesicht, während hektisch rote Flecken auf den Wangen und am Hals erschienen. Sie zitterte wie Espenlaub und der Schweiß rann in kleinen Bächen aus ihrem Haar. Sie sah innerhalb von fünf Sekunden wie aus dem Wasser gezogen. Marie hatte entdeckt, dass nun auch am Hals des Mädchens kleine Tentakelstumpen saßen. Der junge Mann hatte Maries Entsetzensschrei gehört und sie als die Frau erkannt, die ihm irgendwie ständig über den Weg lief. Er kam auf sie zu um zu fragen ob er helfen könnte. Sie sah zumindest so aus, als könnte sie Hilfe gebrauchen. Marie wand den Kopf um der Gefahr richtig ins Auge blicken zu können. Dabei kam Susan in das verspiegelte Blickfeld – auch an Susans Hals ragten Stumpen hervor. Das war zuviel. Marie sprang schreiend auf. Sie zog ein langes scharfes Küchenmesser aus ihrer Tasche und stach auf die Feinde ein, die sie ausspioniert hatte, ihr Freundschaft vorgespielt hatten, sie in Sicherheit gewiegt hatten und sie jetzt aussaugen wollen und auch in so einen Zombie verwandeln wollten. Sie musste das verhindern, sie würden sie nicht bekommen. Sie nicht und auch nicht Leon. Sie würde sich verstecken in einer netten kleinen Stadt, wo es keine Tentakelmenschen gäbe. Sie würde sie ausmerzen. Blutverschmiert schnappte sie sich den Kinderwagen und rannte aus den Park, das Messer immer noch fest umklammert und die alberne Micky Maus Brille auf der Nase. Sie rannte ohne nachzudenken mitten in die Stadt. Überall sah sie jetzt Tentakelmenschen. An einer Kreuzung musste sie halten, wollte sie nicht überfahren werden. Leon war durch die wilde Fahrt ordentlich durchgeschüttelt worden. Er hatte sich den Kopf gestoßen und schrie nun seinen Schmerz in die Welt hinaus. Das weckte die Tentakeln an den Hälsen der Umstehenden. „Sei still!“ schrie Marie ihn verzweifelt an. Aber das bewirkte genau das Gegenteil und die Tentakeln kamen aus allen Richtungen auf ihn zu. Maries Panik wurde übermächtig. Sie stach auf alles ein was sie erreichen konnte, aber alle erwischte sie doch nicht. Ein Tentakel hatte Leon erreicht. Nein nicht das, lieber sollte Leon tot sein als ein Tentakelzombi zu werden. Sie holte aus und gerade als sie zu stach bewegte sich Leon ein wenig zur Seite, so dass sie ihn nur streifte. Er blutete, aber er lebte. Tränen rannen nun auch über Maries Gesicht und sofort schossen die Tentakeln auf sie zu. `Ihr kriegt mich nicht! `dachte sie noch als sie sich auf die einzige Weise die ihr noch blieb in Sicherheit brachte. Leon wuchs in ein sehr kleines Dorf bei seinen Großeltern auf. Er sammelte mit Leidenschaft Micky Maus Comics.. Kapitel 2: Komm --------------- Mal was gaaanz kurzes, was aber, so hoffe ich wenigstens, eure finstersten Phantasieen beflügelt... __________________________________________________________________________________ Sind es die Lippen, die mich wahnsinnig machen? Sanft geschwungen, feucht glänzend, zart, rose´, warm, weich, lockend. Der Mund – eine sinnliche Versuchung, saugendes Glück. Perlweiße Zähne. Die Zunge kräftig und behutsam gleichermaßen. Oder sind es die Augen, groß, weit geöffnet, mit langen Wimpern, feingeschwungene Brauen darüber, die den Ausdruck der Neugier, des Wissens und der Unschuld in sich tragen?! Vielleicht ist es die Haut, samten und doch straff, herrlich duftend. Oder sind es die Glieder stämmig und zugleich so zerbrechlich. Kann es sein, dass es die Jugend ist, die mich so anzieht? Ich weiß es nicht. Aber etwas oder auch alles zusammen ist es was mich gierig macht, was mich zwingt zu tun was ich tue, obwohl ich weiß, dass ich es nicht darf. Vielleicht ist es ja auch genau das – der Reiz des Verbotenen. Komm zu mir mein schönes Kind, komm ich zeige dir Dinge an die du noch nie gedacht hast. Komm, ich halte dich fest wie dich noch nie jemand gehalten hat. Lass uns Dinge tun, die du nicht für möglich hältst. Befreie mich von meiner Lust, stille mein Verlangen, sei mir zu Willen, komm zu mir mein Kind... Komm! ___________________________________________________________________________________ Nu wie wars? Schämt ihr euch schon für eure eigenen Vorstellungen? Kapitel 3: Paranoia ------------------- Was nettes kurzes für Zwischendurch... _________________________________________________________________________________ Ich bin Josh und ich schwebe. Ich schwebe in Farben, Licht und sanften Klängen. Das machen die rosa Pillen. Ich weiß das, aber ich habe keine Wahl, wenn ich nicht überschnappen will. Es ist warm, ich fühle mich sicher – geborgen. Ich taumle durch meinen Traum, bis ich zurückgerissen werde. Zurückgeholt in die Realität, die so furchtbar ist. Jetzt, jetzt ist es soweit. Ich wache auf und weiß, DIE sind da. DIE beobachten mich. Ich kann sie fühlen. Merke ihre Augen auf meiner Haut. Das lässt mich frösteln. DIE sind überall. Fast kann ich DIE sehen. Warum sind denn alle anderen blind? Sind alle taub und unempfindlich? Kann nur ich Die wahrnehmen? Die kontrollieren alles. DIE wollen alles wissen, damit sie uns im Zaum halten können. Ich muss die anderen warnen! Aber wenn ich rausgehe, wissen DIE das auch und senden ihre Strahlen, die meine Gedanken durcheinander bringen. Dann weiß ich nicht mehr was ich sagen wollte. Wenn ich hier bleibe, beobachten DIE mich nur. Ich kann mich nur kurz den Strahlen aussetzen. Die machen Tumore in meinem Kopf. Der Arzt sagt, da ist nichts und gibt mir die rosa Pillen. Der steckt mit denen unter einer Decke. Aber ich nehme die Pillen doch, denn sie schalten mein Denken aus und dann können DIE mich nicht mehr manipulieren. Wenn ich schwebe, bin ich stark und DIE können mir nichts anhaben. Ich lache über sie. Ich nehme jetzt alle Pillen auf einmal. Ich trickse DIE aus. So jetzt soll´n DIE mal sehn, was sie jetzt noch beobachten können. Mich nicht ha.... Ich werde leicht... ich beginne zu schweben... die Farben... ich bin Josh und ich fliege ins Licht. In dem abgedunkelten Raum nebenan sitzen vor einer riesigen Monitorwand zwei Gestalten und starren auf die Bildschirme, auf denen Josh zu sehen ist. Sie stellen sich gerade die Frage: „Hat er uns entdeckt?“, als Josh beschließt zu schweben, für immer zu schweben in Licht, Farben und Klängen. --------------------------------------------------------------------------------- Wie gesagt, was nettes Kurzes für Zwischendurch. Ach hab ich fast vergessen zu sagen, Tesla war wieder so lieb und hat eines ihrer phantastischen Zeichnungen gestiftet. Schuat sie euch mal an dazu http://animexx.onlinewelten.com/fanart/zeichner/301624/1590037/ LG Mau Kapitel 4: Feuer und Flamme --------------------------- http://animexx.onlinewelten.com/fanart/zeichner/301624/1588975/ Das ist die Adresse, wo ihr euch das Bild zu dieser Geschichte ansehen könnt. Ich find es mega gut getroffen. Es fängt die Atmosphäre goldrichtig ein. Vielen Dank an meine Tesla, Bussi. --------------------------------------------------------------------------------- Er stand da und sah zu wie es brannte. Helle, heiße Zungen leckten gierig über das Holz, fraßen die Tapete von den Wänden und bohrten Löcher in die Decke. Es griff immer weiter um sich, schneller und schneller. Es zischte und knackte, dass es klang wie wütende Stimmen. Eine Wut, die nicht zu beschreiben ist. Eine Wut, die der des Mannes gleich kam, denn er hatte verloren. Er hatte den Wettlauf verloren, mit dem er den Brand hätte verhindern können. Es war wie ein Spiel mit festen Regeln und eine Regel besagte, dass er immer verlor. Den Anfang nahm es mit einem tiefroten Glühen in der Nacht. Zwei dunkel glühende Kohlen sahen ihn aus der Finsternis an. So samten rot wie Glut kurz vor dem Verlöschen. Als er sie das erste Mal sah, war erneugierig. Es war in seinem Zimmer mitten in der Nacht. Wie so oft konnte er nicht schlafen. Er hörte das sägende Schnarchen seiner Eltern, das nach oben durch seinen Fußboden, durch sein Kopfkissen, welches er gegen seine Ohren presste, drang. Kein gleichmäßiges Schnarchen, nein, die beiden mussten sich gegen ihn verschworen haben und atmeten derart unregelmäßig, dass man sich nicht darauf einstellen konnte. Er lag in dem winzigen Zimmerchen unter dem Dach auf seinem Bett. Im Sommer brütend heiß und im Winter so kalt, dass die Wände von seiner Atemluft glitzerten. Aber das nahm er in Kauf. Musste er wohl auch. Der Versuch einen eigenen Haushalt zu führen, war kläglich gescheitert. Er hatte nie gelernt, was zur Haushaltsführung nötig war. Mutter sagte immer, das ist nichts für einen Mann und Vater nickte bekräftigend. Vater nickte immer bekräftigend, wenn Mutter etwas sagte. War wohl bequemer für ihn. Eine Freundin hatte er auch nicht. Er sei seltsam, meinte das Mädchen, mit dem er mal ausgegangen war. Es war das erste und das letzte Mal, dass er mit einem Mädchen ausgegangen war. So etwas musste er sich nicht sagen lassen, dass er seltsam war. Bloß weil er mit der Kerzenflamme auf dem Tisch ein bisschen gespielt hatte und nicht so viel erzählt hatte. Na ja, was verstehen den Mädchen auch vom Feuer. Da haben die doch eh keine Ahnung. Aber das verstehen wohl auch nur die Wenigsten, welche Anziehungskraft eine Flamme hat. Wie sie lockt und schmeichelt, knistert, flüstert und liebkost. Feuer macht keine Kompromisse. Es fordert und gibt alles ohne Bedingung. Keine falschen Schwüre, keine Worte die verletzen. Es ist rein und verständlich. Das Mädchen hatte nur dämlich geguckt, als seine Worte zu schwach waren um es ihr zu erklären und er es ihr zeigen wollte. Sie mochte die Flamme nicht, die von ihr kosten wollte. Sie hat sie ausgeblasen, getötet und ihn dann angeschrieen er sei seltsam. An all das dachte er, während er versuchte das Schnarchen zu überhören. Da leuchtete ihn aus der Dunkelheit dieses Glühen an. Er hatte gar nicht bemerkt, dass er die Augen offen hatte. In seinem Zimmer war es eh so dunkel, dass das keinen Unterschied machte ob er die Augen offen oder geschlossen hatte. Es gab so wie so nichts zu sehen. Und dann auf einmal dieses Glimmen. Er überlegte, was das sein konnte, doch es fiel ihm nichts passendes ein. Er schloss die Augen, öffnete sie wieder, das Glühen war immer noch da. Es kam ihn sogar größer und heller vor. Seine Augen schmerzten und tränten schon vom Hinstarren. Als ob das Ding es spürte, dass er nicht mehr lange hinsehen konnte, zeigte es plötzlich mehr. Eine kleine Flamme sprang hoch. Sie erhellte ein wenig die Umgebung, doch deutlicher wurde dadurch nichts. Dieses Ding sah irgendwie wie schwarzer Rauch aus, konturenlos, bis auf die Augen, eben dieses Glühen. Er setzte sich auf. Das Leuchten kam näher. Er konnte es fast berühren, doch als er die Hand danach ausstreckte, entzog es sich ihm. Er folgte der Flamme durchs Zimmer, die Treppe runter, aus dem Haus, ohne das er es bemerkt hätte. Er wollte die Flamme und diese nebulöse Gestalt unbedingt erreichen. Als er wieder etwas von seiner Umgebung mitbekam, bemerkte er das er sehr weit von seinem Zimmer entfernt war. Er stand mitten in einer schmutzigen alten Lagerhalle. Es roch nach Öl und Metall und er war der Flamme jetzt so nah, dass er sie berühren konnte, aber er konnte sie nicht halten. Sie war zu heiß, er war zu schwach. Er ließ sie fallen. Sofort fand das Flämmchen Nahrung und wuchs zu einer Flamme schön, hell und gierig. Unmöglich sie zu zügeln oder zu bändigen. Wild und fordernd. Er konnte sich nur noch in Sicherheit bringen und dem Brand zusehen. So war es beim erstenmal und beim zweiten Mal und beim dritten Mal war es auch so, wie jedes Mal. Als Andenken so zu sagen, oder um ihn zu necken, behielt er immer ein Streichholzbriefchen zurück, in dem ein Streichholz fehlte, obwohl er genau wusste, dass er keine eingesteckt hatte, er rauchte ja nicht. Auch dieses Mal hatte er es nicht geschafft das Flämmchen festzuhalten und nun sah er dem Brand seines Elternhauses zu, wütend darüber zu schwach zu sein, sein Flämmchen nicht festhalten zu können. Gedankenverloren spielte er mit dem Streichholzbriefchen in seiner Hand. -------------------------------------------------------------------------------- Feurio, sag ich dann mal oder lieber 112? Feurige Grüße Von mir Mau Kapitel 5: Psi -------------- Mhm ja, ich glaub das war die zweite Geschichte, die ich zu Papier (echt jetzt, Papier) gebracht habe. --------------------------------------------------------------------------------- Psi ist jetzt hellwach. Endlich raus aus diesem elenden und kranken Körper. Da liegt er nun zermatscht und zu nichts mehr zu gebrauchen. Erloschen. Wertlos. Achtlos weggeworfen, mit einem Lächeln auf dem Gesicht. Psi stutzt, wieso Lächeln? Es macht Psi schon wieder wütend. Wieso lächelt das Ding? So nutzlos wie dieses Leben war und dann noch lächeln? Nichts war je richtig, nicht das Tun, nicht das Denken, nicht einmal das Aussehen war in Ordnung. Psi hatte kaum Widerstand gespürt, als sie erwachte. Alles war weich und hatte nachgegeben... und nun dieses Lächeln?! Hätte Psi einen Körper, sie würde jetzt aus der Haut fahren. Der kurze Augenblick der Entspannung und des Triumphes, als sie aus dem unwürdigen Körper sprang, war vorbei und nur das Gefühl jener so lang vertrauten Wut war geblieben. Psi wand sich ab. Sie ging auf die Suche. Je länger sie suchte, um so müder und auch wütender wurde Psi. Am Ende war sie so müde, dass der Schlaf mehr als eine Verlockung war und als Psi ankam schlief sie sofort ein. Ein süßes Baby. Wie niedlich die Löckchen. Die großen blauen Augen strahlten. Es war so war und weich. Ein so stilles und liebes Baby. Auch als es ein kleines bisschen älter wurde und zu krabbeln begann. Nie tat es etwas, was es nicht sollte. Es zog keine Tischdecken vom Tisch, ließ Papas CDs in Ruhe, nahm nichts weg. Ein wahrer kleiner Engel. Die Eltern achteten sehr darauf, dass es sich im richtigen Maß entwickelte und die Leistung stimmte. Das kleine Mädchen entwickelte sich prächtig. Nur manchmal saß sie da mit einem eigenartigen Gesichtsausdruck. Als würde sie nach innen lauschen, so als lauerte etwas anderes als ein Engel hinter der sanften Fassade. Dann kam die Sache mit dem Turm. Ein Turm aus bunten Bauklötzern. Einfach auf einander gestapelte Steine. Etwas windschief stand er da und ein glückliches Glucksen war zu hören. Das war das erste mal, dass Psi sich wieder regte. Sie war so halb und halb munter, noch weit entfernt wieder ihre alte Kraft und Macht zu haben. Aber ein wenig umsehen, dass ging schon. Was Psi sah, war bestimmt nicht, was Psi gewollt hatte. Pummlige kleine Händchen und ein Turm, der eine Katastrophe war. Psi benutzte diese Patschhändchen um einen richtigen Turm zu bauen. Unvollkommenes war Psi ein Greul. Nur waren diese Fingerchen zu ungehobelt, um für Psi´s Ansprüche ein akzeptables Ergebnis zu erzielen. Psi baute einen versetzten Turm, so auf Lücke. Erstaunlich für ein Kind diesen Alters, aber für Psi galten andere Maßstäbe. Diese verflixten Händchen. Sie gehorchten einfach nicht so exakt, wie Psi es wollte. Voller Wut über diese Unzulänglichkeit, zerstörte Psi den Turm, der von der großen fremden Frau gegenüber so bestaunt wurde. Psi tobte. Sie warf die Bauklötzer um sich, ohne Rücksicht auf irgend etwas zu nehmen. Das Toben verbrauchte Psi´s Kraft ungeheuer schnell. Noch während der letzte Baustein der Frau gegenüber um die Ohren pfiff, zog Psi sich zurück. Sie schlief wieder für eine kleine Weile, ungefähr 3 Jahre. Das Mädchen aber konnte sich nicht erklären, wieso ihre Mutti so laut schimpfte und sie so böse ansah. Warum hatte sie die Hand am Ohr und wieso tropfte es rot auf Muttis weiße Bluse? Sie begann zu weinen, weil ihr Turm kaputt war und weil Mutti schimpfte und unglücklich war und weil sie nichts von alle dem verstand und weil ihr Zeit fehlte. Kindergartenzeit. Alles war wie es sein sollte. Das Mädchen fügte sich in die Gruppe ein, erzielte gute Ergebnisse in den Beschäftigungen – die Leistung stimmte. Nur wenn Psi sich zurückmeldete veränderte sich alles. Der Blick wurde finster, der Mund verkniffen, die ganze Haltung verriet geballte Wut. Für kurze Zeit wurde aus dem Mädchen Psi und Psi wurde mit jedem mal stärker. Sie hasste alles um sich herum und zerstörte das, was sie hasste so weit wie möglich. Es fielen ihr Sandburgen, Puppenkleider, Bilder und manchmal auch Nasen zum Opfer. Die Attacken dauerten nie lange, denn Psi verausgabte sich jedes Mal und verbrauchte ihre neu gewonnene Kraft gänzlich. Danach schlief Psi wieder in dem Kind. Die Übergriffe fielen im Tagesablauf kaum auf. Psi hatte im Laufe ihrer vielen Existenzen gelernt, worauf sie achten musste. Alles was wesendlich stärker war als sie und sie entdecken konnte, musste vermieden werden, wollte sie nicht noch einmal durch Medikamente gelähmt werden. Es waren also nie Erwachsene in der Nähe, wenn sie ihrer Wut freien Lauf ließ. So kam es, dass kein „Großer“ daran glauben mochte, dass das Engelchen sich derart daneben benehmen konnte. Außerdem – die Leistung stimmte. Schulzeit. Für Psi wurde es schwieriger unentdeckt zu bleiben. Das Mädchen ahnte, dass da etwas war. Ihr fehlte hin und wieder Zeit. Psi hatte sich eine Strategie zurecht gelegt. Sie kam oft nur Sekundenweise um nachzusehen ob die Luft rein war und nur wenn sie sich wirklich unbeobachtet fühlte, trat sie in Erscheinung. Psi agierte nur noch außerhalb der gewohnten Umgebung des Mädchens, da aber mit aller Macht. Sie liebte zum Beispiel Autoreifen zu zerstechen. Das Zischen der Luft bereitete ihr Vergnügen. Oder sie stahl, was ihr zwischen die Finger kam. Diese Schätze hortete sie in einem alten Luftschutzbunker im Berg. Dort kam nie jemand hin, weil er nass, dunkel und kalt war. Zudem sah das Ganze nach Einsturz aus. Es war das perfekte Versteck. Sie hätte die Dinge auch wegwerfen können, denn sie hatten eigentlich keinen Wert für Psi. Nur das Beschaffen bereitete ihr Vergnügen. Anderen etwas wegnehmen, sie leiden sehen, sie bedrohen und fertig machen, das war es, was das Leben lebenswert machte. Das Mädchen wunderte sich immer häufiger über die verlorene Zeit. Sie bemühte sich nach Kräften es zu vertuschen und es gelang ihr ganz anständig. Als sie dann allein lebte, beschloss sie herauszufinden, was in der Zeit geschah, von der sie nichts wusste. Sie kaufte sich eine Kamera und überwachte sich selbst. Einige Zeit geschah nichts. Sie wollte sich schon damit zufrieden geben, doch dann eines Abends veränderte sie sich. Aus ihr wurde Psi. Psi fühlte sich sicher. Das ließ sie arrogant und unvorsichtig werden. Sie fühlte sich so sicher, dass sie Klamotten in der Wohnung versteckt hatte. Nicht dieses verspielte bunte Zeug des Mädchens. Das passte so gar nicht zu Psi. Sie bevorzugte einfarbige Kleidung: dunkel, sportlich und geradlinig. Die langen Locken, die sonst offen auf die Schultern fielen, verschwanden unter einer dunklen Perücke. Aus weiß wurde schwarz. Psi war relativ zufrieden. Es war zwar nicht perfekt, aber das Beste, was sie aus dieser Niete herausholen konnte. So ging Psi auf Spaßtour und ahnte nicht, das sie entdeckt worden war. Am nächsten Tag war etwas von einem Raubüberfall auf einen alten Mann zu lesen und von der Brutalität des Vorgehens. Auch eine Täterbeschreibung stand da. Der Mann hatte es nicht überlebt. Das Mädchen begriff alles, als sie sich im Video sah. Sie wusste nun, wo ihre Zeit blieb, verstand, wo die Dinge herkamen, die Psi manchmal unachtsam mit nach Hause brachte und sie verzweifelte. Sie lehnte sich auf, als Psi das nächste Mal erwachte und kämpfte mit ihr. Das Mädchen und Psi fielen von der Brücke. Psi hatte gewonnen und als sie aufschlug – war Psi hellwach und wütend. Wie konnte diese alberne, dumme, kleine Gans sich gegen Psi wehren, sie sogar bekämpfen. Glücklich hätte sie sich schätzen müssen, dass Psi sie durch ihre Anwesenheit ehrte. Psi sah sich den zermatschten Körper an. Etwas stimmte da nicht. Jetzt sah sie es. Das Ding lächelte. Es hatte tatsächlich ein Lächeln im Gesicht und Psi begann zu zweifeln, ob sie wirklich gewonnen hatte. --------------------------------------------------------------------------------- Nun ja, hat nicht jeder von uns so ganz im Verborgenen eine kleine Psi? Wie sieht denn eure aus? Laßt mal hören LG Mau Kapitel 6: Mitnehmen -------------------- Mhm, ist auch nicht so lang, eher kurz und auch nicht blutrünstig nur ein bissel gemein. --------------------------------------------------------------------------------- „Nimm mich mit!“ Egal wohin er sah, überall in diesem verflixten Einkaufszentrum schrie es ihm entgegen. Von allen Seiten drang es auf ihn ein. Es sickerte in seine Ohren, seine Augen, seinen Verstand – füllte sein gesamtes Denken aus. Der Drang zu zugreifen war mächtig. Er stopfte die Hände tief in seine Taschen, um dieser Macht zu widerstehen. Es brauchte seine ganze Kraft die Hände dazulassen, wo sie waren. Eigentlich wollte er gar nicht hier sein. Er war doch nur spazieren gegangen. Eine kalte, einsame Straße entlang.Der Wind hatte ihm ins Gesicht geblasen. Er hatte den Kragen hochgeschlagen, die Schultern hochgezogen und versucht auch noch seine Nase vor dem schneidenden Wind im Kragen zu verstecken. Unruhe hatte ihn in dieses Wetter getrieben. Zu Hause war er auf und ab getigert, hatte dabei mit der Faust gegen seine Handfläche geschlagen. Zuerst hatte das Geräusch ihn abgelenkt, aber bald kam die Unruhe zurück und so schlug er fester. Die Schmerzen hatten ihn etwas abgelenkt, doch dann kamen sie zurück: diese Unruhe, dieses bleierne Gefühl im Magen, die Armeisen unter der Haut, das Kribbeln im ganzen Körper. Die Luft schien auf einmal zu verbraucht um noch geatmet werden zu können. "Ich muss hier raus, Luft holen!", dachte er. Und so war er in den kalten Tag gestiefelt. Er war lange gelaufen, hielt sich absichtlich weit ab von Geschäften. Doch dann kamen die kleinen Hinterhältigkeiten. In einem Fenster konnte er einen Teddy sehen. Daneben saß ein Mädchen im roten Kleid. Sie sahen dem Wind zu. Die Augen des Teddys funkelten, das Fell schien flauschig zu sein. Er konnte ein leises Wispern vernehmen und nur er konnte es verstehen. „Ich will mit, nimm mich mit!“, vernahm er in seinem Kopf. Der Mann drehte sich um, sah angestrengt in die andere Richtung. Er wollte etwas anderes sehen. Bunte Farben vielleicht oder Musik hören, das Flüstern übertönen. Er hörte sie. Lockend, anziehend, an ihm zerrend, ihn auf einen bestimmten Pfad treibend, ihn mit sich reißend, seinen Willen beherrschend... Die bunten Lichter und Farben entpuppten sich als Reklametafeln und die Musik war jene Untermalung, um den Einkauf angenehm zu machen. Er war wieder einmal in einem Einkaufszentrum gelandet. Ohne sein Wissen und Willen war er hier und von überall stürmten die begehrlichen Dinge auf ihn ein. Er spürte wie seine Kraft nachließ. „Dieses Mal nicht. Ich tricks Dich aus!“, dachte er. Er lenkte seine Schritte in die Kosmetikabteilung. Hier gab es Dinge, die nicht so anziehend sind, so dachte er zumindest. Aber die Menge an Farben und Formen und Düften überwältigte ihn fast. Als er schon dachte das „Nimm-mich-mit-Geschrei“ nicht mehr aushalten zu können, ließ der Druck plötzlich nach. Er konnte wieder frei durchatmen, konnte wieder Einzelheiten unterscheiden und die Stimmen in seinem Kopf waren so leise, dass er sie ignorieren konnte. Er ging, nun wieder ruhig, hinaus. Der Wind hatte nachgelassen und die Sonne blinzelte ab und zu durch die Wolken. Die Welt konnte so schön sein. Zu Hause hängte er seine Jacke auf. Plötzlich erstarrte er mitten in der Bewegung. Aus seiner Jackentasche rutschte etwas, was er da nicht rein gesteckt hatte. Es war ein Lippenstift. Keine Ahnung wie er da hinkam. Mit fliegenden Händen schloss er das Zimmer auf, welches er immer fest verschlossen hielt und nur öffnete, wenn wieder einmal was in seiner Tasche war, von dem er nicht wusste, wie es da hin kam. Der Lippenstift landete neben Springseilen, Drähten, Lampen, Tassen, Röcken, Kompottschüsseln, Löffeln und und und. Er schloss die Tür wieder ab und versuchte den Raum zu vergessen. Bis er wieder unruhig wurde......... --------------------------------------------------------------------------------- Wie gesagt, nur ein bissel gemein, oder? Ich hoffe es hat gefallen LG Mau Kapitel 7: Was ist wenn ----------------------- http://animexx.onlinewelten.com/fanart/zeichner/301624/1590038/ Da ist das Bild zu der Geschichte. Ich kann Euch sagen, einfach super, das Bild... -------------------------------------------------------------------------------- Sie macht sich Sorgen. Sie hat gehört, dass Umweltgifte das Leben zerstören. Umweltgifte, was genau soll sie sich darunter vorstellen? Sie sitzt am Frühstückstisch und überlegt, was sie ändern könnte, um länger und gesünder leben zu können. Kaffee zum Beispiel, den könnte sie ersetzen. Kaffee hat Koffein und Röststoffe und das ist wohl nicht so gut, stand in der Zeitung. Kaffee schwemmt Wasser aus. Sie kann sich zwar nicht vorstellen, wo das Wasser herkommen soll und wie das Ganze funktioniert, aber unter den Artikel stand „Dr. med.“ und der hat das doch studiert. Also weg mit dem Kaffee. Stattdessen könnte sie Tee trinken. Ja, Tee ist gut, Früchtetee. Früchte sind gesund Erdbeeren oder Kirschen. Kirschen, halt, da gibt es doch diese Tollkirschen und was ist, wenn irgend so ein Trottel diese Kirschen untergemischt hat? Es steht immer wieder in der Zeitung, dass irgendwer wegen irgendwas, irgendwo Lebensmittel vergiftet. Was ist, wenn der ausgerechnet da arbeitet wo der Tee hergestellt wird und sie gerade eine dieser Packungen erwischt hat. Was ist, wenn eine Sendung darüber schon im Fernsehen lief und sie sie nur verpasst hat. Nein, lieber keinen Tee. Sie will sich ein Glas Saft einschenken. Auf der Packung steht: macht Abwehrkräfte stark. Um mehr darüber zu erfahren, liest sie auch das Kleingedruckte mit den Inhaltsstoffen: Zucker, Wasser, E einhundertirgendwas und … was ist, wenn die Industrie da was reingemixt hat, damit man sich an den Geschmack gewöhnt und nur noch diesen Saft trinken möchte. So etwas nennt man wohl Prägung oder so. Nein, das will sie lieber nicht riskieren. Lieber keinen Saft. Wasser, Wasser ist gut. Sie wird ab jetzt nur noch Wasser trinken. Sie sieht zum Wasserhahn hinüber. Ein glitzernder Tropfen hängt am Hahn. Das Sonnenlicht bricht sich in ihm. Ein köstlicher Anblick. Der Hahn, aus Edelstahl, funkelt mit dem Tropfen um die Wette. Sie hat den Hahn mit Bedacht ausgewählt. Der Verkäufer sagte damals, es wäre das gleiche Material, aus dem auch die Krankenhauswasserhähne bestehen. Im Krankenhaus wird auf Hygiene geachtet. Und was für so einen Ort der Sauberkeit gut ist, konnte doch für sie nicht schlecht sein. Sie stellte sich vor, wie ein Schluck kühlen Wassers ihre Kehle hinunter läuft. Es wird sich gut anfühlen. Also Wasser. Es kommt ganz klar und rein, glitzernd und sauber aus dem Hahn. Der Hahn steckt auf einer Leitung und die Leitung hat sie erneuern lassen. Sie hat sie sich vor dem Einbau angesehen. Sie fand die Rohre ganz in Ordnung, nachdem sie sie desinfiziert hatte. Sie hatte den Männern weiße Latexhandschuhe gegeben und darauf bestanden, dass sie diese während der Arbeit tragen. Leider konnte sie nicht die gesamte Bauzeit überwachen, aber als sie eine Stichprobe machte, hatten die Männer die Handschuhe an. Bestimmt war das in Aussicht gestellte Trinkgeld auch ein Grund für das geduldige Handschuh tragen. Doch was ist, wenn die Männer nur darauf gewartet haben, bis sie wieder fort war und sie dann die Handschuhe wieder ausgezogen haben. Einer konnte doch Schmiere gestanden haben und... Geld ist doch nicht alles. Vielleicht hatte einer von ihnen eine Krankheit, von der er selbst noch nichts wusste, aber sie schon übertragen konnte. Oder vielleicht wusste er schon davon und wollte, aus lauter Verzweiflung, weil er nicht mehr lange zu leben hatte, so viele wie möglich mitnehmen. Und selbst wenn die Männer nicht krank waren und die Rohre im Hause in Ordnung, was ist, wenn ein Terrorist meinte, die Welt verbessern zu können, indem er alle Wasserversorgungen dieser Stadt oder gar dieses Landes vergiftet. Der Tropfen dort am Hahn, hatte er nicht eine leicht grünliche Farbe? Was wäre, wenn Ratten einen Weg gefunden hatten und nicht mehr nur im Abwasserkanal die Pest verbreiteten. Sie musste wohl die Idee mit dem Wasser vergessen, wenn sie sich nicht umbringen wollte. Ein neuer Gedanke kam ihr in den Sinn. In Apotheken wird ja Gesundheit pur verkauft. Jeder der krank ist, holt sich aus der Apotheke Linderung, wenn nicht gar die Gesundheit in Pillen- und Tropfenform wieder. Also, wenn sie sich dort etwas kaufen würde, zu Essen und zu Trinken, dann konnte sie wohl davon ausgehen, dass das ihrem Körper nicht schaden würde. In Gedanken machte sie sich auf den Weg. Sie musste sich erst etwas anziehen. Etwas, das keine Allergie auslösen würde. Dann die 3-fach Verriegelung an der Tür aufschließen, nachdem sie die Alarmanlage ausgeschaltet hatte. Die Luftschleuse war nicht so groß, der Austausch würde schnell gehen. Die Sonne würde sie empfangen, also vorher noch Sonnenblocker auftragen. Schließlich will sie nicht an Hautkrebs sterben. Die Straße runter, in die nächste Apotheke. Aber halt, auf die Straße zu gehen, wäre ein viel zu großes Risiko. Was wäre, wenn genau neben ihr der Reifen eines Autos platzt, der Fahrer den Wagen nicht so schnell unter Kontrolle bekommt und sie unter sich begräbt? Aus wäre es! Oder die Stoffe der Kleidung eine Verbindung mit der Luft eingehen und so einen toxischen Schock verursachen? Vorbei wäre es! Oder was wäre, wenn das Wetter plötzlich umschlägt und sie von einem Blitz getroffen wird? Schluss wäre es! Oder was wäre, wenn … Ein paar Tage später stand folgender Bericht in der Zeitung: Stadtrundschau aus unserer Stadt berichtet Die Polizei öffnete heute ein Einfamilienhaus in der Semmelweiß-Allee 13. Sie fand dort die Leiche der 25-jährigen Bewohnerin. Der Polizeisprecher sagte:“ Wir stehen vor einem Rätsel. Die Frau saß vollkommen unbekleidet an ihrem Küchentisch. Vor ihr standen diverse Nahrungsmittel, alle unberührt. Neben ihr und im gesamten Haus verteilt fanden wir Bücher und Zeitschriften über gesunde Lebensführung. Allem Anschein nach ist sie bei gedecktem Tisch verhungert.“ --------------------------------------------------------------------------------- Tja es ist schon ein Kreuz mit der gesunden Lebensweise, oder? Esst was schönes und vergeßt auch nicht das Trinken. LG Mau ^.^ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)