Dreh die Zeit zurück von -akai- (Lass mich bitte aus diesem Albtraum erwachen) ================================================================================ Kapitel 1: Warum? ----------------- Wieder ignoriere ich das Klingeln an der Tür, das heftige Klopfen an ihr und die Rufe meiner Freunde. Sie sollen mich in Ruhe lassen! Können sie nicht verstehen, dass ich alleine sein will oder wollen sie es nicht? Ich rolle mich ein wenig mehr auf dem Sofa zusammen und kralle mich in das Kissen. „TAKASHIMA KOUYOU! WENN DU NICHT SOFORT DEINE BESCHISSENE TÜR ÖFFNEST, TRETE ICH SIE EIN!!!“ Ich zucke zusammen, als ich Kais laute Stimme vernehme. Dennoch bewege ich mich nicht vom Fleck. Kai ist so zierlich, der würde das eh nicht schaffen, die Tür einzutreten. Plötzlich höre ich es krachen. Verdammt, natürlich hat er es doch geschafft, immerhin ist er Drummer und hat Kräfte, die man ihm nicht ansieht. Jetzt bin ich ihnen ausgesetzt wie ein verirrtes Schaf den ausgehungerten Wölfen. Keine zehn Sekunden später stehen die drei auch schon in meiner Wohnung. Aoi ist der erste, der im Wohnzimmer ankommt. „Oh Gott, wie siehst du denn aus, Uru?“ Ich drehe mich mit dem Rücken zu ihm. Ich weiß, dass das nicht nett ist, aber sein Mitleid kann ich überhaupt nicht gebrauchen. Ich höre, wie Aoi näher an mich heran tritt. Als ich seine Hand auf meiner Schulter spüre, schüttel ich sie weg. „Verdammt Uruha, was ist los? Und was ist mit Reita? Den erreichen wir auch nicht! Habt ihr euch gezofft?“, redet der Schwarzhaarige auch gleich auf mich ein. Als er nach Reita fragt, kommen mir sofort wieder die Tränen, als ich an den Abend vor drei Tagen denke. „Uruha!?“, höre ich nun auch Kais besorgte Stimme fragen, doch reagieren kann ich nicht. Doch ich werde von Aoi an der Schulter zu ihnen gedreht, sodass ich sie ansehen muss. Ruki und Kai starren mich an. Aoi sieht nur traurig zu mir. Wieso bitte guckt er denn jetzt traurig? ER hat keinen Grund, traurig zu sein. ICH bin es, der den ganzen Tag heulen müsste. Was ich ja auch tue... Ich schließe die Augen, um die drei nicht länger ansehen zu müssen. „Kouyou, rede mit uns! Was ist los mit dir, dass du dich so verkommen lässt? Du hast noch die gleichen Klamotten an wie vor drei Tagen, abgenommen hast du auch, du bist blass und du hast einen Drei-Tage-Bart! Ich wiederhole: unser sonst so perfekte Uruha hat einen stoppeligen Drei-Tage-Bart!“ Wenn Kai glaubt, mich so zum reden zu bekommen, hat er sich geschnitten. Das ist mir grade so etwas von egal. „Kouyou, rede mit uns. Wir sind doch deine Freunde... oder etwa nicht?!“ Nun reiße ich die Augen auf. Zweifelt Aoi wirklich an unserer Freundschaft? Langsam setzte ich mich auf. Der Schwarzhaarige setzt sich sofort neben mich und zieht mich in seine Arme. „Natürlich sind wir Freunde“, sage ich schließlich, wobei meine Stimme ehr ein heiseres Krächzen ist. Kein Wunder, ich habe drei Tage nicht geredet. Nur geheult und zwischendurch einen winzigen Schluck getrunken. Doch Aois Nähe beruhigt mich. Er ist nun mal mein bester Freund. Ich spüre auch, wie er mir vorsichtig über den Rücken streicht. Kai hat sich mittlerweile auf die andere Seite neben ich aufs Sofa gesetzt und Ruki vor mich auf den Boden. Jetzt kann ich nicht flüchten und werde ihnen wohl erzählen müssen, was passiert ist. Doch scheinbar haben die drei anderes mit mir vor. „Also Uruha, ich koch dir jetzt erstmal was Vernünftiges zu essen und Aoi, du steckst ihn in die Badewanne und danach in frische Klamotten. Und Ruki du... du hilfst mir beim kochen.“ Damit ist Kai auch schon aufgestanden, zieht den Kleinsten direkt mit hoch und verschwindet mit ihm in meiner Küche. „Komm Uru! Jetzt machen wir dich erstmal frisch!“, meint Aoi dann zu mir und zieht mich vorsichtig hoch, als ich träge nickte. Er stütz mich auf dem Weg ins Bad, da er merkt, wie schwach ich bin. Kein Wunder, bei drei Tagen ohne Nahrung. Im Bad abgekommen, setze ich mich erstmal auf den Klodeckel. Aoi geht sofort zu meiner Badewanne, dreht den Wasserhahn auf und greift nach meinem Lieblingsschaumbad. Ich schäle mich währenddessen träge aus meinen Klamotten. Ich habe kein Problem damit, mich Aoi nackt zu zeigen, schließlich sind wir seid Ewigkeiten beste Freunde und haben uns schon öfters nackt gesehen. Ich steige ungelenk in die schon gefüllte Badewanne und lasse mich in das heiße Wasser gleiten. Mein Körper dankt für diese Wärme, indem ein leises, zufriedenes Seufzen meine Lippen verlässt. Aoi stricht mir durch die Haare. „Willst du mir erzählen, was passiert ist?“, meint er ruhig, doch ich schüttel meinen Kopf. Wenn ich es jetzt ihm erzählen würde, wüsste ich nicht, ob ich es den anderen nachher nochmal erzählen könnte. Der Schwarzhaarige nickt nur. „Soll ich hier bleiben oder willst du deine Ruhe?“ Hätte er mich das vor zehn Minuten gefragt, hätte ich ihm gesagt, dass ich meine Ruhe will und er verschwinden soll. Aber jetzt soll er bleiben, da seine Anwesenheit mich doch sehr beruhigt. „Bleib hier“, krächze ich undeutlich, doch er hat verstanden. Er setzt sich auf den breiten Badewannenrand, hört aber nicht auf, mir beruhigend durch die Haare zu streichen. Wir reden kein Wort miteinander, doch es ist kein unangenehmes Schweigen. Ich döse ein bisschen ein, werde aber von Kais „Das Essen ist in zehn Minuten fertig!“ aus der Küche wieder wach. Aoi hat bereits nach dem Shampoo gegriffen und schäumt mir die Haare ein. Irgendwie komme ich mir grade vor, wie ein kleines Kind, das von seiner Mutter die Haare gewaschen bekommt, dennoch bin ich Aoi unendlich dankbar, dass er mir hilft, denn alleine würde ich wahrscheinlich nichts gebacken bekommen. Nachdem er mir das Shampoo ausgespült hat, holt er ein großes Handtuch aus dem Badezimmerschrank, zieht mich hoch und wickelt mich in das flauschige Stück Stoff. Immer noch ungelenk kletter ich aus der Wanne. Wieder stützt mich der Schwarzhaarige, als wir langsam in mein Zimmer tapsen. Im Schlafzimmer setzt ich mich auf das Bett, während Aoi mir eine Jogginghose, ein T-Shirt und eine frische Boxershorts aus dem Schrank holt. Ich trockne mich in der Zeit ab und ziehe schließlich die Klamotten an. Nach einem erneuten Besuch im Badezimmer um die Bartstoppeln in meinem Gesicht wegzubekommen, gehen Aoi und ich in die Küche. Kai hat den Tisch schon gedeckt und eine große Portion meines Lieblingsessens steht auf dem Tisch. Ich setzte mich auf den Stuhl, nehme die Stäbchen und fange langsam an zu essen. Erst jetzt merke ich wirklich, was drei Tage ohne Nahrung bedeuten. Nach den ersten Bissen schlinge ich das Essen grade zu in mich hinein. Kais Essen schmeckt zudem immer so köstlich. Er sollte sich überlegen Koch zu werden, wenn das mit der Band nichts wird. Sieht ja jetzt so wie so schlecht aus für die Band, da Reita weg ist. Reita... für kurze Zeit hatte ich ihn mehr oder weniger vergessen, doch jetzt kommen die Erinnerungen wieder zurück. Schon kullern die ersten Tränen aus meinen Augen. Ich lege die Stäbchen beiseite, stütze meinen Kopf in die Hände und fange wieder an zu schluchzen und zu weinen, wie so oft in den letzten Tagen. Aoi, der neben mir sitz, zieht meinen Kopf an seine Schulter. Ich kralle mich in sein Hemd, das nach kürzester Zeit feucht von meinen Tränen ist. Kai und Ruki sitzen nur stumm an der anderen Seite des Küchentisches. Man sieht, dass Kai selber kurz davor steht, loszuweinen. Er kann andere Menschen einfach nicht traurig sehen. Auch der Kleinste unter uns sieht nur betrübt in die Runde. Nachdem ich mich wieder etwas beruhigt habe, gehen wir alle zusammen ins Wohnzimmer. Aoi und Kai setzen sich neben mir auf die Couch, während Ruki es sich in einem meiner Sessel bequem macht. Ich weiß, dass sie hören wollen, was passiert ist. Aoi streicht mir wieder beruhigend über den Rücken, ermutigt mich so zu erzählen, was vor drei Tagen geschehen ist. *Flashback* Immer wieder sehe ich auf die Uhr. >Wo bleibt er denn nur?< Ungeduldig schreite ich in meinem Wohnzimmer auf und ab. Reita war doch noch nie zu spät! Er ist die personifizierte Pünktlichkeit. Und jetzt warte ich schon seit geschlagenen zwei Stunden auf ihn. Natürlich habe ich versucht, ihn anzurufen. Zu Hause geht er nicht ans Telefon und auch auf seinem Handy kann ich ihn nicht erreichen. Ich mache mir auch riesige Sorgen, dass ihm etwas passiert sein könnte. Ein Unfall oder so. Ich habe allerdings schon bei sämtlichen Krankenhäusern in der Umgebung angerufen. Nichts. Nirgendwo ein Suzuki Akira, oder überhaupt irgendwelche Unfälle oder der gleichen. Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als es an der Tür klingelt. >Reita hat doch einen Schlüssel!<, denke ich irritiert, renne aber sofort den Flur entlang zur Tür und reiße sie auf. Tatsächlich steht Rei davor, und nicht, wie in meinen schlimmsten Albträumen, ein Polizist, der mir sagt, dass mein Freund tot ist. Ich falle ihm um den Hals und schmiege mich an ihn. „Da bist du ja endlich, Reirei!“ Nur ich darf ihn so nennen. Wenn einer der anderen ihn so nennt, kriegen die 'ne Kopfnuss oder so. „Ich hab mir schon Sorgen gemacht. Wieso hast du dich denn nicht gemeldet?“ Ich löse mich ein wenig von ihm, um ihm einen Kuss auf die Lippen zu drücken, doch er legt seine Hände auf meine Schultern und drückt mich von sich weg. Irritier sehe ich ihn an. Was wird das denn, wenn’s fertig ist? Und warum guckt er mich so kalt an? Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken. „Reita, was ist los?“, frage ich ihn, doch er schiebt mich nur weiter von sich weg. „Uruha, es ist aus!“ Diese Worte, gepaart mit diesem kalten Ausdruck in seinen Augen sind für mich ein Schlag ins Gesicht. Ungläubig starre ich ihn an. Was bitte hat er grade gesagt? >Oh Gott, bitte lass das ein Scherz sein!<, bete ich, doch Reita dreht sich um und wendet sich zum gehen. Mein Körper scheint wacher zu sein als mein Geist, denn ich merke, wie ich auf ihn zu gehe und mich von hinten an ihn klammer. „Akira wieso? Wir... wir sind doch schon so lange so glücklich“, höre ich mich unter Tränen sagen. Ja, das sind wir. Oder waren wir zumindest - seit fast vier Jahren schon. Doch der Blond-schwarzhaarige reißt sich von mir los und schubst mich weg, sodass ich den Boden unter meinen Füßen verliere und unsanft auf meinem Hintern lande. Nun sitze ich hier weinend in meinem Flur, Reita sieht kalt auf mich hinab. Immer mehr Tränen rollen über meine Wangen. Welcher Teufel hat ihn geritten?? Was ist mit ihm los? Doch bevor ich ihm diese Fragen stellen kann, fängt er erneut an zu reden. „Es ist aus, Kouyou. Du wirst mich nie wieder sehen!“ Er dreht sich erneut um, um zu gehen. Doch noch einmal sieht er zu mir, bevor er mir kommentarlos einen kleinen, silbernen Schlüssel vor die Füße schmeißt. Mein Wohnungsschlüssel. Dann dreht er sich um und geht. Ich will ihm nachlaufen, doch mein Körper gehorcht mir nicht und bewegt sich kein bisschen. Dann höre ich, wie unten die Haustür zufällt. Ich sitz noch eine ganze Weile dort in meinem Flur, die Wohnungstür ist immer noch offen. Ich starre den Schlüssel an, der vor mir auf dem Boden liegt, doch meine Sicht ist durch die vielen Tränen ganz verschwommen, meine Wangen brennen von den Tränen. Irgendwann stehe ich jedoch zitternd auf, schließe die Tür und schleppe mich ins Wohnzimmer auf die Couch. Noch lange liege ich dort und weine das Kissen, an das ich mich geklammert habe, nass, bevor ich in einen unruhigen und traumlosen schlaf abdrifte. *Flashback Ende* Ich beende meine Erzählung. Wieder laufen mir unendlich viele Tränen über das Gesicht. Aoi streicht mir immer noch über den Rücken, doch ich höre, wie er mit den Zähnen knirscht. „Wenn ich dieses Arschloch in die Finger bekomme, dann gnade ihm Gott!“, presste er zwischen den Zähnen hervor. Ruki hingegen sagt nichts, hat aber so einen mörderischen Gesichtsausdruck drauf, als würde er gleich Amok laufen. Und Kai sitz einfach nur komplett versteinert auf der Couch. >Hab ich mich so komplett in Reita getäuscht?<, oder so was in der Art fragt er sich bestimmt grade. Plötzlich springt Ruki auf. Wir alle sehen ihn verwirrt an. „Was ist los?“, fragt schließlich Aoi. Der Kleine blickt zu dem Schwarzhaarigen. „Das fragst du noch? Ich gehe Reita suchen und wenn ich ihn finde, breche ich ihm alle Knochen!“ Damit stapft er auch schon in Richtung Wohnungstür. Kai scheint aus seiner Starre erwacht zu sein, denn er springt nun ebenfalls auf und läuft Ruki hinterher. „Warte Ruki! Du kannst doch nicht...!“ Den Rest hören Aoi und ich nicht mehr, da Kai schon zur Tür raus ist und die Tür hinter sich zugeschmissen hat. Nun sind nur Aoi und ich noch da. Er zieht mich wieder in seine Arme und ich lasse meinen Tränen weiter freien Lauf. „Wieso hat er das getan, Aoi? Wieso hat Reita mich verlassen? Wir waren doch so glücklich, all die Jahre...“, frage ich den Schwarzhaarigen unter Tränen, doch er schüttelt nur den Kopf. „Ich weiß es nicht, Kou, aber so einfach kommt er nicht davon. Das verspreche ich dir!“, antwortet er. Das ist das Letzte, was ich noch höre, bevor ich das Bewusstsein verliere. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)