Eragon - Kind des Mondes von Lawlya (Murtagh x OC) ================================================================================ Kapitel 5: Fragen ----------------- Hab tatsächlich zwei Kapitel geschafft *stolz auf sich sei* Ja, und die gibt's jetzt^-^ Das nächste ist übrigens schon durchgeplant, aber ich weiß nicht, wann ich das schreibe, sorry xDD Aber erstmal viel Spaß!! ___________________________________________________________________________ „Es gibt eine Geschichte zu unsere Göttin“, erzählte Araya ihm und Murtagh hatte seinen Blick unverwandt auf sie gerichtet. Was sie, ehrlich gesagt, etwas nervös machte. „Ihr Name ist Louise, und es heißt, sie sei einmal ein Mensch wie jeder von uns gewesen. Aber das Land, in dem sie lebte, kontrollierte sie und nahm ihr die Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen. So zog sie fort und suchte sich einen Ort der Ruhe und des Friedens, wo sie unbeschwert nach ihren eigenen Vorstellungen leben und lieben konnte. Als sie einen Platz fand, an den die Macht ihrer Wächter nicht mehr reichte, erschuf sie ein fruchtbares Land, auf dem sie selbst leben wollte. Dieses nannte sie Drakon-Ryuu. Eine Weile lebte sie vor sich hin, doch dann packte sie die Sehnsucht und sie erschuf sich ein Volk. Louise soll auch einen Geliebten gehabt haben, aber er wird nicht namentlich erwähnt und auch sein Auftauchen wird nicht erklärt. Sie regierte ihr Volk weise und gütig, doch ihr Geliebter zog fort und ließ sie allein. Er kam zwar einige Male wieder, aber es sollte wohl nicht sein. Er weckte ihre Liebe und Leidenschaft wie am ersten Tag, nur um dann wieder fortzugehen und ihr das Herz zu brechen. Über diesen Schmerz soll sie sich eines Nachts, als der Vollmond die Landschaft erhellte, von einer Klippe ins Meer gestürzt haben. Aber da ihr Schmerz und ihre Einsamkeit über den Tod hinausgingen, kehrten ihr Bewusstsein und ihre Seele nicht ins Totenreich ein, sondern in den Mond, der ihr göttliche Kraft schenkte, um sie zu trösten“, beendete Araya ihre Geschichte. Sie konnte die Geschichte förmlich vor sich sehen, denn auch bei ihnen gab es Tempel, die sie bildreich ausschmückten. Doch sie selbst hatte immer das Gefühl gehabt, ihr ginge diese Legende besonders nahe. Dann blickte sie auf in Murtaghs Gesicht, der die Stirn in Falten gelegt hatte. „Seitdem beten wir jeden Vollmond für unser Glück oder für unsere Wünsche, wenn Louise uns voll und ganz sehen kann. Und erfreuen sie mit dem Duft der Kräuter, die wir in den Himmel schicken. Die Art der Kräuter kann auch den Zweck der Bitten unterstützen, und üblicherweise spricht man noch ein paar Verse, um ihr näher zu gehen.“ „Für mich hört sich das ziemlich seltsam an“, gestand Murtagh. „Warum?“, fragte Araya stirnrunzelnd nach. Was war denn so besonders an dieser Geschichte? Der Drachenreiter sah ihr unverwandt ins Gesicht. „Ihr erhebt einen Menschen in den Stand eines Gottes, schreibt ihm aber schon vorher außergewöhnliche Fähigkeiten zu. Diese Louise führte ja anscheinend das Leben eines Menschen, der durchaus erschaffen konnte, da sollte man sie nicht noch mächtiger machen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht verstehe, wie sie sich bitteschön ein Volk erschuf!“ Araya war das unverständlich. Louise war schon vorher besonders gewesen, mächtig und weise, und der Mond hatte ihr nur Macht über das Schicksal anderer gegeben, um sie damit zu trösten, dass niemandem dasselbe geschehen musste wie ihr. „Vielleicht liegt das daran, dass ihr hier in Alagaësia keinen Glauben habt. Wenn man an nichts glaubt, fällt es schwer, Unerklärliches zu akzeptieren!“, erwiderte sie darauf und schien Murtagh damit ernsthaft zu verärgern. „Wenn du an solch unsinniges Zeug glauben willst, tu dir keinen Zwang an, aber verlange bitte nicht, dass ich hinnehme, dass Menschen zu Göttern werden können. Dann müsste ich nämlich fürchten, dass Galbatorix schon längst Gott und nicht mehr Mensch ist!“, brauste er auf und erschreckte Araya damit fürchterlich. »Unsinnig« nannte er ihre Glauben? Aber was sollte sie denn ohne ihn machen. Ihr Glaube, der so in Drakon-Ryuu verwurzelt war, war hier das einzige, was sie an ihre Heimat erinnerte und den ihr niemand nehmen konnte. Murtagh schien zu bemerken, dass er ein wenig zu weit gegangen war und entschuldigte sich leise. Dann schien er das Thema wechseln zu wollen, um sich nicht mit der Fragestellung einer höheren Macht auseinandersetzen zu müssen. Araya verstand das teilweise. Denn gäbe es einen Gott hier in Alagaësia, müsste er sich fragen, warum ausgerechnet er hier gefangen war. Diese Frage hatte Araya längst aufgegeben. „Erzählst du mir von deinem Leben in deiner Heimat?“, fragte er vorsichtig und gewann so Arayas Wohlwollen zurück. Er forderte nicht, er fragte auf eine Weise, die ihr erlaubte, zu verneinen, sollte es zu schmerzhaft werden. Aber sie wollte ihm von ihrer Familie erzählen. Im Gegenzug würde sie auch ihn nach seiner Kindheit fragen. „Mein Vater war ein einfacher Bauer. Wir lebten ein wenig außerhalb des Dorfes, nahe dem Meer. Meine Familie baute Getreide und Gemüse an, züchtete aber auch Vieh. Alles in allem waren wir beinahe unabhängig von der Gesellschaft. Nur unsere Kleider und Werkezeuge stammten aus dem Dorf. Mutter war darauf immer besonders stolz.“ Ein trauriges Lächeln huschte über Araya Züge, als sie an ihre stolze, strenge und immer um sie besorgte Mutter dachte. Doch als sie daran denken musste, was sie ihr schon alles verboten hatte, um sie den Idealen näherzubringen, tauchte ein leicht bitterer Zug um ihren Mund auf. Trotzdem hatte sie ihre Mutter abgöttisch geliebt. „Mutter war immer sehr traditionsgebunden. Sie liebte unser Leben auf Drakon-Ryuu, unsere Kultur, unsere Religion und Gebräuche. Es war wohl ein ziemlicher Schlag ins Gesicht für sie, als ich zur Welt kam …“ Araya ignorierte Murtaghs verwunderten Blick und fuhr fort: „Umso glücklicher war sie, als mein Bruder ohne Fehl und Tadel zur Welt kam. Er war ihr ein und alles, er konnte gar nichts falsch machen.“ Murtagh öffnete den Mund, offensichtlich um eine Frage zu stellen, doch Araya redete schnell weiter und ließ ihm somit keine Zeit dafür. „Vater hingegen war unabhängig. Er gab nie viel auf die Meinung anderer. Er liebte vor allem unser kleines Haus und das Land, das ihn und seine Familie ernährte. Die Traditionen und Konventionen unserer Kultur kamen ihm immer veraltet vor.“ Als Araya an ihren Vater dachte, konnte sie gar nicht traurig sein. Er war immer so fröhlich gewesen, und so würde er ihr auch immer in Erinnerung bleiben. Er hatte so viel für seine Tochter getan, obwohl sie eigentlich unter der Erziehung ihrer Mutter stand. Das hatte er meistens völlig ignoriert. Ihren Vater vergötterte Araya zutiefst, und sie hatte schon mehrmals gefürchtet, die Göttin könnte neidisch auf ihn werden und sie bestrafen. „Obwohl eigentlich Mutter mich erziehen sollte – du weißt schon … Kochen, Putzen und so weiter –, habe ich das wichtigste in meinem Leben von Vater gelernt. So kommt es mir jedenfalls vor. Er behandelte mich nicht anders als meinen kleinen Bruder, zog mich fast wie einen Jungen auf!“ Nun lachte Araya, als sie daran dachte, wie wütend ihre Mutter geworden war, als sie erfahren hatte, dass ihr Vater Araya beim Melken hatte helfen lassen. „Er und mein Bruder waren die einzigen, die mich akzeptierten, wie ich war. Wirklich war.“ Araya seufzte. „Mutter hatte immer versucht, mich so zu formen, wie sie mich gerne hätte und wie es die Leute von mir erwarteten.“ Murtagh runzelte die Stirn und Araya konnte geradezu spüren, wie er eine Frage stellen wollte. „Weißt du, unsere Traditionen sind sehr streng und da ich so isoliert vom Dorf aufgewachsen war, waren sie mir nicht besonders wichtig. Mutter redete zwar immer davon, wie wichtig es wäre, sich anständig zu benehmen, Vater lehrte mich jedoch, einen eigenen Verstand und eine Meinung zu haben. Beides durchzusetzen war unmöglich.“ Sie senkte kurz den Blick, dachte über ihre kontroverse Erziehung nach. Ihr Vater hatte sie zur Eigenständigkeit ermuntert, ihre Mutter zur Folgsamkeit. Beides zu vereinen war nicht möglich. Trotzdem … „Aber trotzdem war ich sehr glücklich. Mein Bruder war der netteste und süßeste Junge, den ich je kennengelernt habe. Und ich vermisse sie alle schrecklich!“ Araya konnte sehen, wie Murtagh seine Fragen geradezu herunterschluckte. Schließlich nickte er nur, zum Zeichen, dass er verstand. Und sie hatte das eigentümliche Gefühl, dass er das tatsächlich tat. Jetzt war sie dran! Neugierig beugte sie sich vor, stützte sich mit beiden Händen auf dem Boden ab und schaute Murtagh wissbegierig an. „Und nun erzähl mir etwas über deine Familie!“, forderte sie ihn auf. Augenblicklich konnte sie beobachten, wie sich Murtaghs Züge verschlossen und er sich in sich zurückzog. Anscheinend hatte er keine so gute Beziehung zu seiner Familie wie sie selbst. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie man seine Eltern nicht lieben könnte. Arayas Mutter hatte sie zwar schon so einiges Mal zur Weißglut getrieben und sie tief verletzt, doch sie wusste, dass sie dies stets nur aus Sorge um sie tat. „Ich habe keine Familie mehr außer Dorn“, antwortete er finster und mit harter Tonlage, die im völligen Kontrast zu seiner sonst so sanftmütigen Stimme stand. „Mein Vater war ein grausamer Mann und meine Mutter verließ mich, um den Sohn eines anderen Mannes zu retten.“ Murtaghs Mund verzog sich zu einer grausamen Linie, die seine ganze aufgestaute Wut und Bitterkeit ausdrückte, als hätte er beides laut herausgeschrien. Araya trieb dieser harte und brutale Ausdruck auf seinem Gesicht, das für sein Alter wahrscheinlich auch viel zu erwachsen aussah, die Tränen in die Augen. Sie konnte gar nicht anders, als mit ihm zu fühlen. Was für eine harte Kindheit und Vergangenheit musste er gehabt haben, um so für seine Eltern zu empfinden?! „Du hast also einen Halbbruder?“, fragte sie, denn das war die einzige Information, die sie aus seiner kargen Antwort herausfiltern konnte. Murtagh nickte nur und mied ihren Blick. „Was ist mit deinen Eltern?“ Araya wusste schon nachdem sie die Frage gestellt hatte, dass sie keine Antwort bekommen würde. Murtaghs Kiefermuskeln spannten sich an, die Sehnen an seinem Hals traten überdeutlich hervor – er presste die Zähne zusammen. „Wo ist er?“, fragte sie nahtlos weiter. Sie wusste, Murtagh würde wissen, dass sie seinen Halbbruder meinte. „Bei den Varden“, knurrte er und seine Augen verengten sich vor Wut. Araya legte die Stirn in Falten. Schon wieder so ein Begriff, mit dem sie nichts anfangen konnte. Sie war es leid, immer nachfragen zu müssen. Sie kam sich vor wie ein unwissendes Kind … „Wer sind die »Varden«?“ Ein Muskel unter Murtaghs rechtem Auge zuckte. Er war wütend, die Erinnerung schien ihn wirklich aufzuwühlen. Sie schien ihn zu nerven … Trotzdem erschrak sie fürchterlich, als er sie plötzlich anschrie. „Verflucht, was weißt du eigentlich?! Bist du so dumm oder tust du nur so?! Und du willst mir dabei helfen, Galbatorix zu entkommen! Da könnte ich genauso gut eine der Dienerinnen um Hilfe bitten, das wäre mir sogar noch eine größere Hilfe, als du es bist!!“ Nun schossen Araya wirklich die Tränen in die Augen. Er hielt sie also für so entbehrlich, dass eine Dienerin – eine Dienerin wie die, die sie bedroht hatte – eine größere Hilfe darstellte als sie selbst. Dabei hatte sie immer nur gute Absichten gehabt! Und Araya glaubte nicht daran, dass Leute in Augenblicken der Wut Dinge sagten, die sie nicht so meinten. Sie hatte eher gelernt, dass die erhitzten Gemüter all das herausließen, was sie bei vollem Bewusstsein in sich hineinfraßen. Was Araya nur sagte, dass Murtagh sie für entbehrlich und ersetzbar hielt. Was sie, wie sie erstaunt feststellte, zutiefst verletzte … Traurig, verletzt und wütend schoss Araya hoch und drehte sich auf dem Absatz um. Auch, wenn es keinen Sinn hatte, würde sie zum Ausgang des Drachenhorts gehen und versuchen, ihn zu verlassen. Wenn Murtagh ihre Hilfe nicht wollte, hatte sie keinen Grund mehr, einen Fluchtversuch zu unterlassen. Als der Drachenreiter begriff, was er gesagt hatte, sich ebenfalls erhob, um ihr nachzulaufen, und Araya versicherte, dass er seine Worte nicht so gemeint hatte, konnte sie ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Sie flossen ihr über die weißen Wangen und als Araya sie bemerkte, wischte sie sie mit einer wütenden Handbewegung weg. Aus Angst zu schluchzen, presste sie die Lippen fest zusammen und beschleunigte ihre Schritte noch, als Murtagh sie fast erreichte. „Jetzt warte doch! Wo willst du überhaupt hin?“, rief er ihr zu und beschleunigte ebenfalls seine Schritte. „Weg“, antwortete Araya knapp mit erstickter Stimme. Wenigstens hörte man nicht direkt, dass sie weinte. Sie hatte gelernt, dass Männer eine Art Triumph verspürten, wenn sie sie zum Weinen gebracht hatten. Diese Genugtuung würde sie Murtagh sicher nicht eingestehen. Als er sie am Arm griff und Araya gewaltsam aufhielt und umdrehte, schoss der altbekannte Schmerz durch Berührungen in ungekannter Intensität durch ihren Körper und trieb ihr noch weitere Tränen aus den Augen. Mist! Jetzt hatte er ihre Tränen doch gesehen. Anklagend wandte sie ihre Augen nicht von den seinen ab und wurde überrascht. Anstatt dieses bekannten Ausdrucks der Genugtuung oder des Unwillens, sie auch noch trösten zu müssen, trat in Murtaghs bis jetzt entschlossenes Gesicht ein weicher und bedauernder Ausdruck. Ihre Tränen schienen ihm leidzutun. Was völlig unmöglich war. Nur ihr Bruder und ihr Vater hatten je bereut, sie zum Weinen gebracht zu haben. Familie eben. Aber nie ein Fremder. „Es tut mir leid. Ich meinte es nicht so. Ich war einfach wütend und gereizt, als ich daran denken musste, was mein Bruder für ein Leben hatte und wie meines dagegen verlief“, erklärte er ihr entschuldigend und senkte bedauernd den Blick, während er ihren Arm losließ. Araya schluckte ihre Tränen und den Kloß im Hals hinunter. „Ich glaube dir nicht. Was man in Wut sagt, denkt man auch. Und außerdem weine ich aus Wut und nicht, weil du mir wehgetan hast!“, fauchte sie. Das war allerdings nur die halbe Wahrheit. Ja, sie war wütend, aber auch verdammt verletzt. Aber das musste er ja nicht wissen. Murtagh sah auf und Araya erkannte in seinen Augen, dass er ihr nicht glaubte. „Bitte, ich bin dir wirklich sehr dankbar, dass du versuchst, mir zu helfen. Auch wenn ich deine Absichten für Zeitverschwendung halte. Aber immerhin bin ich in diesem Schloss nicht mehr so allein wie zuvor. Ich habe jemandem, mit dem ich reden könnte, und dich könnte Galbatorix nicht mal aushorchen!“ Er lachte. Während er redete, wischte sich Araya abermals mit einer raschen Handbewegung die Tränen fort, die immer noch ihre Wangen zierten. Langsam zweifelte Araya an ihrer festen Überzeugung. Er hörte sich nicht an, als würde er sie anlügen. Vielleicht gab es ja wirkliche Menschen, die aus Wut einfach irgendwelche Gedanken loswurden, die ihnen gerade durch den Kopf schossen, ohne sie auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Vielleicht meinte er ja das, was er gerade sagte so. Sie schüttelte den Kopf, um ihre wirren Gedanken zu ordnen. Murtagh schien es anders zu interpretieren. „Okay, hör zu. Mein Bruder ist Drachenreiter wie ich. Er lebt bei den Varden, den Rebellen, die den König stürzen wollen. Galbatorix hat mir erzählt, dass Eragon mein Bruder sei, und ich war verflucht wütend, dass meine Mutter ihn vor meinem Vater gerettet hatte, mich aber nicht. Doch dann erfuhr ich während eines Kampfes mit ihm, dass wir gar nicht denselben Vater hatten, doch ich war trotzdem noch wütend auf ihn und meine Mutter, weil ich es war, der diese verkorkste Vergangenheit ertragen musste. Bevor ich wusste, dass Eragon mein Bruder ist, waren wir Weggefährten und Freunde. Aber als Galbatorix mich entführen ließ und meinen wahren Namen erriet, war ich gezwungen, gegen ihn zu kämpfen. Ich siegte, nahm ihm das Schwert meines Vaters ab, ließ ihn und seinen Drachen aber gehen, weil wir Brüder waren. Als ich zurückkehrte, nahm Galbatorix mir weitere Schwüre ab, damit das nicht noch einmal geschehen konnte. Eigentlich will ich gar nicht gegen Eragon kämpfen, doch ich lasse ihn glauben, dass ich Gefallen an der Macht von Galbatorix gefunden habe, damit er kein Mitleid mehr mit mir hat und seine Bemühungen, mich zu befreien, aufgibt. Er würde es sonst zweifellos versuchen und dabei umkommen. Und ich wäre weiterhin gezwungen, gegen ihn zu kämpfen.“ Araya warf einen Blick hinter Murtagh und sah Dorn kauernd dort stehen. Er schien sie einfangen zu wollen, sobald sie wieder versuchte, umzudrehen und den Ausgang zu erreichen. „Dorn ist eigentlich erst ein halbes Jahr alt, doch er ist inzwischen größer als Saphira, die ein Jahr älter ist als er. Das hat auch Galbatorix getan. Er hatte keine Kindheit“, erklärte er, als Murtagh ihrem Blick folgte. Abermals konnte Araya nur Mitgefühl empfinden. Wie konnte man es nur ertragen, so schnell in einen Körper hineinzuwachsen, der einem doch vollkommen fremd vorkommen musste? Ihre Gefühle schienen derart stark von ihr abzustrahlen, dass Dorn sie empfangen und entwirren konnte, denn keine Sekunde später meldete er sich seit langer Zeit wieder zu Wort. Nun hör endlich auf zu heulen und spar dir die traurigen Gedanken. Du kannst daran nichts ändern und mittlerweile bin ich ganz froh, den schwachen, heranwachsenden Körper eines Drachen schnell losgeworden zu sein!! Araya konnte nur nicken. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass der rubinrote Drache sie nur trösten wollte und es gar nicht so meinte, wie er es sagte. Was seltsam war, immerhin konnte er sie immer noch nicht besonders gut leiden. Ihre Tränen versiegten und sie sah Murtagh an. „Du bist also gezwungen, gegen deinen jüngeren Bruder zu kämpfen?“, fragte sie, brauchte aber keine Antwort. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie das sein muss. Ich könnte meinem Bruder nie etwas antun!“ Anstatt zu antworten, streckte Murtagh die Hand aus und führte sie zu Arayas Gesicht. Sie erschrak fürchterlich und wollte schon zurückweichen, doch es war schon zu spät. Sanft wischte der junge Drachenreiter ihre Tränen fort und trocknete ihre noch feuchten Wangen. Zu Arayas Erstaunen verspürte sie keinen Schmerz bei dieser Berührung. Als hätte ihr Körper vor ihrem Verstand begriffen, dass er ihr nie etwas antun würde. „Weißt du, ich habe Angst“, gestand Murtagh ihr völlig zusammenhanglos, doch Araya war irgendwie stolz, dass er ihr genug vertraute, um ihr das mitzuteilen. „Wovor?“, fragte sie leise und sanft nach, als er nicht weitersprach. Er schluckte hörbar. „Galbatorix wird bald wieder meine Gedanken durchsuchen. Und er wird alles erfahren. Auch, wie er dich verletzen kann, indem er dir deine Stimme nimmt. Ich will dich aber nicht verraten. Deswegen habe ich Angst, was er tun wird.“ Er unterbrach sich kurz, dann sprach er weiter: „Und ich kann es nicht verhindern. Ich kann meinen Geist nicht so gründlich verschließen wie du. Und selbst, wenn ich es könnte, würde er mich zwingen, ihm zu schwören, es nie wieder zu tun.“ Araya nickte. „Ich verstehe.“ Und dann zerbrach sie sich den Kopf darüber, wie sie das Problem lösen konnten. Murtagh holte tief Luft. „Und ich dürfte auch gar nichts tun, selbst wenn ich es könnte!“ Er senkte den Kopf, während Araya verwundert aufsah. Warum durfte er sich nicht wehren? Ihr Blick schien ihn in Verlegenheit zu bringen. „Ich musste dem König vorschlagen, deine Freundschaft zu gewinnen und dich dann auszuhorchen, um ihn dazu zu bewegen, dich aus dem Gefängnis zu lassen“, gestand er ihr leise. „Das heißt, es wäre verdächtig, wenn ich ihm keine Informationen über dich liefere. Tut mir leid. Aber täte ich es nicht, würdest du dort unten wahrscheinlich verrotten, bevor man dir mit weniger sanften Methoden als bisher begegnen würde, um Informationen von dir zu bekommen.“ Araya schüttelte verständnislos den Kopf. Was konnte der König schon von ihr wissen wollen? Sie war ein ganz normales Bauernmädchen aus Drakon-Ryuu, das nahe dem Dorf Cyrianna aufgewachsen war. „Ich weiß aber nichts, was für euch von Bedeutung sein könnte“, entgegnete sie. Murtagh hob verwundert den Kopf. Und Araya fragte sich, was er gedacht hatte, was sie wissen könnte. „Bist du gar nicht wütend?“, fragte er jedoch. Sie runzelte die Stirn. „Wütend? Warum?“, stellte sie die Gegenfrage. Doch statt Murtagh antwortete Dorn. Er hat dir gerade gestanden, dir gegenüber nur zum Schein freundlich gewesen zu sein. Wir hätten gedacht, du würdest uns jetzt misstrauen und nicht darüber hinweggehen. Doch Araya schüttelte den Kopf, als sie verstand, was die beiden meinten. „Du hast doch gesagt, du musstest dem König das Vorschlagen, um mich zu befreien. Du hast dir dafür eine Verantwortung aufgebürdet und deswegen bin ich dir zu Dank verpflichtet. Es besteht die Möglichkeit des Versagens und ein Mann wie Galbatorix hasst es, wenn er nicht bekommt, was ihm versprochen wurde. Du hast einen weiteren Teil deiner Freiheit für die meine aufgegeben. Das hättest du niemals getan, wenn du nicht ehrlich zu mir wärst!“ Sie selbst hätte es jedenfalls nicht getan. Ganz davon abgesehen, dass sie spürte, dass Murtagh sich ihr tatsächlich öffnete und dies nicht nur einfach vorgab. „Aber mir ist eine Lösung für unser Problem eingefallen!“, fuhr sie enthusiastisch fort. „Allerdings wirst du deinen Geist nicht vor ihm schützen, sondern nur gewisse wenige Informationen vorenthalten können.“ Murtagh lächelte erleichtert. „Für mich wäre es schon eine wahnsinnige Erleichterung, wenigstens irgendetwas vor dem König geheim halten zu können!“ Araya nickte. „Du hast Galbatorix bis jetzt immer Anlass dazu gegeben, dich zu kontrollieren. Nie hast du ihm freiwillig irgendetwas erzählt, hast dich geweigert und Widerwillen entwickelt. Er wird am Anfang ziemlich verwirrt sein, wenn du ihm Informationen freiwillig in deinem Geist preisgibst.“ Araya wurde von Murtaghs barschem „Was?!“ kurz unterbrochen, doch sie hob nur die Hand, um ihn zum Warten anzuhalten. „Verstehst du nicht? Wenn du ihm freiwillig Informationen gibst, kannst du gezielt welche zurückhalten. Er wird glauben, du hättest endlich deinen Widerstand aufgegeben und dich ihm gefügt. Das kann aber nur vollkommen funktionieren, wenn du ihn förmlich mit Informationen bewirfst. Er wird mit der Wucht deines Entgegenkommens hoffentlich so beschäftigt sein, dass er gar nicht bemerkt, wie du ihm etwas vorenthältst.“ Murtagh sah ihr zweifelnd ins Gesicht. Als würde er abwägen, ob sie vielleicht verrücktgeworden sei. Doch dann nickte er. „Ich kann nichts Anderes tun, als auf dich zu hören. Denn alles, was ich bisher versucht habe, hat nichts genutzt.“ Araya lächelte und ergänzte: „Und selbst, wenn es nicht funktionieren sollte, entsteht für uns kein Schaden. Es kann nur gut ausgehen.“ Murtaghs Gesicht wurde plötzlich wieder ernst. Er schien an etwas zu denken, doch als Araya schon nachfragen wollte, was ihn beschäftigte, verschwand der Ausdruck. „Ich werde den Vorfall mit deiner Stimme verheimlichen, dass du diese seltsame Dienerin-“ – „Saliha!“, warf Araya gereizt ein – „kennst und dieses Gespräch hier.“ Und somit war es beschlossen. Murtagh würde es versuchen, sobald Galbatorix wieder nach ihm schicken würde. Was laut seiner Erfahrung spätestens morgen sein müsste. Kaum hatten sie dieses Thema beendet, trat die Dienerin, die Araya gestern noch besucht hatte, ein und brachte das Mittagsmahl. Es musste also schon Nachmittag sein. Als sie verschwunden war, fragte Araya Murtagh ein wenig über sein Leben hier im Schloss und mit seinen Eltern aus, doch sie erfuhr nur wenig. Er erwähnte weder die Namen seiner Eltern, noch wer sie gewesen waren. Eigentlich erfuhr sie nur den Namen des Schwertes, von dem er zuvor gesprochen hatte, und, dass sein Vater einmal ebenjenes Schwert nach ihm geworfen und Murtagh so eine lange Narbe auf dem Rücken beschert hatte. Und er fragte ihm Gegenzug – für seine mehr als spärlichen Antworten, wie Araya zerknirscht feststellte – vieles über das Leben auf Drakon-Ryuu, wie die Leute sich dort organisierten, wie ein normaler Tag verlief und ob sie auch Städte hätten. Gegen Abend waren sie beide dann der Fragen überdrüssig und schwiegen sich an. Genossen nur die ungezwungene Atmosphäre ihres Beisammenseins, wenn jeder so sein konnte wie er wirklich war. Das Abendessen wurde nicht wieder von der Dienerin gebracht, sondern von einem etwas älteren Diener, der von Murtagh kalt und angespannt angesehen wurde. Kaum hatte er die Schüssel Eintopf vor Araya und das wahre Festmahl vor Murtagh abgestellt, wandte er sich an ihn. „Der König wünscht ihre Anwesenheit morgen beim ersten Sonnenstrahl. Und er wünscht euch ein gutes Abendmahl!“ Mit diesen Worten wandte sich der Diener wieder ab und verließ schnellen Schrittes wieder den Hort. „Der persönliche Diener des Königs“, erklärte Murtagh ihr. Araya schielte misstrauisch auf ihren Eintopf. Der König wünschte ihnen also ein gutes Mahl? Na, wenn da mal nichts vergiftet war! Sie wollte gerade einen Löffel des Essens aufnehmen und daran riechen, als Murtagh ihre Hand festhielt – und sie keine Schmerzen empfand. „Nicht jedes Gift kann man riechen“, erläuterte er. „Lass mich das machen.“ Mit diesen Worten nahm er seine Hand von ihrer und murmelte eine Formel in der für sie seltsam klingenden Alten Sprache. Doch es passierte nichts. „Ich glaube, es ist nicht vergiftet“, ließ Murtagh schließlich verlauten. Araya zog die Augenbrauen hoch. „Du glaubst, es ist nicht vergiftet?“, fragte sie ungläubig. Wie konnte er denn mit so einer ungenauen Aussage auf sein Können vertrauen? Murtagh knurrte gereizt. „Der König könnte durchaus Gifte mit Magie vor dieser Suchformel verbergen, aber ich glaube nicht, dass er sich die Mühe machen würde!“, antwortete er. Araya seufzte. Sie musste sich wohl auf sein Urteil verlassen … Murtagh verließ sofort nach dem Essen den Drachenhort. Er wünschte ihr und Dorn noch eine gute Nacht, dann war er auch schon verschwunden. Araya konnte es verstehen. Er war sicher furchtbar nervös, dem König mit ihrer Strategie so früh gegenüberzutreten. Sie selbst war es und sie musste nicht einmal persönlich dorthin. Wie musste es dann erst bei Murtagh sein? Schließlich stellte Araya das schmutzige Geschirr direkt neben den Eingang zum Drachenhort, dort, wo die Treppen hinaufführten, und zog sich dann in die Dunkelheit ihres provisorischen Schlaflagers zurück. Sie hoffte wirklich, sie würde bald ein paar Decken bekommen. Ihr letzter Gedanke galt dem morgigen Vollmond, dann schlief sie ein und fand sich wieder unter der grausigen Schicht aus Eis im Wasser wieder. Sie erwachte am nächsten Morgen nicht durch den Geruch von Essen, das Murtagh oder sonst jemand gebracht hatte. Sie wurde aber auch nicht von allein wach. Etwas stupste sie an, doch es war nicht so, als würde Murtagh sie aufwecken. Dafür war das, was sie berührte, viel zu groß. Araya schlug die Augen auf und ihr blieb fast das Herz stehen, als sie Dorn hoch über sich aufragen sah. Dann ließ sie ein Fluchen den Blick von dem Drachen abwenden und zum Eingang sehen. Murtagh saß mit der linken Seite zu ihr neben dem Eingang des Hortes und hielt eine Flasche in der Hand, die sehr nach hochprozentigem Schnaps aussah. Doch das war es nicht, was sie zu Tode ängstigte. Dorn hatte sie nicht umsonst geweckt. Er war in Sorge um seinen Reiter und hatte scheinbar Hilfe gebraucht. Murtaghs Hemd war an Armen und Rücken blutdurchtränkt. Und die Flecken wurden immer größer … Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)