Blood Deal von -Amber- (Even if saving you sends me to heaven) ================================================================================ Kapitel 71: Gewitter -------------------- Cole Cole wurde wieder zurück in die Zelle gebracht. Gawain war nicht da. Als er Ragnar nach ihm fragte, teilte dieser ihm mit, dass er gerade weggeführt worden war. Also hatte er doch recht gehabt. Anders, als er es vielleicht erwartet hatte, ärgerte es ihn nicht so sehr. Er wusste, was er tun würde. Und wenn er die Gelegenheit erhalten sollte, jenen auszuschalten, würde er es wohl tun, aber sollte er ihn jagen? Nein. Denn dann würde jeder genau wissen, wer es war. Noch war nicht die Zeit gekommen, sich um Gawain zu kümmern. Nicht direkt zumindest. Cole setzte sich auf eine der Bänke und schloss die Augen, ließ sich noch einmal das Gespräch mit Horlocker durch den Kopf gehen, ging noch einmal das Gespräch mit Jodie durch, die ihn am liebsten einen Kopf kürzer gemacht hätte. Solche Dinge, die Cole angedeutet hatte, gab man nicht zu. Nicht, wenn man damit zu rechnen hatte, dass diese Worte irgendwann einmal vor Gericht dazu benutzt werden würden, um ihm einen Strick daraus zu drehen. Und dass er einen Captain ganz offensichtlich öffentlich herausgefordert hatte, grenzte an Selbstmord. Jodie hatte ihm versprechen müssen, dass Costello nichts davon mitbekommen würde. Costello... Cole graute es davor, ihm gegenübertreten zu müssen. Costello würde sich nicht damit zufrieden geben, dass das Heroin vor einigen Minuten in Chicago angekommen waren, weil sie bereits am Nachmittag in New York im Hafen angekommen und auf einem LKW nach Chicago gebracht worden sind, nachdem mehrmals der LKW gewechselt worden war, um die Spuren zu verwischen. Heute Nachmittag hatte er die SMS bekommen, dass die Lieferung verschickt worden war. Und nun war sie, wo sie hingehörte. Costello würde sich auch nicht mit dem 10 Kilo im Kofferraum von Simons Wagen zufrieden geben. Er würde ihm vorhalten, dass er sich hatte einkassieren lassen, anstatt sich zu wehren. Jener Mann war immer für die gewalttätige Lösung. Doch auch wenn Cole kein Problem damit hatte, Gewalt anzuwenden, wenn es nötig war, so griff er nicht dazu, wenn es eben unnötig war. Und er hätte keine Chance gehabt. Es waren zu viele Polizisten, zu viele Scharfschützen gewesen. Es hätte niemand überlebt. Costello würde das aber nicht sehen. Das würde er ihm nicht als Stärke, sondern als Schwäche auslegen. Und Cole wusste, was geschah, wenn er in Costellos Augen zu schwach war... Cole lehnte sich an Ragnar, wie ein kleiner Junge, wie früher, wenn er mit Ragnar Nächte lang durch New York getigert war, weil er sich nicht nach Hause traute und sie daher auf der Straße schlafen mussten. Und Ragnar gewährte ihm den Halt, den Cole gerade brauchte. Cole war erschöpft. Er war erfolgreich gewesen, keiner der Anwesenden hatte Probleme bekommen. Keiner der Anwesenden konnte sich beschweren. Die Aktion war an und für sich erfolgreich gewesen. Aber Cole war erschöpft. Es war ein wenig viel gewesen in letzter Zeit. Als sie am späten Vormittag plötzlich entlassen wurden, wunderte sich Cole ein wenig. Eine Antwort auf die Frage, weshalb sie schon gehen durften, wurde ihm nicht gegeben. Aber ihm konnte es recht sein. So würde er wenigstens noch zum Schlafen kommen... "22 Uhr Lady-Dream", teilte er den anderen mit, wissend, dass er das eigentlich nicht sagen musste. Es würden heute Abend alle da sein. Alle bis auf Hunter. Zu Hause ließ sich Cole auf das Bett fallen. Sein Auto hatte er am Lady-Dream stehen gelassen. Jemand würde sich darum kümmern, es wieder wanzenfrei zu bekommen. Man konnte nicht wissen, ob die Polizei die Gelegenheit ergriffen haben würde... Müde schloss er die Augen, doch dann hörte er das Piepsen seines Handys, das ihm erklärte, dass der Akku fast leer war. Müde wälzte er sich noch einmal heraus und sah, dass Antonin am vergangenen Abend mehrmals angerufen hatte hatte. Er musste lächeln. Ein Glück, dass er ihn angerufen hatte, denn sonst wäre jener wohl bei ihm und würde ihm den Kopf abreißen. Später würde er mit ihm telefonieren, und ihm erzählen, was geschehen war. Hey! Ich bin wieder zu Hause, aber ich muss jetzt dringend schlafen... Ich melde mich später! Cole Er schloss sein Handy am Strom an, zog sich auf dem Weg zum Bett aus und nun konnte er endlich den Schlaf der Gerechten schlafen. Nun ja, sofern man ihn als Gerechten sehen konnte... Ein blödes Sprichwort. Er schlief fast augenblicklich ein. Erst am späten Nachmittag wachte er wieder auf. Nachdem er sich geduscht, einen Espresso gemacht hatte, machte er es sich auf die Terrasse mit Corleone auf dem Bauch im Liegestuhl bequem. Er hatte sein Handy mit raus genommen und rief Antonin an. "Hey!, begrüßte er ihn. "Hast du Zeit?" Antonin Als die SMS kam, saß Antonin bereits im Zug, die Gewitterwolke über dessen Kopf deutlich für alle spürbar, weshalb es in seinem Abteil auch sehr leise schien. Was auch nicht weiter schwierig war, denn die alte Dame, die ihm gegenübersaß, schien lieber zu lesen und ansonsten hatte er die anderen beiden Sitzplätze ebenfalls gekauft. Er wollte weitestgehend seine Ruhe, auch im erste Klasse Wagon. Seine Mutter war nicht erstaunt darüber, dass ihr geliebter Sohn schon wieder abreiste, gab ihm noch allerlei gute Ratschläge auf den Weg und das Versprechen ihn bald einmal in New York zu besuchen. Den Sonntag hatten sie gemeinsam mit einer Wanderung verbracht und waren sich abermals sehr nahe gekommen. Sie hatte ihm schließlich auch erzählt, was ihr in Atlanta passiert war und ihr schien das inzwischen weniger auszumachen als ihm. Doch sie hatte es für sich irgendwo verarbeitet und auch wenn sie keinen Mann mehr an sich heranließ, so konnte sie doch ein fast normales Leben in dieser Kleinstadt führen und dafür war sie mehr als dankbar. Im Gegenzug hatte Antonin ihr einiges von Cole, Tayra und sogar Nicholas erzählt. Russland ließ er außen vor und seine Mutter fragte nicht danach. Der ganze Tag was Balsam für seine Seele, bis er abends anfing, sich Sorgen um Cole zu machen. Weshalb er auch nicht auf die SMS antwortete. Was sollte das auch bringen wenn jener schlief? Als sein Handy einige Stunden später klingelte, war er gerade in eine Fachzeitschrift vertieft und warf dem Gerät einen bösen Blick zu. Jetzt hätte Cole die Stunde auch noch warten können, bis er keine Zuggeräusche mehr im Hintergrund hätte. Aber andererseits waren die gar nicht so laut und möglicherweise konnte er das überspielen, denn Cole würde ihm vermutlich den Kopf abreißen, wenn jener wüsste, dass er schon wieder so kurz vor New York war. Und sich danach (zu Recht) Vorwürfe machen, dass es dessen Schuld wäre. Aber soweit wollte Antonin es gar nicht kommen lassen, weshalb er abnahm und diesmal sogar gefragt wurde, ob er Zeit hätte. Hört, hört! "Du meinst, mehr Zeit als für fünf Sätze? Lass mich nachdenken...", es war nur ein wenig gegiftet, aber im Grunde war es nur ein Zeichen seiner Sorge um Cole. Jener würde das schon erkennen. Hoffte er. "Ja.. ja ich kann dich in meinem überfüllten Terminkalender unterbringen. Du kannst diesmal sogar langsam und deutlich sprechen." Cole Cole schloss einen Moment die Augen. Er konnte förmlich spüren, wie Antonin vor Wut kochte. Und so ganz konnte er es ihm nicht verdenken. Er wusste ja, dass Antonin dazu neigte, sich mehr Sorgen um ihn zu machen als notwendig war. Und er hätte sich denken können, dass er auch diesmal nicht begeistert gewesen sein musste, dass er ihn mit so wenigen Worten abgespeist hatte. Aber er hatte auch keine andere Möglichkeit gehabt. Er hätte ihn schließlich schlecht mitnehmen können. Der Sarkasmus, der ihm ins Gesicht schlug, traf ihn dennoch. Als Antonin kurz schwieg wagte Cole noch nicht, dem anderen ins Wort zu fallen. Daher viel ihm das gleichmäßige Rattern leise im Hintergrund auf. Coles Augen öffneten sich wieder und er richtete sich leicht auf, das Corleone überrascht aufblicken ließ. "Du bist im Zug", stellte er fest, ohne auf die Worte des anderen zu reagieren. "Du alter Sturkopf, du ... argh... Du hättest nicht herfahren dürfen.... Antonin." Coles Worte klangen zunächst anklagend, zuletzt jedoch verzweifelt. "Ich wollte nicht, dass du den Besuch bei deiner Mutter abbrichst." Er seufzte schwer. "Wann bis du da? Ich hol dich ab." Kaum hatte Antonin ihm die Antwort gegeben, legte Cole auf und fuhr wenige Minuten später mit einem Taxi in Richtung Hauptbahnhof, wo er schließlich auf dem Gleis wartete, dass der Zug einfuhr. Er war nervös. Ob er diesmal wieder ein Veilchen abbekommen würde? Wahrscheinlich... Cole musste bei dem Gedanken schmunzeln. Antonins Sorge um ihn, ehrte ihn in gewisser Weise. Er konnte auch nicht behaupten, dass er sich nicht freute, den anderen wieder zu sehen. Aber eigentlich, vernünftiger Weise wäre es besser gewesen, wenn Antonin sich noch ein paar schöne Tage bei seiner Mum gemacht hätte. Und dass Antonin offensichtlich sauer auf ihn war, ließ ihn ein wenig unsicher werden, wie er auf den anderen zugehen sollte, wenn dieser nun gleich aus dem Zug steigen würde. Er seufzte tief und spielte mit dem Reißverschluss seiner Jacke herum. Antonin Kaum hatte er aufgelegt schlug er sich mit der Hand gegen die Stirn. War er ein Vollidiot? Er hätte doch auch sagen können, dass er mit seiner Mutter in die Nachbarstadt fuhr oder eine andere Lüge. Aber so lief das mit Cole ständig. Ständig! Der fragte etwas und bevor sich die kleinen warnenden Gehirnzellen bei ihm meldeten, hatte sein Mund schon geantwortet. Die Dame ihm gegenüber warf ihm einen mitleidigen Blick zu. "Probleme mit der Freundin? Das gibt sich schon wieder, Kindchen." Antonin konnte nicht anders als zu lächeln und den Kopf zu schütteln. "Nur eine kleine Meinungsverschiedenheit, aber Danke für Ihre Worte." Sie lächelte ihn noch einmal an und schien sich wieder in ihr Buch zu vertiefen, was Antonin genug Zeit gab, sich auf das kommende Zusammentreffen vorzubereiten. Vor allem weil er glaubte, eine gewisse Verzweiflung in Coles Stimme gehört zu haben, und hatte er vorher nicht noch gedacht, dass jener sich mal zu Recht Vorwürfe machen würde? Doch im Grunde war es ihm jetzt auch wieder nicht recht. Abermals seufzte er tief und machte es sich noch einmal in dem weichen Sitz bequem. Die Endstation war noch eine halbe Stunde entfernt, was ihm genug Zeit gab, sich zu überlegen wie er Cole gegenübertreten wollte. Natürlich wollte er diesem klar machen, dass er sich Sorgen gemacht hatte, aber es sollte nicht wieder in einem emotionalen Tief für einen von ihnen enden. Das würde in dem Fall mehr zerstören als reparieren und Cole hatte ihm ja bereits einmal durch die Blume zu verstehen gegeben, dass Antonin es vor seinem Unfall gewesen war, der ihre ganze Beziehung ein wenig an der Hand nahm und durch unruhige Gewässer führte. Nun, vermutlich befanden sie sich gerade wieder in so einem und hierfür brauchte er keine Erinnerungen, um seinen alten 'Job' wieder aufzunehmen. Als der Zug schließlich im Bahnhof einfuhr, half er der alten Damen dabei, ihr Gepäck nach draußen zu tragen, bevor er wieder einstieg und seinen Koffer ebenfalls aus dem Zug holte. Dafür bekam er ein Danke von der Lady und ihrer Tochter und wank lächelnd ab, bevor er sich nach Cole umsah. Welchen er auch nach einigen Schritten ausgemacht hatte und auf diesen zuhielt. Und auch wenn er jetzt gerade einmal ein paar wenige Tage bei seiner Mutter gewesen war, so fühlte sich die Wärme, die sich wie ein Kloß in seinem Magen bildete und von der Sehnsucht nach dem Mann verkündete, durchaus gut an. Ja, er hatte wirklich häufig an den anderen denken müssen, obwohl jener ihm mehrmals gesagt hatte, dass seine Mutter es war, die jetzt wichtig sein musste. Das tat Antonin ja auch leid, aber er war niemand, der seine Gefühle einfach so an und ausstellen konnte. Wenn er Cole vermisste, dann tat er das. Punktum. Er kam vor dem anderen zu stehen, ließ seinen Koffer los und musterte den Mann vor sich schweigend, eingehend bevor er seufzte, noch einen Schritt näher trat und Cole ungefragterweise umarmte. "Keine Vorwürfe, Cole", murmelte er an dessen Ohr. "Nicht von meiner Seite aus und nicht von deiner. Ich möchte dich und deine Reaktion sehen, wenn die Situation anders herum gewesen wäre. Auch wenn ich natürlich eine Erklärung nicht schlecht fände, ist es schön dich zu sehen. Sogar an einem Stück." Und es tat umso besser sich persönlich davon zu überzeugen, dass es dem anderen gut ging. Da könnten kein Telefon, keine SMS und auch keine Email mithalten. Antonin hätte nicht mehr ruhig in Greenvile sitzen können, ohne sich genau davon überzeugt zu haben. Es wäre ums verrecken nicht gegangen. Cole Cole hatte Antonin gesehen, wie er der Frau half. Und das Herzklopfen, das seit der Einfahrt des Zuges sich beständig meldete, schien sich nun, da er ein paar Schritte dem anderen entgegenkam, während dieser auch ihm entgegenlief, zu verstärken. Er hatte Antonin vermisst. Das spürte er gerade mehr als deutlich. Er hatte ihn von dem Moment an vermisst, als jener in den Zug gestiegen war, als sie sich hier verabschiedet hatten. Unruhig glitten seine Augen über die Miene des anderen. Er wusste nicht, was Antonin gerade denken mochte, konnte nichts in seinem Gesicht lesen. Umso nervöser wurde er innerlich, als Antonin ihn musternd ins Gesicht blickte. Verwirrt zog Cole die Stirn in Falten, als er sich in einer Umarmung wiederfand. Er war leicht zusammengezuckt, wie ein verängstigtes Tier, das eine schlagende Hand erwartet hatte, aber einer streichelnden begegnete. Und letztlich war es ja auch so. Doch als Antonin zu sprechen begann, entspannte er sich wieder, erwiderte die Umarmung schließlich uns schmiegte sich an den anderen. Seine Augen waren geschlossen. Er atmete den anderen ein. Hm, es tat gut. Antonin wieder bei sich zu haben. Und ihm fiel auf, dass er gerade eben jene Szene hatte, die er selbst so gerne beobachtete. Eine Begrüßung zweier sich sehr nahestehenden Personen am Bahnhof. "Ist gut", erwiderte er leise, lächelnd. "Und deine Erklärung bekommst du natürlich." Er verharrte noch einen Moment in der Umarmung, dann löste er sich sacht, blickte Antonin an, bevor er sich ein wenig hinabbeugte und den anderen sanft küsste. Der Kuss war genauso ersehnt, wie die Person, die ihn gerade umarmt hatte. Wie Antonin es nur geschafft hatte, ihm so wichtig zu werden... "Ist es ok, wenn wir uns irgendwo etwas zu essen holen und dann zu mir gehen? Ich sterbe bald vor Hunger", fragte er und zog sich aus der ihm unbekannten Situation, die ihn in gewisser Weise verlegen machte. Es war wirklich, wie ein Pärchen. Waren sie sich bereits so nah? Offensichtlich. Und diese Tatsache verunsicherte ihn ein wenig, auch wenn er das Gefühl, das dabei mitschwang, genoss. Und da er noch nicht so weit war, es einfach nur zu genießen, musste er wohl manchmal einen kleinen Schritt zurückgehen, unbewusst wissend, dass Antonin ihn dennoch mitnehmen würde. Als sie endlich bei Cole ankamen, hatten sie etwas zu Essen vom asiatischen Schnellimbiss dabei. Cole holte etwas zu trinken und gemeinsam setzten sie sich auf die Terrasse, um zu essen. Cole begann ungefragt zu erzählen. Er wollte es hinter sich bringen. Und so erzählte er Antonin von dem Heroin aus Kolumbien, das vergangenen Nachmittag angekommen und verteilt worden war, während er abends ein Täuschungsmanöver veranstaltet hatte, weil ihm zu viele Informationen durch Waynes Idioten an die Öffentlichkeit gekommen waren. Er beteuerte, dass er in keiner Sekunde lebensgefährlich in Gefahr gewesen war. Es schien ihm, dass Antonin das wichtig sein könnte, auch wenn dieser momentan nicht sein Guard sein konnte. Er erzählte auch von Gawain, der offenbar für die Polizei gearbeitet hatte, und von dem Gespräch mit Horlocker. "Ich denke ich werde ihn nicht 'jagen', ich werde aber dafür sorgen, dass er in den großen Städten nicht unerkannt bleiben wird", erklärte er. Schließlich blickte er Antonin an. "Und nun erzähl mir, was du noch bei deiner Mutter gemacht hast", meinte er und schob das kaum angerührte Essen zur Seite. Er hatte während er geredet hatte nur hin und wieder einen Bissen genommen, doch die hatten offenbar ausgereicht, dass er nun satt war. Und letztlich lag ihm alles noch zu sehr im Magen, als dass er wirklich viel Essen konnte. Antonin Antonin lächelte ein wenig befreit, als er spürte wie Cole die Umarmung erwiderte, und er bemerkte wie sehr ihm das gefehlt hatte. Seltsamerweise nicht nur Cole, sondern auch das ein wenig ungewisse Herzklopfen, das mit jenem einherging. Es war im Grunde genommen sogar ein wenig spannend, sich immer wieder auf den anderen einzustellen. Zudem ihm sein Gedächtnis ja hin und wieder sogar auf die Sprünge zu helfen schien und wenn er den sanften Kuss, den er gerade bekam, als Meßlatte nahm, dann stellte er sich scheinbar gar nicht so ungeschickt an. Ein weiterer Grund lieber hier als in Greenvile zu sein, denn seine Mutter gab ihm zwar den manchmal bitter benötigten Halt, aber auch nur weil er ihr ungesehen Vertraute. Und dorthin wollte er bei Cole auch kommen. Er wollte sich keine Gedanken mehr darüber machen müssen, ob jener schlecht auf etwas reagieren würde, sondern einfach das tun wonach ihm der Sinn stand. Wie es wohl auch normal wäre, wenn sich zwei Menschen auf so etwas wie eine Beziehung einließen. Und als das deklarierte er das, was sie beiden momentan besaßen, denn ihm fiel kein anderer Begriff ein, der dem ganzen gerecht werden würde. Er nickte zustimmend als Cole sich von ihm löste, etwas zu essen fände er jetzt gar nicht schlecht. Was ihm nur ein weiteres Mal auffiel, als sie schließlich bei Cole angekommen waren und sich auf die Terrasse gesetzt hatten. Weshalb er, als der andere geendet hatte auch schon deutlich mehr als jener verputzt hatte. Auch wenn ihm das Essen stellenweise ein wenig schwer im Magen lag, besonders als Cole den Zugriff der Polizei beschrieb. "Mit dir macht man wirklich etwas mit", murmelte er dann und stocherte nach einem weiteren Hähnchenstück, bevor er es sich in den Mund schob und zufrieden darauf herumkaute. "Aber das ist nun mal was du bist und was du machst, insofern bin ich momentan einfach nur erleichtert, dich gesund und munter und auf freiem Fuß zu sehen", gab er schließlich zu und lächelte. Auch wenn es ein unsicheres Lächeln war, denn obwohl er sich jede Menge Mühe gab, das gehörte zu verdauen und als das zu akzeptieren was es nun einmal war, so fiel es ihm stellenweise natürlich ein wenig schwer. Nicht weil ihm das Heroin oder der Gesetzesbruch dabei Sorgen machte, sondern weil er Cole nicht verlieren wollte. "Dieser Captain scheint ein vernünftiger Mann zu sein, daher wird er diesen Gawain wohl nicht so schnell wieder einsetzen. Ich denke du hast jede Menge Vorbereitungszeit, für was auch immer du dann vorhast." Damit war er auch satt und strich sich kurz über den Bauch. Er würde bald mal wieder laufen gehen müssen, denn das fettige Essen bei seiner Mutter würde sonst ansetzen und das ginge mal überhaupt nicht. Seine Narben machten ihm durch ein paar Erinnerungsfetzen zwar wieder ein paar mehr Probleme, aber seine Figur mochte er eigentlich sehr gerne. Die Muskeln, die er besaß ließen ihn ein wenig größer wirken und gaben ihm ein wenig mehr Selbstbewusstsein. Möglicherweise würde er sogar mal bei Nicholas anfragen - vorsichtig natürlich - wie jener ihn trainiert hatte. So einen durchaus netten Körper warf man nicht einfach weg, nur weil man mit seinem Trainer nicht klarkam. Antonin warf einen kurzen Blick auf die von Cole übrig gelassene Mahlzeit, beschloss jedoch nichts dazu zu sagen. Der Mann war alt genug, um seine eigenen Entscheidungen treffen zu können, und wenn ihm gerade etwas auf den Magen schlug, wäre es wohl schlecht, ihn daran über das Essen zu erinnern. So begann er zu erzählen, führte einige der seltsameren Begebenheiten etwas mehr aus als andere. Erzählte auch von dem Tag den seine Mutter und er alleine verbracht hatten und von dem eher ungewöhnlichen Heiratsantrag der junge Frau aus der Tankstelle. Jene hatte wohl mitbekommen, dass er so eine Art Wissenschaftler war und wollte im Grunde nur raus aus dem kleinen Nest, weshalb sie sich ihm an die Brust geworfen und darum angebettelt hatte, sie zu heiraten. Nun, man konnte sich seine Überforderung mit der Situation vorstellen, aber er war von seiner Mutter gerettet worden, die das Mädchen beiseiteschob und es rügte, dass man sich nicht jedem wildfremden Mann einfach so an den Hals warf. Offensichtlich tat die gute das häufiger. "Alles in allem waren es ein paar schöne Tage, aber ich denke nicht dass ich so schnell wieder hinfahren werde. Allerdings hat mir meine Mum versprochen, mich hier einmal zu besuchen und ich soll dir schöne Grüße ausrichten und ihren Dank darüber das du sie toll findest." Hier lächelte er höchst zufrieden. "Tatsächlich fand sie das sogar recht amüsant und meinte, dass sie sich jetzt weniger Sorgen um mich machen würde. Warum auch immer. Und von Tayra soll ich dir ausrichten, dass sie ihre Schuhe nicht ruinieren möchte und du deshalb noch einmal um die Strafe herumkommst." Cole War das ein Vorwurf? Nun, er könnte es dem anderen nicht verübeln. Mit ihm machte man wirklich etwas mit. Aber es machte ihn eben aus. Doch Antonin zerschlug seine Sorge gleich wieder, indem er sagte, was Cole gerade gedacht hatte. Ja, diese Welt war schon lange ein Teil seines Lebens. Und das würde sich wohl erst ändern, wenn er wirklich eingebuchtet worden wäre. Und selbst dann würde es ihn wahrscheinlich erst loslassen, wenn er gestorben war. So war das nun einmal. Und so schnell würde sich daran auch nichts ändern. Cole gab es nur damit, oder gar nicht - egal, wie sehr er das auch bedauerte. Und in gewisser Weise bedauerte er es wirklich ein wenig. Wie wäre es wohl, wenn er einfach ein ganz normales, ungefährliches, legales Leben führen könnte? Wäre er dann jetzt in einer Kanzlei tätig? Würde er den Beruf ausführen können, der ihn wirklich interessierte? Oder wäre er vielleicht wirklich Polizist geworden, wie er es sich als Junge gewünscht hatte? Als Antonin weitersprach blickte Cole aus seinen Gedanken hoch. "Ja, ich mag den Captain. Er ist ein kluger Mann." Cole nahm doch noch einen Bissen aus seinen Nudeln. "Und um Gawain kümmere ich mich, wenn es soweit ist. Ich weiß, dass er jetzt erst einmal untergetaucht ist. Alles andere wird sich dann irgendwann geben." Cole tat es gut, Antonin zuzuhören, wie dieser über seinen Aufenthalt bei seiner Mutter redete. Es ließ ihn seinen Stress vergessen, seine Anspannung und seine Sorge für einen Moment ruhen. Durch die Ausführungen des anderen wurde er von den Dingen, die am vergangenen Tag geschehen waren, abgelenkt. Und erst jetzt merkte er, wie angespannt er wirklich war. Cole lachte leicht, als Antonin von jener Dame an der Tankstelle berichtete. "Mit der guten Dame könnte man ja schon fast Mitleid bekommen", lächelte er und nickte zu Antonins Feststellung, dass er eine schöne Zeit gehabt hatte. "Wenn sie herkommt, dann ergibt es sich ja vielleicht mal, dass ich sie kennenlernen darf", überlegte er und spürte wieder jenes beklemmende Gefühl, dass das Wort 'Beziehung' schön längst im Raum stand, ohne dass er es wirklich gemerkt hatte. Aber er würde es nicht aussprechen, und er würde es auch nicht verscheuchen. Er würde einfach sehen, was geschah. "Das verstehe ich auch nicht", er hob die Augenbrauen. "Was lässt deine Mutter so sicher sein, dass ich nicht eigentlich ein gewalttätiger Psychopath bin?" Er grinste Antonin an. "Nun ja, zumindest bin ich jemand, 'mit dem man was mit macht'" Er zwinkerte und dem andren zu. "Und das Tayra meinen Arsch nicht malträtiert beruhigt mich ungemein. Der guten würde ich es zutrauen, dass sie mir wirklich ihre Absätze in den Arsch rammt und genüsslich umrührt. Dabei bin ich mir diesmal nur der Schuld bewusst, weshalb du wieder hier bist, anstatt bei deiner Mutter zu sitzen und über Strickmuster zu plaudern." Er wollte gerade ansetzen noch etwas zu sagen, als sein Handy klingelte. Unmerklich zuckte er leicht zusammen. Er wusste, wer das war. Die Melodie verriet den Anrufer. Seine Miene verhärtete sich schlagartig. "Ich muss kurz telefonieren", erklärte er und stand auf, da er innen sein Handy vergessen hatte. Costello redete nicht lange um den heißen Brei herum. Er solle unverzüglich zu ihm kommen, befahl jener und legte sogleich wieder auf. Cole blickte auf sein Handy. Nun, das ging ja doch schneller als erwartet. Cole rieb sich über die Augen, blieb noch einige Momente so stehen, den Blick auf den Boden gerichtet. Er hasste diese Situation. Ein Gefühl von absoluter Hilflosigkeit, das er so gut wie gar nicht kannte. Es war eine andere Art von Hilflosigkeit, die er empfand, wenn Antonin von ihm verlangte, aus sich heraus zu gehen. Eine komplett andere. Denn diese Hilflosigkeit, die er bei Costello empfand, war hoffnungslos, ohnmächtig, ohne Perspektive. Bei Antonin wusste er, dass es gut war, dass es ihn nicht umbringen würde, dass er dennoch sicher war. Diese Empfindungen fehlten bei Costello. Bei jenem hatte er eher das Gefühl, dass jemand ihm den Boden unter den Füßen wegriss, während er versuchte seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Bei Costello spürte er immer wieder das Messer im Rücken, das jener ihm dort schon einmal hineingerammt hatte. Bei Costello kam er sich wehrlos vor, mit dem Wissen, dass er nicht sicher war. Cole ging wieder auf die Veranda. "Ich muss leider los", erklärte er ernst. "Und nachher muss ich noch ins Lady-Dream." Kurz überlegte er. "Entweder bleibst du hier, wenn du möchtest, oder ich nehm dich schnell mit nach Hause. Was wäre dir lieber?" Eigentlich wollte er gar nicht gehen, aber er musste. Alles andere würde es nur noch schlimmer machen. Also würde er das Beste daraus machen. Augen zu und durch... Und vielleicht würde er später noch einmal mit Antonin telefonieren können, oder zu ihm kommen können. Er bezweifelte, dass jener hier bei ihm bleiben wollte. "Und morgen könnten wir wohl etwas gemeinsam unternehmen, wenn du möchtest." Antonin "Ich denke, ihr hat imponiert, dass du ihr zugestimmt hast, was die Kernseife betrifft", vermutete er und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. "Und dass sie dich nicht für einen Psycho hält mag entweder daran liegen oder eventuell an meinen Erzählungen." Er zuckte mit den Schultern. "Schlussendlich bin ich ihr Sohn, was bedeutet, dass sie mir jede Menge mitgegeben hat. Nicht nur was meine Erziehung, sondern vielmehr meine Charaktereigenschaften betrifft. Insofern geht sie wohl davon aus, meinen Instinkten und Einschätzungen trauen zu können." Antonin lächelte, als er die doch recht bildliche Darstellung von Tayras 'Künsten' vernahm. "Ja mit Tayra ist manchmal nicht gut Kirschen essen. Aber wenn sie solche Drohungen gegen dich ausspricht, bedeutet das nichts anderes, als dass sie dich in ihre unendlich große Familie aufgenommen hat. Sie sammelt Familienmitglieder wie andere Briefmarken." Er selbst bemerkte gar nicht, dass er damit auf mehr Erinnerungen zurückgriff. Nicht alles kam mit einem Knall, vieles war einfach wieder da und fiel ihm gar nicht als neu auf. "Und ihr könnt euch ja gegenseitig immer die Schuld zuschieben und ich bin dann immer fein raus. Gefällt mir eigentlich recht gut dieses Arrangement." Er grinste und nahm einen Schluck von seinem Wasser, bevor Coles Handy klingelte und die Stimmung damit sofort umschlug. Die ganze Ausstrahlung des anderen Mannes änderte sich von einer Sekunde auf die andere und so sah Antonin nur mit hochgezogenen Augenbrauen hinter dem anderen her. Das kam ihm seltsam vor und es wurde noch viel seltsamer als Cole zurück kam. Doch Antonin hatte in der letzten Zeit dazu gelernt. Nicht nur was sich selbst, sondern auch was sein Umfeld betraf, weswegen er sich nur zu gerne nach Hause fahren ließ und dem anderen noch bestätigte, dass er am nächsten Tag gerne etwas mit Cole unternehmen würde, wenn jener denn Zeit hätte. Recht viel mehr sprachen sie auch nicht mehr miteinander. Antonin nicht, um Cole nicht aus der neu aufgetretenen Konzentration zu reißen, und Cole wohl nicht, weil es momentan offensichtlich nichts mehr zu sagen gab. Als er in seiner Wohnung ankam, riss er erst einmal alle Fenster auf, um die abgestandene, stickige Luft zu vertreiben und durchsuchte eine bestimmte Schrankschublade, aus welcher er auch gleich darauf eine Packung Zigaretten zog. Mit jener ging er zu seinem Wohnzimmerfenster und zündete sich gleich darauf eine an, bevor er zum Telefon griff und Tayra anrief, um ihr zu sagen, dass er zurück sei. Das Gespräch verlief angenehm und er erfuhr auch, dass ihn seine Patentochter gerne einmal wieder sehen würde. Er gab ein lasches Versprechen und legte das Telefon bald darauf wieder zur Seite, den Kopf an die Wand lehnend und raus auf die Straße blickend. Coles Verhalten gab ihm immer wieder neue Rätsel auf, vor allem wenn man bedachte, dass er jenen im Grunde momentan nicht so gut kannte, wie er das gerne glaube wollte. Irgendetwas schien diesem noch auf der Seele zu liegen und das tief und schwer genug, um ihn nicht darüber sprechen zu lassen. Selbst wenn Antonin der Typ von Mensch wäre um nachzufragen, so hielt ihn alleine der gesamte Ausdruck von Cole immer wieder davon ab. Ein wenig frustriert stieß er den Rauch durch die Lippen und griff ein weiteres Mal zu seinem Telefon, diesmal um seine Mutter anzurufen und ihr zu versichern, dass er sicher zuhause angekommen war. Und danach gönnte er sich etwas, das er nur ganz selten tat... ein langes, heißes Bad mit einem Glas voller Eiswürfel gegen den Durst. Zusätzlich noch seinen geliebten Armageddon Soundtrack und der Schachtel Zigaretten. Ja, so konnte ein Abend ausklingen und gab ihm viel Gelassenheit um über Dinge nachzudenken, die er in den letzten Tagen eher zurück gestellt hatte. Wie zum Beispiel das Auto, an das er sich wieder erinnerte und das er gerne einmal in echt sehen wollte. Schließlich fühlte er sich entspannt genug, um nach dem Bad direkt nackt in sein Bett zu gleiten und mit ein paar letzten Gedanken an Cole einzuschlafen. Beruhigt einzuschlafen und damit auch die Stunden nachzuholen, die ihm fehlten, da er nach dem kurzen Telefonat mit dem anderen nicht mehr hatte schlafen können. Dass er sich einbilden konnte, Coles Geruch noch in den Laken zu haben, half ihm dabei immens weiter. Wobei er sich dabei doch eher den echten, realen Mann an seine Seite wünschte. Aber von solcher Regelmäßigkeit und Beständigkeit waren sie wohl noch Meilen entfernt.. Cole Es war 4 Uhr früh. Es hatte vor kurzem gewittert und die Straßen New Yorks dampften. Die Hitze der vergangenen Tage war enorm gewesen. New York im Hochsommer war etwas zum abgewöhnen. Und der Regen hatte es nicht besser gemacht. Gut, die Luft roch nicht mehr nach Müll, Autoabgasen und Schweiß, aber dafür war die Stadt nun von einer drückenden Schwüle erfüllt. Die Luftfeuchtigkeit war schier unerträglich. Die ganze Stadt, die eigentlich nie schlief, schien wie benebelt zu sein, wie in Trance, wie nach einem hitzigen Tanz, der einem den Verstand geraubt hatte. Cole stand in einem Häusereingang und zog seine Zigarettenschachtel heraus und nahm seine letzte Zigarette heraus. Die leere Verpackung warf er achtlos von sich, griff zu seinem Zippo und zündete sich die Zigarette an. Er rauchte ungewöhnlich viel. Er sollte sich wieder einschränken. Aber heute brauchte er etwas zum festhalten. Sein Blick glitt zu den Fenstern hinauf, die zu der Wohnung gehörten, in der er jetzt gerne wäre, in die er jetzt gerne gehen würde. Er würde sich jetzt zu gerne zu Antonin ins Bett legen, sich von ihm in den Arm nehmen lassen, gestreichelt und geküsst werden. Aber wenn er nun Antonin anrufen und ihn um Einlass bitten würde, dann würde jener sehen, dass es Cole nicht besonders gut ging. Dann würde er die blauen Flecke an seiner Seite sehen, die mittlerweile mit Klammerpflastern versehene Platzwunde über dem linken Auge. Und wenn Antonin ihn so sehen würde, würden Fragen im Raum stehen. Fragen, die Antonin wohl gar nicht aussprechen würde, aber die dennoch nach einer Antwort verlangten. Und Cole war sich noch nicht sicher, ob er die Antwort schon geben konnte. Er wusste nicht, ob er Antonin schon von seiner Geschichte, seiner ganz persönlichen Geschichte erzählen konnte. Nicht, weil Antonin ihm nicht zuhören würde, oder nicht verstehen würde; Nicht weil er Angst vor dessen Reaktion hätte; Er wusste nicht, ob er selbst dies alles schon aussprechen konnte, was er jahrelang tief in sich vergraben hatte, verdrängt, nicht aufgearbeitet. Und wenn er es aussprechen würde, dann würde er viele Dinge wohl als endgültig darstellen müssen. Und nun stand er da und überlegte, ob er Antonin anrufen sollte, oder nicht. Der Abend hatte ihn gezwungen mal wieder so einiges sich vor Augen zu führen, was er eigentlich nicht gerne tat. Er hatte sich zu Costello fahren lassen, wo er auch sein Auto stehen sah. Daher wusste jener also, was geschehen war. Alan, der Arschkriecher, hatte gepetzt. Nun, dann würde er später zumindest sein Auto wieder mitnehmen können. Er wurde anstandslos eingelassen und zu Costello durchgelassen. Die Villa, die einen wunderbaren Blick auf New York bot, war wirklich schön. Und Cole wusste, dass er sie letztlich durch seine Arbeit mitfinanziert hatte. Im Garten hörte er Kinderstimmen, ein Lachen, ein Hund bellte, offensichtlich mit dem Kind spielend. Es war wohl Costellos Tochter Anne, eine Nachzüglerin und sein ganz besonderer 'Schatz'. Costello vergötterte sie. Als er Costellos Zimmer betrat blickte dieser ihn mit seinen kalten Augen an, doch sein Lächeln war stets da. Es war immer da, dieses Lächeln, immer. Es war da gewesen, als er ihn aus dem Haus seiner Eltern geholt hatte. Es war da gewesen, als er ihm begreiflich gemacht hatte, was Cole tun musste, um seine Eltern rächen zu dürfen. Es war da gewesen, wenn er ihn gelobt, wenn er ihn geschlagen, wenn er ihn misshandelt hatte. Costello deutete Alan, dass er gehen sollte. Als die Tür ins Schloss fiel trat Costello auf ihn zu. "Ich habe unschöne Dinge gehört", erklärte er und sah Cole an. "Hast du dazu etwas zu sagen?" Cole hatte angefangen ihm zu erklären, was sein Plan gewesen war, und dass er ja auch funktioniert hatte. Alles hatte funktioniert, alles hatte geklappt. Er sah den Schlag zu spät, der ihm am Auge traf. Costello hatte ihm den Rücken zugewandt, so getan, als wollte er sich etwas zu trinken einschenken. Als er etwas patzig bemerkte, dass er seinen verdammten Stoff doch pünktlich erhalten hatte, holte Costello aus und schlug ihn mit der vollen Wucht einer Drehung nieder. Cole ging benommen zu Boden, wo er gegen irgendein Möbelstück gefallen war, spürte das Blut über sein Gesicht laufen. Er blickte zu Costello hoch, der bereits über ihm stand und ausholte, um ihm einen Fußtritt in die Rippen zu geben, einen, zwei, drei, bevor er endlich von ihm ließ. Cole blieb regungslos liegen. Er hatte gelernt, dass er sich nicht rühren durfte, wenn Costello in dieser Rage war. Es war gesünder. Und schon begann jener, der sich stets selbst als seinen Daddy bezeichnete, wie gewohnt ihm eine Moralpredigt zu halten. Er erklärte Cole, was er von ihm erwartete, weshalb er enttäuscht war. Und schließlich begann er mit der alten Leier wieder, den Worten, die er schon zu genau kannte, weil er sie so oft in seinem Leben schon gehört hatte. "Cole, du bist mein bester Mann, mein Liebling, du bist mir wie ein Sohn für mich. Ich habe dich immer unterstützt, dir geholfen ein erfolgreiches Leben zu führen und dir gezeigt, wie man sich in unserer Welt zurechtfindet. Und das ist dein Dank dafür? Hast du denn gar nichts gelernt? Du weißt doch was passiert, wenn man nicht aufpasst, wenn man nicht vorsichtig ist. Du hast deine Eltern und deine Geschwister nicht vergessen, oder? Und du vergisst doch auch nicht, dass du ihnen etwas versprochen hast, oder? Nun, wieso enttäuscht du sie dann? Wieso enttäuschst du sie immer und immer wieder?" Als ob er daran erinnert werden müsste. Wie oft sah er seine Eltern, seine Geschwister in seinen Träumen. Wie sie dalagen, blutüberströmt, von so vielen Kugeln durchschossen, dass sie vollkommen entstellt waren. Cole schloss die Augen und schluckte. "Schau mich an, wenn ich mit dir rede, Cole", wurde er gleich darauf angefahren und so öffnete er wieder die Augen und sah erneut, was er immer in diesen Situationen zu sehen bekam. Ein Foto. Das Foto seiner Eltern, seiner Geschwister und ihm selbst, scheinbar glücklich. "Cole, du weißt, was du zu tun hast, also mach es auch richtig. Du bist doch mein guter Junge." Costello half ihm hoch und zupfte an seinen Kleidungsstücken herum, die Blutflecken ignorierend. "Bring mir Hunters Kopf, egal wie du es anstellst", raunte er bedrohlich. "Dann vergesse ich das." Er lächelte wieder und klopfte ihm auf die Schulter. "Ach, und bevor ich es vergesse. Eine Sache musst du mir noch erklären." Costello ging an seinen Schreibtisch und nahm einen kleinen Gegenstand. "Alan hat das hier an deinem Wagen entdeckt. Es ist ein Sender. Einer, den die Polizei nicht verwendet, sondern eher private Sicherheitsunternehmen. Kannst du mir das erklären?" Cole hob überrascht die Augenbrauen. Er ahnte, woher dieser Sender kam, und es würde auch erklären, wie Antonin ihn damals überwacht hatte, wieso er im Haus seiner Eltern auftauchen konnte. "Ich habe keine Ahnung", erklärte er und sah Costello an. "Aber ich werde es herausfinden." Costello nickte zufrieden. "Gut. Und in Zukunft möchte ich, dass du dir kein Kuckucksei ins Nest holst. Ende der Woche werden wir neue Projekte für dich haben. Bis dahin solltest du schauen, dass das Lady-Dream ruhig läuft. In deinem Wagen ist das Geld für die Operation. Zahl jedem seinen Anteil." Er deutete ihm, dass er nun gehen solle. Cole ging, ruhig, gelassen, die kalte Aura um sich, die er bei Costello in all den Jahren gelernt hatte. Im Lady-Dream warteten alle schon auf ihn. Cole zog sich schnell um. Ragnar verarztete die Platzwunde, wissend, nicht fragend. Dann erklärte er seinen Leuten, was die Ursache für den Polizeieinsatz war und erklärte, dass es nun umso wichtiger war, dass sie nun vorsichtig seien. Er erklärte ihnen, er könne nur auf sie aufpassen und dafür sorgen, dass nichts geschah, wenn alle ihre Arbeit gewissenhaft machten und ihm vertrauten. Doch dass das Vertrauen nach dieser Aktion größer war als je zuvor, stand außer Frage. Schließlich war allen bewusst, welcher Geniestreich die Aktion letztlich gewesen war. Cole tat es gut, zu sehen, dass wenigstens seine Leute komplett hinter ihm standen. Er zahlte ihnen ihr Geld und die Stimmung war ausgelassen, als sie gemeinsam etwas tranken. Doch Cole trank nicht mit. Er hatte zu arbeiten. Er saß recht lange da, sammelte alle Infos zusammen und schickte schließlich ein gutes Foto, eine genaue Beschreibung und einige andere Informationen an alle größeren Organisationen. Auch nach Atlanta schrieb er, bemerkend, dass die Verkleidung von Gawain Hunter in Zukunft nicht mehr funktionieren würde. Er schloss das Lady-Dream um 3 Uhr ab und fuhr durch das Gewitter zu Antonin. Noch bevor es aufgehört hatte zu regnen, war er ausgestiegen. Der Regen hatte ihm gut getan, die Kühle, das Beständige. Und nun stand er durchnässt auf dem Bürgersteig, blickte hinauf zu einem Fenster, hinter dem er nun gerne stehen würde. Ein letztes Mal zog er an der Zigarette, dann schnippte er den Filter weg. Nein, er war noch nicht so weit. Er würde noch nicht über den Tod seiner Eltern reden können. Und noch weniger über die Jahre die folgten, über seine Erziehung durch Costello, seine verfluchte Bindung an diesen, über sein beschissenes Leben. Noch konnte er das nicht. Zu Hause duschte er sich lange, um sich wieder aufzuwärmen, denn der Regen hatte die innere Kälte entfesselt, die ihn schlottern ließ. Dann ging er ins Bett. Er stellte sich keinen Wecker. Irgendwann würde er schon aufwachen. Und wenn nicht, war es auch egal. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)